Landgericht Verden
Urt. v. 28.02.2007, Az.: 8 O 346/06
Rechtliche Ausgestaltung der Verjährung deliktsrechtlicher Schadensersatzansprüche; Rechtliche Ausgestaltung des Verjährungsbeginns von nachträglich auftretenden Schadensfolgen
Bibliographie
- Gericht
- LG Verden
- Datum
- 28.02.2007
- Aktenzeichen
- 8 O 346/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 55934
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGVERDN:2007:0228.8O346.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 426 Abs. 1 BGB
- § 823 Abs. 1 BGB
- § 830 Abs. 1 BGB
- § 830 Abs. 2 BGB
- § 840 Abs. 1 BGB
- § 852 Abs. 1 BGB
- § 67 VVG
- Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB
[...]
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden
auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2007
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...,
den Richter am Landgericht ... und
die Richterin am Landgericht ...
fürRecht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 345.450,74 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin macht als Haftpflichtversicherung der Frau ... auf sie übergegangene Regressansprüche geltend.
Am 29. Januar 2001 fand in den Wohnräumlichkeiten der Beklagten ein gemeinsames Abendessen mehrerer Kolleginnen statt, an der auch die später Geschädigte, Frau ..., sowie die Versicherungsnehmerin der Klägerin, Frau ..., teilnahmen. Die Gäste saßen um einen Tisch, auf dem ein sogenannter heißer Stein stand. Dieser wurde durch zwei darunter stehende Spiritusbrenner erhitzt.
Während des Abendessens erlosch einer der beiden Spiritusbrenner. Die Beklagte nahm deshalb den heißen Stein von dem Gestell und legte ihn zur Seite. Sie holte aus ihrem Abstellraum eine Spiritusflasche und gab diese in die Runde, wo sie von Hand zu Hand weitergegeben wurde. Als die Flasche die Versicherungsnehmerin der Klägerin, Frau ..., erreichte, bat die Beklagte diese, Spiritus in den erloschenen Brenner nachzugießen, da diese eine sehr ruhige Hand habe. Frau ... füllte daraufhin den erloschenen Spiritusbrenner vorsichtig nach.
Kurze Zeit nach Abschluss des Nachfüllvorganges bildete sich eine Stichflamme, die von dem heißen Stein ausging und Frau ... erfasste, die sich gerade nach vorne beugte, um weiter zu essen. Frau ... erlitt hierdurch schwerste Brandverletzungen.
Die Klägerin wurde als Haftpflichtversicherung der Frau ... durch die Geschädigte Frau ... in Anspruch genommen und erbrachte bis zur Klageerhebung im August 2006 Zahlungen in Höhe von insgesamt 590.901,48 € an die Geschädigte sowie an beteiligte Sozialversicherungsträger. Sie erbringt weiter laufende Zahlungen. Von dem oben genannten Betrag zahlte sie einen Teilbetrag in Höhe von 182.474,34€ bereits im Laufe des Jahres 2001 an die Geschädigte. Ebenfalls erkannte sie die Ansprüche der Geschädigten dem Grunde nach bereits im Jahre 2001 an.
Die Klägerin nahm die Beklagte erstmals mit Schreiben vom 29. Dezember 2005 auf Ausgleich in Anspruch. Mit Schreiben vom gleichen Datum verzichtete der Haftpflichtversicherer der Beklagten auf die Einrede der Verjährung, sofern zum damaligen Zeitpunkt nicht bereits Verjährung eingetreten war (Anlage B 2, Bl. 71 d.A.).
Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte gesamtschuldnerisch mit ihrer Versicherungsnehmerin für den entstandenen Schaden mit einer Mithaftungsquote von zumindest 50 % oder mehr.
Sie behauptet, der Geschädigten sei ein Schaden in Höhe der geleisteten Zahlungen von insgesamt 590.901,48 € entstanden, so dass sie bzw. ihre Versicherungsnehmerin von der Geschädigten zu Recht in Anspruch genommen worden sei.
Sie beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 295.450,74 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über Basiszinssatz seit dem 1. April 2006 zu zahlen;
- 2.
festzustellen dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren schadensbedingten Aufwendungen aus dem Haftpflichtschaden vom 29. Januar 2001 auf der Grundlage einer Quote von 50 % zu erstatten;
- 3.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.748,36 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zur Gerichtsakte gelangten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Zwar haftet auch die Beklagte der Geschädigten aus§§823 Abs. 1, 830 Abs. 1, 2 BGB auf Ersatz des ihr entstandenen Schadens. Zwischen ihr und der Versicherungsnehmerin der Klägerin, Frau ..., besteht daher nach §840 Abs. 1 BGB ein Gesamtschuldverhältnis. Die Haftungsquote im Innenverhältnis zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Beklagten beträgt auch 50 %. Mögliche Ausgleichsansprüche der Versicherungsnehmerin der Klägerin gegen die Beklagte, die nach §67 VVG auf die Klägerin übergegangen wären, sind jedoch verjährt.
I.
Ersatzansprüche der Geschädigten gegenüber der Beklagten, die nach §426 Abs. 2 BGB auf die Versicherungsnehmerin der Klägerin und nach §67 VVG weiter auf die Klägerin übergingen, verjährten im Laufe des Jahres 2004 und wurden deshalb durch den eingeschränkten Verzicht auf die Einrede der Verjährung, den die Haftpflichtversicherung der Beklagten mit Schreiben vom 29. Dezember 2005 erklärte, nicht erfasst.
Die Verjährung begann insoweit nach §852 Abs. 1 BGB am Vorfallstag, dem 29. Januar 2001. Die Geschädigte hatte mit diesem Tag Kenntnis vom Schaden und der Person der Ersatzpflichtigen. Dass der Schaden sich der Höhe nach weiter entwickelte, führt nicht zu einem teilweise späteren Verjährungsbeginn. Vielmehr beginnt die Verjährung auch für nachträglich auftretende Schadensfolgen, die im Zeitpunkt der Kenntniserlangung vom Schaden als möglich vorhersehbar waren, mit dem Zeitpunkt des ersten Schadenseintritts und dessen Kenntnis (BGH WM 1978, 331). Die fraglichen Schadensfolgen waren hier vorhersehbar. Gegenteiliges ist nicht vorgetragen.
Die Verjährungsfrist betrug nach §852 BGB drei Jahre.
Nach Art. 229 §6 Abs. 3 EGBGB verbleibt es insoweit bei der Verjährung nach altem Recht.
II.
Auch der aus §426 Abs. 1 BGB folgende Ausgleichsanspruch verjährte mit Ablauf des 31. Dezember 2004.
Die Verjährung richtet sich insoweit gemäß Art. 229 §6 Abs. 4 EGBGB nach neuem Verjährungsrecht, da die hier Anwendung findende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nach §195 BGB und der Beginn der Verjährung mit Schluss des Jahres 2001 gemäß §199 BGB zu einer kürzeren Verjährung als nach altem Recht und der dort insoweit geltenden 30-jährigen Verjährungsfrist führen.
1.
Verjährungsbeginn des aus §426 Abs. 1 BGB folgenden Anspruchs der Klägerin war sowohl betreffend den zunächst auf Freihaltung als auch betreffend den später auf Zahlung gerichteten Ausgleichsanspruch einheitlich der 31. Dezember 2001. Diese Ansprüche sind im Laufe des Jahres 2001 entstanden. Ebenfalls im Laufe des Jahres 2001 erlangte die Versicherungsnehmerin der Klägerin Kenntnis von den den Freihaltungs- und Ausgleichsanspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners.
Zwar bestand im Laufe des Jahres 2001 - und auch in der Folgezeit - zunächst jedenfalls teilweise nur ein Freihaltungsanspruch, der sich erst nach und nach mit Begleichung der jeweiligen Schadenspositionen durch die Klägerin zu einem Ausgleichsanspruch wandelte. Für den Verjährungsbeginn sowohl des Freihaltungs- als auch des Ausgleichsanspruchs ist jedoch einheitlich nur der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem der Freihaltungsanspruch entstanden ist und die Klägerin bzw. deren Versicherungsnehmerin Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners hatte.
a)
Dieser Zeitpunkt lag jedenfalls im Laufe des Jahres 2001, ohne dass er nach dem bisherigen Vertrag auf den Tag genau bestimmt werden könnte, was jedoch auch nicht erforderlich ist. Kenntnis im Sinne des§199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. besteht bezüglich eines Freihaltungsanspruchs jedenfalls dann, wenn der Gläubiger die Umstände kennt, aufgrund derer er nicht allein, sondern als Gesamtschuldner mit einem Dritten für einen Schaden haftet, und er auch weiß, dass er von dem Geschädigten in Anspruch genommen wird. Beide Voraussetzungen lagen hier jedenfalls im Laufe des Jahres 2001 vor. Die Kenntnis des gesamten Hergangs des schadensursächlichen Vorgangs hatte die Versicherungsnehmerin der Klägerin am Tag des Vorfalls. Sie wurde auch im Laufe des Jahres 2001 von der Geschädigten in Anspruch genommen.
Dieser Verjährungsbeginn ist auch insoweit maßgeblich, als sich der Freihaltungsanspruch auf Ersatzansprüche bezieht, die zu späteren Zeitpunkten fällig und von der Geschädigten geltend gemacht werden. Insoweit gilt nichts anderes als für Schadensersatzansprüche, die nach dem Grundsatz der Schadenseinheit auch für erst in der Zukunft entstehende Schäden verjähren, sobald ein erster Schadensbetrag klagweise geltend gemacht werden kann (dazu BGH NJW 2000, 861 [BGH 16.11.1999 - VI ZR 37/99]), solange die weiteren Schadensfolgen nur - wie hier - vorhersehbar waren. Die Interessenlage ist bei einem Anspruch auf Freihaltung von Schadensersatzansprüchen nicht anders als bei Schadensersatzansprüchen selber. Im Gegenteil kann der Gläubiger des Freihaltungsanspruchs sogar einheitlich eine Leistungsklage auf Freihaltung erheben, die auch die Freihaltung von erst später geltend gemachten Schadenspositionen erfasst und deshalb einheitlich die Verjährung hemmt.
b)
Dieser Verjährungsbeginn ist sowohl für den Freihaltungsanspruch als auch für den sich bei Befriedigung des Geschädigten ergebenden Ausgleichsanspruch, jeweils folgend aus §426 Abs. 1 BGB, maßgeblich. Sofern der Freihaltungsanspruch vor Zahlung an den Geschädigten und damit vor Entstehung des Ausgleichsanspruchs bereits verjährt war, erfasst diese Verjährung auch den Ausgleichsanspruch. Anderenfalls ist der bis zum Zeitpunkt der Umwandlung des Freihaltungs- in einen Ausgleichsanspruch verstrichene Teil der Verjährungsfrist bei der Verjährung des Ausgleichsanspruchs zu berücksichtigen.
Dass sowohl der Freihaltungs- als auch der Ausgleichsanspruch einheitlich verjähren, wurde vom OLG Karlsruhe ohne nähere Begründung angenommen (Urteil vom 8. Dezember 2006, 12 U 208/05). Demgegenüber beginnt nach einer Auffassung in der Literatur (Staudinger-Peters (2004), §199 Rdnr. 7) die Verjährung des Ausgleichsanspruchs erst mit der Umwandlung des Freihaltungsanspruchs in diesen Ausgleichsanspruch, da dieser erst dann in seiner konkreten Form fällig sei. Dieses formale Argument der letztgenannten Auffassung ist jedoch nicht zwingend. Die besseren Gründe sprechen demgegenüber in der Sache für eine einheitliche Verjährung des Freihaltungs- und des Ausgleichsanspruchs.
aa)
Das formale Argument, der Verjährungsbeginn beider Ansprüche sei deshalb unterschiedlich, da sie in ihrer konkreten Form unterschiedlich fällig werden, ist nicht zwingend.
§426 Abs. 1 Satz 1 BGB differenziert vielmehr nicht zwischen diesen beiden Ausgestaltungen des Ausgleichsanspruchs. Dementsprechend ist dogmatisch von einem einheitlichen Ausgleichsanspruch auszugehen, der vor Befriedigung des Gläubigers als Befreiungsanspruch und anschließend als auf Zahlung gerichteter Ausgleichsanspruch besteht (so etwa Palandt-Grüneberg, 66. Aufl., §426 Rdnr. 3, 5). So entsteht nach Auffassung des BGH (etwa ZIP 2006, 1591[BGH 20.07.2006 - IX ZR 44/05] m.w.N.) der selbständige Ausgleichsanspruch aus §426 Abs. 1 BGB nicht erst mit der Befriedigung des Gläubigers, sondern von vorneherein zugleich mit der Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses, ist jedoch zunächst nur auf Freihaltung gerichtet. Nach Wolf (in: Soergel, 12. Aufl., §257 Rdnr. 6) sind Freistellungsanspruch und Zahlungsanspruch nur unterschiedliche Ausprägungen ein- und desselben Anspruchs. Durch die Abtretung an den Gläubiger des Anspruchs, bezüglich dessen Befreiung verlangt werden kann, wandelt sich der Befreiungsanspruch in einen Zahlungsanspruch (Palandt-Heinrichs, 56. Aufl., §257 Rdnr. 1 m.w.N.). Gleiches gilt für den Fall der Pfändung.
Auch außerhalb des Verjährungsrechts werden beide Ansprüche teilweise einheitlich behandelt. So führt beispielsweise der Verzugseintritt betreffend des Befreiungsanspruchs dazu, dass mit Umwandlung dieses Befreiungs- in einen Zahlungsanspruch der Schuldner auch mit letzterem automatisch in Verzug ist (Staudinger-Bittner (2001) §257 Rdnr. 21). Weiter begründet etwa nach einer Auffassung (Münchener Kommentar zum BGB - Bydlenski, 4. Aufl., §426 Rdnr. 72) bereits der fällige Befreiungsanspruch ein Recht zur Teilnahme im Insolvenzverfahren, auch wenn der Ausgleichsanspruch wegen Befriedigung des Gläubigers erst nach dessen Eröffnung bezifferbar wird (im Ergebnis ebenso BGHZ 114, 117, 122).
Aufgrund dieser auch sonst einheitlichen Betrachtung des Befreiungs- und des Ausgleichsanspruchs spricht für die Frage der Verjährung viel dafür, eine einheitliche Verjährung anzunehmen und die Verjährung betreffend den Ausgleichsanspruch nicht erneut in dem Zeitpunkt beginnen zu lassen, in dem dieser Anspruch erst in seiner konkreten Form fällig wird. Dem stehen keine billigenswerter Weise zu berücksichtigende Interessen des Gläubigers des Ausgleichsanspruchs entgegen. Vielmehr sprechen sachliche Gesichtspunkte für eine einheitliche Verjährung:
bb)
Der Gläubiger des Ausgleichsanspruchs hat die Möglichkeit, die Verjährung sowohl des Freihaltungs- als auch des auf Zahlung gerichteten Ausgleichsanspruchs schon vor Befriedigung des Geschädigten und damit vor Umwandlung in den auf Zahlung gerichteten Ausgleichsanspruch durch gerichtliche Geltendmachung des Freihaltungsanspruchs zu hemmen. Es ist deshalb zu seinem Schutz nicht erforderlich, die Verjährung des auf Zahlung gerichteten Ausgleichsanspruchs erst zu einem späteren Zeitpunkt beginnen zu lassen. Aufgrund der nach richtiger Auffassung anzunehmenden einheitlichen Verjährung erfasst die Hemmung der Verjährung des Freihaltungsanspruchs auch diejenige des auf Zahlung gerichteten Ausgleichsanspruchs.
Es besteht auch nicht die Gefahr, dass der vom Geschädigten in Anspruch genommene Gesamtschuldner dann in zeitliche Schwierigkeiten gerät, den Freihaltungsanspruch gegenüber dem weiteren Gesamtschuldner geltend zu machen, wenn er erst kurz vor der Verjährung des Schadensersatzanspruchs von dem Geschädigten in Anspruch genommen wird. Die Verjährung des Freihaltungsanspruchs - und damit nach richtiger Auffassung auch diejenige des auf Zahlung gerichteten Ausgleichsanspruchs - beginnt vielmehr nach §199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst dann, wenn der zuerst in Anspruch genommene Gesamtschuldner die Umstände kennt, die gerade den Freihaltungsanspruch begründen. Dies ist erst dann der Fall, wenn er weiß oder damit rechnen muss, selbst vom Geschädigten in Anspruch genommen zu werden.
cc)
Demgegenüber hätte es der in Anspruch genommene Gesamtschuldner nach der anderen Auffassung in der Hand, die Verjährung des Ausgleichsanspruchs durch eine späte Befriedigung des Geschädigten hinauszuzögern. Auch ohne dass der Gläubiger des Ausgleichsanspruchs die Befriedigung des Geschädigten böswillig hinauszögerte, könnte es dann zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung der Verjährung kommen.
Diese Gefahr besteht insbesondere in Fällen wie dem vorliegenden, in dem der Geschädigte laufend Ersatz weiterer Schadenspositionen begehrt und dieser Anspruch durch gerichtliche Geltendmachung gegenüber einem der Gesamtschuldner bzw. durch dessen Anerkenntnis diesem gegenüber nicht innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren verjährt. So führt etwa eine auch noch in geraumer Zeit an den Geschädigten geleistete Zahlung zu der Entstehung eines "neuen" Ausgleichsanspruchs. Würde dieser erst in drei Jahren ab dem Zeitpunkt der Zahlung verjähren, könnte der weitere Gesamtschuldner unter Umständen erst geraume Zeit nach dem eigentlichen Schadensereignis mit Ausgleichsansprüchen konfrontiert werden.
Diese Situation widerspricht dem Grundgedanken des Verjährungsrechts und insbesondere der durch die Schuldnerrechtsmodernisierung erfolgten Abkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist auf drei Jahre. Zu dem Zeitpunkt der späteren Verjährung können bereits erhebliche Beweisschwierigkeiten bestehen. Die Erinnerung an das Geschehen lässt nach. Ebenfalls schwindet die Qualität von Zeugenaussagen. Dem wäre der erst spät auf Ausgleich in Anspruch genommene Gesamtschuldner möglicherweise überraschend ausgesetzt, ohne etwa Beweise sichern zu können.
dd)
Darüber hinaus kann nach der abzulehnenden Auffassung in Fällen, in denen die Gesamtschuldner - wie hier - für einen sich laufend erweiternden Schaden haften, die Bestimmung des Verjährungsbeginns problematisch sein.
Der auf Zahlung gerichtete Ausgleichsanspruch entsteht erst dann, wenn der vom Geschädigten in Anspruch genommene Gesamtschuldner an diesen eine Leistung erbringt, die die von ihm im Innenverhältnis zu tragende Quote übersteigt. Zwar dürfte diese Entstehung bei sukzessiver Geltendmachung mehrerer Schadenspositionen anteilig immer schon dann erfolgen, wenn der in Anspruch genommene Gesamtschuldner auf die jeweils geltend gemachte Schadensposition mehr als den im Innenverhältnis zu tragenden Teil leistet, ohne dass es darauf ankäme, zu welchem Anteil er die Gesamtheit der bis dahin geltend gemachten Ansprüche beglichen hat. Auch diese Abgrenzung wird jedoch nicht in allen Fällen eindeutig vorzunehmen sein.
Probleme bestehen insbesondere dann, wenn der in Anspruch genommene Gesamtschuldner bei Zahlung nicht ausdrücklich bestimmt, auf welche Schadenspositionen die Zahlung erfolgen soll. In einer derartigen Situation könnte es deshalb zu dem Ergebnis kommen, dass ein Ausgleichsanspruch trotz Vornahme erheblicher Zahlungen noch nicht entsteht, da insgesamt noch keine Leistungen erbracht wurden, die über den im Innenverhältnis zu tragenden Anteil der insgesamt geltend gemachten Ansprüche hinausgehen. Sofern demgegenüber die Zahlung ausdrücklich auf eine bestimmte Schadensposition erfolgt oder eine derartige Zuordnung aufgrund der Umstände möglich ist, entstünde ein Ausgleichsanspruch schon mit der einzelnen Zahlung. Den nach der abzulehnenden Auffassung sich in diesen Fällen ergebenden unterschiedlichen Verjährungsbeginn bzw. diese Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Bestimmung des Verjährungsbeginns lassen sich durch die Annahme eines einheitlichen Verjährungsbeginns für den Freihaltungs- und den Ausgleichsanspruch vermeiden.
ee)
Weiter spricht für den einheitlichen Verjährungsbeginn des Freihaltungs- und des Ausgleichsanspruchs ein Vergleich mit der Verjährung von Ansprüchen, die auf den Ersatz späterer, fortdauernder oder sich wiederholenden Schadensfolgen gerichtet sind. Diese Ansprüche verjähren - wie bereits dargelegt - einheitlich auch für erst in der Zukunft entstehenden Schäden, soweit ein erster Schadensbetrag im Wege der Klage geltend gemacht werden kann (Palandt, 66. Aufl., - Heinrichs, §199 Rdnr. 14, 31). Um dieses Problem für Ersatzansprüche klarzustellen, hatte der Gesetzgeber in §199 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. den Terminus "Fälligwerden" durch "Entstanden sein" ersetzt. §199 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. differenziert allerdings nicht zwischen Schadensersatzansprüchen und sonstigen Ansprüchen, etwa Ausgleichsansprüchen. Auch dies spricht dafür, den sich von einem Freihaltungsanspruch in einen auf Zahlung gerichteten Anspruch umwandelnden Ausgleichsanspruch nach diesen Grundsätzen zu behandeln und die Verjährung auch für den auf Zahlung gerichteten Ausgleichsanspruch mit Schluss des Jahres beginnen zu lassen, in dem für den Freihaltungsanspruch die Voraussetzungen des§199 Abs. 1 BGB n.F. gegeben sind.
2.
Die Verjährungsfrist beträgt nach §195 BGB drei Jahre. Sowohl der Freihaltungsanspruch als auch sämtliche auf Zahlung gerichtete Ausgleichsansprüche verjährten deshalb mit Ablauf des 31. Dezember 2004, so dass der eingeschränkte Verjährungsverzicht vom 29. Dezember 2005 sie nicht erfasste.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §91 ZPO.
Die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §709 ZPO.
Der Streitwert beträgt 345.450,74 €.
Dabei beträgt der Streitwert des Klageantrages zu 2.) 50.000,00 €. Die Klägerin leistet derzeit monatlich 1.659,04€ an die Geschädigte, so dass eine entsprechende Klage auf wiederkehrende Leistungen nach §42 Abs. 2 GKG einen Streitwert von 99.542,40 € hätte. Bei dem vorzunehmenden Abschlag aufgrund der Erhebung einer Feststellungsklage ergibt sich insoweit der bezeichnete Streitwert von 50.000,00 €.
Die miteingeklagte nicht anrechenbare Geschäftsgebühr des Klägervertreters erhöht nach §4 ZPO den Streitwert nicht.