Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 23.11.2006, Az.: 5 A 133/04

Erfordernis einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (HeilprG) für eine selbstständige Ausübung der sog. Synergetik-Therapie und des sog. Synergetik-Profilings; Heranziehung der gefahrenabwehrrechtlichen Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Untersagungsverfügung im Falle einer unzulässigen Heilkundeausübung; Synergetik-Therapie und Synergetik-Profiling als heilkundliche Tätigkeit i.S.d. § 1 Heilpraktikergesetz (HPG)

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
23.11.2006
Aktenzeichen
5 A 133/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 36928
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2006:1123.5A133.04.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
VG Braunschweig - 23.11.2006 - AZ: 5 A 102/04
OVG Niedersachsen - 18.06.2009 - AZ: 8 LC 6/07
OVG Niedersachsen - 18.06.2009 - AZ: 8 LC 9/07
BVerwG - 26.08.2010 - AZ: BVerwG 3 C 28.09

Verfahrensgegenstand

Gesundheit, Hygiene, Lebens- und Arzneimittel
- Vollzug des Heilpraktikergesetzes -

Redaktioneller Leitsatz

Die selbständig (d.h. nicht unter Anleitung eines Arztes oder Heilpraktikers) durchgeführte Ausübung von Synergetik-Therapie und Synergetik-Profiling ohne Heilpraktikererlaubnis verstößt gegen das Heilpraktikergesetz. Das behördliche Verbot einer solchen Tätigkeit stellt eine zulässige Maßnahme der Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.
Auf eine Unterscheidung zwischen Synergetik-Therapeuten und Synergetik-Profilern kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 5. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 2006
durch
die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Schlingmann-Wendenburg,
die Richterin am Verwaltungsgericht Düfer,
den Richter am Verwaltungsgericht Hachmann und
die ehrenamtlichen Richter D. und E.
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann eine vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages abwenden, sofern nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich dagegen, dass ihr der Beklagte die selbständige Ausübung der sog. Synergetik-Therapie und des sog. Synergetik-Profilings untersagt hat. Der Beklagte vertritt die Ansicht, die Tätigkeit bedürfe einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz.

2

Die Klägerin hat zum Jahresbeginn 2004 im Landkreis Goslar ein sog. Informationscenter eröffnet, in dem nach ihrer Darstellung von ihr die Synergetik-Therapie und von ihrem Kollegen, dem Kläger des Verfahrens 5 A 102/04, das Synergetik-Profiling angeboten werden. Mit dieser Eröffnung sollte auch eine Klärung der berufsrechtlichen Stellung der Synergetik-Therapie herbeigeführt werden. Über eine Approbation als Ärztin bzw. psychologische Psychotherapeutin oder eine Heilpraktikererlaubnis verfügt die Klägerin nicht. Sie hält sie auch nicht für erforderlich, da sie weder Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes ausübe, noch von ihrer Tätigkeit eine Gefahr für die Gesundheit der Betroffenen ausgehe. Denn ihre Tätigkeit stelle eine bloße Begleitung ihrer Klienten bei einer Selbstheilung durch Neuordnung der Innenwelt dar.

3

Nach Anhörung der Klägerin erließ der Beklagte den hier streitgegenständlichen Bescheid vom 08. Januar 2004, mit dem er der Klägerin die selbständige Ausübung der Synergetik- Therapie und des Synergetik-Profiling sofortvollziehbar untersagte und sie darüber hinaus sofortvollziehbar aufforderte, das Schild "Synergetik-Therapiepraxis" an ihren Praxisräumen in Goslar zu entfernen sowie die Angebote der Durchführung der Synergetik- Therapie im Internet zu löschen. Für den Fall der selbständigen Fortführung der Synergetik- Therapie/des Synergetik-Profiling drohte der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 Euro an und führte zur Begründung aus: Die Synergetik-Therapie stelle eine unerlaubte, weil ohne die erforderliche Erlaubnis durchgeführte Ausübung der Heilkunde im Sinne von § 1 des Heilpraktikergesetzes dar. Heilkunde in diesem Sinne werde ausgeübt, wenn im Hinblick auf das Ziel, die Art und die Methoden der Tätigkeit oder für die notwendige Feststellung eines Behandlungsbedarfes medizinische Fachkenntnisse erforderlich seien. Für die Annahme einer heilkundlichen Tätigkeit reiche es aber auch aus, dass mittelbar Gesundheitsgefährdungen dadurch eintreten, dass rechtzeitiges Erkennen ernstlicher Leiden verzögert werde und die Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefährdung nicht nur geringfügig sei. Beide Voraussetzungen seien gegeben. Zum einen erfordere die Methode der Synergetik-Therapie selbst ärztliches Wissen, da eine Therapiesitzung den Abläufen einer medizinischen Hypnose entspreche und eine suggestive Einflussnahme auf den seelischen Zustand des Patienten darstelle. Dafür gebe es Kontraindikationen, da es sonst ganz akut zu schwersten psychischen Veränderungen oder Krisensituationen kommen könne. Selbst körperliche Erkrankungen wie Asthma oder Diabetes mellitus könnten unter seelischer Belastung zu akut bedrohlichen Notfällen führen. Zu berücksichtigen sei auch, dass bei den Kunden der Eindruck erweckt werde, die Klägerin könne mit den angewandten Methoden nahezu jede Krankheit gefahrlos heilen, und deshalb sei der Besuch eines Arztes oder eines anderen medizinisch Kundigen nicht mehr notwendig.

4

Dem stehe der Hinweis auf die mangelnde medizinische Qualifikation des Synergetik- Therapeuten und die alleinige Verantwortung des Klienten nicht entgegen. Die angeordnete Entfernung des Schildes sei als logische Konsequenz der Untersagung der Tätigkeitsausübung erforderlich. Aus dem - im Einzelnen näher ausgeführten - Interesse an der Unversehrtheit von Leib und Leben der Allgemeinheit sei darüber hinaus die Anordnung des Sofortvollzuges geboten, da andernfalls die befürchteten Gefahren bei einer Fortsetzung der Tätigkeit der Klägerin als Synergetik-Therapeutin jederzeit auftreten könnten.

5

Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und stellte beim erkennenden Gericht einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Durch Beschluss vom 13. Februar 2004 - 5 B 07/04 - stellte das erkennende Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruches wieder her, soweit der Klägerin aufgegeben wurde, die Angebote im Internet zu löschen. Im Übrigen wurde der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Das Gericht wertete die Tätigkeit der Klägerin als berufsmäßige Ausübung der Heilkunde, für die ihr die nach § 1 Abs. 1 Heilpraktikergesetz - HPG - erforderliche Erlaubnis fehle. Es ließ dabei offen, ob im Hinblick auf die Methode der sog. Tiefenentspannung selbst bereits medizinische Fähigkeiten erforderlich seien, weil jedenfalls - was für die Annahme der Heilkunde ausreiche - die von der Klägerin durchgeführte Synergetik- Therapie Gesundheitsgefahren mittelbar dadurch zur Folge haben könne, dass die Behandelten die Anwendung gebotener medizinischer Heilmethoden unterlassen oder verzögern und die Klägerin nicht über das medizinische Fachwissen verfüge, umentscheiden zu können, wann medizinische Heilbehandlung notwendig sei. Hinsichtlich der Untersagung des Internet-Auftritts vertrat das Gericht die Auffassung, dass diese Regelung voraussichtlich zu unbestimmt sei. Auf die dagegen eingelegte Beschwerde stellte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht durch Beschluss vom 27. Mai 2004 - 8 ME 41/04 - die aufschiebende Wirkung der inzwischen nach Ergehen des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 15. April 2004 eingelegten Klage ohne Einschränkungen wieder her. Zur Begründung führte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht aus, dass die angefochtenen Bescheide bei summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtmäßig noch als offensichtlich rechtswidrig angesehen werden könnten. Es sei nicht hinreichend sicher festzustellen, dass die Ausübung der Synergetik- Therapie medizinische Kenntnisse voraussetze. Des Weiteren sei nicht offensichtlich, dass eine mehr als geringfügige Gefahr bestehe, dass ein frühzeitiges Erkennen ernster Krankheiten bei den Personen, die die Synergetik-Therapie in Anspruch nehmen, verzögert werde. Die danach erforderliche Interessenabwägung gehe zugunsten der Klägerin aus.

6

Mit dem Widerspruchsbescheid vom 15. April 2004 hob die Bezirksregierung Braunschweig den Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2004 insoweit auf, als durch ihn die Löschung der Angebote im Internet verfügt worden war. Im Übrigen wurde der eingelegte Widerspruch zurückgewiesen.

7

Die am 31.03.2004 erhobene Klage begründet die Klägerin wie folgt:

8

Sie verstehe sich als Synergetik-Therapeutin. Basis dieser Methode sei die Synergetik- Theorie zur mathematischen Beschreibung der Selbstorganisation makroskopischer Systeme von F.. Die von der Synergetik-Therapie ausgehende Innovation bestehe in der Übertragung der Gesetzmäßigkeiten dieser Wissenschaft auf die Selbstorganisationsfähigkeit der Psyche in Tiefenentspannung. Die praktische Umsetzung durch die Veränderung der Informationsstruktur ermögliche dem Klienten, seine Selbstheilungskräfte aktiv zu mobilisieren. Dies geschehe im Schwerpunkt durch synergetische Bearbeitung seiner inneren Bilder und einer dadurch möglichen Nachbearbeitung unverarbeiteter Erlebnisse und Konflikte. Beim Vorlesen von Entspannungstexten oder Einspielen von Meditationsmusik am Beginn der Sitzung erreiche der Klient einen Zustand der Tiefenentspannung in dem die Gehirnfrequenz einen Alphazustand erreiche. Dieser Zustand sei keine Hypnose, sondern ein meditativer Zustand. Der Therapeut habe die Funktion eines Wegbegleiters des Klienten, damit dieser sich auf seine Bilderwelt einlassen und die dort vorgefundene Energie (in Form von Bild, Emotion, Körpersensation etc. ) nutzen könne. Dadurch eröffne sich dem Klienten die Möglichkeit, evtl. auftauchende Widerstände und Blockaden zu meistern und die notwendige Energie zur Erreichung des "Kipppunktes für eine Symmetriebrechung" aufzubauen, die sodann als Selbstorganisationsprozess in einer Neustrukturierung auf höherer Ebene münde. Die Synergetik-Therapie sei gegenwärtig die einzige Methode, die nicht an den psychischen Inhalten oder körperlichen Symptomen selbst, sondern ausschließlich mit und an der Organisationsstruktur und wechselseitigen Verknüpfungen dieser Inhalte und Symptome arbeite.

9

Krankheitsbilder seien immer eine Abstraktion, eine Reduzierung der Wirklichkeit; Naturwissenschaftlich gesehen gebe es keine Krankheiten. Krankheit sei kein Schicksal, sondern ein dringender Wegweiser zu mehr Selbstbestimmung. Jeder könne in seiner Innenwelt aufräumen und dadurch in Eigenleistung Selbstheilung als neue stabile Ordnung erzeugen. Heilung müsse daher nicht durch die - vor allen Dingen von Ärzten vorgenommene - Symptombekämpfung, durch Übertragung einer Heilenergie oder durch Unterwerfung unter eine Methode, sondern als Ergebnis einer aktiven Bewältigungsarbeit im Inneren des Klienten durch ihn selbst vorgenommen werden, als Selbstheilung. Die Synergetik- Therapie sei immer Hilfe zur Selbsthilfe. Daher sei synergetische Selbstheilung immer intelligente Krankheitsmeisterung und positive Lebensbewältigung. Synergetik-Therapie sei Anleitung zur Selbstheilung bei nahezu allen körperlichen und seelischen Krankheiten und Befindlichkeitsstörungen.

10

Nach ihrer Ansicht handelt es sich bei der Synergetik-Therapie nicht um die Ausübung von Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes.

11

Synergetik-Therapie sei keine Tätigkeit i.S.d. HPG, sondern nur Anleitung zur Selbsthilfe. Sie könne keineswegs Heilungen kausal herbeiführen, sondern die Heilung sei mehr als Nebenprodukt ihrer Tätigkeit anzusehen. Es sei auch nicht nachgewiesen, dass ihre Tätigkeit eine nicht hinweg zu denkende Bedingung für die Heilung sei, möglicherweise sei auch bei den Personen, die sich zu der Therapie entschlössen, der Prozess der Reorganisation bereits in diesem Zeitpunkt soweit fortgeschritten, dass die Heilung eintrete. Mit dem Klienten finde eine Art von Gespräch über psychische Befindlichkeiten statt, nicht jedes Gespräch über psychische Probleme dürfe einer Psychotherapie gleichgesetzt werden.

12

Bei der Synergetik-Therapie werde definitiv keine Hypnose angewendet, auch nicht indirekt. Während des Entspannungszustandes für Innenweltreisen bleibe der Klient voll handlungs- und entscheidungsfähig. Es werde keinerlei Suggestion verwendet. Diese würde der reinen Selbsterfahrung des Klienten entgegenstehen.

13

Alle medizinischen Erkenntnisse blieben außen vor, das sei den Klienten auch bekannt und daher sei die Zusammenarbeit mit Ärzten wichtig und erwünscht. In den Jahren ihrer Tätigkeit sei bei tausenden von "Sessions" kein Schaden aufgetreten. Im Rahmen einer sog. Brustkrebsstudie (vgl. Beiakte E: Session Heft 9: Brustkrebs) des von dem Kollegen der Klägerin geleiteten Synergetik-Therapieinstitutes wird u.a. auf die Selbstheilung bei Brustkrebs hingewiesen; Brustkrebs könne man selbst auflösen. Als Faustregel gelte: "Linke Brust Versorgungskonflikt, rechte Brust Partnerschaftskonflikt" (letzte Seite).

14

Jeder Klient werde durch ein - bei den Akten befindliches (vgl. Anlage 7 zum Schreiben v. 2.2.2004, Bl. 94 der Gerichtsakte 5 B 7/04 und 5 B 13/04) Merkblatt vor Beginn der Sitzung darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Synergetik-Therapeut über keine medizinische Qualifikation verfüge und kein Heilungsversprechen abgebe, aber "über die hohe Wirksamkeit dieser ganzheitlichen Methode bei anderen Klienten mit ähnlichen Symptomen informiere und Hintergrundauflösung statt Bekämpfung empfehle". In diesem Merkblatt werde der Klient auch darauf aufmerksam gemacht, dass die Synergetik-Therapie keinen Arzt, Psychotherapeuten oder Heilpraktiker ersetze und sich der Klient während der Therapie weiterhin mit einem Arzt seines Vertrauens beraten solle, die Zusammenarbeit sei erwünscht und wichtig. Dies ergebe sich auch aus den Ethikrichtlinien.

15

Die Klägerin verweist auf eine Stellungnahme des Diplompsychologen Prof. Dr. G., der ausführt: Das Wirkprinzip der Synergetik-Therapie unterscheide sich nicht von dem Einsatz körperlicher Entspannung in der Verhaltenstherapie. Es handele sich bei dem mentalen Entspannungszustand nicht um tranceartige hypnotische Zustände. Fälle, in denen unbeabsichtigter Weise tranceartige Zustände aufgetreten wären, seien nicht bekannt. Techniken der Induktion von hypnotischen Zuständen würden von den Ausbildern und Synergetik-Therapeuten in der Regel nicht beherrscht, was wohl den besten Schutz vor missbräuchlicher oder unbeabsichtigter Anwendung darstelle. Dagegen seien die erlernten Fragetechniken dergestalt, dass suggestive Effekte minimal gehalten würden. Üblicherweise seien alle Klienten vor der Synergetik-Therapie in ärztlicher Behandlung gewesen. Eine Zusammenarbeit werde grundsätzlich aktiv angestrebt. Auch werde jeder Klient eindringlich darauf hingewiesen, dass eine Therapie im medizinischen Sinne nicht durchgeführt und keine Heilkunde praktiziert werde. Er werde darauf hingewiesen, dass er sich über seine medizinische und psychotherapeutische Versorgung selbst zu informieren habe.

16

Zur Unterstützung ihrer Argumentation beruft sich die Klägerin außerdem auf eine vom Synergetik-Institut in Auftrag gegebene gutachterliche Stellungnahme des Diplom- Psychologen Dr. H. vom 22. August 2006. Dieser gelangt zu folgendem Ergebnis: Mit der Synergetik-Therapie werde keine Feststellung von Krankheiten betrieben. Es werde auch keine diagnostische Tätigkeit ausgeübt. Die Technik sei nicht geeignet, gezielt eine bestimmte Krankheit zu heilen oder zu lindern. Ärztliche Kenntnisse wie sie typischerweise in einem Medizinstudium erworben werden, seien für die Praxisausübung nutzlos. Ein Überstülpen des Hypnose-Begriff sei nicht geeignet, die Synergetik-Therapie zu charakterisieren, denn beim Klienten werde lediglich ein hypnoider Bewusstseinszustand erzeugt. Die angewandte Methode der Tiefenentspannung erfordere keinerlei medizinische Fachkenntnisse. Die vom Synergetik-Therapeuten begleiteten und initiierten Symbolisierungsprozesse im Patienten selbst seien nicht geeignet, unmittelbare gesundheitliche Gefahren zu erzeugen. Dem Laienbeobachter mögen heftige Affektdurchbrüche als gefährlich erscheinen, psychodynamisch stellten sie stets eine reinigende Affektabfuhr dar und leiteten eine neuronale Reorganisation ein. Eine unmittelbare Gefährdung bestehe lediglich dann, wenn das Verfahren bei Personen mit akuten oder psychiatrisch vorbehandelten Psychosen zur Anwendung komme. Es gehe von der Synergetik-Therapie auch keine mittelbare Gefahr aus, weil die Klienten in eindeutiger und intensiver Weise darauf hingewiesen würden, dass die Synergetik-Therapie anderweitige schulmedizinische Behandlung nicht ersetze, vielmehr werde der Klient dazu aufgefordert. Soweit die Synergetik anstrebe, eine alternative Heilweise für die Massenversorgung zu werden, könnte das Restrisiko analog zur ärztlichen Konsultationspflicht vor Beginn einer Psychotherapie dadurch minimiert werden, dass eine Synergetik-Behandlung erst nach Vorlegen einer Bescheinigung begonnen werde, dass der Klient wegen seiner Beschwerden einen (Fach)Arzt aufgesucht hat. Sonstige mittelbare Gesundheitsgefährdungen bestünden nicht, weil vielmehr von der Schulmedizin eine ungleich höhere Gesundheitsgefahr für ihre Nutzer ausgehe, als dies für die Synergetik-Therapie belegbar sei.

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Ergänzend führt die Klägerin das vom Synergetik-Institut in Auftrag gegebene Kurzgutachten des Rechtswissenschaftlers Prof. Dr. I. ein. Dieser führt aus: Bei der Bestimmung des Begriffs der Heilkunde verlaufe die Trennungslinie dort, wo die Mitwirkung des Patienten zur dominanten Größe im Genesungsprozess werde. Dieses sei bei der Synergetik- Therapie der Fall. Diese Behandlungsmethode unterscheide sich erheblich von den geläufigen Methoden der Psychoanalyse und der Selbsterfahrung, bei denen der Heilungserfolg wesentlich von den spezialisierten Fähigkeiten des Therapeuten abhänge. Bei der Synergetik-Therapie gehe es dagegen um die Freisetzung der im Klienten selbst vorhandenen Kräfte. Der Klient werde auch auf die ergänzende Arztbehandlung hingewiesen, die als erwünscht und wichtig dargestellt werde. Ein evtl. Versäumen ärztlicher Hilfe werde deshalb nicht vom Synergetik-Therapeuten veranlasst oder gestärkt. Bei der Synergetik- Therapie handele es sich nicht um eine biochemische Behandlung, sondern um ein technisch-synergetisches Verfahren, das nicht zur Heilpraktik gehöre, weil lediglich biochemische Reaktionen im Wege der Selbstheilung des Klienten hervorgerufen werden. Es sei nur eine Methode der anreizenden Impulsgebung. Wie im Geistheiler-Fall die spirituelle Orientierung auf Medizinferne und Ferne von der Psychotherapie schließen lasse, so könne die Technikorientierung der Synergetik-Methode abgrenzend wirken. Aus der hier vorliegenden Psychotherapieferne müsse die Notwendigkeit ärztlicher oder arztähnlicher Kenntnisse als entsprechend gering eingeschätzt werden. Eine mittelbare Gefährdung könne nicht angenommen werden. Dabei genüge eine abstrakte Gefahr nicht, eine Gefahrverwirklichung müsse konkret indiziert sein. Dabei müsse vom Leitbild mündiger und informationsbereiter Verbraucher ausgegangen werden. Die Hinweise auf eine ergänzende ärztliche Inanspruchnahme seien auch unter Berücksichtigung der Maßstäbe im Arzthaftungsrecht und Produkthaftungsrecht vollkommen ausreichend.

18

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass sie gerade durch die Nichtablegung der Heilpraktikerprüfung und das Betonen, keinerlei medizinische Kenntnisse zu haben der Gefahr, dass ihre Klienten nicht rechtzeitig ärztlichen Rat einholen, entgegenwirke.

19

Zur weiteren Unterstützung ihrer Klage beruft sich die Klägerin insbesondere auf eingereichte Stellungnahmen von Personen, die im Bereich der Synergetik-Therapie tätig sind und die Unbedenklichkeit dieser Methode bestätigen.

20

Nach Darstellung der Klägerin im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes liegt der Unterschied zwischen der Synergetik-Therapie und dem Synergetik-Profiling in der Fragestellung (Anlage zum Schreiben v. 26.1.2004, Bl. 57 f der Gerichtsakte 5 B 7/04 und 5 B 13/04; vgl. ferner den Abschnitt "Synergetik Profiler" in "Ausbildung zum Synergetik- Therapeut, Sept. 2002, Bl. 106 der Beiakte D zu 5 B 7/04). Die sog. Synergetik-Therapie betone eher den Selbstheilungsprozess, das Profiling das Auffinden der Informationsstruktur. Hier werde die "Rasterfahndung" in der Innenwelt des Klienten angewendet. In dem Kranken stecke die Krankheit. Der Therapeut lese in den inneren Bildern, und der Klient erkenne die "Täterstruktur", die Summe der Ereignisse, die dazu führe, dass er diese ihre Krankheit habe. Ändere der Klient diese innere Informationen ab, werde er gesund. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin, die Synergetik- Therapeuten arbeiteten nicht (mehr) mit kranken Menschen. Dies täten nur die Synergetik- Profiler, die besonders trainiert seien. Es gebe jeweils einen eigenen Berufsverband. Der Klientenkreis sei deshalb unterschiedlich. Diese Trennung habe auch schon bei Erlass der angefochtenen Verfügung bestanden. Sie selbst sei als Synergetik-Therapeutin, der Kläger des Verfahrens 5 A 102/04 als Synergetik-Profiler tätig.

21

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 08. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 15. April 2004 aufzuheben.

22

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

23

Der Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass es sich bei der Synergetik-Therapie um eine Ausübung der Heilkunde handele und deshalb diese Tätigkeit zu Recht wegen Fehlens der erforderlichen Erlaubnis untersagt worden sei. Das Verfahren sei der Hypnose bzw. der Methode des katathymen Bilderlebens vergleichbar, die eine Erlaubnis erforderten.

24

Die Einschätzung der Synergetik-Therapie als suggestives Verfahren stamme von dem stellvertretenden Amtsarzt des Beklagten, Dr. J., dem aufgrund seiner psychotherapeutischen Ausbildung, in der er auch Kurse in medizinischer Hypnose belegt habe, Hypnosetechniken persönlich bekannt seien. Die Darstellung der Verfahrensabläufe durch das Synergetik-Therapieinstitut habe für ihn klar erkennbar eindeutig ergeben, dass es sich hierbei um ein suggestives Verfahren handele. Die Verfahrensabläufe und ihre Einschätzung habe er dem Diplompsychologen Prof. Dr. K. mitgeteilt, der ihm schriftlich erwidert habe, dass er diese Einschätzung teile. Der Umstand, dass der Klient mit dem Therapeuten reden und aktiv handeln könne, stehe der Annahme einer hypnotischen Behandlung nicht entgegen. Es sei gerade ein wesentliches Merkmal von Hypnosebehandlungen, dass der sog. Rapport zwischen Patienten und Therapeuten erhalten bleibe. Deshalb komme Prof. Dr. K. auch zu der Feststellung, dass es sich bei der Synergetik-Therapie um ein Verfahren der Tiefenentspannung handele, das fließende Übergänge zur hypnotischen Induktion enthalte. Prof. Dr. K. führe im Aufsatz "Hypnose als psychotherapeutische Methode" aus: Heute sei der Einsatz von Hypnose und anderen tranceinduzierenden Techniken in verschiedenen Therapierichtungen üblich. In praktisch allen Sparten der somatischen Medizin könne Hypnose zur Unterstützung der eigentlichen Therapie eingesetzt werden; sie lasse sich gut in unterschiedliche Therapiekonzepte integrieren. Die Hypnose biete eine Möglichkeit, den Patienten in seine Genesung aktiv einzubeziehen.

25

Der Beklagte führt weiter aus, dass auch in den Veröffentlichungen des Synergetik- Instituts zum Therapieablauf eine Vielzahl von Beispielen mit suggestiven Elementen der jeweiligen Therapeuten publiziert worden seien. Nach einem Aufsatz des Facharztes für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapie Prof. Dr. L. (Deutsches Ärzteblatt 94, S. 49) sei es für die therapeutischen Hypnose typisch, dass ein dialogischer Kontakt mit dem Patienten im Verlauf einer Hypnose jederzeit möglich sei. Allerdings sei Hypnose ein psychisch enorm invasives Verfahren und ihre verantwortliche Anwendung sei ohne sorgfältige Vordiagnostik und ohne Einbettung in einen psychotherapeutischen Gesamtprozess nicht denkbar. Die überwiegende Zahl negativer Vorkommnisse beruhe auf fehlender oder unvollständiger Rückführung der Hypnose. Zwischenfälle und unvorhersehbare Reaktionen könne es auch bei sachgerechter Durchführung geben, doch seien die Gefahren in der Hand medizinisch Unkundiger unvergleichlich größer.

26

Der Streitfall beschränke sich nicht auf die Frage, ob eine Hypnose ausgeübt werde, vielmehr sei ein wesentliches Gefährdungsmoment der Synergetik-Therapie darin begründet, dass von dort massiv dafür geworben werde, bei lebensgefährlichen Erkrankungen, wie z.B. Krebs, erst mal eine Synergetik-Therapie zu beginnen, bevor eine medizinische Diagnostik und Therapie in die Wege geleitet wird. Dadurch könnten überlebenswichtige Zeit und nicht mehr gut zu machende Heilungschancen verloren gehen. Auch der Auffassung des Nds. Oberverwaltungsgerichts, eine mehr als geringfügige Gefahr der Verzögerung des Erkennens ernster Erkrankungen sei nicht offensichtlich, könne nicht gefolgt werden. So werde in der Broschüre "Selbstheilung bei Brustkrebs" insbesondere dafür geworben, dass bei einem Krebsverdacht statt einer ärztlichen Behandlung zunächst eine Synergetik- Therapie erfolgen solle. Der Synergetik-Therapeut suggeriere, dass auch bei einem Brustkrebsbefund die Selbstheilung nur im Rahmen der Synergetik-Therapie erreicht werden könne. Es werde sogar vor der ärztlichen schulmedizinischen Behandlung gewarnt. Die schulmedizinische Behandlungsmethode der Chemotherapie werde nämlich als gefährlich beschrieben und gleichzeitig die Frage aufgeworfen, "ob die Menschen wegen oder trotz der Chemotherapie überlebt" hätten. Dieses sei gerade bei Krebsleiden in hohem Maße lebensgefährlich, da die Überlebensaussichten bei Verzögerung einer möglichen frühzeitigen Krebsbehandlung wesentlich schlechter seien. Die Verantwortung, sich für eine schulmedizinische Behandlung bzw. ergänzende Behandlung zu entscheiden, werde allein dem Patienten zugeschoben.

27

Gegenüber dem Gutachten von Dr. H. führt der Beklagte aus: Es werde dabei ignoriert, dass das Synergetik-Institut durch die Werbung massiv Klienten mit schwersten Krankheiten anspreche und auf eine Heilungsmöglichkeit hinweise. Die Abgrenzung zur Hypnose sei widersprüchlich. Zumindest für einen bestimmten Personenkreis räume der Gutachter selbst Kontraindikationen ein. Zum Erkennen der Kontraindikationen seien jedoch fachliche medizinische bzw. psychotherapeutische Kenntnisse zwingend erforderlich. Entgegen der Aussage des Gutachters werde der Klient nicht aufgefordert, einen Arzt zu Rate zu ziehen. In vielen Fällen werde vielmehr gesagt, dass z.B. bei dem Verdacht auf Brustkrebs eine betroffene Frau erst eine Synergetik-Therapie machen solle, bevor sie zum Arzt gehe. Dadurch werde eine schulmedizinische Versorgung verzögert. Der Gutachter stelle auch selbst dar, dass es bei Verfahren, welche mit Trancezuständen arbeiten, nach Beendigung einer Sitzung für einige Zeit (ca. 1-2 Std.) zu Aufmerksamkeitstrübungen und Reaktionsverlängerungen kommen könne. Die Behauptung, die Synergetik-Therapie sei ungefährlicher als die Schulmedizin werde zurückgewiesen. Ein wesentliches Gefahrenmoment bei der Ausübung der Synergetik-Therapie habe der Gutachter ignoriert. Es handele sich hierbei nämlich um die Anwendung einer Provokationstechnik. Vom Therapeuten als krankheitsverursachend angenommene schwerwiegende und traumatische Erlebnisse würden nachgestellt. Dass es hierbei zu schwersten emotionalen und psychischen Symptomen kommen könne, sei selbst einem therapeutischen Laien einsichtig. Selbst ein medizinisch nicht vorgebildeter Durchschnittsbürger könne erkennen, das es zur weiteren Bearbeitung derart schwerer Symptome eines ausgebildeten Therapeuten bedürfe.

28

Zum rechtswissenschaftlichen Gutachten von Prof. Dr. I. führt der Beklagte aus: Die Abgrenzung der Psychotherapie als Fremdheilung zur Synergetik-Therapie als reine Selbstheilung sei nicht nachvollziehbar und falsch. Es gebe keine psychotherapeutische Fremdheilung. Jede Form der anerkannten Psychotherapie habe zum Ziel, die seelischen Prozesse des Klienten zu beeinflussen. Jeder psychotherapeutische Effekt bei den Klienten werde letztlich von diesen selbst herbeigeführt bzw. vollzogen.

29

Die von der Klägerin behauptete Trennung zwischen Synergetik-Profiler und Synergetik- Therapeut könne nicht nachvollzogen werden.

30

Ergänzend reicht der Beklagte Stellungnahmen von Klienten und auch in der Synergetik ausgebildeten Personen ein, die eine Gefährlichkeit der Synergetik-Therapie für die Gesundheit der Klienten darlegen.

31

Der vom Gericht mit Beweisbeschluss vom 11.07.2006 als Sachverständiger beauftragte Diplom-Psychologe Dr. M., Vorsitzender der Bundesstelle für traditionelle Heilhypnose e.V., hat in seiner Stellungnahme vom 10. August 2006 (Bl. 279 der Gerichtsakte) ausgeführt, dass der Beklagte, insbesondere Dr. J., alles Wesentliche in Sachen Synergetik und Hypnose fachlich vollkommen richtig formuliert habe und er keine darüber hinausgehenden neuen Erkenntnisse vermitteln könne. Das Gericht hat den Beweisbeschluss aufgehoben.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Akten der Gerichtsverfahren 5 A 102/04, 5 B 07/04 und 8 ME 41/04 sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

33

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

34

Der Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der (damaligen) Bezirksregierung Braunschweig vom 15. April 2004 ist rechtsmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

35

Maßgebender Zeitpunkt für die Überprüfung ist bei der hier vorliegenden Anfechtungsklage der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, d.h. der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides.

36

Der Beklagte hat die angefochtene Entscheidung zutreffend auf die gefahrenabwehrrechtliche Generalklausel des § 11 NGefAG (nunmehr: § 11 Nds. SOG) gestützt. Weder das Heilpraktikergesetz selbst noch die dazu ergangenen Durchführungsverordnungen enthalten nämlich eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Untersagungsverfügung im Falle einer unzulässigen Heilkundeausübung. Zur Verhinderung von gegenwärtigen oder zukünftigen Gesetzesverstößen durch Ausübung der Heilkunde ohne entsprechende Erlaubnis bedarf es daher einer auf die angeführte Generalklausel gestützten Verfügung (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.1993 - 3 C 45/91 -, BVerwGE 94, 269; OVG Münster, Beschl. v. 28.4.2006 - 13 A 2495/03 -, m.w.N.). Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten zum Erlass einer solchen Untersagungsverfügung ergibt sich aus § 101 Abs. 4 NGefAG (nunmehr: § 97 Abs. 2 Nds. SOG) in Verbindung mit den fortgeltenden (vgl. OVG Münster, a.a.O., m.w.N.) §§ 3, 11 Abs. 2 der 1. Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz vom 18. Februar 1939 (RGBl. I S. 259) und Ziffer 1.1 der Richtlinie zur Durchführung des Verfahrens zur Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (Runderlass des Niedersächsischen Sozialministeriums vom 22.2.1995 (Nds. MBl. S. 375), zuletzt geändert durch Runderlass v. 5.1.2006 (Nds. MBl. S. 67) (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 20.7.2006 - 8 LC 185/04, Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG im Internet).

37

Gemäß § 11 NGefAG (jetzt § 11 Nds. SOG) können die Gefahrenabwehrbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren. Ein konkrete Gefahr ist eine Sachlage, bei der im einzelnen Fall die konkrete Gefahr besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit und Ordnung eintreten wird, § 2 Nds. SOG. Der Begriff "öffentliche Sicherheit" umfasst alle gesetzlichen Ge- und Verbote.

38

Die selbständig (d.h. nicht unter Anleitung eines Arztes oder Heilpraktikers durchgeführte) Ausübung von Synergetik-Therapie und Synergetik-Profiling ohne Heilpraktikererlaubnis verstößt gegen das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt in § 1 Abs. 1 HPG, stellt also i.S.v. § 11 NGefAG eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.

39

Gemäß § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes (v. 17.02.1939 -RGBl. I S. 251 - im Folgenden: HPG - zitiert bei [...]: HeilprG) bedarf der Erlaubnis, wer die Heilkunde ausüben will, ohne als Arzt bestallt zu sein. § 1 Abs. 2 HPG enthält eine Legaldefinition des Begriffes "Heilkunde". Heilkunde im Sinne des Gesetzes ist danach jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Das Gesetz macht dabei keinen Unterschied, ob es sich bei den Krankheiten und Leiden um rein körperliche oder aber um solche auch oder ausschließlich seelischer Natur handelt. Ebenso wenig stellt es auf die Behandlungsweise und -methode ab.

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Das Ziel des Heilpraktikergesetzes, die Gesundheit der Bevölkerung durch einen Erlaubniszwang für Heilbehandler ohne Bestallung zu schützen, ist grundsätzlich mit der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, denn die Gesundheit der Bevölkerung stellt ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut dar, zu dessen Schutz eine subjektive Berufszulassungsschranke nicht außer Verhältnis steht. Jedoch sind Eingriffe in die Freiheit der Berufswahl nur unter engen Voraussetzungen zum Schutz des besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes ( i. S. von Geeignetheit und Erforderlichkeit des Eingriffs) zulässig und nur unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft (BVerfG, E. v. 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 - [...]).

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Die Klägerin übt eine heilkundliche Tätigkeit i.S.d. § 1 HPG aus.

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Sie kann nicht einwenden, es sei bei der Anwendung des § 1 HPG auf Ihre Tätigkeit zwischen Synergetik-Therapie und Synergetik-Profiling zu unterscheiden, nur der besonders ausgebildete Profiler, wie der Kläger des Verfahrens 5 A 102/04, beschäftige sich mit kranken Menschen, während die Synergetik-Therapeuten ( wie die Klägerin selbst) nur eine Lebenshilfe anböten.

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Diese Unterscheidung ist für für das Gericht und den Betrachter nicht nachvollziehbar. Zum Einen ergibt sich aus der in der mündlichen Verhandlung besprochenen Broschüre (Bl.1 der Beiakte zu 5 B 07 und 13/04) diese Unterscheidung nicht . Zum anderen findet sich auch in der im Internet veröffentlichten Liste von Krankheiten, die mit Hilfe der Synergetik- Therapie bearbeitet werden könnten, diese Differenzierung weder in der Liste selbst noch in der Internetadresse. Die Trennung der Bereiche wurde auch in der mündlichen Verhandlung anders beschrieben als in den vorangegangenen Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes. Auf die spätere Gründung der beiden getrennten Berufsverbände kommt es nicht an, weil im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage nicht auf die Sachlage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, sondern auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen ist. Die Klägerin und ihr Kollege haben die Trennung der Berufsverbände auch selbst auf die Entscheidung des Bayerischen VGH vom 05.07.2005 bezogen, der Widerspruchsbescheid ist vorher , am 15.04.2004, ergangen. Jedoch dürfte die Rechtslage sich auch mit der Gründung der getrennten Berufverbände nicht geändert haben, da auch jetzt noch die oben erwähnte einheitliche Liste von Krankheiten und Befindlichkeitsstörungen verwandt wird. Außerdem tragen die gewählten Berufsbezeichnungen nicht zur Klarheit bei, wenn derjenige, der sich nicht mit kranken Klienten beschäftigt, Therapeut heißt und derjenige, der sich mit Kranken beschäftigt, Profiler. Deshalb ist bei der Beurteilung von Synergetik-Therapeuten und Synergetik-Profilern von einer einheitlichen Zielgruppe auszugehen, im Rahmen der Beurteilung nach dem Heilpraktikergesetz also insgesamt von der Zielgruppe der erkrankten Personen.

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Die so verstandene selbständige Tätigkeit der Klägerin verstößt gegen das HPG solange keine Heilpraktikererlaubnis vorliegt.

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Das Gericht nimmt hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in dem Urteil vom gleichen Tage in der Parallelsache 5 A 102/04 ( veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. Oberverwaltungsgerichts im Internet) Bezug.

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Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 GKG (in der bis zum 30.06.2004 geltenden Fassung) i.V.m. Nr. 14.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

49

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Schlingmann-Wendenburg
Düfer
RiLSG Hachmann, der an der Entscheidung mitgewirkt hat, ist an der Unterschrift gehindert.