Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.12.1998, Az.: II 725/97
Voraussetzung der Bildung eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres bei Freiberuflern; Zum Begriff des Gewerbetreibenden aus einkommensteuerrechtlicher Sicht; Gewerbeeigenschaft von Wirtschaftsberatungsgesellschaften und Steuerberatungsgesellschaften mit Einkünften aus selbständiger Arbeit ; Entsprechende (analoge) Einrichtung eines abweichenden Wirtschaftsjahres bei fehlenden Einkünften aus Gewerbebetrieb
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 16.12.1998
- Aktenzeichen
- II 725/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 20553
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1998:1216.II725.97.0A
Rechtsgrundlagen
- § 25 Abs. 1 EStG
- § 2 Abs. 1 EStG
- § 2 Abs. 7 EStG
- § 4a EStG
- § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EStG
- § 5 EStG
- § 15 EStG
- § 18 EStG
Verfahrensgegenstand
Einheitliche und gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
Kein abweichendes Wirtschaftsjahr für im Handelsregister eingetragene KG mit Einkünften aus selbständiger Arbeit.
In dem Rechtsstreit
hat der II. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 16. Dezember 1998,
an der mitgewirkt haben:
1. Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht ...
2. Richter am Finanzgericht ...
3. Richter am Finanzgericht ...
4. ehrenamtlicher Richter ...
5. ehrenamtlicher Richter ...
fürRecht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird auf Kosten der Klägerin abgewiesen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin (Kl'in) ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr bilden kann.
Die Kl'in ist eine zum 01.02.1994 gegründete und im Handelsregister eingetragene Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG). Nach § 3 des Gesellschaftsvertrages vom 28.06.1994 hat sie ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr vom 1. Februar bis zum 31. Januar des jeweiligen Folgejahres. Die Gesellschaft erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit gem. § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) und ermittelt ihren Gewinn - jedenfalls steuerlich - nach § 4 Abs. 3 EStG durchÜberschußrechnung.
Die Kl'in gab zunächst für das Streitjahr 1994 keine Gewinnfeststellungserklärung ab, da sie der Auffassung war und noch ist, sie habe für diesen Veranlagungszeitraum noch keine solche abzugeben, weil sie ein abweichendes Wirtschaftsjahr habe, ihr erstes Geschäftsjahr ende erst am 31.01.1995 und ihr Gewinn deshalb erst 1995 zu erfassen sei. Schließlich gab sie auf Drängen des Finanzamts (FA) eine nicht unterschriebene Feststellungserklärung für 1994 ab, in der sie einen nach § 4 Abs. 3 EStG durchÜberschußrechnung für ein Rumpfwirtschaftsjahr 01.02.1994 bis 31.12.1994 ermittelten Gewinn erklärte.
Das FA stellte den Gewinn entsprechend der abgegebenen Gewinnfeststellungserklärung fest, wobei es erläuternd darauf hinwies, diese Feststellung erfolge unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abgabenordnung (AO), weil die Kl'in ihre Feststellungserklärung nicht unterschrieben habe.
Die Kl'in legte gegen den Feststellungsbescheid Einspruch ein mit der Begründung, sie habe ein abweichendes Wirtschaftsjahr. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das FA begründete seine Entscheidung damit, nach§ 4 a EStG könnten unter den dort näher beschriebenen Voraussetzungen nur Gewerbetreibende und Land- und Forstwirte mit Gewinneinkünften im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG ein abweichendes Wirtschaftsjahr haben, nicht aber Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften,die als solche aus selbständiger Arbeit gem. § 18 EStG zu qualifizieren seien. Da die Kl'in - dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig - Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 EStG erziele, sei ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr nicht möglich. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Einspruchsbescheids vom 23.10.1997 (Bl. 83 - 91 Feststellungsakte) Bezug genommen.
Mit der hiergegen eingereichten Klage begehrt die Kl'in Aufhebung des Gewinnfeststellungsbescheides, da ihr Gewinn aufgrund ihres abweichenden Wirtschaftsjahres erstmalig im Folgejahr steuerlich zu erfassen sei. Die vom FA vorgenommene Unterscheidung zwischen Steuerpflichtigen mit Einkünften aus Gewerbebetrieb und solchen mit Einkünften aus selbständiger Arbeit sei nicht vom Wortlaut des § 4 a EStG gedeckt und widerspreche auch dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift.
Gewerbetreibende im Sinne des § 4 a EStG seien, da der Begriff im Steuerrecht nicht definiert sei, alle Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften, die nicht Land- und Forstwirte seien. Eine andere Begriffsbestimmung des Gewerbetreibenden finde im Steuerrecht jedenfalls keine Grundlage.
Auch außerhalb des Steuerrechts gebe es keine Legaldefinition des Gewerbetreibenden. Parallelbegriff sei aber der des Kaufmanns im Handelsrecht. Da die KG zwar kein Grundhandelsgewerbe im Sinne von§ 1 Handelsgesetzbuch (HGB) betreibe, aber im Handelsregister habe eingetragen werden müssen, sei sie Vollkaufmann im handelsrechtlichen Sinne und betreibe daher ein Handelsgewerbe, mithin ein Gewerbe. Entscheidend sei insoweit nicht die Art der Einkünfte, sondern die Art der Tätigkeit der Gesellschaft, aufgrund derer die Eintragung ins Handelsregister erforderlich gewesen sei. Bei der vom FA vorgenommenen Unterscheidung zwischen Freiberufler und Gewerbetreibendem, der nach Auffassung des FA Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen müsse, werde die Bedeutung der Eintragung in das Handelsregister verkannt.
Es möge zwar naheliegen, die Begriffe des Gewerbebetriebs und des Gewerbetreibenden miteinander zu "verquicken". Der allgemeine Sprachgebrauch dürfe aber nicht fehlende Legaldefinitionen ersetzen.Der Formulierung in der Überschrift zu § 5 EStG (Gewinn bei Vollkaufleuten und bei bestimmten anderen Gewerbetreibenden) sei zu entnehmen, dass ein Vollkaufmann immer auch ein Gewerbetreibender im Sinne des Einkommensteuergesetzes sei.
Die Kl'in sei auch zu Recht ins Handelsregister eingetragen, da sie zwar kein Grundhandelsgewerbe betreibe, aber Art und Umfang ihrer Geschäftstätigkeit einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erforderten. Nach § 105 Abs. 2 HGB in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften seien nunmehr Personengesellschaften, deren Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 HGB Handelsgewerbe sei, oder die nur eigenes Vermögen verwalteten, offene Handelsgesellschaften, wenn sie im Handelsregister eingetragenseien und gelte § 2 Abs. 2, 3 HGB entsprechend. Danach seien nunmehr sogar für gewerbliche Unternehmen, die nach Art und Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erforderten, sowie für vermögensverwaltende Gesellschaften aufgrund ihrer Verfasstheit als Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Möglichkeit eröffnet, durch bloße Eintragung ins Handelsregister die Rechtsform der OHG oder KG zu erlangen.
Die Kl'in beantragt,
den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid 1994 ersatzlos aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Da FA hält an seiner Begründung im Einspruchsbescheid fest, auf dessen Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird (Bl. 83 ff. Feststellungsakte).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.Der Kl'in ist es verwehrt, ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr zu bilden und den Gewinn ihres ersten Geschäftsjahres erst im Folgejahr 1995 zu erfassen.
Nach § 25 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) nach dem Einkommen festgesetzt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Parallel hierzu bestimmt § 2 Abs. 7 EStG, dass die Einkommensteuer eine Jahressteuer ist und die Grundlagen für ihre Festsetzung jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln sind. Hieraus ergibt sich der Grundsatz, dass die Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG jeweils für das Kalenderjahr zu ermitteln sind, sofern nicht nach anderen Vorschriften hiervon Ausnahmen vorgesehen sind. Eine solche Ausnahmevorschrift ist § 4 a EStG, wonach unter bestimmten Voraussetzungen Land- und Forstwirte ein abweichendes Wirtschaftsjahr bilden müssen und Gewerbetreibende ein solches bilden können und der Gewinn dann in dem Kalenderjahr zu erfassen ist, in dem das abweichende Wirtschaftsjahr endet.
Die in § 4 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG vorgesehene Möglichkeitfür im Handelsregister mit Firma eingetragene Gewerbetreibende, ein abweichendes Wirtschaftsjahr zu bilden, kann die Kl'in indes nicht für sich in Anspruch nehmen. Sie ist zwar - aus welchem Grund, kann hier dahingestellt bleiben - im Handelsregister eingetragen, indes ist sie nicht Gewerbetreibende.
1.)
Das EStG verwendet den Begriff des Gewerbetreibenden lediglich in § 4 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG und in§ 5 Abs. 1 EStG.
a)
Zu § 4 a EStG ist es allgemeine Meinung in der Literatur - die Rechtsprechung hat sich offenbar im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 4 a EStG hiermit noch nicht beschäftigt -, dass Gewerbetreibender im Sinne dieser Vorschrift nur ist, wer Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt und dass sich dieses ausschließlich nach§ 15 EStG beurteilt (Weber - Grellet in Kirchhof/Söhn,§ 4 a EStG Anm. B 50; K.-H. Bauer in Hermann/Heuer/Raupach,§ 4 a EStG Rdn. 40; Dankmeyer in Blümich, § 4 a EStG Rdn. 10; Schmidt-Heinicke, § 4 a EStG, Rdn. 5 i.V.m.§ 5 EStG,Rdn. 7). Deshalb können Freiberufler kein abweichendes Wirtschaftsjahr haben bzw. ist ihr Gewinn stets nach dem Kalenderjahr zu ermitteln (ausdrücklich: Schmidt-Heinicke, § 4 a EStG, Rdn. 10; K.-H. Bauer in Hermann/Heuer/Raupach, § 4 a EStG, Rdn. 6; Bordewin in Lademann/Söffing/Brockhoff, § 4 a EStG, Rdn. 5; Dankmeyer in Blümich, § 4 a EStG, Rdn. 11). Auch die freiberuflich tätige Personengesellschaft kann daher kein abweichendes Wirtschaftsjahr haben (ausdrücklich: K.-H. Bauer in Hermann/Heuer/Raupach,§ 4 a EStG, Rdn. 7,8, 40; Dankmeyer in Blümich, § 4 a EStG, Rdn. 17).
b)
Auch zu § 5 Abs. 1 EStG ist es allgemeine Meinung in Literatur, Rechtsprechung und Verwaltung, dass Gewerbetreibender derjenige ist, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des§ 15 EStG erzielt.
So hat die Verwaltung schon immer den Begriff des Gewerbetreibenden im dortigen Zusammenhang dahin ausgelegt, daß dies Steuerpflichtige sind, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinnedes§ 15 EStG erzielen, die Vorschrift daher insbesondere nicht gilt für Steuerpflichtige, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder Land- und Forstwirtschaft erzielen, mithin auch nicht für offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, die keine Mitunternehmerschaften nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind, selbst wenn diese im Handelsregister eingetragen sind; die Eintragung soll insoweit für sich allein nicht entscheidend, sondern lediglich ein Indiz für gewerbliche Einkünfte sein (so schon Abschn. 28 Abs. 2 Einkommensteuerrichtlinien 1953 und alle folgenden Fassungen der Einkommensteuerrichtlinien bzw. der neueren Einkommensteuerhandbücher).
Diese Auffassung wird allgemein bis heute in der Literatur vertreten (Hermann/Heuer/Raupach, § 5 EStG, Rdn. 4, 6, 15, 16; Mathiak in Kirchhof/Söhn, § 5 EStG, Anm. A 1, A 4, ferner A 38 mit Argumenten zur Beibehaltung der Zweiteilung zwischen Einkünften aus Gewerbebetrieb und anderen Einkünften; Schreiber inBlümich,§ 5 EStG, Rdn. 111 und 114; Frotscher, § 5 EStG, Rdn. 3).
Dem ist auch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gefolgt (BFH-Urteil vom 08.11.1979 IV R 145/77, BFHE 129/260,BStBl II 1980, 146, - dort offengelassen, ob eine Arbeitsgemeinschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit der Folge der Gewinnermittlung nach § 5 EStG oder aus selbständiger Arbeit mit der Folge der Gewinnermittlung nach§ 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 EStG erzielte, da in letzterem Fall § 5 Abs. 2 EStG analog anzuwenden wäre -; BFH-Urteil vom 22.01.1980 VIII R 74/77, BFHE 129/485, BStBl II 1980, 244, unter 3. b)bb) mit Bezugnahme auf das vorgenannte Urteil; BFH-Urteil vom 06.12.1983 VIII R 110/79, BFHE 140/74, BStBl II 1984, 227, unter II 2. a); BFH-Beschluß vom 04.07.1990 GrS I/89, BFHE 160/466, BStBl II 1990, 830, unter C III 1. c) aa und bb) - Unterscheidung von Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn aus gewerblicher Betätigung durch Vermögensvergleich nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (§ 4 Abs. 1,§ 5 Abs. 1 EStG) und solchen, die ihren Gewinn aus einer nichtgewerblichen Tätigkeit durch Vermögensvergleich gem.§ 4 Abs. 1 EStG ermitteln -).
2.)
Der erkennende Senat teilt die, soweit ersichtlich, einhellig in Verwaltung, Literatur und Rechtsprechung vertretene Auffassung.
Die im EStG verwendeten Begriffe, hier der Begriff des Gewerbetreibenden, sind grundsätzlich einheitlich auszulegen, sofern nicht Sinn und Zweck der jeweiligen Vorschrift etwas anderes gebietet.
Das Prinzip der einheitlichen Auslegung gilt dabei um so strenger, je enger umrissen das jeweilige Rechtsgebiet gefasst ist, in dem der Begriff verwendet wird. So muss davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber im Steuerrecht Begriffe jeweils mit demselben Bedeutungsgehalt verwendet und dieses um so mehr gilt, wenn die Begriffe in demselben Steuergesetz, hier dem EStG, verwendet werden. Hieraus folgt, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff des Gewerbetreibenden denjenigen bezeichnet hat, der nach den Vorschriften des EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG und nicht wie die Kl'in solche aus selbständiger Arbeit gem. § 18 EStG erzielt.
Diese Auslegung wird bestätigt durch die Systematik des EStG. Danach sind in § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG zunächst die der Einkommenbesteuerung unterliegenden Einkunftsarten geregelt und sind einkommensteuerpflichtig u.a. nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 - 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 EStG die Gewinneinkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit. Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen gehören, bestimmt sich gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 EStG nach den §§ 13 - 22 EStG. So regeln§ 13 EStG, unter welchen Voraussetzungen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, § 15 EStG solche aus Gewerbebetrieb und § 18 EStG solche aus selbständiger Arbeit vorliegen. Im systematischen Zusammenhang legen nun die § 4 - 7 g EStG fest, wie der nach § 2 Abs 2 Nr. 1 EStG als Einkünfte zugrunde zu legende Gewinn zu ermitteln ist. Wenn der Gesetzgeber in diesen Gewinnermittlungsvorschriften dann den Begriff des Gewerbetreibenden verwendet, kann dieser nur in dem Sinne verstanden werden, wie er durch den systematischen Rahmen, in dem er verwendet wird, vorgegeben ist.
Ist hier aber schon der Begriff der Einkünfte aus Gewerbebetrieb gesetzlich festgelegt, bedarf es nicht noch einer weiteren Definition des Gewerbetreibenden, denn dieser kann dann nach der Logik des Sprachgebrauchs nur derjenige sein, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt.
Dass nach dem Verständnis des Gesetzgebers Gewerbetreibender derjenige ist, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, wird noch deutlicher, wenn man die Gesetzesentwicklung in die Betrachtung einbezieht.
Die Vorschriften des § 4 a EStG waren früher - wortgleich - Bestandteil des § 2 EStG, zuletzt in § 2 Abs. 5 EStG 1971 mit Geltung bis einschl. Veranlagungszeitraum 1974. Erst durch das Gesetz zur Reform der Einkommensteuer, des Familienlastenausgleichs und der Sparförderung vom 05.08.1974 (Bundesgesetzblatt I 1974, 1769/BStBl I 1974, 530) wurden diese Regelungen ohne sachliche Änderungen aus systematischen Gründen (Zuordnung zum Bereich der Gewinnermittlung, §§ 4 ff. EStG) in § 4 a EStG verselbständigt. Der Gesetzgeber hatte also zunächst die Begriffe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG in den Fassungen bis zum EStG 1971) und des Gewerbetreibenden (§ 2 Abs. 5 Satz 1 EStG in den Fassungen bis einschl. EStG 1971)ebenso wie auch die Begriffe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1) und der Land- und Forstwirte (§ 2 Abs. 5 Satz 1) nicht nur im systematischen Zusammenhang, sondern sogar in demselben Paragraphen nebeneinander verwandt.Der Gesetzgeber hat insoweit aus rein sprachlichen Gründen, dem Sprachgebrauch folgend, statt der umständlichen Formulierung "Steuerpflichtige, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen" bzw. "Steuerpflichtige, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen" die sprachlich kürzere und treffende Bezeichnung "Land- und Forstwirte" bzw. "Gewerbebetreibende" verwandt.
Wenn der Gesetzgeber abweichend von der innergesetzlichen Systematik und dem im Gesetz verwendeten allgemeinen Sprachgebrauch als Gewerbetreibenden nicht nur den Steuerpflichtigen mit Einkünften aus Gewerbebetrieb bzw. mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gemeint hätte, hätte er dieses durch eine konkrete Legaldefinition an dieser Stelle zum Ausdruck bringen müssen und auch zum Ausdruck gebracht.
3.)
Entgegen der Auffassung der Kl'in ergibt sich aus der Überschrift zu § 5 EStG (Gewinn bei Vollkaufleuten und bei bestimmten anderen Gewerbetreibenden) nicht, dass Vollkaufleute Gewerbetreibende im Sinne des § 5 Abs. 1 EStG und damit auch des § 4 a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 EStG seien. Zum einen läßt die Überschrift gleichermaßen die Interpretation zu, dass in § 5 der Gewinn für Vollkaufleute auf der einen und für andere Gewerbetreibende auf der anderen Seite geregelt wird, andererseits aber auch, dass der Gewinn für Vollkaufleute, die Gewerbetreibende sind und bestimmte andere Gewerbetreibende geregelt wird. Aus dem Wortlaut der Überschrift kann daher nicht zwingend abgeleitet werden, dass Vollkaufleute im Sinne des § 5 Abs. 1 Gewerbetreibende sind. Eine Überschrift kann darüber hinaus ohnehin allenfalls eine Auslegungshilfe bieten, da ihr regelmäßig nur plakativer Charakter im Sinne einer Orientierungshilfe zukommen kann. Wäre dieses anders, bedürfte es nicht der dann noch nachfolgenden differenzierten Tatbestandsvoraussetzungen in der überschriebenen Vorschrift.
Darüber hinaus erklärt sich die Erwähnung der Vollkaufleute inder Überschrift aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift,deren Vorläufer vor allem für die buchführungspflichtigen (Voll-)Kaufleute des Handelsrechts galten (vgl. Mathiak in Kirchhof/Söhn, § 5 EStG, Anm. A4).
Erst Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift bestimmt im einzelnen, welche Gewerbetreibenden von ihr erfasst werden.
4.)
Nach alledem kann der Kl'in nicht darin gefolgt werden, auch eine KG, die steuerlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach§ 18 EStG erzielt, könne allein deshalb, weil sie im Handelsregister eingetragen ist und die Kl'in im besonderen, weil sie zudem im Hinblick auf den Umfang ihrer Geschäftstätigkeit, der einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordere, Vollkaufmann sei, ein abweichendes Wirtschaftsjahr haben.
§ 4 a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 EStG setzen insoweit zwingend voraus, dass der Steuerpflichtige Gewerbetreibender ist, mithin, wie oben ausgeführt, Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG erzielt, und außerdem im Handelsregister eingetragen ist. Die Eintragung allein genügt also nicht.
5.)
Auch eine entsprechende Anwendung des § 4 a EStG auf im Handelsregister eingetragene Personengesellschaften, die andere als gewerbliche Einkünfte erzielen, ist nach Auffassung des erkennenden Senates nicht möglich.
Der Gesetzgeber hat den fakultativ - offenbleiben kann, inwieweit im Rahmen der Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 EStG die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz auch auf das steuerlich zu bildende Geschäftsjahr durchschlägt, insoweit also möglicherweise gar kein Wahlrecht mehr besteht (so möglicherweise Bordewin in Lademann/Söffing/Brockhoff, § 4 a EStG, Rdn. 7, sehr zweifelhaft) - ermöglichten Gleichlauf zwischen Handelsbilanzen mit abweichenden Geschäftsjahren nämlich bereits bewusst eingeschränkt, indem die Kaufleute, die nach Handelsrecht nicht bilanzieren müssen (z.B. Minderkaufleute), es aber freiwilligtun, einkommensteuerlich kein abweichendes Wirtschaftsjahr bilden dürfen, weil sie nicht im Handelsregister eingetragen sind. Im Hinblick auf diese Einschränkungen muss davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber auch den Umfang der weiteren Beschränkung auf Gewerbetreibende bewusst in seinen Willen aufgenommen hat.
Eine entsprechende Anwendung auf im Handelsregister eingetragene Personengesellschaften, die gleichwohl steuerlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielen, handelsrechtlich aber Bücher führen müssen, scheidet deshalb aus, wenn hier auch, was allerdings auch bei den nichtbilanzierungspflichtigen Kaufleuten (Minderkaufleuten) nicht anders ist, ein durchaus berechtigtes Bedürfnis nach Gleichlauf der Gewinnermittlungen besteht, dem mit den Bestimmungen über abweichende Gewinnermittlungszeiträume in § 2 Abs. 5 EStG in den Fassungen bis 1971 und § 4 a EStG in den späteren Fassungen wohl entsprochen werden sollte.
Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) abzuweisen.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache wird die Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.