Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 27.08.2003, Az.: 6 A 977/01

Anspruch eines Polizeibeamten auf Ersatz eines bei Dienstwahrnehmung beschädigten privaten Mobiltelefons; Wiedereinsetzung bei Fristversäumnis infolge einer mit dem Austausch eines Personal Computers verbundenen Störung des Kanzleibetriebs; Zurechnung eines Kanzleiversehens des Prozessbevollmächtigten an die Prozesspartei

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
27.08.2003
Aktenzeichen
6 A 977/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 43473
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2003:0827.6A977.01.0A

Fundstelle

  • NVwZ-RR 2004, 130 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Schadensersatz
§ 96 NBG

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 6. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 27. August 2003
durch
die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ,
den Richter am Verwaltungsgericht ,
den Richter am Verwaltungsgericht Dr sowie
die ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1

I.

Der Kläger begehrt Schadensersatz.

2

Der Kläger steht als Kriminalhauptkommissar im Dienste des Landes Niedersachsen. Er versah am 23. März 2000 zusammen mit seinem Vorgesetzten, dem Dienststellenleiter in L... , Dienst. Nachdem es eine Alarmmeldung vom Postamt L... gegeben hatte, fuhr der Kläger in Zivil mit dem Dienststellenleiter dorthin, wobei er sein privates, im Januar 2000 erworbenes Handy bei sich führte ohne dass der Dienststellenleiter eine ausdrückliche Anordnung dieses Inhalts erteilt hatte. Der Kläger war von dem Dienststellenleiter angewiesen worden, sich im Rahmen einer verdeckten Maßnahme unauffällig in das Postamt zu begeben; dabei hatte er sich mit seinem Dienststellenleiter dahingehend verständigt, das private Handy in das Postamt mitzunehmen. Die Verwendung eines Funkgeräts sollte nicht erfolgen, weil dies aufgefallen wäre. Beim Aussteigen aus dem Dienstfahrzeug verhakte sich die Jacke des Klägers, so dass das Handy auf die Straße fiel, wo es dann durch das vom Dienststellenleiter geführte Fahrzeug zerstört wurde. Der Kläger hat sich für 459, 65 EUR ein neues Handy gekauft und bei der Beklagten beantragt, ihm die Kosten dafür zu ersetzen.

3

Mit Bescheid der Beklagten vom 8. September 2000 wurde der Antrag im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, dass gemäß Ziffer 3.2 der Verwaltungsvorschriften zu § 96 ein Einsatz für private Gegenstände ausgeschlossen sei, die der Beamte anstelle dienstlich zur Verfügung stehender Gegenstände benutze. Da dem Kläger zum Zwecke der Kommunikation von Seiten des Landes Funkgeräte zur Verfügung stünden, sei es nicht möglich, ihm den Schaden zu ersetzen.

4

Der vom Kläger dagegen erhobene Widerspruch wurde mit am 19. Februar 2001 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2001 im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, an der Ausgangsentscheidung ändere sich auch dadurch nichts, dass der Kläger vorgetragen habe, das private Handy aus einsatztaktischen Gründen benutzt zu haben, weil ein Handsprechfunkgerät zu auffällig gewesen wäre und ein dienstliches Handy nicht zur Verfügung gestanden habe. Gemäß Ziffer 3.2 der Verwaltungsvorschriften zu § 96 sei ein Ersatz für private Gegenstände ausgeschlossen, die der Beamte anstelle dienstlich zur Verfügung stehender Gegenstände benutzt habe, es sei denn, der Dienstherr habe die Benutzung ausdrücklich gestattet. Gemäß Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 23. Mai 1997 seien bei der Polizei des Landes Niedersachsen für die überlagernde Sprech-Funk-Kommunikation Mobilfunktelefone in den öffentlichen Mobilfunkdiensten eingesetzt. Dafür stünden in ausreichendem Ausstattungsumfang dienstliche Mobilfunktelefone zur Verfügung. Die Nutzung privater Mobilfunktelefone für dienstliche Zwecke sei nicht vorgesehen. Insofern sei hier auch keine Genehmigung zu erteilen. Werde ein privates Mobiltelefon ausnahmsweise eigeninitiativ für dienstliche Zwecke genutzt, so bestehe kein Anspruch auf Kostenerstattung bzw. anteilige Kostenerstattung für die Beschaffung, Reparatur, oder Wiederbeschaffung des Mobiltelefons. Da keine Genehmigung des Dienstherrn zur Nutzung des privaten Handys vorgelegen habe, könne dem Kläger auch kein Schadensersatz gewährt werden.

5

Mit der am 30. März 2001 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Im Wesentlichen trägt er vor: Im Hinblick auf die Versäumung der Klagefrist beantrage er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil die Klagefrist unverschuldet versäumt worden sei. Am 6. März 2001 habe er den Vorgang mit seinem Prozessbevollmächtigten erörtert und den Klageauftrag erteilt. Der Prozessbevollmächtigte habe die entsprechenden Unterlagen entgegen genommen und sich eine Vollmacht ausstellen lassen. Unmittelbar nach der Besprechung zwischen ihm und seinem Prozessbevollmächtigten habe der Prozessbevollmächtigte dann die Akte mit der zu notierenden Klagefrist einschließlich der entsprechenden Vorfrist von einer Woche der zuständigen Mitarbeiterin, Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte ..., gegeben. Auf dem Handaktenbogen seien vom Prozessbevollmächtigten die Vorfrist und auch der Fristablauf mit einem entsprechenden Vermerk festgehalten worden. Auf dem Handaktenbogen habe sich ein Bearbeitungszettel für die Angestellte befunden, wonach diese die Frist zu notieren habe, anschließend die Akte anzulegen und dem Prozessbevollmächtigten wieder vorzulegen sei. Nachdem der Prozessbevollmächtigte am 26. März selbst ein neues Handy erworben habe, sei ihm aufgefallen, dass der vorliegende Vorgang bei ihm überhaupt nicht bearbeitet worden sei. Er habe dann die Akte unbearbeitet im Dienstzimmer der Angestellten gefunden. Es habe sich herausgestellt, dass sie die Frist auch nicht notiert habe. Dies sei aller Voraussicht nach darauf zurückzuführen, dass am Vormittag des 6. März im Büro des Prozessbevollmächtigten Arbeiten an der Computeranlage durchgeführt worden seien. Der Rechner am Arbeitsplatz der Angestellten sei ausgetauscht worden. Zusätzlich sei an diesem Tag ein Internetanschluss eingerichtet und konfiguriert worden. Im Laufe des Vormittags sei deshalb der Schreibtisch der Angestellten von allen Gegenständen befreit worden. Dabei sei offensichtlich die das Verfahren betreffende Akte entfernt und zur Seite gelegt worden, so dass es dann später nicht mehr zur Fristnotierung im Fristenkalender gekommen sei. Die Akte sei deshalb auch weder mit einer Vorfrist von einer Woche vor Ablauf der Klagefrist, also dem 12. März 2001, vorgelegt worden noch am Tage des Ablaufs der Klagefrist, also am 19. März 2001. Die Fristversäumung sei demnach auch für ihn unverschuldet. Es handele sich ersichtlich um ein Büroversehen, so dass die beantragte Wiedereinsetzung zu gewähren sei. Zur Glaubhaftmachung werde auf die eidesstattliche Versicherung der Angestellten sowie der entsprechenden Firma, die die Installationsarbeiten vorgenommen habe, verwiesen.

6

In der Sache führt er aus, das Gericht werde sich anhand der Ausstattungen, die tatsächlich bei der Polizei des Landkreises V... vorhanden seien, ein Bild darüber machen können, dass die entsprechenden Verwaltungsvorschriften jeglicher tatsächlicher Grundlage entbehrten. Unzutreffend sei die Behauptung im Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 23. Mai 1997, dienstliche Mobilfunktelefone seien in ausreichendem Ausstattungsumfang vorhanden. Dies möge bei der Ausarbeitung des Erlasses durchaus vorgesehen gewesen sein, tatsächlich gebe es allerdings überhaupt keinen angemessenen Bestand. Für den gesamten Bereich der Polizeiinspektion V... stünden als Ausrüstung für den gesamten Landkreis nur zwei Mobiltelefone zur Verfügung. Der Erlass stehe deshalb in krassem Widerspruch zu den tatsächlichen Gegebenheiten. Dies führe dazu, dass der Erlass unbeachtlich sei, weil er den übergeordneten Rechtsvorschriften des Niedersächsischen Beamtengesetzes nicht entspreche. Es handele sich hier offensichtlich um ein grundsätzliches Ausstattungsproblem. Dies sei zwar nicht Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen, jedoch sei dies vorliegend deshalb bedeutend, weil die unzureichende Versorgungslage mit den Mobiltelefonen sich direkt in Form eines Schadens bei ihm niedergeschlagen habe. Der Dienstherr müsse seinen Beamten gegenüber im Rahmen der Fürsorgepflicht dafür sorgen, dass die Grundlagen für verschiedene Erlasse oder Dienstanweisungen auch tatsächlich umgesetzt würden. Dies sei nicht der Fall. Er verweise insoweit auf eine Verfügung der Beklagten vom 1. Juli 1997. Dort sei im letzten Absatz festgehalten, dass in "Kürze" eine angemessene Bestandserhöhung an Mobilfunktelefonen zu erwarten sei. Praktisch habe sich allerdings nichts getan. Es könne nicht angehen, dass die schlechte Versorgungslage auf dem Rücken der Beamten ausgetragen werde. Soweit der Vorgesetzte angegeben habe, dass es keine ausdrückliche Anordnung gegeben habe, sei dies richtig. Dabei müsse man allerdings auch den täglichen Dienstablauf und den Umgang der Kollegen miteinander berücksichtigen. Es handele sich bei einem entsprechenden Einsatz um einen partnerschaftlichen Umgang der Kollegen miteinander. Irgendwelche ausdrücklichen Anordnungen in der Form, dass der Vorgesetzte seinem Untergebenen den Befehl erteile, gebe es im täglichen Einsatz eigentlich nicht. Es habe einen sog. stillen Alarm gegeben. Er habe das Gebäude wie ein Kunde betreten sollen. Dabei habe er selbstverständlich die Möglichkeit haben müssen, zu dem draußen wartenden Kollegen Kontakt aufzunehmen. Über ein Funkgerät wäre dies überhaupt nicht möglich gewesen, weil dies einem Täter sofort aufgefallen wäre. Aus diesem Grunde habe sein privates Handy zum Einsatz kommen müssen. Dabei seien sich die Polizeibeamten darüber einig gewesen, dass es aus ermittlungstaktischen Gründen unbedingt erforderlich sei, dass er sein Handy mitnehme.

7

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm Schadensersatz in Höhe von 459,65 Euro (899,00 DM) zu leisten

und den Bescheid der Beklagten vom 8. September 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2001 aufzuheben.

8

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Sie entgegnet unter Hinweis auf ihre Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden im Wesentlichen, sie weise darauf hin, dass entgegen der Darstellung des Klägers das Ausstattungssoll mit Mobilfunktelefonen für ihren Zuständigkeitsbereich zum Zeitpunkt des Schadensereignisses erreicht gewesen sei. Dies schließe im Einzelfall nicht aus, dass im polizeilichen Alltag Situationen entstehen könnten, bei denen das Vorhandensein weiterer Geräte wünschenswert wäre. Der Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 23. Mai 1997 stehe daher auch nicht im Widerspruch zu § 96. Dementsprechend hätte die Zustimmung des Dienststellenleiters zur Benutzung des Privatmobiltelefons auch nur zur Folge gehabt, das entstandene Gesprächsgebühren gegebenenfalls hätten ersetzt werden können. Obwohl demnach ein Schadensersatzanspruch schon dem Grunde nach nicht gegeben sei, werde vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Höhe des Schadens vom Kläger bisher nicht ausreichend belegt worden sei. Der Kläger habe auch nicht dargelegt, inwieweit günstigere Ersatzmöglichkeiten gegeben seien. In der Widerspruchsbegründung habe der Kläger seinerzeit selbst lediglich ausgeführt, er habe angeboten, sein privates Handy zur unauffälligen Kommunikation mit zu nehmen. Somit habe die Beklagte bisher davon ausgehen müssen, der Kläger habe sein Handy eigeninitiativ für dienstliche Zwecke benutzt. Eben diesen Sachverhalt regele jedoch der bereits erwähnte Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 23. Mai 1997. Der Dienststellenleiter habe auch erklärt, dass der Kläger seinerzeit sein Handy eigeninitiativ von der Dienststelle zum Einsatz mitgenommen habe. Eine dienstliche Anordnung oder Aufforderung habe es diesbezüglich nicht gegeben. Auf der Fahrt zum Einsatzort hätten der Kläger und er sich dann darauf geeinigt, für die weitere Kommunikation während des Einsatzes das private Handy des Klägers zu nutzen. Den genauen Wortlaut dieser Absprache könne der Vorgesetzte jedoch nicht mehr wiedergeben. Er könne auch nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, wer von beiden den Vorschlag für diese Vorgehensweise gemacht habe. Es gebe somit keinerlei Veranlassung zur Annahme, dass der Vorgesetzte den Kläger in Form einer dienstlichen Anordnung aufgefordert habe, sein privates Handy zum Einsatz mitzubringen. Es bestehe Übereinstimmung darin, dass die Mitnahme des Handys durch den Kläger und damit die Bereitstellung zur Nutzung eigeninitiativ erfolgt sei. Dass es auf dem Weg zum Einsatzort Gespräche zwischen dem Kläger und dem Vorgesetzten gegeben habe, in dem sich die Beamten auf die weitere Vorgehensweise und die Benutzung des privaten Handys geeinigt hätten, werde nicht in Abrede gestellt. Entscheidend sei jedoch, dass der Kläger sein privates Handy eigeninitiativ mitgenommen und für die dienstliche Nutzung zur Verfügung gestellt habe.

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Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorgangs verwiesen. Sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

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II.

1.

Die Klage ist zulässig (a), jedoch unbegründet (b).

12

a)

Der Kläger hat zwar erst am 30. März 2001 Klage erhoben, obwohl ihm der Widerspruchsbescheid der Beklagten am 19. Februar 2001 zugestellt worden und die Klagefrist damit entgegen §§ 74 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1, 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB nicht gewahrt worden ist. Dem Kläger ist jedoch nach § 60 Abs. 1 VwGO antragsgemäß Wiedereinsetzung zu gewähren. Die nach § 60 Abs. 2 S. 1 VwGO bestehende Antragsfrist ist gewahrt, nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers glaubhaft gemacht hat, sich am 26. März 2000 ein neues Handy gekauft zu haben und dadurch an den Fall erinnert worden zu sein. Der Kläger braucht sich auch nicht ein schuldhaftes Verhalten seines Prozessbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO entgegenhalten zu lassen. Zwar hat dessen Mitarbeiterin ... fahrlässig und somit schuldhaft gehandelt; da es im Prozessrecht jedoch an einer § 278 BGB entsprechenden Bestimmung fehlt, ist dieses Verschulden dem Prozessbevollmächtigten nur dann zurechenbar, wenn er die Angestellte nicht mit der erforderlichen Sorgfalt ausgewählt, angeleitet oder überwacht oder er nicht durch eine zweckmäßige Büroorganisation, insbesondere auch hinsichtlich der Fristen- und Terminüberwachung und Ausgangskontrolle, das Erforderliche zur Verhinderung der Fristversäumung getan hat (vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 12. Auflage 2000, § 60 Rn. 21; von Pentz, NJW 2003, S. 858 (862) [BGH 30.01.2003 - III ZR 270/02]; BAG, NJW 1990, S. 2707). Ein solches Verschulden ist nicht ersichtlich. Dass die Büroangestellte sich bislang als zuverlässig erwiesen hat, hat der Prozessbevollmächtigte glaubhaft dargelegt. Auch eine unzureichende Büroorganisation vermag das Gericht noch nicht darin zu sehen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Angestellte trotz Kenntnis der Arbeiten am PC nicht ausdrücklich ermahnt hat, auf die Handakten Acht zu geben und die Fristen zu erfassen. Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, derartige Weisungen befolgt; es besteht keine Verpflichtung, sich anschließend über die Ausführung zu vergewissern (vgl. BGH, NJW 1997, S. 1930, sowie BGH, NJW 2001, S. 1578 (1579) [BGH 23.11.2000 - IX ZB 83/00]). Die mit dem Austausch eines PC verbundene Störung des Kanzleibetriebs ist - anders als dies etwa bei größeren Baumaßnahmen der Fall wäre -nicht derart gefahrenträchtig, dass der Prozessbevollmächtigte zum Ergreifen besonderer Kontrollmaßnahmen gehalten gewesen wäre. Das Gericht trägt mit dieser Sichtweise der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung, wonach der Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf. Insbesondere das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dient unmittelbar dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewähren. Daher dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlasst haben und vorbringen muss, um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erhalten, nicht überspannt werden. Dem widerspricht insbesondere, dem rechtsuchenden Bürger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten seines Anwalts zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen er auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Spruchkörpers bislang nicht zu rechnen brauchte (BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], NJW 1995, S. 249).

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b)

Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat es ermessensfehlerfrei abgelehnt, dem Kläger Schadensersatz zu leisten. Nach § 96 NBG steht es im Ermessen des Dienstherrn, Ersatz dafür zu leisten, dass einem Beamten bei Ausübung des Dienstes und ohne dass ein Dienstunfall vorliegt, Gegenstände zerstört werden, die üblicherweise bei der Wahrnehmung des Dienstes mitgeführt werden. Das dem Dienstherrn bei Vorliegen dieser Voraussetzungen zustehende Ermessen ist weit und erfährt eine Begrenzung durch die tatsächliche Handhabung der dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften.

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Zwar liegt kein die Anwendung des § 96 NBG ausschließender Dienstunfall nach § 31 BeamtVG vor, da beim Kläger kein Körperschaden eingetreten ist; ebenso ist auch die Zerstörung eines im Eigentum des Klägers stehenden Gegenstandes gegeben, so dass auch insoweit die Voraussetzungen des § 96 NBG vorliegen. Bei dem zerstörten Handy handelt es sich jedoch nicht um einen Gegenstand, der "üblicherweise" bei Wahrnehmung des Dienstes mitgeführt wird. Handys sind funktionell zwar dadurch gekennzeichnet, dass sie eine optimale, ja nahezu jederzeitige Erreichbarkeit des Inhabers gewährleisten sollen. Dies allein führt jedoch nicht dazu, sie auch in rechtlicher Hinsicht als Gegenstand anzusehen, der bei der Dienstwahrnehmung "üblicherweise" mitgeführt wird. Rechtliche Voraussetzung dafür ist, dass es sich um einen Gegenstand handelt, der vom Beamten im Dienst benötigt (vgl. Kümmel, Beamtenrecht (Niedersachsen), § 96 <Stand: Juni 1993>, Rn. 6.1) und ihm nicht bereits vom Dienstherrn zur Verfügung gestellt wird (vgl. auch Ziffer 3.2 der Verwaltungsvorschriften zu § 96 vom 25. November 1992, NdsMBl. 1999, S. 93). Handys werden den Polizeibeamten jedoch bereits durch den Dienstherrn zur Verfügung gestellt, womit sich auch die Feststellung des Niedersächsischen Innenministeriums im Erlass vom 23. Mai 1997 erklärt, da die Nutzung privater Mobiltelefone für dienstliche Zwecke nicht vorgesehen sei, sei auch keine Genehmigung dafür zu erteilen. Auch für den Fall einer eigeninitiativ vorgenommenen Nutzung eines privaten Handys stellt das Ministerium klar, dass im Fall eines Verlustes das Ermessen nicht im Sinne einer Kostenerstattung auszuüben ist. Eine Erstattungsfähigkeit wird lediglich für Gesprächsgebühren und dies in engem Rahmen anerkannt. Eine andere, die jeweilige konkrete Ausstattungssituation in den Blick nehmende Betrachtung ist auch nicht etwa deshalb geboten, weil die Ausstattung der Polizei mit Handys nicht in dem Umfang gewährleistet sein mag wie der Kläger dies für geboten hält. Die Beurteilung, ob die Ausstattung ausreichend ist, obliegt allein dem Dienstherrn und nicht dem Beamten. Der Dienstherr allein trägt denn auch die Verantwortung für die Nachteile einer etwaig unzulänglichen Ausstattung der Polizei mit Kommunikationsmitteln; die einzelnen Polizeibeamten sind nicht gehalten, etwaige Defizite mit eigenen Mitteln aufzufangen.

15

Ebenfalls keine andere Bewertung folgt aus dem Vortrag des Klägers, sein privates Handy sei in Übereinstimmung mit dem Dienststellenleiter zum Einsatz gekommen. Zum einen besitzt der Dienststellenleiter nicht die Befugnis, die Anordnungen des Innenministeriums abzuändern; zum anderen hat sich im Laufe des Verfahrens herausgestellt, dass der Kläger das Handy nicht auf Weisung des Dienstvorgesetzten mitgenommen hat, sondern er es mitgenommen hat noch bevor es mit dem Dienststellenleiter zu einer Verständigung über dessen Einsatz kam. Dies bedeutet, dass er das Handy nach aller Lebenserfahrung - selbst ohne vorherige Verständigung mit dem Dienststellenleiter - mit in die Post hineingenommen hätte und es beim Aussteigen aus dem Dienst-Kfz auch ohne dienstliche Verwendungsabsicht zerstört worden wäre. Zu dem geplanten Einsatz des Handys, der möglicherweise zu einer anderen Ermessensausübung führen könnte, ist es überhaupt nicht gekommen.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Gründe, die Berufung nach § 124a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO zuzulassen, bestehen nicht.