Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 27.05.2004, Az.: 2 A 115/02
Ermessen; fiktiv; Frontmetermaßstab; Gebührenkalkulation; Gebührenminderung; Gleichheitssatz; Hinterliegergrundstück; Straßenreinigungsgebühr; Wahrscheinlichkeitsmaßstab
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 27.05.2004
- Aktenzeichen
- 2 A 115/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50839
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 5 KAG ND
- § 52 StrG ND
- Art 3 Abs 1 GG
Gründe
Die angegriffenen Bescheide verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Rechtlich unerheblich ist es, dass die Beklagte eine zu niedrige Straßenreinigungsgebühr festsetzte.
Rechtliche Grundlage für die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren ist § 52 Nds. Straßengesetz - NStrG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1980 (Nds. GVBl. S. 359), geändert durch Artikel 8 des Gesetzes zur Verbesserung der kommunalen Handlungsfähigkeit vom 31. Mai 1996 (GVBl. S. 242). Nach Abs. 1 Satz 2 dieser Vorschrift sind Art, Maß und räumliche Ausdehnung der ordnungsgemäßen Straßenreinigung von der Gemeinde durch Verordnung nach dem Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetz zu regeln. Gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 NStrG gelten für die der Reinigung unterliegenden Straßen die Eigentümer der anliegenden Grundstücke als Benutzer einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des kommunalen Abgabenrechts, wenn die Gemeinden die Straßenreinigung durchführen. Nach Satz 2 können die Gemeinden in der Straßenreinigungsgebührensatzung den Eigentümern der anliegenden Grundstücke die Eigentümer der übrigen durch die Straße erschlossenen Grundstücke und die Inhaber besonders bezeichneter dinglicher Nutzungsrechte gleichstellen. Der vom Landesgesetzgeber eingeräumten Möglichkeit der Gleichstellung von „Eigentümern der anliegenden Grundstücke" mit den „Eigentümern der übrigen durch die Straße erschlossenen Grundstücke" hat die Beklagte durch § 5 Abs. 2 ihrer Satzung über die Reinigung der öffentlichen Straßen und über die Erhebung von Gebühren für die Straßenreinigung - StrRGebS - vom 16. Oktober 1989 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems vom 24.11.1989, S. 1209), zuletzt geändert durch § 1 der Satzung über die Höhe der Gebühren für die Benutzung der Straßenreinigung, Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung für das Haushaltsjahr 2001 vom 19. Dezember 2000 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems Nr. 51 a, S. 1213) Rechnung getragen. Rechtsgrundlage für die Satzung sind die §§ 2, 5 Nds. Kommunalabgabengesetz - NKAG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Februar 1992 (GVBl. S. 29), geändert durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes vom 30. Juli 1997 (GVBl. S. 374) i.V.m. § 52 NStrG. Welche Straßen gereinigt werden, hat die Beklagte in der Anlage ihrer Verordnung über Art, Maß und räumliche Ausdehnung der Straßenreinigung vom 16. Oktober 1989 - StrRVO - (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems vom 24.11.1989, S. 1211), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Dezember 2000 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems Nr. 51 a vom 29. Dezember 2000, S. 1215) bestimmt, die wiederum auf § 55 Nds. Gefahrenabwehrgesetz i.d.F. vom 20. Februar 1998 (GVBl., S. 101) i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 2 NStrG beruht. Dazu gehört auch die Straße H.-Weg von der B. Straße bis zur B. ...straße, für die in diesem Abschnitt seit dem 1. Januar 2001 die Reinigungsklasse 4 festgesetzt ist (s. Art. II Nr. 41 der Änderungs-VO).
Die „Übernahme“ der Reinigung dieses Abschnitts des H.-Weges durch die Beklagte ab 1. Januar 2001 lässt trotz der Einwendungen der Klägerin schon deshalb keine Rechtsfehler erkennen, weil grundsätzlich die Gemeinden reinigungspflichtig sind (s. § 52 Abs. 2 NStrG und § 1 Abs. 3 StrRVO; vgl. auch VG Braunschweig, Urteil vom 18. Dezember 2002 - 6 A 51/02 -, Juris). Ihnen steht allerdings ein Gestaltungsspielraum im Sinne eines normativen Ermessens zu, ob und in welchem Umfang sie die Reinigungspflicht den Eigentümern der anliegenden Grundstücke und den Eigentümern der übrigen durch die Straße erschlossenen Grundstücke sowie den Inhabern besonders bezeichneter dinglicher Nutzungsrechte überträgt. Dieses normative Ermessen wird aber beim Erlass von Straßenreinigungssatzungen in Niedersachsen durch die normative Vorgabe des Landesgesetzgebers in § 52 NStrG sowie durch die Grundrechte der Straßenanlieger (Art. 14 GG) und durch das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) begrenzt (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 14. Dezember 1992 - 12 K 113/92 -, Juris). Abgesehen davon sind die von der Beklagten vorgetragenen Gründe jedenfalls im Wesentlichen plausibel und keineswegs objektiv willkürlich. Sie hat ausgeführt, eine Übertragung der Reinigungspflicht auf die Anlieger des H.-Weges sei auf Grund der dort bestehenden Verkehrsbelastung nach § 52 Abs. 4 Satz 3 NStrG unzumutbar und nicht möglich. Die Straßenreinigung beinhalte das Säubern der Straße bis zur Fahrbahnmitte. Die auch im H.-Weg von ihr eingesetzten Reinigungsfahrzeuge erfassten mit ihrem sichtbaren Tellerbesen und dem unter dem Fahrzeug befindlichen Querbesen sowie dem angeschlossenen Absaugsystem eine Straßenbreite von gut 2 m, durch das Befahren in beide Richtungen mithin eine Breite von 4 bis 5 Meter. Da dies ebenso durch die Anlieger erfolgen müsse, würden Reinigungswillige bzw. -pflichtige durch das Verkehrsaufkommen unter Umständen bei den Arbeiten in gefährliche Verkehrssituationen geraten und gefährdet werden. Versteckter Laubfall oder Einsatz von Streugut im Zusammenhang mit herbstlichen und winterlichen Witterungsbedingungen könnten ebenfalls zu einer gefährlichen Belagsituation der Fahrbahn führen, die im Falle eines darauf beruhenden Unfalls Ersatzansprüche gegen die Reinigungspflichtigen begründen könne. Auch auf Grund dieser Gefahren sei eine Anliegerreinigung des H.-Weges als unzumutbar anzusehen.
Die von der Klägerin vorgetragenen Bedenken hinsichtlich des sog. Frontmetermaßstabes führen ebenfalls nicht zum Erfolg der Klage.
Gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 NKAG soll das Gebührenaufkommen die Kosten der jeweiligen Einrichtungen decken, jedoch nicht überschreiten (s. auch § 6 Abs. 1 StrGebS). Welche Kosten in die Ermittlung einzubeziehen sind, lässt das Gesetz weitgehend offen. Gemäß § 5 Abs. 3 S. 2 NKAG kann ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab gewählt werden, der nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der Inanspruchnahme stehen darf, wenn es - wie hier - schwierig ist, die Gebühr nach Art und Umfang der Inanspruchnahme zu bemessen (Wirklichkeitsmaßstab). Mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist die Gleichbehandlung von Anlieger- und Hinterliegergrundstücken hinsichtlich des Gebührenmaßstabs und der Gebührenhöhe (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1993 - 8 NB 5.93 -, KStZ 1994, 152 <153>; Nds. OVG, Urteile vom 24. August 1994 - 9 K 5140/93 -, NST-N 1995, 15 <15>, und vom 11. Mai 2000 - 9 L 2479/99 -, NVwZ-RR 2001, 184 <185>). Für die Veranlagung zu Straßenreinigungsgebühren hat sich insbesondere der sog. Frontmetermaßstab als taugliches Bemessungskriterium bewährt. Denn die ausreichende sachliche Beziehung des Grundstücks zur Straße, die gereinigt wird, stellt grundsätzlich das „Angrenzen“ an die Straße her, das in der Regel die Möglichkeit zur verkehrlichen und sonstigen Nutzung der Straße mit sich bringt. Die als Bemessungsgrundlage gewählte Frontlänge der Anliegergrundstücke ist kein Kriterium, das die gebührenpflichtige „Kehrfläche“ beschreibt, sondern ein grundstücksbezogenes Kriterium. Der Frontmetermaßstab soll Aufschluss darüber geben, welcher anteilige Vorteil dem jeweiligen Grundstück aus der Sauberhaltung der Erschließungsstraße erwächst (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2002 - 9 B 16/02 -, NVwZ-RR 2002, 599 <599>). Dieser besondere Vorteil kommt nicht nur dem Eigentümer des an die zu reinigende Straße angrenzenden Grundstücks zu, sondern auch den Eigentümern der sog. Hinterliegergrundstücke. Anliegende und erschlossene Grundstücke werden also insoweit gleich behandelt (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 11. Mai 2000, a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1993 - 8 NB 5.93 -, a.a.O.; Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2004, Kommentar, § 6 Rdnr. 762 a). Die Leistungsfähigkeit des Frontmetermaßstabs stößt aber an seine Grenzen, wenn bei der Gebührenbemessung Hinterliegergrundstücke zu berücksichtigen sind. Dabei kann es sich um Fälle handeln, in denen die reale Straßenfrontlänge der Grundstücke - wie hier - nur aus einer Zuwegung besteht (Vollhinterlieger), oder aber um sonstige Fälle einer Grundstücksgeometrie, die dazu führt, dass die reale Straßenfrontlänge kein optimales Bemessungskriterium für die Straßenreinigungsgebühr abgibt (Teilhinterlieger, hierzu gehören insbesondere die sog. „Pfeifenstielgrundstücke“ oder „Hammergrundstücke“). In diesen Fällen ist die Zulässigkeit fiktiver Frontmetermaßstäbe anerkannt, die darauf abzielen, bei der Gebührenbemessung eine ungefähre Vergleichbarkeit der Hinterliegergrundstücke mit den Vorderliegergrundstücken herzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2002, a.a.O.). Unzulässig wäre es allerdings, Hinterlieger lediglich an den Gebühren zu beteiligen, die auf das an die Straße anliegende Grundstück entfallen, die Gesamtkosten also unter Anliegern und Hinterliegern aufzuteilen. Dies würde zu einer Ungleichbehandlung von Straßenanliegern mit und ohne Hinterlieger führen, für die sich keine vernünftigen Gründe fänden. Beide Gruppen haben vielmehr von der Straßenreinigung je Meter gereinigter Straßenfront den gleichen Benutzungsvorteil. Der Umstand, dass ein Anliegergrundstück ein oder mehrere Hinterliegergrundstücke hat, schmälert den Vorteil nicht (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Dezember 1989 - 9 L 83/89 -, V.n.b., S. 12 des Urteilsabdrucks - UA -). Mit Rücksicht auf die nur mittelbare Anbindung der Hinterliegergrundstücke an die zu reinigende Straße ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, einen „Abschlag“ in der Weise vorzunehmen, dass die fingierte „Frontlänge“ im Sinne der Gebührensatzung für die Berechnung der Gebühr reduziert oder ein ermäßigter Gebührentarif für die jeweilige Reinigungsklasse vorgesehen wird (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 24. August 1994, a.a.O.).
Bei der Auswahl fiktiver Frontmetermaßstäbe ist der Satzungsgeber zwar nicht an ein bestimmtes Modell gebunden. Auszugehen ist vielmehr davon, dass die Grenze, die der Gestaltung von Abgabentatbeständen durch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gesetzt ist, nur dort überschritten wird, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Gerade bei der Entscheidung darüber, welche Fälle im Abgabenrecht gleich- und welche ungleich behandelt werden sollen, steht dem jeweiligen Satzungsgeber ein weites (satzungsgeberisches) Ermessen zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 1981 - 8 B 10/81 -, NJW 1981, 2314; Nds. OVG, Urteil vom 24. August 1994, a.a.O.). Art. 3 Abs. 1 GG verbietet deshalb nicht jede Ungleichbehandlung und fordert keine absolute Gerechtigkeit, sondern gestattet angesichts des weiten (satzungsgeberischen) Ermessens bei der Entscheidung, welche Fälle im Abgabenrecht gleich und welche ungleich behandelt werden sollen, aus Gründen der Vereinfachung und der Verwaltungspraktikabilität gerade bei relativ geringfügigen Gebühren eine pauschalierende Betrachtungsweise. Dass unbefriedigende Ergebnisse - gleich welcher Grundstücksbegriff der Gebührenerhebung zugrunde gelegt wird - nicht durchweg oder doch nur auf Kosten der Verwaltungspraktikabilität vermieden werden können, stellt keine Verletzung des Gleichheitssatzes dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1993, a.a.O.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt sich der von der Beklagten gewählte fiktive Frontmetermaßstab noch nicht als objektiv willkürlich und damit als rechtswidrig dar, auch wenn es hinsichtlich der Berechnung der Straßenreinigungsgebühren andere Maßstäbe geben mag, die „gerechter“ erscheinen (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 24. August 1994, a.a.O., das ausführte, es sprächen vielmehr beachtliche Gründe dafür, diejenige Seite des Hinterliegergrundstückes für die Ermittlung der fingierten „Frontlänge“ als maßgebend anzusehen, die an einem nicht befahrbaren öffentlichen Wohnweg oder Privatweg angrenze oder einer über das vorderliegende Grundstück zur Straße hinführenden Zuwegung zugewandt sei; vgl. auch Nds. OVG, Urteil vom 11. Mai 2000, a.a.O.). Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 StrGebS bemisst sich die Straßenreinigungsgebühr bei Grundstücken, die nicht an den von der Stadt zu reinigenden Straße liegen, durch die sie aber erschlossen werden (Hinterliegergrundstücke), nach der Grundstücksseite, die der zu reinigenden Straße zugewandt ist. Dabei versteht das Gericht unter der der zu reinigenden Straße „zugewandten“ Seite nicht die von der Straße aus betrachtet rückwärtige Seite der jeweiligen Grundstücke. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass dieses Tatbestandsmerkmal noch hinreichend bestimmt ist. Als zugewandt kann bei verständiger Auslegung nämlich nur eine Grundstücksseite gelten, die parallel oder in einem Winkel von weniger als 45° zur Straße verläuft (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 9. Juli 1993 - 4 A 3598/91 -, V.n.b., S. 6 UA). Aus Gründen der formellen Bestimmtheit erscheint es aber ratsam, in der Satzung ausdrücklich festzulegen, was eine „zugewandte“ Grundstücksseite ist (vgl. auch Lichtenfeld in Driehaus, Stand: März 2004, § 6 Rdnr. 762 a; Nds. OVG, Urteil vom 25. August 1994, a.a.O., das eine entsprechende Rechtsfrage nicht zu beantworten brauchte, weil der dortige Satzungsgeber der Ungewissheit dadurch Rechnung getragen hatte, dass er in der Straßenreinigungsgebührensatzung die „zugewandte“ Grundstücksseite näher beschrieben hatte). Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 StrGebS ist es zwar offen, ob Eigentümer von Hinterliegergrundstücken im Verhältnis zu den Eigentümern der Anliegergrundstücke bei gleicher Breite der - bei Hinterliegergrundstücken - der Straße zugewandten bzw. an sie angrenzenden Seite gleich hoch belastet werden. Denn dies ist davon abhängig, ob die andere (rückwärtige) Seite der Hinterliegergrundstücke, die beispielsweise (ebenfalls) parallel mit der zu reinigenden Straße verläuft, die gleiche Breite besitzt. Handelt es sich um ein Hinterliegergrundstück, das im rückwärtigen Bereich breiter wird, so wird der betreffende Eigentümer im Vergleich zu dem Eigentümer des Anliegergrundstücks, dessen rückwärtige Grenze mit derjenigen der der Straße zugewandten Seite des Hinterliegergrundstücks identisch ist, höher belastet als der Eigentümer des (vorderen) Anliegergrundstücks. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 StrGebS wird für die Gebührenrechnung bei Hinterliegergrundstücken im Gegensatz zu derjenigen für Anliegergrundstücke (s. § 6 StrGebS) nämlich das rechnerische Mittel der Grundstücksseiten zugrunde gelegt, die parallel oder im geringsten Winkel mit der zu reinigenden Straße liegen, wenn das Grundstück von der Straße her betrachtet unterschiedlich breit ist. Die unterschiedliche Behandlung von Anlieger- und Hinterliegergrundstücken bezüglich der Berechnung der Straßenreinigungsgebühren hat jedoch einen sachlich einleuchtenden Grund und verstößt deshalb nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Berechnung für Hinterliegergrundstücke immer zum Teil auf Fiktionen beruhen muss, weil es - im Gegensatz zu Anliegergrundstücken - an einer gemeinsamen Grenze mit der die Erschließung vermittelnden Straße fehlt, deren Länge tatsächlich messbar wäre. Anders als bei den anliegenden Grundstücken sind hier, je nach zufälliger Lage und Form, die verschiedensten Fiktionen und Projektionen erforderlich (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 19. Juli 1990 - 14 A 227/88 -, KStZ 1991, 53 <54>, das nicht beanstandete, dass die Gebühr für Hinterliegergrundstücke nach einer fiktiven Straßenfrontlänge berechnet wurde, die die Hälfte der längsten Ausdehnung parallel zur Straße betrug, und im Leitsatz Nr. 3 sogar ausführte, bei Hinterliegergrundstücken sei die längste Ausdehnung des Grundstücks parallel der zu reinigenden Straße ein geeigneter Maßstab für die Bemessung von Straßenreinigungsgebühren). Für die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung spricht auch, dass die tatsächlichen Unterschiede zwischen Anlieger- und Hinterliegergrundstücken in ihrer räumlichen Beziehung zur gereinigten Straße sogar schon ausreichen, die Fiktion der Benutzung der gemeindlichen Straßenreinigung in zulässiger Weise allein auf den Kreis der anliegenden Grundstücke zu beschränken (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 13. Februar 1990 - 9 L 113/89 -, NST-N 1990, 182 <183 f.>). Insofern kann es nur darauf ankommen, bei der Gebührenbemessung - wie oben schon ausgeführt - lediglich eine ungefähre Vergleichbarkeit der Hinterliegergrundstücke mit den Vorderliegergrundstücken herzustellen. Diese wird jedoch auch dann erzielt, wenn man den von der Beklagten gewählten Maßstab zugrunde legt. Unzulässig wäre es nur, wenn Hinterlieger von der Beklagten grundsätzlich stärker als die Eigentümer der unmittelbar an die gereinigte Straße angrenzenden Grundstücke belastet würden (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 16. Januar 1970 - III OVG A 99/69 -, OVGE 26, 410 <411 f.>). Dies ist hier indes nicht ersichtlich. Den vorstehenden Ausführungen steht auch nicht entgegen, dass es (andererseits) - wie oben ausgeführt - nicht gegen den Gleichheitssatz verstößt, wenn die Eigentümer von Anliegergrundstücken und die Eigentümer von erschlossenen Hinterliegergrundstücken nach Maßgabe des Gebührenmaßstabs zu Straßenreinigungsgebühren in gleicher Höhe herangezogen werden. Denn es wäre unzulässig, hieraus den Umkehrschluss zu ziehen, dass eine Ungleichbehandlung gegen den Gleichheitssatz verstieße.
Soweit die Klägerin einwendet, sie habe festgestellt, dass niemand eine Reinigung der Straße H.-Weg beantragt habe, woraus sich ein besonderes Interesse der Anlieger ableiten ließe, ist darauf hinzuweisen, dass das Interesse der Abgabepflichtigen an der Sauberkeit der durch eine Einrichtung der kommunalen Körperschaft gereinigten Straßen unwiderleglich vermutet wird (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 29. August 1973 - III OVG A 99/72 -, OVGE 30, 321 <326>).
Die Gebührenkalkulation der Beklagten lässt trotz der Einwendungen der Klägerin ebenfalls keine Rechtsfehler erkennen. Die Klägerin verkennt, dass nicht allein die Kosten in den Blick zu nehmen sind, die die Reinigung des H.-Weges verursacht, sondern maßgeblich sind die Kosten, die der Beklagten durch die Reinigung aller öffentlichen Straßen innerhalb der geschlossenen Ortslage entstehen, soweit die Reinigungspflicht nicht den Eigentümern der anliegenden bebauten und unbebauten Grundstücke und den ihnen gleichgestellten Personen übertragen ist. Die Beklagte betreibt die Straßenreinigung als öffentliche Einrichtung (s. §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 StrGebS sowie § 52 Abs. 1 Satz 1 NStRG). Gemäß § 4 StrGebS werden für die von der Beklagten als öffentliche Einrichtung betriebene Straßenreinigung (§ 2) Straßenreinigungsgebühren erhoben. Nach den dem Gericht von der Beklagten vorgelegten „Gebührenkalkulationen 2000“ u.a. für die Sparte Straßenreinigung (s. Vorlage für die Sitzung des Werksausschusses Abfallwirtschaftsbetrieb der Beklagten am 25.10.1999) wurde ein Kalkulationszeitraum von 2 Jahren zugrunde gelegt, was gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 NKAG zulässig ist. Danach ergibt die „Gebührenbedarfsberechnung 2000 - 2001“ für die Straßenreinigung (Anlage 3) Kosten in Höhe von 10.851.662,00 DM. Dazu gehören insbesondere Personal- und Sachkosten. Reduziert werden diese Kosten um diejenigen, die durch Dritte erstattet werden (2 x 1.217.925,00 DM = 2.435.850,00 DM), zu denen u.a. die Kosten für den Winterdienst in Höhe von 688.000,00 DM jährlich gehören (die Kosten des Winterdienstes trägt die Beklagte gemäß § 6 Abs. 1 StrGebS), um die „Interessenquote“ in Höhe von 2.103.953,00 DM sowie um „einzustellende Überdeckungen aus Vorjahren“ in Höhe von 444.326,00 DM. Die Kosten, die durch Gebühren zu decken sind, betragen danach 5.867.533,00 DM. Folglich ergibt die Gebührenermittlung der Beklagten bei einer Veranlagungslänge von 870.000 m bei wöchentlicher Reinigung eine Gebühr in Höhe von 6,74 DM/m. Bei einer zweiwöchentlichen Reinigung, wie sie am H.-Weg durchgeführt wird, beträgt die Gebühr nach der Kalkulation somit 3,37 DM/m. Mit der „Interessenquote“ wird der in § 6 Abs. 1 Satz 2 StrGebS genannte Anteil von „25 % der übrigen Kosten der Straßenreinigung“ bezeichnet, der der Höhe nach nicht zu beanstanden ist. Die Beklagte hat eine „Interessenquote“ bzw. einen kommunalen Eigenanteil deshalb zu übernehmen (zur Angemessenheit eines kommunalen Eigenanteils in Höhe von 25 %: vgl. Nds. OVG, Urteil vom 25. August 1994, a.a.O. <15 f.>, Lichtenfeld, a.a.O., Rdnr. 744), weil die Annahme einer Benutzung der öffentlichen Einrichtung Straßenreinigung durch die Anlieger und einer gebührenpflichtigen Leistung zugunsten der Anlieger nur insoweit vor dem Gleichheitssatz Bestand hat, als die öffentliche Einrichtung gerade das besondere Interesse der Anlieger an der Straßenreinigung bedient, mithin diesen insoweit Vorteile verschafft. Dabei wird die Straßenreinigung bei allen Straßen, die nicht nur dem Anliegerverkehr dienen, zugleich im Interesse der übrigen Straßenbenutzer und insoweit im Allgemeininteresse durchgeführt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Mai 1984 - 8 C 55/82 und 58/82 -, NVwZ 1984, 650 <651>). Es steht im Ermessen des Ortsgesetzgebers und verletzt nicht den Gleichheitssatz, wenn entweder - wie von der Beklagten - undifferenziert vorweg der Kostenanteil für das Allgemeininteresse abgezogen wird, was dazu führt, dass die kostenmindernde Berücksichtigung des Allgemeininteresses allen Gebührenpflichtigen zugute kommt, oder der Kostenanteil für das Allgemeininteresse differenziert nur von dem Kostenanteil abgesetzt wird, der von den Gebührenpflichtigen mit Grundstücken an anderen als Anliegerstraßen zu tragen ist, so dass die Gebührenminderung dann nur Gebührenpflichtigen mit Grundstücken an zugleich im Allgemeininteresse reinigungsbedürftigen Straßen zugute kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. April 1989 - 8 C 90/97 -, NVWZ 1990, 169 <171>).
Rechtlich unbedenklich ist es, dass in der Kalkulation von den prognostizierten Kosten alle Leistungen, die durch Dritte erstattet werden, abgezogen werden, bevor die „Interessenquote“ (auf der Grundlage der Differenz) berechnet wird, auch wenn § 6 Abs. 1 Satz 2 StrGebS diesen „Vorwegabzug“ nicht ausdrücklich regelt, sondern lediglich die Kosten des Winterdienstes nennt. Denn die in der genannten Anlage 3 unter Tz. 1 aufgeführten Leistungen, die durch Dritte erstattet werden, belasten den Gebührenhaushalt der Sparte Straßenreinigung nicht. Aufgeführt werden neben den Kosten für den Winterdienst (688.000,00 DM) Erstattungen der Bundesanstalt für Arbeit (80.000,00 DM), sonstige Einnahmen (Schadensersatzleistungen, Verkaufserlöse und andere) (5.500,00 DM), Entgelte für Sonderreinigungen, Fuhrleistungen und Reinigung der Märkte (70.125,00 DM), Kosten für die Reinigung des Verkehrsbegleitgrüns (82.000,00 DM), von Parkplätzen (182.000,00 DM), der Abfallentsorgungsanlage (34.000,00 DM) und Kosten der Abfallsammlung für schwer zugängliche Grundstücke (60.000,00 DM) sowie Zinseinnahmen (16.100,00 DM). Dabei handelt es sich bei dem Gesamtbetrag in Höhe von 1.217.925,00 DM um die Kosten für ein Jahr. Weiter heißt es unter Tz. 1, für das Jahr 2001 würden bei entsprechender Hochrechnung die gleichen Erstattungen prognostiziert, so dass in der Gebührenbedarfsberechnung von einer Gesamtsumme in Höhe von 2.435.850,00 DM auszugehen sei.
Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass die von der Beklagten durchgeführte Reinigung des H.-Weges im Jahre 2001 nicht notwendig war. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, im Schreiben der Beklagten vom 6. August 2001 habe die Beklagte darauf hingewiesen, dass erfahrungsgemäß nicht die Gesamtfläche der Straße, sondern in aller Regel nur deren Randstreifen maschinell gereinigt werde. Der Randstreifen des H.-Weges sei fast auf der gesamten Länge unbefestigt, verlaufe nicht gerade, und der Straßenbelag sei zum Teil zerbrochen. Die maschinelle Reinigung eines solchen Randstreifens sei nur schlecht oder gar nicht möglich, bzw. der Zustand der Straße würde nicht verbessert, sondern eher verschlechtert. Das Streugut im Winter werde nicht von der Straßenreinigung beseitigt. Die Stadt unterhalte im Winter keinen Streudienst im H.-Weg. Das wenige Streugut, das die Anwohner auf dem schmalen, z.T. nur durch eine Farbmarkierung abgetrennten Rad- bzw. Fußweg einbrächten, verschmutze die Straße kaum bzw. könne gar nicht maschinell beseitigt werden. Split sei höchstens einmal im Jahr zu beseitigen, wenn Frostaufbrüche notdürftig repariert würden. Die Verunreinigungen der Straße würden überwiegend vom Verkehr, Regen und Wind in den Randbereich verteilt werden. Es sei nur selten festzustellen, dass ein Pkw über den unbefestigten Randstreifen fahre und dadurch die Straße verschmutze. Das Befahren des Randbereiches werde in der Regel von jedem Pkw-Fahrer vermieden, da wegen vorhandener Schlaglöcher im Randbereich das Fahrzeug beschädigt werden könne. Dieses Vorbringen verhilft der Klägerin aber nicht zum Erfolg, auch wenn es zutreffend ist, dass im Schreiben der Beklagten vom 6. August 2001 die oben wieder gegebene Äußerung sinngemäß enthalten ist. Zu berücksichtigen ist indes, dass sich die Reinigungspflicht nicht nur auf die Randstreifen der Straße, sondern gemäß § 1 Abs. 2 StRVO auf die Fahrbahnen, Entwässerungsrinnen, Parkspuren, Radwege, Gehwege, Grün-, Trenn-, Seiten- und Sicherheitsstreifen erstreckt und nach § 2 Abs. 1 StRVO die Beseitigung von Verunreinigungen wie z.B. Schmutz, Unrat und Laub (s. lit. a)) sowie den „Winterdienst“ (s. lit. b) und c)) umfasst. Außerdem hat die Beklagte - wie oben bereits ausgeführt - vorgetragen, die auch im H.-Weg von ihr eingesetzten Reinigungsfahrzeuge erfassten mit ihrem sichtbaren Tellerbesen und dem unter dem Fahrzeug befindlichen Querbesen sowie dem angeschlossenen Absaugsystem eine Straßenbreite von gut 2 m, durch das Befahren in beide Richtungen mithin eine Breite von 4 bis 5 Meter, ohne dass die Klägerin diesem Vorbringen substantiiert entgegen getreten ist. Hiervon ausgehend ist die Kammer davon überzeugt, dass nicht nur die Randstreifen des H.-Weges gereinigt werden. Im Übrigen führte die Beklagte aus, bei dem H.-Weg handele es sich um eine Straße mit unbefestigtem Randbereich, also ohne Bord und Rinne. Verunreinigungen wie Erde, Split, Laub usw. würden deshalb durch Verkehrsteilnehmer vom Rand auf die Fahrbahn gebracht und dort verteilt werden. Allein die Verwirbelungen durch Verkehr, Regen und Wind reichten nicht aus, um diese Verschmutzungen wegzuwaschen, so dass eine Reinigung grundsätzlich notwendig sei. Durch die maschinelle Reinigung würden die auf der Straße verbliebenen Verunreinigungen nachhaltig entfernt und auch die Verunreinigungen auf Nachbarflächen minimiert. Darüber hinaus werde die Straßenoberfläche griffig gehalten und damit die Verkehrssicherheit gefördert. Ein weiterer positiver Nebeneffekt durch die Reinigung mit dem mit Metallborsten versehenen Tellerbesen sei, dass Überwucherungen und einem schleichenden Wildkräuterbewuchs entgegengewirkt werde und dadurch Folgeschäden wie Frostaufbrüche tendenziell gemindert würden. Eine Zerstörung der Straßenrandbereiche durch die Kehrmaschinen finde hingegen nicht statt. Auch dieses Vorbringen hält die Kammer für nachvollziehbar.
Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass die (Teil-)Belastung der Eigentümer der Anlieger- und Hinterliegergrundstücke mit Gebühren unzumutbar ist. Die Gemeinde hat als Gegenleistung für die Straßenreinigungsgebühr nicht zu gewährleisten, dass die in Rede stehenden öffentlichen Verkehrsflächen stets sauber sind. Geschuldet werden vielmehr lediglich der gegebenen Situationen entsprechende Reinigungsbemühungen. Nicht jede Schlechterfüllung oder Nichterfüllung der Reinigungspflicht führt zu einer entsprechenden Minderung des Gebührenanspruchs (vgl. OVG Saarland, Urteil vom 8. November 1985 - 2 R 48/85 -, KStZ 1987, 54 <55 f.>). Die Gebühr darf nur nicht in einem Missverhältnis zu der von dem Träger öffentlicher Verwaltung erbrachten Leistung stehen. Nur bei einer gröblichen Störung des Ausgleichsverhältnisses zwischen der Gebühr und dem Wert der Leistung für den Empfänger ist das Äquivalenzprinzip verletzt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Dezember 1986, a.a.O.). Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen, ist nicht erkennbar. Insbesondere ließ sich den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entnehmen, dass nicht mehr bestritten werden soll, dass der H.-Weg - wie die Beklagte vorgetragen hat - im Jahre 2001 im zweiwöchentlichen Rhythmus gereinigt worden sei. Die Kosten für den Winterdienst wurden im Übrigen - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - bei der Bemessung des Gebührensatzes nicht berücksichtigt, so dass es schon aus diesem Grund rechtlich unbeachtlich wäre, wenn die Beklagte im Winter keinen Streudienst im H.-Weg unterhielte.
Der Gesichtspunkt, dass die Beklagte nicht berücksichtigte, dass die von der zu reinigenden Straße aus betrachtet rückwärtige Seite des Grundstücks der Klägerin länger als die der Straße zugewandte Seite ist mit der Folge, dass bei richtiger Berechnung (s. § 7 Abs. 1 Satz 2 StrGebS) eine Gebühr in Höhe von 94,36 DM festzusetzen gewesen wäre (28 m <entsprechend dem Verwaltungsvorgang der Beklagten Mittelwert aus 27,25 m und 30,5 m, abgerundet auf volle Meter entsprechend § 6 Abs. 2 StrGebS> x 3,37 DM/m), führt nicht zur Aufhebung der angegriffenen Bescheide, weil die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt wurde (s. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).