Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 06.05.2004, Az.: 1 A 318/03

Abschiebung; Abschiebungsschutz; Afghanistan; Gefährdungslage; Herrschaftssystem; Interimsregierung; konkrete Gefahr; lokaler Machthaber; Machthaber; politisches Asyl; Quasistaatlichkeit; Staatlichkeit; Taliban; Versorgungslage; Übergangsregierung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
06.05.2004
Aktenzeichen
1 A 318/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50862
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Die Kläger begehren Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 und § 53 AuslG.

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Die am ... in Jalalabad geborene und verwitwete Klägerin zu 1. sowie ihr am ... in Jalalabad geborener Sohn, der Kläger zu 2., und ihre am ... ebenfalls in Jalalabad geborene Tochter, die Klägerin zu 3., sind afghanische Staatsangehörige paschtunischer Volkszugehörigkeit und islamischen Glaubens. Nach den Angaben der Klägerin zu 1. reisten sie am 11. Februar 2002 auf dem Landweg über unbekannte Drittländer nach Deutschland ein und stellten am 2. April 2002 Asylanträge, die die Klägerin zu 1. bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 5. April 2002 im Wesentlichen wie folgt begründete: Sie sei verwitwet. Ihr Ehemann sei früher unter dem kommunistischen Regime Major im Khad gewesen. Er sei am 3. Dezember 1989 von Angehörigen der Mudjaheddin umgebracht worden. Der Mann, der dafür verantwortlich sei, heiße Haji Qadir, sei nach 1992 Gouverneur von Jalalabad gewesen und jetzt in der Übergangsregierung Karzai Bauminister. Sie habe keinen Beruf erlernt und könne nicht schreiben sowie nur schlecht lesen. Ihr Sohn habe unter den Taliban die Schule besucht, ihre Tochter nicht. Nach der Machtergreifung der Mudjaheddin hätten sie in Kabul gelebt, in der Zeit der Herrschaft der Taliban seien sie nach Jalalabad gegangen, wo sie fünf Jahre gelebt hätten. Nachdem die Herrschaft der Taliban beendet worden sei, seien die Mudjaheddin wieder an die Macht gekommen. Eines Tages seien die Mudjaheddin zu ihnen nach Hause gekommen, als sie bei ihrer Schwester zu Besuch gewesen seien. Die Mudjaheddin hätten ihre Nachbarn nach ihnen, den Klägern, gefragt und den Ehemann der Nachbarin zusammengeschlagen. Die Nachbarn seien auch gezwungen worden, ihr Haus den Mudjaheddin zur Verfügung zu stellen und auszuziehen. Ihre, der Kläger, Räumlichkeiten seien von den Mudjaheddin beschlagnahmt und versiegelt worden. Ihre Nachbarn seien aufgefordert worden, ihnen, den Klägern, mitzuteilen, dass sie, die Kläger, sich bei den Mudjaheddin melden sollten. Als sie, die Klägerin zu 1. am nächsten Tag von den Nachbarn davon erfahren habe, sei sie zurück zu ihrer Schwester gegangen, wo sie sich neun oder zehn Tage aufgehalten habe. Auch ihr Bruder habe zu dieser Zeit bei ihrer Schwester gewohnt. Schließlich hätten sie den Entschluss gefasst, das Land zu verlassen. Neben ihren Kindern, den Klägern zu 2.und 3., sei auch ihr Bruder mit ihr ausgereist.

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Mit Bescheid vom 12. September 2003 - zugestellt am 15. September 2003 - lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Kläger ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Zugleich forderte es sie zur Ausreise auf und drohte ihnen die Abschiebung an.

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Daraufhin haben die Kläger am 24. September 2003 Klage erhoben, zu deren Begründung sie ihren bisherigen Vortrag vertiefen. Ergänzend tragen sie vor, dass im November/Dezember 2001 der Überfall der Mudjaheddin nicht auf das Haus ihrer Nachbarn in Jalalabad auf der Suche nach ihnen, sondern auf das Haus des Onkels des getöteten Ehemannes der Klägerin zu 1. stattgefunden habe. Sie hätten bei diesem Onkel gelebt. Es sei zu einem Überfall von ca. 10 Mitarbeitern des Gouverneurs von Jalalabad, Herrn Haji Qadir, gekommen, die ihrer habhaft hätten werden wollen. Die Räumlichkeiten seien durchsucht worden, der Onkel sei geschlagen und schließlich mitgenommen worden. Ihre Habseligkeiten seien mitgenommen und die Ehefrau sowie die Kinder des Onkels seien aufgefordert worden, die Unterkunft zu räumen und ihnen, den Klägern, aufzugeben, sich selber zu stellen. Von dem Onkel gebe es seit diesem Überfall kein Lebenszeichen mehr. Sie, die Klägerin zu 1., könne sich nicht erklären, wie es zu dem Vorbringen mit den Nachbarn im Protokoll des Bundesamtes gekommen sei. Der Kläger zu 2. trägt vor, dass er im Jahre 1996 von den Mudjaheddin heftig geschlagen worden sei wegen der früheren Aktivitäten seines Vaters im Khad. Familienangehörige sowie Anhänger des Herrn Haji Qadir, der den früheren Mudjaheddin zuzuordnen sei und jetzt in Afghanistan Bauminister sowie Gouverneur von Jalalabad sei, seien Opfer des Khad geworden und durch diesen ums Leben gekommen. Daher erkläre sich das Begehren des Herrn Qadir und seiner Gefolgsleute, ihrer, der Kläger, aus Rache habhaft zu werden. Vor diesen Übergriffen könne sie die Übergangsregierung Karzai nicht beschützen, da es dieser an einer effektiven Herrschaft fehle. Eine inländische Fluchtalternative hätten sie nicht. Weitere nähere Familienangehörige gebe es in Afghanistan nicht. Ihre, der Klägerin zu 1., zwei Brüder lebten in Deutschland, einer sei inzwischen deutscher Staatsangehöriger, einer befinde sich im Asylverfahren. Wo sich ihre zwei Schwestern aufhielten, wisse sie nicht. Des Weiteren machen die Kläger Ausführungen zur allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan. Die Klägerin zu 1. sei seit April 2003 Mitglied im Rat der afghanischen Frauen in Deutschland e. V., der sich für die Rechte der afghanischen Frauen einsetze. Sie und ihre Kinder arbeiteten aktiv in diesem Verein mit und sie sowie ihre Kinder nähmen an Demonstrationen teil. Jedenfalls hätten sie einen Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, da der aufgrund des Runderlasses vom 6. Januar 2004 in Niedersachsen geltende Abschiebestopp jederzeit aufgehoben werden könne und somit und weil sie nicht nur aufgrund der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan, sondern individuell gefährdet seien, keinen gleichwertigen Abschiebungsschutz gewähre.

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Die Kläger beantragen,

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die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG und § 53 AuslG vorliegen, und den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 12. September 2003 aufzuheben, soweit er diesem Begehren entgegensteht.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen,

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und verweist zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist nur aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

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Die Kläger haben einen Anspruch auf die Gewährung von Abschiebungsschutz weder nach § 51 Abs. 1 AuslG (dazu 1.) noch nach § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG (dazu 2.). Sie haben aber einen Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG (dazu 3.). Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist deshalb im Ergebnis nur insoweit rechtswidrig und mithin nur insoweit aufzuheben, als er diesem letzteren Anspruch entgegensteht.

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1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Gewährung von Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG.

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Die Voraussetzungen des Feststellungsanspruches nach § 51 Abs. 1 AuslG und eines Asylanspruches nach Art. 16 a Abs. 1 GG stimmen überein, soweit sie die Verfolgungshandlung, die geschützten Rechtsgüter, den politischen Charakter der Verfolgung und den Verfolgungsmaßstab betreffen (BVerwG, Urt. v. 15.4.1997 - 9 C 15.97 -, InfAuslR 1997, 379 [BVerwG 15.04.1997 - BVerwG 9 C 15/96] m. w. N.). Dem Kläger droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht eine für die Asylgewährung und die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG erforderliche politische, d. h. staatliche Verfolgung. Derzeit kann nicht davon ausgegangen werden, dass in Afghanistan ein Staat oder staatsähnliche Organisationen, die den jeweiligen Staat verdrängt haben oder denen dieser das Feld überlassen hat und die ihn daher insoweit ersetzen, vorhanden ist oder sind. Die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge (vgl. hierzu im Einzelnen Bl. 75 bis 77 GA) konnten dabei deshalb abgelehnt werden, weil zu den in der Sache unter Beweis gestellten Tatsachen und Zuständen in Afghanistan bereits zahlreiche Erkenntnismittel aus verschiedenen Quellen vorliegen, die in das Verfahren bereits eingeführt worden sind.

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Die Gewährung von Asyl und nach dem oben Gesagten mithin auch die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG wegen politischer Verfolgung setzt grundsätzlich staatliche Verfolgung voraus. Staatlichkeit i. S. d. Art. 16 a Abs. 1 GG erfordert das Vorhandensein einer in sich befriedeten Einheit, die nach innen alle Gegensätze, Konflikte und Auseinandersetzungen durch eine übergreifende Ordnung in einer Weise relativiert, dass diese die Friedensordnung nicht insgesamt aufheben. Durch Art. 16 a Abs. 1 GG und § 51 Abs. 1 AuslG wird nicht ein Schutz vor den Folgen anarchischer Zustände oder der Auflösung der Staatsgewalt gewährleistet. Nach den vom Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.8.2000 - 2 BvR 260/98, 2 BvR 1353/98 -, NVwZ 2000, 1165 m. w. N.) und diesem folgend vom Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.2.2001 - 9 C 20.00 -, NVwZ 2001, 815 m. w. N.) entwickelten Kriterien für die Bewertung einer Maßnahme als politische Verfolgung ist maßgeblich, dass der Schutzsuchende einerseits in ein übergreifendes, das Zusammenleben in der konkreten Gemeinschaft durch Befehl und Zwang ordnendes Herrschaftsgefüge eingebunden ist, welches dem ihm Unterworfenen in der Regel Schutz gewährt, andererseits aber wegen asylerheblicher Merkmale von diesem Schutz ausgenommen und durch gezielt zugefügte Rechtsverletzungen aus der konkreten Gemeinschaft ausgeschlossen wird, was ihn in eine ausweglose Lage bringt, der er sich nur durch Flucht entziehen kann. Für die Frage, ob das Bestehen eines Staates oder eines staatsähnlichen Gefüges angenommen werden kann, ist maßgeblich, ob ein Herrschaftsgefüge von gewisser Stabilität vorliegt, d. h. ob eine übergreifende Friedensordnung mit einem prinzipiellen Gewaltmonopol existiert, die von einer hinreichend organisierten, effektiven und stabilen Gebietsgewalt in einem abgrenzbaren (Kern-)Territorium getragen wird. Erforderlich ist dabei eine gewisse Stabilität und Dauerhaftigkeit der Herrschaft, wobei der Lage im Innern und der Dauer des Bestandes einer Herrschaftsmacht entscheidende Bedeutung zukommen. Auf etwaige äußere Gefährdungen, welche die Herrschaft nachhaltig in Frage stellen, kommt es dagegen nur ergänzend indiziell an. Allein wegen eines andauernden äußeren Bürgerkriegsgeschehens kann die Annahme politischer Verfolgung nicht praktisch auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen sein.

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Entsprechendes gilt für Bedrohungen der Herrschaftsgewalt im Innern, etwa durch örtliche Machthaber, autonome Stammes- oder Clanfürsten oder rebellierende Untertanen. Je länger sich die Herrschaftsorganisation trotz solcher Bedrohungen ohne wesentliche Änderung der Machtverhältnisse behauptet, umso weniger ist die Annahme einer staatsähnlichen Gewalt ausgeschlossen. Maßgebend ist insoweit namentlich die Fähigkeit, derartige Konflikte über längere Zeit zumindest zu begrenzen. Neben dem Zeitfaktor können ferner Anzahl, Größe und machtpolitisches Gewicht autonomer oder nicht befriedeter, dem Zugriff der Herrschaftsorganisation entzogener Gebiete von Bedeutung sein. Je zahlreicher und gewichtiger solche Herrschaftsexklaven sind, umso eher kann dies bei der gebotenen prognostischen Bewertung die tatsächliche Territorialgewalt und damit die staatsähnliche Qualität der Herrschaftsorganisation in Frage stellen.

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Nicht entscheidend für die Annahme einer staatsähnlichen Herrschaftsorganisation sind demgegenüber die Legitimität der Machtausübung, deren Akzeptanz durch alle oder eine Mehrheit der Gewaltunterworfenen, die Willkürfreiheit der Herrschaft oder die Beachtung eines menschenrechtlichen Mindeststandards sowie die völkerrechtliche Deliktsfähigkeit. Maßgeblich ist allein, ob eine de-facto-Gebietsgewalt vorhanden ist, die tatsächlich eine prinzipiell schutz- und verfolgungsmächtige Ordnung von gewisser Stabilität errichtet hat. Kennzeichnend dafür ist vor allem die Erringung eines weitgehenden - auch für die Staaten typischen - tatsächlichen (Schutz- und) Gewaltmonopols im Innern, ohne das eine Friedensordnung nicht lebensfähig ist.

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Nach diesen Maßstäben haben derzeit in Afghanistan weder die Taliban noch die gegenwärtige Übergangsregierung des Präsidenten Karzai oder eine sonstige politische Kraft eine solche Gebietsgewalt inne.

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Aufgrund der allgemein bekannten grundlegenden Änderung der Verhältnisse Ende des Jahres 2001 in Afghanistan im Anschluss an die Ereignisse des 11. September 2001 sind die Taliban militärisch weitgehend besiegt und verfügen zur Zeit allenfalls noch in wenigen, räumlich begrenzten Bereichen insbesondere im Süden und Südosten Afghanistans über eine tatsächliche Herrschaft. Zwar verstärkt sich das Wiedereinsickern islamistischer Kräfte, u. a. auch der Taliban. So haben die wieder stärker werdenden Taliban-Kräfte die Kontrolle in mehreren Distrikten übernommen. Jedenfalls lässt sich aber derzeit und auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass die Taliban auf das gesamte Afghanistan oder auch nur auf Kabul bezogen asylrechtsrelevante Hoheitsgewalt ausüben werden (so auch VG Sigmaringen, Urt. v. 3.11.2003 - A 2 K 10838/01 -; VGH München, Beschl. v. 28.1.2003 - 6 ZB 98.32148 -; OVG Münster, Beschl. v. 9.1.2002 - 20 A 4493/01.A -; VG Ansbach, Urt. v. 24.4.2002 - AN 11 K 01.31749 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 24.4.2002 - A 10 K 10307/98 -).

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Aber auch der gegenwärtigen afghanischen Übergangsregierung unter ihrem Präsidenten Karzai fehlt es gegenwärtig und auch auf absehbare Zeit am Tatbestandmerkmal der Staatlichkeit bzw. Quasistaatlichkeit, weil zumindest derzeit eine effektive Staatsgewalt als Subjekt der Verfolgung (noch) nicht vorliegt (so auch VG Dresden, Urt. v. 21.10.2003 - A 7 K 30050/03 -; VG Würzburg, Urt. v. 3. 11.2003 - W 7 K 03.31247 - und Urt. v. 9.12.2003 - W 7 K 03.31105 -; VG Potsdam, Urt. v. 16.9.2003 - 3 K 486/98A -; VG Ansbach, Urt. v. 24.4.2002 - AN 11 K 01.31749 -; VG Aachen, Urt. v. 21.3.2002 - 5 K 4901/94.A -). Im gegenwärtigen Zeitpunkt muss es noch als offen betrachtet werden, ob die seit dem 22. Dezember 2001 amtierende Übergangsregierung Anerkennung finden wird; derzeit ist dies jedenfalls im Sinne der genannten Grundsätze (noch) nicht hinreichend der Fall. Die derzeitige Interimsregierung übt keine flächendeckende Hoheitsgewalt in Afghanistan aus, sondern ist in ihrer Aufgabenerfüllung im Wesentlichen auf Kabul beschränkt. Afghanistan soll mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft politisch, sicherheitspolitisch und wirtschaftlich wieder aufgebaut werden. Die derzeitige Übergangsregierung Karzai besteht aus teils stark miteinander rivalisierenden Fraktionen und aus diesem Grund und auch wegen des fehlenden bzw. erst im Anfang des Aufbaus befindlichen unzureichenden Unterbaus kämpft sie nach wie vor mit großen Schwierigkeiten. Immer wieder kommt es zu heftigen Kämpfen zwischen afghanischen Milizen. Die Zentralregierung verfügt nicht über die notwendigen Machtmittel, um ihre Bürger in ausreichendem Maße zu schützen. In weiten Teilen des Landes herrscht ein Zustand der Rechtlosigkeit. Der Einfluss der Regierung Karzai ist insbesondere in den Provinzen begrenzt bzw. praktisch nicht vorhanden (Auswärtiges Amt, Auskunft an Sächs. OVG v. 17.2.2004). Aber selbst in der Hauptstadt Kabul übt Präsident Karzai wenig Macht aus und ist nur mit Hilfe der ISAF in der Lage, das Zentrum der Hauptstadt zu kontrollieren. Doch selbst dort kann die Regierung nicht überall die staatliche Ordnung durchsetzen. Mithin fehlt es ihr noch an der erforderlichen de-facto-Gebietsgewalt im Sinne eines weitgehenden tatsächlichen Gewaltmonopols im Innern. Die räumlichen Machtbereiche sind unter den Stämmen und Clans aufgeteilt, die in erster Linie eigene Interessen und zwar auch gegen die Interimsregierung in Kabul verfolgen und durchsetzen. Die Clanchefs und Stammesführer agieren in ihrem jeweiligen Einflussbereich überwiegend eigenständig und erkennen die Regierung in Kabul nur verbal an, wobei auch diese Anerkennung immer mehr dahinschwindet. Darüber hinaus haben die wieder stärker werdenden Taliban in mehreren Distrikten mehrerer Provinzen die Kontrolle übernommen. Auch die in Opposition zu Karzai stehende Hezb-e Islami mit ihrem Anführer Hekmatyar verfügt in allen von Paschtunen besiedelten Gebieten sowohl militärisch als auch innerhalb der Verwaltungstrukturen immer noch über einen starken Einfluss (Dr. Danesch, Auskunft v. 12.12.2003 an VG Wiesbaden). Aus den hieraus resultierenden Sicherheitsgründen und wegen logistischer Schwierigkeiten sind die zunächst für Juni geplanten Wahlen auf den Herbst verschoben worden, wobei zur Zeit noch unsicher ist, ob auch dieser Termin gehalten werden kann.

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Es kann daher - entgegen der Ansicht etwa des VG Trier (Urt. v. 27.1.2004 - 2 K 1594/03.TR -) und des VG Bayreuth (Urt. v. 18.8.2003 - B 4 K 01.30512 -) sowie anderer Verwaltungsgerichte - derzeit und auf absehbare Zeit nicht davon ausgegangen werden, dass in den Provinzen außerhalb Kabuls für die dort noch handlungsunfähige Regierung Karzai gehandelt wird und dementsprechend hoheitliche Maßnahmen in den Provinzen der afghanischen Interimsregierung in Kabul zugerechnet werden können. Dass die Übergangsregierung Karzai formell völkerrechtlich anerkannt ist und die Große Ratsversammlung (Loja Dschirga) im Dezember letzten Jahres eine neue Verfassung verabschiedet hat, ändert an dieser Einschätzung nichts. Trotz der nach außen verbal geäußerten Zustimmung der regionalen Herrscher zu dieser Verfassung und des nach dieser Verfassung der Regierung Karzai für Afghanistan verfassungsrechtlich auf dem Papier zustehenden Gewaltmonopols bestehen die dargestellten Rivalitäten und Unsicherheiten weiterhin. So haben Anfang April diesen Jahres im bisher relativ ruhigen Norden Afghanistans Truppen des Milizenchefs Dostum in der Provinzhauptstadt Maymana in der westlichen Provinz Farjab Regierungstruppen angegriffen, wobei es mehrere Tote und Verletzte gegeben haben soll (SZ v. 8./9.4.2004; NOZ v. 10.4.2004; NZZ v. 16.4.2004). Der von der Übergangsregierung Karzai eingesetzte Gouverneur von Farjab ist aus Maymana geflohen (SZ v. 10./11.4.2004). Auch in der bisher vergleichsweise ruhigen Region um Herat im Westen Afghanistans sind inzwischen Unruhen ausgebrochen. Grund hierfür ist offenbar, dass im März 2004 der afghanische Luftfahrminister Mirwais Sadeq sowie die Beauftragten für Sicherheit und Drogen in Herat bei einem Anschlag getötet worden sind. Kurz zuvor hatte der Gouverneur von Herat, Ismail Khan, der der Vater des getöteten Ministers war, einen separaten Anschlag überlebt. Als Hintergrund für die Angriffe werden Rivalitäten zwischen diesen beiden und dem von der Regierung Karzai entsandten Militärbefehlshaber vermutet. Nach dem Attentat brachen in der Region heftige Kämpfe aus, wobei über hundert Menschen getötet worden sein sollen. Die Kontrahenten beschuldigen sich gegenseitig des Anschlages auf den Minister (Financial Times Deutschland v. 22.3.2004).

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Gestützt wird diese Einschätzung auch insbesondere durch die bereits genannte jüngste Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 17. Februar 2004 an das Sächsische Oberverwaltungsgericht: Hiernach befindet sich der Aufbau des staatlichen Polizeiapparates und der afghanischen Nationalarmee noch im Aufbau, wobei es zahlreiche Personen im Sicherheitsbereich gibt, die lokalen Machthabern unterstehen und daher nicht der Regierung Karzai zugerechnet werden können. Neben den staatlichen Gefängnissen, die unter der Aufsicht des Justizministeriums stehen, existieren auch sog. Privatgefängnisse, die unter der alleinigen Kontrolle der lokalen Machthaber oder Kommandanten stehen, wobei diese Entscheidungen der Übergangsregierung in der Regel nicht akzeptieren. Die Übergangsregierung verfügt nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes nicht über die notwendigen Machtmittel, um die Bürger in ausreichendem Maße zu schützen, in weiten Teilen des Landes herrscht weiterhin ein Zustand der Rechtlosigkeit. Der Einfluss der Zentralregierung ist hiernach insbesondere in den Provinzen begrenzt bzw. praktisch nicht vorhanden.

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Nach Erkenntnissen der Vereinten Nationen steht Afghanistan im Wettlauf mit der Zeit, da die Interimsregierung unter ihrem Präsidenten Karzai zunehmend an Legitimität verliere, weil sie nicht fähig sei, eine minimale staatliche Autorität durchzusetzen. Anhaltende Unsicherheit und die Abwesenheit von effektiven Rechtsinstrumenten ermöglichten es nicht nur lokalen Kommandanten und Regierungsvertretern, ungestraft zu handeln, sondern gefährdeten auch den immer noch fragilen Friedensprozess (NZZ v. 28.6.2003). In den Provinzen regieren die Clanchefs und Kriegsfürsten, sie treiben Zölle ein, die sie der Zentralregierung vorenthalten, und sie sichern ihre Stellung durch eigene Milizen (SZ v. 13.6.2003 und 8.5.2003). Der Konflikt zwischen der Regierung in Kabul und den Warlords in den Provinzen schwelt weiter (FAZ v. 13.4.2004, NZZ v. 16.4.2004), wobei die Regierung unter Karzai mitunter bei ihrem Bemühen, sich in den Provinzen mehr Geltung zu verschaffen, auch von den in Afghanistan stationierten US-amerikanischen Streitkräften "ausgebremst" werden (Spiegel v. 16.6.2003). Um diese derzeit bestehende fragile Situation zu verbessern und um eine Stabilisierung der Provinzen zu erreichen, sind insbesondere auf Drängen des afghanischen Präsidenten Karzai und der Vereinten Nationen aktuell Bestrebungen im Gange, das Mandat der internationalen Sicherheitstruppe ISAF räumlich erheblich auszuweiten und sich nicht länger im Wesentlichen auf die Hauptstadt Kabul und Kundus zu beschränken (SZ v. 31.7.2003 und 5.2.2004).

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Nach dem Update "Afghanistan - die aktuelle Situation" der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 3. März 2003 verfügt die Übergangsregierung Karzai derzeit nicht über das staatliche Gewaltmonopol. Die Konfliktsituation in Afghanistan zeichne sich vielmehr nach wie vor durch eine endemische Instabilität und gewaltsame Aktionen gegen lokale und internationale Akteure aus. Die Übergangsregierung kontrolliere mit Hilfe ausländischer Sicherheitskräfte nur die Hauptstadt Kabul und habe über den Rest des Landes keine Kontrolle. In Afghanistan existiere ein Sicherheitsvakuum, das Land sei immer noch eine zersplitterte Ansammlung von Herrschaftsgebieten, wo Kriegsfürsten frei und ungehindert die lokale Bevölkerung erpressen und unterdrücken. Selbst Präsident Karzai habe zugegeben, dass in den Provinzen weiterhin Gesetzlosigkeit und Korruption vorherrschten. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe kommt in diesem Update weiter zu der Einschätzung, dass seit der im Juni 2002 abgehaltenen Großen Ratsversammlung (Loya Jirga) die politische Stabilität abgenommen habe, die meisten der Erlasse des Präsidenten Karzai ließen sich nicht durchsetzen, Präsident Karzai kämpfe fast allein.

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Dr. Danesch kommt in seinem Gutachten an das VG Braunschweig vom 21. Mai 2003 zu dem Ergebnis, dass die Warlords und Mujahedin-Kommandanten in ihren jeweiligen Einflussgebieten unabhängig von der "Zentralregierung" in Kabul autonom herrschten und unabhängig von dieser Strukturen aufgebaut hätten. Einige kämpften weiterhin offen oder verdeckt gegen die Regierung Karzai. Karzai selbst sei inzwischen selbst in seiner eigenen Regierung in Kabul derart geschwächt, dass er sich mit US-amerikanischen Leibwächtern umgebe. Zusammenfassend konstatiert er, die UN und die internationale Gemeinschaft hätten es bisher nicht vermocht, die in Bonn festgelegten politischen Prinzipien durchzusetzen. Der von den US-amerikanischen Truppen gestützte Präsident sei derart geschwächt, dass er es allen Kriegsherren und besonders seinen Ministern Recht machen wolle. Seine Erklärungen, die Kriegsfürsten im Lande respektierten seine Rechtsreformen, seien bloße Behauptungen. Auch in seinen weiteren Gutachten vom 1. Oktober 2003 an das OVG Bautzen, vom 18. November an die Verwaltungsgerichte Wiesbaden, Frankfurt (Oder) ist Dr. Danesch bei dieser Einschätzung geblieben. Der Einzelrichter teilt hingegen nicht die weitere rechtliche Einschätzung in diesen Gutachten, dass mittlerweile von staatlichen Strukturen im asyl- und abschiebungsschutzrelevanten Sinn in Afghanistan auszugehen sei, weil die lokalen Machthaber aufgrund ihrer Integration in die Übergangsregierung Karzai mittlerweile als Repräsentanten des afghanischen „Staates“, der alle Aspekte einer staatlichen Herrschaft aufweise, anzusehen seien. Vielmehr ist die Situation in Afghanistan gerade zur Zeit dadurch gekennzeichnet, dass die Warlords „in Stellung gehen“, um sich im Vorfeld der (bisher) auf den Herbst angesetzten Wahlen ein möglichst großes „Untertanengebiet“ zu sichern (NZZ v. 16.4.2004).

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2. Die Kläger haben des Weiteren nach den oben dargestellten Grundsätzen und Ausführungen auch keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl. Hailbronner, AuslG, Kommentar, Stand: Mai 2003, § 53 AuslG Rdnr. 56 ff. m. w. N.), der der Einzelrichter folgt, ist grundsätzlich nur eine von einer - hier nach dem oben Gesagten gerade fehlenden - Staatsgewalt, für die dieselben Maßstäbe wie bei Art. 16 a Abs. 1 GG und § 51 Abs. 1 AuslG gelten (Hailbronner, a. a. O., § 53 AuslG Rdnr. 56 e m. w. N.), ausgehende oder von ihr zu verantwortende Misshandlung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK; auch sonst setzt die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG das Vorliegen einer Staatsgewalt voraus.

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3. Die Voraussetzungen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG liegen hingegen vor.

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Nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Handelt es sich allerdings um Gefahren in diesem Staat, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, werden diese bei Entscheidungen der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG berücksichtigt. Diese so genannte Sperrwirkung des § 54 (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324; Urt. v. 8.12.1998 - 9 C 4.98 -, InfAuslR 1999, 266) lässt eine positive Individualentscheidung außerhalb des § 54 AuslG nur zu, wenn diese durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG deshalb geboten ist, weil der Ausländer in seinem Heimatstaat anderenfalls einer extremen Gefahrenlage dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im Fall seiner Abschiebung dorthin gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde (BVerwG, Urt. v. 8.12.1998, a. a. O., m. w. N.). Darüber hinaus ist die Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG auch dann zu beachten, wenn ein zielstaatsbezogener Abschiebungsschutz bereits nach § 54 AuslG gewährt wird (BVerwG, Urt. v. 12.7.2001 - 1 C 2.01 -, NVwZ 2001, 1420). Grund hierfür ist, dass in diesem Fall eine die verfassungskonforme Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu Gunsten des Ausländers rechtfertigende verfassungswidrige Schutzlücke nicht vorhanden ist.

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Eine solche Fallgestaltung liegt hier im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise im Ergebnis nicht vor. Zwar hat das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport hat auf der Grundlage der bisherigen Beschlusslage der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) vom 21. November 2003 mit Erlass vom 6. Januar 2004 gemäß § 54 AuslG die Aussetzung der Abschiebung afghanischer Staatsangehöriger nach Afghanistan bis zum Beschluss der IMK über den Beginn der Rückführungen, längstens jedoch (zunächst) für die Dauer von sechs Monaten, angeordnet. Bei der von den Kläger aus den von ihnen aufgezeigten Gründen individuell geltend gemachten Gefährdungslage handelt es sich aber nicht insgesamt nur um typische Auswirkungen der allgemeinen Gefahrenlage bei einer etwaigen Rückkehr nach Afghanistan. Mithin greift die Sperrwirkung des § 54 AuslG im vorliegenden Fall nicht.

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Auch wenn sich nach der bisherigen überwiegenden Rechtsprechung, die auch ins Verfahren eingeführt worden ist, die Versorgungs- und Sicherheitslage zumindest in Kabul hinreichend stabil darstellt, so dass an sich für die Bevölkerungsgruppe der Rückkehrer nach Afghanistan grundsätzlich ein Abschiebungsschutz in entsprechender Anwendung von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht zu gewähren ist, trifft dies für die Kläger nicht zu. Bei wertender Betrachtung des Einzelfalles liegen hier besondere individuelle gefahrerhöhende Umstände vor, die die Kläger nach den gegenwärtigen Umständen in Afghanistan aus dem Kreis der Bevölkerung in einer Weise herausheben, die eine individuelle landesweite Gefahrenlage i. S. d. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG begründet. Die Kläger sind wegen der früheren Tätigkeit ihres getöteten Ehemannes/Vaters beim Khad und der glaubhaft vorgetragenen individuellen Suche seitens einflussreicher afghanischer Machthaber aus persönlichen Rachegründen im Fall ihrer Rückkehr nach Afghanistan einer besonderen individuellen Gefahrenlage i. S. d. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, die zudem landesweit besteht, ausgesetzt.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 83 b Abs. 1 AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.