Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 28.11.2016, Az.: 3 A 2306/15

Ausbildungsförderung; Einkommensanrechnung; Steuerbescheid; Werbungskosten

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
28.11.2016
Aktenzeichen
3 A 2306/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43393
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Bei der Anrechnung von Ausbildungskosten als Werbungskosten im Rahmen der Ermittlung des anzurechnenden Einkommens der Auszubildenden sind die Ämter für Ausbildungsförderung an die Festsetzungen der Finanzämter gebunden, wenn ein bestandskräftiger Steuerbescheid vorliegt (entgegen VG Regensburg, Urt. v. 09.03.2004 – RO 4 K 03.00917 –).
Soweit die BAföG-VwV in Tz. 23.3.1 Satz 2 den § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG dahingehend auslegen, dass ihm ein förderungsrechtlich eigenständiger Werbungskostenbegriff zu entnehmen ist, verhält sich eine daran orientierte Verwaltungspraxis außerhalb der Vorgaben der Rechtsordnung.

Tenor:

Die Bescheide der Beklagten C. werden aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für die Zeiträume von Februar 2014 bis Juli 2014 sowie von August 2014 bis Juli 2015 Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann eine vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Bewilligung von Ausbildungsförderung.

Der am D. geborene Kläger studierte seit dem E. an der Hochschule F. in G. in dem Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaft. Der Studiengang ist als duales Studium ausgestaltet, bei dem abwechselnd Theorie- und Praxisphasen absolviert werden. Als Praxispartner kooperiert die H. im Rahmen von Ausbildungsverhältnissen mit Wirtschaftsunternehmen; im Falle des Klägers mit der I.. Für seine Tätigkeit bei der Bank erhielt der Kläger eine monatliche Vergütung. Das Finanzamt J. Stadt setzte ausweislich des bestandskräftigen Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2014 Werbungskosten in Höhe von 16.459,00 Euro an. Das zu versteuernde Einkommen belief sich nach den Festsetzungen des Steuerbescheides für das Jahr 2014auf 1.062,00 Euro. Für 2015 liegt noch kein Einkommenssteuerbescheid vor.

Am 3K. sowie am L. beantragte der Kläger bei der Beklagten Ausbildungsförderung. Die Beklagte lehnte die Anträge mit Bescheiden C. für den Bewilligungszeitraum von Februar 2014 bis Juli 2014 und mit Bescheid vom gleichen Tag für den Bewilligungszeitraum von August 2014 bis Juli 2015 ab. Sie führte zur Begründung jeweils aus, dass anzurechnende Einkommen und/oder Vermögen übersteige den Gesamtbedarf des Auszubildenden. Höhere Werbungskosten könnten nicht berücksichtigt werden.

Am M. hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er müsse sein gesamtes monatliches Einkommen – die Ausbildungsvergütung und den Zuschuss für die Studiengebühren – dafür einsetzen, um die Werbungskosten zu bezahlen. Werbungs- und Fortbildungskosten seien steuerrechtlich abzugsfähig und daher auch im Rahmen einer Berechnung nach dem BAföG grundsätzlich zu berücksichtigen. Bei dualen Studiengängen sei nicht bloß die Werbungskostenpauschale, sondern die tatsächlich höheren Werbungskosten anzuerkennen, soweit diese steuerrechtlich nachgewiesen seien. Maßgeblich seien diesbezüglich die Festsetzungen des Einkommenssteuerbescheides.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide C. werden aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, ihm für die Zeiträume von Februar 2014 bis Juli 2014 sowie von August 2014 bis Juli 2015 Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt zur Begründung im Wesentlichen aus, bei der Einkommensberechnung könnten Werbungskosten entsprechend der Teilziffer 23.3.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG (BAföG VwV) berücksichtigt werden. Dies seien nur solche Werbungskosten, die unmittelbar dem Ausbildungsbedarf zuzuordnen seien. Nicht abzugsfähig seien hingegen Kosten für eine doppelte Haushaltsführung, Familienheimfahrten und Verpflegungsmehraufwendungen. Die BAföG VwV berücksichtigten die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Regensburg und des Verwaltungsgerichts Bayreuth. Die Frage, welche Werbungskosten anerkannt werden könnten, sei auch auf der Sitzung der Obersten Bundes- und Landesbehörden für Ausbildungsförderung (OBLBAfö) am 25. und 26. November in Bonn konkretisiert worden und ließe sich dem Sitzungsprotokoll – Tagesordnungspunkt 8.1 – entnehmen. Ausgehend von diesen Maßstäben, habe der Kläger auch nach einer durchgeführten Neuberechnung keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere kann der Kläger gemäß § 44 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) für beide Bewilligungszeiträume eine Verpflichtungsklage erheben, weil die Begehren sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

Die Klage ist auch begründet.

Die Ablehnung der Anträge des Klägers auf Ausbildungsförderung durch die Bescheide der Beklagten C. ist rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat für die Zeiträume von Februar 2014 bis Juli 2014 sowie von August 2014 bis Juli 2015 einen Anspruch auf Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe.

Gemäß § 1 BAföG besteht auf individuelle Ausbildungsförderung für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Der Anspruch des Klägers scheitert nicht etwa daran, dass er aufgrund seiner Ausbildungsvergütung über anzurechnendes Einkommen im Sinne des BAföG verfügt, welches seinen monatlichen Bedarf in Höhe von 597,00 Euro übersteigt.

Die von ihm erzielte Vergütung stellt zwar grundsätzlich förderungsrechtlich relevantes Einkommen dar, welches nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BAföG auf den Bedarf anzurechnen ist. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG gilt als Einkommen – vorbehaltlich der Sätze 3 und 4, der Absätze 2a, 3 und 4 – die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). § 23 Abs. 3 BAföG bestimmt, dass die Vergütung aus einem Ausbildungsverhältnis, abweichend von § 23 Abs. 1 und 2 BAföG – also ohne Abzüge von Freibeträgen – voll angerechnet wird. Hierunter fallen auch Vergütungen, die – wie bei dem Kläger – im Rahmen einer betrieblichen Ausbildung in Kombination mit einem Fachhochschulstudium gezahlt werden (Hartmann in: Rothe/Blanke, BAföG, Stand April 2016, § 23 Rn. 31).

Die Ausbildungsvergütung des Klägers ist jedoch nur soweit auf den Bedarf anzurechnen, wie sie Einkommen im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG ist. Sie stellt steuerlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit dar, sodass von der Bruttovergütung ein Pauschbetrag für Werbungskosten abzuziehen ist, soweit nicht höhere Werbungskosten geltend gemacht werden. Positive Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG sind bei der Einkunftsart nichtselbstständige Arbeit die um steuerliche Freibeträge und die Werbungskosten verminderten Einnahmen (BVerwG, Urt. v. 12.05.1993 – 11 C 9.92 –, FamRZ 1994, 334, 335). Dass Werbungskosten in Abzug zu bringen sind, ergibt sich auch aus § 22 Abs. 1 Satz 2 BAföG, der eine Berechnungshilfe für diejenigen Fälle darstellt, in denen der Pauschbetrag nach § 9a EStG in Abzug zu bringen ist und der Bewilligungszeitraum weniger als 12 Kalendermonate beträgt (Humborg/Hartmann in: Rothe/Blanke, BAföG, Stand April 2016, § 23 Rn. 32 und § 22 Rn. 8).

Bei der Berechnung des anzurechnenden Einkommens sind die Ämter für Ausbildungsförderung an die Festsetzungen der Finanzämter gebunden, wenn ein bestandskräftiger Steuerbescheid vorliegt. Hierfür spricht in erster Linie der gesetzliche Verweis des § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG in das Steuerrecht. Der Gesetzgeber hat damit deutlich gemacht, dass er im Hinblick auf die Einkommensanrechnung grundsätzlich, also vorbehaltlich normierter Ausnahmen, auf einen eigenständigen förderungsrechtlichen Einkommensbegriff verzichtet und steuerrechtliche Maßstäbe anzusetzen sind. Diese gesetzgeberische Entscheidung fußt auf dem Bemühen, die Ausbildungsämter von einer umfassenden Einkommensermittlung und -feststellung zu entlasten sowie die Annahme einer größeren Sachkunde auf Seiten der Finanzbehörden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.07.1992 – 5 B 11392 –, BeckRS 1992, 31253712; Urt. v. 12.05.1993 – 11 C 9.92 –, FamRZ 1994, 334, 336; Stopp in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl., § 22 Rn. 15). Die angestrebte Entlastung der Ämter für Ausbildungsförderung würde in das Gegensteil verkehrt, wenn die Ämter trotz Vorliegens eines bestandskräftigen Einkommenssteuerbescheides für den maßgeblichen Bewilligungszeitraum eigene Ermittlungen anstellen müssten (BVerwG, Urt. v. 12.05.1993 – 11 C 9.92 –, FamRZ 1994, 334, 336).

Der Einzelrichter folgt in diesem Zusammenhang nicht der Ansicht des Verwaltungsgerichts Regensburg. Diese nimmt im Ausbildungsförderungsrecht einen eigenständigen Werbungskostenbegriff an und kommt, abweichend von der steuerrechtlichen Rechtsprechung zu dem Ergebnis, dass Ausbildungskosten nicht als Werbungskosten im Sinne von § 21 BAföG zu berücksichtigen sind (VG Regensburg, Urt. v. 09.03.2004 – RO 4 K 03.00917 –, juris Rn. 22 ff.). Die von dem Verwaltungsgericht Regensburg angeführten Argumente vermögen vor dem Hintergrund des eindeutigen Wortlautes in § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG nicht zu überzeugen. Dies gilt sowohl für die historische als auch die systematische Auslegung. Beide Auslegungsmethoden sprechen – entgegen den Schlussfolgerungen in dem zitierten Urteil – dagegen, die Einkommensanrechnung in Bezug auf geltend gemachte Werbungskosten unabhängig von den steuerrechtlichen Festsetzungen vorzunehmen. In Bezug auf die Gesetzeshistorie kann der Umstand, dass sich die steuerrechtliche Rechtsprechung seit Inkrafttreten der Verweisungsvorschrift des § 21 Abs. 1 BAföG geändert hat, keine ungeschriebene Ausnahme von der Anlehnung an das Steuerrecht begründen. Angesichts des seit Jahrzehnten unveränderten Wortlautes der Verweisungsvorschrift ist dem Gesetzgeber zu unterstellen, dass er entsprechende Ausnahmetatbestände geschaffen hätte, wenn er in einzelnen Bereichen den grundsätzlichen Verweis in das Steuerrecht als unsachgemäß erachten würde. Damit einher geht auch die Auslegung in systematischer Hinsicht. Anders als nach der von dem Verwaltungsgericht Regensburg vertretenen Auffassung sprechen die in § 21 BAföG normierten Modifikationen dafür, im Bereich der Werbungskosten nicht von der grundsätzlichen Verweisung in das Steuerrecht abzurücken. Andernfalls erschließt sich nicht, warum der Gesetzgeber zwar zahlreiche Sondertatbestände aufgenommen, für die Frage der Werbungskosten aber keine abweichende Regelung getroffen hat. Auch der Hinweis auf den anders gelagerten Sinn und Zweck des Ausbildungsförderungsrechts im Vergleich zum Steuerrecht führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Sofern diesbezüglich auf den Unterschied zwischen Leistungsverwaltung – Ausbildungsförderung – und Eingriffsverwaltung – Steuerrecht – abgestellt wird, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dieser Unterschied begründe für Werbungskosten eine eigenständige förderungsrechtliche Handhabe. Insbesondere bleibt insoweit unklar, warum die steuerrechtliche Ermittlung, inwieweit anfallende Werbungskosten den erzielten Einnahmen gegenüberstehen, im Rahmen der Ausbildungsförderung keine Relevanz haben sollte. Wenn die von einem Auszubildenden steuerrechtlich anerkannten Werbungskosten so hoch sind, dass sie die ihm zur Verfügung stehenden Einnahmen nahezu „aufbrauchen“, erschließt sich nicht, warum er förderungsrechtlich dennoch ohne Weiteres in der Lage sein sollte, seine Ausbildung und den Lebensunterhalt zu finanzieren. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Kosten, die steuerrechtlich berücksichtigt werden, tatsächlich gar nicht entstanden sind oder es als unbillig erschiene, sie zu berücksichtigen. Dass alleine aufgrund des Subventionscharakters solche Kosten im Steuerrecht anerkannt werden, ist jedoch nicht ersichtlich und wird von dem Verwaltungsgericht Regensburg in seiner Entscheidung auch nicht ausgeführt. Methodisch fragwürdig erscheint darüber hinaus, dass sich das Verwaltungsgericht Regensburg in seiner Entscheidung nicht mit der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auseinandergesetzt hat. Sofern das Verwaltungsgericht Bayreuth in seinem Urteil vom 28. März 2011 – B 3 K 10.208 –, juris Rn. 33 ff., der Ansicht des Verwaltungsgerichts Regensburg gefolgt ist, gilt dies aktuell nicht mehr. In seinem Urteil vom 22. Mai 2015 – B 3 K 13.154 –, juris Rn. 31 ff., stellt es bei der Frage der Werbungskosten allein auf das Steuerrecht ab, ohne die Problematik eines eigenständigen förderungsrechtlichen Werbungskostenbegriff zu problematisieren.

Soweit die Beklagte anführt, sie handele entsprechend den Vorgaben der BAföG VwV, führt dieser Einwand in Bezug auf die Frage, ob ihre ablehnenden Entscheidungen rechtswidrig gewesen sind, ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Verwaltungsvorschriften können zwar durch eine auf ihnen basierende gleichmäßige Verwaltungspraxis über Art. 3 des Grundgesetzes (GG) Außenwirkung begründen (Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl., Art. 3 Rn. 35). Dies gilt jedoch nur, soweit sich das Verwaltungshandeln im Rahmen der rechtlich zulässigen Gesetzesanwendung bewegt (BVerwG, Urt v. 21.10.1993 – 6 C 6/91 –, NVwZ 1994, 581, 582). Angesichts der Bindung an Gesetz und Recht kann eine Verwaltungspraxis oder ein Verwaltungshandeln mithin nur dann als Richtschnur für die Gewährung von Leistungen herangezogen werden, wenn diese Praxis der Rechtsordnung entspricht (Nds. OVG, Urt. v. 06.10.2016 – 2 LB 5/16 –, juris, Rn. 125, m. w. N. zur Rspr.). Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, kann sich die Beklagte hier nicht auf die BAföG VwV berufen. Soweit diese den § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG dahingehend auslegen, dass ihm ein förderungsrechtlich eigenständiger Werbungskosten zu entnehmen ist, verhält sich eine daran orientierte Verwaltungspraxis aus den genannten Gründen außerhalb der Vorgaben der Rechtsordnung. Den von der Beklagten ebenfalls angeführten Konkretisierungen auf der OBLBAfö kommt keine rechtliche Relevanz zu.

Ausgehend von diesen Grundsätzen, ist die Beklagte für das Jahr 2014 an die in dem bestandskräftigen Steuerbescheid ausgewiesenen Einkommensverhältnisse gebunden und hat diese bei ihrer Berechnung in Ansatz zu bringen. Wegen § 22 Abs. 1 BAföG ist sie verpflichtet, im Einzelnen festzustellen, welches Einkommen der Kläger für die jeweiligen Monate des Bewilligungszeitraumes zu verzeichnen hatte. Dies ist jedoch allein anhand des Steuerbescheides nicht möglich, weil darin eine Zuordnung zu den Monaten des Kalenderjahres nicht erfolgt. Unter Zuhilfenahme weiterer Unterlagen muss ermittelt werden, ob die im Steuerbescheid angegebenen Einkünfte für die Monate des Bewilligungszeitraumes angefallen sind. Sind die Einkünfte, hinsichtlich derer Werbungskosten geltend gemacht werden können, ausschließlich in den Monaten des Kalenderjahres erzielt worden, die zu dem Bewilligungszeitraum gehören, müssen die Vergünstigungen für dieses Jahr auch vollständig angerechnet werden (zur Berechnung: BVerwG, Urt. v. 12.05.1993 – 11 C 9.92 –, FamRZ 1994, 334, 336). Soweit für das Jahr 2015 noch kein Steuerbescheid des Klägers vorliegt, rechtfertigt dies in Bezug auf die Berücksichtigung von Werbungskosten im Rahmen der Einkommensanrechnung keine Abweichung von den dargestellten rechtlichen Maßstäben. Auch für die Monate dieses Kalenderjahres, die einem Bewilligungszeitraum zuzuordnen sind, gelten gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG allein steuerrechtliche Maßstäbe. Sofern die Beklagte – etwa in Absprache mit dem Kläger – nicht auf den bestandskräftigen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2015 warten kann oder will, hat sie eine entsprechende eigene Berechnung vorzunehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.