Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 27.05.2004, Az.: 1 B 36/04
Beamtenverhältnis; Berufung zum Hochschuldozent; einstweilige Anordnung; Hochschuldozent; Hochschuldozent im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit; Lebenszeit; Lebenszeiternennung
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 27.05.2004
- Aktenzeichen
- 1 B 36/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 50608
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 61 Abs 2 HSchulG ND
- § 72 Abs 6 HSchulG ND
- § 123 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Einer Berufung zum Hochschuldozenten auf Lebenszeit im Wege der einstweiligen Anordnung steht regelmäßig das sog. Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen.
2. Eine Berufung zum Hochschuldozenten auf Lebenszeit gemäß § 61 Abs. 2 NHG a.F. ist seit In-Kraft-Treten des neuen NHG vom 24. Juni 2002 am 1. Oktober 2002 auch im Wege der Übergangsregelung nach § 72 Abs. 6 NHG n.F. rechtlich nicht mehr möglich.
Gründe
Der Antragsteller, der als Hochschuldozent in einem Beamtenverhältnis auf Zeit bis zum 24. Mai 2004 bei der Antragsgegnerin tätig war, begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihn mit Wirkung vom 25. Mai 2004 als Hochschuldozent in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu berufen. Hilfsweise begehrt er, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die zum 1. Oktober 2004 ausgeschriebene Stelle für einen Juniorprofessor bzw. eine Juniorprofessorin im Fachbereich Umweltwissenschaften der Antragsgegnerin (Institut für Umweltkommunikation „Substainable Development and Participation“) zu besetzen, solange über sein Berufungsbegehren nicht rechtskräftig entschieden worden ist.
Der vom Antragsteller begehrte vorläufige Rechtsschutz hat weder mit dem Haupt- noch dem Hilfsantrag Erfolg.
Das Gericht kann gemäß § 123 Abs. 1 VwGO eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO - Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes zulässig, wenn die Regelung - insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen - zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO - Regelungsanordnung). Beide Formen der einstweiligen Anordnung setzen voraus, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 123 Rn. 6).
1. Dem mit der einstweiligen Anordnung verfolgten Hauptantrag, nämlich die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihn als Hochschuldozenten in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu berufen, steht hier das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen (vgl. aber zum Meinungsstand und zur Kritik Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl. 1998, Rn 211 ff).
Die einstweilige Anordnung darf in der Regel die Grenzen einer vorläufigen Regelung nicht überschreiten und deshalb die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Der Antragsteller erstrebt mit seinem Hauptantrag hier nicht nur eine vorläufige, sondern eine Regelung, die die Hauptsacheentscheidung in dem bereits anhängig gemachten Klageverfahren (1 A 186/04) endgültig vorwegnehmen würde, da Anordnungsziel des Hauptantrages und Klageziel vollständig übereinstimmen. Eine derartige endgültige Vorwegnahme der Hauptsache ist im Beamtenrecht bei der Frage der Ernennung, der Umwandlung oder der Beförderung aber nicht zulässig. Denn eine endgültige Umwandlung oder Ernennung auf Lebenszeit oder eine endgültige Beförderung im Rahmen der einstweiligen Anordnung ist mit beamtenrechtlichen Grundsätzen unvereinbar. Sie wäre nämlich irreparabel und würde wegen der damit verbundenen weitreichenden Rechtsfolgen für den Dienstherrn regelmäßig zu einer schlechthin unzumutbaren Belastung führen (vgl. Finkelnburg/Jank, a.a.O., Rn 1154).
Selbst wenn man im Beamtenrecht auch bei der Ernennung, der Umwandlung und der Beförderung auf Lebenszeit eine Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Gebotes effektiver Rechtsschutzgewährung dann für zulässig erachten wollte, wenn ein Antragsteller einerseits Nachteile geltend machen könnte, die nach einem Obsiegen in einem Hauptsacheverfahren nicht mehr ausgeglichen werden können und die hinzunehmen nicht zuzumuten sind, und wenn andererseits ein Obsiegen in dem Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, hätte der Hauptantrag keinen Erfolg. Denn das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist hier nicht glaubhaft gemacht.
Es ist bei der im vorliegenden Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung der Sachlage nicht erkennbar, dass der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit obsiegen wird.
Die Antragsgegnerin hat zutreffend dargelegt, dass die Berufung eines Hochschuldozenten an Universitäten und Hochschulen in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit seit dem Inkrafttreten des neuen Niedersächsischen Hochschulgesetzes vom 24. Juni 2002 (Nds. GVBl. S. 286) am 1. Oktober 2002 - NHG n.F. -, rechtlich nicht mehr möglich ist, da es die Funktion eines Hochschuldozenten nicht mehr gibt. Diese Möglichkeit der Berufung ergibt sich entgegen der Ansicht des Antragstellers für ihn auch nicht aus der Übergangsregelung in § 72 Abs. 6 NHG n.F. Wenn dort unter anderem geregelt ist, dass bei In-Kraft-Treten des Gesetzes vorhandene Hochschuldozenten in ihrem bisherigen Rechtsverhältnis, einschließlich der jeweiligen Verlängerungsmöglichkeiten, verbleiben, bezieht sich dies eindeutig nicht auf die nach bisherigem Recht gemäß § 61 Abs. 2 NHG a.F. gegebene Möglichkeit, einen Hochschuldozenten nach Ablauf seiner Amtszeit in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu berufen. Denn die Umwandlung eines Beamtenverhältnis auf Zeit in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit stellt keine Verlängerung des Hochschuldozentenverhältnisses im Beamtenverhältnis auf Zeit dar.
Auch wenn man die weitere Anwendung des § 61 Abs. 2 NHG a.F. für zulässig erachten wollte, hätte der Antragsteller keinen Anspruch auf die begehrte Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, da das Vorliegen der Voraussetzungen des § 61 Abs. 2 NHG a.F. für eine Ernennung auf Lebenszeit nicht glaubhaft gemacht worden ist. Zum einen ist eine entsprechende dauerhafte Planstelle für die Hochschuldozentenstelle des Antragstellers nicht mehr vorhanden. Zum anderen spricht auch Überwiegendes für die Richtigkeit der Auffassung der Antragsgegnerin, der Antragsteller habe die für eine Berufung auf Lebenszeit erforderliche Qualifikation noch nicht nachgewiesen. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen der Antragsgegnerin in ihrem Widerspruchsbescheid vom 24. März 2004 Bezug genommen, denen das Gericht folgt. Schließlich ist, selbst wenn die Voraussetzungen des § 61 Abs. 2 NHG a.F. im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen sollten, nicht erkennbar, dass das der Antragsgegnerin auch dann noch zustehende Ermessen hinsichtlich der Umwandlung des Beamtenverhältnisses auf Zeit des Antragstellers in ein Beamtenverhältnis Lebenszeit „auf Null“ reduziert wäre. Ihre Erwägungen, die für eine Umwandlung der bisherigen Planstelle des Antragstellers in eine Planstelle für einen Juniorprofessor angeführt wurden, würden auch die Entscheidung, ihn deshalb nicht auf Lebenszeit zu berufen, nicht als ermessenfehlerhaft erscheinen lassen. Eine die Antragsgegnerin bindende schriftliche Zusage ist dem Antragsteller ersichtlich nicht erteilt worden.
2. Die mit dem Hilfsantrag erstrebte einstweilige Anordnung des Antragstellers verstößt zwar nicht gegen das oben genannte Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache; der Hilfsantrag hat aber ebenfalls keinen Erfolg. Die begehrte einstweilige Besetzungssperre könnte allenfalls dann vom Gericht erlassen werden, wenn glaubhaft gemacht wäre, dass der Antragsteller grundsätzlich einen Anspruch auf Berufung als Hochschuldozent in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit hätte. Das ist aber, wie bereits dargelegt, nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 a GKG.