Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 16.01.2017, Az.: 3 A 194/16
Aqcha; Asylrückkehrer; Bankangestellte; Bankmitarbeiter; Bankpersonal; Gruppenverfolgung; Night letters
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 16.01.2017
- Aktenzeichen
- 3 A 194/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 53816
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs 1 S 2 Nr 3 AsylVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Für Zivilpersonen ist es in der Provinz Jawzjan nicht beachtlich wahrscheinlich aufgrund eines sicherheitsrelevanten Vorfalls verletzt oder getötet zu werden.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrages durch die Beklagte.
Der F. geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, sunnitischen Glaubens und tadschikischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 15. September 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 4. August 2016 einen Asylantrag. Zur Begründung gab er an, dass er in einer Bank gearbeitet habe und sie dort Drohanrufe erhalten hätten. Er sei dann auch auf dem Weg zu einem Kunden zweimal angehalten und aufgefordert worden, die Bank zu verlassen. Beim zweiten Mal sei er mit einem Messer verletzt worden.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) lehnte mit Bescheid vom 5. September 2016, dem Kläger am 28. September 2016 zugestellt, die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, Asylanerkennung sowie auf subsidiären Schutz ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, forderte den Kläger unter Androhung der Abschiebung nach Afghanistan zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides bzw. nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens auf und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 5. Oktober 2016 Klage erhoben. In Afghanistan bestehe eine unübersichtliche Sicherheitslage.
Der Kläger beantragt,
ihm unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Bescheides der Beklagten vom 05.09.2016 als Flüchtling anzuerkennen,
hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutz zuzuerkennen,
äußerst hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz Abwesenheit der Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Klage entscheiden, weil die Beteiligten in der Ladung zum Termin auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden sind.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG (1.) noch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG (2.). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen nach der Sach- und Rechtslage im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 HS 1 AsylG) ebenfalls nicht (3.). Auch die Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Ausreisefrist ist rechtlich ebenso wenig zu beanstanden, wie die Dauer des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes (4.).
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG).
Gem. § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Gem. § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich (1.) aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (2.) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, (a)) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (b)) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten gem. § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die (1.) auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder (2.) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Die nach Nr. 2 zu berücksichtigenden Maßnahmen können Menschenrechtsverletzungen sein, aber auch sonstige Diskriminierungen; die einzelnen Eingriffshandlungen müssen für sich allein nicht die Qualität einer Menschenrechtsverletzung aufweisen, in ihrer Gesamtheit aber eine Betroffenheit des Einzelnen bewirken, die der Eingriffsintensität einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung nach Nr. 1 entspricht (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 7; Urt. vom 21.09.2015 - 9 LB 20/14 -, juris Rn. 28; vgl. auch BVerwG, Urt. vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - juris Rn. 34). In die erforderliche Gesamtbetrachtung können insbesondere verschiedenartige Diskriminierungen einbezogen werden, z.B. beim Zugang zu Bildungs- oder Gesundheitseinrichtungen, aber auch existenzielle berufliche oder wirtschaftliche Einschränkungen, aber auch sonstige schwerwiegende Repressalien, Nachteile und Beeinträchtigungen (vgl. BVerwG, Urt. vom 20.02.2013 – 10 C 23/12 –, juris Rn. 36, 37).
Dabei muss zwischen den in § 3 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit den in § 3 b genannten Verfolgungsgründen und den in den in § 3 a AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen (§ 3 a Abs. 3 AsylG).
Die Verfolgung kann dabei gem. § 3 c AsylG von dem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat (oder die vorgenannten Parteien und Organisationen) einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3 d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob sich ein Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatlandes befindet, ist der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, der voraussetzt, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen - es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris, S. 7 f. m.w.N.; Urt. v. 21.09.2015 - 9 LB 20/14 -, juris Rn. 30 m.w.N.). Es ist Sache des Ausländers, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen und das Gericht muss die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals erlangen (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris, S. 8; vgl. auch bereits BVerwG, Urt. v. 29.11.1977 - I C 33.71 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 16.04.1985 - 9 C 109/84 -, juris Rn. 16). Dabei greift zugunsten eines Betroffenen eine tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden (Nds. OVG, Urt. v. 23.11.2015 - 9 LB 106/15 -, juris, S. 8 m.w.N.; Urt. v. 21.09.2015 - 9 LB 20/14 -, juris Rn. 30 m.w.N.), ohne dass hierdurch jedoch der Wahrscheinlichkeitsmaßstab geändert würde (BVerwG, Urt. v. 07.09.2010 - 10 C 11/09 -, juris Rn. 14 f.; Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 19 f., 22 f.). Die Nachweiserleichterung, die einen inneren Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und befürchteter erneuter Verfolgung voraussetzt, beruht zum einen auf der tatsächlichen Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten und Pogrome sogar typischerweise in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen, zum anderen widerspricht es dem humanitären Charakter des Asyls, demjenigen, der das Schicksal einer ernsthaften Schädigung bereits erlitten hat, wegen der meist schweren und bleibenden - auch seelischen - Folgen das Risiko einer Wiederholung aufzubürden (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 21). Diese Vermutung kann widerlegt werden, indem stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung entkräften (BVerwG, Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 23).
Der Kläger trägt insoweit zwar vor, dass er von den Taliban bedroht, angegriffen und schließlich auch verletzt worden sei, damit er seine Tätigkeit bei einer bestimmten Bank aufgebe. Er habe keine Zukunft mehr für sich in Afghanistan gesehen. Das Gericht ist nach der mündlichen Verhandlung und unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers sowie der vorliegenden Erkenntnismittel jedoch nicht davon überzeugt, dass das vom Kläger geschilderte Geschehen sich tatsächlich auch so zugetragen hat und die Furcht vor einer Verfolgung begründet ist.
a) Die Angaben des Klägers zu den von ihm erlebten Angriffen der Taliban sind nicht glaubhaft. Seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung widersprachen in zentralen Punkten seinen Angaben in der Anhörung durch das Bundesamt und waren zudem nahezu völlig detaillos.
In seiner Anhörung durch das Bundesamt schilderte der Kläger, dass er zweimal von den Taliban angehalten worden sei. Beim ersten Mal sei er bedroht worden, bei dem zweiten Mal habe man ihm mit einem Messer eine Stichverletzung zugefügt. In der mündlichen Verhandlung beschrieb er lediglich ein einziges Zusammentreffen mit vermummten Menschen. Auch auf konkrete Nachfrage äußerte er, dass er nur einmal angehalten worden sei. Weiter führte der Kläger aus, dass er und sein Begleiter zusammengeschlagen worden seien. Von einer Stichverletzung war keine Rede. Zwar erklärte der Kläger noch zu Beginn der mündlichen Verhandlung, dass er mit einem Messer angegriffen worden sei. Diese Behauptung hielt er jedoch im weiteren Verlauf nicht weiter aufrecht. Dies könnte damit zu erklären sein, dass er sich vor der mündlichen Verhandlung noch Stichpunkte zurechtgelegt hatte, diese jedoch während der Befragung nicht in Erinnerung behielt, gerade weil er sie selbst so gar nicht erlebt hat. Die ausdrückliche Nachfrage durch den Anhörenden des Bundesamtes, ob jemand dabei gewesen sei, als der Kläger verletzt worden sei, beantwortete er - abweichend von seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung - mit Nein. Er sei allein gewesen. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergaben sich Abweichungen. So gab der Kläger zunächst an, dass die Angreifer ebenfalls auf Motorrädern unterwegs gewesen seien, als sie den Kläger zum Anhalten aufforderten. Später gab er dann an, dass sie an bzw. auf der Straße gestanden hätten.
Den von ihm behaupteten Angriff durch die Taliban konnte er zudem nicht schlüssig und substantiiert schildern. So konnte er bereits nicht nachvollziehbar erklären, weshalb sie - der Kläger und sein Begleiter - angehalten hätten. Zu dem weiteren Ablauf, nachdem sie angehalten hätten, konnte der Kläger keine konkreten Angaben machen. Auch auf mehrmalige Nachfrage und Erläuterung der Überzeugung, die das Gericht gewinnen muss, gab er stereotyp pauschal an, dass die Vermummten „sie geschlagen hätten“. Gesagt hätten sie nichts zu ihnen. Auch die Frage danach, wie die Situation beendet worden sei, konnte der Kläger nicht beantworten. Zunächst hatte er in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sein Freund und er dann weggegangen seien. Auf die Nachfrage, wie denn die Situation mit den Schlägen konkret beendet worden sei, gab er dann an, dass er es nicht wisse, weil er bewusstlos gewesen sei. Auch weshalb sein Freund, der dabei gewesen sei, dem Kläger keine Angaben dazu gemacht habe, konnte der Kläger nicht nachvollziehbar erklären. Auch auf weitere konkrete Nachfragen des Prozessbevollmächtigten konnte der Kläger keine anschauliche und nachvollziehbare Schilderung des Ablaufs des angeblichen Angriffs durch die Taliban geben. Seine Angaben blieben insoweit stockend, knapp, unsubstantiiert, farblos und erschöpften sich im Ergebnis nahezu darin, dass er sich für eine von den von seinem Prozessbevollmächtigten vorgegebenen Wahlantworten entschied. Eine Zeichnung von den Standorten der Personen und der Motorräder, die als Anlage 1 zum Protokoll genommen wurde, fertigte der Kläger nur widerwillig und mit tatkräftiger Hilfe seines Prozessbevollmächtigten an.
Etwas konkreter waren die Angaben des Klägers hingegen auf die Fragen seines Prozessbevollmächtigten, ob die Angreifer bewaffnet gewesen seien und ob man die Bewaffnung gesehen habe. Die Ausführungen waren jedoch allgemein und unabhängig von der zuvor geschilderten Situation des Angriffs. Die dargelegten Wahrnehmung (Waffen unter Decken, die die Personen über die Schultern gelegt hätten) hat der Kläger auch in anderen Zusammenhängen bzw. alltäglichen Situation machen können.
Die unsubstantiierte und pauschale Darstellung des angeblichen Angriffs durch den Kläger ist auch nicht auf seine Persönlichkeit zurückzuführen. Der Kläger ist durchaus in der Lage, konkret Situationen zu beschreiben und anschaulich zu erzählen. So konnte er flüssig, ausführlich und detailliert seine Tätigkeit bei der Bank erläutern und anschaulich berichten, dass er in einer großen Stadt gelebt habe, wo zwei Mal die Woche Markt gewesen sei, wobei er seine Erzählung auch nur abbrach, weil sein Prozessbevollmächtigter ihn in seinen Ausführungen stoppte.
b) Hinsichtlich der von dem Kläger behaupteten telefonischen Drohungen kann es dahinstehen, ob es diese tatsächlich gegeben hat bzw. ob diese sich nur gegen den Direktor der Bank oder auch gegen den Kläger selbst - wovon das Gericht allerdings nicht überzeugt wäre - gerichtet haben. Bereits deshalb waren die beantragten Beweiserhebungen auf Seite 7 Ziff. 1, 2 und 5 der Anlage 2 nicht entscheidungserheblich. Aus Ziff. 5 geht zudem bereits nicht hervor, welcher geschilderte Vorfall welcher Polizei mitgeteilt worden sei. Angesichts der Bezugnahme auf die Drohanrufe im folgenden Satz und die Ausführungen des Klägers in seiner Anhörung durch das Bundesamt geht das Gericht davon aus, dass die Drohanrufe gemeint sein sollen.
Die Entscheidungserheblichkeit ist nicht gegeben, weil vorliegend jedenfalls die Vermutung einer Wiederholung einer solchen Bedrohung des Klägers durch stichhaltige Gründe widerlegt ist. Ziel der vom Kläger geschilderten Drohungen ist gewesen, ihn dazu zu bewegen, seine Arbeitstätigkeit bei der Bank einzustellen. Diese Forderung hat der Kläger erfüllt, so dass aus Sicht des Gerichts kein Anlass mehr für weitere - im Zusammenhang mit der vorangegangenen Drohung stehende - Drohungen oder Übergriffe mehr besteht. Der Kläger ist nicht mehr für die Bank (oder auch nur eine andere Bank tätig) und ihm ist auch zuzumuten, bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht mehr für diese Bank oder überhaupt für eine Bank beruflich tätig zu sein. Vielmehr kann von ihm erwartet werden, eine andere Berufstätigkeit zu ergreifen. Der Kläger ist gebildet und weist Berufserfahrung auf. Er hat Abitur gemacht, ein Jahr studiert und ca. zwei Jahre bei einer Bank gearbeitet. Zudem kann er auf Unterstützung durch seine Familie zurückgreifen. Diese besitzt nach seinen eigenen Angaben mehrere Fahrzeuge und sein Vater betreibt ein Lebensmittelgeschäft in Aqcha, wovon man nach der Einschätzung des Klägers gut leben könne. Zwar hat der Kläger am Ende der mündlichen Verhandlung (erstmals) angegeben, dass es Schwierigkeiten geben würde, wenn er zurück in sein Heimatdorf müsse und sein Vater ihn deshalb dort nicht mehr haben wolle. Unabhängig davon, dass der Kläger bislang davon gesprochen hatte, in einer großen Stadt gelebt zu haben, folgt aus seinem Vortrag nicht, dass er - auch gegebenenfalls in einer anderen Stadt wie Mazar-e Scharif, Kunduz, Kabul oder Herat - keine Unterstützung durch seine Familie mehr erhalten würde. Vielmehr hat er auch ausgeführt, dass sein Vater ihm gesagt habe, dass sie ihn weiter lieben würden. Angesichts seiner Bildung und Berufserfahrung ist der Kläger aber auch ohnehin nicht zwingend auf eine Unterstützung durch seine Familie angewiesen.
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Vorhalt des Gerichts angab, deshalb weiterhin gefährdet zu sein, weil er nicht gleich aufgehört habe zu arbeiten, wertet das Gericht seinen Vortrag als Schutzbehauptung. Seine Angaben sind insoweit unsubstantiiert und Anhaltspunkte für eine weitere Gefährdung oder Bedrohung sind nicht gegeben. Vor dem Vorhalt erklärte der Kläger auch sowohl gegenüber dem Bundesamt als auch dem Gericht in der mündlichen Verhandlung immer wieder nur, dass die Taliban gedroht hätten ihn umzubringen, wenn er nicht seine Tätigkeit bei der Bank beenden würde. Dass sie ihn auch umbringen würden, weil er seine Tätigkeit zu spät beendet habe ist neu und überzeugt nicht. Aus dem angeblichen Drohbrief, den der Kläger noch im Jahr 2014 erhalten haben will, folgt insoweit nichts anderes. Zu dieser Zeit war der Kläger auch ohnehin noch bei der Bank tätig. Darüber hinaus ist das Gericht auch nicht davon überzeugt, dass der Drohbrief tatsächlich von den Taliban stammt und an den Kläger gerichtet ist.
Zwar werden in dem durch den Kläger als Drohbrief vorgelegten Schriftstück Forderungen aufgestellt und mit Gewalt bzw. dem Tod gedroht, wie es typisch für Drohbriefe der Taliban ist (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche v. 14.11.2016 zu Afghanistan: Angriffe von regierungsfeindlichen Gruppen auf Mitarbeitende der Regierung, ausländischer Firmen und internationaler Streitkräfte; Drohbriefe; Rekrutierung; psychische Erkrankungen, S. 3; Schnellrecherche v. 04.03.2016 zu Afghanistan: Drohbriefe der Taliban), auch wenn diese in unterschiedlichsten Formen daherkommen und es große Variationen gibt (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche v. 04.03.2016 zu Afghanistan: Drohbriefe der Taliban, S. 1). Auch ist das vorgelegte Schreiben kurz und mit Grafiken bzw. einem Stempelzeichen versehen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche v. 04.03.2016 zu Afghanistan: Drohbriefe der Taliban, S. 1). Insoweit weist das Gericht auch selbst die erforderliche Sachkunde auf, so dass auch aus diesem Grund dem Beweisantrag auf Seite 7 Ziff. 4 der Anlage 2 nicht nachzukommen war, zumal das Gericht - wie vom Kläger mit seinem Antrag begehrt - die Schriftstücke als typischen Drohbriefen der Taliban entsprechend ansieht. Dies führt aber nicht zu der Überzeugung des Gerichts, dass diese Briefe auch von den Taliban stammen und an den Kläger gerichtet sind, so dass es hinsichtlich des Beweisantrages auch an der Entscheidungserheblichkeit fehlt. Für das Gericht ist mindestens genauso gut denkbar, dass der Kläger selbst oder ein Bekannter die Briefe geschrieben hat oder der Kläger die Briefe in Afghanistan hat anfertigen und sich schicken lassen (vgl. auch www.bild.de, Mit gefälschter Taliban-Drohung nach Europa, v. 23.11.2015). Der Kläger hat auch nicht schlüssig geschildert, weshalb er das Schreiben erst jetzt vor Gericht vorgelegt hat. Zunächst versuchte er die Nichtmitnahme des Schreibens bei seiner Flucht damit zu begründen, dass er davon ausgegangen sei, „dass sie ihm alles abnehmen würden“. Nähere nachvollziehbare Angaben zu dieser Befürchtung konnte er nicht machen. Weshalb man ihn wegen dem Schreiben - wie von ihm vorgetragen - als Terroristen ansehen würde und wer dies tun würde erläuterte er nicht. Letztlich gab er an, dass er das Schreiben nicht habe mitnehmen können, weil er zu Fuß unterwegs gewesen sei und er gar keine Papiere dabei gehabt habe. Nachvollziehbar ist dies nicht. Nicht verständlich wäre auch, weshalb er das Schreiben angeblich der Taliban sich nicht bereits vor seiner Anhörung im August 2016 hätte schicken lassen und dann in der Anhörung vorgelegt hätte. Auch wird seine Angabe, dass er das Schreiben bereits in der Anhörung durch das Bundesamt erwähnt und seine Nachreichung sogar angekündigt hat, durch das Protokoll nicht gestützt. Auch sprechen letztlich die unzutreffenden Angaben zu dem Übergriff durch die Taliban gegen eine Glaubhaftigkeit seines Vortrags zu dem Drohbrief. Nach alledem geht das Gericht davon aus, dass der angebliche Drohbrief jedenfalls erst nach der Anhörung durch das Bundesamt geschaffen wurde und nicht von den Taliban stammt.
Das weitere von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgezeigte Schriftstück, dessen Ablichtung sich als zunächst behaupteter Drohbrief bereits bei den Akten befindet (Bl. 56) und die Mitarbeiterschaft des Klägers in der Bank bestätigen soll sowie in dem ausgeführt wird, dass der Kläger gewarnt worden sei, führt nicht zu der Überzeugung des Gerichts, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Sinne des § 4 AsylG droht. Abgesehen davon, dass dem Inhalt - soweit lesbar - keine Anhaltspunkte für eine weitere Gefährdung des Klägers nach Aufgabe seiner beruflichen Tätigkeit zu entnehmen sind, ist die Herkunft des Schreibens unklar und der (ohnehin unkonkrete) Inhalt muss auch nicht der Wahrheit entsprechen.
Auch konnte der Kläger nicht verständlich darlegen, weshalb Mitarbeiter seiner ehemaligen Bank weiter Drohungen oder gar Übergriffen ausgesetzt sein sollten, wenn - wie er weiter ausgeführt hat - der neue Direktor dieser Bank ein Taliban ist. In diesem Fall können die Taliban - aus Sicht des Gerichts - nichts mehr dagegen haben, wenn Menschen in der Bank, die ja von einem von ihnen geführt wird, arbeiten. Insoweit der Kläger hierzu ausführte, dass er selbst keine Unterstützer bei den Taliban habe und deshalb dort nicht arbeiten könne, führt auch dies nicht zu einer Gefährdung des Klägers, zumal weder vorstellbar noch vom Kläger vorgetragen ist, dass das gesamte Personal der Bank ausgewechselt worden ist, zumal die Regierung - nach dem Vortrag des Klägers - nichts davon wisse, dass nunmehr ein Taliban Bankdirektor sei.
Anhaltspunkte dafür, dass die vom Kläger behaupteten Schwierigkeiten für sich und seine Familie im Falle seiner Rückkehr ein solches Maß annehmen könnten, das zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Klägers führen würde, sind nicht gegeben und vom Kläger wurde dies auch nicht behauptet.
c) Auch ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass dem Kläger - unabhängig von einer konkreten Bedrohung - als ehemaligem Bankmitarbeiter mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG droht. Dass die Taliban gezielt gegen Bankpersonal oder gar ehemalige Bankmitarbeiter vorgehen würden, ist den Erkenntnismitteln nicht zu entnehmen (vgl. auch EASO, Informationsbericht über das Herkunftsland Afghanistan - Strategien der Aufständischen: Einschüchterung und gezielte Gewalt gegen Afghanen, Dez. 2012, S. 45).
d) Das Gericht ist auch nicht davon überzeugt, dass dem Kläger als Asylrückkehrer aus Deutschland allein wegen dieses Umstandes eine Verfolgung droht.
Soweit der Kläger in seinen Beweisanträgen anführt, dass Asylrückkehrer gezielt verfolgt werden würden, weil sie verdächtigt würden, verwestlich zu sein, unislamische Ansichten und Werte zu vertreten und letztlich Spione zu sein, ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass allen Asylrückkehrern hieraus mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine (Gruppen-)Verfolgung droht. Insoweit mangelt es jedenfalls an der hierfür erforderlichen Verfolgungsdichte. Weder etwa dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016 (S. 21 - 25) oder dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 05.10.2016 (S. 182) noch dem Amnesty Report 2016 (S. 3) oder der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update Die aktuelle Sicherheitslage vom 30. September 2016 (S. 26 - 29) ist hierzu etwas zu entnehmen. Zwar gehen aus den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 (S. 46 f.) ein Fall im Jahr 2016, in dem einige aus einer Gruppe rückgeführter junger Männer einem beträchtlichen Risiko gewaltsamer Angriffe ausgesetzt gewesen seien, und ein Fall aus 2014, in dem die Taliban einen abgeschobenen afghanischen Asylsuchenden wegen Fotos aus Australien auf seinem Handy gefoltert hätten, hervor. Diese dokumentierten Fälle von Rechtsgutsbeeinträchtigungen weisen jedoch - auch unter Berücksichtigung einer Dunkelziffer - keine solche Häufigkeit auf, dass jeder einzelne Asylrückkehrer die begründete Furcht herleiten kann, selbst alsbald ein Opfer solcher Verfolgungsmaßnahmen zu werden, sich somit jeder von ihnen ständig der Gefährdung an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt sehen kann (vgl. auch Country Policy and Information Note Afghanistan: Fear of anti-government elements (AGEs), S 41 f.).
Anhaltspunkte dafür, dass gerade der Kläger von regierungsfeindlichen Gruppen bzw. Personen als Asylrückkehrer erkannt und deshalb von regierungsfeindlichen Gruppen als verwestlicht oder Spion angesehen und verfolgt werden wird, sind weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gem. § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG, weil das Gericht nicht davon überzeugt ist, dass ihm im Herkunftsland ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 AsylG durch einen in § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3c AsylG genannten Akteur droht. Grundsätzlich ist dabei auf die Herkunftsregion als Anknüpfungspunkt für die Gefahrenprognose abzustellen; etwas anderes gilt allerdings jedenfalls dann, wenn sich der Ausländer schon vor der Ausreise und unabhängig von den fluchtauslösenden Umständen von dieser gelöst und in einem anderen Landesteil mit dem Ziel niedergelassen hatte, dort auf unabsehbare Zeit zu leben (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 14). Prognosemaßstab für den Schaden ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.08.2014 - 13 A 2998/11.A -, juris Rn. 34). Dabei spricht bei einem Schutzsuchenden, der bereits einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hatte, eine widerlegbare tatsächliche Vermutung dafür, dass er erneut von einem solchen Schaden bedroht ist, ohne dass hierdurch jedoch der Wahrscheinlichkeitsmaßstab geändert würde (BVerwG, Urt. v. 07.09.2010 - 10 C 11/09 -, juris Rn. 14 f.; Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 19 f., 22 f.). Diese Vermutung kann widerlegt werden, indem stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit des Eintritts eines solchen Schadens entkräften (BVerwG, Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 23).
Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass dem Kläger in Afghanistan, insbesondere in Aqcha mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden in Form einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (dazu a)) oder einer ernsthaften individuellen Bedrohung seines Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes droht (dazu b)).
a) Hinsichtlich der von dem Kläger behaupteten telefonischen Drohungen kann es auch bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG dahinstehen, ob es diese tatsächlich gegeben hat bzw. ob diese sich nur gegen den Direktor oder auch gegen den Kläger selbst - wovon das Gericht allerdings nicht überzeugt wäre - gerichtet haben und darin ein (Vor-)Schaden im Sinne einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung, § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 AsylG, gesehen werden könnte. Auch deshalb waren die beantragten Beweiserhebungen auf Seite 7 Ziff. 1, 2, 3 und 5 der Anlage 2 nicht entscheidungserheblich.
Die Entscheidungserheblichkeit ist auch hier nicht gegeben, weil vorliegend jedenfalls die Vermutung einer Wiederholung einer solchen Bedrohung des Klägers durch stichhaltige Gründe widerlegt wäre. Der Kläger hat die angebliche Forderung der Taliban erfüllt (vgl. oben die Ausführungen zu § 3 AsylG).
b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter infolge einer ernsthaften individuellen Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes (§ 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG). Für eine solche Annahme müssen stichhaltige Gründe vorliegen (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.). Bezugspunkt für die Gefahrenprognose ist der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr, damit in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 13, 16; Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn.16).
Vorliegend kann dahinstehen, ob in der Heimatprovinz des Klägers ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG herrscht, weil jedenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit in der Provinz Jawzjan infolge willkürlicher Gewalt bedroht sind. In dieser Region geht nicht für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr aus, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 17) bzw. Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt.
Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben, wie etwa einer berufsbedingten Nähe zu einer Gefahrenquelle oder einer bestimmten religiösen Zugehörigkeit (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 18; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, n.v.). Wenn solche individuellen gefahrerhöhenden Umstände fehlen, kann eine entsprechende Individualisierung ausnahmsweise auch bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.; Nds. OVG Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Dies setzt aber ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt voraus (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 19; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Permanente Gefährdungen der Bevölkerung und schwere Menschenrechtsverletzungen im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts reichen für sich allein nicht aus (BVerwG, Urt. v. 13.02.2014 - 10 C 6/13 -, juris Rn. 24; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Dies gilt auch bei heftigen Auseinandersetzungen zwischen der afghanischen Armee und aufständischen Gruppen, die auch die Zivilbevölkerung durch Massenentführungen, Vertreibungen, Kämpfe in bewohnten Gebieten oder Angriffe auf Dörfer im Mitleidenschaft ziehen (Nds. OVG, Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.). Für die Bestimmung der Gefahrendichte hat eine quantitative Ermittlung der Verletzten und getöteten Zivilpersonen im Verhältnis zur Einwohnerzahl (Gewaltniveau) und daneben auch eine wertende Gesamtbetrachtung jedenfalls auch im Hinblick auf die medizinische Versorgungslage zu erfolgen (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 23; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; Nds. OVG, Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Das Risiko einer Zivilperson von 1:800 verletzt oder getötet zu werden (bezogen auf ein Jahr) ist dabei weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit eines ihr drohenden Schadens entfernt (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 23; vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.).
Bei dem Kläger liegen keine persönlichen gefahrerhöhenden Umstände vor, die zu einer individuellen Gefährdung führen würden und in Jawzjan ist auch nicht praktisch jede Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt.
In dieser Provinz besteht kein so hoher Gefahrengrad, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes mit Stand September 2016 (S. 4 unter Verweis auf den UNAMA-Bericht von Juli 2016 über den Schutz von Zivilisten im bewaffneten Konflikt) hat es in Afghanistan im ersten Halbjahr 2016 mit 1.601 getöteten und 3.565 verletzten Zivilisten einen leichten Anstieg von 4 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum gegeben, mit der Folge der höchsten Zahl seit Beginn der Erfassungen im Jahr 2009. Ende 2015 hatte die Anzahl der zivilen Opfer mit 11.002 einen neuen Höchststand erreicht (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S.6). 70 % der Opfer werden den Taliban und anderen bewaffneten Gruppen zugerechnet, was insoweit einen Rückgang um 3 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeute (Amnesty Report 2016 Afghanistan, S. 1, 2), auch wenn die Opferzahl insgesamt um 4 % gestiegen ist (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 6). Im ersten Halbjahr 2016 hat die Verantwortlichkeit regierungsfeindlicher Gruppen für zivile Opfer 60 % (966 Tote und 2.116 Verletzte) betragen, was eine Zunahme um 11 % gegenüber dem Vorjahr bedeutet (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Im Zeitraum Mitte Mai bis Mitte August 2016 konzentrierten sich die Taliban darauf, die Regierungskontrolle in den Provinzen Baghlan, Kunduz, Takhar, Faryab, Jawzjan und Uruzgan zu bekämpfen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). 68,1 % der landesweiten Vorfälle konzentrierten sich auf die südlichen, südöstlichen und östlichen Regionen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016), im vierten Quartal noch 66 %; die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle erhöhte sich gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr um 9 %, in den Monaten Januar bis Oktober um 22 % (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Im Herbst 2016 übten die Taliban ohne anhaltenden Erfolg Druck auf die Provinzhauptstädte Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz aus (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Auch Anfang Januar 2017 griffen die Taliban erneut Helmand an (Neue Züricher Zeitung, Online-Ausgabe v. 02.01.2017). Die Sicherheitskräfte gehen weiterhin gegen die Taliban und IS-Kämpfer vor (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Die Bevölkerungszentren und Hauptverkehrsstraßen in Afghanistan werden von den afghanischen Sicherheitskräften (ANDSF), abgesehen von kurzzeitigen Störungen durch die regierungsfeindlichen Kräfte, kontrolliert, wenn die ANDSF auch Defizite unter anderem in der Führung, strategischer und taktischer Planungsfähigkeit, Aufklärung und technischer Ausstattung aufweist (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 6). So behält die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, die Provinzhauptstädte, fast alle Distriktszentren (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 38; vgl. für Kabul auch Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.) und die größeren Provinzzentren (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 3). Die Provinzhauptstädte konnten auch im vierten Quartal gesichert werden, wenn es auch zu intensiven bewaffneten Zusammenstößen gekommen ist (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Die afghanischen Sicherheitskräfte sind im Allgemeinen fähig, die größeren Bevölkerungszentren effektiv zu beschützen, bzw. verwehren es den Taliban, für einen längeren Zeitraum Einfluss in einem Gebiet zu halten (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 38), bedürfen aber der Unterstützung durch internationale Sicherheitskräfte, die auch erfolgt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 4). Eine Koalition von 40 Staaten leistet weiterhin Ausbildung, Beratung und Unterstützung; auch die USA sind weiterhin mit einer Anti-Terror-Mission in Afghanistan präsent (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 6; vgl. etwa n-tv.de, IS-Anführer stirbt bei US-Drohnenangriff v. 19.11.2016). Auch Deutschland hat den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan verlängert (www.handelsblatt.com, Regierung verlängert Afghanistan Einsatz v. 15.12.2016). 13.000 internationale Soldaten werden in Afghanistan stationiert bleiben (Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update Die aktuelle Sicherheitslage, S. 6). Die Truppenstärke der afghanischen Nationalarmee (ANA) betrug Mitte des Jahres 2015 etwa 157.000 (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 05.10.2016, S. 137). Der künftige US-Präsident hat mehr Unterstützung für die Sicherheit Afghanistans angekündigt (www.zeit.de, Trump will Afghanistan stärker unterstützen v. 03.12.2016). Nach einem Bericht des amerikanischen Pentagons haben die afghanischen Streitkräfte - wenn auch unbeständige - Fortschritte gemacht; sie konnten mehrere große Taliban-Angriffe abwehren und verlorenes Territorium rasch wieder zurückgewinnen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Die afghanischen Sicherheitskräfte führten zahlreiche Militäroperationen durch und konnten auch die Schlüsselbereiche des Distrikts Ghormach von den Taliban wieder zurück erobern; mit einer groß angelegten Militäroperation soll die Provinz Kundus von Aufständischen befreit werden (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). In den Provinzen Nangarhar und Kunar wurden Operationen gegen den „Islamischen Staat in der Provinz Khorasan“ (ISIL-KP) durchgeführt (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Dennoch lassen sich auch in Kabul Anschläge mit Toten und Verletzten nicht gänzlich vermeiden, so gab es in der ersten Jahreshälfte 2016 elf Vorfälle mit 107 Toten (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 6. Juni 2016 zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, S. 3, 4). Mitte September kam es etwa zu jeweils einem Anschlag auf Polizeiangehörige in Kabul und Kapisa und einem Angriff in einem Krankenhaus in Kandahar (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 19.09.2016). Im November 2016 wurden bei einem Anschlag auf eine Moschee in Kabul 27 Menschen getötet (www.tagesspiegel.de, „IS bekennt sich zu Anschlag auf eine Moschee in Kabul v. 21.11.2016). Im Dezember 2016 starben in Paktika zwei Frauen durch eine Straßenbombe, wurde in Herat ein Geistlicher erschossen und richteten die Taliban in Parwan vier Zivilisten als Spione hin (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 12.12.2016). Zudem wurden in Kunar ein Kommandant der Grenzpolizei und sein Leibwächter bei einem Bombenaschlag getötet und in Badakshan ein Mädchen bei einem Überfall auf einen Bus, in Zabul starben zwei Kinder bei einer Explosion und in Kandahar wurden fünf Mitarbeiterinnen des Flughafens auf dem Weg zur Arbeit von Unbekannten erschossen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 19.12.2016). In Kunduz und Kabul starben Aufständische deren Sprengstoff vorzeitig explodierte (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 12.12.2016 und 19.12.2016). In Kabul kam es Ende Dezember 2016 zu Anschlägen auf Parlamentarier (www.spiegel.de, Anschlag auf Parlamentarier - Sohn verletzt v. 28.12.2016; Waiblinger Kreiszeitung, dpa, Elf Tote bei Überfall auf Parlamentarier in Kabul v. 22.12.2016). In Nagarhar und Jalalabad konnte die Polizei hingegen Anschläge verhindern (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 12.12.2016 und 19.12.2016). Anfang Januar 2017 griffen Taliban in der Provinz Badakhshan einen Sicherheitskonvoi an (www.trt.net.tr, Taliban-Terror in Afghanistan v. 04.01.2017). Anschlagsziele sind in erster Linie Regierungsinstitutionen und internationale Einrichtungen, dennoch kommt es (auch) zu zivilen Opfern (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 6. Juni 2016 zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, S. 4), wenn auch die Taliban in der Erklärung zur Frühlingsoffensive 2015 angegeben haben, solche reduzieren zu wollen (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 39 Fn. 209). Im Jahr 2015 wurden 1.335 Zivilpersonen durch gezielte Tötungen zw. Tötungsversuche verletzt oder getötet (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 38). Zwischen Februar und Mai 2016 gingen die gezielten Tötungen um 37 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zurück (ecoi.net-Themendossier: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul v. 30.09.2016). In der Erklärung der Taliban vom 12. April 2016 zum Ausruf der jährlichen Offensive sprachen sie anders als in vergangenen Jahren keine expliziten Drohungen mehr gegen zivile Regierungsbeamte aus (ecoi.net-Themendossier: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul v. 30.09.2016). Im vierten Quartal 2016 kam es bis Mitte November zu zwei High-Profile-Angriffen, zum einen auf das Verteidigungsministerium in Kabul, zum anderen auf den Bagram (US-)Militärflugplatz in der Provinz Parwan (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Bei einem Anschlag auf das deutsche Konsulat in Masar-i-Sharif starben acht Menschen (www.tagesspiegel.de, Acht Tote bei Taliban-Angriff auf deutsches Konsulat v. 11.11.2016). In Einzelfällen kommt es zu Bedrohungen von Regierungs- und Behördenmitarbeiter, Menschenrechtsanwälten, Mitarbeitern ausländischer Organisationen und Journalisten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 5). Auch Würdenträger, Stammesälteste und Religionsgelehrte sind Ziel von Anschlägen der gewaltbereiten Opposition (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 7). In 2016 wurden in Afghanistan drei Journalisten getötet (www.reporter-ohne-grenzen.de, Barometer der Pressefreiheit, Stand: 29.12.2016). 13 % aller Anschläge gegen Zivilpersonen richten sich gegen Zivilisten, die für die afghanische Regierung oder internationale Organisation arbeiten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 20). Die Zahl der Mordanschläge ist im Zeitraum Mitte Mai bis Mitte August 2016 um 6,2 % gegenüber dem Vorjahr zurück gegangen, wenngleich sich die sicherheitsrelevanten Vorfälle um 4,7 % erhöht haben (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Im vierten Quartal 2016 wurden 183 Mordanschläge registriert, was einen Rückgang von 32 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2015 zum Ausdruck bringt; auch die Zahl der Entführungen hat mit 99 gegenüber dem Vorjahr (109) abgenommen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Zudem kommt es auch immer wieder zu Exekutionen durch nicht-staatliche Akteure, vor allem auch durch Aufständische, die sich auf traditionelles Recht berufen und die Vollstreckung der Todesstrafe mit dem Islam legitimieren, für ein aus ihrer Sicht fehlerhaftes Verhalten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 20). So richteten Taliban am 19. Dezember 2016 eine Frau hin, weil sie nach dem Weggang ihres Mannes in den Iran einen anderen Mann geheiratet hatte und sich ihr früherer Ehemann an die Taliban gewandt hatte (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 19.19.2016). Anfang des Jahres 2017 wurden sechs Männer in Gasni durch die Taliban für Diebstahl bzw. Ehebruch mit Peitschenhieben bestraft (www.spiegel.de, 39 Peitschenhiebe - Taliban bestrafen mehrere Männer v. 03.01.2017).
In der nördlichen Region Afghanistans, zu der neben Jawzjan (auch als Dschuzdschan bezeichnet, Einwohnerzahl: ca. 540.255) Faryab (Einwohnerzahl: ca. 998.147), Sar-i Pul (Einwohnerzahl: ca. 559.577), Balch (Einwohnerzahl: ca. 1.325.659) und Samangan (Einwohnerzahl: ca. 387.928) zählen (UNAMA, Afghanistan Midyear Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, vom 27.07.2016, S. 2; UNHCR, Anfragebeantwortung vom 12.05.2016, S. 8) wurden im Zeitraum Januar bis Juni 2016 503 Menschen verletzt oder getötet (UNAMA, Afghanistan Midyear Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, vom 27.07.2016, S. 11). Im Hinblick auf die Einwohnerzahl von ca. 3,8 Millionen ergibt sich daraus ein Verhältnis von 1:7554 bzw. für ein Jahr 1:3777. Bei einer Verdreifachung der Anzahl der von der UNAMA registrierten verletzten und getöteten Zivilpersonen aufgrund einer hohen Dunkelziffer (vgl. hierzu Nds. OVG, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 65) ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 1:1259.
Anhaltspunkte dafür, dass innerhalb der Region gerade in der Provinz Jawzjan ein unverhältnismäßig hoher Anteil an verletzten oder getöteten Zivilpersonen zu verzeichnen wäre, aus dem eine besonders hohe Gefährdung von Zivilpersonen im Sinne einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit resultieren könnte, sind nicht gegeben. Bei Jawzjan handelt es sich um eine vergleichsweise gesicherte Provinz, wenn sich auch die Sicherheitslage bis Mai 2015 verschlechtert hatte (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 118). Im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. August 2015 wurden 199 Sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 118). Zwar kam es auch im Jahr 2016 immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den Sicherheitsbehörden (vgl. ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Provinz Dschuzdschan (auch: Jowzjan, Jawzjan, Jozjan) [a-9834-1]). Noch im Dezember 2016 wurden bei Zusammenstößen mehrere Aufständische verletzt und getötet (Tolo-News, The clash took place after a number of insurgents attacked the security forces check posts and started clashes, a police security official, Abdul Hafiz Khashi said, v. 20.12.2016). Hieraus ergibt sich jedoch keine solche Verschlechterung der Sicherheitslage für Zivilpersonen, dass ihr Leben oder ihre körperliche Unversehrtheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit infolge willkürlicher Gewalt bedroht sind. Auch hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung keine Umstände geschildert, aus denen sich eine andere Beurteilung ergeben könnte.
Nach alledem ist es angesichts der Bevölkerungszahl auf der einen und den verletzten und getöteten Zivilpersonen auf der anderen Seite für eine Zivilperson in Jawzjan nicht beachtlich wahrscheinlich, aufgrund eines sicherheitsrelevanten Vorfalls verletzt oder getötet zu werden.
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG (a)) oder § 60 Abs. 7 AufenthG (b)).
a) § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene dadurch tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung aus-gesetzt zu werden (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 12 m.w.N.). Insoweit sind die Verhältnisse im Abschiebungszielstaat landesweit in den Blick zu nehmen (Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.). Ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) von den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls ab, wie etwa der Art und dem Kontext der Fehlbehandlung, der Dauer, den körperlichen und geistigen Auswirkungen, sowie - in einigen Fällen - vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils m.w.N.). Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten allerdings nicht, Unterschiede in der medizinischen Versorgung oder soziale und wirtschaftliche Unterschiede durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen, da die Konventionsstaaten hierdurch übermäßig belastet würden (EGMR, Urt. v. 27.05.2008 - 26565/05 N./Vereinigtes Königreich -, NVwZ 2008, 1334 ff. [EGMR 27.05.2008 - EGMR (Große Kammer) Nr. 26565/05], Rn. 44). Eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK hat der EGMR etwa dann angenommen, wenn sie unter anderem geplant war, ohne Unterbrechung über mehrere Stunden er-folgte und körperliche Verletzungen oder ein erhebliches körperliches oder seelisches Leiden bewirkte (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils unter Bezugnahme auf EGMR, Urt. v. 09.07.2015 - 32325/13, Mafalani ./. Croatia - HUDOC Rn. 69 m.w.N.). Von einer erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ist der EGMR ausgegangen, wenn sie bei dem Opfer Gefühle der Angst, seelischer Qualen und der Unterlegenheit hervorruft, wenn sie das Opfer in dessen oder in den Augen anderer entwürdigt und demütigt, und zwar unabhängig davon, ob dies beabsichtigt ist, ferner, wenn die Behandlung den körperlichen oder moralischen Widerstand des Opfers bricht oder dieses dazu veranlasst, gegen seinen Willen oder Gewissen zu handeln sowie dann, wenn die Behandlung einen Mangel an Respekt offenbart oder die menschliche Würde herabmindert (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils unter Bezugnahme auf EMGR, Urt. v. 03.09.2015 - 10161/13, M. und M. ./. Croatia - HUDOC Rn. 132). Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (Nds. OVG, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 26).
Grundsätzlich schützt Art. 3 EMRK vor den dort genannten Behandlungsweisen durch vorsätzlich vorgenommene Maßnahmen der öffentlichen Gewalt des Empfangsstaates oder nichtstaatlicher Organisationen in diesem Staat, sofern die Behörden außerstande waren, ihm einen angemessenen Schutz zu gewähren; wegen der grundlegenden Bedeutung des Art. 3 EMRK wendet der EGMR ihn wegen des absoluten Charakters des Schutzes aber auch dann an, wenn die Gefahr einer verbotenen Behandlung im Abschiebungszielstaat von Faktoren herrührt, die weder unmittelbar noch mittelbar die Verantwortung der staatlichen Behörden dieses Staates auslöst (EGMR (Große Kammer), Urt. v. 27.05.2008 - 26565/05 N./Vereinigtes Königreich -, NVwZ 2008, 1334 [1335] [EGMR 27.05.2008 - EGMR (Große Kammer) Nr. 26565/05]; EGMR, Urt. v. 02.05.1997 - 146/1996/767/964 -, NVwZ 1998, 161 [162]). In der Rechtsprechung des EGMR gilt die ohnehin für Art. 3 EMRK bestehende hohe Schwel-le in diesem Fall (keine Verantwortung des Staates) insbesonders (vgl. EGMR, Urt. v. 13. 10. 2011 − 10611/09 (Husseini/Schweden) -, NJOZ, 2012, 952 [954]). Im Rahmen des durch das AsylG und das AufenthG vermittelten Abschiebungsschutzes wird der vom EGMR insoweit über die Anwendung des Art. 3 EMRK auch ohne Verantwortung des Staates bzw. ohne Handeln eines bestimmten Akteurs angenommene Schutz bereits - jedenfalls für Krankheiten - ausreichend durch § 60 Abs. 7 AufenthG vermittelt, zumal im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG die gleichen Anforderungen an die Substantiierungspflicht zu stellen sind. Dies gilt hingegen nicht bei den allgemeinen Lebensbedingungen, da dort - jedenfalls soweit diese als allgemeine Gefahr zu werten sind - wegen § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG bei Abs. 7 und Abs. 5 unterschiedliche Maßstäbe gelten (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45).
aa) Ein Abschiebungsverbot aufgrund einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK) infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK nur in Fällen ganz extremer allgemeiner Gewalt in Betracht, wenn eine tatsächliche Gefahr einer Fehlbehandlung infolge des bloßen Umstands der Anwesenheit im Zielstaat besteht (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 14 m.w.N.; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v. unter Verweis auf EGMR, Urteile vom 9.4.2013 - 70073/10 und 44539/11, H. and B./United Kingdom - HUDOC Rn. 91 f.; vom 4.6.2015 - 59166/12, J.K. u.a./Sweden - HUDOC Rn. 53). Nach der Rechtsprechung des EGMR ist die all-gemeine Lage in Afghanistan nicht als so ernst anzusehen, dass eine Abschiebung dorthin ohne Weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 für Kabul folgend; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; jeweils unter Verweis auf EGMR, Urteile vom 20.7.2010 - 23505/09, N./Sweden - HUDOC Rn. 52; vom 13.10.2011 - 10611/09, Husseini/Sweden - HUDOC Rn. 84; vom 9.4.2013, a.a.O., Rn. 91 f.; vom 12.1.2016 - 25077/06, A.W.Q. and D.H./The Netherlands - HUDOC Rn. 71; - 8161/07, S.D.M. and others/The Nether-lands - HUDOC Rn. 79; - 8161/07, S.D.M. and others/The Netherlands - HUDOC Rn. 74; - 39575/06, S.S./The Netherlands - HUDOC Rn. 66; - 46856/07, M.R.A. and others/The Netherlands - HUDOC Rn. 112; - 13442/08, A.G.R./The Netherlands - HU-DOC Rn. 59; vom 5.7.2016 - 29094/09, A.M./The Netherlands - HUDOC Rn. 87). Dem folgt das Gericht - und unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen -, insbesondere auch für die Regionen Jawzjan.
bb) Aber auch die allgemeine humanitäre Lage in Afghanistan begründet kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK.
Sozialwirtschaftliche und humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat haben weder notwendig noch einen ausschlaggebenden Einfluss auf die Frage, ob eine Person Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden, weil Art. 3 EMRK hauptsächlich dem Schutz bürgerlicher und politischer Rechte dient (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.). Eine erhebliche Beeinträchtigung der (humanitären) Lage des Betroffenen im Herkunftsland - ein-schließlich seiner Lebenserwartung - im Falle seiner Rückkehr ist für einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK nicht ausreichend, sofern nicht in ganz außergewöhnlichen Fällen ausnahmsweise besondere humanitäre Gründe zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung im Konventionsstaat sprechen (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 23, 25 m.w.N.; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.; Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v. m.w.N.). Die Annahme einer unmenschlichen Behandlung allein durch die humanitäre Lage und die allgemeinen Lebensbedingungen setzt ein sehr hohes Gefährdungsniveau voraus (Bay. VGH, Beschl. vom 30. September 2015 - 13a ZB 15.30063 -, juris Rn. 5), das nur unter strengen Voraussetzungen erreicht wird (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 13.05.2015 - 14 B 525/15.A -, juris Rn. 15, 13 (monatelange Obdachlosigkeit ohne Zugang zu jeder Versorgung). Ein anderer Maßstab kommt allerdings (und nur) dann in Betracht, wenn die im Zielstaat bestehenden schlechten humanitären Bedingungen nicht maßgebend auf fehlende staatliche Ressourcen für eine staatliche Fürsorge zurückzuführen sind, sondern auf direkte oder indirekte Handlungen oder Unterlassungen der dortigen Konflikt-parteien (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.). Grundsätzlich ist bei der Prüfung des Abschiebungsverbotes auf den gesamten Abschiebungszielstaat abzustellen, ausgehend vom dem Ort, an dem die Abschiebung endet (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 26 m.w.N.; für Afghanistan verneint EGMR, Urt. v. 13.10.2011 - 10611/09 (Husseini/Schweden) - NJOZ 2012, 952 [953] Rn. 84; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.).
Unter Zugrundelegung der vorgenannten strengen Maßstäbe sind unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel keine ernstlichen Gründe dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Kläger als ein arbeitsfähiger junger Mann bei seiner Abschiebung nach Afghanistan landesweit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris) Gefahr liefe, aufgrund der dortigen allgemeinen Lebensbedingungen einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden und die einer Abschiebung nach Afghanistan ausnahmsweise entgegenstehen würden. Das Gericht hat keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Kläger in der Lage ist, in Jawzjan, Mazar-e Scharif, Kunduz, Kabul oder Herat seinen Lebensunterhalt zu sichern und - unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnismittel - die dortigen Sicherheitslagen einer Ansiedlung nicht entgegenstehen. Auch die UNHCR geht in ihren Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 davon aus, dass alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter auch ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft unter bestimmten Umständen in urbanen und semi-urbanen Umgebungen leben können, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung bieten und die unter staatlicher Kontrolle stehen (S. 99). Der Kläger hat Abitur gemacht und ein Jahr studiert. Als Tadschike gehört er der zweitgrößten Volksgruppe in Afghanistan an (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 9). Er spricht mit Dari eine der beiden offiziellen Landessprachen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 9) und seine Heimatprovinz weist Erdgasreserven auf (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 118). Der Kläger verfügt auch über Verwandte in Afghanistan, die auch in der Lage sind, ihn zu unterstützen, auch wenn - nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung - unsicher ist, ob er wieder, wie vor seiner Ausreise, im Haus seines Vaters wohnen kann (vgl. hierzu auch Asylmagazin 1-2/2016, Adam Naber, Afghanistan: Gründe der Flucht und Sorgen jugendlicher Rückkehrer, S. 6 ff.).
b) Auch droht dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit, die gem. § 60 Abs. 7 AufenthG, im Sinne einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten Gefährdungssituation (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 22), ein Abschiebungsverbot begründen würde. Eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG muss - ausgehend vom Zielort der Abschiebung - landesweit bestehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 22, 23; Nds. OVG, Beschluss vom 04. Februar 2005 - 11 LA 17/05 -, juris Rn. 4).
Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der dortigen Lebensbedingungen. Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Betroffene angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG grundsätzlich nur bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (Sperrwirkung) und damit auch die Beurteilung des demokratisch legitimierten Gesetz-gebers zu beachten (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 37, 40; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 22; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 27). Bei solchen allgemeinen Gefahren ist da-her Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung erst dann zu gewähren, wenn der Betroffene mit der Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, wobei sich die Gefahr bereits alsbald nach seiner Rückkehr realisieren muss (BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 19, 20; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 28; Hess. VGH, Urt. v. 04.09.2014 - 8 A 2434/11.A -, juris Rn. 41; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.; Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45). Die im Abschiebezielstaat herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage können nur ausnahmsweise dann ein Abschiebungsverbot begründen, wenn der Betroffene bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, wobei die drohenden Gefahren allerdings nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein müssen, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Betroffenen die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20 „sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“). Hierbei handelt es sich um einen gegenüber (§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m.) Art. 3 EMRK strengeren (Nds. OVG, Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45) und gegenüber dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhtem Maßstab (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20). Dies ist derzeit bei jungen gesunden alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen afghanischen Staatsangehörigen jedenfalls bei einer Rückkehr nach Kabul in der Regel auch dann nicht der Fall, wenn der Rückkehrer nicht besonders qualifiziert ist und weder über nennenswertes Vermögen noch über Rückhalt und Unterstützung durch Familie oder Bekannte, die in Kabul leben, verfügt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 23, m.w.N.; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v., m.w.N.; zu Afghanistan vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 30.07.2015 - 13a ZB 15.30031 -, juris Rn. 10).
Für den Kläger besteht aufgrund der Lebensbedingungen in Afghanistan - wie bereits ausgeführt - keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib - im Sinne von schwersten Gesundheitsbeeinträchtigungen -, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG alsbald nach seiner Rückkehr. Vielmehr ist anzunehmen, dass der Kläger in seiner Heimatregion oder einer größeren Stadt wieder beruflich tätig sein und seinen Lebensunterhalt sichern können wird, zumal er auf familiäre Unterstützung zurückgreifen kann.
4. Nach alledem ist auch die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden, insbesondere entspricht sie den Anforderungen des § 34 AsylG und des § 59 AufenthG.
Ermessensfehler (vgl. zum eingeräumten Ermessen VG Lüneburg, Urt. v. 12.07.2016 - 5 A 63/16 -, juris Rn. 30) bei der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthalts-verbotes gem. § 11 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG durch die Beklagte sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83 b AsylG. Die Ent-scheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.