Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 12.07.2012, Az.: L 15 AS 184/10

Zulässigkeit einer Anfechtungs- und Leistungsklage gegen die Ablehnung eines Abänderungsantrags nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X im sozialgerichtlichen Verfahren; Gewährung eines Mehrbedarfs nach dem SGB II für die durch eine Teilnahme an ärztlich verordnetem Rehabilitationssport entstandenen Kosten

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
12.07.2012
Aktenzeichen
L 15 AS 184/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 34743
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2012:0712.L15AS184.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Osnabrück - AZ: S 22 AS 309/10

Redaktioneller Leitsatz

1. Ein Bescheid, mit dem die Änderung eines bestandskräftigen Bewilligungsbescheides über laufende Leistungen nach dem SGB II wegen einer vom Leistungsberechtigten behaupteten Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisses abgelehnt wird, ist kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Er erledigt sich durch einen später erteilten Bescheid, der ebenfalls eine beantragte Änderung nach § 48 SGB X zum Gegenstand hat und denselben Zeitraum betrifft.

2. Die Teilnahme am Rehabilitationssport begründet im Regelfall keinen unabweisbaren Bedarf im Sinne der vom BVerfG in seinem Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 geschaffenen Härtefallregelung. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung eines Mehrbedarfs für die durch Teilnahme an ärztlich verordnetem Rehabilitationssport entstandenen Kosten (Fahrtkosten und Mitgliedsbeiträge). Der 1950 geborene, schwerbehinderte Kläger stand mit seiner 1953 geborenen Ehefrau im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Mit bestandskräftigem Bescheid vom 3. Dezember 2009 bewilligte der Beklagte den Eheleuten Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2010 in Höhe von 907,87 EUR monatlich.

2

Mit einem am 23. Februar 2010 eingegangenen Schreiben beantragte der Kläger unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung für Rehabilitationssport vom 15. Februar 2010 und der ersten Seite eines Entlassungsberichts der I. -Klinik vom 1. Februar 2010 über eine im Januar 2010 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme die Übernahme des "zuzahlungspflichtigen Eigenanteils" und der anfallenden Fahrtkosten (zweimal wöchentlich je 4,70 EUR). Mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. März 2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte er aus, es handele sich bei den geltend gemachten Kosten nicht um einen unabweisbaren Bedarf im Sinne der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09 u. a.) geschaffenen Härtefallregelung. In dem Entlassungsbericht über die durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme sei lediglich die selbständige Fortsetzung der erlernten physiotherapeutischen Übungen empfohlen worden. Dies sei auch ohne Anleitung möglich. Auch die in dem Kostenübernahmeantrag angeführten Ziele der Gewichtsreduktion sowie Verbesserung der Ausdauer seien durch weniger kostenintensive Maßnahmen wie eigenständiges Training und Ernährungsumstellung erreichbar. Soweit auch Bezieher von Arbeitslosengeld II Zuzahlungen nach § 62 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) bis zur Belastungsgrenze nach § 62 Abs. 1 S. 2 SGB V zu leisten hätten, werde hierdurch das verfassungsrechtlich verbürgte Existenzminimum nicht unterschritten. Es sei insbesondere auch zu berücksichtigen, dass Leistungsbezieher nach dem SGB II ohne eigene Beitragslast in vollem Umfang wie Beschäftigte berechtigt seien, alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu beanspruchen. Entstehende Fahrtkosten seien durch die Regelleistung pauschaliert abgedeckt und könnten deshalb nicht als zusätzlicher Sonderbedarf bewilligt werden. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 16. März 2010) hat der Kläger - auch im Namen seiner Ehefrau - am 7. April 2010 Klage erhoben, wobei er die für die Ehefrau erhobene Klage in einem im Berufungsverfahren durchgeführten Erörterungstermin am 23. März 2011 zurückgenommen hat.

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In der Folgezeit haben die Eheleute für den laufenden Bewilligungszeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2010 weitere Anträge auf Gewährung höherer Leistungen wegen hinzugetretener Bedarfe gestellt. Einen am 17. März 2010 eingegangenen Antrag auf Kostenübernahme für eine dem Kläger am 10. März 2010 augenärztlich verordnete Gleitsichtbrille lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2010 ab. Die hiergegen am 4. Juni 2010 erhobene Klage ist unter dem Aktenzeichen S 22 AS 481/10 bei dem Sozialgericht (SG) Osnabrück anhängig. Einen am 3. Mai 2010 eingegangenen Antrag auf Übernahme der Beerdigungskosten für die Schwiegermutter des Klägers lehnte der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 7. Mai 2010 ab. Einen am 17. Mai 2010 eingegangenen Antrag auf Erteilung eines Änderungsbescheides für die Zeit ab dem 1. März 2010 mit "Anpassungen für Strom, Telefon, öPv im Sinne des BVerfG vom 09.02.2010" beschied der Beklagte mit bestandskräftigem Ablehnungsbescheid vom 26. Mai 2010. Ferner blieb auch ein Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Sehhilfe der Ehefrau erfolglos (Bescheid vom 9. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2011). Die insoweit am 14. Februar 2011 erhobene Klage ist unter dem Aktenzeichen S 22 AS 93/11 bei dem SG Osnabrück anhängig. Schließlich berechnete der Beklagte die Leistungen wegen einer eingetretenen Änderung (Bezug einer Altersrente ab dem 1. September 2010) mit Bescheid vom 9. August 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25. August 2010 neu.

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Im vorliegenden Klageverfahren hat der Kläger unter Vorlage umfangreicher Unterlagen (u. a. Übersicht über seit 1989 bei ihm durchgeführten Operationen, Schwerbehinderten- und Rentnerausweis, Auszüge aus in anderen Verfahren eingeholten medizinische Gutachten und dem Entlassungsbericht der I. -Klinik) im Wesentlichen vorgetragen, für ihn sei in der I. -Klinik ein Trainingsprogramm in Einzeltherapie u. a. an fünf Geräten zusammengestellt worden. Nach Empfehlung der dortigen Ärzte habe die Bewegungstherapie in ambulanter Betreuung fortgesetzt werden sollen. Er habe den seinem Wohnsitz nächstgelegenen Anbieter "J." in K. ausgewählt, da dort die erforderlichen Geräte und das Fachpersonal vorhanden seien und diese Einrichtung für ihn mit öffentlichen Verkehrsmitteln in angemessener Zeit unter Berücksichtigung der bei ihm bestehenden Inkontinenz erreichbar sei. Die Kosten für den Rehabilitationssport (Beginn: 1. April 2010) für die Dauer von 45 Minuten würden mit der Krankenkasse abgerechnet, üblicherweise würden allerdings die Betreiber derartiger Einrichtungen einen Mitgliedsbeitrag u. a. für die Nutzung der Umkleide- und Ruheräume erheben, der sich in seinem Fall auf 29,00 EUR monatlich belaufe. Ferner entstünden Fahrtkosten in Höhe von 24,80 EUR monatlich.

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Der Beklagte hat vorgetragen, dass nach einer von ihm durchgeführten telefonischen Recherche bei zwei Anbietern in L. bei einer Teilnahme am Rehabilitationssport keine zusätzlichen Kosten wie Mitgliedsbeiträge entstünden. Ferner habe eine Internetrecherche ergeben, dass auch örtlich ansässige Sportvereine Wirbelsäulengymnastik anböten. Auf derartige kostengünstige Alternativen müsse sich der Kläger verweisen lassen. Der Mitgliedsbeitrag für das Fitnessstudio M., der u. a. auch zur Nutzung weiterer Trainingsgeräte sowie des Saunabereichs berechtige, sei nicht aus SGB II-Mitteln zu finanzieren.

6

Dieser Argumentation hat sich das SG Osnabrück angeschlossen und die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. Mai 2010 abgewiesen. Für die vom Kläger begehrten Leistungen sei keine Anspruchsgrundlage im SGB II vorhanden. Auch lasse sich der Anspruch nicht auf die vom BVerfG in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09 u. a.) geschaffene Härtefallregelung stützen. Eine "atypische Lebenslage" liege nicht vor, da auch andere SGB II-Leistungsempfänger Zuzahlungen aus dem Regelsatz bestreiten müssten. Darüber hinaus habe der Beklagte dargelegt, dass eine kostenlose Teilnahme am Rehabilitationssport bei verschiedenen Einrichtungen in Wohnortnähe des Klägers möglich sei. Dem Kläger stehe es somit frei, ob er diese kostenfreien Angebote nutze oder aber aus einer eigenen Entscheidung heraus eventuelle Zuzahlungen bei der Firma M. leiste.

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Gegen den ihm am 28. Mai 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 3. Juni 2010 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein bisheriges Begehren weiter und rügt, dass das SG die von ihm vorgelegte "umfängliche Beweisdokumentation" nicht berücksichtigt habe.

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Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

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den Gerichtsbescheid des SG Osnabrück vom 27. Mai 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, seinen Bewilligungsbescheid vom 3. Dezember 2009 zu ändern und ihm ab dem 1. April 2010 weitere Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 53,80 EUR monatlich zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

12

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

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Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Prozessakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Osnabrück vom 27. Mai 2010 ist zulässig. Der für eine zulassungsfreie Berufung erforderliche Streitwert von mehr als 750,00 EUR (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG) ist erreicht, da der Kläger sein Leistungsbegehren zeitlich nicht begrenzt hat und damit die Übernahme der ihm durch die Teilnahme am Rehabilitationssport entstehenden Kosten in Höhe von 53,80 EUR monatlich für den gesamten Verordnungszeitraum (18 Monate) geltend macht. Der Streitwert beläuft sich damit auf 968,40 EUR (18 x 53,80). Im Übrigen stehen im Hinblick auf den Verordnungszeitraum von 18 Monaten auch Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit, so dass zugleich die Voraussetzungen für eine streitwertunabhängige Zulässigkeit der Berufung nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG vorliegen.

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Die Berufung ist allerdings in der Sache nicht begründet.

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Der Kläger kann sein Ziel, zusätzlich zur Regelleistung einen Mehrbedarf wegen der Kosten für die Teilnahme am Rehabilitationssport zu erhalten, zulässigerweise im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgen (vgl. hierzu Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 146/10 R - Rdnr. 13). Die Klage ist allerdings bereits unzulässig, weil sich der angefochtene Bescheid vom 3. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2010 zwischenzeitlich erledigt hat. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

17

Der Kläger macht in der Sache höhere laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltend. Die hier streitbefangenen Kosten für die Teilnahme am Rehabilitationssport sind den Kosten für Gesundheitspflege und/oder den Fahrtkosten zuzuordnen, die in der Regelleistung abgebildet sind. Es handelt sich danach um einen Mehrbedarf, der vom Kläger nicht zum isolierten Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens bestimmt werden kann, da die Regelungen der Grundsicherungsträger über die laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (mit Ausnahme der Kosten der Unterkunft) nach ständiger Rechtsprechung des BSG (aaO. Rdnr. 14 m. w. N.) sich in rechtlich zulässigerweise Weise nicht in weitere Streitgegenstände aufspalten lassen. Um laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts handelt es sich nach der Rechtsprechung des BSG auch dann, wenn der Anspruch materiell-rechtlich allein auf § 73 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) gestützt wird. Nichts anderes kann gelten, wenn der Kläger - wie hier - einen unabweisbaren Bedarf auf der Grundlage der vom BVerfG in seinem o. g. Urteil vom 9. Februar 2010 geschaffenen Härtefallregelung begehrt.

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Sind nach alledem Mehrbedarfsleistungen Bestandteil der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, stellt sich das am 23. Februar 2010 eingegangene Schreiben des Klägers als Antrag dar, den bestandskräftigen Bewilligungsbescheid vom 3. Dezember 2009 wegen einer wesentlichen Änderung in den Verhältnissen mit Wirkung ab dem 1. April 2010 (Beginn des Rehabilitationssports) aufzuheben und ab diesem Zeitpunkt höhere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der Kosten für den Rehabilitationssport zu gewähren. Hieraus folgt zum einen, dass sich der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 3. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2010 von vornherein nur auf den laufenden Bewilligungszeitraum (1. Januar bis 31. Dezember 2010) bezogen haben kann, da der Beklagte zu einer weitergehenden Entscheidung mit Bindungswirkung für die Zukunft wegen der in § 41 Abs. 1 S. 4 SGB II vorgesehenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen nicht berechtigt gewesen ist, und die Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume ab dem 1. Januar 2011 nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreits geworden sind (vgl. BSG aaO. Rdnr. 15, 16 m. w. N.). Zum anderen folgt aus dem Umstand, dass der ursprüngliche Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 3. Dezember 2009 bestandskräftig geworden ist und der angefochtene Bescheid vom 3. März 2010 lediglich eine beantragte Änderung dieses Bewilligungsbescheides wegen einer eingetretenen Änderung in den Verhältnissen zum Gegenstand hat, dass sich der angefochtene Bescheid durch einen später erteilten neuen Bescheid, der denselben Zeitraum betrifft, gemäß § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) erledigt (vgl. für einen auf einen Neuantrag hin erteilten erneuten Ablehnungsbescheid: BSG, Urteile vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R - Rdnr. 8 und vom 25. Juni 2008 - B 11b AS 45/06 R - Rn. 27). Eine solche Erledigung dürfte zwar noch nicht durch den Bescheid vom 13. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2010, mit dem der Beklagte die Kostenübernahme für eine Sehhilfe abgelehnt hat, eingetreten sein. Denn dieser Bescheid ist in seinem Regelungsgehalt nicht mit dem angefochtenen Bescheid vergleichbar. Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen in Form eines einmaligen Bedarfs für die Anschaffung einer Sehhilfe war zum Zeitpunkt seines Erlasses noch nicht eingetreten, da der Kläger die Sehhilfe noch nicht beschafft hatte (und auch weiterhin noch nicht beschafft hat, vgl. Schriftsatz vom 24. November 2011 in dem Verfahren S 22 AS 481/10). Sein am 17. März 2010 eingegangenes Schreiben stellt sich danach letztlich als Antrag dar, eine Zusicherung zu erteilen, dass für den Fall einer zukünftig eintretenden Änderung in den Verhältnissen (einmaliger Bedarf für eine in Rechnung gestellte Brille) einmalige Leistungen im Fälligkeitsmonat gewährt werden. Ebenso wenig dürfte eine Erledigung durch den Bescheid vom 7. Mai 2010 eingetreten sein, da dieser einen Sonderbedarf (Beerdigungskosten) betrifft. Der angefochtene Bescheid vom 3. März 2010 hat sich allerdings durch den nachfolgend erteilten, bestandskräftig gewordenen Bescheid des Beklagten vom 26. Mai 2010 erledigt, mit dem dieser es abgelehnt hat, den vom Kläger beantragten Änderungsbescheid mit Wirkung ab dem 1. März 2010 wegen der behaupteten Änderung in den Verhältnissen (Erhöhung der Regelleistung aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010) zu erteilen. Aufgrund des diesem Bescheid zugrunde liegenden Abänderungsantrags war von dem Beklagten zu prüfen, ob und ggf. welche Änderungen tatsächlicher und/oder rechtlicher Art seit Erlass des bestandskräftigen Bewilligungsbescheides vom 3. Dezember 2009 eingetreten waren und ob sich aus allen Änderungen "per saldo" für den Kläger und seine Ehefrau eine günstigere neue Regelung ergab (vgl. zum Prüfungsumfang der Behörden bei Abänderungsanträgen nach § 48 SGB X: Waschull in: Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Auflage 2011, § 48 SGB X Rdnr. 59 m. w. N.), d. h. auch die von dem Kläger bereits früher behauptete Änderung wegen der Kosten für den Rehabilitationssport war bei der Entscheidung erneut zu berücksichtigen. Damit hat sich der angefochtene Bescheid, mit dem eine Änderung des Bewilligungsbescheides mit Wirkung ab dem 1. April 2010 abgelehnt worden ist, durch den nachfolgend erteilten Bescheid vom 26. Mai 2010, der eine Abänderung bereits mit Wirkung ab dem 1. März 2010 zum Gegenstand hat, erledigt. Weder der neue Bescheid noch die später erteilten, ebenfalls den hier streitbefangenen Zeitraum betreffenden Bescheide des Beklagten sind Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits nach § 96 SGG geworden, da die Ablehnung eines Änderungsbescheides ebenso wenig wie die Ablehnung der Leistung (vgl. hierzu BSG aaO.) ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist, er also mit Wirkung für die Zukunft weder abgeändert noch ersetzt werden kann.

19

Die Klage hätte allerdings auch für den Fall, dass sich der angefochtene Bescheid nicht erledigt hätte, keinen Erfolg haben können. Die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 3. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2010 misst sich an § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II (in der bis zum 31. März 2011 gültigen Fassung) i. V. m. § 330 Abs. 3 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) und § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X. Nach der zuletzt genannten Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, hier also der Bewilligungsbescheid vom 3. Dezember 2009 über die laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2010, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Eine wesentliche Änderung ist durch die Aufnahme des Rehabilitationssports am 1. April 2010 nicht eingetreten. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, lassen die Regelungen des SGB II in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung keine Erhöhung der Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts über die gesetzliche Pauschale hinaus zu (vgl. Urteil vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 146/10 R -, Rdnr. 20 m. w. N.). Bezogen auf die Zeit vor dem 1. Januar 2011 hat das BVerfG hinsichtlich der Höhe der Regelleistung klargestellt, dass deren rückwirkende Erhöhung ausscheidet (aaO. Rdnr. 210 ff.). Abgesehen davon, dass der Kläger die Gewährung eines Darlehens nicht beantragt hat, scheidet § 23 Abs. 1 SGB II als Rechtsgrundlage ebenfalls aus, weil es sich bei dem geltend gemachten zusätzlichen Bedarf um einen wiederkehrenden Bedarf handelt, die einer darlehensweisen Gewährung nicht zugänglich ist (BSG aaO. m. w. N.).

20

Als Anspruchsgrundlage kommt danach - wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen - allein die vom BVerfG in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 geschaffene Härtefallregelung in Betracht. Diese setzt einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen und besonderen Bedarf voraus, der so erheblich ist, dass die Gesamtsumme der dem Hilfebedürftigen gewährten Leistungen - einschließlich der Leistungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Hilfebedürftigen - das menschenwürdige Existenzminimum nicht mehr gewährleistet. Das BVerfG hat den Ausnahmecharakter dieses Anspruchs betont, indem es darauf hingewiesen hat, dass dieser zusätzliche Anspruch angesichts seiner engen und strikten Tatbestandsvoraussetzungen nur in seltenen Fällen entstehen dürfte (aaO. Rdnr. 208).

21

Davon ausgehend ist vorliegend eine Unabweisbarkeit des Bedarfs nicht ersichtlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Rehabilitationssport nicht unmittelbar der Therapie einer Krankheit dient, sondern wesentlich dazu beitragen soll, die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern, Restfunktionen zu mobilisieren, die Ausdauer und Belastungsfähigkeit zu erhöhen und den Betroffenen bei der psychischen Bewältigung ihrer Krankheit und Behinderung sowie den Folgewirkungen zu helfen (vgl. BSG, Urteil vom 22. April 2009 - B 3 KR 5/08 R - Rdnr. 21 m. w. N.). Handelt es sich danach bei Rehabilitationssport nicht um eine Maßnahme mit Behandlungs- und Therapiecharakter, die einen eindeutigen Krankheitsbezug aufweist, und soll dieser letztlich nur Hilfe zur Selbsthilfe bieten, betreffen die in Rede stehenden Kosten nicht einen unabweisbaren Bedarf. Denn eine unmittelbare Gesundheitsgefährdung des Klägers wäre nicht dadurch eingetreten, dass er nicht am Rehabilitationssport bei dem Anbieter "J." teilgenommen hätte. Bereits bestehenden gesundheitlichen Beschwerden hätte durch eine Krankenbehandlung etwa in Form von Krankengymnastik begegnet werden können, im Übrigen wären allgemeine Maßnahmen der Erhaltung und Förderung der Gesundheit auch in anderer Form möglich gewesen. Hierzu zählen etwa die in der Klageerwiderung dargestellten Angebote der örtlichen Sportvereine (Wirbelsäulengymnastik), deren Möglichkeit der Inanspruchnahme der Kläger nicht substantiiert bestritten hat, wie auch die Durchführung von gymnastischen Übungen oder Bewegungstherapie in Eigenregie. Gegen die Unabweisbarkeit der Teilnahme am Rehabilitationssport spricht im Falle des Klägers namentlich auch, dass in dem von ihm vorgelegten Bericht der I. -Klinik über die im Januar 2010 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme eine hierauf gerichtete Empfehlung gerade nicht ausgesprochen worden ist. Denn danach hatte der Kläger während der Rehabilitationsmaßnahme Übungen erlernt, deren regelmäßige selbständige Durchführung ihm empfohlen worden war. Diese Übungseinheiten in Eigenregie sollten bei Bedarf durch ambulante Krankengymnastik ergänzt werden. Wenn der Hausarzt dem Kläger im Anschluss an die Rehabilitationsmaßnahme - abweichend von der Empfehlung der dortigen Ärzte - gleichwohl Rehabilitationssport verordnet hat, ist die Berechtigung dieser Verordnung keineswegs in Frage zu stellen. Allerdings zeigen die Ausführungen in dem Entlassungsbericht der I. -Klinik, dass der Kläger für die Durchführung der Übungen nicht zwingend auf eine Anleitung angewiesen gewesen wäre, so dass die Teilnahme am Rehabilitationssport lediglich als sinnvoll, nicht aber als unabweisbar bezeichnet werden kann.

22

Liegt nach alledem ein unabweisbarer Bedarf nicht vor, muss der Senat nicht klären, ob dem Kläger durch die Teilnahme am Rehabilitationssport überhaupt gesonderte Fahrtkosten entstanden sind oder die Fahrten vielmehr mit einer ohnehin vorhandenen Zeitkarte durchgeführt werden konnten.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

24

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.