Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 14.08.2017, Az.: 3 A 146/15
Anpassungsstörung; Tagab
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 14.08.2017
- Aktenzeichen
- 3 A 146/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 54133
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs 1 S 2 Nr 3 AsylVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
In der Provinz Kapisa ist es derzeit für eine Zivilperson nicht beachtlich wahrscheinlich, aufgrund eines sicherheitsrelevanten Vorfalls verletzt oder getötet zu werden.
Tatbestand:
Der Kläger ist afghanischer Staatangehöriger, paschtunischer Volkszugehörigkeit und sunnitischer Religionszugehörigkeit. Er reiste am 7. August 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 22. Januar 2014 einen Asylantrag.
Gegenüber dem Jugendamt gab der Kläger bei seiner Befragung am 26. August 2013 an, dass er 1997 geboren sei. Die forensische Altersdiagnostik kam am 2. Januar 2014 zu dem Ergebnis, dass ein Alter von 16 Jahren auszuschließen, vielmehr ein Alter von 29 Jahren wahrscheinlich, zugunsten des Klägers jedoch von einem Alter von mindestens 21 Jahren auszugehen sei.
Bei seiner Anhörung zur Bestimmung des für seinen Asylantrag zuständigen Mitgliedsstaates durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 22. Januar 2014 gab der Kläger an, dass er etwa im August 2012 Afghanistan verlassen habe. Er sei unter anderem über Italien und Frankreich, wo er sich jeweils zwei Wochen lang aufgehalten habe, nach Deutschland gekommen. Nach Italien oder Frankreich wolle er nicht zurück, weil dort die Lebensbedingungen schlecht seien.
In einer weiteren Befragung durch das Bundesamt am 22. Januar 2014 führte er aus, dass er seinen Personalausweis zu Hause gelassen habe. Er komme aus D., Kapisa / Tagab und habe die letzten eineinhalb Monate bei seinem Onkel in Kapisa gelebt. Sein Vater sei verstorben. Außer seiner Mutter würden noch ein Bruder, zwei Schwestern und weitere Verwandte im Heimatland leben. Er habe sechs Jahre die Mittelschule bzw. Koranschule besucht. Seine Eltern hätten Landwirtschaft betrieben, bei der er mitgeholfen habe.
In seiner Anhörung zum Asylantrag durch das Bundesamt am 17. Juni 2014 gab er an, dass seine Mutter mit seinem jüngeren Bruder sowie seinen beiden Schwestern weiterhin in Kapisa, Tagab, D. wohne. Sonst lebe nur noch ein Onkel mütterlicherseits in Afghanistan. Er - der Kläger - sei erst 17 Jahre alt. Er habe zwar bei seiner Befragung am 22. Januar 2014 das Protokoll unterzeichnet, aus dem sich ergebe, dass er über 18 Jahre alt sei, er sei jedoch ohne Dolmetscher befragt worden und man habe ihn zur Unterschrift gezwungen. Sein Vater sei Kommandant bei den Taliban gewesen. Diese Aufgabe habe zuvor der Bruder des Vaters bis zu seinem Tod ausgeübt. Nach dem Tod auch seines Vaters hätten die Taliban gewollt, dass er mit ihnen zusammen kämpfe und die Koranschule besuche. Er habe die Aufgabe seines Vaters übernehmen sollen. Er habe den Taliban diesen Wunsch nicht erfüllen können und auch seine Mutter habe dies nicht gewollt. Sie hätten ihm einen Zeitpunkt genannt, ab dem er die Koranschule habe besuchen sollen. Er sei dann weggelaufen. Für die Taliban sei dies wie ein Schlag ins Gesicht gewesen, dass der Sohn eines Talibanführers nicht habe mit ihnen kämpfen wollen. Er habe dann zunächst bei seinem Onkel gelebt. Die Taliban seien zu seiner Mutter gekommen und hätten sie bedroht. Sein Vater habe einen sehr engen Freund gehabt, der Schleuser gewesen sei. Dieser habe ihn dann außer Landes gebracht. Wenn er zurückgehen würde, würden ihn die Taliban bestimmt töten, weil er nicht habe mit ihnen kämpfen wollen. Nach Kabul sei er nicht gegangen, weil sein Onkel für ihn entschieden habe und dieser gemeint habe, dass er nicht alleine in Kabul leben könne.
Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 8. Dezember 2015, am 11. Dezember 2015 als Einschreiben zur Post gegeben, die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, Asylanerkennung sowie auf subsidiären Schutz ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen, forderte den Kläger unter Androhung der Abschiebung nach Afghanistan zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides bzw. nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens auf und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Zur Begründung wird in dem Bescheid ausgeführt, dass sich der Kläger nicht um staatlichen Schutz bemüht habe. Auch könne für keine der afghanischen Provinzen ein Gefährdungsgrad für Zivilpersonen infolge eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts angenommen werden, der eine erhebliche individuelle Gefahr begründen würde. Die Wahrscheinlichkeit getötet zu werden habe im Jahr 2014 nur 0,074 Prozent betragen. Auch die humanitären Bedingungen in Afghanistan würden im Falle einer Rückkehr des Klägers nicht zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 22. Dezember 2015 Klage erhoben, mit der Begründung, dass in Afghanistan „niemand untertauchen könne“.
Am 20. April 2016 hat der Kläger zwei Schreiben übersandt, die nach seinen Angaben Drohbriefe darstellen würden, mit der Aufforderung, innerhalb einer Zehntagesfrist zu einem Training bei den Taliban zu erscheinen. Die Originale würden sich bei der Akte befinden.
Das Gericht terminierte die mündliche Verhandlung am 24. Januar 2017 zunächst auf den 13. Februar 2017. Mit Fax vom 13. Februar 2017 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung einer Psychiatrischen Klinik mit, dass sich der Kläger seit dem 10. Februar 2017 in stationärer Behandlung befinde.
Vor der neu für den 13. März 2017 angesetzten mündlichen Verhandlung beantragte der Prozessbevollmächtigte am 11. März 2017 erneut eine Aufhebung des Termins. in der beigefügten ärztlichen Stellungnahme vom 9. März 2017 wird ausgeführt, dass sich der Kläger seit dem 10. Februar 2017 nach einem schweren Suizidversuch in vollstationärer Behandlung befinde. Er leide unter einer schweren depressiven Symptomatik, Stimmungsschwankungen sowie Anpassungsstörungen und benötige dafür die medikamentöse Behandlung und engmaschige ärztliche und multiprofessionelle Begleitung. Die Dauer der Behandlung sei nicht absehbar. Nach der Entlassung sei eine langfristige ambulante psychotherapeutische Begleitung unerlässlich.
In einer weiteren ärztlichen Stellungnahme vom 8. Mai 2017 wird ausgeführt, dass der Kläger nach dem gewaltsamen Tod seines Vaters und der Flucht aus seiner Heimat Afghanistan seit 2014 an Anpassungsstörungen leide. Er habe angegeben, im Jahr 2014 im Alter von 19 Jahren den Tod seines Vaters verkraftet haben zu müssen. Dieser habe für die deutschen Soldaten in Afghanistan gearbeitet. Nach einem Rekrutierungsversuch durch die Taliban sei er - der Kläger - nach Deutschland geflüchtet. Lange Zeit habe er nicht gewusst, wo sich seine Mutter und die drei Geschwister aufhielten und dadurch eine schwere Anpassungsstörung entwickelt, mit imperativen Stimmen. Auch sei es zu depressiven Stimmungseinbrüchen gekommen. Während der ersten stationären Behandlung im Jahr 2014 habe eine deutliche Besserung erzielt werden können. Mittlerweile bestehe wieder Kontakt zu der Mutter und den Geschwistern. Der Kläger sei weiter behandlungsbedürftig. Bei einer Abschiebung des Klägers wäre seine psychiatrische Behandlung nicht gewährleistet und es bestünde die Gefahr einer Zwangsrekrutierung. Eine Konfrontation mit der Bedrohung könnte die psychische Erkrankung weiter verschlechtern.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung seine Klage insoweit zurückgenommen, als er zunächst auch beantragt hatte, ihn „als Asylberechtigten anzuerkennen bzw. ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen“.
Der Kläger beantragt noch,
die Beklagte zu verpflichten, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,
hilfsweise die Beklagte zu verpflichten für ihn Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Klage entscheiden, weil die Beteiligten in der Ladung zum Termin auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.
Soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren gem. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen ist die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes ist, soweit er noch angefochten ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat nach der Sach- und Rechtslage im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 HS 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 AsylG (dazu 1.), noch liegen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor (dazu 2.).
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gem. § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG, weil er keine stichhaltigen Gründe (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.) für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm im Herkunftsland ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 AsylG durch einen in § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3 c AsylG genannten Akteur droht. Grundsätzlich ist dabei auf die Herkunftsregion als Anknüpfungspunkt für die Gefahrenprognose abzustellen; etwas anderes gilt allerdings jedenfalls dann, wenn sich der Ausländer schon vor der Ausreise und unabhängig von den fluchtauslösenden Umständen von dieser gelöst und in einem anderen Landesteil mit dem Ziel niedergelassen hatte, dort auf unabsehbare Zeit zu leben (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 14). Prognosemaßstab für den Schaden ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (OVG NRW, Urt. v. 26.08.2014 - 13 A 2998/11.A -, juris Rn. 34). Dabei spricht bei einem Schutzsuchenden, der bereits einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hatte, eine widerlegbare tatsächliche Vermutung dafür, dass er erneut von einem solchen Schaden bedroht ist, ohne dass hierdurch jedoch der Wahrscheinlichkeitsmaßstab geändert würde (BVerwG, Urt. v. 07.09.2010 - 10 C 11/09 -, juris Rn. 14 f.; Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 19 f., 22 f.). Die Nachweiserleichterung, die einen inneren Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und befürchteter erneuter Verfolgung voraussetzt, beruht zum einen auf der tatsächlichen Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten und Pogrome sogar typischerweise in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen, zum anderen widerspricht es dem humanitären Charakter des Asyls, demjenigen, der das Schicksal der Verfolgung bereits erlitten hat, wegen der meist schweren und bleibenden - auch seelischen - Folgen das Risiko einer Wiederholung aufzubürden (BVerwG, Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 21). Diese Vermutung kann widerlegt werden, indem stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit des Eintritts eines solchen Schadens entkräften (BVerwG, Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 23).
Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan und in den Distrikt Tagab in der Provinz Kapisa durch die Taliban eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG, insbesondere die von ihm befürchtete Tötung erwartet (dazu a)). Auch droht dem Kläger bei einer Rückkehr nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung seiner Unversehrtheit im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG (dazu b)).
a) Die Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG und seiner Begriffe orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden EMRK), wonach niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden darf (Nds. OVG, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 24 zu § 4 AsylVfG; BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG a.F.). Ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs von den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls ab, wie etwa der Art und dem Kontext der Fehlbehandlung, der Dauer, den körperlichen und geistigen Auswirkungen, sowie - in einigen Fällen - vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25 unter Bezugnahme auf EGMR, Urt. v. 04.11.2014, - 29217/12, Tarakhel ./. Switzerland - HUDOC Rn. 94).
Das Gericht ist bereits nicht davon überzeugt, dass die Behauptung des Klägers, dass er von den Taliban gezwungen habe werde sollen, mit ihnen zu kämpfen, und dass ihm diese Gefahr bei einer Rückkehr nach Afghanistan weiter drohe, zutreffend ist, mithin, dass ihm durch die Taliban mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG droht.
Auf die Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung, welche konkrete Gefahr dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohe, hat er angegeben, dass die Taliban ihn als Taliban-Mitglied hätten haben wollen und er diesen Befehl verweigert habe. Konkretere Angaben hierzu machte er von sich aus nicht. Auf Nachfrage, wer wann was befohlen habe, erklärte der Kläger, dass sein Vater ein Taliban gewesen und von den Franzosen erschossen worden sei. Die Taliban hätten dann gesagt, dass er den Weg seines Vaters weitergehen solle. Die Nachrichten habe er nicht von den Taliban erhalten, sondern über „andere“. Auch diese Angaben sind vage und vermögen das vom Kläger behauptete Geschehen nicht zu veranschaulichen. Auch vermochte er nicht darzustellen, was er konkret erlebt haben will, etwa wer ihm wann welche Nachricht gegeben habe. Auch auf die ausdrückliche Nachfrage, wer ihm die Nachrichten überbracht habe, antwortete der Kläger erst ausweichend, auf nochmalige ausdrückliche Nachfrage dann, dass es beim ersten Mal ein Mann gewesen sei, den sie nicht gekannt hätten. Danach seien die Briefe zu ihm nach Hause gekommen. Diese Aussageentwicklung spricht dafür, dass er sich die Angaben ausgedacht hat. Für das Gericht ist auch nicht nachvollziehbar, warum nicht, wenn der Vater des Klägers - wie von diesem behauptet - ein großer Taliban-Kommandant gewesen wäre, ein Taliban aus dem Umfeld des Vaters mit dem Kläger Kontakt aufgenommen hätte. Ebenfalls fehlt die Schilderung von Randgeschehen oder Emotionen. Die knappen Angaben des Klägers gegenüber dem Bundesamt waren insoweit nicht detaillierter. Auch die Erkenntnismittel stützen nicht die Angaben des Klägers, dass er den Platz seines Vaters als Taliban-Mitglied habe einnehmen sollen. Sofern ein Taliban-Kämpfer getötet oder gefangenen genommen wurde, ist grundsätzlich nicht von einer Pflicht seiner Familie auszugehen, ihn zu ersetzen; vielmehr ist zu erwarten, dass die Taliban der Familie ihren Respekt zollen und sie finanziell unterstützen (vgl. EASO Country of Origin Information Report: Afghanistan Recruitment by armed groups, v. Sept. 2016, S. 22). Dabei übersieht das Gericht nicht, dass Zwangsrekrutierungen auch durch regierungsfeindliche Kräfte grundsätzlich nicht auszuschließen sind (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 19.10.2016, S. 12; zur Rekrutierung von Kindern vgl. auch ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Rekrutierung von Minderjährigen durch das afghanische Militär; Höhe des Einkommens eines afghanischen Soldaten bzw. einer Soldatin, v. 04.05.2017). Eine solche Gefahr bestehe prinzipiell für jeden afghanischen Staatsangehörigen in Afghanistan (ZAR 5-6/2017, Zur aktuellen Bedrohungslage der afghanischen Zivilbevölkerung im innerstaatlichen Konflikt, S. 196). Die UNHCR hat einige Berichte über (Zwangs-)Rekrutierungen durch die Taliban in den Jahren 2014 und 2015 (vgl. auch EASO Country of Origin Information Report: Afghanistan Recruitment by armed groups, v. Sept. 2016, S. 23 (Kunduz, auch 2016, Nangarhar)), aber auch durch den ISIS im Jahr 2015 dokumentiert (Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 51 Fn. 278, S. 52 Fn. 279; vgl. zum IS auch EASO Country of Origin Information Report: Afghanistan Recruitment by armed groups, v. Sept. 2016, S. 30). In einigen pashtunischen Gemeinschaften besteht auch die Pflicht für Familien, einen Kämpfer der örtlichen Miliz zur Verfügung zu stellen, von der sich die Familien aber auch freikaufen können (EASO Country of Origin Information Report: Afghanistan Recruitment by armed groups, v. Sept. 2016, S. 14). Die Taliban verwenden zu Rekrutierungsversuchen auch Drohbriefe, in denen Männer ermuntert werden, sich dem Kampf der Taliban anzuschließen (vgl. SFH, Schnellrecherche v. 14.11.2016, Angriffe von regierungsfeindlichen Gruppen auf Mitarbeitende der Regierung, ausländischer Firmen und internationaler Streitkräfte; Drohbriefe; Rekrutierung; psychische Erkrankungen, S. 10 f.). Grundsätzlich finden (Zwangs-)Rekrutierungen in Afghanistan durch Entscheidungen von Familienmitgliedern, Stammesältesten oder örtlichen Führern statt (EASO Country of Origin Information Report: Afghanistan Recruitment by armed groups, v. Sept. 2016, S. 14, 22). Zwangsrekrutierungen von Kindern entsprechen grundsätzlich nicht den internen Regeln der Taliban, dennoch kommen sie in Einzelfällen vor (vgl. EASO Country of Origin Information Report: Afghanistan Recruitment by armed groups, v. Sept. 2016, S. 44; vgl. auch ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Rekrutierung von Minderjährigen durch das afghanische Militär; Höhe des Einkommens eines afghanischen Soldatens bzw. einer Soldatin, v. 04.05.2017, S. 3). Die Ablehnung der Rekrutierung kann schwerwiegende Sanktionen nach sich ziehen (vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 17), was zum Teil durch die Zahlung eines Bußgeldes vermieden werden kann (vgl. EASO Country of Origin Information Report: Afghanistan Recruitment by armed groups, v. Sept. 2016, S. 24). Aber auch eine Beendigung der Tätigkeit bei den Taliban führt nicht in jedem Fall zu Sanktionen (vgl. ACCORD, Anfragebeantwortung v. 04.11.2016, Provinz Helmand: Situation von Hazara, die bei den Taliban gekämpft haben und „desertiert“ sind; anders wohl VG München, Urt. v. 25.11.2016 - M 24 K 16.31338 -, juris Rn. 34 f.). Allerdings ist es je höher ein Angehöriger im Rang der Taliban steht, umso schwieriger für ihn, sie zu verlassen (EASO Country of Origin Information Report: Afghanistan Recruitment by armed groups, v. Sept. 2016, S. 44). Die Notwendigkeit von Rekrutierungen ist abhängig von dem militärischen Druck, dem sich die Taliban ausgesetzt sehen (vgl. EASO Country of Origin Information Report: Afghanistan Recruitment by armed groups, v. Sept. 2016, S. 22). Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit von Zwangsrekrutierungen auch dann gering, wenn - etwa wie in Helmand (vgl. EASO Country of Origin Information Report: Afghanistan Recruitment by armed groups, v. Sept. 2016, S. 23) - ausreichend Kämpfer zur Verfügung stehen. Grundsätzlich bevorzugen die Taliban ihre eigenen Anhänger für Kämpfe zu verwenden und das Zurückgreifen auf Außenstehende (Kämpfer) erfolgt eher als letztes Mittel bzw. im Notfall (vgl. EASO Country of Origin Information Report: Afghanistan Recruitment by armed groups, v. Sept. 2016, S. 24; vgl. auch VG München, Urt. v. 08.10.2015 - M 25 K 11.30839 -, juris Rn. 22 m.w.N.). Die Notwendigkeit von Zwangsrekrutierungen hat sich zudem durch den Einsatz von mobilen Sondereinheiten, die im Bedarfsfall entsandt werden können, verringert (vgl. EASO Country of Origin Information Report: Afghanistan Recruitment by armed groups, v. Sept. 2016, S. 22).
Das Gericht ist aufgrund der Angaben des Klägers bereits nicht davon überzeugt, dass sein Vater ein Taliban gewesen ist. Der Kläger konnte auf Nachfragen weder schildern, was sein Vater genau gemacht habe, noch aufgrund welcher Umstände er - der Kläger - davon ausgegangen sei, dass sein Vater ein Taliban sei. Letztlich führte er hierzu lediglich aus, dass es alle gewusst hätten und er als Sohn natürlich auch. Der Vater sei immer nachts gekommen und auch wieder gegangen. Bei der Befragung zur Vorbereitung der Anhörung am 22. Januar 2014 war nach der Niederschrift auch lediglich die Rede davon, dass seine Eltern Landwirtschaft betrieben hätten, bei der er - der Kläger - mitgeholfen habe.
Gegen die Glaubwürdigkeit des Klägers und die Glaubhaftigkeit seiner Angaben spricht auch seine Behauptung, dass er keinen Kontakt zu seiner Familie väterlicherseits habe und auch nicht wissen würde, was diese machen würde. Paschtunen - wie der Kläger - weisen in der Regel eine stark ausgeprägte Stammesstruktur auf, mit einem Verband („kahol“) mit einem gemeinsamen männlichen Vorfahren vor sechs bis acht Generationen als wichtigster Einheit; auf dieser Ebene der Stammesstruktur werden die meisten Fragen des Alltags geregelt: Es werden Ehen arrangiert, die Menschen helfen einander in der Landwirtschaft oder beim Hausbau, Landstreitigkeiten werden ausgefochten und geschlichtet (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Dossier der Staatendokumentation, AfPak, Grundlagen der Stammes- & Clanstruktur, 2016, S. 14 f.). Aber auch aus der Zugehörigkeit zu größere Stammlinienverbänden, deren Mitglieder weit verstreut leben können, können weitreichende Verpflichtungen und Hilfsangebote folgen (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Dossier der Staatendokumentation, AfPak, Grundlagen der Stammes- & Clanstruktur, 2016, S. 15). Ein Paschtune weiß dementsprechend grundsätzlich mehr oder weniger genau, wie sein eigener Verband in diesem auf patrilinearer Abstammung beruhenden Stammessystem der Paschtunen zu verorten ist; entsprechende Kenntnisse werden in schriftlich festgehaltenen Stammbäumen („shajara“) bewahrt und weitergegeben (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Dossier der Staatendokumentation, AfPak, Grundlagen der Stammes- & Clanstruktur, 2016, S. 14). Ethnologen bezeichnen die insgesamt gut 35 Millionen Paschtunen in Afghanistan und Pakistan als die größte noch bestehende Stammesgesellschaft der Welt (www.liportal.de, Afghanistan, Gesellschaft, Stand: Juni 2017). Der Kläger vermochte in der mündlichen Verhandlung nicht zu erklären, weshalb dies bei ihm anders sei. Er hat insoweit lediglich angegeben, dass sie getrennt und jeder sein eigenes Leben gelebt hätten.
Gleichsam spricht gegen seine Glaubwürdigkeit und die Glaubhaftigkeit seiner Angaben, dass er bei seiner Ankunft in Deutschland im Jahr 2014 behauptete, 16 Jahre alt zu sein. Dass dies - auch nur annähernd - zutreffend sein könnte, wurde durch den Direktor der Abteilung für Rechtsmedizin einer Universitätsmedizin im Jahr 2014 aufgrund einer forensischen Altersdiagnostik, insbesondere der CT-Untersuchung der Brustbein-Schlüsselbeingelenke, die eine hohe Validität aufweise, ausgeschlossen. Vielmehr sei zugunsten des Klägers von einem Alter von mindestens 21 Jahren auszugehen, bei einem wahrscheinlichen Alter von ca. 29 Jahren. Die schriftlichen Ausführungen sind anschaulich und nachvollziehbar. Das Gericht ist danach, auch unter Berücksichtigung des konkreten, durchaus jüngeren Aussehens des Klägers, wie es sich in der mündlichen Verhandlung darstellte, nicht davon überzeugt, dass der Kläger sein Alter zutreffend angibt.
Auch seine Angaben dazu, weshalb ihm seine Tazkira zwischenzeitlich nicht geschickt habe werden können - was er bereits am 22. Januar 2014 angekündigt hatte zu versuchen -, sind nicht überzeugend. Seine Mutter habe die Tazkira nicht mitgenommen, als sie das Heimatdorf des Klägers verlassen und zu dem Onkel in Kapisa gegangen sei. Weshalb sie die Tazkira zurückgelassen haben sollte, erklärte der Kläger nicht und erschließt sich dem Gericht auch nicht.
Zudem würde sich dem Gericht auch nicht erschließen, weshalb der Kläger - wenn seine Angaben zutreffend wären, wovon das Gericht nicht überzeugt ist - durch seinen Weggang aus Afghanistan, seinen kleinen Bruder der Gefahr aussetzen würde, an seiner - des Klägers - Stelle in die Fußstapfen des Vaters treten zu müssen.
Auch wiesen die Angaben des Klägers Widersprüche auf. Im Januar 2014 hatte er gegenüber dem Bundesamt noch angegeben, dass neben seiner Mutter und seinen Geschwistern weitere Verwandte in Afghanistan leben würden. Bei seiner Anhörung im Juni 2014 hat er ausgeführt, dass neben seiner Mutter und den Geschwistern lediglich mehr ein Onkel mütterlicherseits in Kapisa wohne. In der mündlichen Verhandlung räumte er ein, dass in Afghanistan auch noch weitere Verwandte väterlicherseits leben würden. Auch hatte er im Januar 2014 noch angegeben, seinen Eltern bei der Landwirtschaft geholfen zu haben. Bei seiner Anhörung schilderte er hingegen, dass er nicht gearbeitet habe und nur zuhause gewesen sei. Bei der Anhörung des Klägers hatte er noch angegeben, ca. eineinhalb Monate bei seinem Onkel mütterlicherseits, der nach den Angaben des Klägers in Kapisa lebt, gewohnt zu haben. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung, weshalb er nicht einfach bei seinem Onkel in Kapisa geblieben sei, erklärte er demgegenüber, dass er wegen der Gefahr für den Onkel dort nur ein paar Tage geblieben sei und sein Onkel ihn dann in dem Distrikt Nijrab versteckt habe. Konkretere Ausführungen dazu, insbesondere wo, bei wem und wie er in Nijrab versteckt worden sein will, machte der Kläger nicht. Insoweit erscheint seine Schilderung angesichts seiner vorherigen Angaben als auf die Frage des Gerichts angepasst, mit der möglicherweise dem - aus Sicht des Klägers - mit der Frage verbundenen Vorhalt begegnet habe werden sollen, dass er bei seinem Onkel ja sicher gewesen sei. Auch äußerte der Kläger gegenüber dem Bundesamt noch keine Befürchtung, dass die Taliban ihn auch in Kabul finden würden. Zu der Frage, weshalb er nicht in Kabul geblieben sei, gab er lediglich an, dass sein Onkel gemeint habe, dass der Kläger dort nicht alleine leben könne.
Der Kläger hat im April 2016 zwar zwei Schreiben zu den Akten gereicht, die nach seinen Angaben Drohbriefe darstellen würden, mit der Aufforderung, innerhalb einer Zehntagesfrist zu einem Training bei den Taliban zu erscheinen und deren Originale sich bei der Akte befinden würden. In der mündlichen Verhandlung hat er auf diese jedoch keinen Bezug mehr genommen, sondern insoweit lediglich davon gesprochen, dass nach der ersten Nachricht Briefe zu ihm nach Hause gekommen seien. Den Inhalt der Nachrichten hat er in der mündlichen Verhandlung nicht näher darlegen können. Mangels Substantiierung des Inhalts der vorgelegten Briefe sah sich das Gericht nach alledem auch nicht zu einer Übersetzung veranlasst, zumal aus dem Inhalt nicht darauf geschlossen werden können muss, von wem ein Brief tatsächlich stammt oder die Androhung ernst gemeint ist (vgl. etwa VG Lüneburg, Urt. v. 16.01.2017 - 3 A 194/16 -, juris Rn. 29).
b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter infolge einer ernsthaften individuellen Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG). Für eine solche Annahme müssen stichhaltige Gründe vorliegen (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.). Bezugspunkt für die Gefahrenprognose ist der tatsächliche Zielort des Betroffenen bei einer Rückkehr, damit in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 13, 16; Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn.16). Nicht maßgeblich ist insoweit, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, und auch nicht, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 14). Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob er auf internen Schutz in einer anderen Region des Landes verwiesen werden kann (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 14, 19, 32; vgl. auch OVG NRW, Beschl. v. 09.03.2017 - 13 A 2575/16.A -, juris Rn. 17), vgl. § 3 e AsylG.
Vorliegend kann dahinstehen, ob in der Heimatprovinz des Klägers ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG herrscht, weil jedenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit sein Leben oder seine Unversehrtheit in der Provinz Kapisa infolge willkürlicher Gewalt bedroht sind. In der Region von Kapisa und dem Distrikt Tagab geht nicht für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr aus, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 17) bzw. Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt.
Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben, wie etwa einer berufsbedingten Nähe zu einer Gefahrenquelle oder einer bestimmten religiösen Zugehörigkeit (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 18; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris). Wenn solche individuellen gefahrerhöhenden Umstände fehlen, kann eine entsprechende Individualisierung ausnahmsweise auch bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.; OVG NRW, Beschl. v. 09.03.2017 - 13 A 2575/16.A -, juris Rn. 13; Nds. OVG Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Dies setzt aber ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt voraus (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 19; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Permanente Gefährdungen der Bevölkerung und schwere Menschenrechtsverletzungen im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts reichen für sich allein nicht aus (BVerwG, Urt. v. 13.02.2014 - 10 C 6/13 -, juris Rn. 24; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Dies gilt auch bei heftigen Auseinandersetzungen zwischen der afghanischen Armee und aufständischen Gruppen, die auch die Zivilbevölkerung durch Massenentführungen, Vertreibungen, Kämpfe in bewohnten Gebieten oder Angriffe auf Dörfer im Mitleidenschaft ziehen (Nds. OVG, Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.). Für die Bestimmung der Gefahrendichte hat eine quantitative Ermittlung der Verletzten und getöteten Zivilpersonen im Verhältnis zur Einwohnerzahl (Gewaltniveau) und daneben auch eine wertende Gesamtbetrachtung jedenfalls auch im Hinblick auf die medizinische Versorgungslage zu erfolgen (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 23; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; Nds. OVG, Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Das Risiko einer Zivilperson von 1:800 (bezogen auf ein Jahr) verletzt oder getötet zu werden ist dabei weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit eines ihr drohenden Schadens entfernt (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 23; vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). In diesem Fall vermag sich auch eine wertende Gesamtbetrachtung regelmäßig im Ergebnis nicht auszuwirken (Bay. VGH, Beschl. v. 17.01.2017 - 13a ZB 16.30182 -, juris Rn. 7 m.w.N.).
Bei dem Kläger liegen keine solchen persönlichen gefahrerhöhenden Umstände vor, die zu einer erheblichen individuellen Gefährdung führen würden und in der Provinz Kapisa und dem Distrikt Tagab ist auch nicht praktisch jede Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt. Die Wahrscheinlichkeit für Zivilperson dort verletzt oder getötet zu werden ist nicht so hoch, dass jeder Zivilperson aus Kapisa / Tagab subsidiärer Schutz zuzuerkennen wäre.
Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes mit Stand September 2016 (S. 4 unter Verweis auf den UNAMA-Bericht von Juli 2016 über den Schutz von Zivilisten im bewaffneten Konflikt) hat es in Afghanistan im ersten Halbjahr 2016 mit 1.601 getöteten und 3.565 verletzten Zivilisten einen Anstieg von 4 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum gegeben, mit der Folge der höchsten Zahl seit Beginn der Erfassungen im Jahr 2009. Seit dem Beginn der Zählung wurden insgesamt mehr als 26.500 Zivilisten in Afghanistan getötet und fast 49.000 weitere verletzt (www.zeit.de, Zahl der getöteten Zivilisten erneut gestiegen, v. 17.07.2017). Ende 2015 hatte die Anzahl der zivilen Opfer mit 11.002 einen neuen Höchststand erreicht (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S.6). 70 % der Opfer werden den Taliban und anderen bewaffneten Gruppen zugerechnet, was insoweit einen Rückgang um 3 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutet (Amnesty Report 2016 Afghanistan, S. 1, 2), auch wenn die Opferzahl insgesamt um 4 % gestiegen ist (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 6). Im ersten Halbjahr 2016 hat die Verantwortlichkeit regierungsfeindlicher Gruppen für zivile Opfer 60 % (966 Tote und 2.116 Verletzte) betragen, was eine Zunahme um 11 % gegenüber dem Vorjahr bedeutet (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.09.2016). Im Zeitraum Mitte Mai bis Mitte August 2016 konzentrierten sich die Taliban darauf, die Regierungskontrolle in den Provinzen Baghlan, Kunduz, Takhar, Faryab, Jawzjan und Uruzgan zu bekämpfen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.09.2016). 68,1 % der landesweiten Vorfälle konzentrierten sich auf die südlichen, südöstlichen und östlichen Regionen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016), im vierten Quartal noch 66 %; die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle erhöhte sich gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr um 9 %, in den Monaten Januar bis Oktober um 22 % (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.12.2016). Im Herbst 2016 übten die Taliban ohne anhaltenden Erfolg Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz aus (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.12.2016). Auch Anfang Januar 2017 griffen die Taliban erneut Helmand an (Neue Züricher Zeitung, Online-Ausgabe v. 02.01.2017). Am 5. Mai 2017 eroberten die Taliban in der Provinz Kunduz den Distrikt Kala-i-Sal (Handelsblatt, Taliban erobern Distrikt nahe Kundus, v. 06.05.2017). Am 6. Mai 2017 haben die Taliban den Distrikt Zibak in der Provinz Badakhshan eingenommen; in der Provinz Nuristan belagern die Tailban den Distrikt Want Waigal (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 08.05.2017). Mitte Juni eroberte der IS von den Taliban die Felsentunnel Tora Bora in Nangarhar (www.zeit.de, IS erobert strategisch wichtige Stellung von Taliban, v. 14.06.2017); weniger Tage später hat die afghanische Armee die Höhlen geräumt (www.deutschlandfunk.de, IS-Miliz aus Höhlen in Tora Bora vertrieben, v. 19.06.2017). Die Sicherheitskräfte gehen weiterhin gegen die Taliban und IS-Kämpfer vor (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.09.2016). So konnten sie auch die Bezirkshauptstadt von Kala-i-Sal nach wenigen Tagen zurückerobern (www.handelsblatt.com, Regierung erobert Bezirkszentrum von Taliban, v. 16.05.2017) und auch den Distrikt Zibak (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 22.05.2017). Die Bevölkerungszentren und Hauptverkehrsstraßen in Afghanistan werden von den afghanischen Sicherheitskräften (ANDSF), abgesehen von kurzzeitigen Störungen durch die regierungsfeindlichen Kräfte, kontrolliert, wenn die ANDSF auch Defizite unter anderem in der Führung, strategischer und taktischer Planungsfähigkeit, Aufklärung und technischer Ausstattung aufweisen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 6). So behält die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, die Provinzhauptstädte, fast alle Distriktszentren (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 38; vgl. für Kabul auch Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.) und die größeren Provinzzentren (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 3). Die Provinzhauptstädte konnten auch im vierten Quartal 2016 gesichert werden, wenn es auch zu intensiven bewaffneten Zusammenstößen gekommen ist (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Dort leben ca. zwei Drittel der afghanischen Bevölkerung (BT-Drs. 18/10336, 18. Wahlperiode 16.11.2016, Frage Nr. 14). Allerdings standen bis Mitte November 2016 lediglich 233 von 407 Distrikten unter Kontrolle oder Einfluss der Regierung, mithin 15 % weniger als im Jahr 2015; die Aufständischen übten Anfang des Jahres 2017 in 41 Distrikten in 15 Provinzen (insbesondere in Helmand, Uruzgan, Kandahar und Zabul) die Kontrolle oder ihren Einfluss aus, die übrigen sind umkämpft (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 06.02.2017). Von den ca. 32 Millionen Einwohnern Afghanistans leben ca. 20,4 Millionen in Gebieten unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss und 2,5 Millionen in von Aufständischen beeinflussten Gebieten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 06.02.2017). In den meisten der sieben Bezirke in der Provinz Kundus hält die Regierung lediglich mehr das Bezirkszentrum; die Eroberung von Kunduz ist ein Hauptziel der Taliban (www.handelsblatt.com, Regierung erobert Bezirkszentrum von Taliban, v. 16.05.2017). Die Taliban kontrollieren etwa auch den Kunduz-Khanabad Highway (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 08.05.2017). Die afghanischen Sicherheitskräfte sind im Allgemeinen fähig, die größeren Bevölkerungszentren effektiv zu beschützen bzw. verwehren es den Taliban, für einen längeren Zeitraum Einfluss in einem Gebiet zu halten (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 38), bedürfen aber der Unterstützung durch internationale Sicherheitskräfte, die auch erfolgt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 4). Eine Koalition von 40 Staaten leistet weiterhin Ausbildung, Beratung und Unterstützung; auch die USA sind weiterhin mit einer Anti-Terror-Mission in Afghanistan präsent (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 6; vgl. etwa n-tv.de, IS-Anführer stirbt bei US-Drohnenangriff v. 19.11.2016). Auch Deutschland hat den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan verlängert (www.handelsblatt.com, Regierung verlängert Afghanistan Einsatz v. 15.12.2016). 941 Soldaten der Bundeswehr beraten im April 2017 die afghanischen Sicherheitskräfte, bilden sie aus, unterstützen die Führung und leisten logistische Hilfe (www.zeit.de, Was macht die Bundeswehr in Afghanistan?, v. 22.04.2017). 13.000 internationale Soldaten werden in Afghanistan stationiert bleiben (Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update Die aktuelle Sicherheitslage vom 30.09.2016, S. 6; vgl. auch www.wallstreet-online.de, Nato-Chef Stoltenberg erwägt Truppen-Aufstockung in Afghanistan, v. 30.04.2017), allein 8.400 Soldaten der US-Streitkräfte (vgl. www.tt.com, US-Behörde: Afghanische Armee musste 2016 noch höhere Verluste hinnehmen, v. 01.02.2017). Weitere 4.000 Soldaten wurden Mitte Juni 2017 nach Afghanistan beordert (www.handelsblatt.com, USA bauen Militärpräsenz in Afghanistan aus, v. 16.06.2017). Die Truppenstärke der afghanischen Nationalarmee (ANA) betrug Mitte des Jahres 2015 etwa 157.000 (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 05.10.2016, S. 137), die der afghanischen Sicherheitskräfte Anfang des Jahres 2017 insgesamt 316.000 (www.tt.com, US-Behörde: Afghanische Armee musste 2016 noch höhere Verluste hinnehmen, v. 01.02.2017) bzw. 352.000 (www.handelsblatt.de, Mehr Spezialkräfte im Kampf gegen die Taliban, v. 03.04.2017). 7 % davon sind Eliteeinheiten, die rund 40 % aller Gefechte bestritten hätten; das afghanische Militär will die Zahl dieser Spezialkräfte bis 2020 verdoppeln (www.handelsblatt.de, Mehr Spezialkräfte im Kampf gegen die Taliban, v. 03.04.2017). Von Januar bis November 2016 wurden 6.785 Soldaten und Polizisten getötet sowie 11.777 verletzt, mithin 35 % mehr als im Vorjahr (www.tt.com, US-Behörde: Afghanische Armee musste 2016 noch höhere Verluste hinnehmen, v. 01.02.2017). Zudem wird ihre Effizienz und Arbeit durch Korruption beeinträchtigt (www.deutschlandfunk.de, Hauptursache der schlechten Sicherheitslage, v. 14.06.2017). Der US-Präsident hat mehr Unterstützung für die Sicherheit Afghanistans angekündigt (www.zeit.de, Trump will Afghanistan stärker unterstützen v. 03.12.2016). Anfang des Jahres 2017 entsandten die Vereinigten Staaten von Amerika rund 300 Marinesoldaten in die Provinz Helmand, um die einheimischen Sicherheitskräfte im Kampf gegen die Taliban auszubilden (www.faz.net, Amerika schickt Marinesoldaten nach Afghanistan, v. 07.01.2017; www.berlinjournal.biz, 300 US-Soldaten auf dem Weg nach Afghanistan, v. 20.04.2017). Nach einem Bericht des amerikanischen Pentagons haben die afghanischen Streitkräfte - wenn auch unbeständige - Fortschritte gemacht; sie konnten mehrere große Taliban-Angriffe abwehren und verlorenes Territorium rasch wieder zurückgewinnen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.12.2016). Alle acht Angriffe der Taliban auf Städte sind gescheitert (www.tt.com, US-Behörde: Afghanische Armee musste 2016 noch höhere Verluste hinnehmen, v. 01.02.2017). Die afghanischen Sicherheitskräfte führten zahlreiche Militäroperationen durch und konnten auch die Schlüsselbereiche des Distrikts Ghormach von den Taliban wieder zurück erobern; mit einer groß angelegten Militäroperation soll die Provinz Kunduz von Aufständischen befreit werden (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.12.2016). In den Provinzen Nangarhar und Kunar wurden Operationen gegen den „Islamischen Staat in der Provinz Khorasan“ (ISIL-KP) durchgeführt (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). In den Monaten November, Dezember 2016 und Januar 2017 gab es in Nangarhar 81 Militäroperationen, bei denen 251 Aufständische getötet und 184 gefangen genommen wurden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 23.01.2017). Zwischen Januar und Ende April 2017 flogen die US-Streitkräfte 898 Luftangriffe gegenüber weniger als 300 im Vergleichszeitraum 2016, verbunden mit einer Verfünffachung der zivilen Opfer (www.handelzeitung.ch, Dreimal so viele Luftangriffe in Afghanistan, v. 29.05.2017). Im Juli 2017 konnte der Distrikt Nawa in der Provinz Helmand von den Taliban zurückerobert werden (www.stuttgarter-nachrichten.de, Afghanische Truppen erobern Teil Helmands zurück, v. 16.07.2017). Ein Angriff der Taliban auf Kunduz konnte zurückgeschlagen werden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 03.07.2017). Bei Kämpfen zwischen den Taliban und Sicherheitskräften um das Bezirkszentrum von Baghlan, dessen Eroberung neben Kunduz und Helmand ein Hauptziel der Taliban ist, kam es zu mehreren Toten und Verletzten auf beiden Seiten (derstandard.at, Mindestens 23 Tote bei heftigen Kämpfen in Nordafghanistan, v. 19.07.2017). Ende Juli 2017 konnten die Taliban zwei Bezirke in den Provinzen Ghor und Faryab einnehmen (www.nzz.ch, Taliban erobern zwei weitere Bezirke, v. 23.07.2017) und einen in Paktia (deutsch.rt.com, Taliban erobern drittes Bezirkszentrum, v. 25.07.2017). Das Bezirkszentrum von Faryab konnte binnen weniger Tage zurückerobert werden (www.handelsblatt.com, Armee erobert Stadt von Taliban zurück, v. 26.07.2017); gleichsam das von Ghor (www.nzz.ch, Armee erobert weitere Stadt von Taliban zurück, v. 28.07.2017). In Nangarhar soll der IS ca. 70 % des Gebiets um Tora Bora besetzt halten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 24.07.2017). Anfang August wurde nach sieben Tagen mit schweren Kämpfen auch das Bezirkszentrum in der Provinz Paktia zurückerobert (deutsch.rt.com, Afghanische Sicherheitskräfte erobern Stadt von Taliban zurück, v. 04.08.2017).
Anfang Januar 2017 wurde bei einem Sondereinsatz des afghanischen Geheimdienstes ein führender Al-Kaida Kommandeur getötet (orf.at, Führender Al-Kaida-Kommandeur in Afghanistan getötet, v. 19.02.2017). Mitte Januar 2017 zerstörten Sicherheitskräfte eine Bombenwerkstatt der Taliban in Balch (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 23.01.2017). Ende Januar wurden in zahlreichen Provinzen Anti-Terror-Operationen gegen die Taliban und den IS durchgeführt (deutsch.rt.com, Top-Funktionär der Taliban in Afghanistan getötet, v. 28.01.2017; www.zeit.de, Afghanischer Polizist tötet acht Kollegen, v. 03.02.2017). Allerdings starben in den ersten acht Wochen des Jahres 2017 auch 807 Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte (www.zeit.de, US-Bericht: Hohe Verluste unter afghanischen Sicherheitskräften in Wintermonaten, v. 01.05.2017). Ende Februar wurden bei einem US-Luftangriff ein Taliban-Anführer und neun Kämpfer in der Provinz Kunduz getötet (www.spiegel.de,Taliban-Anführer durch US-Luftangriff getötet, v. 27.02.2017). In Laghman konnten Versuche der Taliban, zwei Distriktszentren zu erobern, abgewehrt werden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 06.03.2017). Ende März töteten US-Streitkräfte einen Anführer von Al-Kaida (www.zeit.de, Al-Kaida-Anführer in Afghanistan bei US-Angriff getötet, v. 26.03.2017). Auch am Kampf gegen den IS in Afghanistan beteiligen sich die US-Streitkräfte (vgl. www.zeit.de, US-Soldat bei Anti-IS-Einsatz in Afghanistan getötet, v. 09.04.2017). Durch eine im April von den US-Streitkräften in Nangarhar auf ein Tunnelsystem abgeworfene Bombe starben mindestens 94 IS Kämpfer (www.zeit.de, US-Bombe soll 94 IS-Kämpfer getötet haben, v. 15.04.2017). Die Zahl der IS Kämpfer in Afghanistan wird vom Pentagon auf 1.000 geschätzt (www.merkur.de, Pentagon: IS-Anführer in Afghanistan vermutlich getötet, v. 28.04.2017). Bei einem Angriff afghanischer und US-Truppen in der Provinz Nangarhar wurden der Anführer des IS in Afghanistan, weitere hohe Vertreter und 35 Kämpfer getötet (www.spiegel.de, Armee meldet Tod von IS-Anführern“, v. 07.05.2017). Seit Anfang März 2017 wurden insgesamt 750 Kämpfer der Terrormiliz getötet und die vom IS kontrollierten Gebiete wurden um zwei Drittel reduziert (derstandard.de, US-Militär: 750 IS-Kämpfer seit März in Afghanistan getötet, v. 19.05.2017). Ende April wurden bei Anti-Terror-Operationen in Afghanistan mindestens 43 Extremisten getötet (deutsch.rt.com, Afghanistans Sicherheitskräfte töten mindestens 43 Terroristen, v. 30.04.2017). Am 3. Juni 2017 töteten US-Streitkräfte den IS-Medienchef in Afghanistan (www.merkur.de, US-Streitkräfte töten IS-Medienchef, v. 17.06.2017). In Herat, Nangharhar, Logar, Ghazni, Takhar und Paktia wurden mehrere teils hohe Angehörige der Taliban getötet (www.tolonews.com, Taliban´s Shadow District Governor Killed in Herat, v. 29.05.2017). Mitte Juli 2017 wurde auch der Anführer des IS in Afghanistan durch das US-Militär getötet (www.zeit.de, Afghanistan-Chef des IS bei Luftangriff getötet, v. 15.07.2017). Die Zahl der Luftschläge ist im Jahr 2017 wieder auf dem Niveau von 2012 angekommen; so warfen US-Piloten bis Mitte Juli bereits 1.634 Raketen und Bomben ab, gegenüber 1.337 im gesamtem Jahr 2016 (www.n-tv.de, US-Luftschläge gegen Taliban und IS steigen, v. 18.07.2017).
Dennoch lassen sich selbst in Kabul Anschläge mit Toten und Verletzten nicht vermeiden, so gab es in der ersten Jahreshälfte 2016 elf Vorfälle mit 107 Toten (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 6. Juni 2016 zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, S. 3, 4). Seit April 2016 hat sich die Sicherheitslage aus Sicht des UNHCR weiter rapide verschlechtert (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 3). Insgesamt sind nach einem Bericht der UN in Afghanistan im Jahr 2016 1.963 Menschen bei Selbstmordanschlägen verletzt oder getötet worden, mithin 7 % mehr als im Jahr 2015; in Kabul habe es einen Anstieg um 75 % gegeben, mit 1.514 verletzten oder getöteten Zivilpersonen bei 16 Anschlägen (www.handelsblatt.de, Mindestens 22 Tote bei Anschlag vor Gericht in Kabul, v. 07.02.2017). Im Jahr 2016 wurden durch die UNAMA in Afghanistan 11.418 verletzte und getötete Zivilpersonen gezählt, mithin 384 mehr als im Jahr 2015 (Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, v. Februar 2017, S. 11). Die Zahl der von der UNAMA dokumentierten getöteten oder verletzten Kinder ist um 24 % auf 3.512 gestiegen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 06.02.2017). Die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle zwischen Mitte November 2016 und Mitte Februar 2017 hat um 10 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zugenommen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, v. 19.06.2017, S. 1). Im ersten Quartal 2017 gab es nach einem Bericht der UNAMA insgesamt 2.181 zivile Opfer, 715 Tote und 1466 Verletzte, davon 210 getötete - 17 Prozent mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum - und 525 verletzte Kinder (www.zeit.de, UNO: Ein Drittel der zivilen Todesopfer in Afghanistan Kinder, v. 27.04.2017). Insgesamt gab es damit 4 % weniger zivile Opfer als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 12.06.2017). Zwischen Anfang Januar und Ende Juni 20178 wurden hingegen bei Gefechten und Anschlägen 1.662 Zivilisten getötet und 3.581 weitere verletzt; das waren zwei Prozent mehr Todesopfer als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, unter ihnen 174 Frauen und 436 Kinder (www.zeit.de, Zahl der getöteten Zivilisten erneut gestiegen, v. 17.07.2017). 40 % von ihnen sind durch Bombenanschläge und gewaltsame Auseinandersetzungen in dicht bevölkerten Gebieten gestorben, 19 % in Kabul (www.zeit.de, Zahl der getöteten Zivilisten erneut gestiegen, v. 17.07.2017). Dies ist vor allem auf den schweren Anschlag in Kabul am 31. Mai 2017 zurückzuführen (UNAMA, Press Release, v. 17.07.2017). Demgegenüber ist die Anzahl der verletzten um 1 % gesunken (UNAMA, Press Release, v. 17.07.2017). Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 2017 von der UNAMA 5.243 verletzte und getötete Zivilpersonen dokumentiert (erste Jahreshälfte 2016: 5.267; UNAMA, Midyear Report 2017, 07.2017).
Bei einer Bombenexplosion im Botschaftsviertel in Kabul am 31. Mai 2017 starben 90 Menschen und mehrere hundert Menschen wurden verletzt (www.handelsblatt.de, 90 Tote und deutsche Botschaft in Trümmern, v. 31.05.2017). Wenige Tage später wird von über 150 Getöteten ausgegangen (www.zeit.de, Ghani: Opferzahl nach Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul auf 150 gestiegen, v. 06.06.2017). Bei den meisten Opfern handelt es sich um Zivilpersonen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, v. 19.06.2017, S. 3). Unter ihnen sind auch 31 Mitarbeiter des Telekommunikationsunternehmens Roshan bzw. ihrer Partnerunternehmen (www.zeit.de, Spannungen in Kabul, v. 05.06.2017). Die Taliban und das Hakkani-Netzwerk wiesen eine Beteiligung an der Tat zurück, weil ihr Kampf nicht gegen Zivilisten gerichtet sei(www.derstandard.at, Hakkani-Netzwerk-Chef weist Beteiligung an Anschlag in Kabul zurück, v. 12.06.2017). Bei einer darauf erfolgenden Demonstration in Kabul am 2. Juni 2017 wurden sieben Menschen durch Polizisten erschossen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 12.06.2017). Bei einem Bombenanschlag auf ein Begräbnis eines der Demonstranten kamen 20 Menschen ums Leben und über einhundert wurden verletzt (www.zeit.de, Mindestens 20 Tote nach Explosionen in Kabul, v. 03.06.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 12.06.2017). Ebenfalls Anfang Juni wurde in der Nähe des Flughanfes von Jalalabad ein Mitarbeiter des Sicherheitspersonals durch einen Selbstmordanschlag getötet (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 12.06.2017). In der Provinz Farah wurden drei Leibwächter des Gouverneurs von Baghlan erschossen, am 6. Juni 2017 wurden bei einer Bombenexplosion vor der großen Moschee in Herat mindestens sieben Menschen getötet(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 12.06.2017). Bei einer Insider-Attacke der Taliban in der Provinz Nangarhar kamen drei US-Soldaten ums Leben (www.zeit.de, Taliban-Kämpfer infiltriert Armee und töte US-Soldaten, v. 11.06.2017), drei weitere Polizisten starben in Uruzgan (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 12.06.2017). Am 12. Juni 2017 starben bei einem Angriff auf einen US-Konvoi drei Zivilpersonen (www.handelsblatt.com, US-Soldaten erschießen Zivilisten, v. 12.06.2017), am 14. Juni 2017 bei der Explosion einer Motorradbombe in Paktika sechs Kinder und einen Tag später bei einem Angriff des IS auf eine schiitische Moschee in Kabul mindestens sechs Personen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 19.06.2017). In Helmand starben bei einem Selbstmordanschlag auf einen Checkpoint mehrere Angreifer (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 19.06.2017). Bei einem Angriff auf eine Polizeistation in Gardez (Südosten) starben fünf Menschen (www.spiegel.de, Taliban greifen Polizeistation an - mindestens fünf Tote, v. 18.06.2017), bei einer Insider-Attacke in Masar-e Scharif wurden sieben US-Soldaten verletzt (kurier.at, Afghanistan: Sieben US-Soldaten bei "Insider-Attacke" verletzt, v. 18.06.2017). In der Nähe des Stützpunktes Bagram wurden acht Sicherheitskräfte getötet (www.zeit.de, Acht afghanische Wachen von US-Militärbasis nördlich von Kabul getötet, v. 20.06.2017). Der Bezirk Darzab wurde zunächst von IS-Kämpfern, dann von den Taliban angegriffen; infolgedessen starben zehn Sicherheitskräfte (www.salzburg.com, Doppelangriff von IS- und Talibankämpfern in Afghanistan, v. 21.06.2017). Durch eine Straßenbombe in Helmand wurden sechs Polizisten getötet, am 22. Juni 2017 durch einen Selbstmordattentäter der Taliban 36 Personen bei einem Angriff auf Soldaten vor einer Bank in Laskar Gah; am 25. Juni 2017 töteten die Taliban zehn weitere Polizisten in der Provinz Herat (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 26.06.2017). Am 28. Juni 2017 töteten Taliban in Badachschan zwei Polizistinnen (www.nzz.ch, Taliban ermorden Polizistinnen, v. 28.06.2017). Weitere Polizisten und Angehörige einer Regierungsmiliz kamen durch die Taliban in den Provinzen ZabulI, Farahund Balkh ums Leben (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 03.07.2017). In Farah starben vier Personen, als ihr Wagen auf einen Sprengsatz fuhr, im Distrikt Khanabad der Provinz Kunduz erschossen Taliban vier Brüder (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 10.07.2017). Dort kam auch ein Polizist durch eine Bombe und eine Frau und ein Kind beim Einschlag einer Rakete ums Leben (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 10.07.2017). Am 6. Juli 2017 wurden in Herat ein Distriktspolizeichef und zwei seiner Leibwächter durch eine Bombe verletzt und in Nagarhar starben drei Zivilpersonen bei einer Schießerei in einer Moschee, 14 starben durch eine Mörsergranate (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 10.07.2017). In dem dortigen Distrikt Khewa wurde einen Tag später ein Mann bei einer Bombenexplosion getötet; in der Provinz Samangan töteten Taliban am 9. Juli 2017 ein Mitglied des Friedensrates (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 10.07.2017). Am 11. Juli wurde in Logar ein Kriminalbeamter von den Taliban ermordet und in Kandahar starben zwei Kinder bei der Explosion einer an der Straße versteckten Bombe (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 17.07.2017). In der Provinz Farah wurden sechs Zivilisten durch eine am Straßenrand versteckte Bombe getötet (www.deutschlandfunk.de, Versteckter Sprengsatz tötet Zivilisten, v. 05.07.2017) und mehrere Personen bei einem Überfall auf einen Reisebus getötet bzw. entführt (www.n-tv.de, Taliban töten sieben Reisende in Afghanistan, v. 12.07.2017). Am 13. Juli 2017 sollen Polizisten in der Provinz Faryab elf Zivilisten erschossen haben und einen Tag später wurden in Jalalabad 14 Zivilisten erschossen, darunter ein bekannter Poet (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 17.07.2017). Am 17.07.2017 wurden in Nangarhar ein Geistlicher erschossen und in Nimroz zwei Polizisten getötet (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 24.07.2017). Bei einem Luftangriff auf eine Schule in Kunduz sollen mehrere Kinder getötet worden sein (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 17.07.2017). Bei zwei Anschlägen in Kandahar und Nangarhar sind elf Sicherheitskräfte ums Leben gekommen (derstandard.at, Elf Soldaten und Polizisten bei Anschlägen in Afghanistan getötet, v. 20.07.2017). In der Provinz Herat starben drei Zivilpersonen bei Bombenanschlägen, in Nangarhar wurde ein Mädchen bei der Explosion einer Bombe schwer verletzt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 24.07.2017). In der Provinz Ghor wurden in einer Klinik von den Taliban 35 Zivilpersonen getötet und bei der Explosion einer Autobombe in Kabul starben 26 Personen (www.zeit.de, Mehr als 60 Tote bei Angriffen der Taliban, v. 24.07.2017), bei einer weiteren Explosion acht Menschen (www.idowa.de, Mindestens acht Tote bei Explosion in Kabul, v. 24.07.2017). Das betroffene Viertel ist mehrheitlich von Hazara bewohnt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 24.07.2017). Bei einem Überfall auf einen Armeestützpunkt in Kandahar wurden 26 Soldaten und 80 Taliban getötet (www.stern.de, Taliban töten bei Großangriff auf Armeestützpunkt in Afghanistan 26 Soldaten, v. 26.07.2017). Ende Juli wurden bei einem Angriff von IS-Kämpfern auf die irakische Botschaft in Kabul alle drei Angreifer getötet (www.deutschlandfunk.de, Anschlag auf irakische Botschaft in Afghanistan, v. 31.Juli 2017). Anfang August wurden bei einem Anschlag auf eine schiitische Moschee in Herat mindestens 25 Menschen getötet und 64 verletzt (www.zeit.de, Tote bei Anschlag auf Moschee in Herat, v. 01.08.2017). Bei Zwei Angriffen auf NATO-Konvois bei Kabul und in Südafghanistan wurden drei Soldaten getötet und mehrere verletzt (www.tagesschau.de, NATO-Soldat bei Anschlag getötet, v. 04.08.2017). Bei einem Überfall der Taliban auf einen Markt in Helmand wurden fünf Personen getötet (www.nzz.ch, Mindestens fünf Tote bei Angriff der Taliban in Afghanistan, v. 04.08.2017). Durch einen Selbstmordattentäter starben in der Nähe des amerikanischen Stützpunktes Bagram ein Nato-Soldat und drei Zivilpersonen (www.faz.net, Nato-Soldat und drei Zivilisten bei Talibananschlag getötet, v. 04.08.2017). In einem Dorf in der Provinz Sar-e Pul haben Taliban und IS-Kämpfer mehrere Dutzend Zivilpersonen erschossen (www.spiegel.de, Terroristen töten Dutzende Menschen, v. 06.08.2017; vgl. auch kurier.at, Ein Feind eint Kabul und die Taliban, v. 09.08.2017); 235 Geiseln wurden zwischenzeitlich wieder freigelassen (www.zeit.de, Taliban lassen nach Angriff auf Dorf in Afghanistan 235 Geiseln frei, v. 09.08.2017). In Nangarhar wurden bei einem Luftangriff auf ein Gebiet des IS bis zu sechzehn Zivilisten getötet (www.n-tv.de, Tote Zivilisten bei Luftschlag gegen IS in Ostafghanistan, v. 11.08.2017).
Anschlagsziele sind in erster Linie Regierungsinstitutionen und internationale Einrichtungen, dennoch kommt es (auch) zu Opfern unter der Zivilbevölkerung (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 6. Juni 2016 zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, S. 4; vgl. auch Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, v. 19.06.2017, S. 3), wenn auch die Taliban in der Erklärung zur Frühlingsoffensive 2015 angegeben haben, solche reduzieren zu wollen (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 39 Fn. 209). Im Jahr 2015 wurden 1.335 Zivilpersonen durch gezielte Tötungen bzw. Tötungsversuche verletzt oder getötet (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 38). Zwischen Februar und Mai 2016 gingen die gezielten Tötungen um 37 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zurück (ecoi.net-Themendossier: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul v. 30.09.2016). In der Erklärung der Taliban vom 12. April 2016 zum Ausruf der jährlichen Offensive sprachen sie anders als in vergangenen Jahren keine expliziten Drohungen mehr gegen zivile Regierungsbeamte aus (ecoi.net-Themendossier: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul v. 30.09.2016). Die Taliban reklamieren allerdings 16 Angriffe im Jahr 2016 auf Justizmitarbeiter, Anwälte und Gerichte (www.handelsblatt.com, Mindestens 22 Tote bei Anschlag vor Gericht in Kabul, v. 07.02.2017). Die Taliban haben ihre Taktik auf großangelegte Angriffe insbesondere in städtischen Gebieten umgestellt (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 3; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, v. 19.06.2017, S. 1). Dennoch sollen im Jahr 2016 mindestens 2.100 Zivilisten durch versteckte Bomben getötet oder verletzt worden sein (www.deutschlandfunk.de, Versteckter Sprengsatz tötet Zivilisten, v. 05.07.2016). Anschläge des IS zielen zudem auch immer wieder direkt auf die Zivilbevölkerung ab (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, v. 19.06.2017, S. 3). Am 22. September 2016 vereinbarte die afghanische Regierung mit der Mujahedin-Rebellengruppe Hezb-e Islami ein Friedensabkommen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Unterzeichnetes Friedensabkommen mit Gulbuddin Hekmatyar Anführer der großen Mujahedin-Rebellengruppe Hezb-e Islami, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 05.10.2016; vgl. auch www.taz.de, „Schlächter von Kabul“ findet Frieden, v. 05.02.2017). Ihr Anführer Hekmatyar hielt im April 2017 in der östlichen Provinz Laghman vor Anhängern erstmals seit 2001 eine Rede und rief vor allem die aufständischen Taliban auf, den Krieg gegen die Regierung zu beenden (www.focus.de, Afghanistan begrüßt Rückkehr des "Schlächters von Kabul", v. 29.04.2017). In der Mitteilung der Taliban zur Frühlingsoffensive 2017 kündigten sie an, ihre Angriffe auf afghanische und ausländische Truppen verstärken zu wollen (deutsch.rt.com, Taliban kündigen Frühlingsoffensive in Afghanistan an, v. 28.04.2017). In Einzelfällen kommt es auch zu Bedrohungen von Regierungs- und Behördenmitarbeiter, Menschenrechtsanwälten, Mitarbeitern ausländischer Organisationen und Journalisten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 5). Auch Würdenträger, Stammesälteste und Religionsgelehrte sind Ziel von Anschlägen der gewaltbereiten Opposition (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 7). 13 % aller Anschläge gegen Zivilpersonen richten sich gegen Zivilisten, die für die afghanische Regierung oder internationale Organisation arbeiten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 20). Anfang März 2017 riefen die Taliban ihre Kämpfer allerdings dazu auf, Entwicklungshelfern die notwendige Sicherheit zu bieten, nachdem sie bereits auch schon im November 2016 Schutz für Entwicklungshilfeprogramme versprochen hatten (www.handelsblatt.de, Taliban bitten um Hilfe für Afghanen, v. 06.03.2017). In einer weiteren von den Taliban im Internet veröffentlichten Erklärung heißt es, dass die Sicherheit von Mitarbeitern internationaler Hilfsorganisationen garantiert werde (www.deutschlandfunk.de, Taliban rufen zu internationaler Hilfe auf, v. 05.04.2017). Die Zahl der Mordanschläge ist im Zeitraum Mitte Mai bis Mitte August 2016 um 6,2 % gegenüber dem Vorjahr zurück gegangen, wenngleich sich die sicherheitsrelevanten Vorfälle um 4,7 % erhöht haben (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Im vierten Quartal 2016 wurden 183 Mordanschläge registriert, was einen Rückgang von 32 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2015 zum Ausdruck bringt; auch die Zahl der Entführungen hat mit 99 gegenüber dem Vorjahr (109) abgenommen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Ende Dezember 2016 wurden mehrere Entführer in Herat zum Tode verurteilt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Anfang Januar 2017 entführten Taliban in Kandahar zehn Arbeiter (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017) und Mitte Januar wurden im Osten Afghanistans durch mutmaßliche Anhänger des Islamischen Staates 13 Lehrer einer Religionsschule entführt (www.salzburg.com, IS verschleppt 13 Lehrer im Osten Afghanistans, v. 15.01.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 16.01.2017). Mitte Januar 2017 wurden in Kunduz ein Richter des Militärgerichts und in Parwan ein Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums entführt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 23.01.2017). Ein entführter Straßenarbeiter wurde Anfang Februar 2017 in Nimrus getötet (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 06.02.2017). Zwei Ärzte wurden in Badghis entführt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 06.02.2017). Mitte Februar entführten Taliban 52 Bauern, um Lösegeld zu erpressen (www.merkur.de, Afghanistan: Zehn Tote bei Gefechten mit Taliban, v. 15.02.2017). Ende Februar wurden in Logar fünf Mitarbeiter einer Straßenbaufirma entführt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 27.02.2017). Anfang März konnten 28 Zivilpersonen und vier Sicherheitskräfte in Helmand aus der Gefangenschaft der Taliban befreit werden (www.tagesspiegel.de, Schwere Explosion in Kabul, v. 13.03.2017). Am 28. April entführten Taliban sieben Reisende in Herat (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 08.05.2017). Im Mai 2017 konnten in Helmand elf Menschen aus der Gefangenschaft der Taliban befreit werden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 29.05.2017). In der Provinz Kandahar wurden im Juli 2017 70 Bewohner eines Dorfes entführt, die später teilweise getötet oder wieder freigelassen wurden (www.zeit.de, 70 Dorfbewohner in Afghanistan entführt - sieben von ihnen später getötet, v. 22. Juli 2017). Zudem kommt es immer wieder zu Exekutionen durch nicht-staatliche Akteure, vor allem auch durch Aufständische, die sich auf traditionelles Recht berufen und die Vollstreckung der Todesstrafe mit dem Islam legitimieren, für ein aus ihrer Sicht fehlerhaftes Verhalten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 20). So richteten Taliban am 19. Dezember 2016 eine Frau hin, weil sie nach dem Weggang ihres Mannes in den Iran einen anderen Mann geheiratet hatte und sich ihr früherer Ehemann an die Taliban gewandt hatte (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 19.12.2016). Im ersten Halbjahr 2016 wurden durch die UNAMA 26 Fälle dokumentiert, vor allem in den Provinzen Farah und Badghis (Amnesty Report 2017 Afghanistan, S. 4), die Vereinten Nationen dokumentierten im Jahr 2016 41 Bestrafungsaktionen, bei denen 38 Menschen starben (www.spiegel.de, Taliban hacken vermeintlichem Dieb Hand und Fuß ab, v. 14.03.2017). Anfang des Jahres 2017 wurden sechs Männer in Ghazni durch die Taliban für Diebstahl bzw. Ehebruch mit Peitschenhieben bestraft (www.spiegel.de, 39 Peitschenhiebe - Taliban bestrafen mehrere Männer v. 03.01.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Auch gibt es Berichte über Gefängnisse von Aufständischen in der Provinz Kunduz (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Im Februar 2017 wurde im Osten Afghanistans ein junges Paar wegen einer außerehelichen Beziehung getötet (www.zeit.de, Wütende Menge tötet junges Paar in Afghanistan wegen außerehelicher Beziehung, v. 12.02.2017). Im März hackten die Taliban einem vermeintlichen Dieb eine Hand und einen Fuß ab (www.spiegel.de, Taliban hacken vermeintlichem Dieb Hand und Fuß ab, v. 14.03.2017). Im Juni 2017 sollen Kämpfer des IS zehn Taliban enthauptet haben (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 03.07.2017). Im Juli 2017 enthaupteten Taliban im Distrikt Azra der Provinz Logar einen Stammesältesten und schnitten ihm Hände, Nase und Ohren ab (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 10.07.2017) und der IS einen Stammesältesten in der Provinz Sar-e Pul (www.merkur.de, Für Hexerei enthauptet - Islamisten töten Mullah, v. 27.07.2017).
In der Zentralregion Afghanistans, die neben Kabul (Einwohnerzahl ca. 4,5 Millionen, jeweils nach dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 02.03.2017, aktualisiert am 11.05.2017, S. 29 f., 62, 75, 82, 84, 98) die Provinzen Parwan (Einwohnerzahl ca. 675.000), Kapisa (Einwohnerzahl ca. 448.000), Logar (Einwohnerzahl ca. 398.000), Panjshir (Einwohnerzahl ca. 156.000) und (Maidan) Wardak (Einwohnerzahl ca. 606.000) umfasst (vgl. UNAMA, Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, v. Februar 2017, S. 2; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 61; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 12) und in der insgesamt ca. 6,7 Millionen Einwohner leben, wurden im Jahr 2016 von der UNAMA 2.348 verletzte oder getötete Zivilpersonen gezählt (UNAMA, Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, v. Februar 2017, S. 21). Bei einer Verdreifachung der Anzahl der durch die UNAMA registrierten verletzten und getöteten Zivilpersonen aufgrund einer hohen Dunkelziffer (vgl. hierzu Nds. OVG, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 65) ergibt sich daraus eine Wahrscheinlichkeit als Zivilperson binnen eines Jahres verletzt oder getötet zu werden von 1:951.
In der Provinz Kapisa wurden im Zeitraum von September 2015 bis Mai 2016 126 (Januar bis Ende August 2015 118) sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 02.03.2017, aktualisiert am 27.06.2017, S. 69 und vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 57 f.). Dort ist ein flächendeckender Zugriff der Sicherheitskräfte gewährleistet; auch gelang es der Regierung nach 13 Jahren, die Kontrolle über die dortigen Mineralvorkommen zu erlangen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 02.03.2017, aktualisiert am 27.06.2017, S. 69). So erschossen die Sicherheitskräfte im August 2017 etwa zwei Selbstmordattentäter, die versuchten, einen Konvoi anzugreifen (www.khamma.com, Two suicide bombers shot dead by Afghan forces in Kapisa province, v. 08.08.2017). Auch konnte ein Anschlag auf eine Universität verhindert werden (www.khaama.com, Afghan forces foil a deadly attack plot on a university in Kapisa province, v. 10.08.2017). Bereits im Juni 2017 konnte ein Schatten-Gouverneur der Taliban bei einem Luftschlag getötet werden (www.tolonews.com, Taliban Shadow Governor for Kapisa Killed in Airstrike, v. 04.06.2017). Dabei übersieht das Gericht nicht, dass es immer wieder auch zu erfolgreichen Angriffen regierungsfeindlicher Kräfte kommt und auch weiter kommen wird. So kam es etwa im Juni 2017 zu einem mehrstündigen Feuergefecht (www.pajhwok.com, Nearly a dozen Taliban perish in Kapisa gun-battle, v. 13.06.2017), im Mai starben zwei Kinder durch eine Explosion einer Straßenmine (www.tolonews.com, Two Children Killed in Kapisa Roadside Mine Blast, v. 17.05.2017). In der Zentralregion ist insbesondere aufgrund der schweren Anschläge in der Stadt Kabul im Jahr 2016 die Zahl ziviler Verletzter und Toter um 34 % gegenüber dem Vorjahr angewachsen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, v. 19.06.2017, S. 2). Im ersten Halbjahr 2017 wurden in der Provinz Kapisa 16 getötete und 43 verletzte Zivilpersonen bzw. 63 zivile Opfer registriert, was einer Steigerung um 110 % entspricht (UNAMA, Afghanistan Midyear Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2017, v. Juli 2017, Annex III). Daraus folgt für die Provinz Kapisa für Zivilpersonen (bei Berücksichtigung einer Dunkelziffer und hochgerechnet auf ein Jahr) eine Wahrscheinlichkeit binnen eines Jahres verletzt oder getötet zu werden von 1 : 1.185 bzw. 0,084 %.
Nach und trotz alledem ist es angesichts der Bevölkerungszahl auf der einen und den verletzten und getöteten Zivilpersonen auf der anderen Seite für eine Zivilperson in Kapisa nicht beachtlich wahrscheinlich, aufgrund eines sicherheitsrelevanten Vorfalls verletzt oder getötet zu werden (so auch VG Karlsruhe, Urt. v. 06.04.2017 - A 2 K 6647/16 -, juris Rn. 61 ff.).
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG (dazu a)) oder § 60 Abs. 7 AufenthG (dazu b)).
a) § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene dadurch tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung aus-gesetzt zu werden (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 12 m.w.N.). Insoweit sind die Verhältnisse im Abschiebungszielstaat landesweit in den Blick zu nehmen (Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.). Ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) von den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls ab, wie etwa der Art und dem Kontext der Fehlbehandlung, der Dauer, den körperlichen und geistigen Auswirkungen, sowie - in einigen Fällen - vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils m.w.N.). Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten allerdings nicht, Unterschiede in der medizinischen Versorgung oder soziale und wirtschaftliche Unterschiede durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen, da die Konventionsstaaten hierdurch übermäßig belastet würden (EGMR, Urt. v. 27.05.2008 - 26565/05 N./Vereinigtes Königreich -, NVwZ 2008, 1334 ff. [EGMR 27.05.2008 - EGMR (Große Kammer) Nr. 26565/05], Rn. 44). Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (Nds. OVG, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 26).
Grundsätzlich schützt Art. 3 EMRK vor den dort genannten Behandlungsweisen durch vorsätzlich vorgenommene Maßnahmen der öffentlichen Gewalt des Empfangsstaates oder nichtstaatlicher Organisationen in diesem Staat, sofern die Behörden außerstande sind, dem Betroffenen einen angemessenen Schutz zu gewähren; wegen der grundlegenden Bedeutung des Art. 3 EMRK wendet der EGMR ihn wegen des absoluten Charakters des Schutzes aber auch dann an, wenn die Gefahr einer verbotenen Behandlung im Abschiebungszielstaat von Faktoren herrührt, die weder unmittelbar noch mittelbar die Verantwortung der staatlichen Behörden dieses Staates auslöst (EGMR (Große Kammer), Urt. v. 27.05.2008 - 26565/05 N./Vereinigtes Königreich -, NVwZ 2008, 1334 [1335] [EGMR 27.05.2008 - EGMR (Große Kammer) Nr. 26565/05]; EGMR, Urt. v. 02.05.1997 - 146/1996/767/964 -, NVwZ 1998, 161 [162]). In der Rechtsprechung des EGMR gilt die ohnehin für Art. 3 EMRK bestehende hohe Schwelle in diesem Fall (keine Verantwortung des Staates) insbesonders (vgl. EGMR, Urt. v. 13. 10. 2011 - 10611/09 (Husseini/Schweden) -, NJOZ, 2012, 952 [954]). Im Rahmen des durch das AsylG und das AufenthG vermittelten Abschiebungsschutzes wird der vom EGMR insoweit über die Anwendung des Art. 3 EMRK auch ohne Verantwortung des Staates bzw. ohne Handeln eines bestimmten Akteurs angenommene Schutz bereits - jedenfalls für Krankheiten - ausreichend durch § 60 Abs. 7 AufenthG vermittelt, zumal im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG die gleichen Anforderungen an die Substantiierungspflicht zu stellen sind. Dies gilt hingegen nicht bei den allgemeinen Lebensbedingungen, da dort - jedenfalls soweit diese als allgemeine Gefahr zu werten sind - wegen § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG bei Abs. 7 und Abs. 5 unterschiedliche (Prognose-)Maßstäbe gelten (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20). Nach beiden Absätzen ist ein Abschiebungsverbot im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation allerdings nicht gegeben, wenn der Rückkehrer durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und sich damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren kann (BVerwG, Urteil v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 39 (zu § 60 Abs. 7 AufenthG); BVerwG, Beschl. v. 25.10.2012 - 10 B 16.12 -, BeckRS 2012, 59390 Rn. 10 (zu Art. 3 EMRK)).
aa) Ein Abschiebungsverbot aufgrund einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK) infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK nur in Fällen ganz extremer allgemeiner Gewalt in Betracht, wenn eine tatsächliche Gefahr einer Fehlbehandlung infolge des bloßen Umstands der Anwesenheit im Zielstaat besteht (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn 56 m.w.N.; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.). Nach der Rechtsprechung des EGMR ist die allgemeine Lage in Afghanistan nicht als so ernst anzusehen, dass eine Abschiebung dorthin ohne Weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellt (vgl. etwa EGMR, Urt. v. 12.01.2016 - 13442/08 (A.G.R./Niederlande), NVwZ 2017 293 [295]; vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn 57 f. für Kabul folgend; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; jeweils m.w.N.). Dem folgt das Gericht, insbesondere auch unter Bezugnahme auf die obigen Ausführungen zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnismittel ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die Gefahrenlage im Jahr 2016 und bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in einer für ein Abschiebungsverbot relevanten Weise verändert hätte (vgl. auch Bay. VGH, Beschl. v. 06.03.2017 - 13a ZB 17.30099 -, juris Rn. 11 f.; Beschl. v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 -, juris Rn. 7 f.).
bb) Auch die allgemeine humanitäre Lage in Afghanistan begründet kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK.
Sozialwirtschaftliche und humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat haben weder notwendig noch einen ausschlaggebenden Einfluss auf die Frage, ob eine Person Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden, weil Art. 3 EMRK hauptsächlich dem Schutz bürgerlicher und politischer Rechte dient (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.). Eine erhebliche Beeinträchtigung der (humanitären) Lage des Betroffenen im Herkunftsland - einschließlich seiner Lebenserwartung - im Falle seiner Rückkehr ist für einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK nicht ausreichend, sofern nicht in ganz außergewöhnlichen Fällen ausnahmsweise besondere humanitäre Gründe zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung im Konventionsstaat sprechen (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 23, 25 m.w.N.; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.; Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v. m.w.N.). Die Annahme einer unmenschlichen Behandlung allein durch die humanitäre Lage und die allgemeinen Lebensbedingungen setzt ein sehr hohes Gefährdungsniveau voraus (Bay. VGH, Beschl. vom 30.09.2015 - 13a ZB 15.30063 -, juris Rn. 5), das nur unter strengen Voraussetzungen erreicht wird (OVG NRW, Beschl. v. 13.05.2015 - 14 B 525/15.A -, juris Rn. 15, 13 (monatelange Obdachlosigkeit ohne Zugang zu jeder Versorgung). Ein anderer Maßstab kommt allerdings (und nur) dann in Betracht, wenn die im Zielstaat bestehenden schlechten humanitären Bedingungen nicht maßgebend auf fehlende staatliche Ressourcen für eine staatliche Fürsorge zurückzuführen sind, sondern auf direkte oder indirekte Handlungen oder Unterlassungen der dortigen Konfliktparteien (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.). Grundsätzlich ist bei der Prüfung des Abschiebungsverbotes auf den gesamten Abschiebungszielstaat abzustellen, ausgehend vom dem Ort, an dem die Abschiebung endet (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 26 m.w.N.; für Afghanistan verneint EGMR, Urt. v. 13.10.2011 - 10611/09 (Husseini/Schweden) - NJOZ 2012, 952 [953] Rn. 84; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.).
Unter Zugrundelegung der vorgenannten strengen Maßstäbe sind unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel keine ernsthaften und stichhaltigen Gründe dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Kläger bei seiner Abschiebung nach Afghanistan landesweit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris) Gefahr liefe, aufgrund der dortigen allgemeinen Lebensbedingungen einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden und die einer Abschiebung nach Afghanistan ausnahmsweise entgegenstehen würden.
Afghanistan ist trotz internationaler Unterstützung und erheblicher Anstrengungen der afghanischen Regierung eines der ärmsten Länder der Welt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.09.2016, S. 24) und das ärmste Land der Region (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31). Der Kreditversicherer Coface hat (wohl für den Zeitraum bis einschließlich das Jahr 2015) Afghanistan als das Land mit dem höchsten politischen Risiko weltweit eingestuft (www.finanznachrichten.de, Von Afghanistan bis Island / Kreditversicherer Coface betrachtet politische Risiken in 159 Ländern, v. 03.04.2017). Das rapide Bevölkerungswachstum stellt eine weitere Herausforderung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes dar (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). Rund 36 % der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze, mit einem eklatanten Gefälle zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten Afghanistans: Außerhalb der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte fehlt es vielerorts an grundlegender Infrastruktur für Energie, Trinkwasser und Transport (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). 30 % der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, 6,3 % sind von ernsthafter Lebensmittelunsicherheit betroffen und 9,1 % der Kinder sterben vor ihrem fünften Geburtstag (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31; vgl. auch Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 13), wobei in letzterem eine Verbesserung zu sehen ist (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). Für das Jahr 2017 wird erwartet, dass 9,3 Millionen Afghanen von humanitärer Hilfe abhängig sein werden (Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 74). Die Arbeitslosenquote betrug im Oktober 2015 40 % (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 22), teilweise wird sie auf bis zu 50 % geschätzt (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris). Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt 82 % (Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 74). Auch der Abzug der internationalen Streitkräfte hat sich negativ auf die Nachfrage und damit die Wirtschaft ausgewirkt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 24; Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). Eine staatliche finanzielle Unterstützung findet bei Arbeitslosigkeit nicht statt; freie Stellen können über das Internet recherchiert werden (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 2). Landwirtschaft ist mit 60 bis 70 %, je nach Region, der größte Beschäftigungsfaktor (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 2). Darüber hinaus findet eine Beschäftigung vor allem in Familien- und Kleinbetrieben (Einzelhandel) und im Bauwesen statt, gefolgt vom öffentlichen Sektor und dem industriellen (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 2). Die Quote der Analphabeten ist hoch und die Anzahl der Fachkräfte gering (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 24). Die Alphabetisierungsrate bei den über 15-jährigen betrug im Jahr 2015 38 % (Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 79). Qualifiziertes, vor allem höherqualifiziertes, Personal wird gesucht (vgl. Dr. L, Gutachterliche Stellungnahme an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz v. 08.06.2011, S. 6 f.). Das Wirtschaftswachstum betrug im Jahr 2015 0,8 %, in 2016 voraussichtlich 1,2 % und für 2017 werden im besten Fall 1,7 % erwartet (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 5). Im Jahr 2012 hatte es noch 14,4 % betragen (Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 74). Grundsätzlich haben Menschen, die in Afghanistan gearbeitet haben, Zugang zu Rentenzahlungen (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 3). Rückkehrer sehen sich, wie auch viele andere Afghanen, mit unzureichenden wirtschaftlichen Perspektiven und geringen Arbeitsmarktchancen konfrontiert, insbesondere wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit aus dem Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 5). Viele von ihnen zieht es daher nach Kabul, wo die Einwohnerzahl zwischen den Jahren 2005 und 2015 um 10 % gestiegen ist (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 27, 28; Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 75 f.: Anstieg von 500.000 im Jahr 2001 auf 5 bis 7 Millionen). Das durchschnittliche Monatseinkommen beträgt in Afghanistan 80 bis 120 USD (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 2), bei monatlichen Kosten (Miete, Lebenshaltung) von ca. 950 bis 1.350 USD bzw. ca. 230 bis 390 USD (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 11 unter Verweis auf die sich widersprechenden Angaben des Bundesamtes). Naturkatastrophen und extreme Natureinflüsse im Norden tragen zur schlechten Versorgung der Bevölkerung bei (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). Im Süden und Osten gelten nahezu ein Drittel aller Kinder als akut unterernährt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 24). Nach Berechnungen der Vereinten Nationen sind in Afghanistan insgesamt eine Millionen Kinder unterernährt (deutsch.rt.com, Vereinte Nationen: Afghanistan auf dem Weg in eine humanitäre Katastrophe, v. 24.01.2017). Im Winter 2016 / 2017 starben in einer Provinz im Norden Afghanistans 27 Kinder unter fünf Jahren aufgrund der Wetterbedingungen (www.zeit.de, 27 Kinder sterben wegen strengen Winterwetters in Afghanistan, v. 26.01.2017). Das Rote Kreuz hat im Februar 2017 seine Arbeit ausgesetzt, nachdem sechs Mitarbeiter erschossen wurden (www.tagesschau.de, Rotes Kreuz setzt Arbeit in Afghanistan aus, v. 09.02.2017). Zwar weist Afghanistan Bodenschätze auf, eine staatliche Förderung findet derzeit allerdings nur eingeschränkt statt; die größten Lithium-Vorkommen gibt es etwa in Ghazni, Herat und Nimrus (vgl. www.20min.ch, Afghanistan wirbt um Trumps Unterstützung, v. 10.04.2017). Die humanitäre Situation ist weiterhin als schwierig anzusehen, insbesondere stellt neben der Versorgung von hunderttausenden Rückkehrern und Binnenvertriebenen vor allem die chronische Unterversorgung in Konfliktgebieten das Land vor große Herausforderungen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 6). Die Anzahl der konflikt-induzierten Binnenflüchtlinge betrug im Jahr 2016 zwischen 1,1 und 1,2 Millionen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). Aufgrund der Kämpfe in der Region um die Provinz Kunduz im Mai 2017 fliehen viele Zivilpersonen nach Kunduz City (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 08.05.2017). Die Zahl der Binnenflüchtlinge ging im Jahr 2017 gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr um 36 % zurück (www.handelszeitung.ch, Dreimal so viele Luftangriffe in Afghanistan, v. 29.05.2017); bis Anfang Juli waren in Afghanistan 150.000 Menschen aus ihren Heimatorten geflohen (www.dw.com, Immer mehr Binnenflüchtlinge in Afghanistan, v. 11.07.2017). Die pakistanische Regierung hatte den in Pakistan aufhältigen afghanischen Flüchtlingen eine Frist zur Rückkehr bis März 2017 gesetzt; im Jahr 2016 sind mehr als 600.000 Personen zurückgekehrt, insbesondere in der zweiten Jahreshälfte und über Nangarhar (Kurzinformation der Staatendokumentation Pakistan / Afghanistan - Rückkehr afghanischer Flüchtlinge nach Afghanistan v. 07.12.2016, S. 1, 2). Dieser Termin wurde zwischenzeitlich vertagt (Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 75). Rund 2,4 Millionen afghanische Flüchtlinge leben in Pakistan (Kurzinformation der Staatendokumentation Pakistan / Afghanistan - Rückkehr afghanischer Flüchtlinge nach Afghanistan v. 07.12.2016, S. 2; Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 75: 1,6 Millionen) bzw. 2,6 Millionen Flüchtlinge im Ausland (Amnesty Report 2017 Afghanistan, S. 1, 3). Der UNHCR nahm am 1. April 2017 das Programm zur Rückkehrunterstüzung von afghanischen Flüchtlingen aus Pakistan wieder auf, die finanzielle Unterstützung wurde von 400 auf 200 USD verringert (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 03.04.2017). Im Iran erließ das Geistliche Oberhaupt im Jahr 2015 ein Gesetz, welches allen afghanischen Kindern, mit und ohne offizielle Papiere, erlaubt, die Schule zu besuchen (deutsch.rt.com, UNO lobt iranische Flüchtlingspolitik: Millionen Menschen Zuflucht geboten, v. 20.03.2017). Im Jahr 2016 sind trotz der Schwierigkeiten für Afghanen im Iran nur 2.426 Menschen in ihre afghanische Heimat zurückgekehrt (deutsch.rt.com, UNO lobt iranische Flüchtlingspolitik: Millionen Menschen Zuflucht geboten, v. 20.03.2017). Aus der EU sind im Jahr 2016 7.000 Afghanen in ihr Heimatland zurückgekehrt, gegenüber 1.400 im Jahr 2015 (www.tt.com, Organisation für Migration und EU helfen Rückkehrern in Afghanistan, v. 14.03.2017). Aus Deutschland reisten im Jahr 2016 mit 3.200 Personen zehnmal mehr Menschen freiwillig nach Afghanistan zurück, als im Vorjahr (www.spiegel.de, Rund 55.000 Asylbewerber verlassen Deutschland freiwillig v. 28.12.2016), die Zahl der Familien stieg von 22 auf 356 (www.faz.net, IOM warnt vor Abschiebungen nach Afghanistan, v. 22.02.2017). Im Jahr 2015 waren es 309, im Jahr 2014 101; in den ersten fünf Monaten des Jahres 2017 kehrten 670 afghanische Staatsangehörige über ein stattliches Förderprogramm in ihre Heimat zurück (www.focus.de, Abschiebe-Argument entkräftet? Zahl freiwilliger Rückreisen nach Afghanistan sinkt, v. 11.07.2017). Mit Stand September 2016 waren insgesamt 246.954 afghanische Staatsangehörige in Deutschland aufhältig, davon 12.539 ausreisepflichtig (BT-Drs. 18/10336, 18. Wahlperiode, v. 16.11.2016, Frage Nr. 40, Nr. 6). Für das Jahr 2017 erwartet die internationale humanitäre Gemeinschaft 450.000 neu in die Flucht getriebene Menschen im afghanischen Inland und die UNHCR 650.000 Rückkehrer aus den umliegenden Ländern (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 4). Die Rückkehrer siedeln sich vor allem in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Kunduz, Logar und Baghlan an (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 24). Viele Binnenvertriebene haben familiäre Verbindungen nach Kabul (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 7). Die Aufnahmekapazität Kabuls ist aufgrund begrenzter Möglichkeiten der Existenzsicherung, Marktliquidität, der fehlenden Verfügbarkeit angemessener Unterbringungsmöglichkeiten sowie des mangelnden Zugangs zu grundlegenden Versorgungsleistungen, insbesondere im Gesundheits- und Bildungswesen, sowie im Dienstleistungsbereich äußerst eingeschränkt (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 7). Auch in Herat hält sich eine große Zahl von Binnenvertriebenen auf, die sich mit einer erheblichen politischen Opposition und allgemeinen Ressentiments konfrontiert sehen (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 8). Nach dem IOM entscheide sich die größte Zahl der Rückkehrer für Herat, einige die vorher im Iran gelebt hätten wohl auch, um von dort aus wieder in den Iran zurückzukehren (www.faz.net, IOM warnt vor Abschiebungen nach Afghanistan, v. 22.02.2017). Die UN will weitere finanzielle Hilfe leisten (Kurzinformation der Staatendokumentation Pakistan / Afghanistan - Rückkehr afghanischer Flüchtlinge nach Afghanistan v. 07.12.2016, S. 3). Bereits in den Jahren 2013 und 2014 sollen 73,8 % der städtischen Bevölkerung in Slums gelebt haben (vgl. Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 76 f.).
Staatliche Maßnahmen zur Integration oder Neuansiedlung haben jedoch bereits positive Ergebnisse gezeigt, sind allerdings auch weiter erforderlich (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 8). Die Regierung hat sich ehrgeizige Ziele gesteckt und plant unter anderem durch ein Stimulus-Paket Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 24; Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 22). Afghanistan befindet sich in einem langwierigen Wiederaufbauprozess (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 4). Die internationale Gemeinschaft unterstützt die afghanische Regierung maßgeblich dabei, die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 22). Mehr als 95 % des afghanischen Budgets stammten auch im Jahre 2016 von der internationalen Staatengemeinschaft (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 2). Die internationale Gemeinschaft wird auch ihr ziviles Engagement fortsetzen und Deutschland wird den Wiederaufbau im Jahr 2017 mit 430 Millionen Euro unterstützen (www.bundesregierung.de, Deutsche Soldaten weiter in Afghanistan v. 16.11.2016). Auch wurde ein Beschäftigungsprogramm unter anderem für den Bau von Straßen und Schulen in ländlichen Regionen auf den Weg gebracht (www.stern.de, Deutschland will Afghanistan mit 240 Millionen Euro unterstützen, v. 10.03.2017). Für die Jahre 2017 bis 2021 versprachen mehr als 70 Länder insgesamt 13,6 Milliarden Euro finanzielle Unterstützung (Amnesty Report 2017 Afghanistan, S. 1). Zum Jahresende 2014 hat das Jahrzehnt der Transformation (2015‐2024) begonnen, in dem Afghanistan sich mit weiterhin umfangreicher internationaler Unterstützung zu einem voll funktionsfähigen und fiskalisch lebensfähigen Staat im Dienst seiner Bürgerinnen und Bürger entwickeln soll, wofür Afghanistan verstärkte eigene Anstrengungen zugesagt hat (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 4). Im Mai 2016 startete das Projekt „Casa 1000“, mit dem eine Stromleitung von Tajikistan auch nach Afghanistan errichtet und ab 2019 dem Energiemangel begegnet werden soll (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 25). Auch soll Afghanistan eine Flugfrachtverbindung nach Indien erhalten (www.aerotelegraph.com, Afghanistan bekommt Frachtverbindung nach Indien, v. 06.01.2017). Von Kabul aus soll in ganz Afghanistan ein 4G/LTE-Mobilfunknetz geschaffen werden, wozu die Afghan Wireless Communication Compay 400 Millionen US-Dollar investiert (www.finanzen.net, Afghan Wireless startet Afghanistans erstes 4G/LTE-Kommunikationsnetz, v. 05.05.2017). Das Verelendungsrisiko einzelner Bevölkerungsgruppen in Afghanistan weicht stark voneinander ab, für alleinstehende Personen bewegte es sich bis zum Jahr 2007 lediglich im Bereich zwischen 10 und 15 %; das Armutsrisiko stieg bei einer Haushaltsgröße von drei Personen (11 %) bis zu einer Haushaltsgröße von neun Personen (über 40 %) kontinuierlich und lag bei einer Haushaltsgröße von 15 Personen sogar bei über 45 % (OVG NRW, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 48). In Dschalalabad wird eine Teppichknüpferinnenschule gebaut, die Witwen und alleinstehenden Frauen ab April 2017 die Möglichkeit geben soll, ihren Lebensunterhalt zu verdienen (www.badische-zeitung.de, Eine neue Chance für 120 Frauen, v. 31.03.2017). Nachdem im Jahr 2011 nur 7,5 % der Bevölkerung über eine adäquate Wasserversorgung verfügten, haben im Jahr 2016 46 % Zugang zu Trinkwasser (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 25; vgl. auch UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31). Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat seit 2002 in Afghanistan über 700 Trinkwassersysteme gebaut (www.giz.de, Afghanistan: Unter einem Dach, v. 04.04.2017). Anfang Juni 2017 wurde die Mehrzahl der Mitarbeiter der GIZ aufgrund der Sicherheitslage aus Afghanistan ausgeflogen (www.deutschlandfunk.de, Deutsche Entwicklungshelfer ausgeflogen, v. 03.06.2017). Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen bereits Fortschritte gemacht, die allerdings nach wie vor nicht alle Landesteile erreichen und außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern nur schwer durchzusetzen sind (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 5). Die Situation der Kinder hat sich in den vergangenen Jahren verbessert, so werden mittlerweile rund zwei Drittel aller Kinder eingeschult; der Anteil der Mädchen beträgt mittlerweile 37,5 %, nachdem sie unter der Taliban-Herrschaft fast vollständig vom Bildungssystem ausgeschlossen waren (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 12). Nach inoffiziellen Abmachungen zwischen dem afghanischen Staat und den Taliban, akzeptieren diese seit 2014 prinzipiell auch Mädchenschulen bis zur sechsten Klasse (www.taz.de, Kurioses aus Afghanistan: Die Taliban entdecken ihre grüne Ader, v. 26.02.2017). Die Organisation Kinderhilfe Afghanistan hat im Osten Afghanistans im Paschtunen Gebiet und Heimat der Taliban in Absprache und mit Einverständnis der jeweiligen Mullahs 30 Haupt-, Ober- und Berufsschulen für ca. 60.000 Schüler, die meisten von ihnen Mädchen, gebaut sowie 15 Computerschulen; im Jahr 2014 wurde dort die erste Universität der Organisation eingeweiht (SZ, „Wir zahlen nie Schmiergeld“, v. 07.04.2017). Demgegenüber wurden im Jahr 2016 aber auch 1.000 Schulen aufgrund der Sicherheitslage geschlossen (ZAR 5-6/2017, Zur aktuellen Bedrohungslage der afghanischen Zivilbevölkerung im innerstaatlichen Konflikt, S. 193). Das Bildungswesen ist kostenfrei (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 3). Allerdings werden die Bildungsmöglichkeiten im Jahr 2017 durch die anhaltenden Kämpfe und die Rückkehr vieler Flüchtlinge aus Pakistan eingeschränkt (www.deutschlandfunk.de, Mehr als 400.000 Kinder können nicht mehr zur Schule gehen, v. 24.03.2017). Aufgrund der Idee einer Gruppe von afghanischen Unternehmensgründerinnen, die die Mädchenbildung in Afghanistan fördern, wurde ein Computer-Trainingsprogramm ins Leben gerufen und dreizehn Computer- und Programmierzentren in Kabul und Herat gegründet, wodurch bislang 55.000 Studentinnen online gebracht werden konnten (www.dw.com/de, Afghanische Mädchen durchbrechen Cyber-Grenzen, v. 19.04.2017). Auch die medizinische Versorgung hat sich seit 2005 erheblich verbessert, was auch zu einem deutlichen Anstieg der Lebenserwartung geführt hat (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 24, 25). Diese wurde im Jahr 2015 auf 53 Jahre bei Frauen und 50 Jahre bei Männern geschätzt (www.liportal.de, Afghanistan, Gesellschaft, Stand: Juli 2017). Dennoch besteht landesweit eine unzureichende Verfügbarkeit von Medikamenten, Ausstattung und Fachpersonal (vgl. auch Bay. VGH, Urt. v. 17.03.2016 - 13a B 16.30007 -, juris Rn. 18), wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). 36 % der Bevölkerung haben keinen Zugang zu einer medizinischen Grundversorgung (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31). Insbesondere in ländlichen und unsicheren Gebieten sowie unter Nomaden kommt es zu schlechten Gesundheitszuständen von Frauen und Kindern (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 25). Al Jazeera beschreibt im Jahr 2016 das afghanische Gesundheitssystem als eines der schlechtesten der Welt (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: 1) Existenzmöglichkeiten für minderjährige unbegleitete Hazara ohne berufliche Ausbildung und verwandtschaftliche Beziehungen; 2) Medizinische Versorgung, medikamentöse Versorgung (inkl. Kostenfaktor); 3) Versorgungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung, v. 21.11.2016, S. 6). Aufgrund der Fortschritte in der medizinischen Versorgung hat sich allerdings etwa die Müttersterblichkeit von 1,6 % auf 0,324 % gesenkt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). An dieser Reduzierung kommen allerdings zwischenzeitlich Zweifel auf (www.tt.com, Müttersterblichkeit in Afghanistan laut Bericht deutlich höher als angegeben, v. 31.01.2017). Staatliche Krankenhäuser bieten kostenfreie medizinische Versorgung (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 4; International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 1). In der Praxis müssen Patienten aber dennoch oft für Behandlungen und Medikamente aufkommen (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 5). Private Krankhäuser gibt es in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Masar-e Scharif, Herat und Kandahar (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 1). Eine staatliche Krankenversicherung gibt es nicht, private Gesundheitseinrichtungen seien für einheimische Patienten unerschwinglich (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 4). Chirurgische Eingriffe etwa oder spezielle Untersuchungen (wie etwa Computer Tomographie) werden nur an ausgewählten Orten geboten (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 18). Eine gute medizinische Versorgung auch komplizierterer Krankheiten bieten das French Medical Institute und das Deutsche Diagnostische Zentrum (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). Die Organisation Kinderhilfe Afghanistan hat im Osten Afghanistans Mutter-Kind-Kliniken sowie zwei Waisenhäuser gebaut (SZ, „Wir zahlen nie Schmiergeld“, v. 07.04.2017). Medikamente sind in öffentlichen Krankenhäusern mit kostenloser medizinischer Versorgung oft nicht verfügbar (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 4). Die Verfügbarkeit kostenloser Medikamente in öffentlichen Krankenhäusern ist aufgrund internationaler Finanzierung möglich und dementsprechend auch von ihr abhängig (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 7)). Medikamente sind allerdings auch auf (allen) Märkten (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 1) und in privaten Apotheken zu erwerben (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 4). So sind beispielsweise Sertralin (Antidepressivum), Flupentixol (Neuroleptikum) und Amitriptylin (Antidepressivum) in afghanischen Apotheken erhältlich (vgl. SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 6; vgl. zur Verfügbarkeit von Antidepressiva auch OVG NRW, Beschl. v. 05.09.2016 - 13 A 1697/16.A, juris Rn. 13 ff.). Die in Afghanistan erhältlichen Medikamente sind teuer, zudem oft gefälscht und von schlechter Qualität (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 4 f.; vgl. auch OVG NRW, Beschl. v. 05.09.2016 - 13 A 1697/16.A, juris Rn. 11). Eine Behandlung psychischer Erkrankungen findet nur unzureichend statt; in Kabul, Jalalabad, Herat und Masar-e Scharif gibt es entsprechende Einrichtungen mit meist wenigen Betten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23 f.). In Kabul gibt es etwa nur eine einzige staatliche psychiatrische Klinik mit 60 (Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 77) bzw. 100 Betten (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 8), das Kabul Mental Health and Drug Addicts Hospital (KMHH). Dort werden auch ambulante psychiatrische Behandlungen angeboten (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 8). Es ist das einzige staatliche Krankenhaus in Afghanistan, das spezialisierte Behandlungen für eine größere Zahl von Patientinnen und Patienten einschließlich medikamentöser Behandlung, Psychotherapie (Gruppen-, individuelle und kognitive Verhaltenstherapie), Ergotherapie sowie Beratungen anbietet (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 8). Durchschnittlich bietet es psychiatrische Behandlungen in Form von Operationalisierter Psychodynamischer Diagnostik (OPD) für 100 Patientinnen und Patienten pro Tag an (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 8). In Kabul gibt es aber ein weiteres staatliches Krankenhaus, das Ali Abad, welches auch psychiatrische Behandlungen anbietet, allerdings in kleinerem Rahmen als das KMHH (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 8). Diese beiden staatlichen Kliniken können den Bedarf an psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungen bei weitem nicht decken (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 8). Weitere staatliche Krankenhäuser in Afghanistan haben zwar eine psychiatrische Abteilung, allerdings stellen entsprechende Behandlungen dort keine Priorität dar (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 8). In Afghanistan mangelt es auch an ausgebildetem Personal, insbesondere auch Psychiatern, Sozialarbeitern und Psychologen (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 3). Nach den Angaben des afghanischen Gesundheitsministers Anfang April 2017 habe sein Ministerium allerdings jüngst 700 psychologische Berater und 101 spezialisierte Ärzte ausgebildet (derstandard.de, Afghanistan: Psychische Verwüstung, v. 10.04.2017). Dennoch gibt es in Kabul eine Reihe von lizenzierten Fachpersonen mit Spezialisierung im Bereich Psychiatrie, die psychiatrische Medikamente sowie ambulante psychotherapeutische Behandlungen in ihren Privatkliniken verschreiben (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 8). Die Kosten für eine Psychotherapie zur Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome in einer privaten Einrichtung belaufen sich dabei beispielsweise auf monatlich ungefähr 1000 AFN, was 14,04 EUR entspricht (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 8). Psychisch Erkrankte benötigen eine starke familiäre Unterstützung (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 1; vgl. auch Bay. VGH, Urt. v. 17.03.2016 - 13a B 16.30007 -, juris Rn. 18). Sie werden stigmatisiert und das Bewusstsein einer Behandlungsbedürftigkeit fehle; auch werde zum Teil auf abergläubische Praktiken zurückgegriffen (SFH, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, v. 05.04.2017, S. 3). In der nunmehr in Herat durch ein christliches Hilfswerk betriebenen Zahnklinik wurden im ersten Jahr mehr als 5.000 Erwachsene kostenlos behandelt, insbesondere auch Frauen und Kinder (www.presseportal.de, Neue Zahnklinik in Herat erreichte im ersten Jahr über 10.000 Menschen / Schulzahnarztprogramm ist das Herzstück - Kostenlose Behandlung für Arme, v. 11.05.2017). Dort ist auch der Aufbau eines Brustkrebszentrums geplant (sdp.fnp.de, Asklepios Klinik unterstützt Brustkrebs-Zentrum in Afghanistan; v. 10.08.2017). Das Nejat Center bietet Drogenkonsumenten und an AIDS erkrankten Personen innerhalb und außerhalb Kabuls Prävention, Behandlung und Betreuung, unter anderem mit stationären Betten, Notschlafstellen und ambulanten Behandlungsplätzen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche zu Afghanistan: Blutrache und Blutfehde, v. 07.06.2017, S. 8). Die Taliban behindern in bestimmten Regionen die medizinische Versorgung (m.faz.net, Taliban verbieten Polio-Impfungen, v. 14.07.2017; deutsch.rt.com, Eine der größten NGOs im Gesundheitssektor schließt ihr Büro in Afghanistan wegen Talibandrohungen, v. 28.07.2017). Gesundheitseinrichtungen sind auch immer wieder Ziel von Angriffen. So gebe es nach der UNO Mitte des Jahres 2017 durchschnittlich 13 Angriffe im Monat auf Kliniken; die Zahl habe sich gegenüber 2016 verdreifacht (kurier.at, UNO: Afghanistan für Helfer sehr gefährlich, v. 14.07.2017).
Rückkehrer aus Deutschland, deren Flüge grundsätzlich von einem Arzt begleitet werden (www.sozialticker.com, 700 Euro pro Person für tolle Maßnahmen in Afghanistan, v. 05.05.2017) werden in Kabul vom afghanischen Flüchtlingsministerium, von Mitarbeitern der Internationalen Organisation für Migration, von der gemeinnützigen humanitären Organisation für psychosoziale Betreuung und der Bundespolizei vor Ort in Empfang genommen und versorgt (Schreiben des Bundesministeriums des Innern v. 09.01.2017 an die Innenminister und -senatoren der Länder, S. 4). Das Rückkehrförderprogramm REAG/GARP sieht neben der Übernahme der Rückreisekosten eine Reisebeihilfe von 200 Euro und zusätzlich Startgeld in Höhe von 500 Euro je Person über zwölf Jahren vor (BT-Drs. 18/10336, 18. Wahlperiode 16.11.2016, Frage Nr. 34). Das Rückkehr- und Integrationsprojekt ERIN gewährt einen Service bei der Ankunft, Beratung und Begleitung zu behördlichen, medizinischen und caritativen Einrichtungen sowie berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche sowie Unterstützung bei der Existenzgründung (BT-Drs. 18/10336, 18. Wahlperiode 16.11.2016, Frage Nr. 34). Die Europäische Union unterstützt das Programm mit 18 Millionen Euro (www.tt.com, Organisation für Migration und EU helfen Rückkehrern in Afghanistan, v. 14.03.2017). Im Falle der freiwilligen Rückkehr ist eine Integrationshilfe von bis zu 2.000 Euro vorgesehen, bei einer Rückführung bis zu 700 Euro (BT-Drs. 18/10336, 18. Wahlperiode 16.11.2016, Frage Nr. 34). Einige Rückkehrer nutzen die Hilfen allerdings für ein erneutes Verlassen des Landes (www.focus.de, Schicksal von Arasch und Badam, v. 17.03.2017). Zudem bestehen wohl weiterhin Koordinierungsschwierigkeiten (Bay. VGH, Urt. v. 23.03.2017 - 13a B 17.30030 -, juris Rn. 24). Weiter ist auch geplant, den Rückkehrern Anschlussflüge zum gewünschten Zielort innerhalb Afghanistans anzubieten und ein Informationsbüro als Beratungsstelle einzurichten (Schreiben des Bundesministeriums des Innern v. 09.01.2017 an die Innenminister und -senatoren der Länder, S. 4). Rückkehrer können bis zu zwei Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, S. 2). Auch Flüchtlingsorganisationen bieten Unterkunft für die ersten Tage bzw. Wochen nach einer Rückkehr (SZ, Zurück auf Null, v. 08.04.2017). Die IOM hilft in Gemeinden mit vielen Rückkehrern die Infrastruktur zu verbessern, Ideen zum Verdienen des Lebensunterhaltes zu entwickeln und Märkte zu organisieren, auf dem Land werden Felder hergerichtet und Wasserkanäle gesäubert (www.tt.com, Organisation für Migration und EU helfen Rückkehrern in Afghanistan, v. 14.03.2017). Die von der deutschen Regierung unterstützte Organisation IPSO bietet in Kabul psycho-soziale Hilfe an, nimmt die Rückkehrer am Flughafen in Empfang und geht auch in die Gästehäuser, in denen die Abgeschobenen erst einmal unterkommen; für schwere Fälle ist die Organisation allerdings nicht ausgerüstet (www.focus.de, Schicksal von Arasch und Badam, v. 17.03.2017). Nach der gutachterlichen Stellungnahme von Frau Dr. L. an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz vom 8. Juni 2011 sei es eher unwahrscheinlich sei, dass ein afghanischer Migrant weder im Herkunftsland bzw. den Nachbarländern noch im Aufnahmeland keine familiären Bezugspersonen hat, zumal es ein übliches Verfahren sei, durch Beschluss des Familienclans das stärkste Mitglied ins Ausland zu senden, um die wirtschaftliche Situation der Familie zu unterstützen (S. 3; vgl. auch Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Dossier der Staatendokumentation, AfPak, Grundlagen der Stammes- & Clanstruktur, 2016, S. 76). Rückkehrer würden auch in der Regel nicht verstoßen und selbst bei entfernten Verwandtschaftsverhältnissen zumindest zeitweise aufgenommen (Dr. L, Gutachterliche Stellungnahme an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz v. 08.06.2011, S. 13). Auch würden diejenigen, denen es gelungen sei, bis nach Europa zu kommen, zum mobileren Teil der Bevölkerung gehören, die es erfahrungsgemäß bei einer Rückkehr schaffen würden, ihre Beziehungen so zu gestalten, dass sie ihr Leben sichern können würden (Dr. L, Gutachterliche Stellungnahme an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz v. 08.06.2011, S. 12). Insoweit würden ohnehin soziale Kompetenzen, wie Durchsetzungs- und Kommunikationsfähigkeit mehr zählen als eine Ausbildung, so etwa für den Start eines Kleinhandels, den Rückkehrer auch eher eröffnen, als sich der Konkurrenz um Aushilfsjobs zu stellen (Dr. L, Gutachterliche Stellungnahme an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz v. 08.06.2011, S. 12, 9). Für Aushilfsjobs bzw. Tagelöhnerjobs sei die körperliche Konstitution maßgeblich, bei handwerklichen Tätigkeiten das Vorhandensein von eigenem Werkzeug und bei längerfristigen Arbeitsverhältnissen eine Vermittlung über einen Stammes- oder Clanzugehörigen (Dr. L, Gutachterliche Stellungnahme an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz v. 08.06.2011, S. 11; vgl. auch Asylmagazin 3/2017, Überleben in Afghanistan?, S. 76).
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Erkenntnisse ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger als ein arbeitsfähiger junger Mann bei einer Rückkehr in sein Heimatland Afghanistan nicht in der Lage wäre, etwa in Kabul sein Existenzminimum zu sichern (vgl. auch Bay. VGH, Beschl. v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 -, juris Rn. 8; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; OVG NRW, Beschl. v. 08.06.2016 - 13 A 1222/16.A -, juris Rn. 10; Bay. VGH, Beschl. v. 30.09.2015 - 13a ZB 15.30063 -, juris Rn. 6; Nds. OVG, Urt. v. 20.07.2015 - 9 LB 320/14 -, juris S. 8; OVG NRW, Urt. v. 26.08.2014 - 13 A 2998/11.A -, juris Rn. 197; VG Augsburg, Urt. v. 18.07.2017 - Au 5 K 17.32878 -, juris Rn. 30; a.A. VG Hamburg, Gerichtsbescheid v. 10.01.2017 - 10 A 6516/16 -, juris Rn. 38). Vor allem in größeren Städten Afghanistans, wie etwa auch Kabul, ist eine Aufnahme auch außerhalb des eigenen Familien- bzw. Stammesverbandes sowie die Chancen realistisch (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris). Auch die UNHCR geht in ihren Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 davon aus, dass alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter auch ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft unter bestimmten Umständen in urbanen und semi-urbanen Umgebungen, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung bieten und die unter staatlicher Kontrolle stehen, leben können (S. 99). Der Kläger hat die Schule bis zur sechsten Klasse besucht, gehört als Paschtune der größten Volksgruppe in Afghanistan an (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 9), ist sunnitischer Religionszugehörigkeit, spricht mit Paschtu eine der offiziellen Landessprachen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 9), verfügt über Verwandte in Afghanistan sowie in seiner Heimatregion und die Familie dort auch über Land, das landwirtschaftlich genutzt werden kann. Insoweit ist das Gericht auch nicht davon überzeugt, dass der Kläger nicht in der Lage ist, sich in seiner Heimatregion in der Provinz Kapisa ein ausreichendes Einkommen zu sichern und sich selbst zu versorgen. Zudem kann der Kläger als Paschtune - wie oben bereits dargestellt - aufgrund der Stammeskultur auch auf Unterstützung durch seine Verwandten väterlicherseits zurückgreifen. Soweit er in der mündlichen Verhandlung pauschal behauptet hat, dass er keinen Kontakt zu diesen habe und auch nicht wisse, wo sie seien, ist das Gericht - wie bereits ausgeführt - nicht davon überzeugt, dass diese unsubstantiierten Angaben zutreffend sind. Nach alledem hat das Gericht - auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers zu seinem Gesundheitszustand - keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Kläger in Kabul oder in seiner Heimatregion, jedenfalls mit Unterstützung durch seine Verwandten, in ausreichendem Maße seinen Lebensunterhalt sichern können wird.
b) Dem Kläger droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan auch keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit, die gem. § 60 Abs. 7 AufenthG, im Sinne einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten Gefährdungssituation (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn. 80), ein Abschiebungsverbot begründen würde.
aa) Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der dortigen Lebensbedingungen. Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Betroffene angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG grundsätzlich nur bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (Sperrwirkung) und damit auch die Beurteilung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers zu beachten (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 37, 40; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn. 82; OVG NRW, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 27). Bei solchen allgemeinen Gefahren ist daher Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung erst dann zu gewähren, wenn der Betroffene mit der Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, wobei sich die Gefahr bereits alsbald nach seiner Rückkehr realisieren müsste (BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 19, 20; OVG NRW, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 28; Hess. VGH, Urt. v. 04.09.2014 - 8 A 2434/11.A -, juris Rn. 41; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.; Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45). Die im Abschiebezielstaat herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage können nur ausnahmsweise dann ein Abschiebungsverbot begründen, wenn der Betroffene bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, wobei die drohenden Gefahren allerdings nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein müssen, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Betroffenen die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20 „sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“). Hierbei handelt es sich um einen gegenüber dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20). Eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG muss - ausgehend vom Zielort der Abschiebung - landesweit bestehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn. 83; Nds. OVG, Beschl. v. 04.02.2005 - 11 LA 17/05 -, juris Rn. 4). Dies ist derzeit bei jungen gesunden alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen afghanischen Staatsangehörigen jedenfalls bei einer Rückkehr nach Kabul in der Regel selbst dann nicht der Fall, wenn der Rückkehrer nicht besonders qualifiziert ist und weder über nennenswertes Vermögen noch über Rückhalt und Unterstützung durch Familie oder Bekannte, die in Kabul leben, verfügt (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 -, juris Rn. 6; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn. 84 m.w.N.; Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v., m.w.N.; zu Afghanistan vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 30.07.2015 - 13a ZB 15.30031 -, juris Rn. 10; so im Ergebnis auch Bay. VGH, Beschl. v. 17.01.2017 - 13a ZB 16.30929 -, juris Rn. 2; Beschl. v. 04.01.2017 - 13a ZB 16.30600, juris Rn. 4; Beschl. v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 -, juris Rn. 6).
Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass für den Kläger in Afghanistan aufgrund der dortigen Lebensbedingungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib - im Sinne von schwersten Gesundheitsbeeinträchtigungen -, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG alsbald nach seiner Rückkehr besteht. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zu § 60 Abs. 5 AufenthG Bezug genommen. Eine Rückkehr ist im Hinblick auf § 60 Abs. 7 AufenthG zumutbar, wenn der Betroffene bei allen - auch existenzbedrohenden - Schwierigkeiten nicht chancenlos ist, sondern die Möglichkeit hat, Einfluss auf sein Schicksal zu nehmen und er nicht ohne jeden Ausweg in eine Situation gebracht wird, in der er so gut wie keine Überlebensmöglichkeit hat (vgl. BVerwG, Urteil v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 40).
bb) Auch soweit der Kläger im Laufe des gerichtlichen Verfahrens, erstmals am 13. Februar 2017, dem Tag der ursprünglich terminierten mündlichen Verhandlung eine psychische Erkrankung geltend gemacht hat, begründet dies kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1, Satz 2 AufenthG. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht, wobei eine solche Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vorliegt. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll eine posttraumatische Belastungsstörung regelmäßig nicht eine solche Erkrankung darstellen, es sei denn, die Abschiebung führt zu einer wesentlichen Gesundheitsgefährdung bis hin zu einer Selbstgefährdung (BT.-Drs. 18/7538 v. 16.02.2016, S. 18). Zwar ist gem. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar ist, die Abschiebung soll nach dem Willen des Gesetzgebers aber auch nicht dazu führen dürfen, dass sich die schwerwiegende Erkrankung des Ausländers mangels Behandlungsmöglichkeit dort in einem Ausmaß verschlechtern wird, dass ihm eine individuell konkrete, erhebliche Gefahr an Leib oder Leben droht (BT.-Drs. 18/7538 v. 16.02.2016, S. 18). In die Beurteilung sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände einzubeziehen, etwa auch unzureichende Behandlungsmöglichkeiten (BVerwG, Urt. v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 -, juris Rn. 15; Bay. VGH, Beschl. v. 21.09.2016 - 10 C 16.1164 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Urt. v. 23.11.2015 - 9 LB 106/15 -, n.v.). Insbesondere darf dem Betroffenen eine notwendige Behandlung oder Medikation nicht aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich sein (BVerwG, Urt. v. 22.03.2011 - 1 C 3/11 -, juris Rn. 34; Nds. OVG, Urt. v. 23.11.2015 - 9 LB 106/15 -, n.v.). Dementsprechend darf die Gefahr nicht allein aus dem Abschiebungsvorgang bzw. dem (drohenden) Verlassen des Bundesgebiets resultieren; in diesem Fall wäre ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis - von der zuständigen Ausländerbehörde zu prüfen und nicht vom Bundesamt - zu prüfen (vgl. OVG NRW, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 45; Nds. OVG, Urt. v. 28.06.2011 - 8 LB 221/09 -, juris Rn. 28). Eine Suizidalität ist etwa dann nicht zielstaatsbezogen, wenn sie nicht auf einem traumatisierenden Ereignis im Heimatland sondern auf der ständig drohenden Gefahr der Abschiebung resultiert (Nds. OVG, Urt. v. 28.06.2011 - 8 LB 221/09-, juris Rn. 40; Nds. OVG, Beschl. v. 18.11.2010 – 8 LA 26/10 –, juris Rn. 23).
An eine substantiierte Darlegung bestimmter psychischer Erkrankungen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 27.07.2017 - 9 LA 91/17 -, n.v.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, juris Rn. 54 „insbesondere PTBS“; so im Ergebnis wohl auch VG München, Urt. v. 27.06.2017 - M 17 K 17.32936 -, juris Rn. 67; Urt. v. 08.06.2017 - M 17 K 17.32955 -, juris Rn. 62; a.A. Bay. VGH, Beschl. v. 26.08.2014 - 13a ZB 14.30219 -, juris Rn. 5 („nur PTBS“; Beschl. v. 26.05.2014 - 13a ZB 13.30310 -, juris Rn. 5 „nicht auf Depressionen übertragbar“; VG München, Beschl. v. 23.12.2016 - M 15 E 16.35844 -, juris Rn. 24), jedenfalls solcher, die eine Unschärfe des Krankheitsbildes sowie vielfältige Symptome aufweisen, wie etwa eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), in einem aktuellen und fachärztlichen Attest (BVerwG, Beschl. v. 26.07.2012 - 10 B 21/12 -, juris Rn. 7; Bay. VGH, Beschl. v. 28.07.2015 - 13a ZB 15.30073 -, juris Rn. 8; nach OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 27.09.2016 - OVG 3 N 24.15 -, juris Rn. 18 und Bay. VGH, Beschl. v. 11.08.2016 - 20 ZB 16.30110 -, juris Rn. 4, jeweils m.w.N. kann auch ein Bericht eines Psychologischen Psychotherapeuten genügen) sind besondere Anforderungen zu stellen. Aus einem solchen Attest muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (BVerwG, Urt. v. 11.09.2007 - 10 C 8/07 - und - 10 C 17/07 -, juris jeweils Rn. 15). Eine darüber hinausgehende Beibringung einer detaillierten, an den Forschungskriterien der ICD-10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) orientierten gutachtlichen fachärztlichen Stellungnahme ist demgegenüber nicht erforderlich, weil dies auf eine Art Beweisführungspflicht hinauslaufen würde, die in der Regel mit den verwaltungsprozessualen Grundsätzen nicht vereinbar ist (BVerwG, Urt. v. 11.09.2007 - 10 C 8/07 -, juris Rn. 16 und - 10 C 17/07 -, juris Rn. 17); gleichermaßen kann von dem Kläger keine Glaubhaftmachung etwa im Sinne des § 294 ZPO verlangt werden (BVerwG, Urt. v. 11.09.2007 - 10 C 17/07 -, juris Rn. 13).
Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass bei dem Kläger eine schwerwiegende psychische Erkrankung besteht und mangels ausreichender Substantiierung sah es sich auch nicht zu weiteren Ermittlungen, insbesondere zur Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens veranlasst.
Der Kläger hat durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung vom 12. Februar 2017 vorgetragen, dass er sich ab dem 10. Februar 2017 in stationärer psychiatrischer Behandlung befunden habe. In der ärztlichen Stellungnahme vom 9. März 2017 ist insoweit von einem schweren Suizidversuch die Rede. Der Kläger leide unter einer schweren depressiven Symptomatik, Stimmungsschwankungen und Anpassungsstörungen und benötige medikamentöse Behandlung und engmaschige ärztliche und multiprofessionelle Begleitung. Aus der dortigen Sicht bestehe die Möglichkeit einer akuten Verschlechterung seines Zustandes und seiner psychischen Stabilität während des geplanten Gesprächs am 13. März 2017. Für den 13. März 2017 war die mündliche Verhandlung terminiert worden. Nach der Entlassung seien die weitere Einnahme der Medikamente und eine langfristige ambulante psychotherapeutische Begleitung unerlässlich. Den Ausführungen lässt sich weder eine Befunderhebung entnehmen, auf die die Diagnose gestützt wird, noch - bis auf die Stimmungsschwankungen - die Art und Schwere der Symptome. Inwiefern eine Verschlechterung des Zustandes durch ein „Gespräch“ möglich sei, wird ebenso wenig näher erläutert, wie die weitere Behandlungsbedürftigkeit. Der „schwere Suizidversuch“ wird nicht konkreter dargestellt.
In einer weiteren ärztlichen Stellungnahme vom 8. Mai 2017 wird ausgeführt, dass der Kläger seit dem Jahr 2014 an Anpassungsstörungen (F.43.2) leide. Im Jahr 2014 habe der Kläger den Tod des Vaters verkraften müssen, der für die deutschen Soldaten in Afghanistan gearbeitet habe. Der Kläger selbst sei nach einem Rekrutierungsversuch der Taliban nach Deutschland geflüchtet. Lange Zeit habe er nicht gewusst, wo sich die Mutter und die drei jüngeren Geschwister aufgehalten hätten und in dieser Situation hätten sich schwere Anpassungsstörungen entwickelt mit imperativen Stimmen, die ihn zur Selbstverletzung aufrufen würden. Auch sei es zu depressiven Stimmungseinbrüchen gekommen. Während der ersten stationären Behandlung im Februar 2014 habe eine deutliche Besserung herbeigeführt werden können. Seither habe sich das Befinden des Klägers aufgrund der medikamentösen Behandlung weiter gebessert. Mittlerweile bestünde wieder Kontakt zur Mutter und den Geschwistern. Diese würden das Haus nicht verlassen, weil sie die Taliban und Bomben fürchten. Bei einer Abschiebung nach Afghanistan würde erneut die Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch die Taliban bestehen und sich durch die Konfrontation mit der Bedrohung die Erkrankung weiter verschlechtern. Auch unter Berücksichtigung dieser Ausführungen bestand kein Anlass zur Einholung eines Sachverständigengutachtens. Aus ihnen gehen weder eine konkrete Befunderhebung, noch die Art und Schwere Symptome der diagnostizierten Erkrankung hervor. Mit der vorangegangenen Diagnose auch einer schweren depressiven Symptomatik wird sich nicht auseinandergesetzt. Auch werden den ärztlichen Ausführungen Umstände zugrunde gelegt, die der Kläger so in der mündlichen Verhandlung nicht behauptet und zum Teil sogar in Abrede gestellt hat. Mithin wird die Diagnose auf einen Sachverhalt gestützt, der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung so nicht geschildert wurde und auch nicht zur Überzeugung des Gerichts feststeht. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger angegeben, dass sein Vater 2012 oder 2013 gestorben sei. Nach seinen eigenen Angaben hält er sich auch bereits seit August 2013 in Deutschland auf. Gesundheitliche Probleme hatte er gegenüber dem mit der forensischen Altersdiagnostik beauftragen Direktor im Januar 2014 auch ausdrücklich verneint. Auch hatte der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht angegeben dass, sein Vater für die deutschen Soldaten gekämpft habe, sondern, dass sein Vater ein Taliban gewesen und von westlichen Soldaten erschossen worden sei. Ein Rekrutierungsversuch durch die Taliban, auf den die ärztlichen Ausführungen Bezug nehmen, steht - wie oben bereits ausgeführt - nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Soweit in der ärztlichen Stellungnahme die Diagnose insbesondere auch auf die Ungewissheit bezüglich der Familie des Klägers gestützt wird, hat er selbst hierzu in der mündlichen Verhandlung keine Ausführungen gemacht. Vielmehr hat er angegeben, dass seine Mutter und die Geschwister bei seinem Onkel in Kapisa leben würden. In der Anhörung durch das Bundesamt hatte er ausgeführt, dass seine Familie weiterhin in ihrem Haus in D. wohnen würde. Davon, dass er zu irgendeinem Zeitpunkt nicht gewusst habe, wo sie sich aufhalten, und ihn dies belastet hätte, hat er nichts berichtet.
In der mündlichen Anhörung konnte der Kläger auch keine Details zu einer aktuellen psychiatrischen Behandlung angeben. Insoweit hat er lediglich ausgeführt, dass es ihm in der vergangenen Woche nicht gut gegangen, er zum Arzt sei und mit ihm gesprochen habe. Ihm seien dann Medikamente verschrieben worden. Auf weitere Nachfragen des Gerichts schilderte der Kläger zu seinen Symptomen dann, dass er Anfälle bekommen, in denen er Stimmen hören würde, die ihm befehlen würden, sich selbst zu verletzen oder umzubringen. Davon, dass diese Behauptung zutreffend ist, ist das Gericht nicht überzeugt. Der Kläger konnte auf die weitere Nachfrage, was die Stimmen konkret zu ihm sagen würden, keine konkreten Angaben machen, sondern erklärte, dass es keine direkten Befehle seien und er sich selbst nicht verstehe, aber um sich herumschlage und er versuche, sich selbst umzubringen. Auf weitere Nachfragen konnte der Kläger auch nicht konkreter darlegen, seit wann bzw. welchem Ereignis oder welcher Situation er diese Erkrankung habe. So hat er lediglich ausgeführt, dass er diese Erkrankung wohl hier bekommen habe müssen. Was die Ärzte über die Erkrankung zu ihm gesagt haben, konnte er ebenfalls nicht wiedergeben, da lediglich im Jahr 2014 ein Dolmetscher dabei gewesen sei und er sie später nicht mehr so gut verstanden habe. Damals sei er von seinem Hausarzt überwiesen worden, weil er ihm von seinen Anfällen berichtet habe. Auf die Nachfrage des Gerichts, ob er sich schon einmal selbst verletzt habe, zeigte der Kläger seinen Unterarm, an dem sich eine ca. acht bis zwölf Zentimeter lange Narbe auf der Handrückenseite befindet. Wie es zu der Narbe gekommen ist, konnte der Kläger auf Nachfrage nicht schildern. Insoweit konnte er auch nicht erklären, weshalb aufgrund des Vorfalls mit dem Arm in der ärztlichen Stellungnahme aus März 2017 von einem „schweren Suizidversuch“ die Rede ist. In dem Schreiben aus Mai 2017 wurde an dieser Darstellung dann auch nicht mehr festgehalten. Auf Nachfrage nach weiteren Selbstverletzungen gab der Kläger zunächst an, dass es noch zwei weitere Vorfälle in der psychiatrischen Klinik gegeben habe und er sich selbst habe schlagen wollen. Auf weitere Nachfrage, was denn konkret vorgefallen sei, schilderte der Kläger dann lediglich, dass er einen Teller stark auf den Tisch gehauen habe.
Auch im Hinblick auf das vage Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung war nach alledem - trotz des vorgelegten ärztlichen Rezept, mit dem dem Kläger Olanzapin und Mirtazapin verschrieben wurde - eine weitere Aufklärung, insbesondere das Einholen eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht angezeigt. Letztlich konnte der Kläger selbst nicht schlüssig und nachvollziehbar erklären, weshalb er in psychiatrischer (medikamentöser) Behandlung ist. Die ärztlichen Bescheinigungen aus dem Jahr 2017 decken sich nicht mit den Angaben des Klägers und die dortige Diagnosestellung ist auch bereits deshalb zweifelhaft, weil der Kläger sich - nach seinen eigenen Angaben - mangels des Vorhandenseins eines Dolmetschers nur unzureichend mit den Ärzten verständigen konnte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.