Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.09.2000, Az.: 5 K 740/98
Pauschalierter Vorsteuerabzug bei Dienstreisen und Geschäftsreisen
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 07.09.2000
- Aktenzeichen
- 5 K 740/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 14403
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2000:0907.5K740.98.0A
Fundstellen
- EFG 2001, 174-176 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- NWB DokSt 2001, 462-463
- SteuerBriefe 2001, 455-457
- UStB 2001, 108
Tatbestand
Die Klägerin betreibt ein Personalleasing- und Industriemontageunternehmen.
Im Streitjahr lieh sie im Wesentlichen Arbeitnehmer an andere Unternehmen zur Installation von Elektroanlagen für fremde Industrieunternehmen aus. Die ausgeliehenen Arbeitnehmer waren mehrere Wochen oder Monate für das Auftragsunternehmen tätig. Sie begaben sich nach Auftragserteilung von ihrer Wohnung zu ihrem Beschäftigungsort des Auftragsunternehmens und waren in der Regel an ihrem Tätigkeitsort untergebracht. Nur wenn der Tätigkeitsort zeitnah von ihrer Wohnung aus erreichbar war, fuhren sie täglich von ihrer Wohnung zum Beschäftigungsort.
In den Fällen, in denen die Arbeitnehmer regelmäßig zu ihrer Wohnung zurückkehrten, erstattete ihnen die Klägerin Verpflegungsmehraufwendungen und Fahrtkosten. Im Falle der Unterbringung am Beschäftigungsort zahlte die Klägerin ihnen die durch die Unterbringung notwendig gewordenen Kosten für Übernachtung und Verpflegung, sowie Aufwendungen für Wochenendheimfahrten. Insgesamt erstattete die Klägerin ihren Arbeitnehmern nach den lohnsteuerlichen Beträgen Fahrtkosten für Einsatzwechseltätigkeiten in Höhe von ... DM und für Verpflegungsmehraufwendungen im Rahmen von Einsatzwechseltätigkeiten in Höhe von ... DM. Daneben erstattete die Klägerin ihren Arbeitnehmern im Rahmen doppelter Haushaltsführung Kosten für Heimfahrten in Höhe von insgesamt ... DM und für Übernachtungen und Mehraufwendungen für Verpflegung in Höhe von insgesamt ... DM.
In ihrer Umsatzsteuererklärung machte die Klägerin pauschalierte Vorsteuern aus diesen Kosten nicht geltend. Mit einem nachfolgenden Änderungsantrag beantragte die Klägerin pauschalierte Vorsteuern aus Erstattungen an Arbeitnehmer im Rahmen doppelter Haushaltsführung. Dies lehnte der Beklagte ab. Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolglos. Hiergegen richtet sich u.a. die Klage.
Mit der Klage macht die Klägerin pauschalierte Vorsteuern aus Erstattungen an Arbeitnehmer im Rahmen von Einsatzwechseltätigkeiten und aus Erstattungen an Arbeitnehmer im Rahmen doppelter Haushaltsführung geltend. Die Klägerin meint, ihr stünden pauschalierte Vorsteuern aus Kosten im Rahmen von Einsatzwechseltätigkeiten und doppelter Haushaltsführung grundsätzlich zu, weil auch der Unternehmer, wenn er die Arbeiten selbst vornehmen würde, entsprechende Vorsteuern aus Verpflegungsmehraufwendungen und Fahrtkosten abziehen könnte. Gleiches müsse daher für den Fall gelten, dass diese Kosten bei Arbeitnehmern angefallen seien. Die rechtliche Grundlage hierfür ergebe sich aus Art. 17 Abs. 2 a der 6. EG-Richtlinie. Sie folge ferner aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, der dem Gesetzgeber aufgegeben habe, das steuerliche Dienstreiserecht zu ändern und die Unterscheide zwischen Dienstreise, Dienstgang, Einsatzwechseltätigkeit und Fahrtätigkeit zugunsten einer einheitlichen Regelung über Auswärtstätigkeit aufzugeben. Dieser Vorgabe sei der Gesetzgeber ab 1996 ertragsteuerlich gefolgt. Damit sei auch der umsatzsteuerrechtlichen Differenzierung der Boden entzogen. Da der Gesetzgeber lediglich versäumt habe, die Regelungen in den Umsatzsteuerdurchführungsverordnungen entsprechend zu ändern, müsse eine Anpassung im Wege der Auslegung erfolgen. Damit entfalle auch eine Differenzierung des pauschalierten Vorsteuerabzugs in Bezug auf Kosten aus Erstattungen an Arbeitnehmer im Rahmen doppelter Haushaltsführung, so dass auch hierfür pauschalierte Vorsteuern zu gewähren seien. Berücksichtige man diese Entwicklung nicht, läge ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) vor.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten zu verpflichten, den Umsatzsteuerbescheid 1996 dahingehend zu ändern, dass Vorsteuern in Höhe von insgesamt ... DM anerkannt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte meint, die Voraussetzungen für den pauschalierten Vorsteuerabzug lägen bei der Erstattung von Kosten des Unternehmers für Einsatzwechseltätigkeiten und doppelter Haushaltsführung seiner Arbeitnehmer nicht vor.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Finanzgerichtsakte verwiesen. Dem Gericht haben die Steuerakten zu Steuernummer ... vorgelegen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 UStDV 93 kann ein Unternehmer, der seinem Arbeitnehmer aus Anlass einer Dienstreise im Erhebungsgebiet die Aufwendungen nach Pauschbeträgen erstattet, hieraus pauschale Vorsteuern abziehen. Nach § 38 Satz 1 UStDV 93 ist bei Anwendung der Vorschrift der §§ 36 und 37 UStDV 93 der Begriff der Dienstreise nach den für die Lohnsteuer geltenden Merkmalen abzugrenzen. Der Begriff der Dienstreise ist in der Rechtsprechung geklärt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH setzt eine Dienstreise voraus, dass eine von der tatsächlichen Arbeitsstätte abweichende regelmäßige Arbeitsstätte vorhanden ist (BFH, Urteil vom 28. September 1990 VI R 98/95, 100/99, BStBl II 1991, 363 m.w.N.). Sogenannte "Einsatzwechseltätigkeiten", bei denen die jeweils wechselnde Tätigkeitsstelle des Arbeitnehmers die regelmäßige Arbeitsstätte ist, fallen damit nicht unter den Dienstreisebegriff. Ebensowenig fällt eine doppelte Haushaltsführung darunter (vgl. Hund-Esswein, in: Offehaus/Söhn/Lange, Umsatzsteuer, § 16 Rd. 430 m.w.N.; Wagner, in: Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuer, § 15 Rd. 150 m.w.N.). Da die von der Klägerin an ihre Arbeitnehmer gezahlten Erstattungen unstreitig nicht im Rahmen von Dienstreisen erfolgten, liegen die Voraussetzungen für den pauschalierten Vorsteuerabzug nicht vor.
Hieran hat sich durch die Änderung des Einkommensteuergesetzes 1996 (§ 52 Abs. 1 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11.10.1995 (Bundesgesetzblatt I 1995, 1959 - nachfolgend als Einkommensteuergesetz 1996 - EStG 1996 - bezeichnet) nichts geändert. Die Gesetzesänderung beruht u.a. auf der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes. Dieser hatte der Bundesregierung aufgegeben, den pauschalen Werbungskosten- und Betriebsausgabenabzug und den steuerfreien Ersatz von Verpflegungsmehraufwendungen nach Lohnsteuerrichtlinien - LStR - (Abschnitte 39 und 43) in Verbindung mit den Einkommensteuerrichtlinien - EStR - (Abschnitt 23) für Dienst-, Geschäftsreisen, Fahr- und Einsatzwechseltätigkeiten sowie doppelte Haushaltsführung dem Grunde und der Höhe nach neu zu regeln (BFHE 174, 69 und 169, BStBl II 94, 532 und 534; BFHE 175, 548, BStBl II 1995, 184; zur Übergangsregelung BMF BStBl I 1994, 454). Dieser Aufforderung ist der Gesetzgeber mit den im EStG 1996 vorgenommenen Änderungen nachgekommen. Dem Grunde nach entfällt danach ertragsteuerlich u.a. die bisherige Abgrenzung nach Art der beruflichen Veranlassung.
Gleichwohl ist durch die Änderung des Einkommensteuergesetzes 1996 die Begrifflichkeit von Geschäfts- oder Dienstreisen, Einsatzwechseltätigkeiten und doppelter Haushaltsführung nicht geändert worden. Die abzugsfähigen Beträge sind zwar vereinheitlicht worden. Der Gesetzgeber geht aber auch im Ertragsteuerrecht weiterhin davon aus, dass hinsichtlich der unterschiedlichen Begriffe unterschiedlich zu bewertende Sachverhalte vorliegen. Denn § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG unterscheidet in Satz 3 in der Definition ausdrücklich die Tätigkeit an wechselnden Tätigkeitsstätten von den in Satz 2 dargestellten Dienstreisen. § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG gilt für die Tätigkeit an wechselnden Tätigkeitsstätten daher auch nur "entsprechend." Auch der Begriff der doppelten Haushaltsführung ist hiervon gesondert definiert beibehalten worden (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Diese differenzierte Begrifflichkeit gilt damit auch weiterhin im Rahmen der Verweisung und Bezugnahme der §§ 36 ff. UStDV auf das Ertragsteuerrecht.
Selbst wenn man davon ausginge, dass ertragsteuerlich der unterschiedenen Begrifflichkeit ein einheitlicher Sachverhalt zu Grunde läge, hätte dies keine Konsequenzen für die Gewährung des pauschalierten Vorsteuerabzugs. Denn die Voraussetzungen für die Gewährung von pauschalierten Vorsteuern richten sich ausschließlich nach dem Umsatzsteuerrecht. Danach werden pauschalierte Vorsteuern nur für Dienst- und Geschäftsreisen gewährt. Einsatzwechseltätigkeiten sowie doppelte Haushaltsführung werden durch die Regelungen der §§ 36 ff. UStDV nicht begünstigt. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Änderungen im Ertragsteuerrecht eine umsatzsteuerrechtliche Anpassung auch nicht lediglich versäumt - wie der Kläger meint. Denn wenn er eine entsprechende Änderung beabsichtigt hätte, hätte er diese spätestens bei der zum 01.01.1997 vorgenommenen Änderung des § 38 Satz 2 UStDV berücksichtigen können. Da er dies nicht getan hat, kann ein Versäumnis des Gesetzgebers nicht unterstellt werden.
Diese Rechtsansicht wird durch die Rechtsprechung des für das Umsatzsteuerrecht zuständigen V. Senats des BFH bestätigt. Dieser hat sich ausdrücklich mit den Tendenzen der Rechtsprechung zum Ertragsteuerrecht auseinandergesetzt und klargestellt, dass es auf die Begrifflichkeit ankomme, diese sich umsatzsteuerrechtlich nicht geändert habe und eine erneute Definition im Sinne von §§ 36, 38 UStDV 1980 nicht erforderlich sei (BFH, Beschluss vom 27. Oktober 1997 V B 151/96, BFH/NV 1998, 231 f.). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat insbesondere auch aus folgenden rechtssystematischen Überlegungen an.
Der Gesetzgeber lässt einen Vorsteuerabzug grundsätzlich nur zu, wenn der Unternehmer über ein den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) entsprechenden Beleg verfügt. Ein pauschaler Vorsteuerabzug ist demgegenüber nach § 15 Abs. 8 Nr. 4 UStG nur im Rahmen einer vom Bundesminister der Finanzen (BMF) mit Zustimmung des Bundesrates erlassenen Verordnung möglich. Der Gesetzgeber ist jedoch nach Artikel 80 Abs. 1 GG verpflichtet, Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz zu bestimmen. Dieser Verpflichtung ist der Gesetzgeber in der Ermächtigungsnorm des § 15 Abs. 8 Nr. 4 UStG u.a. dadurch nachgekommen, dass er die Bemessungsgrundlage für den pauschalierten Vorsteuerabzug auf Kosten begrenzt hat, die aus Anlass einer Geschäfts- oder Dienstreise entstanden sind. Bei Erlass der Ermächtigungsnorm hat der Gesetzgeber einen steuerrechtlich entwickelten Begriff der Geschäfts- und Dienstreise zugrunde gelegt, der Einsatzwechseltätigkeiten nicht beinhaltet. Der pauschale Vorsteuerabzug war unter Bezugnahme auf den ertragsteuerlichen Dienstreisebegriff bereits vor Einführung der Ermächtigungsnorm des § 15 Abs. 8 Nr. 4 UStG möglich.
Die Vorsteuerpauschalierung war zunächst in § 8 der ersten UStDV geregelt, der zuließ, dass der Unternehmer bei den Reisekostenbestandteilen, für die bei der Einkommensteuer oder der Lohnsteuer Pauschbeträge bestehen, die Vorsteuern auf der Grundlage dieser Beträge ermitteln konnte. § 8 der ersten UStDV ist durch die zweite Verordnung zur Änderung der ersten Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung vom 18. Februar 1971 (BGBl I 123, BStBl I 125) geändert worden. Die Änderung bestand vor allem darin, dass die im früheren § 8 Abs. 1 und 2 UStDV für bestimmte Reisekosten enthaltenen Pauschalmethoden zusammengefasst worden sind. Außerdem ist durch die Änderungsverordnung vom 18. Februar 1971 die Vorschrift des § 8 a in der ersten UStDV eingefügt worden. Nach ihr konnten die gesamten Vorsteuern aus den Reisekosten mit einem einheitlichen Pauschsatz berechnet werden. Lohnsteuerrechtlich ging man bis 1972 davon aus, dass auch Arbeitnehmer, die bei ihrer individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Einsatztätigkeiten eingesetzt werden (z.B. Bau- und Montagearbeiter), ebenso wie andere außerhalb des Betriebes tätige Arbeitnehmer auf Dienstreise seien, wenn sie außerhalb des Ortes tätig werden, indem sich ihre regelmäßige Arbeitsstätte befindet (Ort des Betriebes oder der Niederlassung), oder wenn sie zwar am selben Ort, aber in einer Entfernung von mindestens 5 km vom Betrieb bzw. der Niederlassung tätig werden (vgl. Abschnitt 21 Abs. 1 der Lohnsteuerrichtlinien in der Fassung vor 1972). Dem ist der BFH mit seinem Urteil vom 5. November 1971 (Az.: VI R 184/69, BStBl II 1972, 130 ff.) entgegengetreten. Der BFH hat entschieden, dass die Anwendung der lohnsteuerrechtlichen Reisekostenpauschbeträge voraussetzt, dass eine von der tatsächlichen Arbeitsstätte abweichende regelmäßige Arbeitsstätte vorhanden ist und bei Arbeitnehmern, die auf auswärtigen Bau- und Montagestellen tätig sind, der Firmensitz nicht als regelmäßige Arbeitsstätte angesehen werden kann. Arbeitnehmern, die auf ständig wechselnden Arbeitsstätten beschäftigt sind, stehen deshalb die Reisekostenpauschbeträge nach den Lohnsteuerrichtlinien nicht zu.
Dementsprechend hat die Finanzverwaltung den Dienstreisebegriff in den Lohnsteuerrichtlinien 1972 neu gefasst (vgl. Abschnitt 21 Abs. 2 der Lohnsteuerrichtlinien 1972). Danach haben Arbeitnehmer mit ständig wechselnden Einsatzstellen ihre regelmäßige Arbeitsstätte grundsätzlich nicht mehr im Betrieb oder in der Niederlassung (vgl. Abschnitt 25 Abs. 2 der Lohnsteuerrichtlinien in der Fassung von 1975 bis 1989). In der steuerrechtlichen Begriffsbildung wird folglich seit 1972 zwischen Dienstreisen und Tätigkeiten mit ständig wechselnden Einsatzstellen (Einsatzwechseltätigkeiten) klar unterschieden. Abgrenzungskriterium ist das für eine Dienstreise erforderliche Merkmal, dass eine von der tatsächlichen Arbeitsstätte abweichende regelmäßige Arbeitsstätte vorhanden ist.
Der Neufassung des UStG 1980 vom 26. November 1979 (BStBl I 1979, Seite 654 ff.) lag diese, den Dienstreisebegriff ausdifferenzierende Begriffsbildung zugrunde. Auf der Grundlage dieser Definition des Dienstreisebegriffs werden daher die Grenzen der neu erfassten Ermächtigungsnorm des § 15 Abs. 8 Nr. 4 UStG bestimmt. Demgemäß gilt ein entsprechender Dienstreisebegriff des neu eingeführten § 38 UStDV 1980 für die den § 8 der ersten UStDV ablösenden §§ 36 und 37 UStDV 1980. Die doppelte Haushaltsführung ist von den Regelungen des pauschalierten Vorsteuerabzugs zu keiner Zeit erfasst gewesen. Zwar läge aufgrund der Änderung des EStG 96 im Falle einer Vereinheitlichung der Begrifflichkeit durch ein Gesetz ein Verstoß gegen die Ermächtigungsnorm und damit gegen Artikel 80 Grundgesetz - GG - nicht vor, weil die Änderung durch die Legislative und nicht durch die Exekutive erfolgte. Eine entsprechende Vereinheitlichung hat der Gesetzgeber - wie dargelegt - aber gerade nicht vorgenommen.
Darüber hinaus kann eine Begriffsänderung zum Ertragsteuerrecht auf das Umsatzsteuerrecht auch deshalb keine Folgewirkung haben, weil die Zielrichtung des Ertragsteuerrechts und des Umsatzsteuerrechts wesentlich verschieden ist. In der Rechtsprechung zum Ertragsteuerrecht geht es im Kern darum, dass der im Interesse eines möglichst gleichmäßigen und effektiven Gesetzesvollzugs von der Finanzverwaltung durch typisierende Pauschalen für bestimmte Fallgruppen der Höhe nach festgelegt und zum Werbungskostenabzug führende Verpflegungsmehraufwand von den Gerichten grundsätzlich anzuerkennen ist und dass eine Korrektur dieser Pauschalen durch den Gedanken der offensichtlichen unzutreffenden Besteuerung nur auf Ausnahmefälle beschränkt bleibt (vgl. BFH, Urteil vom 26. Januar 1994 VI R 118/89, BStBl II 1994, 529 [530]). Bezugspunkt für die ertragsteuerliche Rechtsprechung ist also der Werbungskostenabzug von Arbeitnehmern und die Korrektur von Ausnahmefällen. Demgegenüber geht es im Umsatzsteuerrecht um den pauschalierten Vorsteuerabzug des Unternehmers "aus Gründen gleicher Wettbewerbsverhältnisse" (§ 15 Abs. 8 Nr. 4 UStG), wobei es dem Unternehmer unbenommen bleibt, seine Vorsteuern durch Einzelbelege nachzuweisen.
Ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt gleicher Wettbewerbsverhältnisse liegt nicht vor. Durch die rechtliche Definition, wonach eine Dienstreise voraussetzt, dass eine von der tatsächlichen Arbeitsstätte abweichende regelmäßige Arbeitsstätte vorhanden ist, ist eine hinreichende Abgrenzung zu Einsatzwechseltätigkeiten getroffen, die dadurch bestimmt sind, dass eine entsprechende regelmäßige Arbeitsstätte nicht vorhanden ist. Dieses Differenzierungskriterium ist bestimmend dafür, ob ein pauschaler Vorsteuerabzug möglich ist oder nicht. Danach kann jeder Unternehmer, dessen Arbeitnehmer Dienstreisen durchführen, den pauschalen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Alle Unternehmer, deren Arbeitnehmer Einsatzwechseltätigkeiten ausführen, können diesen pauschalen Vorsteuerabzug nicht in Anspruch nehmen. Eine Ungleichbehandlung derjenigen Unternehmer, deren Arbeitnehmer Einsatzwechseltätigkeiten ausüben gegenüber den Unternehmern, deren Arbeitnehmer Dienstreisetätigkeiten ausüben, sieht der erkennende Senat nicht, da - wie dargelegt - insoweit ein hinreichendes Differenzierungskriterium vorliegt.
Auch ein Verstoß gegen EG-Recht liegt nicht vor. Insbesondere stehen die deutschen Regelungen zum Vorsteuerabzug nicht im Widerspruch zu Artikel 17 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinien. Danach haben die Mitgliedstaaten zunächst alle Ausschlüsse vom Vorsteuerabzug beibehalten können, die in den in ihren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der 6. EG-Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschrift vorgesehen gewesen sind. Die Klägerin ist aber ebensowenig wie andere Steuerpflichtige, die Arbeitnehmer in Einsatzwechseltätigkeit beschäftigen, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Sofern andere Unternehmer Leistungen an die Klägerin im Zusammenhang mit der Einsatzwechseltätigkeit ihrer Arbeitnehmer erbringen und der Klägerin hierüber Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis ausstellen, besteht für sie der allgemeine Zugang zum Vorsteuerabzug über § 15 Abs. 1 UStG. Die Regelungen über den pauschalierten Vorsteuerabzug in §§ 36 ff. UStDV 93 stellen keinen Ausschluss vom Vorsteuerabzug für die davon nicht betroffenen Einsatzwechseltätigkeiten, sondern eine verfahrensrechtliche Vergünstigung für die von den Regelungen erfassten Dienstreisen dar. Die 6. EG-Richtlinie sieht vom Grundsatz her in Artikel 18 Abs. 1 Buchstabe a den Vorsteuerabzug nur für Leistungsbezüge vor, über die eine Rechnung vorliegt. Art. 18 Abs. 3 a der 6. EG-Richtlinie ermächtigt die Mitgliedstaaten, hiervon Ausnahmen zu erlassen, deren Bedingungen und Anwendungsmodalitäten sie selbst festlegen. Ein etwaiger Verstoß gegen gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen könnte daher allenfalls zur Unanwendbarkeit der §§ 36 ff. UStDV 93 führen, nicht aber zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs dieser Vorschriften auf weitere Steuerpflichtige. Aufgrund dieser Rechtslage ist weder die Revision zuzulassen noch die Sache dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen (BFH, Beschluss vom 17. Februar 2000 V B 144/99 n.V.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.