Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 17.11.2016, Az.: 7 A 430/16
Cross Promotion; Free TV; Programmhinweis; Trennungsgebot; Werbetrenner; Werbung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 17.11.2016
- Aktenzeichen
- 7 A 430/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 43423
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs 2 Nr 7 RdFunkStVtr ND
- § 35 Abs 9 RdFunkStVtr ND
- § 36 Abs 2 S 1 Nr 7 RdFunkStVtr ND
- § 38 Abs 2 RdFunkStVtr ND
- § 45 Abs 2 RdFunkStVtr ND
- § 7 Abs 3 RdFunkStVtr ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Ein inmitten eines Werbeblocks gesendeter Programmhinweis verstößt gegen das rundfunkrechtliche Gebot der Trennung von Werbung und sonstigen Inhalten, wenn nach dem Programmhinweis nicht erneut ein Werbetrenner gesendet wird.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des festgesetzten Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin, die auf der Grundlage einer von der Beklagten erteilten Sendelizenz das Fernsehprogramm RTL veranstaltet, wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem die Beklagte im Wege der Rundfunkaufsicht einen Verstoß gegen den Grundsatz der Trennung von Werbung und Programm in dem genannten Fernsehprogramm beanstandet hat.
In dem Fernsehprogramm RTL strahlte die Klägerin am 30. November 2014 gegen 15:30 Uhr einen Programmtrailer für „Die Wissensmagazine bei Toggo von Super RTL“ innerhalb eines eingangs durch das Werbelogo gekennzeichneten Werbeblocks aus. Vor diesem Trailer lief ein Werbespot für „bonprix“, direkt nach dem Programmtrailer folgte ein Werbespot für die Veranstaltung „Night of the Dance“, ohne dass eine erneute Kennzeichnung durch ein Werbelogo erfolgt war.
Im Rahmen einer Stichprobenuntersuchung der Kommission für Zulassung und Aufsicht (im Folgenden: ZAK) bewerteten die Fachreferenten „Werbung“ der Landesmedienanstalten diesen Sachverhalt als möglichen Verstoß gegen den o. g. Trennungsgrundsatz. Hierzu angehört äußerte sich die Klägerin unter dem 05. Juni 2015 im Wesentlichen dahin, es handele sich bei dem streitbefangenen Programmhinweis ebenfalls um Werbung.
Hierauf fertigte die Beklagte unter dem 21. September 2015 eine Beratungsvorlage für eine Prüfgruppe der ZAK, in der sie die Feststellung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot von Werbung und redaktionellem Inhalt vorschlug. Zu dieser Beschlussvorlage äußerte sich vorab schriftlich die Bayerische Landeszentrale für neue Medien. Die Mitglieder votierten einstimmig für die Feststellung eines Verstoßes gegen den Trennungsgrundsatz. Die Beklagte erstellte unter dem 05. November 2015 eine entsprechende Beschlussvorlage für die 72. Sitzung der ZAK und leitete diese der gemeinsamen Geschäftsstelle der Landesmedienanstalten (im Folgenden: GGS) zu. In seiner Sitzung am 17. November 2015 machte sich die ZAK sowohl das Votum als auch die Begründung der Beschlussvorlage ausdrücklich zu Eigen und beschloss einstimmig, dass die Klägerin mit der Ausstrahlung des streitgegenständlichen Trailers gegen das im Rundfunkstaatsvertrag normierte Gebot der Trennung von Programm und Werbung verstoßen habe und dass dies zu beanstanden sei.
Hierauf erließ die Beklagte am 05. Januar 2016 den streitbefangenen Bescheid, in dem sie auf Beschluss der ZAK in der Entscheidungsformel feststellte und beanstandete, dass die Klägerin mit der Ausstrahlung des Hinweises auf „Die Wissensmagazine bei Toggo von Super RTL“ innerhalb des Werbeblocks am 30. November 2014 um ca. 15:30 Uhr im Programm von RTL gegen § 7 Abs. 3 des Rundfunkstaatsvertrages -RStV- verstoßen habe (Ziffer 1] der Entscheidungsformel). Außerdem setzte sie gegen die Klägerin Kosten (Gebühren und Auslagen) in Höhe von 1.000,00 € fest (Ziffer 2] der Entscheidungsformel).
Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, entsprechend § 7 Abs. 3 Satz 1 RStV müssten Werbung und Teleshopping als solche leicht erkennbar und vom redaktionellen Inhalt unterscheidbar sein. Nach § 45 Abs. 2 RStV gälten u. a. Hinweise des Rundfunkveranstalters auf eigene Programme und Sendungen nicht als Werbung. Eigenpromotion erfasse auch Hinweise auf andere Programme, die dem Veranstalter entsprechend § 28 RStV zuzurechnen seien. Ziel des Grundsatzes der Trennung von Werbung und Programm sei die Verhinderung einer Irreführung der Zuschauer. Diese sei in beide Richtungen möglich, sowohl durch Nichtkennzeichnung von Werbung als auch durch falsche Kennzeichnung von „Nicht-Werbung“. Es sei sicherzustellen, dass der Zuschauer die Kommunikatorquelle klar erkennen und zuordnen könne. Eine falsche Kennzeichnung von „Nicht-Werbung“ als Werbung könne daher ebenso dazu führen, dass der Zuschauer über die Kommunikatorquelle irre und diese nicht klar erkennen könne. Damit solle verhindert werden, dass die Werbekennzeichnung ihre Glaubwürdigkeit und Trennungskraft verliere, wenn sie für Elemente eingesetzt werde, die tatsächlich keine Werbung seien. Es bestehe vorliegend die Gefahr einer Irreführung der Zuschauer, weil nach der Ausstrahlung des gegenständlichen Trailers keine erneute Kennzeichnung der danach folgenden Werbespots erfolgt sei. Daher bestehe die Möglichkeit, dass der Zuschauer angenommen habe, mit der Einfügung des Trailers für „Die Wissensmagazine bei Toggo von Super RTL“ sei der Werbeblock beendet gewesen. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage, ob Hinweise auf ein Rundfunkprogramm unter den Werbebegriff des Rundfunkstaatsvertrages fielen, müsse § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV sein. Der Werbebegriff dieser Vorschrift fordere die Entgeltlichkeit des Hinweises sowie auch bei „Eigenwerbung“ die Förderung des entgeltlichen Absatzes von Waren und Dienstleistungen. Ein Entgelt sei für die Ausstrahlung des Hinweises auf „Die Wissensmagazine bei Toggo von Super RTL“ an die Programmveranstalterin nicht geflossen; dies behaupte die Veranstalterin selbst nicht. Damit liege bereits mangels Entgelts keine Fremdwerbung vor. Auch wenn man annehme, dass Eigenwerbung gegeben sei, so sei auch hier die Absatzförderungsabsicht für Waren, Dienstleistungen oder Ähnliches unabdingbarer Bestandteil des gesetzlichen Tatbestandes. Dieser sei nicht gegeben, denn der Programmhinweis sei gerade nicht mit dem Ziel gesendet worden, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt zu fördern. Denn bei dem Programm “Super RTL“ handele es sich um ein Free-TV Programm, weil es unverschlüsselt und kostenfrei verbreitet werde. Dies gelte auch, wenn es mittelbares Ziel der Veranstalterin sei, die Bekanntheit des Programms „Super RTL“ zu steigern, um letztlich die Werbeeinnahmen dieses Programms zu erhöhen.
Die Klägerin hat hiergegen am 21. Januar 2016 bei dem erkennenden Gericht Klage erhoben. Zur deren Begründung führt sie im Wesentlichen aus:
Der angegriffene Bescheid sei bereits formell rechtswidrig, weil angesichts der Kürze der Zeit, die den Mitgliedern der ZAK für die Entscheidungsfindung zur Verfügung gestanden habe, davon auszugehen sei, dass diese sich nicht inhaltlich und rechtlich mit dem Entscheidungsvorschlag hätten auseinandersetzen können. Der angegriffene Bescheid sei auch materiell rechtswidrig, weil der „Toggo“-Spot selbst als Werbung anzusehen sei, sodass schon deshalb eine Irreführung der Zuschauer auszuschließen sei. Soweit die Beklagte ihre Auffassung auf § 45 Abs. 2 RStV stütze, übersehe sie, dass diese Vorschrift allein die Dauer der Fernsehwerbung (maximal 12 Minuten pro Stunde) regele und eine Privilegierung von Hinweisen des Rundfunkveranstalters auf eigene Programme enthalte, indem diese nicht auf die Werbezeitbeschränkung angerechnet werde. Die Eigenschaft als Werbung scheide auch nicht bereits dann aus, wenn das Kriterium des Entgelts in § 2 RStV nicht erfüllt sei. Denn sonst könnte ein kostenloser Werbespot beispielsweise für einen Autohersteller außerhalb der Werbeblöcke gesendet werden. Ob Werbung vorliege oder nicht, richte sich vielmehr nach der allgemeinen Werbedefinition, wie sie etwa der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung entwickelt habe. Die Vorschrift besage gerade nicht, dass Programmhinweise keine Werbung seien.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 05.01.2016 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt das Verwaltungsverfahren. Die Beschlussvorlage für die 72. Sitzung der ZAK sei von der GGS - wie bereits zuvor die Video-Datei mit dem streitgegenständlichen „Toggo“-Werbetrailer - in das sog. Sharepoint-System - ein internes Informationssystem der Landesmedienanstalten im Internet - eingestellt worden, so dass sie allen Entscheidern auf dieser Plattform zur Verfügung gestanden hätten. Das Senden eines Programmhinweises in einem Werbeblock verstoße gegen das sog. Trennungsgebot. Bei einem Programmhinweis handele es sich nicht um Werbung.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben über die streitbefan-gene Fernsehsequenz durch richterliche Augenscheinseinnahme. Hierzu wurden Mit-schnitte des streitbefangenen Fernsehspots wie auch des gesamten Werbeblocks in Augenschein genommen.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 05. Januar 2016, der einen anfechtbaren feststel-lenden Verwaltungsakt darstellt, ist rechtmäßig. Die Beklagte hat die inmitten eines Werbeblocks erfolgte Ausstrahlung des Programmhinweises auf „Die Wissensmagazine bei Toggo von Super RTL“ durch die Klägerin in ihrem Programm RTL am 30. November 2014 zu Recht beanstandet (I.). Dieser Beanstandung liegen keine Verfahrensfehler zugrunde (I.1.). Die Ausstrahlung des Programmhinweises inmitten eines Werbeblocks verletzt das in § 7 Abs. 3 Satz 3 RStV geregelte Trennungsgebot von Werbung und anderen Sendungsteilen (I.2.). Die Auswahl des Aufsichtsmittels ist ermessensgerecht erfolgt (I.3). Die Beklagte ist schließlich auch berechtigt, eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 1.000,00 € festzusetzen (II.).
I. Die Beklagte hat die in dem streitbefangenen Bescheid unter Ziffer 1) der Ent-scheidungsformel ausgesprochene Beanstandung zu Recht erlassen. Die Beanstandung beruht auf den §§ 38 Abs. 2 Sätze 1 und 2, 39 Satz 1, 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 sowie 7 Abs. 3 RStV. Danach trifft bei einem - hier vorliegenden - bundesweiten Angebot die zuständige Landesmedienanstalt die erforderlichen Maßnahmen, wenn sie feststellt, dass ein Anbieter gegen die Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages verstoßen hat. Zum Kreis der insbesondere in Betracht kommenden Maßnahmen gehört die Beanstandung. Durch diese Regelung wird die zuständige Landesmedienanstalt im Falle eines Rechtsverstoßes zum Einschreiten verpflichtet, die Wahl des konkreten Aufsichtsmittels jedoch in ihr Ermessen gestellt (BVerwG, Urt. v. 22.06.2016 - 6 C 9/15 - u.a., NVwZ-RR 2016, S. 773 [OLG Schleswig 13.05.2016 - 17 U 83/15] Rdnr. 9; Hartstein u.a., RStV-JMStV, § 38 RStV Rdnrn. 3 und 8; a.A. noch Schuler-Harms in: Hahn/Vesting, Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 38 RStV Rdnr. 22: Ermessen auch bei der Eröffnung des Aufsichtsverfahrens).
I.1 Die Beanstandung ist verfahrensfehlerfrei erfolgt.
a. Es bestehen im Hinblick auf die Vorbereitung der Entscheidung der ZAK, deren Zuständigkeit aus § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 RStV folgt, keine durchgreifenden Bedenken. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Mitglieder der ZAK vollständigen Zugriff auf alle zur Verfügung gestellten Unterlagen hatten, weil die Beschlussvorlage für die 72. Sitzung der ZAK von der GGS - wie bereits zuvor die Video-Datei mit dem streitgegenständlichen „Toggo“-Werbetrailer - in das sog. Sharepoint-System - ein internes Informationssystem der Landesmedienanstalten im Internet - eingestellt worden sei. Bei der Kürze des streitgegenständlichen Werbeblocks dürfte sich der Zeitaufwand, den die Mitglieder der ZAK für die Befassung mit der Beschlussvorlage und dem streitgegenständlichen Werbeblock zu leisten hatten, in Grenzen gehalten haben. Belegt wird die Informationsstreuung auch durch die schriftliche Stellungnahme der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien bereits im Vorfeld der Sitzung der ZAK am 17. November 2015. Vor diesem Hintergrund entbehrt die Behauptung der Klägerin, die Kommission habe die Beschlussvorlage „durchgewunken“, ohne sich mit dem zur Entscheidung gestellten Programmhinweis zu beschäftigen, einer substantiierten Grundlage.
b. Der Beschluss der ZAK ist auch ausreichend begründet.
Gemäß § 35 Abs. 9 Sätze 3 und 4 RStV sind die Beschlüsse der ZAK zu begründen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen. In der Niederschrift der Sitzung vom 17. November 2015 ist zu TOP 3.2.2 festgehalten, dass sich die ZAK das Votum und die Begründung der Beschlussvorlage zu eigen machte und den im Tatbestand dieses Urteils wiedergegebenen Beschluss mit 13:0:0 Stimmen fasste (Niederschrift S. 7, Bl. 68 VV). Nach der Rechtsprechung kann der Begründungspflicht auch eine Verweisung auf die oder Bezugnahme auf eine Be-schlussvorlage oder -empfehlung genügen. Allerdings müssen eine solche Verweisung und der Wille, sich die Begründung zu eigen zu machen, aus der Niederschrift klar und unmissverständlich hervorgehen (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 29.04.2014 - 2 A 10894/13 -, u.a. DVBl. 2014, S. 926, zitiert nach juris Rdnrn 36ff. m.w.N.; erk. Kammer, Urt. v. 08.07.2014 - 7 A 4679/12 -, ZUM-RD 2015, S. 325 mwN). So verhält es sich hier. Die ZAK hat sich das Votum ausdrücklich und unmissverständlich zu eigen gemacht.
I.2. Die Beanstandung ist auch materiell rechtmäßig.
a. Die Klägerin hat mit dem Programmhinweis auf „Die Wissensmagazine bei Toggo von Super RTL“ innerhalb eines eingangs durch das Werbelogo gekennzeichneten Werbeblocks gegen das in § 7 Abs. 3 Satz 3 RStV geregelte Gebot der Trennung von Werbung und Programm verstoßen, indem sie innerhalb des Werbeblocks nach dem Senden des besagten Programmhinweises nicht das Werbelogo, jedenfalls keine erkennbare Zäsur bestehend aus einem optischen und/oder akustischen und/oder räumlichen Mittel, eingeblendet hat (Werbetrenner).
§ 7 Abs. 3 Satz 3 RStV entspricht Art. 19 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2010/13/EU des Europäisches Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 (ABl. Nr. L 95 S. 1) zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) - AVMD-Richtlinie -, nach der unbeschadet des Einsatzes neuer Werbetechniken Fernsehwerbung und Teleshopping durch optische und/oder akustische und/oder räumliche Mittel eindeutig vom Programm abgesetzt sein müssen. Das Trennungsgebot beansprucht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch europarechtlich unverändert u.a. dann Geltung, wenn auf einen Programmhinweis ein Werbeblock folgt. Insbesondere ist mit den unionsrechtlichen Vorgaben keine generelle Lockerung des Trennungsgebotes verbunden (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.10.2015 - 6 C 17/14 -, BVerwGE 153, S. 129 = NVwZ-RR 2016, S. 142 Rdnr. 16).
Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Klägerin handelt es sich bei dem beanstande-ten Programmhinweis auf „Die Wissensmagazine bei Toggo von Super RTL“ innerhalb eines Werbeblocks nicht um Werbung im rundfunkrechtlichen Sinne.
Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 7 Satz 1 RStV ist Werbung im Sinne dieses Staatsvertrages jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die im Rundfunk von einem öffentlich-rechtlichen oder einem privaten Veranstalter oder einer natürlichen Person entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird, mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen gegen Entgelt zu fördern. Der Tatbestand dieser Regelung enthält an zwei Stellen das Erfordernis „gegen Entgelt“. Bei der ersten Verwendung des Begriffspaares geht es um die Abgrenzung der werbenden Äußerung gegen Entgelt (Var. 1) oder ähnliche Gegenleistung (Var. 2) oder Eigenwerbung (Var. 3) untereinander. Der Klägerin ist zuzugeben, dass danach zwar das Vorliegen von Eigenwerbung objektiv nicht an die Entrichtung eines Entgelts gekoppelt ist. Die Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 7 Satz 1 RStV enthält aber am Ende der Vorschrift nochmals das Begriffspaar „gegen Entgelt“. Dieses bezieht sich auf den subjektiven Tatbestand der Absatzförderung durch Werbung und damit auf alle drei vorstehenden Varianten, mithin auch auf die Eigenwerbung (vgl. hierzu Schulz in: Hahn/Vesting, aaO, § 2 RStV, Rdnr. 92). Auch Eigenwerbung ist danach nur dann Werbung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 7 Satz 1 RStV, wenn sie in der Absicht der Absatzförderung gegen Entgelt erfolgt.
Der innerhalb eines Werbeblocks erfolgte Hinweis auf „Die Wissensmagazine bei Toggo von Super RTL“ stellt danach keine Werbung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 7 Satz 1 RStV und insbesondere keine Eigenwerbung im Sinne § 2 Abs. 2 Nr. 7 Satz 1 RStV dar, sondern ist als „anderer Sendungsteil“ im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 3 RStV einzuordnen. Die Einblendung eines Werbelogos, jedenfalls eine Zäsur nach dem besagten Hinweis, ist deshalb entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht entbehrlich. Dies ergibt sich aus Folgendem:
aa. Die Beklagte hat zurecht darauf hingewiesen, dass der Programmhinweis auf „Die Wissensmagazine bei Toggo von Super RTL“ als Free-TV-Programm bereits nicht das nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 Satz 1 RStV erforderliche subjektive Tatbestandsmerkmal „gegen Entgelt“ erfüllt.
Europarecht bestimmt nichts anderes. § 2 Abs. 2 Nr. 7 Satz 1 RStV entspricht Art. 1 lit. i) der AVMD-Richtlinie. Es fehlt bei dem beanstandeten Programmhinweis auch europarechtlich das oben beschriebene subjektive Ziel der Absatzförderung „gegen Entgelt“. Deshalb stellt der Programmhinweis auch im europäischen Fernsehrecht keine Werbung dar. Gegenteiliges kann auch nicht dem Erwägungsgrund Nr. 96 der AVMD-Richtlinie entnommen werden. Zwar ist dort in Satz 1 ausgeführt, dass es sich bei einer Eigenwerbung des Veranstalters um eine „besondere Form der Werbung handelt, bei der dieser seine eigenen Produkte, Dienstleistungen, Programme oder Sender vertreibt“. Jedoch wird gleichzeitig im Satz 2 des Erwägungsgrundes klargestellt, dass „insbesondere Trailer, die aus Programmauszügen bestehen, als Programm gelten sollten“.
Der im Programm von RTL gesendete und beanstandete Programmhinweis wird auch nicht etwa deshalb zur Werbung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 7 Satz 1 RStV, weil er sich als Cross-Promotion zwischen RTL und Super RTL darstellt, wenn im Programm von Super RTL Programmhinweise auf im Programm RTL ausgestrahlte Sendungen erfolgen. Denn auch insoweit fehlt es an dem zuvor beschriebenen Tatbestandsmerkmal „gegen Entgelt“. Entgelt oder Gegenleistung sind jedoch konstitutiv für den rundfunkrechtlichen Werbungsbegriff (VG Berlin, Urt. v. 16.09.2002 - 27 A 193.00 -, ZUM 2002, S. 933, zitiert nach juris Rdnr. 29 mwN).
Unerheblich ist auch der Einwand, das OLG München habe in seinem Urteil vom 28. November 1996 (- 6 U 2551/96 -, u.a. NJW 1998, S. 1413 = ZUM 1997, S. 275) urheberrechtlich Programmankündigungen der Werbung zugeordnet. Das OLG München hatte über die Auslegung des Begriffs „Werbespot“ im Sinne von § 1k des GEMA-Berechtigungsvertrages zu entscheiden. Es hat in diesem Zusammenhang damals ausdrücklich ausgeführt, dass zu dieser Auslegung nicht auf rundfunkrechtliche Be-stimmungen zurückzugreifen sei, weil auf diese Weise gegenüber Dritten nicht verbind-lich festgelegt werden könne, was Werbung sei und unter einem Werbespot verstanden werde (aaO, NJW 1998, S. 1415). Das OLG München hat mithin ausdrücklich nicht zu rundfunkrechtlichen Bestimmungen entschieden. Dem gegenüber ist hier zwischen der Klägerin als Programmveranstalterin und der Beklagten als Aufsichtsbehörde ausschließlich die Begriffsdefinition in § 2 Abs. 2 Nr. 7 Satz 1 RStV maßgeblich. Dessen ungeachtet wurde diese Definition mit ihrem wesentlichen Inhalt erst nach Ergehen der Entscheidung des OLG München in Umsetzung der vormaligen Richtlinien 95/47/EG und 97/36/EG durch Art. 1 Nr. 2b des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 16. Juli/31. August 1999 (Gesetz vom 17.02.2000, Nds. GVBl. S. 25) in Gestalt von (damals) § 2 Abs. 2 Nr. 5 Satz 1 neu in den Rundfunkstaatsvertrag aufgenommen.
bb. Auch nach § 45 Abs. 2 RStV gelten Hinweise des Programmveranstalters auf eigene Programme und Sendungen nicht als Werbung, es sei denn, es handelt sich nach § 7 Abs. 3 RStV um reine Werbekanäle. Letzteres ist bei dem Fernsehprogramm RTL nicht der Fall. Bei systematischer Auslegung von § 45 Abs. 2 RStV beschränkt sich der Regelungsinhalt dieser Vorschrift zwar darauf, die Programmhinweise von dem in § 45 Abs. 1 Satz 1 RStV normierten Werbungs-Höchstanteil von 12 Minuten pro Stunde auszunehmen. Jedoch wird der Wille des Gesetzgebers deutlich, Programmhinweise anders zu behandeln als Werbung, weil Sinn und Zweck des Programmhinweises nicht der Absatz eines Produkts gegen Entgelt, sondern die Zuschauerbindung ist.
§ 45 Abs. 2 RStV entspricht der in Art. 23 Abs. 2 der AVMD-Richtlinie in Verbindung mit Erwägungsgrund Nr. 97 geregelten Nichtanrechnung von Hinweisen des Fernseh-veranstalters zu eigenen Sendungen auf die Werbungshöchstdauer von 12 Minuten innerhalb einer vollen Stunde. § 45 Abs. 2 RStV erweitert dieses Privileg zugunsten der Rundfunkveranstalter um Hinweise auf „eigene Programme“.
Das Schrifttum privilegiert in diesem Zusammenhang auch die Cross-Promotion von Programmen, die dem Veranstalter nach § 28 RStV zuzurechnen sind (vgl. Ladeur in: Hahn/Vesting, aaO, § 45 Rdnr. 11; Hartstein u.a., aaO, § 45 RStV Rdnr. 26; Döpkens in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., § 45 Rdnr. 9).
cc. Nach Ziffer 1 Nr. 1 der aufgrund von § 46 i.V.m. den §§ 7, 7a, 8, 8a, 44, 45 und 45a RStV beschlossenen Gemeinsamen Richtlinien der Landesmedienanstalten für die Werbung, die Produktplatzierung, das Sponsoring und das Teleshopping im Fernsehen i.d.F. vom 18. September 2012 (u.a. abgedruckt bei Hartstein u.a., aaO, Anhang 3 zu § 7 RStV) - WerbeRL/Fernsehen, im Folgenden WerbeRL - gelten Hinweise auf das eigene Programm, z.B. Programmhinweise und -trailer, Eigenpromotion i.S. der Ziffer 9 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 WerbeRL, nicht als Werbung. Bei den Werberichtlinien handelt es sich nicht um normkonkretisierende, sondern um norminterpretierende Verwaltungsvorschriften (BVerwG, Urt. v. 14.10.2015, aaO, Rdnr. 32 u. Urt. v. 22.06.2016, aaO, Rdnr. 16). Nach Ziffer 9 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 WerbeRL sind Eigenpromotion Hinweise auf die für einen Veranstalter zugelassenen Programme. Eigenpromotion erfasst nach Ziffer 9 Abs. 1 Nr. 2 WerbeRL auch Hinweise auf andere Programme, die dem Veranstalter entsprechend § 28 RStV zuzurechnen sind. So verhält es sich für die Cross-Promotion zwischen RTL und Super RTL. Eigenpromotion gilt nach Ziffer 9 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 2 bis 4 WerbeRL nicht als Werbung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV und dient der Zuschauerbindung. Sie kann sich auf das Gesamtprogramm und einzelne Sendungen sowie auf die in ihnen handelnden Personen oder auf Veranstaltungen sowie sonstige Ereignisse außerhalb der Programme des Veranstalters beziehen.
dd. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Programmhinweise von Werbung zu trennen und damit Programmankündigungen nicht selbst Werbung sind.
Das OVG Rheinland-Pfalz hat in seinem Urteil vom 29. April 2014 (aaO, Rdnr. 60 mwN) ausgeführt, dass es sich bei einer Programmankündigung um einen Teil des Programms handele, von dem sich die Werbung abzusetzen habe. Denn alles, was nicht bezahlte Wirtschaftswerbung sei, sei Programm. Werbung müsse sich daher nicht nur etwa von Spielfilmen oder Serien absetzen, sondern auch von Programmankündigungen (vgl. aaO, Rdnr. 62). Dem ist das Bundesverwaltungsgericht gefolgt, indem es ausgeführt hat, dass das Trennungsgebot des § 7 Abs. 3 Satz 3 RStV die Absetzung der Werbung vom Programm des Senders einschließlich der Programmhinweise verlange (BVerwG, Urt. v. 14.10.2015, aaO, Rdnr. 20).
ee. Auch das Schrifttum unterscheidet Programmankündigungen, die sich an den Rezipienten richten, von Eigenwerbung, weil es an der Absicht der Umsatzförderung „gegen Entgelt“ fehlt (Engels/Giebels, ZUM 2000, S. 279; Schulz in: Hahn/Vesting, aaO, § 45 RStV Rdnr. 98; Holznagel in: Spindler/Schuster, aaO, § 2 RStV Rdnr. 65).
ff. Die Ausstrahlung des Programmhinweises im Werbeblock ohne Zäsur nach erfolgter kommerzieller Werbung ist auch nicht etwa deshalb rechtmäßig, weil lediglich eine „überschießende“ Einordnung des Programmhinweises als Werbung vorliege, die unschädlich sei. Das Gegenteil ist der Fall. Der Rundfunkveranstalter darf das von § 7 Abs. 3 Satz 3 RStV vermittelte Trennungsgebot nicht zur Unkenntlichkeit bringen, indem er auch werbungsfremde Trailer in einem Werbeblock sendet. Denn das Trennungsgebot dient nicht nur dem Schutz des Publikums vor Irreführung, sondern auch der Wahrung der Unabhängigkeit der Programmgestaltung und Neutralität des Programmveranstalters. Es soll nicht der Eindruck entstehen, der Rundfunk lasse geschäftliche Interessen Dritter in die Programmgestaltung einfließen oder bevorzuge bestimmte Werbeanbieter auf andere Weise, weil sie hierfür bezahlen (BVerwG, Urt. v. 14.10.2015, aaO, Rdnrn. 11f. und 29).
c. Die Beklagte hat ihr Ermessen bei der Auswahl der Maßnahme beanstandungs-frei ausgeübt, § 114 VwGO. Die Ermessenserwägungen sind auf Seite 8 des Be-scheides ausgeführt. Die Beanstandung ist nach § 38 Abs. 2 Satz 2 RStV die mildeste Aufsichtsmaßnahme und bereits deshalb ermessensgerecht.
II. Die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 1.000,00 € ist ebenfalls rechtmäßig. Gemäß § 35 Abs. 11 RStV in Verbindung mit § 2 Abs. 1 der Satzung der Beklagten zur Erhebung von Kosten im Bereich des bundesweiten privaten Rundfunks vom 02. September 2009 (Nds. MBl. S. 847), geändert durch Satzung vom 07. September 2011 (Nds. MBl. S. 880), und Nr. I.7 des Kostentarifs beträgt der Gebührenrahmen für die angefochtene Aufsichtsmaßnahme 250,00 € bis 5.000,00 €. Die festgesetzte Gebühr beträgt nur 1/5 der zulässigen Höchstgebühr und ist bereits im Hinblick auf den Wert der Sache für die Beklagte nicht zu hoch gegriffen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.