Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 27.08.2003, Az.: 6 B 2762/03

Aktualitätserfordernis; aktuelle Beurteilung; Anordnungsanspruch; Anordnungsgrund; Beurteilung; ermessensfehlerfreie Entscheidung; frühere Beurteilung; Hilfskriterium; Justizvollzugsdienst; Konkurrentenstreitigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
27.08.2003
Aktenzeichen
6 B 2762/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 48184
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Der Dienstherr bewegt sich im Rahmen des Auswahlermessens und beachtet die strikte Bindung an den Grundsatz der Bestenauslese, wenn er sich bei mit derselben Gesamtnote beurteilten Bewerbern zugunsten des Beamten entscheidet, der bei der Benotung der Einzelmerkmale einen arithmetischen Vorsprung aufweist.

2. In diesem Fall dem arithmetischen Vorsprung ausschlaggebendes Gewicht beizumessen ohne frühere Beurteilungen der Bewerber mit in den Blick zu nehmen, begegnet jedenfalls dann keinen rechtlichen Bedenken, wenn zumindest einzelne der rechnerisch einbezogenen Einzelmerkmale für den Beförderungsdienstposten bedeutsam sind.

3. Eine einheitliche Gewichtung der Einzelmerkmale begegnet dann keinen rechtlichen Bedenken, wenn der Dienstherr kein besonderes Anforderungsprofil erstellt hat; ein Anforderungsprofil ergibt sich nicht bereits daraus, dass der Dienstherr die im angestrebten Statusamt konkret wahrzunehmende Funktion beschrieben hat.

Gründe

1

I. Der Antragsteller wendet sich gegen die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Beförderung des Beigeladenen zum Hauptsekretär im Justizvollzugsdienst.

2

Der 19.. geborene und seit Januar 1997 im Dienst des Landes Niedersachsen stehende Antragsteller, dessen Abschlusszeugnis für den mittleren allgemeinen Justizvollzugsdienst des Landes Niedersachsen (vom Dezember 1998) auf gut (11,97 Punkte) lautet, ist Obersekretär im Justizvollzugsdienst (Besoldungsgruppe A 7 Bundesbesoldungsordnung). Er verfügt über eine Ausbildung zum Suchtberater und ist Inhaber eines Personenbeförderungsscheines. Seit Januar 1999 ist er als aufsichtsführender Beamter im Aufsichtsdienst eingesetzt, unter anderem von Januar 2002 bis einschließlich April 2003 als Stationsbeamter im Team 3 der Antragsgegnerin. Sein Aufgabengebiet umfasst vorwiegend die Betreuung und Beaufsichtigung von Strafgefangenen. Im Bedarfsfall wird er auch zum Vorführdienst eingeteilt und zum Wechselschichtdienst herangezogen. Seit Januar 1999 wird er durchgehend mit „den Anforderungen voll entsprechend“ (4) beurteilt.

3

Die ihm für den Beurteilungszeitraum Januar 2002 bis Ende April 2003 erteilte Beurteilung vom 21. Mai 2003 lautete bei folgenden dreizehn Einzelmerkmalen auf „den Anforderungen voll entsprechend“ (4): Auffassung, Beobachtungsfähigkeit/Wahrnehmung, Urteilsfähigkeit, Einfallsreichtum, sprachlicher Ausdruck, schriftlicher Ausdruck, Fachkenntnisse, Arbeitsschnelligkeit, Arbeitszuverlässigkeit, Initiative, Entscheidungsfähigkeit, Belastbarkeit, Durchsetzungsfähigkeit. Als „über den Anforderungen“ (5) liegend wurde seine Einsatzbereitschaft beurteilt. Mit „den Anforderungen entsprechend“ (3) wurden folgende vier Einzelmerkmale bewertet: Planung/Organisationsfähigkeit, Umgang mit Gefangenen, Kooperationsfähigkeit und Verhandlungsgeschick. Beim Gesamturteil stellte der Beurteiler fest, die Einsatzbereitschaft des Beamten sei hervorzuheben. Er setze sich für die Belange des Teams ein und versuche, durch Verbesserungsvorschläge Organisationsabläufe zu vereinfachen. Stets sei er bemüht, konsequent gegen Fehlverhalten der Gefangenen vorzugehen. Die im Beurteilungszeitraum erreichten Leistungen entsprächen voll den Anforderungen.

4

Unter dem 12. Juni 2003 bewarb sich der Antragsteller auf die Stellenausschreibung vom 30. Mai 2003, mit der unter anderem zwei Stellen als Hauptsekretär/in im Justizvollzugsdienst bei der JVA ... und den angeschlossenen Abteilungen, Stellen-Nummern ... und ..., Funktion: ABiA (= Aufsichtsführender Beamter im Aufsichtsdienst) ausgeschrieben waren.

5

Unter dem 23. Juli 2003 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, die Stelle Nr. ... auf den Beigeladenen zu übertragen. Der Antragsteller hat dagegen unter dem 28. Juli 2003 Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden ist.

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Der 19.. geborene Beigeladene, der die Laufbahnprüfung für den mittleren allgemeinen Justizvollzugsdienst im Juni 2000 mit gut (11,54 Punkte) bestanden hat, trat am 1. Juli 1998 in den Justizvollzugsdienst des Landes Niedersachsen ein und ist dort seitdem als aufsichtsführender Beamter im Aufsichtsdienst tätig. Insbesondere von Januar 2002 bis Dezember 2002 war er im Stations- und Vorführdienst, dort Team 4, eingesetzt. Seit Juli 2000 wird er mit „den Anforderungen voll entsprechend“ beurteilt. Unter dem 25. Februar 2003 wurde er für den Beurteilungszeitraum Januar 2002 bis Dezember 2002 mit „den Anforderungen voll entsprechend“ (4) beurteilt. Mit „über den Anforderungen“ (5) liegend wurden die Einzelmerkmale Auffassung und Fachkenntnisse beurteilt. Mit „den Anforderungen voll entsprechend“ (4) wurden folgende siebzehn Einzelmerkmale beurteilt: Beobachtungsfähigkeit/Wahrnehmung, Urteilsfähigkeit, Einfallsreichtum, sprachlicher Ausdruck, schriftlicher Ausdruck, Arbeitsschnelligkeit, Arbeitszuverlässigkeit, Planung/Organisationsfähigkeit, Einsatzbereitschaft, Initiative, Entscheidungsfähigkeit, Belastbarkeit, Umgang mit Gefangenen, Kooperationsfähigkeit, Verhandlungsgeschick, Durchsetzungsfähigkeit und wirtschaftliches Verhalten. In dem Gesamturteil heißt es, der Beigeladene habe im zurückliegenden Beurteilungszeitraum konstante Arbeitsleistungen gezeigt. Sie entsprächen ausnahmslos voll den Anforderungen und seinen in Teilbereichen überdurchschnittlich. Der Beigeladene arbeite lösungsorientiert und nach Absprache im Team eigeninitiativ. Dabei setze er sich nicht nur für die Belange des Teams ein, sondern engagiere sich zudem anstaltsübergreifend (z. B. in der Arbeitsgruppe Opferschutz). Seine Fähigkeiten lägen insbesondere im Umgang mit dem PC. Die Leistungen im Bewertungszeitraum würden mit den Anforderungen „voll entsprechend“ bewertet.

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Den gegen die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begründet der Antragsteller im Wesentlichen damit, dass der Beigeladene nach seiner Kenntnis nicht die Zusatzausbildungen habe, über die er verfüge. Er - der Antragsteller - habe gleich zu Beginn seiner Dienstzeit den Busführerschein (Personenbeförderungsschein) erworben. Ferner habe er eine Ausbildung zum Suchtkrankenhelfer und eine weitere Ausbildung zum Suchtberater absolviert. Im Übrigen dürften sowohl sein Engagement und seine Einsatzbereitschaft der des Beigeladenen nicht nachstehen. Ebenso dürfte das Ergebnis seiner Laufbahnprüfung nicht hinter dem des Beigeladenen zurückstehen. Er habe den Eindruck, die Differenzen mit seinem Vollzugsabteilungsleiter hätten zu der nicht hinnehmbaren Beurteilung geführt. Erst durch die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe sei es zur aktuellen dienstlichen Beurteilung gekommen, die lediglich dem früheren Leistungsbild entspreche, obwohl er eigentlich eine bessere Leistung als zuvor erbracht habe. Nicht berücksichtigt habe die Antragsgegnerin ferner, dass er eine eineinhalb Jahre längere Dienstzeit als der Beigeladene aufweise. Im Rahmen seiner Tätigkeit habe er auch Busse für Gefangenentransporte gefahren und damit vom Personenbeförderungsschein profitiert, den der Beigeladene nicht besitze. Der Aufgabe als Suchtberater sei er auch bereits mehrfach nachgekommen und zwar dann, wenn der frühere Suchtberater im Urlaub gewesen sei oder es seine Dienstzeit zuließe. Dann habe er gemeinsam mit dem früheren Suchtberater die entsprechenden Aufgaben wahrgenommen. Zur Zeit führe er Suchthelfer- und Suchtberatertätigkeiten jedoch nicht aus, weil seine Arbeitszeit dies nicht zulasse. Darauf komme es aber nicht an, entscheidend sei, dass er auch in diesem Bereich eine zusätzliche Qualifikation besitze. Auch aufgrund seiner früheren Ausbildung zum Elektroinstallateur besitze er eine besondere Qualifikation, die im allgemeinen Vollzugsdienst benötigt werde. Es sei in der Justizvollzugsanstalt nämlich erforderlich, einmal jährlich einen sogenannten „E-Check“ durchzuführen, das hieße, sämtliche elektrischen Anlagen und Geräte seien einer eingehenden Kontrolle zu unterziehen. Ferner sei zu beachten, dass er ausgebildeter Fachsportleiter sei. Er sei also auch in der Lage, die Sportangebote in der JVA zu betreuen. Er habe auch den Einführungskurs in das „Soziale Training“ absolviert. Ein Vergleich der Beurteilungen lasse erkennen, dass die Bewerber in unterschiedlichen Bereichen beurteilt worden seien.

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Sinngemäß beantragt er,

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der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, den Beigeladenen auf den nach der Besoldungsgruppe A 8 Bundesbesoldungsordnung bewerteten Dienstposten des Hauptsekretärs im Justizvollzugsdienst bei der Justizvollzugsanstalt ... und den angeschlossenen Abteilungen zu befördern.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Sie entgegnet im Wesentlichen, der Beigeladene liege in den Bereichen „allgemeine geistige Eigenschaften“ und „Fachkenntnisse“ nach der Beurteilungsskala „über den Anforderungen“, in den übrigen Bereichen seien seine Leistungen mit den Anforderungen voll entsprechend bewertet worden. Im Bereich des persönlichen Verhaltens liege der Antragsteller mit einer Durchschnittsnote von 4,25 zwar im leistungsstärksten Bereich; in den Bereichen „Fachkenntnisse“, „Arbeitsverhalten“ und „Sozialverhalten“ sei jedoch eine deutliche Leistungsabgrenzung zwischen ihm und dem Beigeladenen zu Lasten des Antragstellers festzustellen. Die Gesamtwürdigung der Leistungen der Beamten habe beim Antragsteller zu einem „über den Anforderungen“ entsprechenden Gesamtergebnis mit durchschnittlich 3,83 Punkten, beim Beigeladenen zu einem „über den Anforderungen“ entsprechenden Gesamtergebnis mit durchschnittlich 4,19 Punkten geführt. Die Einsatzbereitschaft des Antragstellers werde zwar nicht in Abrede gestellt, er setze sich für die Belange seines Teams ein und versuche durch Verbesserungsvorschläge Organisationsabläufe zu vereinfachen; stets sei er auch bemüht, konsequent gegen Fehlverhalten der Gefangenen vorzugehen. Er verfüge auch über Fachkenntnisse, die über dem allgemeinen Durchschnitt lägen, gleichwohl seien diese nicht so breit gefächert, wie dies beim Beigeladenen der Fall sei. Die Qualifikation des Antragstellers als Suchtberater sowie der Erwerb des Fahrgastbeförderungsscheines könne auf die Stellenbesetzung keinerlei Einfluss haben, da in der Stellenausschreibung irgendwelche zusätzlichen Qualifikationen nicht aufgeführt seien. Das Gesamtverhalten des Beamten werde nicht auf dem gleichen Niveau wie das Ergebnis seiner seinerzeitigen Laufbahnprüfung gesehen. Beförderungen seien entsprechend dem Grundsatz der Bestenauslese vorzunehmen. Dabei würde den Beurteilungen des Beigeladenen und des Antragstellers besondere Bedeutung zukommen; auf sie sei in erster Linie abzustellen. Unter Berücksichtigung aller Beurteilungsmerkmale sei die Entscheidung zur Besetzung der ausgeschriebenen Stelle zugunsten des Beigeladenen zu treffen. Der Einwand des Antragstellers, er verfüge über ein längeres Dienstalter, sei nicht geeignet, die Auswahlentscheidung in einem anderen Licht erscheinen zu lassen, da dieses Sekundärkriterium nur bei im Wesentlichen gleicher Eignung von Bewerbern zum Tragen kommen könne. Hiervon könne aber nicht ausgegangen werden, wenn sich - wie im vorliegenden Fall - die Beurteilungen in wesentlichen Bereichen deutlich unterscheiden würden. Der Beigeladene zeige großes Interesse an seiner Arbeit und bewältige aufgrund seines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes laufend ein überdurchschnittliches Pensum. Er verfüge über besondere Kenntnisse im EDV-Anwendungsbereich und könne sie auch vermitteln. Er könne sich den Gefangenen gegenüber uneingeschränkt durchsetzen und er werde als Autorität nie in Frage gestellt. Kein Gefangener habe sich etwa gegen Anordnungen von ihm beschwert. Die Eignungsprognose für höherwertige Tätigkeiten hätten sich bereits früh abgezeichnet, so dass er nur die Mindestprobezeit habe ableisten müssen.

13

Der Beigeladene hat sich zum Verfahren nicht geäußert.

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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

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II. 1. Der Antrag ist unbegründet.

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Voraussetzung für den Erlass der begehrten Sicherungsanordnung ist gemäß § 123 Abs. 1 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - (in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3987)) in Verbindung mit §§ 935, 936, 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung - ZPO - (in der Fassung vom 12. September 1950 (BGBl. I S. 533), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850)), dass die Dringlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung (der Anordnungsgrund) und das gefährdete Recht (der Anordnungsanspruch) glaubhaft gemacht werden. Zwar liegt ein Anordnungsgrund vor (a), nicht jedoch ein Anordnungsanspruch (b).

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a) Ein Anordnungsgrund liegt vor, weil die Antragsgegnerin beabsichtigt, den Beigeladenen alsbald zu befördern. Nachdem das Gericht durch Urteil vom 26. März 2003 - 6 A 310/01 - <vgl. www.verwaltungsgericht-oldenburg.niedersachsen.de, dort Link: aktuelle Entscheidungen> unter Würdigung des tendenziell abweichenden obiter dictum des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwGE 115, 89 = DÖV 2002, 299 = NordÖR 2002, 129, mit zustimmender Anmerkung von Hermann, NordÖR 2002, 108, und kritischer Anmerkung von Grundmann, a.a.O., S. 106, weiter kritisch: Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, Kommentar zum BBG, Stand: Februar 2002, § 23 Rdn. 14) an seinem Rechtsstandpunkt festgehalten hat, wonach sich der Streit um die Ernennung/Beförderung mit Aushändigung der Ernennungsurkunde an den ausgewählten Bewerber erledigt, bestehen am Vorliegen eines Anordnungsgrundes keine Zweifel.

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b) Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

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Nach § 14 Abs. 5 des Niedersächsischen Beamtengesetzes - NBG - (in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2001 (Nds.GVBl. S. 33), geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 2001 (Nds.GVBl. S. 806)) besteht zwar kein Rechtsanspruch des Beamten auf Beförderung; davon unberührt bleibt indes sein Anspruch auf eine fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. August 2001, - 2 A 3/00 -, NVwZ-RR 2002, S. 47 (48)), weil die beamtenrechtlichen Vorschriften auch das berechtigte Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen berücksichtigen (BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999, - 2 C 14/98 -, NVwZ-RR 2000, S. 172 [BVerwG 22.07.1999 - BVerwG 2 C 14/98] (173)). Dieser Anspruch ist jedoch wiederum im Lichte dessen zu würdigen, dass die der Beförderung vorangehende Auswahlentscheidung des Dienstherrn ein Akt wertender Erkenntnis ist, der nur in eingeschränktem Maße einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Ungeachtet dessen hat sich die Ermessensausübung jedoch nach § 8 Abs. 1 NBG strikt am Leistungsgrundsatz zu orientieren, so dass der Dienstherr zur Ermittlung des Leistungsstandes auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen hat wie sie regelmäßig in den aktuellen dienstlichen Beurteilungen Ausdruck finden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2003 - 2 C 16/02 -; vgl. auch Nds.OVG, Beschluss vom 18. Mai 1995 – 5 M 1532/95, – Nds.Rpfl. 1995, S. 168 = Nds.VBl 1995, S. 212; zum Aktualitätserfordernis: Nds.OVG, Beschluss v. 26. August 1994 - 5 M 3781/94 -; Nds.OVG vom 5. August 1999 - 2 M 2045/99 -, NdsVBl. 2000, S. 151 (152)), die nicht allein deshalb unbeachtlich werden, weil der Beamte gegen sie Rechtsbehelf eingelegt hat (vgl. Nds.OVG, Beschluss vom 5. Juni 2003 - 2 ME 123/03 -; zum Maßstab im Rahmen des Konkurrentenstreitverfahrens: OVG Münster, Beschluss vom 13. September 2001, - 6 B 1776/00 -, DÖD 2001, S. 316 (317 f.)). Hat der Dienstherr für den Beförderungsdienstposten ein Anforderungsprofil aufgestellt, so unterliegt ebenso in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle, ob er die damit gesetzten Auswahlkriterien auch beachtet hat. Er ist an das von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden, da er anderenfalls im Widerspruch zu dem selbst gesteckten Ziel bestmöglicher Aufgabenwahrnehmung gerät. Erst wenn mehrere Bewerber den Anforderungskriterien gerecht werden, erlangen Qualifikationsabstufungen Bedeutung (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. August 2001, a.a.O.; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 19. Januar 2000, - 3 CE 99.33 09 -, DVBl. 2000, S. 1140 (1142)). Dies kann nicht nur dazu führen, dass einem Bewerber, der das Anforderungsprofil am besten erfüllt, bei der Stellenbesetzung selbst dann der Vorzug gegeben wird, wenn seine Befähigung und seine dienstlichen Leistungen im Vergleich zu anderen Bewerbern (geringfügig) schlechter beurteilt worden sind (OVG Schleswig, Beschluss vom 2. Dezember 1996, - 3 M 94/96 -, NVwZ-RR 1997, S. 373 [OVG Schleswig-Holstein 02.12.1996 - 3 M 94/96] (374)); die Festlegung eines Anforderungsprofils bindet den Dienstherrn insbesondere auch bei der Entscheidung, welchen eignungsrelevanten oder leistungsbezogenen Hilfsauswahlkriterien er stärkeres Gewicht beigelegt. In diesem Bereich besteht kein freies Ermessen. Bei der Entscheidung zwischen mehreren im wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern dürfen deshalb keine ganz anderen Akzente gesetzt werden als sie sich aus der Stellenausschreibung ergeben (vgl. NdsOVG, Beschluss vom 25. November 1996 - 2 M 4952/96 -, Nds.RPfl. 1997, S. 59 (60); vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 5. April 2002, - 1 B 1133/01 -, NVwZ-RR 2003, S. 52 [OVG Nordrhein-Westfalen 05.04.2002 - 1 B 1133/01]).

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Entscheidend im Rahmen der Überprüfung des Auswahlermessens ist zunächst, ob die dem Antragsteller und dem Beigeladenen erteilten dienstlichen Beurteilungen wesentlich voneinander abweichen. Eine solche Abweichung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Bewerber auf der jeweiligen Notenskala unterschiedliche Notenstufen erreicht haben. In einem solchen Fall ist grundsätzlich der Bewerber mit der besseren Gesamtnote auszuwählen (vgl. Nds.OVG, Beschluss vom 14. Februar 1997, – 5 M 278/97 –, V.n.b.; Beschluss vom 26. März 1998, – 5 M 1601/98 –, Nds.Rpfl 1998, S. 282 = RiA 1999, S. 143). Sind sie dagegen in den letzten Beurteilungen im Wesentlichen gleich beurteilt worden, so kann der Dienstherr zwischen mehreren möglichen und den Leistungsgrundsatz wahrenden Auswahlkriterien - wie z.B. Lebens- oder Dienstalter (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 1988, - 2 C 51.86 -, BVerwGE 80, 123 (126)), Differenzen bei Eignung, Leistung und Befähigung, auch wenn sie geringfügig sind - wählen, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 1993 - 2 ER 301.93 -, DVBl. 1994, S. 118 (119)). Dabei hat der Dienstherr allerdings zum einen zu beachten, dass auch zurückliegende dienstliche Beurteilungen bedeutsam werden können und sie nicht zu den Hilfskriterien zählen, weil sie vor allem bei einem Vergleich von im wesentlichen gleich beurteilten Bewerbern bedeutsame Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung in einem Beförderungsamt ermöglichen; ihre zusätzliche Berücksichtigung bei der Bewerberauswahl vor den Hilfskriterien ist deshalb mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG geboten, wenn eine „Stichentscheidung“ unter Bewerbern zu treffen ist, die als im Wesentlichen gleich geeignet beurteilt worden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2002 - 2 C 31/01 -, Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG, Nr. 1, bestätigt durch Beschluss vom 27. Februar 2003 - 2 C 16/02 -). Dabei geht das Niedersächsische Oberwaltungsgericht davon aus, dass eine vorrangige Berücksichtigung früherer Beurteilungen dann nicht geboten ist, wenn mehrere Einzelmerkmale zugunsten des ausgewählten Bewerbs streiten und sie für den Beförderungsdienstposten auch bedeutsam sind (vgl. NdsOVG, Beschluss vom 5. Juni 2003 - 2 ME 123/03 -). Zum anderen hat der Dienstherr zu beachten, dass es gerade Sinn des statt verbaler Differenzierungen gewählten Punktsystems, das Abstufungen innerhalb des vergebenen Gesamturteils zum Zwecke eines Leistungsvergleichs ermöglichen soll, ist, Bewertungsunterschiede zum Ausdruck zu bringen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2003 - 2 C 16/02 -).

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Nach Maßgabe dieser Grundsätze begegnet die Auswahlentscheidung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Antragsgegnerin hat die ihre Auswahlentscheidung tragenden Erwägungen zwar weder in einem Besetzungsbericht dokumentiert (vgl. dazu NdsOVG, Beschluss vom 30. Januar 1995 - 5 M 6422/94 - n.v.) noch sie dem Antragsteller mitgeteilt (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 18. Dezember 2000 - 13 B 5619/00 -, NST-N 2001, S. 56 (58)); sie hat jedoch im gerichtlichen Verfahren zum Ausdruck gebracht, sich für den Beigeladenen vor allem deshalb entschieden zu haben, weil er bei einigen Einzelmerkmalen und im arithmetischen Mittel besser bewertet worden ist als der Antragsteller. Damit bewegt sie sich noch im Rahmen des ihr grundsätzlich in weitem Umfang zustehenden Auswahlermessens. Ständiger Rechtsprechung entspricht, dass der Dienstherr der unterschiedlichen Bewertung von Einzelmerkmalen ausschlaggebendes Gewicht beimessen kann (vgl. etwa OVG Koblenz, Beschluss vom 17. Dezember 1999, - 10 B 1217/99 -, NVwZ-RR 2000, S. 803 [OVG Rheinland-Pfalz 17.12.1999 - 10 B 12176/99]). Zu einer anderen Bewertung führt auch nicht der Umstand, dass den Verwaltungsvorgängen die Einbeziehung früherer Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen nicht entnommen werden kann. Das beschließende Gericht entnimmt der Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2003, dass die Einbeziehung dieses leistungsbezogenen Kriteriums für den Dienstherrn jedenfalls dann nicht zwingend ist, wenn er auf Unterschiede hinsichtlich der Beurteilung von Einzelmerkmalen abstellt und es sich dabei um Merkmale handelt, die für das Beförderungsamt auch bedeutsam sind. Dies ist hinsichtlich der Merkmale „allgemeine geistige Eigenschaften“, in dem ein Vorsprung des Beigeladenen - dort bei der Auffassungsgabe - besteht, „Fachkenntnisse“, „Planung/Organisationsfähigkeit“, „Umgang mit Gefangenen“, „Kooperationsfähigkeit“ und „Verhandlungsgeschick“ der Fall. Der Antragsgegnerin war es auch nicht verwehrt, die bessere Bewertung des Antragstellers beim Einzelmerkmal „Einsatzbereitschaft“ zurückzustellen und auf den arithmetischen Unterschied zugunsten des Beigeladenen abzustellen, der sich allerdings bei Zugrundelegung jeder Einzelposition und nicht von Einzelmerkmalkomplexen beim Beigeladenen zwar auf 4,10 reduziert, seinen Vorsprung dem Antragsteller gegenüber - bei ihm verbleibt es bei 3,83 - jedoch unberührt lässt. Eine Verpflichtung zu einer - jedenfalls nicht ersichtlich gewordenen - Gewichtung der Einzelmerkmale bestand für die Antragsgegnerin nicht. Die Verpflichtung zu einer abgestuften Gewichtung der Einzelmerkmale folgt namentlich nicht aus einem entsprechenden Anforderungsprofil. Zwar enthält die Stellenausschreibung neben der Ausweisung des Dienstpostens als Hauptsekretärsstelle auch den Funktionszusatz 'Aufsichtsführender Beamter im Aufsichtsdienst' ( ABiA ); nach Auffassung des beschließenden Gerichts wird damit jedoch kein besonderes Anforderungsprofil festgelegt, sondern allein der zukünftige Aufgabenbereich beschrieben. Selbst wenn man jedoch im Hinblick darauf dem Merkmal „Umgang mit den Gefangenen“ besondere Bedeutung beimäße, wirkte sich dies wiederum zugunsten des Beigeladenen aus, der auch dort besser beurteilt wurde.

22

Mit ihrer Orientierung ausschließlich an der - wenn auch geringfügigen - Notendifferenz wurde nach alledem kein der Stellenausschreibung zuwider laufender Akzent gesetzt. Daraus folgt, dass ebenso die Nichtberücksichtigung von Zusatzqualifikationen - wie etwa Suchtberater und Inhaber eines Personenbeförderungsscheines - und des höheren Dienstalters des Antragstellers keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Die Antragsgegnerin bewegt sich damit noch im Rahmen des Auswahlermessens. Dass der Feststellung der Notendifferenz nicht durchgehend dieselben Einzelmerkmale zugrunde gelegt wurden begegnet im Übrigen deshalb keinen Bedenken, weil die Antragsgegnerin bei der Berechnung des arithmetischen Mittels von der jeweils individuellen Anzahl an beurteilten Einzelmerkmalen ausging.

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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren gem. § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären, da er keinen Antrag gestellt und sich auch ansonsten am Verfahren nicht beteiligt hat.

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3. Der Streitwert beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 4 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 a) des Gerichtskostengesetzes - GKG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Februar 2001 (BGBl. I S. 288, 299), wobei dem Umstand, dass nur eine vorläufige Entscheidung getroffen wurde, durch eine weitere Halbierung des Streitwertes Rechnung zu tragen war.