Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 23.06.2016, Az.: 7 ME 54/16

Gemeinschaftslizenz; Güterkraftverkehr

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
23.06.2016
Aktenzeichen
7 ME 54/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43443
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 28.04.2016 - AZ: 5 B 994/16

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - 5. Kammer - vom 28. April 2016 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin - eine GmbH - wendet sich gegen den Widerruf der Gemeinschafts-lizenz für den grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr.

Die Firma der Antragstellerin wurde im Jahr 1983 in B. gegründet und bis 2015 dort geführt. Ihr Gegenstand ist der Transport von Gütern aller Art und Kombi-Verkehr im Güternah- und Fernverkehr. Die Landeshauptstadt Hannover erteilte am 1. November 2013 die Gemeinschaftslizenz für den grenzüberschreitenden Güterverkehr bis zum 31. Oktober 2018 neu, obwohl ihr Mitte Mai 2012 mitgeteilt worden war, dass es bei der Firma zahlreiche Verstöße wegen Überschreitung der Lenkzeit, Unterschreitung der Tagesruhezeit und Lenken der Fahrzeuge ohne Fahrerkarte gegeben habe. Am 27. November 2014 wurden der Antragstellerin zusätzlich 60 beglaubigte Kopien für weitere Lkw erteilt. Aufgrund der Sitzverlagerung nach Isernhagen stellte die nunmehr zuständig gewordene Antragsgegnerin der Antragstellerin am 12. Oktober 2015 die insoweit zu ändernde Lizenz aus. Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2015 teilte sie der Antragstellerin mit, dass für ihr Unternehmen im Rahmen des Risikoeinstufungssystems nach Art. 12 VO (EG) Nr. 1071/2009 ein „erhöhtes Risiko“ festgestellt worden sei. Dabei seien vier ab dem 24. Januar 2014 rechtskräftig gewordene Bußgeldentscheidungen des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Hannover berücksichtigt worden. Nachdem bekannt geworden war, dass weitere 58 OWiG-Anzeigen in dem Zeitraum vom 2. Januar 2015 bis zum 27. Oktober 2015 gegen Fahrer der Firma eingegangen und gegen den Geschäftsführer 21 OWiG-Verfahren eingeleitet worden waren, untersagte die Antragsgegnerin dem Verkehrsleiter der Antragstellerin mit Verfügung vom 28. Januar 2016 die Führung von Güterkraftverkehrsgeschäften und ordnete die sofortige Vollziehung an (vgl. Beschl. d. Sen. zum Verfahren 7 ME 55/16 vom heutigen Tag). Unter dem 5. Februar 2016 widerrief die Antragsgegnerin die Gemeinschaftslizenz mit der Begründung, der Verkehrsleiter der Firma erfülle nicht mehr die Berufszugangsvoraussetzung der Zuverlässigkeit und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung des Bescheids an. Den dagegen gerichteten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen den Bescheid erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht mit dem im Tenor näher bezeichneten Beschluss zurückgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird, soweit auf sie nicht im Folgenden zurückgekommen wird, auf den im Tenor näher bezeichneten Beschluss verwiesen.

II.

Die gegen den Beschluss erhobene Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

Die vom Senat allein zu prüfenden dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) geben keinen Anlass, den erstinstanzlichen Beschluss zu ändern.

Die Antragstellerin wiederholt der Sache nach mit ihrer Beschwerde nur die erstinstanzlich schon vorgebrachten Einwände, mit denen sich das Verwaltungsgericht ausführlich und überzeugend auseinandergesetzt hat.

Sie macht - weiterhin - geltend, das Verwaltungsgericht habe rechtsirrig eine gebundene Entscheidung angenommen und übersehen, dass die Behörde im Rahmen des Ermessens jeden Einzelfall daraufhin zu überprüfen habe, ob nicht besondere Umstände vorlägen, die trotz des Vorliegens besonderer Umstände zu einer abweichenden Bewertung Anlass gäben.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist im vorliegenden Fall § 3 Abs. 5 GüKG und nicht - wie sie meint - § 3 Abs. 5b GüKG als lex specialis zu § 3 Abs. 5a GüKG einschlägig. Während § 3 Abs. 5 ausdrücklich den - hier einschlägigen Fall - des Widerrufs einer erteilten Erlaubnis regelt, befasst sich § 3 Abs. 5b GüKG mit dem Fall der Untersagung der Führung von Güterkraftverkehrsgeschäften mit Wirkung für die Zukunft. Dass Beides nebeneinander möglich ist, zeigt schon § 3 Abs. 5b Satz 2 GüKG. Bei dem im vorliegenden Fall einschlägigen Widerruf einer Erlaubnis gemäß § 3 Abs. 5 GüKG handelt es sich schon dem Wortlaut nach („Eine Erlaubnis ist zurückzunehmen…“) aber gerade nicht um eine „Ermessensentscheidung“. Dies gilt selbst, wenn man - wie die Antragstellerin - annimmt, nicht jede Überschreitung stelle einen „schweren Verstoß“ dar und nicht gleichsam jeder schwere Verstoß führe automatisch zum Widerruf der Lizenz. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 6 Abs. 2a der VO (EG) Nr. 1071/2009. Insoweit wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Beschluss verwiesen. Dort heißt es:

„Der angefochtene Bescheid ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin vorher die Feststellung unterlassen hat, ob in Anbetracht der speziellen Gegebenheiten eine Aberkennung der Zuverlässigkeit im konkreten Fall eine unverhältnismäßige Reaktion darstellen würde i.S.d. Art. 6 Abs. 2 a Unterabschnitte 2 und 3 VO (EG) 1071/2009. Eine eigene ausdrückliche Regelung, dass bei der Verhängung eines Bußgelds wegen eines „schwersten Verstoßes“ gemäß Anlage IV dieser VO ein Verfahren zur Prüfung der Zuverlässigkeit einzuleiten ist, hat der deutsche Gesetzgeber nicht eingeführt (Knorre, a.a.O, Rdnr. 25). Die Prüfung nach nationalem Recht schließt aber - da es um einen Eingriff in das Grundrecht in die Freiheit der Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 GG geht, welcher nur zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen darf -, die Prüfung ein, ob der Eingriff erforderlich ist, d. h. ob nicht ein milderes Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks ausreichen würde. Diese von der Straßenverkehrsbehörde vorzunehmende Prüfung entspricht dem in Art. 6 Abs. 2 a Unterabschnitte 2 und 3 VO (EG) 1071/2009 normierten Verfahren. Die Antragsgegnerin hat gewürdigt, dass der Widerruf einen erheblichen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Gesellschafter der Antragstellerin darstellt und auch ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb i.S.d. Art. 14 Abs. 1 GG vorliegt. Der Eingriff ist jedoch zum Schutze besonders hoher Rechtsgüter wie Leben und körperliche Unversehrtheit der Verkehrsteilnehmer und der Fahrer gerechtfertigt. Ein milderes Mittel ist in Anbetracht der dargelegten Wahrscheinlichkeit, dass die Antragstellerin es weiterhin zulassen wird, dass Verstöße gegen Lenk- und Ruhevorschriften bei Fahrten mit ihren Lkws begangen werden, nicht erkennbar. Zur Sicherung des besonderen öffentlichen Interesses an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zur Ausübung des Güterkraftverkehrs ist die sofortige Einstellung des Unternehmens erforderlich und angemessen. Es kann nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin trotz der festgestellten persönlichen Unzuverlässigkeit ihres Verkehrsleiters bis zum Abschluss des Klageverfahrens bzw. bis zum Ablauf der Genehmigung nicht erneute Verstöße gegen Sozialvorschriften im Straßenverkehr mit sehr hohem Gefährdungspotenzial begehen wird.“

Mit dem weiteren Einwand, die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters sei auch dann gegeben, wenn die Umstände die Verfehlungen ausnahmsweise in einem derart milden Licht erscheinen ließen, dass Zweifel an seiner charakterlichen Eignung nicht gerechtfertigt seien und dies hätte vorliegend von der Antragsgegnerin für jeden der festgestellten Verstöße geprüft werden müssen, hat sich bereits das Verwaltungsgericht ebenfalls auseinandergesetzt und ausgeführt:

„Soweit die Antragstellerin meint, die Antragsgegnerin hätte jeden einzelnen der sog. „schwersten Verstöße“ gegen Gemeinschaftsvorschriften überprüfen müssen, ist dem entgegenzuhalten, dass es bei gravierenden Verstößen gegen Lenk- und Ruhezeitvorschriften, wie sie hier gegeben sind, um die Kategorie der sog. sieben Todsünden im Bereich des Kraftverkehrs geht (Knorre, Güterkraftverkehrsgesetz, Beck-online, 2012, § 3 GüKG, Rdnr. 24). Nach Art. 6 Abs. 2 VO (EG) 1071/2009 soll bereits bei Vorliegen eines einzigen derartigen Verstoßes auf die Unzuverlässigkeit des Betroffenen geschlossen werden. (Hein/Eichhoff/Pukall/Krien, Güterkraftverkehrsrecht, Stand: 6/15, T 215 Art. 6, Rdnr. 4). Dabei kann grundsätzlich von der Richtigkeit der rechtskräftigen Bußgeldentscheidung und den zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen ausgegangen werden. Wenn es sich um einen einzelnen Verstoß im vorgenannten Sinne handelt, bedarf es der Prüfung im Einzelfall, ob nicht ausnahmsweise Anhaltpunkte dafür gegeben sind, die die Annahme der Unzuverlässigkeit entkräften (Hein/Eichhoff/Pukall/Krien, a.a.O., Rdnr. 6). Hier hingegen wurden gerade in den letzten beiden Jahren zahlreiche dieser sog. schwersten Verstöße begangen, was die Prüfung in jedem einzelnen Fall entbehrlich macht. Hinzu kommt, dass die gegen die Bußgeldbescheide eingelegten Rechtsmittel von der Antragstellerin regelmäßig auf die Beanstandung der Höhe des Bußgeldes beschränkt wurden. Damit hat die Antragstellerin zu erkennen gegeben, dass sie die dem Geschäftsführer und Verkehrsleiter zur Last gelegten Verstöße inhaltlich nicht in Zweifel zieht. Das Dulden besonders massiver Verstöße gegen Arbeitszeitvorschriften sowie die außerordentlich hohe Zahl schwerer und schwerwiegender Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeitvorschriften lassen allein den Schluss auf die persönliche Unzuverlässigkeit des Verkehrsleiters des Güterkraftverkehrsunternehmens zu (vgl. insoweit auch OVG NRW, B. v. 12.04.2013, a.a.O., Rdnr. 18 ff).“

Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an. Dass die Antragstellerin die einzelnen Vorfälle anders wertet und versucht, sie in ein milderes Licht zu rücken bzw. mit dem Fehlverhalten einzelner Fahrer zu begründen, ist nicht geeignet, die vorstehenden überzeugenden Ausführungen durchgreifend in Frage zu stellen.

Zu der Argumentation der Antragstellerin, der Widerruf sei unverhältnismäßig und sie tue alles Erdenkliche, um eine Überschreitung der Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer auszuschließen, führe wöchentlich Schulungen mit auffälligen Fahrern durch und habe seit November letzten Jahres ein neues GPS-Überwachungssystem eingeführt, hat das Verwaltungsgericht ausgeführt:

Der Verkehrsleiter und Geschäftsführer der Antragstellerin hat dadurch massive Verstöße gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr begangen. Er hat es zugelassen, dass über Jahre hinweg Fahrten und Arbeitseinsätze des Fahrpersonals durchgeführt wurden, obwohl die zum Schutze der Arbeitnehmer und der übrigen Verkehrsteilnehmer erlassenen Vorschriften nicht eingehalten werden konnten. Dies lässt allein die Schlussfolgerung zu, dass er nicht mehr die Gewähr dafür bietet, die Güterkraftverkehrsgeschäfte zukünftig ordnungsgemäß zu führen. Hinzu kommt, dass gerade im Jahr 2015 besonders viele dieser sog. schwersten Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten vorgekommen sind. Es lässt sich eine eindeutige Tendenz hin zu zunehmenden Arbeits- und Fahrtzeitüberschreitungen der Fahrer feststellen. Es spricht daher sogar einiges dafür, dass die Gefahren, die von dem Geschäftsbetrieb der Antragstellerin für das Fahrpersonal, vor allem aber auch für die übrigen Straßenverkehrsteilnehmer ausgehen, stetig zunehmen. Der Arbeitseinsatz von nicht ausgeruhtem und überarbeitetem Fahrpersonal stellt für die Teilnehmer am Straßenverkehr ein nicht hinnehmbares Sicherheitsrisiko dar. Es muss damit gerechnet werden, dass ein derartiges Fahrpersonal nicht mehr in jedem Falle mit der notwendigen Konzentration im Straßenverkehr agieren kann. Das Risiko ist für die Verkehrsteilnehmer und die Fahrer nicht hinnehmbar. Die Antragstellerin kann nicht damit gehört werden, dass die Fahrer aufgrund der ihnen jeweils vorgegebenen Tourenplanung die tägliche, wöchentliche bzw. zweiwöchige Höchstlenkzeit ohne Probleme hätten einhalten können und von daher Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters nicht gegeben seien. Die zahlreichen Verstöße der Fahrer gegen die Lenk- und Ruhezeiten sprechen dagegen. Es ist Aufgabe des Verkehrsleiters, das von ihm eingestellte oder von einer Leiharbeitsfirma ausgeliehene Fahrpersonal in die Lage zu versetzen, die Lenk- und Ruhezeiten zuverlässig einhalten zu können. Insbesondere müssen die Fahrer in der Lage sein, das EG-Kontrollgerät zu bedienen und die Fahrtenbücher ausfüllen zu können. Sollte für die Fahrer bzw. für einen Teil von ihnen die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben der Fahrpersonalgesetzes und der Fahrpersonalverordnung nicht möglich sein - etwa weil die langjährige Berufserfahrung fehlt, sie möglicherweise nicht ausreichend geschult sind bzw. die Schulung aufgrund eingeschränkter sprachlicher Verständigung nicht die gebotene Wirkung zeigt -, spricht viel dafür, dass das von der Antragstellerin verwendete „Geschäftsmodell“ mitursächlich ist an der massiv vorkommenden Nichteinhaltung der Sozialverschriften im Straßenverkehr. Die in der Sachverhaltsdarstellung zusammengefasst aufgeführten Erklärungen für die extrem zahlreichen, z. T. massiven Verstöße zeigen insgesamt auf, dass das Fahrpersonal entweder sehr mangelhaft ausgesucht worden ist oder aber es an der erforderlichen wirksamen Schulung fehlt oder aber dass die Lkw-Fahrer aufgrund der viel zu engen zeitlichen Vorgaben der Disponenten nicht in der Lage sind, die Lade- und Entladetermine der Transportaufträge ohne Verstöße gegen die Lenk- und Ruhevorschriften zuverlässig einzuhalten.

Dass die Antragstellerin ihre Ankündigung umsetzen kann und wird, aufgrund technischer Vorgaben (GPS) und verstärkter Anstrengungen im Hinblick auf Schulungen und Kontrollen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr zukünftig zuverlässig einzuhalten, hält die Kammer angesichts der bisherigen Unternehmensführung nicht für wahrscheinlich. Dagegen spricht, dass die außerordentlich zahlreichen Verstöße und Verfehlungen, die zu hohen Bußgeldern nicht nur für die Fahrer, sondern auch für den Verkehrsleiter geführt haben, diesen bislang offenbar unbeeindruckt gelassen haben bzw. er zu einer Änderung der Betriebsführung nicht gewillt oder nicht fähig ist.“

Dem ist nichts hinzuzufügen. Dass die Antragstellerin vor diesem Hintergrund meint, es bestehe keine Gefahr für die Allgemeinheit bzw. für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs, ist kaum nachzuvollziehen. Soweit sie insoweit darauf verweist, die betroffenen Fahrer, die für die Verstöße verantwortlich seien, seien weiter im Besitz einer gültigen Fahrerlizenz und führen jetzt für andere Unternehmen, so ist ihr entgegenzuhalten, dass dem Gesetz die Wertung entnommen werden kann, dass vorliegend kein ihr (der Antragstellerin) bzw. ihrem Verkehrsleiter zurechenbares individuelles Fehlverhalten lediglich der einzelnen Fahrer vorlag. Denn nicht nur gegen die Fahrer, sondern auch gegen den Verkehrsleiter sind rechtskräftige Bußgeldbescheide verhängt worden. Sollte es zu einer vergleichbaren Situation in anderen Unternehmen kommen, so wären insoweit ebenfalls die Untersagung der Führung von Güterkraftverkehrsgeschäften gegen den dort verantwortlichen Verkehrsleiter und der Widerruf der Erlaubnis gegenüber dem Unternehmen zu verfügen. Der Einwand, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht darauf verwiesen, dass es bei einer Kontrolle der Polizei C. für den Zeitraum vom 6. Januar 2016 bis zum 3. Februar 2016 erneut massive Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten gegeben habe, führt zu keinem anderen Ergebnis. Diese Verstöße sind, da sie nicht rechtskräftig festgestellt waren, im Rahmen des Bescheids erkennbar nicht berücksichtigt worden. Der bloße Umstand, dass sie festgestellt worden sind, weckt aber - unabhängig von der Frage, ob sie etwa schuldhaft begangen wurden und dem Verkehrsleiter zuzurechnen sind - Zweifel daran, dass etwa die nach Angaben der Antragstellerin im November 2015 eingeführte GPS-Überwachung geeignet ist, zukünftig Verstöße zu verhindern. Gleiches gilt für die ebenfalls - nicht zu berücksichtigenden - weiteren Verstöße, die sich nach der Entziehung der Lizenz ergeben haben und die - wie fast alle Verstöße zuvor - seitens der Antragstellerin einzig mit dem individuellen Fehlverhalten einzelner (wechselnder) Fahrer begründet wurden. Soweit die Antragstellerin meint, es handele sich lediglich „um vereinzelte“ Verstöße „weniger“ Fahrer und diese hätten ins Verhältnis gesetzt werden müssen zur Anzahl der Lkw, verkennt sie, dass nach der gesetzlichen Wertung grundsätzlich schon ein einzelner schwerwiegender Verstoß den Widerruf der Erlaubnis rechtfertigen kann.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt auch kein Verstoß gegen die Selbstbindung der Verwaltung mit Blick darauf vor, dass die Landeshauptstadt Hannover die Lizenz der Antragstellerin am 27. November 2014 bis zum 31. Oktober 2018 „verlängert“ hat. Die Lizenz wurde der Antragstellerin am 1. November 2013 - und nicht am 27. November 2014 - durch die Landeshauptstadt neu erteilt. Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht ausdrücklich „nur die für die Zeit nach dem 01.11.2013, d. h. nach der Neuerteilung der Gemeinschaftslizenz, bekannt gewordenen Tatsachen“ bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Am 27. November 2014 wurden auf Antrag der Antragstellerin lediglich zusätzlich 60 beglaubigte Kopien für weitere Lkw erteilt. Eine „Lizenzverlängerung“, die gar zur Folge hätte, dass davor liegende Tatsachen nicht mehr gegen die Antragstellerin gewertet werden dürfen, liegt darin erkennbar nicht.

Anders als die Antragstellerin meint, war die Antragsgegnerin auch nicht gehalten, ihr vor dem Widerruf zunächst eine Frist von sechs Monaten einzuräumen, um ihr die Gelegenheit zu geben, den Grund für die Rücknahme oder den Widerruf zu beseitigen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass die Antragsgegnerin von der ihr durch Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a VO (EG) Nr. 1071/2009 eingeräumten Befugnis, eine solche Frist zu bestimmen, keinen Gebrauch machen musste, weil die Antragstellerin selbst geltend gemacht hatte, dass „die Einstellung eines anderen Verkehrsleiters derzeit nicht in Betracht kommt“, mithin die Behebung des vorschriftswidrigen Zustands innerhalb der Frist nicht zu erwarten war.

Der - weiterhin erhobene - Einwand, eine Anhörung gemäß § 3 Abs. 5a GüKG habe nicht stattgefunden, trägt ebenfalls nicht. Auf den Seiten 370 und 371 des Verwaltungsvorgangs ist dokumentiert, dass neben dem Bundesamt für Güterverkehr auch die übrigen Kammern und Verbände zu § 3 Abs. 5a GüKG beteiligt wurden.

Soweit die Antragstellerin - ohnehin nach Ablauf der Beschwerdefrist - mit Schreiben vom 15. Juni 2016 erstmals geltend macht, die Stellungnahme des Bundesamts für Güterverkehr zeige, dass Unzuverlässigkeitsgründe nicht gegeben seien und dies hätte von der Antragsgegnerin berücksichtigt werden müssen, überzeugt dies nicht. Allein der Umstand, dass beim Bundesamt keine eigenen (weiteren) Erkenntnisse vorhanden sind, hindert die Antragsgegnerin als zuständige Behörde nicht, ihre Entscheidung auf der Grundlage der bei ihr vorhandenen, von anderen Behörden stammenden Informationen zu treffen.

Eine Auseinandersetzung mit den weiteren mit Schriftsatz vom 15. Juni 2016 vorgebrachten Einwänden ist nicht geboten, da diese nicht innerhalb der Beschwerdefrist erhoben wurden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und Nr. 47.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).