Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 26.03.2003, Az.: 6 A 310/01
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 26.03.2003
- Aktenzeichen
- 6 A 310/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 40754
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2003:0326.6A310.01.0A
Amtlicher Leitsatz
Der Streit um die Ernennung/Beförderung erledigt sich mit Aushändigung der Ernennungsurkunde an die ausgewählte Bewerberin, wenn diese nicht nach beamtenrechtlichen Regelungen nichtig ist oder zurückgenommen werden kann. Die Kammer hält trotz der vom Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 13.09.2001 - 39/00 - BVerwGE 115, 89 [BVerwG 13.09.2001 - 2 C 39/00]) an dieser Rechtsansicht geäußerten Zweifel an ihr fest.
Tenor:
...
Tatbestand:
...
Die Beigeladene ist eine wissenschaftliche Hochschule des Landes Niedersachsen und dem Kreis der Universitäten zugeordnet. Sie schrieb im November 1996 in ihrem Fachbereich I ab sofort eine C 3-Professur für Sportwissenschaft aus, wies in der Stellenausschreibung darauf hin, dass der künftige Stelleninhaber die beiden Bereiche pädagogische Bewegungslehre sowie Sport- und Körper/Gesundheit in Forschung und Lehre vertreten und verantwortlich sein solle für die Ausbildung im Rahmen der Studiengänge Lehramt an Grund- und Hauptschulen, Lehramt an Realschulen und in Magisterstudiengängen (Nebenfach). Einstellungsvoraussetzungen seien ein abgeschlossenes Hochschulstudium, Promotion sowie Habilitation; die Bewerber sollten darüber hinaus eine mindestens dreijährige Schulpraxis oder andere praktische Tätigkeiten nachweisen können.
Der Kläger bewarb sich unter dem 28. November 1996 um diese Stelle. Die Beigeladene teilte ihm unter dem 2. Juni 2000 mit, dass zwischenzeitlich das Berufungsverfahren abgeschlossen worden sei und der Beklagte den Ruf an eine ausgewählte Bewerberin aus ......... erteilt habe. Dagegen legte der Kläger unter dem 29. Juni 2000 Widerspruch ein und beantragte am 30. Juni 2000 den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, dem Beklagten zu untersagen, die ausgeschriebene Stelle zu besetzen, solange nicht bestandskräftig über seine Bewerbung entschieden worden ist. Der Beklagte teilte mit, dass die ausgewählte Bewerberin den ihr am 2. Mai 2000 erteilten Ruf auf die Professur am 24. Mai 2000 angenommen habe und mit Wirkung vom 19. Juni 2000 vom Rektor der Beigeladenen zur Universitätsprofessorin ernannt und in die entsprechende Planstelle eingewiesen worden sei. Daraufhin erklärten der Kläger und der Beklagte das Verfahren für erledigt und das Verwaltungsgericht Oldenburg stellte es mit Beschluss vom 5. September 2000 (Az.: 6 B 2436/00) ein. Am 30. Januar 2001 hat der Kläger Klage erhoben.
Er trägt vor: Das Auswahlverfahren weise schwerwiegende formelle Mängel auf. Darauf habe der Hochschulrat bereits hingewiesen. Nicht die Berufungskommission, sondern ein anderes unzuständiges Gremium der Beigeladenen habe dem Beklagten vorgeschlagen, die später ausgewählte Bewerberin zu berufen. Diese sei auch erst vorgeschlagen worden, nachdem der Beklagte die ursprüngliche Liste zurückgegeben habe. Er sei zwar nicht auf die Berufungsliste gesetzt worden, aber das stehe seinem Anspruch auf Gewährleistung eines rechtmäßigen Auswahlverfahrens nicht entgegen, zumal der Beklagte rechtlich nicht gehindert gewesen sei, ihn gleichwohl zu ernennen und im Übrigen ein ohnehin nicht befugtes Gremium die Berufungsliste erstellt habe. Fachliche Gesichtspunkte seien bei der Auswahlentscheidung nicht hinreichend beachtet worden. Er sei bereits im Zeitpunkt seiner Bewerbung im Fach Sportwissenschaften habilitiert gewesen, habe über die fachliche Eignung für die abzudeckenden Fächer in hohem Maße verfügt und habe sich in Lehre und Forschung seit mehreren Jahren mit Problemen aus diesen Bereichen befasst. Seit 1983 habe er universitäre Lehrerfahrungen gesammelt und die volle Prüfungsberechtigung. Ob und in welchem Maße dies auch für die ausgewählte Bewerberin gelte, entziehe sich seiner Kenntnis. Jedenfalls sei sie seinerzeit noch nicht habilitiert gewesen, seine Promotionsleistungen seien um eine Note besser beurteilt worden als die ihren und sie verfüge nicht über Lehrerfahrungen in den maßgebenden Bereichen wie er, denn sie habe in einem anderen Bereich, nämlich der Sportpädagogik und Sportpsychologie, gewirkt. Sie habe auch im Wesentlichen nicht eigenständig, sondern im Team geforscht. Er hingegen habe zahlreiche Forschungsprojekte durchgeführt und auch Drittmittel eingeworben. Auch der Vergleich der Publikationen und der Tätigkeit in der akademischen Selbstverwaltung werde seine höhere Qualifikation ergeben. Deshalb sei unverständlich, dass er nicht einmal zur Anhörung geladen worden sei. Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, über seine Bewerbung um die Berufung auf eine Professorenstelle (C 3) für "Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt pädagogische Bewegungslehre sowie Sport und Körper/Gesundheit" bei der Beigeladenen erneut zu entscheiden, hilfsweise festzustellen, dass die Ernennung der ausgewählten Bewerberin zur Professorin der Besoldungsgruppe C 3 im Fach "Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt pädagogische Bewegungslehre sowie Sport und Körper/Gesundheit" rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erwidert: In seiner Berufungsvorlage vom 13. April 2000 habe er das Auswahlverfahren und die Auswahlentscheidung dargelegt und begründet. Darauf nehme er Bezug. Nach bisheriger Rechtslage sei die Klage ohnehin unzulässig. Aber auch wenn sie nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. September 2001 nicht durch die Ernennung der ausgewählten Bewerberin unzulässig geworden sein sollte, könne die Klage keinen Erfolg haben. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei unzulässig nicht nur, weil die Ernennung kein Verwaltungsakt mit drittbelastender Wirkung sei, sondern auch weil sie als das erledigende Ereignis vor Klageerhebung liege und deshalb die Absicht, Schadensersatzansprüche geltend machen zu wollen, kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründe. Im Übrigen wäre ein solcher Amtshaftungsprozess auch aussichtslos. Dem Kläger werde weder der Nachweis gelingen, dass das Auswahlverfahren fehlerhaft gewesen sei noch dass er als einer der 37 Bewerber um die ausgeschriebene Professorenstelle hätte ausgewählt werden müssen. Der Kläger sei nicht einmal in die Vorauswahl gekommen. Außerdem habe er seine Schadensabwendungspflicht nach § 839 Abs. 3 BGB außer Acht gelassen, denn er hätte die Ernennung der ausgewählten Bewerberin durch rechtzeitige Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes verhindern können und müssen.
Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses und des Verfahrens 6 B 2436/00 sowie auf die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Gründe
II.
Die auf erneute Entscheidung über seine Bewerbung um die Berufung auf die im November 1996 von der Beigeladenen ausgeschriebene C 3- Professur für Sportwissenschaft gerichtete Klage ist unzulässig. Die Entscheidung, mit der die Bewerbung eines nicht berücksichtigten Beamten abschlägig beschieden worden ist, erledigt sich mit der endgültigen anderweitigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle (so BVerwG, u.a. Urteil vom 9. März 1989 - 2 C 4.87 - Buchholz 232, § 23 BBG Nr. 36 Seite 7 m.w.N. = DVBl. 1989, 1150 = ZBR 1989, 281 [BVerwG 09.03.1989 - BVerwG 2 C 4.87]; Urteil vom 25. August 1988 - 2 C 62.85 - NVwZ 1989, 158 = ZBR 1989, 280 = BVerwGE 80, 127, 129 f. [BVerwG 25.08.1988 - BVerwG 2 C 62/85]; dazu: Beschluss der 3. Kammer des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 1989 - 2 BvR 1576/88 DVBl. 1989, 1247 = NJW 1990, 501 f. [BVerfG 19.09.1989 - 2 BvR 1576/88]; Burmeister, Die Personalvertretung, 1996, 145, 147 f.). Ein Amt darf haushaltsrechtlich nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Mit der endgültigen Ernennung eines Mitbewerbers und dessen Einweisung in die Planstelle steht diese dem Dienstherrn nicht mehr zur Verfügung. Der Dienstherr kann die Ernennung und Einweisung nicht rückgängig machen, denn die Rücknahme einer Ernennung ist nach § 9 Beamtenrechtsrahmengesetz und § 19 NBG an bestimmte Voraussetzungen geknüpft und sie muss innerhalb einer gesetzlich bestimmten Frist erfolgen, die in § 19 Abs. 3 Satz 2 NBG auf sechs Monate festgelegt worden ist. Selbst wenn bei der Auswahl der ausgewählten Bewerberin eine unzuständige Kommission mitgewirkt hätte und der Kläger nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung auszuwählen gewesen wäre, ist deshalb nicht die Ernennung der ausgewählten Bewerberin nichtig gemäß § 17 NBG und es liegt auch kein Rücknahmegrund nach § 19 NBG vor. Der Beklagte als Dienstherr und auch die Beigeladene sind rechtlich gehindert, die Ernennung und Einweisung der ausgewählten Bewerberin rückgängig zu machen. Sie ist tätig auf dem ausgeschriebenen Dienstposten, der folglich nicht mehr frei ist für eine Bewerbung des Klägers. Die ausgewählte Bewerberin hat einen Rechtsanspruch auf das ihrem statusrechtlichen Amt entsprechende abstrakte und konkrete funktionelle Amt, also auf den Dienstposten, der ihr aufgrund der Ernennung rechtmäßig übertragen worden ist (vgl. Urteil des BVerwG vom 21. November 1996 - 2 A 3.96 -, zitiert nach juris). Die Ernennung der ausgewählten Bewerberin kann der Kläger auch deshalb nicht mit Erfolg anfechten, weil sie ihn nicht betrifft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 1993 - 2 B 64.93 -, Buchholz 232, § 8 BBG Nr. 49, Seite 10).
Die Kammer hat diese Rechtsansicht ihren Entscheidungen in Klageverfahren, in denen ein Bewerber eine Auswahlentscheidung angefochten hat und der ausgewählte Bewerber bereits ernannt worden ist, in Stellenbesetzungsverfahren und in Beförderungsauswahlverfahren zugrundegelegt und Klagen als unzulässig abgewiesen; auch Fortsetzungsfeststellungsklagen hat sie mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses abgewiesen (vgl. Urteil vom 10. Mai 2000, Az. 6 A 560/98; Gerichtsbescheid vom 23. März 1993, Az.: 6 A 2963/92). Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat diese Rechtsansicht bestätigt (vgl. Urteil vom 24. Januar 1995, Az.: 5 L 2116/93, mit dem die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 23. März 1993, Az.: 6 A 2963/92 zurückgewiesen wurde).
An dieser Rechtsansicht hält die Kammer fest, obwohl das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 13. September 2001, Az.: 2 C 39/00 (BVerwGE 115, 89 = NVwZ 2002, 604 ff.= DÖV 2002, 299 ff.= Dokumentarische Berichte, Ausgabe B, 2002, 44 ff.= DVBl. 2002, 203 = ZBR 2002, 178 mit Anmerkung von Schnellenbach= RiA 2003, 33 ff. mit Anmerkung von Brinktine, Seite 15 ff.= NordÖR 2002, 130 ff. mit Anmerkungen von Grundmann, S. 106, und Hermanns, S. 108; dazu: Lemhöfer, Rechtsschutz im Beförderungsstreit: Systematik und Praxistauglichkeit, ZBR 2003, 14; Battis, Entwicklung des Beamtenrechts im Jahre 2001, NJW 2002, 1085, 1089) Zweifel daran äußert, ob an der Rechtsprechung, nach der sich der um eine Beförderungsauswahl geführte Rechtsstreit durch die Ernennung eines Mitbewerbers erledigt, festzuhalten ist und ausführt, das der Dienstherr zwar gehindert sein mag, eine von dem unterlegenen Mitbewerber angefochtene Ernennung zurückzunehmen, wenn die beamtenrechtlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind, dass aber nicht ihre Anfechtung durch den unterlegenen Bewerber und ihre gerichtliche Überprüfung ausschließt. Es erscheine mit Art. 19 Abs. 4 GG schwer vereinbar, einem Beamten den Rechtsschutz mit der Begründung zu versagen, sein Anspruch auf eine den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechende Auswahlentscheidung sei durch den Vollzug der getroffenen, diese Grundsätze möglicherweise verletzenden Auswahlentscheidung untergegangen.
Das Bundesverfassungsgericht hat die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, wonach nur vor einer Ernennung des ausgewählten Konkurrenten mittels einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Bewerbungsverfahrensanspruch effektiv gesichert werden kann, für verfassungsgemäß gehalten. Es sah keinen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG, der jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gewährt, woraus der Anspruch eines Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfreie Entscheidung über seine Bewerbung folgt, hat allerdings ausgeführt, dass in diesen Fällen den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes gerade im Eilverfahren besonders Rechnung zu tragen ist und eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle im vorläufigen Rechtsschutz verfassungsrechtlich geboten ist (vgl. zuletzt: BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002, Az.: 2 BvR 857/02 - DVBl. 2002, 1633).
Die Kammer ist der Ansicht, dass an der Rechtsprechung festzuhalten ist, dass sich mit der endgültigen anderweitigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle der Rechtsstreit eines nicht berücksichtigten Bewerbers, dessen Bewerbung abschlägig beschieden worden ist, mit der Folge erledigt, dass der Verpflichtungsklage ebenso wie der auf eine erneute Entscheidung über die Bewerbung gerichteten Klage das Rechtsschutzinteresse fehlt und sie folglich unzulässig ist bzw. wird.
Der Kläger begehrt eine Rechtsstellung, die ihm bislang noch nicht zustand. Die Aufhebung der fehlerhaften Ernennung der ausgewählten Bewerberin durch das Gericht, für die nach den beamtenrechtlichen Regelungen in § 9 BRRG, § 12 BBG oder § 19 NBG die Voraussetzungen fehlen und die deshalb der Behörde selbst für den Fall versagt ist, in dem sie die Fehlerhaftigkeit ihrer Auswahlentscheidung erkannt hat, ist nach Auffassung der Kammer auch deshalb ausgeschlossen, weil zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, die Art. 33 Abs. 5 GG schützt, auch der Grundsatz der Ämterstabilität mit der daraus folgenden eingeschränkten Aufhebbarkeit erfolgter Ernennungen gehört.
Die gefestigte höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung eröffnet dem erfolglos gebliebenen Mitbewerber - mit Billigung des Bundesverfassungsgerichts - bei einer fehlerbehafteten Auswahl die Möglichkeit, die Aushändigung der Ernennungsurkunde an den ausgewählten Konkurrenten durch gerichtliche Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorläufig zu verhindern. Entspricht das Gericht einem darauf zielenden Antrag, so wird der Mitbewerber dadurch in den Stand versetzt, sein Beförderungsverlangen letztlich in einem Hauptsacheverfahren mit der Verpflichtungs- oder der Bescheidungsklage geltend zu machen. Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen sind nicht ersichtlich. Wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hingegen (rechtskräftig) abgelehnt, so bleibt dem übergangenen Bewerber nach dem in Rechtsprechung und Verwaltungspraxis mittlerweile etablierten Verfahrensmuster nur mehr die Schadensersatzklage unter den rechtlichen Gesichtspunkten der Amtshaftung nach Art. 34 Abs. 1 GG, § 839 BGB oder der Verletzung etwa des Bestenausleseprinzips nach Art. 33 Abs. 2 GG (Schnellenbach, aaO, ZBR 2002, 180,181).
Diese Rechtsschutzmöglichkeiten setzen voraus, dass der unterlegene Bewerber über den Ausgang des Bewerbungsverfahrens rechtzeitig informiert wird. Anderenfalls kann das Unterlassen der Information als solches als Amtspflichtverletzung einen Schadensersatzanspruch auslösen (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 1995 - III ZR 183/94 - ZBR 1995, 314 m.w.N. = BGHZ 129, 226 = NJW 1995, 2344 ff.), wenn nicht bewiesen werden kann, dass der unterlegene Bewerber erfolglos geblieben wäre. Dem verfassungsrechtlichen Gebot des Art. 19 Abs. 4 GG dürfte damit genüge getan sein (so Schnellenbach, aaO, ZBR 2002, 180, 182) und eine mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbare Rechtsschutzlücke dürfte nicht bestehen (so Grundmann, Kehrtwendung in der Rechtsprechung zum beamtenrechtlichen Konkurrentenstreit?, NordÖR 2002, 106, 107). Mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG wäre es allerdings unvereinbar, wenn der Dienstherr durch rechtswidriges Handeln vollendete Tatsachen schaffen und dadurch den effektiven Rechtsschutz des Betroffenen vereiteln könnte und demzufolge irreparable behördliche Entscheidungen ergehen (so Brinktine, Prozessuale und materiell-rechtliche Fragen bei Versetzung "politischer Beamter" in den einstweiligen Ruhestand, RiA 2003, 15, 16). Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass das öffentliche Interesse an einer effektiven Funktion der Verwaltung verlangt, dass einmal getroffene Beförderungsentscheidungen nicht längere Zeit in der Schwebe bleiben. Ein andauernder Schwebezustand bringt für die Verwaltung eine Vielzahl von erheblichen Problemen mit sich. Diese betreffen die dienstlichen Tätigkeiten des beförderten Beamten unmittelbar (z. B. Fragen nach dem rechtlichen Bestand seiner Entscheidungen) sowie dessen weitere Verwendbarkeit (z. B. Frage, ob ihm nach Bewährung ein noch höheres Statusamt verliehen werden darf), können sich aber durchaus auch auf die Planbarkeit des künftigen Einsatzes anderer Beamter erstrecken. Um all dies zu vermeiden, wird eine rechtliche Stabilität des einmal verliehenen Beförderungsamtes für erforderlich gehalten, die die Anfechtung der Ernennung durch einen unterlegenen Bewerber ausschließt (Ämterstabilität) (vgl. Grundmann, a.a.O., NordÖR 2002, 106, 107, unter Hinweis auf Günther, ZBR 1979, 93, 109 und NVwZ 1986, 697 und Schnellenbach, NVwZ 1990, 637).
Für Stellenbesetzungsentscheidungen gilt insoweit nach Auffassung der Kammer dasselbe wie für Beförderungsentscheidungen. Dabei ist es verfassungsrechtlich geboten, dass der unterlegene Bewerber nach erfolgter Information über den Ausgang des Besetzungsverfahrens ausreichend Zeit zur Verfügung hat für seine Entscheidung, ob er vorläufigen Rechtsschutz beantragen will oder nicht, dass die Ernennung des ausgewählten Bewerbers während des anhängigen vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nicht erfolgt, dass im Eilverfahren eine umfassende und nicht lediglich auf die Kontrolle auf offensichtliche Fehler beschränkte (vergleiche Hermanns, Beamtenrechtliche Konkurrentenklage auf neuen Wegen?, NordÖR 2002, 108 m.w.N.) Rechtsprüfung vorgenommen wird, dass der unterlegene Bewerber nur die Fehlerhaftigkeit des bisherigen Auswahlverfahrens und die Möglichkeit der Kausalität des Fehlers, nicht aber glaubhaft machen muss, dass er auszuwählen gewesen wäre (vgl. BVerfG1. Kammer des Zweiten Senats, NVwZ 2003, 200 f. [BVerfG 24.09.2002 - 2 BvR 857/02])Grundmann, a.a.O; NordÖR 2002, 106, 107). So gewährleistet das vorläufige Rechtsschutzverfahren effektiven Rechtsschutz und klärt den Streit möglichst schnell.
Die Kammer folgt nicht der Rechtsansicht (vgl. Hermanns, a.a.O., NordÖR 2002, 108 ff.), dass zusätzlich zum bereits ernannten Bewerber auch der zu Unrecht im Konkurrentenstreit übergangene Bewerber befördert (oder hier: eingestellt) und amtsangemessen beschäftigt werden könnte, denn eine weitere C 3-Professorenstelle im Fachbereich I der Beigeladenen, die dem Kläger zugewiesen werden könnte, gibt es nicht. Auch wenn es im Bereich der Beigeladenen oder im Bereich des Beklagten eine nicht besetzte C 3-Stelle geben sollte oder eine solche geschaffen werden sollte, wäre diese gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 NHG öffentlich auszuschreiben und in dem für die Besetzung von Professorenstellen vorgeschriebenen Verfahren zu besetzen. Sollte sich das vom Kläger beanstandete Auswahlverfahren nach gerichtlicher Überprüfung als fehlerhaft herausstellen, so rechtfertigte das nicht, erneut eine Professorenstelle, diesmal mit dem Kläger, zu besetzen ohne die rechtlichen Vorgaben zu beachten.
Der Kläger hat als Rechtsschutzziel die Neubescheidung geltend gemacht, begehrt also eine erneute rechtsfehlerfreie Vornahme der Entscheidung über die Besetzung der von der Beigeladenen im November 1996 ausgeschriebenen Stelle. Dieses Begehren ist naturgemäß verbunden mit der Hoffnung, dass die Entscheidung sodann rechtsfehlerfrei zu seinen Gunsten getroffen werden wird. Ein solches Begehren wirft besondere Probleme auf, denn es ist zu klären, ob die Auswahl unter den ursprünglich 37 Bewerbern zu treffen ist, ob die seinerzeitigen oder die aktuellen Leistungsverhältnisse der Neubescheidung zugrunde zu legen sind, wie zu verfahren ist, wenn ein Bewerber - z.B. der Kläger - anzuhören ist und nur seine aktuellen Kenntnisse vortragen kann, oder ob die Stelle erneut auszuschreiben, die Auswahl dann unter den Bewerbern zu treffen ist, die sich auf die erneute Ausschreibung erneut bewerben und ob die bereits ausgewählte Bewerberin - ggf. ohne eigene Bewerbung - in den Bewerberkreis einzubeziehen ist. Nicht nur diese praktischen Probleme veranlassen die Kammer, an der bisherigen Rechtsansicht festzuhalten, sondern auch die Vorteile, die die bisherige Verfahrensweise bietet. So wird der Streit binnen übersehbarer Zeit entschieden. Wird die einstweilige Anordnung endgültig abgelehnt, kann der ausgewählte Bewerber wirksam und endgültig ernannt werden, und bleibt Sekundärrechtsschutz auf Schadensersatz rechtlich möglich, wenngleich in einem solchen Fall ein solches Begehren wegen des Verschuldenserfordernisses auch schwerer zu verfolgen ist. Wird dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes entsprochen, kann die Behörde eine neue, den Beanstandungen Rechnung tragende Entscheidung binnen kurzer Zeit treffen. Auch eine gewisse vorbeugende Wirkung des bisherigen zeitnahen Rechtsschutzes darf in die Betrachtung mit einbezogen werden (vgl. Lemhöfer, Rechtsschutz im Beförderungsstreit: Systematik und Praxistauglichkeit, ZBR 2003, 14, 15). Die Nachteile dieser Verfahrensweise, die darin liegen, dass das vorläufige Rechtsschutzverfahren in zwei Instanzen in der Regel ca. sechs Monate und länger dauert, dass die vereinheitlichende Rolle des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls für den Regelfall ausgeschlossen ist und dass unterlegenen Bewerbern die Chance abgeschnitten ist, im ausführlicheren Hauptsacheverfahren mit drei Instanzen doch noch eine stattgebende Entscheidung im Primärrechtsschutz zu erreichen (vgl. Lemhöfer, a.a.O., Seite 14, 15) wiegen demgegenüber nach Ansicht der Kammer weniger schwer, insbesondere, wenn die sich ergebenden ungelösten praktischen Probleme mit in die Erwägungen einbezogen werden.
Dem Kläger ist zuzugeben, dass für den Fall der Anfechtbarkeit der vollzogenen Ernennung der ausgewählten Bewerberin er innerhalb eines Jahres bzw. der Rechtsbehelfsfrist von einem Monat diesen Rechtsakt durch Widerspruch hätte anfechten und bei negativem Ausgang des Widerspruchsverfahrens das Hauptsacheverfahren durchführen können. Durch die Anfechtbarkeit der vollzogenen Ernennung entfiele zugleich der bisherige Grund für vorläufigen Rechtsschutz. Für den Fall, dass sich die getroffene Auswahlentscheidung aus formellen oder aus materiellen Gründen als rechtswidrig erweisen sollte, wäre eine erneute Bewerberauswahlentscheidung zu treffen. Diese rechtliche Konstruktion bietet gegenüber dem bisherigen System keine überzeugenden Vorteile. Dies wird gerade im vorliegenden Fall besonders deutlich. Die ausgewählte Bewerberin hat sich seit ihrer Ernennung im Juni 2000 offenbar in ihrem Professorenamt bewährt und erhebliche Erfahrungen hinzugewonnen. Diese dürften bei einer erneuten Auswahlentscheidung voraussichtlich nicht außer Acht gelassen werden. Das dürfte zur Folge haben, dass nunmehr bei einem Leistungsvergleich zwischen der ausgewählten Bewerberin und dem Kläger diese schon deshalb im Vorteil sein dürfte, weil sie aufgrund der Tätigkeit in dem Professorenamt die Anforderungsvoraussetzungen in besonderer Weise erfüllen dürfte. Der Kläger demgegenüber dürfte weitere berufliche Erfahrungen an anderer Stelle gesammelt haben und sich dort besonders bewährt haben, aber nicht, jedenfalls nicht zwingend zugleich solche Erfahrungen gesammelt haben, die für die an der Hochschule .......... "vakante" Professorenstelle besonders gewünscht sind. Im übrigen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger zwischenzeitlich schon deshalb vorrangig zu berücksichtigen wäre, weil er tatsächlich auf einer höher dotierten Stelle tätig ist als die ausgewählte Bewerberin. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Nachfrage mitgeteilt, er sei auf einer C 4-Stelle in ................... als Institutsleiter tätig, habe aber nach wie vor großes Interesse an der C 3-Stelle bei der Beigeladenen. Sollte sich bei einer erneut zu treffenden Auswahlentscheidung ergeben, dass die ausgewählte Bewerberin erneut ausgewählt wird, müsste sie erneut ernannt werden. Dieser Umstand weist auf weitere nicht gelöste Probleme hinsichtlich ihres dienstlichen Werdeganges hin. Auch diese praktischen Auswirkungen veranlassen die Kammer, am bisherigen System des Rechtsschutzes festzuhalten mit der Folge, dass die Klage auf Neubescheidung wegen entfallenden Rechtsschutzinteresses nach der durch die Ernennung der ausgewählten Bewerberin eingetretenen Erledigung des Verfahrens unzulässig ist.
Auch die Fortsetzungsfeststellungsklage bleibt ohne Erfolg, denn der Kläger kann sich nicht zur Begründung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses darauf berufen, er beabsichtige, einen Schadensersatzprozess zu führen. Eine andere Begründung für ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist nicht ersichtlich und nicht dargetan. Nach gefestigter Rechtsprechung besteht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse insbesondere dann, wenn die Feststellung für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Amtshaftung nach Art. 34 GG, § 839 BGB oder von sonstigen Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen erheblich ist, ein entsprechender Prozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist und er nicht offenbar aussichtslos erscheint (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 13. Auflage, § 113 Rdnr. 136). Dabei wird ein berechtigtes Interesse an der Feststellung nur dann anerkannt, wenn die Erledigung erst nach Klageerhebung eingetreten ist (Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 136 m.w.N.). Da die ausgewählte Bewerberin bereits am 19. Juni 2000 und mithin vor Klageerhebung am 30. Januar 2001 ernannt worden ist, somit nach der vom Gericht vertretenen Rechtsauffassung die Erledigung eingetreten ist, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse insoweit nicht anzuerkennen. Die Kammer brauchte deshalb nicht weiter zu klären, ob - was nach Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung durchaus zweifelhaft ist - ein Schadensersatzprozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, welche Erfolgsaussichten dieser hat oder ob er offensichtlich aussichtslos ist.