Landgericht Verden
Urt. v. 10.12.2007, Az.: 8 O 27/07

Bibliographie

Gericht
LG Verden
Datum
10.12.2007
Aktenzeichen
8 O 27/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 61154
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGVERDN:2007:1210.8O27.07.0A

Fundstelle

  • VersR 2009, 1129-1130

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes aus Produkthaftung

hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden auf die mündliche Verhandlung vom 18.06.2007 und 19.11.2007 durch die Richterin ... als Einzelrichterin

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1)

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20 506,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.06.2006 zu zahlen.

  2. 2)

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  3. 3)

    Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  4. 4)

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin klagt aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz wegen Produkthaftung.

2

Die Klägerin ist eine Versicherungsgesellschaft und unterhält zu dem geschädigten Zeugen ... einen Wohngebäudeversicherungsvertrag für das Objekt .... Der Beklagte ist Insolvenzverwalter der Firma ....

3

Diese importierte elektrische Geräte aus Fernost und verkaufte diese an inländische Firmen weiter. Darunter importierte sie auch Luftentfeuchter der Marke Euro Tool mit der Typenbezeichnung "CFZ0.8DBc" aus der Volksrepublik China. Diese lieferte sie dann an die Firma ... Außenhandel GmbH weiter und diese an die ... Baumarktkette.

4

Die Firma ... GmbH verfügt bei der VGH Versicherung über eine Haftpflichtversicherung.

5

Am 19.01.2004 kaufte der Zeuge ... der ...-Baumarktkette einen Luftentfeuchter und stellte diesen im Keller seines Hauses auf. Am Nachmittag des 01.05.2005 kam es im Keller des versicherten Objektes zu einem Brand. Nachdem der Brand gelöscht war, führte die Polizei Ermittlungen bezüglich der Brandursache durch. Darüber hinaus erstellte das Landeskriminalamt Sachsen ein Gutachten über den Brandhergang und seine Ursachen.

6

Dem Zeugen ... entstand durch den Brand ein Neuwertschaden von 22 288,23 EUR. Er meldete diesen Schaden der Klägerin, woraufhin diese den Anspruch dem Grunde und der Höhe nach prüfte. Nach erfolgter Prüfung kehrte die Klägerin auf der Basis eines Gutachtens der DEKRA/AGA den Neuwertschaden in Höhe von 22 288,23 EUR an den Zeugen ... ihren Versicherungsnehmer, aus. Der Zeitwertschaden an dem versicherten Objekt beläuft sich auf 21 006,76 EUR.

7

Die Klägerin machte der Firma ... GmbH gegenüber diesen Schaden mit Schreiben vom 31.08.2005 erstmals geltend. Mit Schreiben vom 26.05.2006 forderte die Klägerin die Haftpflichtversicherung der Firma ... erneut zur Zahlung auf und setzte eine Zahlungsfrist bis zum 07.06.2006. Diese lehnte eine Zahlung jedoch ab.

8

Im November 2006 erließ das staatliche Gewerbeaufsichtsamt Cuxhaven eine Verwaltungsverfügung gegen die Firma ..., worin diese aufgefordert wurde, Luftentfeuchter des Typs "CFZ0.8DBc" nicht weiter in den Verkehr zu bringen, vor diesen Geräten öffentlich zu warnen und die Geräte durch geeignete Maßnahmen aus dem Handel und von den Endverbrauchern zurückzurufen. Die Firma ... veranlasste sodann die Rückrufaktion betreffend der Luftentfeuchter des Typs "CFZ0.8DBC".

9

Die Klägerin behauptet, dass es sich bei dem von dem Zeugen ... erworbenen Luftentfeuchter um einen Luftentfeuchter der Marke Euro Tools mit der Gerätebezeichnung "CFZ0.8DBc" gehandelt habe. Sie behauptet weiter, dass die Geräte diesen Typs von der Firma ... GmbH importiert worden seien und die Firma ... Geräte diesen Typs ausschließlich von der Firma ... bezogen hätten.

10

Ferner behauptet die Klägerin, dass ein Gerät des Typs "CFZ0.8DBc" den Brand in dem von ihr versicherten Objekt ... wegen eines technischen Defektes verursacht habe. Dies hätten ebenfalls die von der Polizei durchgeführten Ermittlungen und das Gutachten des LKA Sachsen zweifelsfrei ergeben. Die Brandursache hätte durch das sog. Eliminationsverfahren festgestellt werden können. Da etwaige Defekte an anderen Geräten ausgeschlossen werden konnten, sei letztlich der Brand auf den Luftentfeuchter zurückzuführen. Der Zeuge ... habe das Gerät der Bedienungsanleitung entsprechend aufgestellt und betrieben. In dem Zeitraum zwischen dem erst ein Jahr vor dem Brand erworbenen Gerät und dem Schadenszeitpunkt habe es keinerlei Anzeichen von Veränderungen an dem Gerät gegeben. Auch seinen keine Reparaturen an dem Gerät erforderlich gewesen.

11

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Firma ... GmbH als Importeurin des Luftentfeuchters Herstellerin i.S.d. Produkthaftungsgesetzes sei und deshalb für den Schaden aufkommen müsse.

12

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,

  1. 1.

    die Firma ... GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer ... zu verurteilen, an die Klägerin 21 006,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. April 2007 zu zahlen und

  2. 2.

    die Firma ... GmbH zu verurteilen, weitere 523,48 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

13

Mit Beschluss vom 01.08.2007 hat das Amtsgericht Verden (Aller) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma ... Import und Handels GmbH eröffnet (Az.: 11 IN ...) und den Beklagten zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schriftsatz vom 29.10.2007 hat die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten die Klage auf den Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma ... umgestellt.

14

Die Klägerin beantragt nunmehr,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 21 006,76 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25.03.2006 zu zahlen, soweit Deckung aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag besteht.

15

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

16

Der Beklagte bestreitet, dass der geschädigte Zeuge ... einen Luftentfeuchter des Typs "CFZ0.8DBc" bei der Firma Praktiker erworben habe und dass er dieses Gerät den Vorgaben der Bedienungsanleitung entsprechend aufgestellt habe.

17

Ferner bestreitet der Beklagte, dass der Luftentfeuchter brandursächlich gewesen sei. Eine eindeutige Feststellung in dieser Hinsicht habe sich aus dem Ermittlungsergebnis der Polizei und dem vom LKA Sachsen erstellten Gutachten nicht ergeben.

18

Der Beklagte bestreitet weiter, dass die Firma ... GmbH das fragliche Gerät importiert habe. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Firma ... nicht auch noch von anderen Firmen mit Luftentfeuchtern desselben Typs beliefert worden sei. Auch könne nicht ausgeschlossen werden, dass die ...-Kette auch noch von anderen Firmen als der Firma ... Luftentfeuchter diesen Typs bezogen habe. Insofern liege keine nachgewiesene, unterbrochene Lieferkette vor, die auf die Firma ... als Importeurin schließen ließe.

19

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2007 und vom 19.11.2007 die Zeugen ... und ... zu den Fragen, um welchen Typ von Luftentfeuchtern es sich vorliegend gehandelt hat und wer die Geräte diesen Typs importiert und an welche Finnen weitergeliefert hat, uneidlich vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung verwiesen.

20

Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Chemnitz (Az.: 230 Ujs ...) wurde beigezogen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Chemnitz sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist zulässig und im Wesentlichen auch begründet.

22

Die nach § 240 ZPO erforderliche Umstellung des Antrags auf den Beklagten als Insolvenzverwalter der Firma ... Import und Handels GmbH ist vorliegend erfolgt.

23

I.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch in Höhe von 20 506,76 EUR gem. § 1 ProdHaftG i.V.m. § 67 Abs. 1 VVG. Sie ist gemäß § 67 Abs. 1 VVG Inhaberin des Schadensersatzanspruches geworden, der dem Zeugen ... gegen die Firma ... Import und Handels GmbH als Gemeinschuldnerin zusteht.

24

Dem Zeugen ... ist ein Schaden entstanden durch ein Produkt, das die Firma ... als Herstellerin im Sinne von. § 4 Abs. 2 ProdHaftG eingeführt hat.

25

Die Firma ... Import und Handels GmbH ist zunächst Herstellerin i.S.v. § 4 Abs. 2 ProdHaftG. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lässt sich das fehlerhafte Produkt in einer lückenlosen Lieferkette bis zu seinem Import durch die Firma ... zurückverfolgen. Damit steht fest, dass die Firma ... den hier streitgegenständlichen Luftentfeuchter zum Zwecke des Vertriebes aus der Volksrepublik China in die Bundesrepublik Deutschland und damit in den Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt hat.

26

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Zeuge ... am 17.01.2004 einen Luftentfeuchter der Marke Euro Tools mit der Typenbezeichnung "CFZ0.8DBc" in einem Praktiker Baumarkt erworben hat. Dies ergibt sich einerseits aus der Aussage des Zeugen .... Dieser hat in der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2007 ausgesagt, er habe am 17.01.2004 in dem ...-Baumarkt in Freiberg einen Luftentfeuchter gekauft, was auch durch den vorgelegten Kassenbon (Bl. 11/115 d.A.) belegt wird. Auf Vorhalt des Lichtbildes (Bl. 12/114 d.A.) konnte er den Entfeuchter zudem eindeutig als ein Gerät des fraglichen Typs wieder erkennen. Er konnte dieses Gerät deutlich von den anderen Luftentfeuchtern aus dem Programm der Firma ... unterscheiden. Dass diese Gerate gut zu unterscheiden waren, ergibt sich auch aus den Aussagen der Zeugen ... und .... Der Zeuge ... konnte als Einkäufer der Firma ... bekunden, dass die Firma ... im Januar 2004 bundesweit die gleichen Luftentfeuchter im Sortiment führte.

27

Nach der Beweisaufnahme steht weiter fest, dass die ...-Baumarktkette diesen Typ Luftentfeuchter ausschließlich von der Firma ... Außenhandel GmbH bezogen hat. Der Zeuge ... konnte allein anhand des Kassenbons und der dort aufgedruckten EAN-Nummer nicht eindeutig den Typ des Luftentfeuchters bestimmen, den der Zeuge ... gekauft hat. Er konnte jedoch eindeutig bestätigen, dass die Firma ... im Januar 2004 Luftentfeuchter ausschließlich von der Firma ... geliefert bekommen hat Dies seien zwei verschiedene Luftentfeuchter-Typen aus derselben Preisklasse gewesen. Darunter habe sich auch der Luftentfeuchter der Marke Euro Tools mit der Typenbezeichnung "CFZ0.8DBc" befunden. Beide Gerätetypen seien aber unter derselben EAN-Nummer im System erfasst gewesen. Anhand dieser Nummer könne man aber feststellen, dass es sich um Luftentfeuchter handelt und von welcher Firma dieses Gerät geliefert worden ist. Die EAN-Nummer des vorgelegten Kassenbons konnte der Zeuge ... insofern eindeutig einer Lieferung der Firma ... zuordnen. Diese Aussage wird sowohl bzgl. der generellen Lieferbeziehung wie auch im Hinblick auf das Verfahren mit den EAN-Nummern vom Zeugen ... als Mitarbeiter der Firma ... bestätigt. Dieser sagte ebenfalls aus, dass die Firma ... zwar verschiedene Luftentfeuchter an die Praktiker-Kette lieferte. Auch der Zeuge ... konnte aber das fragliche Modell anhand des Lichtbildes eindeutig identifizieren.

28

Gleiches ergibt sich aus der Aussage der Zeugin .... Diese Mitarbeiterin des Gewerbeaufsichtsamts in Cuxhaven bekundete ebenfalls, dass Luftentfeuchter des Typs "CFZ0.8DBc" aus China von der Firma ... importiert worden seien und über die Firma ... weiter an die ...-Kette geliefert worden seien. Sie habe davon erfahren, weil es häufig zu Bränden gekommen sei, die auf Geräte dieses Typs zurückzuführen gewesen seien. Diese Information habe sie von einem Kollegen aus dem Saarland erhalten. Danach sei die Firma ... auch aufgefordert worden, vor den Geräten zu warnen und diese vom Markt zu nehmen, also sie zurückzurufen.

29

Zur Überzeugung des Gerichts steht weiterhin fest, dass die Firma ... Außenhandel GmbH ihrerseits von keinem anderen Lieferanten als der Firma ... Import und Handels GmbH Luftentfeuchter dieser Marke und diesen Typs "CFZ0.8DBc" bezogen hat. Dass die Firma ... Import und Handels GmbH überhaupt Luftentfeuchter der Marke Euro Tools mit der Typenbezeichnung "CFZ0.8DBc" in die Bundesrepublik eingeführt und an die Firma ... Außenhandel GmbH geliefert hat, ist unstreitig. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht aber ebenfalls fest, dass die Firma ... die einzige Bezugsquelle der Firma ... für diesen Typ Luftentfeuchter war. Dies ergibt sich wiederum aus den glaubhaften Bekundungen des Zeugen .... Dieser räumte zwar ein, dass die Firma ... auch noch von einer anderen Firma, nämlich der Firma IPS aus Belgien, mit Luftentfeuchtern beliefert wurde. Bei den aus Belgien gelieferten Luftentfeuchtern habe es sich aber um Luftentfeuchter einer anderen Marke und eines anderen Typs gehandelt, die sich bereits rein äußerlich erheblich von den Luftentfeuchtern des Typs "CFZ0.8DBC" unterschieden. Auf Vorhalt eines Lichtbildes mit dem Luftentfeuchter des Typs "CFZ0.8DBc" (Bl. 12/114 d.A.) konnte der Zeuge das Gerät eindeutig und zweifelsfrei als eines derjenigen identifizieren, die von der Firma ... geliefert wurden.

30

Die Aussagen der Zeugen sind allesamt in sich schlüssig und wiederspruchsfrei. Das Gericht hat ferner keinen Anlass, an der Glaubwürdigkeit der Zeugen zu zweifeln. Sämtliche Zeugen sind unabhängige Zeugen, die kein wirtschaftliches Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits haben.

31

Bei dem Luftentfeuchter der Marke Euro Tools mit der Typenbezeichnung "CFZ0.8DBc" handelt es sich um ein Produkt i.S.d. § 2 ProdHaftG. Dieses Produkt war ein fehlerhaftes Produkt i.S.v. § 3 ProdHaftG.

32

Es steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass der Brand im Haus des Zeugen ... vom streitgegenständlichen Luftentfeuchter verursacht wurde. Dies ergibt sich sowohl aus den polizeilichen Ermittlungen am Brandort samt der dort getroffenen Feststellungen wie auch aus den Zeugenaussagen der Zeugen ... und .... Aus dem Polizeibericht und dem vor Ort durchgeführten Eliminationsverfahren lässt sich einerseits der Entstehungsort des Brandes konkret bestimmen und auf den Standort des Luftentfeuchters eingrenzen. Andere potentielle Brandursachen kamen in diesem Bereich des Kellers auch dem Brandortuntersuchungsprotokolls zufolge nicht in Betracht (Bl. 8 d. Erm.A). Die Feuerursache und der Brandherd sind im Luftentfeuchter zu sehen. Mit diesem Ergebnis stimmt auch die Aussage des Zeugen ... überein, nach der sich an der fraglichen Stelle des Kellers nichts anderes als der Luftentfeuchter befand. Etwaige Bedienungsfehler, technische Eingriffe in die Gerätesubstanz oder Mängel des Aufstellungsortes sind nach der glaubhaften Aussage des Zeugen ... und dem Brandortuntersuchungsprotokoll nicht als schadensursächlich anzunehmen.

33

Dieser Schadensverursachung lag nach Überzeugung des Gerichtes ein Produktfehler i.S.v. § 3 ProdHaftG zugrunde. Dem sicherheitstechnischen Fehlerbegriff des ProdHaftG zufolge stellt es mithin einen beachtlichen Produktmangel dar, wenn ein Produkt sich selbst und seine Umwelt entzündet. Dem steht nicht entgegen, dass sich der konkrete technische Mangel des Luftentfeuchters mittlerweile nicht mehr gutachterlich nachweisen lässt und auch das Gutachten des Landeskriminalamtes Sachsen vom 23.08.2005 (Bl. 51 d. Erm.A.) diesbezüglich keine eindeutige Aussage trifft.

34

Im Bereich der Produkthaftung kann allein die technische Unaufklärbarkeit eines Entzündungsvorganges aufgrund der nachfolgenden Zerstörung des betreffenden Produktes die anderweitigen Möglichkeiten der richterlichen Überzeugungsbildung nicht ausschließen. Der Schutzzweck des Produkthaftungsgesetzes würde ansonsten weitgehend vereitelt. Es wären ansonsten faktisch gerade Produkte mit einem großen Gefahrenpotential privilegiert, wenn diese durch Brand etc. erhebliche Schäden anrichten und dabei auch selbst so stark beschädigt oder zerstört werden, dass sie für eine technische Ursachenforschung nicht mehr verwendet werden können. Insofern muss es ausreichen, dass die Ursächlichkeit eines Produktes für die Schadensentstehung feststeht und zugleich denknotwendig ein technischer Mangel dieses konkreten Produktes vorgelegen haben muss. Dessen genauere Lokalisierung ist in diesem Fall entbehrlich. § 3 ProdHaftG zeigt insofern deutlich einen sicherheitstechnischen Fehlerbegriff auf, der sich auf das Produkt als Ganzes bezieht und nicht gezwungenermaßen auf ein einzelnes defektes Bauteil konkretisiert werden muss. Insofern bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob die fragliche Baureihe des Luftentfeuchters insgesamt mit einem Konstruktionsfehler behaftet war oder ob lediglich verschiedene Exemplare - wie das streitgegenständliche - Fabrikationsfehler aufwiesen.

35

Eine weitere erheblich Indizwirkung kommt insofern auch der Aussage der Zeugin ... zu, die als Mitarbeiterin des Gewerbeaufsichtsamtes in Cuxhaven sowohl von verschiedenen Brandfällen im Zusammenhang mit Luftentfeuchtern dieses Typs sowie der unstreitig erfolgten Produktwarnung der Firma ... und dem anschließenden Produktrückruf berichtete.

36

Dem Zeugen ... durch den Brand ein Sachschaden in Höhe von 21 006,76 EUR entstanden. Dieser Schaden war gem. § 11 ProdHaftG jedoch um den von der Klageforderung noch nicht abgezogenen Selbstbehalt bei Sachbeschädigung in Höhe von 500,- EUR zu kürzen.

37

II.

Die restlichen 500,- EUR stehen der Klägerin auch nicht gem. § 823 Abs. 1 BGB wegen einer Eigentumsverletzung zu. Zwar gilt die Firma ... auch in der deliktsrechtlichen Produzentenhaftung als Herstellerin, da sie das Gerät in Verkehr gebracht hat (Palandt, Sprau, § 823, Rnr. 180; ProdHaftG 1. Rnr. 14). Jedoch ist die deliktsrechtliche Haftung im Gegensatz zur Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz keine verschuldensunabhängige Haftung. Ein Verschulden der Firma ... ist hier allerdings nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden.

38

III.

Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich angesichts der wirksamen Mahnung vom 26.05.2006 mit Fristsetzung zum 07.06.2006 dem Grunde und der Höhe nach aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gem. §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Eine zeitlich vorangehende Mahnung wurde nicht dargelegt.

39

IV.

Der zunächst rechtshändig gewordene Antrag auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten wurde nach Umstellung der Klage auf den jetzigen Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter nicht weiter verfolgt. Darin ist eine konkludente Klagerücknahme zu sehen. Der Beklagte hat zu dem neuen Antrag widerspruchslos verhandelt und der Klagerücknahme insofern konkludent zugestimmt ( BAG NJW 1961, 2371; Zöller, Greger, § 269, Rnr. 15).

40

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1; 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Der Umfang des klägerischen Unterliegens durch die Klagerücknahme nach § 269 Abs. 3 S. 2 und dem Unterliegen in der Hauptsache in Höhe von 500,- EUR war gegenüber der gesamten Klageforderung als unerheblich anzusehen. Die Regelung des § 92 ZPO ist insofern auch auf Fälle des § 269 Abs. 3 Satz 2 anzuwenden ( BGH, NJW-RR 1996, S. 256; Thomas/Putzo, § 92 Rn. 1).

41

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 709 ZPO.