Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 18.07.2012, Az.: L 2 R 115/12

abhängige Beschäftigung; Masseur; Physiotherapeut; Unternehmerrisiko; Versicherungspflicht

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
18.07.2012
Aktenzeichen
L 2 R 115/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44314
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG - 02.02.2012 - AZ: S 1 R 1123/08

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein stundenweise entlohnter Physiotherapeut, der seine Leistungen ohne eignes Unternehmerrisiko im Betrieb der Auftraggeberin in deren Namen erbringt, wird abhängig beschäftigt.

2. Eine abhängige Beschäftigung verliert ihren Charakter nicht schon durch die Vereinbarung eines überdurchschnittlichen Gehaltes.

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Inhaberin eines Physiotherapiezentrums. Sie wendet sich mit ihrer Berufung gegen die von der Beklagten getroffene Feststellung, dass der früher in ihrem Unternehmen tätige Beigeladene abhängig und sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.

Der Beigeladene ist Masseur und medizinischer Bademeister. Er gründete im Mai 2004 unter Inanspruchnahme eines zunächst gewährten Existenzgründungszuschusses der Bundesagentur für Arbeit eine sog. Ich-AG, um seinen Beruf als Physiotherapeut ausüben zu können. Er verabreicht insbesondere Massagen, Lymphdrainagen, Fangopackungen, Hot-Stone-Massagen und elektrotherapeutische Maßnahmen.

Diese Tätigkeit übte der Beigeladene überwiegend in den Räumen der Klägerin mit der dort von ihr bereitgestellten Ausrüstung, teilweise auch im Rahmen von Hausbesuchen aus. Für seinen Zeitaufwand stellte er der Klägerin 22 € je Stunde (zuzüglich eines eventuell angefallenen Kilometergeldes von 0,28 Ct. je Kilometer) in Rechnung. Beispielsweise stellte der Beigeladene der Klägerin für Mai 2004 65 Stunden, für Februar 2005 und Februar 2006 jeweils 105,5 Stunden, für Juli 2007 71 Stunden und für Januar 2008 87 Stunden in Rechnung, die von der Klägerin mit jeweils 22 € vergütet wurden. Gegenüber den Kunden bzw. Kostenträgern rechnete die Klägerin im eigenen Namen ab. Ein schriftlicher Vertrag wurde zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen nach den damaligen Angaben des Beigeladenen nicht geschlossen (vgl. seine Erklärung, Bl. 9 Verwaltungsvorgänge). Neben der Tätigkeit für die Klägerin behandelte der Beigeladene in seinem häuslichen Bereich in relativ geringfügigem Umfang (etwa 5 % seiner für die Klägerin aufgewandten Arbeitszeit) Patienten auf eigene Rechnung (Bl. 62 GA).

Am 27. Dezember 2007 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status und wies darauf hin, dass sein einziger Auftraggeber die Klägerin sei.

Mit Bescheid vom 21. April 2008 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene die Tätigkeit als Masseur in dem Physiotherapiezentrum der Klägerin seit Juni 2004 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und seit dem 1. Juni 2007, d.h. nach Auslaufen des Existenzgründungszuschusses, dem Grunde nach der Sozialversicherungspflicht unterliege. Ein schriftlicher Vertrag existiere nicht. In der Gesamtwürdigung überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, insbesondere trage der Beigeladene kein unternehmerisches Risiko.

Mit ihrem am 15. Mai 2008 eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass der Beigeladene selbständig über die Ausübung seiner Tätigkeit und die Arbeitszeiten entscheide. Er sei nicht weisungsgebunden. Einen schriftlichen Vertrag über die Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen legte die Klägerin im Widerspruchsverfahren nicht vor. Mit Bescheiden vom 14. November 2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin und einen auch von Seiten des Beigeladenen eingelegten Widerspruch zurück.

Mit der am 15. Dezember 2008 erhobenen Klage hat die Klägerin einen Vertrag zwischen ihr und dem Beigeladenen mit dem Datum vom 1. Mai 2004 vorgelegt. Unter der Überschrift "Vertrag über die selbständige Mitarbeit", in dem die Klägerin als "Auftraggeberin" bezeichnet wurde, wurde danach vereinbart, dass der Kläger ab Mai 2004 die Aufgabe eines Masseurs mit wöchentlich 15 Stunden übernehmen sollte. Bei der "Durchführung" dieser Tätigkeit sollte er keinen Weisungen der Auftraggeberin unterliegen. Je Arbeitsstunde war ein Honorar von 22 € vereinbart. In dem Vertrag wurde dem Kläger untersagt, außerhalb des Physiotherapiezentrums der Klägerin (ohne deren schriftliche Genehmigung) Patienten mit Wohnsitz in J. zu behandeln oder anderweitig für "unmittelbare Konkurrenzfirmen" tätig zu werden (§§ 4, 12 des Vertrages). In § 10 des Vertrages hieß es: "Von der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages ist in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst kein Gebrauch gemacht worden…"

Die Klägerin hat geltend gemacht, dass der Vertrag inhaltlich auf Empfehlungen des Berufsverbandes beruhe. Der Vertrag habe nicht nur auf dem Papier bestanden, sondern den tatsächlichen Willen der Vertragspartner zum Ausdruck gebracht. Die Vertragsbeteiligten hätten eine selbständige Tätigkeit vereinbart, gewollt und gelebt.

Der Verdienst des Beigeladenen sei von der Auftragslage abhängig gewesen; insofern habe der Beigeladene ein unternehmerisches Risiko getragen. Sein Gehalt habe im Hinblick auf die von ihm zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge das bei einem angestellten Masseur übliche Gehalt um etwa das Doppelte überstiegen. Einer angestellten Masseurin zahle sie beispielsweise bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden lediglich ein Bruttomonatsgehalt von 1.811,76 €.

Der Beigeladene habe auch zu Hause auf eigene Rechnung Patienten behandelt. Seine Einsatzzeiten im Betrieb der Klägerin seien stets "individuell mit diesem abgestimmt" worden.

Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2012 hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die angefochtenen Bescheide nach ihrer Auffassung rechtswidrig seien, da sie nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 11. März 2009 - B 12 R 11/07 R - SozR 4-2400 § 7a Nr 2) und vom 4. Juni 2009 - B 12 R 6/08 -) nicht berechtigt sei, isolierte Feststellungen über das Vorliegen von Elementen eines Versicherungsverhältnisses zu treffen.

Dessen ungeachtet wies das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 2. Februar 2012, der Klägerin zugestellt am 17. Februar 2012, ab. Zur Begründung hat es dargelegt, dass in der gebotenen Gesamtwürdigung die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Gesichtspunkte eindeutig das Übergewicht aufwiesen.

Mit der am 15. März 2012 eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie weist darauf hin, dass nur sie, nicht der Beigeladene, Vereinbarungen mit den Kostenträgern über eine Abrechnung abgeschlossen habe. Auch der Beigeladene habe eine selbständige Tätigkeit gewollt.

Mit Änderungsbescheid vom 4. Juli 2012 hat die Beklagte den angefochtenen Bescheid dahingehend konkretisiert, dass sie (nur) bezogen auf den Zeitraum 1. Juni 2007 bis 31. März 2008 ein der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegendes Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen im Betrieb der Klägerin festgestellt hat.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 2. Februar 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 21. April 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2008 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 4. Juli 2012 aufzuheben und

2. festzustellen, dass der Beigeladene die im Betrieb der Klägerin wahrgenommene Tätigkeit als Masseur nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist davon auszugehen, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Masseur und Physiotherapeut im Betrieb der Klägerin - in dem nach Maßgabe des nach § 96 SGG in die Überprüfung einzubeziehenden Änderungsbescheides vom 4. Juli 2012 allein noch streitbetroffenen Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis zum 31. März 2008 - im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und - bei einem Monatslohn zwischen 1364 und 2002 € - mehr als nur geringfügig ausgeübt hat. Dementsprechend hat die Beklagte zutreffend auf die Anfrage des Beigeladenen nach § 7a SGB IV eine durch seine Beschäftigung im Unternehmen der Klägerin begründete Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt. Insbesondere hat die Beklagte in der für die Überprüfung maßgeblichen Fassung ihres Änderungsbescheides vom 4. Juli 2012 die zunächst unzulässige Elementenfeststellung (vgl. BSG, U.v. 11. März 2009 - B 12 R 11/07 RSozR 4-2400 § 7a Nr 2 - und vom 4. Juni 2009 - B 12 R 6/08) durch die zulässige, hinreichend bestimmte und inhaltlich zutreffende Feststellung konkreter Pflichtversicherungsverhältnisse ersetzt.

In der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 SGB VI), ebenso unterliegen sie der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V unterliegen Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Damit korrespondiert nach § 20 SGB XI die Pflichtmitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung.

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung und damit einer Versicherungspflicht in den genannten Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung ist damit § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Die Feststellung einer entsprechenden Beschäftigung richtet sich nach den Grundsätzen, die Lehre und Rechtsprechung zum Begriff des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses in der Sozialversicherung bzw. zur Beschäftigung als "nichtselbständige Arbeit" iS des § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entwickelt haben. Arbeitnehmer ist hiernach, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Erforderlich ist insbesondere eine Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers (BSG, U.v. 6. März 2003 - B 11 AL 25/02 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 1 mwN). Das Gesetz bringt diese Grundsätze mit der Formulierung zum Ausdruck, dass Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers sind (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (BSG, Urteil v. 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -).

Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, U.v. 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -).

Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (BSG, U.v. 22. Juni 2005 - B 12 KR 28/03 R - NZS 2006, 318 mwN; vgl. zum abhängigen Beschäftigungsverhältnis eines Physiotherapeuten auch Bay.LSG, U.v. 24. Januar 2006 - L 5 KR 185/04 -; die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist vom BSG mit Beschluss vom 21. September 2006 - B 12 KR 24/06 B – verworfen worden).

Im vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt überwiegen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale. Dabei ist vorsorglich klarzustellen, dass im vorliegenden Zusammenhang allein die zur Prüfung gestellte Tätigkeit des Beigeladenen als Masseur bzw. Physiotherapeut im Betrieb der Klägerin zu beurteilen ist. Eine unabhängig davon insbesondere im häuslichen Bereich ausgeübte Tätigkeit als Masseur und Physiotherapeut schuldete der Beigeladene nicht gegenüber der Klägerin; sie ist von Seiten der Klägerin auch nicht honoriert worden, sondern vielmehr von betroffenen Kunden jeweils vergütet worden. Bei solchen Physiotherapieleistungen im häuslichen Bereich ist der Kläger als selbständiger Unternehmer im eigenen Namen nach außen aufgetreten. Diese stellte sich dabei als eine rechtlich von der Tätigkeit im Betrieb der Klägerin zu unterscheidende (selbständige) Tätigkeit dar. Sie lässt auch keine Rückschlüsse auf die rechtliche Einordnung der im Betrieb der Klägerin erbrachten Tätigkeit als Masseur und Physiotherapeut zu. Selbstverständlich können auch abhängig Beschäftigte nebenberuflich einer selbständigen Tätigkeit nachgehen.

Bezogen auf die im Betrieb der Klägerin wahrgenommene Tätigkeit des Beigeladenen überwiegen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale. Maßgeblich ins Gewicht fällt zunächst der Umstand, dass der Beigeladene kein Unternehmerrisiko getragen hat. Der Beigeladene hat weder eigenes (Wagnis-)Kapital eingesetzt noch bestand die Gefahr, dass er für seine Arbeit nicht bezahlt wurde (vgl. zu diesen Kriterien: BSG, U.v. 18. Dezember 2001 - B 12 KR 8/01 R -). Das Risiko, dass Vertragsbeziehungen beendet werden, wenn ein Unternehmer mit seinen Dienstleistungen am Markt keinen Erfolg hat, trifft nicht nur seine selbständigen Zulieferer oder Subunternehmer, sondern auch seine Arbeitnehmer (vgl. ebenfalls BSG, U.v. 18. Dezember 2001, aaO). Im Übrigen zielten die Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen im Einklang mit ihrer tatsächlichen Umsetzung auch gerade darauf ab, dass die Kunden den Beigeladenen nicht als eigenständigen Dienstleister, sondern als Angestellten der die Dienstleistung erbringenden Klägerin wahrnahmen.

Gegen die Annahme einer selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen spricht damit auch das Fehlen eines eigenen Auftritts auf dem Markt. Nach außen gegenüber den Kunden sind die von dem Beigeladenen im Physiotherapiezentrum der Klägerin erbrachten Leistungen im Namen der Klägerin erbracht worden. Der Beigeladene ist gegenüber den Kunden sowohl nach den vertraglichen Vereinbarungen als auch nach der tatsächlichen Handhabung wie ein Angestellter der Klägerin aufgetreten. Insbesondere haben auch die Klägerin bzw. ihre Angestellten die Termine mit den Kunden vereinbart und diesen die vom Beigeladenen erbrachten Leistungen in Rechnung gestellt. Es sollte für die Kunden gerade gar nicht erkennbar sein, ob der jeweils behandelnde Masseur Angestellter der Klägerin war oder in einer sonstigen Rechtsbeziehung zu ihr stand. Dementsprechend gingen die Klägerin und der Beigeladene auch als selbstverständlich davon aus, dass der Beigeladene seine Leistungen qualitativ entsprechend dem im Betrieb der Klägerin üblichen Niveau zu erbringen hatte, da die Kunden sonst etwaige Mängel der Klägerin als Betriebsinhaberin und Auftragsnehmerin anlasten würden.

Dem Beigeladenen stand es insbesondere bereits nach der Anzahl der ihm von der Klägerin (bzw. im Auftrag der Klägerin von den mit der Terminvergabe beauftragten Mitarbeitern der Klägerin) zugewiesenen Kunden/Patienten nicht frei, die Behandlungsdauer nach eigenem Gutdünken wesentlich zu verkürzen oder zu verlängern.

Schon diese Umstände machen auch die Eingliederung des Beigeladenen in den Betrieb der Klägerin deutlich.

Nachhaltig für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht auch die vereinbarte stundenweise Vergütung. Der Kläger erhielt wie ein Arbeitnehmer eine Zeitvergütung, und zwar unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg seiner Arbeit. Der Beigeladene erhielt eine gleichbleibende Vergütung von 22 € je Stunde, und zwar losgelöst davon, ob er seine Leistung gut oder schlecht erbrachte. Ihm war auch keine echte unternehmerische Chance eröffnet, weil er einen höheren Verdienst nur durch einen zeitlich ausgeweiteten Einsatz seiner Arbeitskraft hätte erzielen können; damit unterschied er sich nicht von den Möglichkeiten eines abhängig Beschäftigten, durch Erhöhung der täglichen Arbeitszeit oder durch Überstunden das Entgelt zu erhöhen.

Dass die Arbeitszeiten zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen abgesprochen werden mussten, ergab sich aus der Natur der Sache. Entsprechende Absprachen wären auch üblich gewesen, wenn der Beigeladene im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung für die Klägerin in Teilzeit tätig geworden wäre. Im Übrigen können auch abhängige Beschäftigungsverhältnisse so ausgestaltet werden, dass der Arbeitnehmer betreffend Ort, Zeit und Dauer seiner Arbeitsleistung weitgehend weisungsfrei agieren kann (BSG, U.v. 18. Dezember 2001, - B 12 KR 10/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 20).

Auch das in dem Vertrag zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen vereinbarte begrenzte Verbot der Ausübung von Nebentätigkeiten spricht eher für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. In dem Vertrag wurde dem Kläger untersagt, außerhalb des Physiotherapiezentrums der Klägerin (ohne deren schriftliche Genehmigung) Patienten mit Wohnsitz in J. zu behandeln oder anderweitig für "unmittelbare Konkurrenzfirmen" tätig zu werden (§§ 4, 12 des Vertrages). Entsprechende Klauseln sind häufig in Arbeitsverträgen zu finden.

Die Höhe der mit dem Beigeladenen vereinbarten Vergütung bietet keine Grundlage für eine anderweitige Bewertung seiner Tätigkeit im Betrieb der Klägerin. Eine abhängige Beschäftigung verliert ihren Charakter nicht schon durch die Vereinbarung eines überdurchschnittlichen Gehaltes. Vielmehr können auch Spitzenverdiener, die weitaus mehr als der Beigeladene verdienen, abhängig im Sinne der vorstehend erläuterten gesetzlichen Vorgaben beschäftigt werden. Dementsprechend ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass sowohl im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse als auch bei der Beauftragung von Selbständigen vielfach große Spannbreiten hinsichtlich der als angemessen anzusehenden Vergütung in Betracht zu ziehen sind.

Soweit die Klägerin geltend macht, dass das Gehalt des Beigeladenen im Hinblick auf die von ihm zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge das bei einem angestellten Masseur übliche Gehalt um etwa das Doppelte überstiegen habe, ist ihr Vortrag im Übrigen auch bereits nicht stimmig. Einer angestellten Masseurin zahlt die Klägerin nach eigenen Angaben bei einer wöchentlich Arbeitszeit von 38,5 Stunden ein Bruttomonatsgehalt von 1.811,76 €. Dies entspricht von der Klägerin zu tragenden Lohnkosten (bei - nach Abzug von Urlaub, Krankheits- und Feiertagen - geschätzt etwa 42 Wochen) in Höhe von etwa 13,50 € je Stunde (zuzüglich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und zuzüglich eventuell vereinbarter Sonderbezüge etwa in Form eines Weihnachtsgeldes). Die Klägerin hat aber keineswegs dem Beigeladenen 27 € je Stunde, sondern nur 22 € gezahlt.

Bei Vergleich dieser beiden Zahlen ist zudem zu berücksichtigen, dass die Klägerin bei einer angestellten Masseurin das Risiko trägt, dass diese mangels hinreichender Kundennachfragen nicht vollumfänglich während der vereinbarten Arbeitszeiten gewinnbringend eingesetzt werden kann, wohingegen der Beigeladene nur die tatsächlich mit therapeutischen Arbeiten verbrachten Stunden vergütet bekommen hat.

Überdies ist es in Betrieben vielfach üblich, auch bei Angestellten die Höhe des jeweils vereinbarten Gehalts in Abhängigkeit namentlich von der individuellen Leistungsfähigkeit und der Berufserfahrung festzulegen, so dass sich auch bei unter gleichermaßen abhängig Beschäftigten erhebliche Gehaltsunterschiede feststellen lassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.