Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.09.2000, Az.: 10 K 266/96

Spekulationsgewinn bei Verkauf eines selbstgenutzten Einfamilienhauses; keine Steuerfreiheit wegen Änderung des Gesetzes ab Veranlagungszeitraum 1999

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
28.09.2000
Aktenzeichen
10 K 266/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 35736
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2000:0928.10K266.96.0A

Fundstellen

  • DStRE 2001, 695-697 (Volltext mit amtl. LS)
  • EFG 2001, 750-752 (Volltext mit red. LS u. Anm.)

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Spekulationsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist ein Veräußerungsgeschäft, bei dem bei der Veräußerung von Grundstücken der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung des Wirtschaftsgutes nicht mehr als 2 Jahre beträgt. Das Anschaffungsgeschäft ist identisch mit dem obligatorischen, notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag.

  2. 2.

    Das Motiv zur Veräußerung des Grundstücks ist ohne Bedeutung, sofern die Veräußerung nicht unter Zwang erfolgt. Eine Versetzung begründet keinen Zwang, da es dem Arbeitnehmer i.d.R. freisteht, statt des Verkaufs ein Haus im Wege der Fremdvermietung zu nutzen.

  3. 3.

    Der Umstand, dass der Gesetzgeber seit dem VZ 1999 den Verkauf von selbstgenutztem Wohnungseigentum von der Besteuerung ausnimmt, ändert daran nichts. Diese Ausnahmeregelung ist ausschließlich im Zusammenhang mit der durch die Gesetzesänderung verlängerten Spekulationsfrist von 10 Jahren und der eingeschränkten steuerlichen Förderung von selbstgenutztem Wohneigentum zu sehen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob und in welcher Höhe die Kläger bei der Veräußerung ihres selbstgenutzten Einfamilienhauses einen Spekulationsgewinn erzielt haben.

2

Die Kläger erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im März 1993 erwarben sie für ______ DM ein Haus in der Nähe von B., welches sie bereits seit 1987 als Mieter bewohnten. Nachdem die Kläger im September 1993 nach H. versetzt wurden, verkauften sie das Haus im Februar 1994 für _______ DM. Zuvor erwarben sie im September 1993 in der Nähe von H. ein Einfamilienhaus für _______ DM.

3

Das beklagte Finanzamt (FA) errechnete aus dem Verkauf des ersten Hauses unter Berücksichtigung weiterer nachgewiesener Kosten einen Gewinn in Höhe von _______ DM, den es als Spekulationsgewinn der Besteuerung unterwarf.

4

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren begehren die Kläger, den bei dem Verkauf des Hauses erzielten Mehrerlös nicht als Spekulationsgewinn zu berücksichtigen.

5

Die Kläger sind der Ansicht, die Spekulationsfrist sei zum Zeitpunkt der Veräußerung bereits abgelaufen gewesen. Das Datum des Kaufvertrages sei in ihrem Fall nicht maßgeblich, da bereits Jahre vorher ganz allgemein mit der Verkäuferin der Verkauf vereinbart gewesen sei und beide Vertragsparteien sich an diese Vereinbarung gebunden gefühlt hätten. Die ehemalige Eigentümerin, die auch ihre Vermieterin gewesen sei, habe ihnen schon bald nach dem Einzug zugesagt, dass sie das Haus kaufen könnten, sobald ein Verkauf möglich sei. Lediglich zur Absicherung dieser Zusage habe die ehemalige Eigentümerin ihnen dann im Jahr 1989 ein notariell beurkundetes Vorkaufsrecht eingeräumt. Die gesamten Umstände, nämlich die einem Vorvertrag gleichzustellende Absprache mit der Vermieterin zusammen mit dem notariellen Vorkaufsrecht und dem Mietvertrag habe ihnen gegenüber der Voreigentümerin eine derart gesicherte Rechtsposition vermittelt, dass diese wirtschaftlichem Eigentum gleichzustellen sei. Aufgrund dieser Umstände sei nicht der Kaufvertrag, sondern bereits der Vertrag über die Einräumung des Vorkaufsrechts das maßgebliche Datum für die Berechnung der Spekulationsfrist.

6

Der gegenüber dem damaligen Kaufpreis erzielte Mehrpreis sei auch kein Gewinn, da die Anschaffungskosten tatsächlich mehr als vertraglich vereinbarten Kaufpreis betragen hätten. Im Hinblick auf den späteren Erwerb sei von ihnen in den Jahren vor Abschluss des Kaufvertrages bereits erheblich in das Haus investiert worden. Die Höhe der Investitionen habe etwa ______ DM betragen. Es seien keine Belege mehr vorhanden, die Voreigentümerin könne das aber bestätigen. Diese Investitionen, die im Kaufpreis nicht berücksichtigt seien, seien den Anschaffungskosten hinzuzurechnen, da es sich insoweit um eine Aufrechnung gegenseitiger Ansprüche handele. Das Haus habe zum Zeitpunkt des Kaufs einen höheren Wert gehabt, der Mehrertrag beruhe somit nicht auf einem Wertzuwachs.

7

Die Kläger meinen weiterhin, die Vorschrift sei auf ihren Fall nicht anwendbar, weil der An- und Verkauf des Hauses in B. nicht aus spekulativen Gründen, sondern ausschließlich wegen der vom Dienstherrn angeordneten Versetzung erfolgt sei. Es habe sich um eine Veräußerung unter Zwang gehandelt, denn die finanzielle Situation der Kläger habe es nicht zugelassen, das Haus zu halten. Der Verkauf sei erforderlich geworden, um den Erwerb des anderen Hauses zu ermöglichen, das aufgrund der örtlichen Gegebenheiten erheblich teurer als das alte Haus gewesen sei. Dieser wirtschaftliche Zwang sei ebenso beachtlich wie eine Zwangslage, die sich aus rechtlichen Gründen ergebe. Eine unterschiedliche Behandlung wirtschaftlicher und rechtlicher Zwangslagen sei in der heutigen Zeit nicht mehr gerechtfertigt.

8

Die Kläger beantragen,

  1. den Einkommensteuerbescheid 1994 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom ____ zu ändern und die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung sonstiger Einkünfte in Höhe von ______ DM festzusetzen.

9

Das Finanzamt beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

10

Das FA ist der Ansicht, die Einräumung des Vorkaufsrechts habe für die Kläger nicht zu wirtschaftlichem Eigentum geführt. Die Einräumung eines Vorkaufsrechts sei mit einem Grundstücksvorvertrag nicht vergleichbar, da dieser nicht beide Seiten gleichermaßen gebunden habe. Daher sei das Datum des Kaufvertrages maßgeblich, mit der Folge, dass der Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist erfolgt sei.

11

Eine Veräußerung unter Zwang sei nicht anzunehmen, da eine Versetzung nicht zwangsläufig die Veräußerung von Grundvermögen nach sich ziehe und die Veräußerung des Hauses daher nicht auf einer unmittelbaren Zwangslage beruhe.

12

Die Aufwendungen, die die Kläger vor dem Kauf des Hauses getätigt hätten, seien keine Anschaffungskosten, daher sei eine Berücksichtigung nicht möglich.

13

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Steuerakte Bezug genommen.

Gründe

14

Die Klage ist unbegründet.

15

Der aus dem Verkauf des Hauses erzielte Gewinn in Höhe von ________ DM ist als Spekulationsgewinn gemäß §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1a Einkommensteuergesetz (E StG) zu versteuern. Das FA hat den in der angefochtenen Steuerfestsetzung erfassten An- und Verkauf des Hauses dem Grunde und auch der Höhe nach zutreffend als Spekulationsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1a EStG erfasst.

16

Spekulationsgeschäfte im Sinne dieser Vorschrift (in der im Streitjahr gültigen Fassung) sind Veräußerungsgeschäfte, bei denen bei der Veräußerung von Grundstücken der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung dieses Wirtschaftsgutes nicht mehr als zwei Jahre beträgt. Die Spekulationsfrist beginnt daher nach dem Wortlaut dieser Regelung mit dem Anschaffungsgeschäft des Grundstücksveräußerers. Das Anschaffungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist im Regelfall identisch mit dem obligatorischen, notariell beurkundeten Kaufvertrag über das Grundstück. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn Verhältnisse vorliegen, die wirtschaftlich einem Kaufvertrag gleichstehen, weil z. B. der spätere Grundstücksveräußerer schon durch einen bindenden Vorvertrag einen rechtlichen Zugriff auf das konkrete spätere Spekulationsobjekt hat oder der Anbietende rechtlich nicht mehr in der Lage ist, von seinem Angebot zurückzutreten (Schmidt/Heinicke EStG § 23 Rz. 17, 18, BFH-Urteil vom 07.08.1970 VI R 166/67 , BStBl II 1970, 806).

17

Nach Maßgabe der schuldrechtlichen Verträge erfolgte der Ankauf mit Vertrag vom _____1993 und der Verkauf zum ______.1994, also innerhalb der Frist des § 23 EStG . Vor dem Abschluss des Kaufvertrages im Jahr 1993 war nach Auffassung des Senats keine Situation gegeben, aufgrund derer auf eine zeitliche, mehr als zwei Jahre vor dem Verkauf liegende, Vorverlegung des Anschaffungsgeschäfts geschlossen werden könnte. Es lagen vor diesem Zeitpunkt keine Verhältnisse vor, die wirtschaftlich mit einem Kaufvertrag gleichzusetzen gewesen wären.

18

Die Vertragsparteien hatten vor dem Erwerb des Grundstücks keinen notariell beglaubigten Vorvertrag geschlossen. Zwar haben sich die Kläger eine mündlich erteilte Zusage der Eigentümerin bezüglich eines späteren Erwerbs des Hauses im Jahr 1989 mit der Einräumung des Vorkaufsrechts absichern lassen. Insoweit bestand zwischen den Klägern und der Voreigentümerin ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis, da die Kläger auf einen Vertragsabschluss in Zukunft vertrauen durften. Dieses Vertrauensverhältnis hat jedoch keine rechtsgeschäftlich bindende Wirkung entfaltet, da weder die Kläger noch die Voreigentümerin zum Abschluss eines hinreichend bestimmten Vertrages verpflichtet wurden.

19

Das Vorkaufsrecht selbst (§ 504 ff, 1094 ff Bürgerliches GesetzbuchBGB -) begründet lediglich das Recht, in einen wirksam geschlossenen Kaufvertrag, der zwischen dem Vertragspartner und einem Dritten geschlossen wurde, einzutreten. Der Kauf kommt erst mit der Ausübung des Vorkaufsrechts zustande, erst dann entsteht auch ein gegenüber dem Dritten wirkender Anspruch auf Eigentumsübertragung. Sofern der Vorkaufsberechtigte sein Recht nicht ausübt, hat er auch keine Verpflichtung gegenüber dem Verkäufer. Daher führt die Einräumung eines Vorkaufsrechts auch nicht zu einer so starken Bindung , dass diese einem Kaufvertrag gleichsteht und als Anschaffung im Sinne des § 23 EStG gewertet werden kann (vgl. für den Fall der Veräußerung: BFH-Urteil vom 19.10.1971 VIII R 84/71 , BStBl II 1972, 452).

20

Auch in Verbindung mit der mündlichen Zusage und dem Mietvertrag hat das Vorkaufsrecht keine Wirkung dahingehend entfaltet, dass auf diese Weise wirtschaftliches Eigentum begründet wurde, d. h. eine Situation geschaffen wurde, in der sich die Kläger bereits als Erwerber des Grundstücks hätten betrachten können. Wirtschaftsgüter sind einem anderen als dem rechtlichen Eigentümer nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) nur dann zuzurechnen, wenn der andere die tatsächliche Herrschaft hierüber in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf dieses Wirtschaftsgut ausschließen kann.

21

Das ist erst dann der Fall, wenn dem Eigentümer kein oder nur ein praktisch bedeutungsloser Herausgabeanspruch zusteht (B FH-Urteil vom 20.09.1989 X R 140/87 , BStBl II 1990, 368 [BFH 20.09.1989 - X R 140/87]). Hieran fehlt es. Die Zusage der Voreigentümerin ist entgegen der Ansicht der Kläger nicht mit einem bindenden, unwiderruflichen Angebot, das nur noch angenommen werden muss, und deshalb einem Verkaufsvertrag gleichgestellt werden kann, vergleichbar. Aus der Zusage konnten die Kläger schon deshalb keine Rechte herleiten, weil auch ein Zwang, der zu der Verpflichtung führen soll, ein Grundstück zu übertragen, wie ein Vorvertrag oder die Abgabe eines Angebots zum Verkauf nach § 313 BGB der notariellen Beurkundung bedarf. Ein Einspruch auf Übertragung besteht bei fehlender Beurkundung nicht. Zudem waren die Vereinbarungen zwischen der Voreigentümerin und den Klägern inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, da nicht alle rechtserheblichen Vertragsbestandteile, die z. B. in einem Angebot, das bindende Wirkung entfalten soll, enthalten sein müssen (Erman-Hefermehl, Kommentar zum BGB § 145 Rz. 2), zwischen den Beteiligten geklärt waren. Zwar waren sich die Käufer mit der Eigentümerin über das Kaufobjekt einig. Ob vor dem Jahr 1993 auch über den Preis des Hauses Einigung erzielt worden war, hat der Senat jedoch nicht zu seiner Überzeugung feststellen können. Der Kaufpreis ist jedoch wesentliches Merkmal eines Vertrages und damit auch eines Vertragsangebotes. Angaben hierzu sind unerlässlich, wenn ein Angebot bindende Wirkung entfalten soll. Insoweit haben die Kläger mit der Voreigentümerin jedoch keine Vereinbarungen getroffen. Da die Kläger zudem auf eigene Kosten in den Jahren zwischen der Einräumung des Vorkaufsrechts und dem Abschluss des notariell beglaubigten Kaufvertrages verschiedene Maßnahmen an dem Haus durchgeführt haben, die unter Umständen auch eine Wertänderung zur Folge haben konnten, ist davon ausgehen, dass der Verkaufspreis vor dem Zeitpunkt des tatsächlichen Verkaufs im Jahr 1993 noch nicht feststand. Daher war der spätere Kaufvertrag entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht nur noch als juristische Formalität ohne wirtschaftliche Eigenbedeutung zu bewerten.

22

Es kommt nicht darauf an, ob der Verkauf des Hauses aus spekulativen oder aus anderen Gründen erfolgte, denn die Spekulationsabsicht ist kein Tatbestandsmerkmal des § 23 EStG (Schmidt/Heinicke EStG § 23 Rz. 35, Blümich-Glenk EStG § 23 Rz. 8; BFH-Urteil vom 29.08.1969 VI R 319/67 , BStBl II 1969, 705).

23

Der Veräußerungsgrund ist ohne Bedeutung, sofern die Veräußerung nicht unter Zwang erfolgte. Eine Veräußerung unter Zwang ist jedoch nicht anzunehmen. Eine Veräußerung unter Zwang ist dadurch gekennzeichnet, dass der Steuerpflichtige aus rechtlichen Gründen gezwungen ist, ein Wirtschaftsgut durch ein anderes zu ersetzen und die Möglichkeit einer freien Willensbildung hierbei ausgeschlossen ist (Schmidt/Heinicke EStG § 23 Rz. 36, 37). Entsprechend ist die Anschaffung eines funktionsähnlichen Wirtschaftsguts nicht ausreichend, wenn die Veräußerung nicht auf einer unmittelbaren rechtlichen Zwangslage (z. B. drohende Enteignung) beruht, da wirtschaftliche Gründe allein nicht ausreichend sind (B FH-Urteil vom 07.12.1976 VIII R 134/71 , BStBl II 1977, 209 , Jacobs-Soyka in Littmann/Bitz/Hellwig, EStG § 23 Rz. 86). Zwar ist die Vorgehensweise der Kläger wirtschaftlich nachvollziehbar, denn die Kläger konnten sich nur auf diese Weise von den im Zusammenhang mit dem Erwerb des ersten Hauses eingegangenen finanziellen Verpflichtungen befreien. Da wirtschaftliche Erwägungen jedoch sind nicht maßgeblich sind (vgl. BFH-Urteil vom 07.12.1976 VIII R 134/71 , a.a.O.) und es einem Arbeitnehmer in der Regel frei steht, statt des Verkaufs das Haus im Wege der Fremdvermietung zu nutzen (vgl. zu Veräußerungsverlusten beim Verkauf eines Eigenheims BFH-Urteil vom 24.05.2000 VI R 28/97 , DStR 2000, 1469), ist die Möglichkeit der freien Willensbildung, d. h. die Erwägung anderer Alternativen nicht ausgeschlossen gewesen. Auch auf Zumutbarkeitserwägungen kommt es nicht an (B FH-Urteil vom 29.08.1969 VI R 319/67 , BStBl II 1969, 705).

24

Eine andere Beurteilung folgt nach Ansicht des Senats auch nicht daraus, dass der Gesetzgeber seit dem Veranlagungszeitraum 1999 den Verkauf von selbstgenutztem Wohneigentum von der Besteuerung ausnimmt. Die Einführung dieser Ausnahme, die nach der Gesetzesbegründung darauf abzielt, die berufliche Mobilität der Arbeitnehmer nicht zu behindern (Bundestags-Drucksache 14/23 vom 09.11.1998) ist ausschließlich im Zusammenhang mit der, durch die Gesetzesänderung erheblich verlängerten Spekulationsfrist von 10 Jahren und der stark eingeschränkten steuerlichen Förderung von selbstgenutzten Wohneigentum durch den Gesetzgeber zu sehen, welche die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns in einem solchen Fall als ungerechtfertigt erscheinen lässt. Bereits der Unterschied in der Dauer der zeitlichen Befristung lässt eine entsprechende Anwendung nicht zu.

25

Das FA hat den Spekulationsgewinn der Höhe nach zutreffend errechnet. Gemäß § 23 Abs. 3 EStG ist der Gewinn der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungskosten und den Werbungskosten andererseits.

26

Da der Begriff der Anschaffungskosten mit dem Begriff in § 6 Abs. 1 EStG identisch ist, kann auf die Grundsätze, die für § 6 Abs. 1 EStG gelten, zurückgegriffen werden. Anschaffungskosten sind alle Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben, d. h., um ein Wirtschaftsgut aus fremder in die eigene wirtschaftliche Verfügungsmacht zu überführen (B FH-Urteil vom 24.08.1995 IV R 27/94 , BStBl II 1995, 895 ; Blümich-Glenk EStG § 23 Rz. 152). Daher hat für die Zuordnung zu den Anschaffungskosten der Zweck einer Aufwendung entscheidende Bedeutung, zu den Anschaffungskosten sind daher nur die Aufwendungen zu rechnen, die auf die Anschaffung des Wirtschaftsgutes gerichtet sind (B FH-Urteil vom 13.10.1983 IV R 160/78 , BStBl II 1984, 101 ; Schmidt/Glanegger, EStG § 6 Rz. 81). Die vor dem Erwerb des Hauses getätigten Aufwendungen erfolgten zwar in der Erwartung, das Haus später einmal zu kaufen, sie waren jedoch weder vorrangig auf den Erwerb des Hauses ausgerichtet noch erforderlich und darauf ausgerichtet, das Gebäude in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Daher können diese Aufwendungen nicht den Anschaffungskosten zugerechnet werden und diese erhöhen.

27

Soweit die Kläger vortragen, dass das Haus einen höheren Wert gehabt habe und sie einen Preisnachlass erhalten hätten, führt dies zu keiner anderen Beurteilung, da für die Beurteilung der Höhe der Anschaffungskosten nicht auf den tatsächlichen Wert des Hauses, sondern nur auf die Aufwendungen, die tatsächlich auf den Erwerb des Hauses gerichtet sind, abzustellen ist.

28

Das Gericht konnte die Entscheidung ohne Vernehmung der von den Klägern benannten Zeugin treffen. Die Benennung dieser Zeugin ist als bloße Beweisanregung der Kläger zu werten, zumal das Gericht als wahr unterstellt, dass die Kläger die Maßnahmen auf eigene Kosten durchgeführt haben, die Kläger darüber hinaus aber kein konkretes Beweisthema angeführt haben (vgl. Tipke/Kruse, FGO § 81 Tz. 39). Aufgrund der Unbestimmtheit des Antrages ist nicht erkennbar, über welche weiteren Tatsachen Beweis erhoben werden soll und inwieweit die Vernehmung der Zeugin insoweit eine weitere Sachaufklärung zur Folge hätte. Die Anschaffungskosten sind daher in der im Kaufvertrag bezeichneten Höhe anzusetzen.

29

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 135 Abs. 1 FGO .

30

Nachdem der Gesetzgeber seit dem Veranlagungszeitraum 1999 den Verkauf von selbstgenutztem Wohneigentum innerhalb der Spekulationsfrist von der Besteuerung in der erklärten Absicht ausnimmt, die berufliche Mobilität der Arbeitnehmer nicht zu behindern, ist zur Klärung der Frage, ob der im Zusammenhang mit einem Arbeitsplatzwechsel erfolgte Verkauf von selbstgenutztem Wohneigentum innerhalb der Spekulationsfrist vor dem Jahr 1999 ebenfalls von der Besteuerung auszunehmen ist, wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen.