Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 26.05.2004, Az.: 1 A 139/02
ausländischer Dienstort; Auswärtiges Amt; Billigkeitsentscheidung; Dienstort; Kaufkraftausgleich; Luxusaufwendungen; Mangel; Offensichtlichkeit; Rechtsgrund; Rückforderung; ungerechtfertigte Bereicherung
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 26.05.2004
- Aktenzeichen
- 1 A 139/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50854
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 812 BGB
- § 818 Abs 3 BGB
- § 819 BGB
- § 7 Abs 1 BBesG
- § 12 Abs 2 BBesG
- § 54 BBesG
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung eines ihm mit seinen Bezügen gewährten Kaufkraftausgleichs.
Er ist Polizeibeamter im BGS bei der Grenzschutzabteilung U. Im Wege der Abordnung an das Auswärtige Amt leistete der Kläger von April 1999 bis März 2000 Dienst bei der Deutschen Botschaft in Teheran/Iran. Für den Zeitraum Mai 1999 bis Oktober 1999 erhielt er neben seinen Dienstbezügen einen monatlichen Kaufkraftausgleich in Höhe von 5 %, der in der Gehaltsabrechnung gesondert ausgewiesen wurde.
Nachdem das Auswärtige Amt festgestellt hatte, dass die von der Deutschen Botschaft in Teheran gemeldeten „Wirtschaftsdaten“ fehlerhaft waren und den dort Beschäftigten im Zeitraum November 1998 bis Oktober 1999 kein Kaufkraftausgleich zugestanden, der Kläger mithin insgesamt 1.983,95 DM zu Unrecht erhalten hatte, hörte es den Kläger mit Schreiben vom 22. Februar 2001 wegen der beabsichtigten Rückforderung des Betrages an.
Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 9. April 2001 gegen die Rückforderung und führte im Wesentlichen an, dass er den Kaufkraftausgleich verbraucht habe. Er habe nach dessen Erhalt zusätzliche Ausgaben getätigt. Insbesondere habe er davon seine Wohnung renoviert, sich einen Computer gekauft und ein Motorrad finanziert. Allein der Computer und das Motorrad hätten ca 3.500,-- DM gekostet. Die fehlerhafte Berechnung des Kaufkraftausgleichs habe er nicht erkennen können.
Mit Bescheid vom 31. Oktober 2001 forderte das Auswärtige Amt den im Zeitraum von Mai 1999 bis Oktober 1999 überzahlten Kaufkraftausgleich in Höhe von 1.714,11 DM zurück und gestattete eine Rückzahlung in vier Raten (3 x 430,-- DM und 1 x 424,11 DM). Zur Begründung führte es im Wesentlichen an, dass für den genannten Zeitraum dem Kläger kein Kaufkraftausgleich zugestanden und er die Beträge mithin zu Unrecht erhalten habe. Den ohne Rechtsgrund erhaltenen Kaufkraftausgleich habe der Kläger zurückzuzahlen. Auf den Wegfall der Bereicherung könne er sich nicht berufen, da die Beträge noch wertmäßig in seinem Vermögen vorhanden seien. Gründe, auf die Rückforderung aus Billigkeitsgründen abzusehen, seien nicht vorgetragen oder erkennbar. Dem Kläger könne jedoch Ratenzahlung gewährt werden.
Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein und wies nochmals darauf hin, dass er hinsichtlich des gewährten Kaufkraftausgleichs entreichert sei. Bei dem Computer und dem Motorrad handele es sich um Luxusartikel, die er sich sonst nicht geleistet hätte. Im Übrigen habe er seine Wohnung aufwändig renoviert und sei besonders umfangreich und kostenintensiv kulinarischen sowie kulturellen Angeboten nachgegangen.
Den Widerspruch wies das beklagte Amt mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2001 (zugestellt am 27.12.2001) zurück. Darin wurde nochmals dargelegt, dass von einem Wegfall der Bereicherung nicht ohne weiteres ausgegangen werden könne, sofern der monatliche Betrag des Kaufkraftausgleichs 300,-- DM überschritten habe. Der Computer, das Motorrad und die Renovierung seien noch als Wert im Vermögen des Klägers vorhanden.
Am Montag, dem 28. Januar 2002 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Berlin Klage erhoben, das den Rechtsstreit an das erkennende Gericht verwiesen hat. Zur Begründung trägt der Kläger ergänzend vor, dass er eine Nordamerikareise für 4.214,-- DM gebucht und im Juni/Juli 2001 durchgeführt habe. Dadurch sei er hinsichtlich des Kaufkraftausgleichs entreichert. Bei der Billigkeitsentscheidung sei zu berücksichtigen, dass er während seiner Tätigkeit an der Botschaft in Teheran schwer erkrank sei. Ihm hätten deswegen zwei neu Herzklappen eingesetzt werden müssen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des beklagten Amtes vom 31. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2001 aufzuheben.
Das beklagte Amt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und im Widerspruchsbescheid. Mit dem Einwand der Amerikareise könne der Kläger nicht gehört werden. Diese habe er im Vorverfahren nicht erwähnt. Gründe für einen Erlass der Rückforderungssumme seien auch jetzt nicht ersichtlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid des Auswärtigen Amtes vom 31. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Rückforderung des Kaufkraftausgleichs für den Zeitraum Mai 1999 bis Oktober 1999 ist § 12 Abs. 2 BBesG i.V.m. § 812 ff BGB. Nach § 12 Abs. 2 BBesG regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Die Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes (§ 819 BGB) steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen (§ 12 Abs. 2 BBesG).
Der Kläger hat hier für den Zeitraum Mai 1999 bis Oktober 1999 einen Kaufkraftausgleich in Höhe von insgesamt 1.983,95 DM erhalten. Dieser gemäß § 7 und § 54 BBesG gezahlter Kaufkraftausgleich wurde ohne Rechtsgrund gezahlt. Denn seine Zahlung kommt nur dann in Betracht, wenn die Kaufkraft der Bezüge am dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz im Ausland (ausländischer Dienstort) nicht der Kaufkraft der Bezüge im Inland am Sitz der Bundesregierung entspricht (§ 7 Abs.1 BBesG). Im hier maßgeblichen Zeitraum bestand ein derartiger Unterschied zwischen der Kaufkraft der Bezüge am Dienstort und der Bezüge im Inland am Sitz der Bundesregierung nicht, sodass ein Kaufkraftausgleich nicht hätte gewährt werden dürfen.
Gegenüber seiner grundsätzlichen Rückzahlungsverpflichtung kann der Kläger sich letztlich nicht mit Erfolg auf einen Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen.
Hinsichtlich des überzahlten Kaufkraftausgleichs liegt bereits kein Wegfall der Bereicherung vor. Bei ohne Rechtsgrund erhaltener Geldbeträge ist der Empfänger dann nicht entreichert, wenn diese zur Schuldentilgung oder für Anschaffungen verwandt wurden, da sie dann wertmäßig im Vermögen des Begünstigten noch vorhanden sind. Eine derartige Verwendung steht deshalb einem Rückforderungsverlangen nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urteil v. 28.1.1993 - 2 C 15.91 -, NVwZ-RR 1994, 32). Hieran gemessen hat der Kläger den zu Unrecht gezahlten Kaufkraftausgleich nicht verbraucht. Denn er hat diesen nach eigenen Angaben im Verwaltungsvorverfahren für die Anschaffung eines Computers, eines Motorrades sowie für die Renovierung seiner Wohnung verwandt. Bei der Anschaffung des Computers und des Motorrades handelt es sich um solche Anschaffungen, die wertmäßig im Vermögen des Klägers - als „Begünstigten“ - noch vorhanden sind und deshalb einer Rückforderung nicht entgegen stehen. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der Anschaffung des Motorrades und des Computers nicht um sogenannte Luxusaufwendungen. Auch hinsichtlich der vorgenommenen Renovierung dauert die Bereichung fort, da der Kläger hier die Überzahlung zu Ausgaben verwendet hat, die er sonst aus seinem übrigen Vermögen bestritten hätte. Selbst wenn man für die Frage der noch vorhandenen Bereicherung wie der Kläger den tatsächlich im Zeitpunkt der Rückforderung noch vorhandenen Wert der „Anschaffungen“ zugrunde legt, ist festzustellen, dass trotz eines allgemein anzunehmenden Wertverlustes der zurückgeforderte Betrag in Höhe von 1.714,11 DM noch im Vermögen vorhanden war, da die Anschaffungskosten mehr als doppelt so hoch waren.
Soweit der Kläger sich während des Klageverfahrens erstmals auf die von ihm gebuchte und im Wesentlichen im Juli 2001 durchgeführte Nordamerikareise beruft, kann er damit einen Wegfall der Bereicherung nicht belegen. Der ungerechtfertigte Kaufkraftausgleich ist ihm während des Zeitraums Mai 1999 bis Oktober 1999 zugeflossen. Im Verwaltungsvorverfahren hat er hierzu erklärt, dass er diesen Kaufkraftausgleich für die Anschaffung eines Motorrades sowie eines Computers und der Renovierung seiner Wohnung bereits verbraucht hätte. Angesichts dieses Vortrages ist es nicht glaubhaft, wenn er dann im Klageverfahren vorträgt, den Betrag nunmehr über ein Jahr später nach Erhalt für eine Amerikareise verbraucht zu haben. Hinzu kommt, dass er die Amerikareise erst am 16. Februar 2001 gebucht hatte und bereits mit Schreiben vom 22. Februar 2001 auf die Überzahlung hingewiesen wurde. Wenn er dann gleichwohl die Reise aufrecht erhält und den Betrag vollständig verbraucht haben will, würde er insoweit der verschärften Haftung unterliegen, da ihm der Mangel des rechtlichen Grundes mit dem Anhörungsschreiben bekannt geworden war.
Die Entscheidung des beklagten Amtes, den Rückforderungsbetrag nicht weiter zu reduzieren oder auf ihn ganz zu verzichten, ist nicht zu beanstanden. Angesichts der relativ geringen Summe ist diese Billigkeitsentscheidung nicht ermessensfehlerhaft, wenn berücksichtigt wird, dass das beklagte Amt von der Gesamtüberzahlungssumme in Höhe von 1.983,95 DM bereits auf 269,84 DM wegen unterstellter Entreicherung verzichtet hatte und darüber hinaus dem Kläger eine Rückzahlung in vier Raten angeboten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Gründe, die Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO zuzulassen, sind nicht gegeben.