Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 13.08.2014, Az.: 10 UF 162/14

Voraussetzungen der Auferlegung der Kosten des Vefahrens wegen von vornherein offenkundigen Fehlens der Erfolgsaussicht eines Antrags auf Abänderung des Versorgungsausgleichs

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
13.08.2014
Aktenzeichen
10 UF 162/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 22416
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2014:0813.10UF162.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover

Fundstellen

  • FamRZ 2015, 326
  • JurBüro 2014, 589-590
  • NJOZ 2015, 681
  • NJW 2014, 6

Amtlicher Leitsatz

Bei Anträgen zum Versorgungsausgleich erscheint es regelmäßig nicht angezeigt, von einem von vornherein offenkundigen Fehlen der Erfolgsaussicht im Sinne von § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG auszugehen; dies gilt insbesondere insoweit, als es sich um durch die Beteiligten persönlich gestellte Abänderungsanträge handelt.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover im Ausspruch zu den Kosten geändert und wie folgt neu gefaßt:

Für das erstinstanzliche Verfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben; ihre erstinstanzlich entstandenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst (§ 81 FamFG).

Gerichtskosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erheben (§ 20 FamGKG); ihre im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst (§ 81 FamFG).

Gründe

I.

Die Ehe der Beteiligten ist durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 5. August 2008 unter Durchführung des Versorgungsausgleichs geschieden worden. Dabei hatte das Amtsgericht ausdrücklich auf die Möglichkeit einer späteren Neuberechnung aufgrund veränderter Rentenwerte hingewiesen.

Mit am 23. September 2013 eingegangenem Schreiben hat der Antragsteller persönlich im Hinblick auf die sich aus seinem aktuellen Rentenbescheid ergebenden Abweichungen zu den im seinerzeitigen Versorgungsausgleich angegebenen Werten darum gebeten, den Versorgungsausgleich neu zu berechnen. Das Amtsgericht hat ihn mit Schreiben vom 10. Oktober 2013 darauf hingewiesen, daß diese Abweichung wesentlich auch auf der durchgeführten Kürzung seiner Altersrente durch den Versorgungsausgleich beruhen dürfte. Abschließend heißt es "Teilen sie daher binnen zwei Wochen mit, ob Sie die Fortsetzung des Verfahrens wünschen." Nachdem sich der Antragsteller, der den Hinweis dahin verstanden hatte, daß die weitere Durchführung des Verfahrens ohne seine entsprechende Mitteilung unterbleiben werde, nicht gemeldet hatte, hat das Amtsgericht die erforderlichen aktuellen Auskünfte der Versorgungsträger eingeholt. Für die Ehefrau hatte sich für das Verfahren alsbald eine Rechtsanwältin legitimiert.

Nach Vorlage der Auskünfte hat das Amtsgericht unter dem 29. April 2014 den Antragsteller darauf hingewiesen, daß danach die Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß § 51 VersAusglG mangels Vorliegens einer in diesem Sinne wesentlichen Änderung nicht vorlägen und ihm eine Antragsrücknahme nahegelegt, die alsbald erfolgt ist.

Mit Beschluß vom 5. Juni 2014 hat das Amtsgericht schließlich die Verfahrenskosten insgesamt dem Antragsteller auferlegt und den Verfahrenswert auf 1.000 € festgesetzt. Seine Kostenentscheidung hat das Amtsgericht damit begründet, daß die Voraussetzungen nach § 81 Abs. 2 [Nr. 2] FamFG gegeben seien. Der Beschluß ist abschließend mit einer Rechtsbehelfsbelehrung bezüglich der Hauptsacheentscheidung (befristete Beschwerde gemäß § 58 FamFG) versehen; eine gesonderte Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 8a FamGKG bezüglich der Wertentscheidung (Beschwerde innerhalb der Frist des § 55 Abs. 2 FamGKG bei einem Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 200 € gemäß § 59 FamGKG) enthält sie dagegen nicht.

Gegen diesen, ihm am 12. Juni 2014 zugestellten Beschluß richtet sich die am 25. Juni 2014 eingelegte Beschwerde des Antragstellers, der sich gegen "eine nochmalige Kostenerzeugung" wendet und "um Erlassung der Kosten" bittet.

Das Amtsgericht hat die Beschwerde als eine solche gegen die Wertfestsetzung ausgelegt und ihr - schon unter Hinweis auf das Fehlen eines hinreichenden Wertes des Beschwerdegegenstandes - nicht abgeholfen.

Der Senat hat die Beteiligten unter Fristsetzung für etwaige Stellungnahmen darauf hingewiesen, daß die Beschwerde als eine solche gegen die Kostenentscheidung auszulegen sein werde, sowie darauf, daß und warum im einzelnen die Beschwerde voraussichtlich Erfolg haben müsse. Stellungnahmen dazu sind nicht erfolgt.

II.

1. Die Beschwerde des Antragstellers richtet sich schon nach ihrem wiedergegebenen Kernpetitum ohne jeden vernünftigen Zweifel nicht gegen die amtsgerichtliche Wertfestsetzung, sondern vielmehr gegen die amtsgerichtliche Kostenentscheidung. Dafür spricht vorliegend zusätzlich, daß das Amtsgericht auch allein diesbezüglich eine Rechtsbehelfsbelehrung erteilt hatte, eine gesonderte Anfechtbarkeit der Wertfestsetzung also für den Antragsteller nicht einmal ohne weiteres erkennbar war.

2. Diese Beschwerde ist fristgerecht eingelegt und - ohne daß es nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Beschluß vom 27.11.2013 - XII ZB 597/13 - FamRZ 2014, 372 f. = NJW-RR 2014, 129) in fG-Verfahren der Erreichung einer Mindestbeschwer bedürfte - auch im übrigen zulässig.

3. Sie hat auch - worauf die Beteiligten vorab ausdrücklich hingewiesen worden sind - den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg.

a. Nach ganz einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung ist die Kostenentscheidung des Familiengerichtes soweit sie auf einer Ermessensausübung beruht, vom Beschwerdegericht allein auf Ermessensfehler zu überprüfen. Einer vollständigen inhaltlichen Überprüfung unterliegt sie dagegen, soweit dabei das tatsächliche Vorliegen von Regelbeispielen für eine Einschränkung oder einen Wegfall des Ermessens angenommen wird (vgl. etwa Senatsbeschluß vom 18. August 2011 - 10 UF 179/11 - Jamt 2012, 40 f. = ZKJ 2012, 28 f. = FamRB 2012, 281 f. = FamFR 2011, 472 = BeckRs 2011, 21941 = juris = FamRZ 2011, 1894 [Ls]).

Im Streitfall ist das Amtsgericht davon ausgegangen, der Antrag des Antragstellers habe im Sinne von § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG von vornherein keine Aussicht auf Erfolg gehabt und dies habe der Antragsteller auch erkennen können; dies unterliegt nach dem Vorgesagten der vollen Überprüfung durch den Senat.

b. Aus zweifachem Grund ist vorliegend jedoch ein Fall nach § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG nicht anzunehmen. Zum einen hat das Amtsgericht selbst im bereits eingeleiteten Verfahren mit Verfügung vom 10. Oktober 2013 den Antragsteller auf die aus seiner Sicht fehlende Erfolgsaussicht des Antrages hingewiesen. Es ist damit also selbst unzweideutig davon ausgegangen, daß die fehlende Erfolgsaussicht für den Antragsteller bis dahin jedenfalls nicht offenkundig erkennbar war. Auch eine auf die Hinweisverfügung hin erfolgte frühere Antragsrücknahme hätte im übrigen an den durch das Verfahren bereits ausgelösten Kosten nichts mehr geändert. Zum anderen hat sich die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren anwaltlich vertreten lassen, ist also ihrerseits ebenfalls nicht von einem offenkundigen Fehlen der Erfolgsaussicht des Antrages ausgegangen.

Jedenfalls bei - im Streitfall maßgeblichen - Fragen des Versorgungsausgleichs, die sich erfahrungsgemäß vielfach auch für Rechtsanwälte als nicht ohne weiteres überschaubar erweisen, erscheint es regelmäßig nicht angezeigt, von einem von vornherein offenkundigen Fehlen der Erfolgsaussicht im Sinne von § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG auszugehen; dies gilt insbesondere insoweit, als es sich um durch die Beteiligten persönlich gestellte Abänderungsanträge handelt.

c. Im Ergebnis hat somit der Senat hier selbst unter eigener Ermessensausübung die Entscheidung über die Kosten zu treffen (vgl. auch Senatsbeschluß vom 20. Februar 2012 - 10 UF 23/12 - juris = BeckRS 2012, 10484 = FamRZ 2012, 1324 [Ls]). Dies führt unter den Umständen des Streitfalles und da keine Gesichtspunkte geltend gemacht oder sonst erkennbar sind, die für eine Kostenauferlegung auf den Antragsteller sprechen könnten, zu der aus dem Tenor ersichtlichen Kostenverteilung.

III.

Angesichts der Nichterhebung von Gerichtskosten ist die Festsetzung eines Verfahrenswertes nicht veranlaßt; die - gemäß § 33 Abs. 1 RVG nur auf Antrag vorzunehmende - Festsetzung eines Geschäftswertes für die Anwaltsvergütung ist nicht beantragt; der Geschäftswert das Beschwerdeverfahren ergäbe sich allerdings unproblematisch aus dem - vom Amtsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung zutreffend ermittelten - Kosteninteresse des Antragstellers.