Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.09.2000, Az.: 5 K 671/96

Abtretungsanzeige als Wirksamkeitsvoraussetzung der Abtretung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
07.09.2000
Aktenzeichen
5 K 671/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 14402
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2000:0907.5K671.96.0A

Fundstellen

  • EFG 2001, 120-122 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
  • KKZ 2002, 199-201

Tatbestand

1

Der Kläger und seine Ehefrau waren zu 25 bzw. 75 % Gründer der mit Vertrag vom 28.08.1984 errichteten GmbH (GmbH) in Hildesheim. Der Gesellschaftszweck der GmbH bestand in dem Betrieb von Automatenaufstellplätzen und Spielhallen.

2

Mit notariellem Kaufvertrag eines schweizer Notars vom 01.06.1989 übertrugen der Kläger und seine Ehefrau ihre Gesellschaftsanteile an der GmbH auf die E-gesellschaft mbH (E-GmbH). Der Übertragungsvertrag enthielt in § 3 Abs. 5 unter anderem folgende Vereinbarung:

"Steuern für die zurückliegenden Geschäftsjahre und für die Zeit bis 31. Mai 1989 fallen, auch wenn sie erst später zutage treten, den Verkäufern zur Last.

Ferner tragen die Verkäufer das Prozessrisiko für anhängige oder noch anhängig werdende Prozesse, soweit diese Tatbestände betreffen, die bis zum 31. Mai 1989 verwirklicht sind. Insoweit stellen die Verkäufer die Käuferin von Aufwendungen frei. Andererseits stehen den Verkäufern die entsprechenden Erträge zu."

3

Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen.

4

Die E-GmbH führte ab Juni 1989 bis Oktober 1993 das Spielautomatengeschäft der GmbH unter eigenem Namen fort. Am 28.10.1993 wurde über ihr Vermögen das Konkursverfahren eröffnet.

5

Die GmbH versteuerte ihre Umsätze auf ihre Automatenumsätze bis zu ihrem Verkauf an die E-GmbH unter Anwendung eines Vervielfältigers entsprechend der damaligen Rechtslage. Nachdem der EuGH mit Urteil vom 05.05.1994 entschieden hatte, daß als umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage bei dem Betrieb von Geldspielautomaten nur der tatsächlich verbliebene Kasseninhalt zu Grunde zu legen sei, reichte die GmbH am 27.10.1994 bzw. 20.09.1995 geänderte Umsatzsteuererklärungen auf der Grundlage der EuGH-Entscheidung für die Jahre 1986 bis 1989 ein.

6

Das Finanzamt faßte die berichtigten Umsatzsteuererklärungen als Antrag auf Änderung der bisherigen Steuerfestsetzung auf und änderte die Steuerfestsetzungen für 1986 bis 1989 mit Bescheiden vom 17. bzw. 31.01.1996 entsprechend ab. Daraus ergaben sich Erstattungsbeträge für 1986 in Höhe von ... DM, für 1987 in Höhe von ... DM, für 1988 in Höhe von ... DM und für 1989 in Höhe von ... DM. Der Beklagte verrechnete die Erstattungsbeträge mit Steuerschulden der GmbH oder buchte sie auf sogenannte "Schwestergesellschaften" um.

7

Am 25.08.1994 gingen beim Finanzamt H und am 27.10.1994 beim Finanzamt D im Text teilweise abweichende Abtretungsanzeigen nach amtlichen Vordruck der Finanzverwaltung ein. Die Abtretungsanzeigen sind mit Datum jeweils vom 08.07.1994 von dem damaligen Geschäftsführer L, sowie von dem Kläger unterschrieben. L war aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 14.06.1994 im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Abtretungsurkunden Geschäftsführer der GmbH. In den Abtretungsanzeigen tritt die GmbH unter Angabe des voraussichtlichen Gesamtanspruchs in Höhe von 391.872,31 DM "Umsatzsteuer 1985-31.5.89" an den Kläger ab. Eine Aufteilung der Abtretungsbeträge nach Kalenderjahren ist den Abtretungsanzeigen als Anlage beigefügt. Die Abtretungsanzeige vom 25.08.1994 enthält als Abtretungsgrund nur den Hinweis auf die den Gesamtanspruch aufgliedernde Anlage. Die Abtretungsanzeige vom 27.10.1994 enthält als Abtretungsgrund den Hinweis: "Abtretung zahlungshalber: Zahlungen an früheren Anteilseigner infolge EUGH-Urt. v. 05.05.1994." Wegen der Einzelheiten wird auf die Abtretungsanzeigen verwiesen.

8

Der Beklagte lehnte mit Abrechnungsbescheid vom 05.03.1996 eine Erstattung der sich aufgrund der geänderten Steuerfestsetzungen ergebenden Umsatzsteuern an den Kläger ab. Den dagegen eingelegten Einspruch lehnte der Beklagte mit Einspruchsbescheid vom 19.06.1996 mit der Begründung ab, daß Zweifel an der Vertretungsbefugnis des seinerzeitigen Geschäftsführers L bestünden, die Abtretungsanzeige keinen Abtretungsgrund enthielte und wegen einer Vielzahl im Zusammenhang mit weiteren Gesellschaftsanteilsübertragungen erfolgter Abtretungen zugunsten des Klägers von einer unzulässigen geschäftsmäßigen Verwertung auszugehen sei. Hiergegen richtet sich die Klage.

9

Der Kläger macht geltend, die Erstattungsansprüche der GmbH seien wirksam an ihn abgetreten. Sie stünden ihm zu, da die vorgelegten Abtretungsurkunden nach amtlichen Vordruck alle Formerfordernisse enthielten. Die Bezugnahme auf die EuGH-Entscheidung, sowie auf den angegebenen Abtretungsgrund "zahlungshalber" mit Hinweis auf seine frühere Anteilseignerschaft sei für die Angabe des Abtretungsgrundes ausreichend. Im Wege der Auslegung sei zwingend zu folgern, daß die Umsatzsteuererstattungsansprüche den früheren Anteilseignern der GmbH zustünden, weil diese Ansprüche mit dem Geschäftsanteilsverkauf aus 1989 in Zusammenhang stünden. Unabhängig davon ergebe sich eine wirksame Abtretung bereits aus dem notariellen Kaufvertrag. Dieser enthalte in § 3 Abs. 5 alle nach § 46 AO geforderten Angaben. Die Vorlage eines amtlichen Vordrucks sei deshalb entbehrlich. Im übrigen liege eine geschäftsmäßige Verwertung nicht vor.

10

Der Kläger beantragt,

die Abrechnungsbescheide vom 5. März 1996 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 19. Juni 1996 betreffend die Umsatzsteuer 1989 bis 1989 der GmbH aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, an den Kläger ... DM auszuzahlen.

11

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

12

Der Beklagte verweist auf die Gründe seines Einspruchsbescheides und meint, es liege keine formwirksame Abtretung zugunsten des Klägers vor, da in den vorgelegten Abtretungsurkunden nach amtlichen Vordruck kein Abtretungsgrund angegeben und in dem Übertragungsvertrag eine Abtretung nicht vereinbart sei.

13

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Finanzgerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Steuerakten verwiesen.

Gründe

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Die Klage ist unbegründet.

15

Die GmbH war zwar bei Unterzeichnung der Abtretungsanzeigen wirksam durch L vertreten, weil er durch den Gesellschaftsbeschluß vom 14.06.1994 wirksam zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellten worden war. Die Abtretungsanzeige ist jedoch unwirksam, weil kein Abtretungsgrund angegeben ist.

16

Nach § 46 Abs.1 AO 1977 können Ansprüche auf Erstattung von Steuern abgetreten und verpfändet werden. Die Abtretung wird jedoch erst wirksam, wenn sie der Gläubiger in der in § 46 Abs.3 AO 1977 vorgeschriebenen Form der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehung des Anspruchs anzeigt (§ 46 Abs.2 AO 1977). Nach § 46 Abs.3 AO 1977 ist die Abtretung der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe des Abtretungsempfängers sowie der Art und Höhe des abgetretenen Anspruchs und des Abtretungsgrundes auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzuzeigen. Die Anzeige ist vom Abtretenden und vom Abtretungsempfänger zu unterschreiben (§ 46 Abs.3 Satz 2 AO 1977). Die in § 46 Abs.3 AO 1977 vorgeschriebene formalisierte Abtretungsanzeige soll die Abtretenden davor schützen, ihre Erstattungsansprüche unüberlegt, zu unangemessenen Bedingungen oder an unseriöse Zessionare abzutreten. Darüber hinaus soll die einheitliche Gestaltung des amtlichen Vordrucks dem FA die Bearbeitung der Erstattungsanträge erleichtern (Begründung der Bundesregierung zu Art. 2 zu Nr. 3 zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 27.11.1974, BT-Drucks. 7/2852, S. 47, BFH, Urteil vom 25. Juni 1985 VII R 195/82, BFHE 144, 2, 5, BStBl II 1985, 572 m.w.N.; BFH, Urteil vom 16. November 1993, Az: VII R 23/93, BFH/NV 94, 598 (600); Schutz- und Bearbeitungszweck, vgl. Tipke/Kruse, § 46 AO Tz 4a m.w.N.).

17

Die Abtretungsanzeige in der geforderten Form ist materielle Wirksamkeitsvoraussetzung und Tatbestandsmerkmal der Abtretung. Ohne sie liegt eine rechtswirksame Abtretung nicht vor, und zwar nicht nur gegenüber dem Steuergläubiger, sondern auch nicht im Verhältnis zwischen Abtretenden und Abtretungsempfänger (Bundesgerichthof - BGH -, Urteil vom 30. November 1977 VIII ZR 26/76, BGHZ 70, 75 (78); BFH, Urteil vom 06.02.1996 VII R 116/94, BStBl II 1996, 557; ebenso: Schwarz, Abgabenordnung, § 46 Anm. 12a; Boeker in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 46 AO 1977 Rdnr. 16). Denn nach der Rechtsprechung des BGH erweitert das Erfordernis der Anzeige den in § 398 BGB geregelten Tatbestand der Forderungsübertragung durch Abtretung für den dem öffentlichen Recht angehörenden Steuererstattungsanspruch.

18

Abtretungsanzeigen, die nicht in allen Einzelheiten der amtlich vorgeschriebenen Form entsprechen oder bei denen der amtliche Vordruck unvollständig oder fehlerhaft ausgefüllt worden ist, machen die Abtretung zwar nicht von vornherein unwirksam. Als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen sind sie vielmehr der Auslegung zugänglich. Die Auslegung hat sich jedoch an den vorstehend dargestellten Schutz- und Bearbeitungszwecken der Anzeige auszurichten, deren Erfüllung auch die formelle Wirksamkeit der Abtretungsanzeige bestimmt (BFH, Urteil vom 25.06.1985, a.a.O.; BFHE 162, 202, BStBl II 1991, 201 (202); Urteil vom 26.November 1982 VI R 205/81, BFHE 137, 150, BStBl II 1983, 123; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 46 AO 1977 Rz.18 und 20). Aus der Bindung an diese Auslegungsvorgaben folgt, daß der im Gesetz geforderte Abtretungsgrund in der Abtretungsanzeige klar und eindeutig anzugeben ist und es nicht ausreicht, wenn er sich nur aus den Gesamtumständen des Falles ermitteln lässt.

19

Der Senat folgt insofern nicht der in der Steuerrechtsliteratur vertretenen Auffassung, daß die Unwirksamkeitsfolge beim Fehlen des Abtretungsgrundes zu weitgehend sei (so Schwarz, Kommentar zur Abgabenordnung, § 46 AO, Rdn. 12a), es genüge, wenn der Abtretungsgrund sich aus den Umständen ergebe (Tipke/Kruse Abgabenordnung, § 46 AO Rdn 24) und die Angabe eines Stichwortes "zahlungshalber" ausreichend sei (Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung, 8. Aufl., § 46 Rdn. 33; anders noch in der Vorauflage zu § 46 Rdn. 22, sowie Brockmeyer, in Klein, AO, 7. Aufl. 2000 § 46 Rdn. 19).

20

Schwarz nimmt u.a. Bezug auf das BMF-Schreiben vom 04.10.1996 (BStBl I 1996, 1177), das aber lediglich bezogen ist auf die Einführung des neuen amtlichen Abtretungsformulars, zur Bestimmung des Abtretungsgrundes selbst aber keine Angaben enthält. Tipke/Kruse liegt die Auffassung zugrunde, die Angabe des Abtretungsgrundes sei bedeutsam nur im Hinblick auf § 46 Abs. 4 AO. Hübschmann-Hepp-Spitaler gibt, zu der seiner Vorauflage entgegengesetzten Meinung, keine Begründung. Brockmeyer stützt seine Ansicht auf das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 10.06.1088 (IX K 358/85, EFG 1988, 607f). Dieser Begründungsverweis ist unzulässig, weil das Finanzgericht in seiner Entscheidung gerade offen gelassen hat, ob eine stichwortartige Bezeichnung des Abtretungsgrundes als ausreichend angesehen werden kann und in dem konkret entschiedenen Fall die Angabe "Sicherungsabtretung" nur deshalb nach Treu und Glauben hat gelten lassen, weil dieses Stichwort in dem amtlichen Formular vorgedruckt war (FG Baden-Württemberg, a.a.O. S. 608).

21

Diese Begründungen der Literatur vermögen nicht zu überzeugen. Ihnen steht bereits der Wortlaut der Vorschrift entgegen, der eine entsprechende Einschränkung nicht enthält. Bei der Forderung nach der Angabe des Abtretungsgrundes handelt es sich auch um keine unzumutbare Pflicht der Beteiligten, weil sie aufgrund der einvernehmlichen Abtretung den Grund der Abtretung kennen, so daß es keinen Grund gibt, ihn nicht eindeutig zu benennen. Gleichzeitig werden durch diese Anforderungen Fehlinterpretationen durch Dritte vermieden. Die Forderung nach klarer und eindeutiger Bestimmung des Abtretungsgrundes durch die Anzeigenden dient damit sowohl dem Schutz der Zedenten wie einer erleichterten Bearbeitungsweise des Finanzamts. Für eine Verlagerung der Verantwortung hinsichtlich der Bestimmung des Abtretungsgrundes von den an der Abtretung Beteiligten auf die Finanzverwaltung mit den daraus für die Finanzverwaltung folgenden möglichen finanziellen Risiken besteht insoweit kein Grund. Dies würde auch der Absicht des Gesetzgebers entgegenstehen, wonach Sinn der formalisierten Abtretungsanzeige gerade der Schutz der Zedenten und eine erleichterte Bearbeitungsweise der Finanzverwaltung sein soll (vgl. amtl. Begründung, BT-Drucks. A.a.O.)

22

Der Abtretungsgrund ist auch deswegen eindeutig anzuzeigen, weil unterschiedliche Abtretungsgründe der Finanzbehörde unterschiedliche Prüfungspflichten auferlegen. So hat die Finanzbehörde im Fall der bloßen Sicherungsabtretung vor der Erfüllung des abgetretenen Anspruchs zu prüfen, ob der Sicherungsnehmer über die abgetretene Forderung verfügen darf (BFH-Urteil vom 11. März 1983 VII R 63/83, nicht veröffentlicht, Juris Dokument 2, DokNr 93066). Nach der amtlichen Begründung steht die Frage nach dem Abtretungsgrund zwar im Zusammenhang mit § 46 Abs. 4 AO, der es verbietet, "Erstattungs- oder Vergütungsansprüche zum Zwecke der Einziehung oder sonstigen Verwertung auf eigene Rechnung geschäftsmäßig zu erwerben ...", womit einer besonderen Form der Wirtschaftskriminalität begegnet werden soll. Sie soll die Finanzbehörden jedoch insbesondere "vor einer erneuten Zahlungsverpflichtung für die Fälle schützen, in denen zwar eine Abtretung angezeigt wird, (diese) aber tatsächlich nicht wirksam oder ... nichtig ist." Deshalb führt die amtliche Begründung weiter aus, daß den Finanzbehörden "eine eingehende Überprüfung der Wirksamkeit einer eingegangenen Abtretungserklärung nicht zuzumuten sei." (BT-Drucks. 7/2852 a.a.O.). Die Angaben in der Abtretungsanzeige müssen auch aus diesem Grund so klar und eindeutig sein, daß dem Finanzamt eine schnelle und einfache Prüfung möglich ist. Daraus folgt, daß der Abtretungsgrund im Zweifel auch nicht aus den Gesamtumständen des Falles bestimmt werden kann (vgl. auch BFH, Urteil vom 25.09.1990, a.a.O. S. 202; Ralph/Hoffmann, in: Scholz/Koch, AO, 5. Aufl. 1996, § 46 Anm. 7). An dieser erforderlichen Eindeutigkeit fehlt es den vorliegenden Abtretungsanzeigen.

23

Die dem Beklagten vorgelegten Abtretungsanzeigen erfüllen die genannten Voraussetzungen nicht, weil sie keinen eindeutigen Abtretungsgrund angeben. Die fehlende Angabe des eindeutigen Abtretungsgrundes in der Abtretungsanzeige steht der Wirksamkeit dieser Anzeige und damit der Abtretung entgegen.

24

Der Hinweis auf die Entscheidung des EuGH als Abtretungsgrund in den Abtretungsanzeigen ist keine Angabe eines Abtretungsgrundes im Sinne des Gesetzes. Abtretungsgrund kann nur ein Rechtsverhältnis zwischen dem Abtretenden und dem Abtretungsempfänger sein. Um ein solches Rechtsverhältnis handelt es sich bei einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes nicht. Diese ist vielmehr nur der Rechtsgrund für die Erlangung des Forderungsanspruches des Abtretenden gegenüber dem Finanzamt, nicht aber des Abtretungsempfängers gegenüber dem Abtretenden.

25

Ein Abtretungsgrund ist auch nicht in der Abtretungsanzeige vom 27.10.1994 mit der Angabe: "Abtretung" zahlungshalber: Zahlungen an früheren Anteilseigner infolge EUGH-Urt. v. 05.05.1994" benannt.

26

Die Bestimmung "Abtretung zahlungshalber" enthält keinen eindeutigen und eigenständigen Rechtsgrund. Der Begriff "zahlungshalber" ist im Gesetz nicht geregelt. Rechtstechnisch gemeint sein dürfte "erfüllungshalber". Der Begriff "erfüllungshalber" ist bezogen auf § 364 BGB. Dieser regelt das Erlöschen eines Schuldverhältnisses im Falle einer "Annahme an Erfüllungsstatt". Während bei der Leistung an Erfüllungs statt die Forderung mit dem Bewirken der Leistung erlischt, tritt bei der Leistung erfüllungshalber Erfüllung erst ein, wenn sich der Gläubiger aus dem Geleisteten befriedigt hat (Münchner Kommentar, 2. Aufl. 1985, § 364 Rdn. 1 ff, 6ff; Palandt, 59. Aufl. 2000, § 346 Anm. 6, 8). Der Gläubiger erhält bei Weiterbestehen der bisherigen Forderung nur eine zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit. Ein eigenständiges Rechtsverhältnis wird dadurch nicht begründet. Es setzt dieses vielmehr voraus. In der Abtretungsanzeige hätte daher als Abtretungsgrund das zugrunde liegende Rechtsverhältnis angegeben werden müssen.

27

Die Angabe "Zahlungen an früheren Anteilseigner infolge EUGH-Urt. v. 05.05.1994" stellt ebenfalls keinen Abtretungsgrund dar. Die Angabe ist nicht bestimmt genug und damit nicht eindeutig. Sie gibt lediglich an, das der frühere Anteilseigner Zahlungen aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung erhalten soll, nicht aber den Rechtsgrund dieser Zahlungen. Mit dem Hinweis auf den früheren Anteilseigner kann zwar das ehemalige Gesellschafterverhältnis als ein Rechtsgrund der Zahlungen gemeint sein. Dieses wäre aber kein Abtretungsgrund, da weder das Gesellschafterverhältnis noch ein selbständiger Anspruch aus diesem ehemaligen Rechtsverhältnis mehr besteht. Daneben kann es sich aber auch nur um die Bestimmung des Zahlungsempfängers handeln. Über einen Zahlungsgrund ist damit keine bestimmte Aussage getroffen. Ferner war der Kläger zwar Anteilseigner, jedoch nur zusammen mit seiner Ehefrau. Ein Abtretungsgrund könnte, weil es die GmbH zum Zeitpunkt der Abtretung nicht mehr gab, daher nur aufgrund eines Rechtsverhältnisses zunächst zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau gemeinsam als ehemalige Anteilseigner einerseits und der E-GmbH als Unternehmensnachfolgerin der GmbH andererseits, sowie daran anschließend zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau und dem Kläger als Abtretungsempfänger begründet sein. Selbst wenn man in § 3 Abs. 5 des notariellen Vertrages vom 01.06.1989 ein Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau und der E-GmbH als Unternehmensnachfolgerin der GmbH sehen könnte und es ein Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau gegeben haben sollte, hätten diese konkret in der Abtretungsanzeige angegeben sein müssen, um als wirksame Angabe eines Abtretungsgrundes in der Abtretungsanzeige anerkannt zu werden. Wie zweifelhaft und interpretationsbedürftig die Bestimmung des Abtretungsgrundes in der Abtretungsanzeige ist, zeigt sich auch daran, daß der Kläger den Abtretungsgrund sowohl auf eine vorangegangene Abtretung seiner Ehefrau an ihn wie auf den notariellen Vertrag vom 01.06.1989 stützt.

28

Ein Anspruch des Klägers auf Auszahlung des Abtretungsbetrages in Höhe des abgetretenen Betrages ergibt sich ferner nicht aus dem notariellen Vertrag vom 01.06.1989 über den Verkauf des Unternehmens. Danach stehen den Verkäufern zwar im Gegenzug zur Übernahme des Prozeßrisikos für anhängige oder noch anhängig werdende Prozesse, soweit diese Tatbestände betreffen, die bis zum 31.05.1989 verwirklicht sind, die "Erträge" aus solchen Prozessen zu. Hierin ist ein ausreichender Abtretungsgrund aber schon deshalb nicht zu sehen, weil der rechtliche Anspruch aus dem notariellen Vertrag nicht dem Kläger allein, sondern den Verkäufern, d.h. dem Kläger und seiner Ehefrau gemeinsam zusteht.

29

Die zutreffende Angabe des Abtretungsgrundes hätte daher durchaus Zweifel an der Wirksamkeit der Abtretung begründen können. Damit wird deutlich, daß auf die Angabe des Abtretungsgrundes in der Abtretungsanzeige nicht nur wegen § 46 Abs. 4 AO zur Wirksamkeit der Abtretungsanzeige nicht verzichtet werden kann. Da die Abtretung keinen Abtretungsgrund enthält, kann der Kläger aufgrund der Abtretung Zahlung an sich nicht verlangen.

30

Auf die Frage, ob eine verbotene geschäftsmäßige Abtretung vorliegt, kommt es danach nicht mehr an.

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.