Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 09.03.2016, Az.: 5 A 5053/12
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 09.03.2016
- Aktenzeichen
- 5 A 5053/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 43030
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
Der Bescheid vom 22. Mai 2012, mit dem der Beklagte das gemeindliche Einvernehmen ersetzt hat, sowie der Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2012 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens durch den Beklagten für ein immissionsschutzrechtliches Vorhaben des Beigeladenen, mit dem dieser die Errichtung und den Betrieb zweier Hähnchenmastställe verfolgt.
Parallel zu diesem Verfahren werden weitere Verfahren geführt, die in direktem Zusammenhang stehen: Im Verfahren 5 A 5403/12 begehrt der Beigeladene von der Klägerin die Annahme eines von ihm unterbreiteten Erschließungsangebotes für eine Ausweichstelle (Parkbucht). Im Verfahren 5 A 5054/12 wendet sich die Klägerin im Wege der gemeindlichen Nachbarklage gegen die dem Beigeladenen vom Beklagten erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Im Verfahren 5 A 5019/12 wendet sich der Naturschutzbund Deutschland e.V. im Wege der Umweltverbandsklage gegen die dem Beigeladenen vom Beklagten erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Im Verfahren 5 A 2872/11 wendet sich der Beigeladene gegen die von der Klägerin ausgesprochene Beschränkung der Widmung der von ihm als Zufahrt genutzten Straße auf die Benutzung durch Fahrzeuge mit einer Achslast bis 8 t.
Der Beigeladene bewirtschaftet zusammen mit seiner Ehefrau in der Gemeinde J. im Ortsteil D. einen landwirtschaftlichen Betrieb mit der Größe von rund 75 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche im Haupterwerb (Flurstück … der Flur … der Gemarkung D.). Sie betreiben mit 117 Kuh- und Färsenplätzen und 79 Jungviehplätzen eine Milchviehhaltung mit damit verbundener Milcherzeugung und Jungrinderaufzucht sowie eine Bullenmast mit 50 Plätzen. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen werden als Grünland in Form von Weide und Mähweide genutzt und dienen zur Futterversorgung des Rindviehbestandes (Beiakten I Bl. 105 f. im Parallelverfahren 5 A 5019/12 - Beiakten mit Bezifferung durch römische Zahlen sind immer solche aus dem genannten Parallelverfahren -, Beiakte II Bl. 54, Beiakte VII Bl. 50). Die Zufahrt zu dem Betrieb führt über ein etwa 450 bis 470 m langes, s-förmig geschwungenes Teilstück des D., das etwa 3,0 m breit ist und auf einem Damm errichtet wurde. Beidseitig der Straße ist eine zwischen 0,5 m und 2,0 m breite grasbewachsene, nicht befestigte Berme angelegt, um die Standsicherheit der Böschung zu erhöhen.
Am 15. Januar 2009 (Beiakte I Bl. 312) stellte der Beigeladene erstmals eine Bauvoranfrage für die Errichtung von zwei Hähnchenmastställen mit je 40.000 Plätzen mit Abluftturm sowie von drei Futtermittelsilos und eines Auffangbehälters für Reinigungswasser auf dem Flurstück …/… der Flur … in der Gemarkung D. (Beiakte I Bl. 274) nordöstlich des bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes im Außenbereich der Gemeinde J.. Die Erschließung der Anlage soll über den Wirtschaftsweg D. erfolgen.
Unter dem 5. Februar 2009 forderte der Beklagte von der Klägerin im Rahmen der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG - zur Vorbereitung des Scoping-Termins/ Antragskonferenz eine Stellungnahme dazu, ob das Vorhaben nach den von ihr zu berücksichtigenden Belangen genehmigungsfähig ist und ob Anhaltspunkte für erhebliche Auswirkungen auf die im UVPG genannten Schutzgüter gesehen werden (Beiakte I Bl. 308).
Die Klägerin erteilte daraufhin unter dem 27. März 2009 ihr Einvernehmen gem. § 36 BauGB unter dem in einer Anmerkung formulierten Vorbehalt, dass von dem Betrieb keine unzulässigen Immissionen ausgehen und forderte gleichzeitig ein entsprechendes Immissionsgutachten. Zudem sei der Antragsteller darauf hinzuweisen, dass das Befahren von Wirtschaftswegen nur mit Fahrzeugen mit einem zulässigen Gewicht von 8 t pro Achslast erlaubt sei (Beiakte I Bl. 262).
Mit Schreiben vom 14. April 2009 beantragte der Beigeladene im Nachgang zu seinem vorangegangenen Antrag die Erteilung eines Vorbescheides nach § 9 BImSchG für den Teilbereich der naturschutzfachlichen Fragestellungen (Beiakte I Bl. 258).
Der Beklagte teilte dem Beigeladenen mit Schreiben vom 4. September 2009 (Beiakte I Bl. 236) mit, dass es zur abschließenden Klärung der Frage der Zulässigkeit nach §§ 34b, 34c Niedersächsisches Naturschutzgesetz (NNatG) in der seinerzeit geltenden Fassung (jetzt: Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG) u.a. einer Prüfung der Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes nach den Maßstäben des § 34b NNatG bedürfe.
Am 11. November 2009 beantragte der Beigeladene die Erteilung eines Vorbescheides nach § 9 BImSchG (Beiakte I Bl. 92). Dabei wurde der geplante Standort zur Minimierung der Störwirkungen dahingehend geändert, dass das Vorhaben direkt östlich der bestehenden Hofstelle auf dem Flurstück …/… der Flur … der Gemarkung D. errichtet wird (Beiakte I Bl. 96, 230).
Der Standort der nunmehr geplanten Anlage liegt innerhalb des Vogelschutzgebietes V 06 „Rheiderland“, im Naturraum Emsmarschen sowie im Landschaftsschutzgebiet „Rheiderland“. Westlich des vorgesehenen Standortes befindet sich in ca. 1 km Entfernung der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Die Entfernung zwischen dem Vorhabenstandort und der nächstgelegenen Bebauung beträgt zum nördlich gelegenen Ortsteil D. 1.490 m, zur westlich gelegenen Ortschaft P. ca. 1.350 m und zur ebenfalls westlich gelegenen Ortschaft D. ca. 570 m. In ca. 430 m Entfernung westlich zum geplanten Standort befindet sich die Hofstelle F. mit angeschlossener Wohnbebauung.
Die durch den Dipl.-Biologen N. G. vom H. GmbH & Co. KG erstellte FFH-Verträglichkeitsstudie bezüglich potenzieller vorhabensbedingter Beeinträchtigungen des EU-Vogelschutzgebietes V06 „Rheiderland“ (FFH-VU) vom 18. Januar 2010 (Beiakte I Bl. 178) kommt zu dem Ergebnis, dass unter der Voraussetzung der Einhaltung näher beschriebener Vermeidungs-/ Minimierungsmaßnahmen eine Verträglichkeit des Vorhabens mit den Schutz- und Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes gegeben sei.
Die Untere Naturschutzbehörde des Beklagten kam in ihrer Stellungnahme vom 28. Januar 2010 (Beiakte I Bl. 139) zu dem Ergebnis, dass die mögliche Beeinträchtigung des Lebensraums einer im ungünstigen Erhaltungszustand befindlichen wertbestimmenden Vogelart für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung durch das Vorhaben ausreiche. Als Schadensbegrenzungsmaßnahme zur Unterschreitung der Erheblichkeitsschwelle und damit zur Erreichung einer Verträglichkeit des Vorhabens mit den Schutz- und Erhaltungszielen des EU-Vogelschutzgebietes V 06 „Rheiderland“ sei eine Teilnahme des Beigeladenen mit den im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens N. neu zugewiesenen Flächen an den derzeitigen und zukünftigen Kooperationsprogrammen des Landes Niedersachsen (Nordische Gastvögel, Grünlandschutz, Gelegeschutz) möglich.
Nach dem Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 6. Mai 2010 (Beiakte I Bl. 15) sowie der Ergänzung vom 27. Mai 2010, welche die durch die Hähnchenmastanlage verursachte Zusatzbelastung isoliert darstellt (Beiakte I Bl. 2), sei das Vorhaben aus immissionsschutzfachlicher Sicht zulässig, weil die Geruchs- und Staubimmissionen die zulässigen Grenzwerte nicht überschritten und die Abstandsforderungen im Hinblick auf die ermittelte Ammoniakemission eingehalten würden.
Unter dem 8. Februar 2010 teilte der Beklagte neben vier Fachämtern auch der Klägerin mit, dass in dem Genehmigungsverfahren die FFH-Verträglichkeitsprüfung mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen worden sei. Zur Vorbereitung des weiteren Genehmigungsverfahrens bat der Beklagte um Stellungnahme, welche besonderen Unterlagen aus Sicht der von den jeweiligen Fachämtern bzw. der Klägerin zu vertretenden Belange im Genehmigungsverfahren beizubringen sind und/ oder ob die Durchführung eines Scopingtermins noch für erforderlich gehalten werde (Beiakte I Bl. 118).
Die Klägerin verwies daraufhin mit Schreiben vom 16. Februar 2010 auf ihre Stellungnahme vom 27. März 2009 mit der darin enthaltenen Forderung nach einem Immissionsgutachten und dem Hinweis auf die Gewichtsbeschränkung der Gemeindestraße „D.“ (Beiakte I Bl. 88).
Am 9. Juni 2010 beantragte der Beigeladene bei dem Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für das Vorhaben nach § 4 i.V.m. § 19 BImSchG (Beiakte II Bl. 112).
Den Antragsunterlagen beigefügt war neben den bisherigen Gutachten auch eine durch den Dipl.-Biologen N. G. erstellte „Umweltverträglichkeitsstudie unter besonderer Berücksichtigung der Eingriffsregelung gem. §§ 13 ff. BNatSchG“ - UVS - vom 26. Mai 2010 (Beiakte II Bl. 189). Danach könne das Vorhaben unter Berücksichtigung verschiedener, näher bezeichneter Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung von Umweltauswirkungen als umweltverträglich eingestuft werden. Die dabei zum Teil noch verbleibenden erheblichen nachhaltigen Umweltauswirkungen (z.B. durch die vollversiegelte Grundfläche) und nachteilige Beeinträchtigungen könnten durch eine zeitnahe Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen mittelfristig abgewendet werden. Der geplante Eingriff gehe aus naturschutzrechtlicher Sicht zwar mit erheblichen Beeinträchtigungen von Naturhaushalt und Landschaftsbild einher. Mittels ortsnaher Flächenextensivierung, verschiedensten Bewirtschaftungsauflagen und Gehölzanpflanzungen sei jedoch ein Erhalt der Population potenziell betroffener Artengruppen (Brut-/ Gastvögel) sowie eine landschaftsgerechte Neugestaltung möglich, so dass auch artenschutzrechtliche Aspekte einer Vorhabenumsetzung nicht entgegenstünden (Beiakte II Bl. 254). Der Beklagte hat den Antrag mit dem Hinweis auf die Möglichkeit zur Einsichtnahme öffentlich bekanntgemacht (Beiakte II Bl. 8 ff.).
Im Rahmen der Behördenbeteiligung (Beiakte II Bl. 83 f.) forderte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 9. Juni 2010 unter Hinweis auf § 73 Abs. 3 NBauO in der bis zum 31. Oktober 2012 geltenden Fassung (jetzt: § 69 Abs. 3 NBauO) zur Abgabe eine Stellungnahme zum Vorhaben innerhalb von zwei Wochen auf.
Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben versagte die Klägerin mit Schreiben vom 5. August 2010 ihr Einvernehmen unter Hinweis darauf, dass sie sich zur Abgabe einer endgültigen Stellungnahme nicht in der Lage sehe, weil die Auslegung der Planunterlagen zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden solle (Beiakte VIII Bl. 12).
Am 24. März 2011 legte der Beigeladene im Antragsverfahren ergänzte und überarbeitete Antragsunterlagen vor (Beiakte IV), darunter unter anderem ein neues Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 11. März 2011 (Beiakte IV Bl. 45), das unter dem 15. September 2011 ergänzt worden ist (Beiakte VII Bl. 106), ein Gutachten über meteorologische Ausbreitungsbedingungen vom 18. August 2010 (Beiakte IV Bl. 113), eine Berechnung der erforderlichen Transporte (Beiakte IV Bl. 173) sowie eine aktualisierte Fassung der vom Dipl.-Biologen N. G. erstellten Umweltverträglichkeitsstudie (Stand: 9. Dezember 2010, Beiakte IV Bl. 338).
Die Antragsunterlagen wurden daraufhin erneut öffentlich zur Einsichtnahme ausgelegt (Öffentliche Bekanntmachung am 3. Mai 2011, Beiakte VII Bl. 439). Einwendungen gegen das Vorhaben wurden unter anderem durch die Klägerin (Schriftsatz vom 22. Juni 2011, Beiakte V unter E5 und Beiakte VIII Bl. 9) und den Naturschutzbund Deutschland e.V. (Schriftsatz vom 21. Juni 2011, Beiakte V unter E2) erhoben.
Mit Schreiben vom 25./ 31. Mai 2011 forderte der Beklagte - neben anderen Behörden - die Klägerin zur Stellungnahme zum Bauvorhaben auf (Beiakte VII Bl. 4, 9).
Mit Schreiben vom 13. Juli 2011 versagte die Klägerin erneut das Einvernehmen gem. § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB (Beiakte VIII Bl. 14). Der Beklagte habe bislang zwar Stellungnahmen zum Vorhaben angefordert, jedoch nicht ausdrücklich um die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB ersucht, so dass die in § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB geregelte Frist für den Eintritt der Fiktionswirkung nicht in Gang gesetzt worden sei. Der Verwaltungsausschuss der Klägerin habe in seiner Sitzung vom 4. Juli 2011 beschlossen, auch ohne förmliches Ersuchen abzulehnen. Das Vorhaben sei nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB genehmigungsfähig, weil ihm mehrere öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB entgegenstünden und die Erschließung nicht gesichert sei.
Bei dem Vorhaben handele es sich nicht um eine nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB privilegierte landwirtschaftliche Tierhaltung. Der in § 201 BauGB definierte Begriff der Landwirtschaft umfasse Tierhaltung nur, soweit das Futter überwiegend (> 50 %) auf dem zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden könne, anderenfalls handele es sich um gewerbliche Tierhaltung. Zwar sei auch gewerbliche Tierhaltung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässig, sie habe bei der Abwägung aber nicht den Stellenwert landwirtschaftlicher Tierhaltung und sei bei den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes nicht als Landwirtschaft, sondern als gewerblicher Betrieb zu behandeln.
Das Vorhaben sei nach § 35 Abs. 3 BauGB unzulässig, weil es den Darstellungen des Flächennutzungsplans (Nr. 1) und eines Landschaftsplans (Nr. 2) widerspreche. Es rufe schädliche Umwelteinwirkungen hervor (Nr. 3), beeinträchtige Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert und verunstalte das Landschaftsbild (Nr. 5).
Der Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass der Ortsteil D. der Gemeinde J. ein staatlich anerkannter Erholungsort sei. Das geplante Vorhaben greife aufgrund seiner Größe grob unangemessen in die geschützte Außenbereichslandschaft ein und unterbreche die weiträumige Landschaft mit Sichtbeziehungen der verschiedenen Ortsteile und der Splittersiedlung D. über mehrere Kilometer. Der Beklagte habe in seinem an den Beigeladenen gerichteten Schreiben vom 4. September 2009 (Beiakte I Bl. 236) selbst Bedenken erhoben. Danach liege das Vorhaben innerhalb des Vogelschutzgebietes V 06 „Rheiderland“, das zum Europäischen Vogelschutzgebiet erklärt worden sei. Gem. § 34b Abs. 5 NNatG (a.F.) seien in diesem Gebiet bis zur Unterschutzstellung Vorhaben, Maßnahmen, Veränderungen oder Störungen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen können, verboten. Das Vogelschutzgebiet „Rheiderland“ liege im Naturraum Emsmarschen. Es handele sich um ein ausgedehntes, hochwassergeschütztes Marschland zwischen Ems und D., das überwiegend unterhalb des Meeresspiegels liege und durch seine Offenheit und Weite geprägt werde. In wesentlichen Teilen handele es sich um eine grünlandgeprägte Kulturlandschaft mit ihren feuchten bis nassen Wiesen und Weiden. Durch das Vorhaben werde die Gebäudestruktur um mehr als 150 m in die freie Landschaft ausgedehnt. Die für den Stallbau vorgesehene Fläche werde in den Erfassungsgrundlagen der Flurbereinigung N. als mesophiles Grünland mäßig feuchter Standorte dargestellt und habe aufgrund dieser Eigenschaften besondere Bedeutung für die dort vorkommenden Wiesenvögel. Den Datenerfassungen sei zu entnehmen, dass auf den Flächen nördlich bzw. nordöstlich der vorhandenen Hofstelle mehrere Kiebitz- und Rotschenkelvorkommen festgestellt worden seien. Daneben habe sich aus den Erfassungen der arktischen Gänse als Rastvögel im Rheiderland der Raum um D.er Warpen als herausragender Rastraum von Nonnengänsen und Blassgänsen herausgestellt. Neben den direkten Auswirkungen durch den Stallbau würden durch den Betrieb einer Mastanlage durch zusätzliche Fahrzeugbewegungen erhebliche Beunruhigungen in diesen Raum getragen. Als Erhaltungsziele entsprechend der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten - Vogelschutzrichtlinie (- VRL -) - seien in diesem Gebiet der Erhalt der weiträumigen, unverschnittenen Landschaft mit freien Sichtverhältnissen, der Erhalt der Vernetzungselemente und die Entwicklung beruhigter Brut-, Rast- und Nahrungshabitate zu definieren. Unabhängig von den Auswirkungen auf das Vogelschutzgebiet sei die Eingriffsregelung nach dem Niedersächsischen Naturschutzgesetz zu sehen. Insoweit werde auf die Aussagen des Beklagten in seinem an den Beigeladenen gerichteten Schreiben vom 4. September 2009 in Bezug auf die Beeinträchtigung von Brut-, Rast- und Gastvögeln verwiesen, die durch das vorgelegte Gutachten nicht ausgeräumt seien.
Das Vorhaben verstoße auch gegen das Regionale Raumordnungsprogramm 2006 (RROP) des Beklagten. Westlich vom Plangebiet im D. liege mit dem Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer ein „Vorranggebiet für Natur und Landschaft“. Die hierin eingebettete Bohrplattform werde häufig von Urlaubern per Fahrrad besucht. Das Bauvorhaben liege direkt im „Vorranggebiet für Grünlandbewirtschaftung, -pflege und -entwicklung“. Da es sich bei dem Vorhaben nicht um eine landwirtschaftliche, sondern um eine gewerbliche Tierhaltung handele, die nicht im Zusammenhang mit einer Grünlandbewirtschaftung stehe, sei es unzulässig. Das Vorhaben liege direkt im „Vorsorgegebiet für Erholung“. Die westlich des D.deiches gelegene Bohrplattform werde stark von Urlaubsgästen besucht und sei als „Vorranggebiet für ruhige Erholung in Natur und Landschaft“ ausgewiesen. Der Fischereistandort D. habe die Ausweisung „F“, d.h. Standort mit besonderer Entwicklungsaufgabe Fremdenverkehr zugeteilt bekommen. Die nächstliegende Bebauung liege 1.490 m vom Vorhaben entfernt. D. sei staatlich anerkannter Erholungsort. Die Gebietsgrenze liege 830 m vom Plangrundstück entfernt. 920 m östlich des Vorhabengrundstücks verlaufe das im RROP als regional bedeutsame Sportanlage „WS“ ausgewiesene D.-Bunder-Sieltief, das die Paddel- und Pedalstationen D. und D.erverlaat verbinde. 880 m westlich verlaufe parallel zum D.deich die Trasse der Internationalen D. Route. Im RROP sei diese Trasse als „regional bedeutsamer Wanderweg“ (F = Radfahren) ausgewiesen. Die südlich und östlich des Hofes F. verlaufenden gemeindlichen Straßen D.er Warpen sei im RROP zwar nicht explizit als „Wanderweg“ ausgewiesen, würden als Verbindungsstraßen aber häufig von Radfahrern genutzt. Durch die landschaftsfremden Stallanlagen würde die natürliche Eigenart der Landschaft und ihr Erholungswert beeinträchtigt. Das Vorhaben liege im „Vorsorgegebiet für Landwirtschaft“ auf Grund hohen, natürlichen, standortgebundenen landwirtschaftlichen Ertragspotentials und besonderer Funktionen der Landwirtschaft. Da es sich bei den Stallanlagen um gewerbliche Tierhaltungsanlagen handele, unterfielen sie nicht unter den Begriff der Landwirtschaft und verstießen damit gegen das RROP. Die Ortschaften D. und P. sowie die Siedlung D. mit dem Sielbauwerk seien als „kulturelles Sachgut“ dargestellt. Die Zulassung der fabrikähnlichen Stallanlagen stehe hierzu im direkten Gegensatz.
Der am 1. März 1985 veröffentlichte Flächennutzungsplan der Gemeinde J. sei rechtskräftig. Die unmittelbar nördlich an das Vorhabengrundstück anschließenden landwirtschaftlichen Flächen lägen in einem Schutzgebiet, das im Flächennutzungsplan als „geplantes Landschaftsschutzgebiet“ dargestellt sei.
Bei dem Landschaftsplan handele es sich um eine Entwurfsplanung aus dem Jahr 1996. Aus dem Plan 3 „Landwirtschaft“ sei ersichtlich, dass das Vorhaben in einem Gebiet liege, das aus Landessicht für die Festlegung als „Vorsorgegebiet für Landwirtschaft“ in der regionalen Raumordnung in Betracht komme (LROP 1994). Aus dem Plan 7 „Siedlung/ Wohnen und Gewerbe“ gehe hervor, dass es sich bei dem Hof des Beigeladenen um „sonstige Siedlungsstrukturen“, z.B. Einzelhöfe, handele. Aus dem Plan 9 „Erholung, Fremdenverkehr“ sei erkennbar, dass das Vorhabengrundstück voll in der Gebietskulisse „mit besonderer Bedeutung für Erholung“ liege. In der Biotoptypenkarte Nr. 12 sei der gesamte Grünlandbereich als „artenarmes Intensivgrünland“ (überwiegend mit Wirtschaftsgräsern, frisch) ausgewiesen. Aus der Karte 21 „Landschaftsbild und -erleben“ ergebe sich, dass der Blick in die Weite ein zentrales und wichtiges Thema sei. Für das binnendeichs gelegene Grünlandareal benenne der Landschaftsplan besondere charakterliche Merkmale. Daraus folge, dass das Vorhaben gegen die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes verstoße, der Eigenart der Landschaft und ihrem Erholungswert grob unangemessen sei und das Landschaftsbild verunstalte.
Zudem rufe das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervor. Insbesondere die Geruchsauswirkungen auf die Siedlung D. sei nicht ausreichend bewertet worden. Die Auswirkungen von Ammoniakeinträgen in das mesophile Grünland und die Belastung durch Bioaerosole sei nicht oder nur unzureichend untersucht worden.
Schließlich sei die Erschließung nicht gesichert. Das Vorhaben solle über die Gemeindestraße … Weg erschlossen werden, einem schmalen landwirtschaftlichen Weg, der im Rahmen der Flurbereinigung ausgebaut worden sei. Der Weg sei auf 8 t Achslast ausgelegt und biete keine Möglichkeit, Begegnungsverkehr abzuwickeln. Ausweichstellen oder Ähnliches seien nicht vorhanden. Die erforderliche Nutzung mit Lkw über 7,5 t sei im Wege der Widmungsbeschränkung ausgeschlossen worden.
Ein vom Beigeladenen am 23. März 2012 übersandtes (Bl. 4 der Gerichtsakte 5 A 5403/12) und unter dem 27. Oktober 2013 modifiziertes Erschließungsangebot (Bl. 85 der Gerichtsakte 5 A 5403/12) zur Errichtung einer Ausweichstelle (Parkbucht) an der Straße … mit einer Länge von 30 m und einer Breite von 4 m südlich des vorhandenen Rinderstalls sowie zur Umlegung der vorhandenen Entwässerungsmulde lehnte die Klägerin unter dem 26. April 2012 und unter Ergänzung durch ein Schreiben vom 9. Mai 2012 (Bl. 63 ff. und 83 ff. in der Gerichtsakte 5 A 2872/11) bzw. mit Schreiben vom 19. Dezember 2013 unter Verweis auf die bisherigen Gründe ab (Bl. 85 Gerichtsakte 5 A 5403/12), weil ihr die Annahme nicht zumutbar sei.
Für die Realisierungsmöglichkeit des Erschließungsangebotes sei insbesondere von Bedeutung, inwieweit die für die Durchführung der Erschließungsmaßnahmen erforderliche zivilrechtliche Verfügbarkeit über die von der Erschließung in Anspruch zu nehmenden Grundstücken, also insbesondere der Grundstückserwerb, gegeben sei. Das Erschließungsangebot eines Dritten sei unzumutbar, wenn der Straßenlanderwerb nicht sichergestellt sei. Nach dem vorgelegten Erschließungsangebot solle die vorhandene Entwässerungsmulde um die geplante Ausweichstelle geführt werden und die Fläche des jetzt vorhandenen WasserG.ns Teil der Ausweichstelle werden. Eigentümer dieser Fläche sei jedoch weder die Klägerin noch der Beigeladene, sondern Herr F. (mittlerweile: F.). Dass der Eigentümer bereit sei, dem Beigeladenen diese Grundstücksflächen zu verkaufen, sei nicht dargelegt und erscheine wegen der gegebenen persönlichen Verhältnisse ausgeschlossen.
Die Annahme des Erschließungsangebotes sei darüber hinaus auch deshalb unzumutbar, weil die Funktionsfähigkeit der Erschließungsanlage aus technischen Gründen nicht gewährleistet sei. Durch das Vorhaben sei in erheblichem Umfang Gegenverkehr mit 40 t-Lkw und großen landwirtschaftlichen Zugmaschinen zu erwarten. Der Wirtschaftsweg sei für einen solchen Schwerlastverkehr weder gewidmet noch für einen solchen Begegnungsverkehr geeignet. Auch die ca. 400 m von der Kreisstraße entfernt geplante Ausweichstelle stelle nicht die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf diesem Straßenabschnitt sicher. Durch die s-förmige Führung des Weges über die Hofstelle des (jetzt) F. und durch die Stellung der Hofgebäude und durch unmittelbar an der befestigten Fahrbahn des Weges aufgeschichtete Strohballen sei die Sichtbeziehung in Richtung des Hofes des Beigeladenen unterbrochen. Zudem sei die Strecke von 400 m ohne Ausweichmöglichkeit viel zu lang. Sollte es in diesem Bereich zu Begegnungsverkehr kommen, müssten 40 t-Lkw rückwärts wieder auf die Kreisstraße oder auf die Ausweichstelle zurücksetzen, wodurch andere Verkehrsteilnehmer, insbesondere Radfahrer, auf der auch von Touristen häufig befahrenen Straße konkret gefährdet würden. Eine ausreichende Erschließung für das Vorhaben könne nur durch eine Verbreiterung der befestigten Straße auf 6,00 m über die gesamte Länge geschaffen werden. Dies sei wegen der nördlich und südlich befindlichen Wassergräben aber von vornherein ausgeschlossen.
Die Hinweise, die der Gutachter der Firma Straßenbau Prüfstelle GmbH (S.) auf Seite 9 seines Gutachtens zur „Beurteilung der Tragfähigkeit der Straße D.“ vom 25. November 2011 (Bl. 26 ff. der Beiakte B001 im Verfahren 5 A 2872/11) im Zusammenhang mit der Beurteilung der Tragfähigkeit der Straße gegeben habe, belegten eindeutig die Ungeeignetheit für die Aufnahme von Schwerlastverkehr, insbesondere im Begegnungsverkehr, wie er bei dem genehmigten Hähnchenmaststall zu erwarten sei. Zudem müssten die Ausführungen zur Tragfähigkeit im Gutachten mit Hinweis auf die dortigen Ausführungen unter Ziffer 3.1.2 zu den Rammkernsondierungen in Frage gestellt werden. Das Erschließungsangebot werde den Empfehlungen des Gutachtens der Firma S. vom 25. November 2011 nicht gerecht.
Die mangelnde Erschließung für das geplante Vorhaben werde auch belegt durch vor Ort aufgenommene Lichtbildaufnahmen (Beiakte VIII Bl. 205 ff. mit beigefügter CD), aus denen sich erkennen lasse, dass die Straße Schwerlastverkehr nicht aufnehmen könne, die Sicherheit insbesondere der schwächeren Verkehrsteilnehmer konkret gefährdet werde und Begegnungsverkehr ausgeschlossen sei. Da die Straße zudem seit vielen Jahren für den Viehbetrieb zum nachbarschaftlichen Gehöft genutzt werde, seien durch den zu erwartenden Verkehrsanstieg Kollisionen vorprogrammiert.
Mit Bescheid vom 22. Mai 2012 ersetzte der Beklagte nach vorangegangener Anhörung (Beiakte VIII Bl. 177) das gemeindliche Einvernehmen (Beiakte VIII Bl. 229). Es sei bereits fraglich, ob trotz der mit Schreiben vom 13. Juli 2011 erfolgten Versagung das gemeindliche Einvernehmen nicht bereits durch Fristablauf nach § 36 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz BauGB als erteilt gelte. Zwar habe das Schreiben vom 8. Februar 2010, mit dem der Klägerin die das Bauvorhaben betreffenden Unterlagen mit der Bitte um Stellungnahme übersandt worden sind, nicht ausdrücklich die Aufforderung zur Erklärung des Einvernehmens enthalten, jedoch widerspreche es einer jahrzehntelangen geübten Praxis zwischen beiden Behörden, eine ausdrückliche Aufforderung zur Abgabe der Einvernehmenserklärung zu erwarten, so dass es rechtsmissbräuchlich sei, sich hierauf zu berufen.
Abgesehen davon sei die Versagung des Einvernehmens jedenfalls rechtswidrig erfolgt. Das Einvernehmen dürfe gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB nur versagt werden, wenn das Vorhaben gemessen an den maßgeblichen bauplanungsrechtlichen Vorschriften unzulässig sei. Weil die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB erfüllt seien, öffentliche Belange nicht entgegenstünden und die Erschließung gesichert sei, sei das Vorhaben nach städtebaulichem Planungsrecht zulässig und die Versagung des Einvernehmens damit i.S.d. § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB rechtswidrig.
Die Klägerin habe die Versagung ihres Einvernehmens zu Unrecht auf das Entgegenstehen öffentlicher Belange und das Fehlen der gesicherten Erschließung des Vorhabens gestützt.
Planungen der Klägerin, die dem Vorhaben entgegenstünden, lägen nicht vor. Die besondere Bedeutung D.s für die Erholung stelle einen öffentlichen Belang dar, der aber bislang keine weitere Planung der Klägerin, etwa zur Steuerung der Tierhaltung, nach sich gezogen habe. Im RROP sei D. als Standort mit der besonderen Aufgabe Fremdenverkehr festgelegt worden. Die geplante Anlage sei als singuläres Vorhaben im Anschluss an eine Hofstelle nicht raumbedeutsam. Das Fremdenverkehrsgebiet mit seinen Einrichtungen werde aufgrund der Entfernung des Vorhabens hierzu und zum Ortsrand von D. auch nicht in einer Weise beeinträchtigt, dass es dieser Festlegung entgegenstünde. Das gelte auch für die Festlegung als Vorranggebiet für Grünlandbewirtschaftung, -pflege und -entwicklung. Soweit der Flächennutzungsplan der Klägerin angrenzend an das Gebiet ein geplantes Landschaftsschutzgebiet darstelle, sei die Darstellung aufgrund der mittlerweile erfolgten formellen Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes veraltet. Zudem sei eine Prüfung nach der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Rheiderland“ des Beklagten vom 11. Oktober 2011 - LSG-VO - erfolgt und habe bei entsprechenden Kompensationsmaßnahmen die Zulässigkeit des Vorhabens ergeben.
Ein wirksamer Landschaftsplan der Klägerin bestehe nicht, konkrete Bauleitplanungen seien nicht dargelegt und auch nicht bekannt. Die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege seien im Genehmigungsverfahren ermittelt und bewertet worden. Nach den fachlichen Untersuchungsergebnissen sei trotz Vorliegens formaler redaktioneller Mängel festzustellen, dass Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege dem privilegierten Vorhaben nicht entgegenstehen.
Das Landschaftsbild werde nicht verunstaltet, da das Vorhaben im Nahbereich der vorhandenen Hofstelle errichtet und durch Anpflanzungen eingegrünt werde. Schädliche Umwelteinwirkungen, insbesondere schädliche bzw. unzumutbare Immissionen, gingen von dem Vorhaben nicht aus. Die naturschutzrechtliche Notwendigkeit des zusätzlichen Einbaus von Abluft-Filteranlagen zum Schutz von stickstoffempfindlichen FFH-Lebensraumtypen sei in einem ergänzend angeforderten Gutachten untersucht und verneint worden, weil sich die in einer Entfernung von etwa 1.000 m westlich gelegenen Salzwiesen des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer weit außerhalb der Fläche befänden, in der eine zusätzliche Stickstoffdeposition von 3 % der sog. „Critical Loads“ erreicht werde und daher von einer irrelevanten Zusatzbelastung auszugehen sei.
Auch aus anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergebe sich keine Pflicht, bei Tierhaltungsanlagen Filter zur Minderung von luftgetragenen Immissionen einzubauen. Insbesondere ergebe sich eine solche Pflicht nicht aus § 5 BImSchG und dem darin enthaltenen Schutz- und Vorsorgegebot. Die Forderung von Filteranlagen ergebe sich nicht aus dem Schutzgebot des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, da die zulässigen Immissionswerte für Geruch, Ammoniak und Staub nach den vorgelegten und vom Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt (GAA) Hildesheim (Zentrale Unterstützungsstelle Luftreinhaltung, Lärm und Gefahrstoffe - ZUS LLG) Gutachten nicht überschritten würden. Eine unzumutbare Belastung durch bei einer Ausfilterung von Staub an den Staubpartikeln haftenden Keime (Bioaerosole) könne mangels belastbarer wissenschaftlicher Untersuchungen, die eine gesicherte Prognose erlauben würden, nicht angenommen werden. Eine immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht bestehe nicht, da Anhaltspunkte für die Annahme einer Gesundheitsgefährdung nicht gegeben seien und sich die Belastung mit Luftschadstoffen noch in einem für den ländlichen Raum typischen Rahmen bewege. Einer späteren Einführung von Grenzwerten könne durch die nachträgliche Anordnung des Einbaus von Filtern begegnet werden. Auch das Vorsorgegebot des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erfordere den Einbau einer Filteranlage nicht. Für die vom Beigeladenen beabsichtigte Langmast von Geflügel gebe es bereits keine dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung durch nach DLG-Prüfkriterien zertifizierte Filter oder Abluftwäscher. Zudem würden die hierfür nötigen Investitions- und Betriebskosten den Einsatz solcher Anlagen unwirtschaftlich machen. Auch der TA Luft und der Geruchsimmissions-Richtlinie zur Feststellung und Beurteilung von Gerüchen (GIRL) seien weitergehende Anforderungen zur Abluftreinigung nicht zu entnehmen.
Bei der beabsichtigten Anlage der gewerblichen Tierhaltung handele es sich um ein Vorhaben, das aufgrund seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung gem. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Außenbereich grundsätzlich zulässig sei, sofern nicht öffentliche Belange entgegenstünden. Im Rahmen der erforderlichen Abwägung seien insbesondere die Umweltauswirkungen sowie die Beeinträchtigung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihrer Erholungsfunktion bewertet worden. Das Vorhaben führe zu keinen schädlichen und damit unzumutbaren Immissionen. Auch das Bundes-Immissionsschutzgesetz stelle insoweit keine anderen Anforderungen an die Zulässigkeit von Immissionen als das Baugesetzbuch. Insoweit könne auf die Ausführungen zum Immissionsschutz und in der Umweltverträglichkeitsprüfung verwiesen werden.
Die Erschließung sei ebenfalls gesichert. Das Vorhaben liege an einer dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straße. Die von der Klägerin verfügte Teileinziehung auf 8 t zulässiges Gesamtgewicht sei nicht wirksam. Die Flurbereinigungsbehörde habe mitgeteilt, dass der Ausbau des Weges als schwere bituminöse Fahrbahn genehmigt worden sei, wobei die Richtlinien für den ländlichen Wegebau (RLW 1999) bei einer schweren Befestigung von einer maßgebenden Achslast ausgingen. Das eingeholte Gutachten der Firma S. vom 25. November 2011 (Beiakte VIII Bl. 79 ff.) bestätige, dass dieser angestrebte Wert auch erreicht worden und die Straße für den mit dem Vorhaben verbundenen Verkehr geeignet sei.
Für möglichen Begegnungsverkehr werde der Beigeladene eine Ausweichstelle einrichten, was ihm als Bedingung auferlegt werde. Die wasserbehördliche Genehmigung hierfür sei bereits erteilt worden. Von der Ausweichstelle könne der Weg, für den Fall des aufgrund der wenigen Anlieger nur selten zu erwartenden Begegnungsverkehrs, eingesehen werden. Darüber hinaus könne von der Ausweichstelle aus bei normaler Sicht auch der Verkehr auf der weiterführenden Kreisstraße bereits über weite Entfernungen beobachtet werden. Im Übrigen gelte hier, wie für eine Vielzahl vergleichbarer Wege im landwirtschaftlich geprägten Kreisgebiet, dass ohne die gebotene gegenseitige Rücksichtnahme der Verkehrsteilnehmer und insbesondere der Anlieger ein Verkehr in weiten Teilen nicht möglich wäre. Auf den vorgelegten Fotos werde ein selbstverständlich provozierbares Worst-Case-Geschehen demonstriert, das aber nicht zum Maßstab erhoben werden dürfe, da es den Grundregeln der Straßenverkehrsordnung widerspreche. Der Klägerin sei durch den Beigeladenen ein entsprechendes Erschließungsangebot über die Erstellung dieser Ausweichstelle unterbreitet, dieses aber von ihr bislang nicht beantwortet worden. Die Klägerin sei zwar noch nicht als Eigentümerin der Straße im Grundbuch eingetragen worden. Für die Straßenfläche sei ihr jedoch durch vorläufige Besitzeinweisung gem. § 65 Flurbereinigungsgesetz der Besitz, die Verwaltung und die Nutzung übertragen worden. Die Straße sei dem öffentlichen Verkehr auch wirksam gewidmet. Es handele sich daher um widersprüchliches Verhalten der Klägerin, bezüglich der Ausweichstelle nun ihre Verfügungsmöglichkeit zu verneinen. Der Genehmigungsbescheid werde mit Nebenbestimmungen erlassen, die dem Beigeladenen die Wartung, Unterhaltung und Reparatur des Weges „D.“ sowie eine eventuell nötig werdende Verstärkung der Berme aufgebe und die Klägerin damit von unwirtschaftlichen Unterhaltungsmaßnahmen freihalte. Zudem werde dem Beigeladenen aufgegeben, den Zu- und Abfahrtsverkehr der Anlage durch betriebsorganisatorische Maßnahmen so zu regeln, dass dieser Verkehr sich nicht auf dem Weg D. begegnet.
Ebenfalls mit Bescheid vom 22. Mai 2012 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung von zwei Hähnchenmastställen mit je 40.000 Plätzen mit Abluftturm sowie von drei Futtermittelsilos und eines Auffangbehälters für Reinigungswasser (Beiakte X Bl. 6) und ordnete auf Antrag des Beigeladenen vom 5. Dezember 2011 (Beiakte X Bl. 230) die sofortige Vollziehung mit Bescheid vom 26. Juni 2012 (Beiakte X Bl. 235, bekannt gemacht am 2. Juli 2012, Beiakte X Bl. 240) an. Den hiergegen unter dem 22. Juni 2012 eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2012 zurück, woraufhin die Klägerin am 22. November 2012 Klage erhoben hat (- 5 A 5054/12 -).
Gegen den Bescheid vom 22. Mai 2012, mit dem der Beklagte das gemeindliche Einvernehmen ersetzt hat, legte die Klägerin am 24. Mai 2012 ebenfalls Widerspruch ein (Beiakte VIII Bl. 247, 289). Die Versagung des Einvernehmens sei zu Unrecht erfolgt. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihre bisherigen Ausführungen und ergänzte:
Dem Beklagten als Genehmigungsbehörde obliege eine umfassende Prüfungspflicht hinsichtlich der Voraussetzungen des § 35 BauGB, die nicht nur auf die von der Gemeinde genannten Gründe für die Versagung des Einvernehmens beschränkt sei.
Weil es sich bei dem Vorhaben nicht um eine nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB privilegierte landwirtschaftliche Tierhaltung handele, habe der Beigeladene kein schutzwürdigeres Interesse als andere Gewerbetreibende, die im Landschaftsschutzgebiet ein Vorhaben realisieren wollen. Die Errichtung von gewerblichen baulichen Anlagen solle durch die Unterschutzstellung aber gerade unterbunden werden. Hinter die mit der Ausweisung des Landschaftsschutzgebiets verfolgten Ziele, wie die Beibehaltung des Landschaftsbildes und die Abwehr von schädigenden Eingriffen in die Natur, müssten wirtschaftliche Interessen zurücktreten.
Zudem sei die ausreichende Erschließung des Vorhabens nicht gesichert. Der Gutachter G. von der Firma S. habe in einer gemeinsamen Besprechung am 14. Dezember 2011 dargelegt, weshalb sich der Weg nicht für 40 t-Lkw eigne, ein Vergleich mit landwirtschaftlichem Verkehr falsch sei, die Berme nicht tragfähig sei, eine oder mehrere Ausweichstellen völlig unzureichend seien und die Strecke bis zur Kreisstraße nicht einsehbar sei (Beiakte VIII Bl. 322). Daher sei das Erschließungsangebot des Beigeladenen auch zu Recht abgelehnt worden.
Das Vorhaben sei gem. § 35 Abs. 3 BauGB zudem wegen entgegenstehender öffentlicher Belange unzulässig.
Nach der LSG-VO liege das Vorhabengrundstück innerhalb des Geltungsbereichs des Landschaftsschutzgebietes „Rheiderland“. Gem. § 4 LSG-VO bestehe der Schutzzweck u.a. in der Erhaltung des Gebietscharakters und der Sicherung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, insbesondere der Lebensraumansprüche zahlreicher Vogelarten.
Der Beklagte sei zu Unrecht von der Freistellung der Hähnchenmastanlage von den Bauverboten der LSG-VO ausgegangen.
Es handele sich nicht gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, sondern um eine gewerbliche Tierhaltungsanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Ebenso wenig sei es gem. § 8 Abs. 1 Nr. 6 LSG-VO ein Projekt, das einer behördlichen Entscheidung oder Anzeige bedürfe und sich im Rahmen einer Vorprüfung oder einer Verträglichkeitsprüfung i.S.d. § 34 Abs. 1 BNatSchG als mit den Schutzzwecken der Verordnung vereinbar erweise oder den Anforderungen des § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG entspreche. Der angefochtene Ersetzungsbescheid setze sich mit diesem Freistellungstatbestand nicht hinreichend auseinander. Im Genehmigungsbescheid vom 22. Mai 2012 sei zu den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 6 LSG-VO ausgeführt, dass durch die in den Nebenbestimmungen aufgenommenen Schadensbegrenzungsmaßnahmen die Erheblichkeitsschwelle für die Beeinträchtigung des Lebensraumes unterschritten werde. Damit sei das Vorhaben von dem Bauverbot freigestellt. Da diese Prüfung der Verträglichkeit ergeben habe, dass das Projekt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes in seinem für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen könne, sei es auch nach § 34 BNatSchG zulässig.
Diese Begründung erweise sich als nicht tragfähig. Die zugrunde gelegte FFH-VU vom 18. Januar 2010 und die UVS vom 9. Dezember 2010 seien unbrauchbar.
Gem. § 34 Abs. 2 und 1 Satz 1 BNatSchG sei die Verträglichkeit eines Vorhabens mit den Erhaltungszielen des Gebietes bereits dann nicht gegeben, wenn das Projekt einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten zu erhebliche Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen „kann“. Ein Projekt sei also nicht erst dann unzulässig, wenn die Gewissheit bestehe, dass es das betreffende Gebiet erheblich beeinträchtigt, sondern es genüge schon die Wahrscheinlichkeit bzw. die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebietes. Unter Berücksichtigung insbesondere des Vorsorgeprinzips liegt eine solche Gefahr dann vor, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Projekt das fragliche Gebiet erheblich beeinträchtigt. Aus dem gemeinschaftsrechtlichen Vorsorgegrundsatz folge, dass bestehende wissenschaftliche Unsicherheiten auf ein Minimum reduziert werden müssten und dass die Behörde ein Vorhaben ohne Rückgriff auf Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen - Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) - nur dann zulassen dürfe, wenn sie zuvor Gewissheit darüber erlangt habe, dass dieses sich nicht nachteilig auf das Gebiet als solches auswirke. Dies sei nur dann der Fall, wenn aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran bestehe, dass solche Auswirkungen nicht auftreten werden. Wenn bei einem Vorhaben aufgrund der Vorprüfung nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen entstanden sei, könne dieser Verdacht nur durch eine schlüssige naturschutzfachliche Argumentation ausgeräumt werden, mit der ein Gegenbeweis geführt werde. Dieser Gegenbeweis misslinge, wenn die Risikoanalyse, -prognose und -bewertung nicht den besten Stand der Wissenschaft berücksichtige oder wenn die wissenschaftlichen Erkenntnisse derzeit objektiv nicht ausreichen, jeden vernünftigen Zweifel auszuräumen, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden. Kommen mehrere Sachverständige auf der Grundlage übereinstimmender Feststellungen zu unterschiedlichen, nach dem Stand der Wissenschaft gleichermaßen vertretbaren prognostischen Aussagen zu den Auswirkungen eines Vorhabens, liege die Folgenabschätzung nicht „auf der sicheren Seite“.
In Anwendung dieser Grundsätze seien die FFH-VU und die UVS nicht geeignet, die Verträglichkeit des Projektes nachzuweisen.
Dies folge bereits aus der eingangs von den Gutachtern abgegebenen Feststellung, die Erfassungsergebnisse könnten insofern nicht als repräsentativ gewertet werden, als zu Beginn der Brutzeit Vergrämungsmaßnahmen in Form sogenannter „Flatterbänder“ wirksam gewesen seien.
Zudem beschränke sich die FFH-VU auf wenige wertbildende Vogelarten wie Kiebitz, Rotschenkel und eine oberflächliche Betrachtung der Rastvögel. Zu sonstigen Arten heiße es, weitere Vorkommen von Arten der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie oder Anhang 1 der Vogelschutzrichtlinie seien nicht bekannt.
Die Betrachtung der Beeinträchtigung von Erhaltungszielen und der Einzelarten entspreche nicht dem aktuellen Stand der Unterschutzstellung. Die FFH-VU datiere vom 18. Januar 2010 und lege ein faktisches Vogelschutzgebiet zugrunde. Für die Entscheidung des Beklagten, dass erhebliche Beeinträchtigungen i.S d. § 34 Abs. 1 BNatSchG nicht zu erwarten seien, wäre eine wissenschaftlich tragfähige Untersuchung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzziele und -zwecke der LSG-VO erforderlich gewesen, die am 1. November 2011 und damit fast zwei Jahre nach Erstellung des Investorengutachtens - aber vor der Genehmigungserteilung - in Kraft getreten sei.
Aus der gutachterlichen Stellungnahme von Dr. M. S., die dem Beklagten mit der Stellungnahme des Naturschutzbundes Niedersachsen vom 21. Juni 2011 im öffentlichen Auslegungsverfahren vorgelegt worden sei, ergebe sich, dass durch das Vorhaben erhebliche Beeinträchtigungen i.S.d. § 34 Abs. 1 BNatSchG eintreten werden und dieses demzufolge nach § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig sei. In dem Gutachten würden insbesondere die Schutzziele der seinerzeit noch in Aufstellung befindlichen Schutzgebietsverordnung und das formell unter Schutz gestellte Vogelschutzgebiet abgearbeitet und zudem geschützte Pflanzen in den Blick genommen. Diese sei in der FFH-VU und in der UVS hinsichtlich ihrer Beaufschlagung mit zusätzlichen Ammoniak- und Stickstoffbelastungen völlig ausgeblendet worden. Weiterhin sei die Belastung der vorgesehenen Ausgleichsflächen mit diesen Stoffen völlig unberücksichtigt geblieben. Auch werde die Verletzung des Landschaftsbildes nachvollziehbar dargelegt. Der Gutachter betone die schädlichen Auswirkungen der senkrechten Strukturen auf das offene Landschaftsbild und stelle fest, dass die vom Beklagten als Schutz der Landschaft empfundene Eingrünung des Vorhabens in Wirklichkeit zur weiteren Schädigung der offenen Kulturlandschaft führe. Das Themenfeld „Vogelgrippe“ sei ebenfalls nicht berücksichtigt worden. Weil Geflügelmassentierhaltung mit all ihren Nebeneffekten (Anlieferung von Futter und Tieren, Abtransport, Abfallbeseitigung usw.) als Ausbreitungszelle der Vogelgrippe gelte, berge die Platzierung eines solchen Betriebes in einem Knotenpunkt des Auftretens nordischer Gänsen sowie verschiedener Watvogelarten mit erheblichen Beständen und einer Drehscheibe des Vogelzuges ein erhebliches Risiko für die Verseuchung von Wildvögeln mit der Gefahr einer großen Zahl von Todesfällen und der dann von hier ausgehenden Gefahr der Ausbreitung in andere, benachbarte EU-Vogelschutzgebiete in Deutschland. Käme es zu Todesfällen, führe dies neben einer erheblichen Beeinträchtigung des EU-Vogelschutzgebietes „Rheiderlandes“ auch zu einem Biodiversitätsschaden i.S.d. § 19 BNatSchG. Die Planunterlagen setzten sich mit den Risiken der Vogelgrippe nicht auseinander. Die damit zusammenhängenden Fragen seien so nachzuarbeiten, dass das zu erwartende Risiko quantifiziert werde und die Genehmigungsbehörde für den Fall, dass das Risiko nicht plausibel gänzlich ausgeschlossen werden könne, im Einzelnen darlegt, welche Maßnahmen sie im Falle eines Ausbruchs der Vogelgrippe im Mastbetrieb zum Schutz der Vogelbestände des EU-Vogelschutzgebietes zu ergreifen gedenke. Mit diesen Einwendungen setze sich der Genehmigungsbescheid nicht auseinander. Im Hinblick auf den Ausbruch der Vogelgrippe im Jahr 2007 sei völlig offen, ob die Krankheit von Wildvögeln oder von in Gefangenschaft gehaltenen Tieren ausgehe. Der Beklagte halte es nach der Begründung im Genehmigungsbescheid für den Anlagenbetreiber nicht für zumutbar, teure Filteranlagen einzubauen und nehme es dafür in Kauf, dass der Bereich um die geplante Stallanlage, der nicht nur im Winter von 10.000, wenn nicht sogar 100.000 Rastvögeln, insbesondere Gänsen, aufgesucht werde, ungefiltert von der Stallluft und den darin enthaltenen Keimen und Krankheitserregern beaufschlagt werde. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass es hinreichend Anhaltspunkte für die Annahme gibt, dass Bioaerosole aus Tierhaltungsanlagen möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen. Deswegen könne unter Vorsorgegesichtspunkten erwogen werden, eine Erhöhung von Immissionskonzentrationen gegenüber den Hintergrundwerten zu vermeiden oder zu vermindern. Dies bedürfe der besonders sorgfältigen Prüfung, wenn zu den Bioaerosolen Vogelgrippeviren gehören könnten.
Zudem sei der von Ammoniak- und Stickstoffimmissionen betroffene Raum offensichtlich viel zu klein bemessen worden. Aus dem Gutachten von Dr. S. folge, dass die Auswirkungen auf vermeintliche Ausgleichsflächen und auf empfindliche Pflanzen nicht untersucht worden sind. Knapp außerhalb des 1000 m-Radius befinde sich eine Vielzahl kartierter Biotope.
Der Beklagte habe mit Schreiben vom 29. August 2011 (Beiakte VIII Bl. 329) vom Beigeladenen nach naturschutzrechtlicher Prüfung, insbesondere zu den Inhalten der FFH-VU und der UVS, weitere Stellungnahmen und Überarbeitungen angefordert. Der Versuch der Mängelbeseitigung durch das H. mit Schreiben vom 12. September 2011 (Beiakte VIII Bl. 333) lasse ganze Beanstandungsbereiche unbearbeitet.
Hinsichtlich der im Rahmen der Versagung des Einvernehmens bereits geltend gemachten Ausführungen zur Beeinträchtigung des Erholungswertes der Landschaft wurde ergänzt: Die Annahme des Dipl.-Biologen G., der betroffene Landschaftsraum habe für den Tourismus keine Bedeutung, sei falsch. Entsprechende Untersuchungen seien seitens des Beklagten nicht durchgeführt worden. Tatsächlich drohe ein enormer wirtschaftlicher Schaden sowohl für Private als auch für den öffentlichen Bereich. In der Vergangenheit seien Ferienwohnungen mit öffentlichen Mitteln subventioniert und zahlreiche touristische Einrichtungen geschaffen worden. Vermieter hätten angekündigt, dass sie zukünftig keine Ferienwohnungen mehr anbieten werden. Stammgäste hätten angekündigt, zukünftig keinen Urlaub in D./P. mehr zu verbringen. Auch dieser öffentliche Belang stehe der Genehmigung entgegen.
Das Vorhaben erfordere zudem aufgrund der berührten öffentlichen und privaten Belange einen planerischen Ausgleich, der nicht im Rahmen einer Einvernehmensersetzung erfolgen könne, sondern nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Gegenstand einer im förmlichen Bauleitverfahren nach § 1 BauGB zu treffenden abwägenden Entscheidung sein müsse. Auch aus dem klarstellenden Zusatz in § 35 Abs. 1 Nr. 4 a.E. BauGB („es sei denn…“) folge, dass immer dann, wenn eine UVP-Pflicht gegeben sei, auch ein Planungserfordernis bestehe.
Schließlich sei mittlerweile davon auszugehen, dass die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens eine gebundene Entscheidung ohne Ermessensspielraum sei, so dass die vom Beklagten berücksichtigten Aspekte daher einen Ermessensfehlgebrauch und damit die Rechtswidrigkeit der Ersetzungsentscheidung bedeuteten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2012 (Beiakte VIII Bl. 381) wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die Ersetzung des Einvernehmens als unbegründet zurück.
Es sei unstrittig, dass das Vorhaben nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, sondern als gewerbliche Tierhaltung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu beurteilen sei.
Die ausreichende Erschließung des Vorhabens sei gesichert. Insoweit werde auf die bisherigen Ausführungen verwiesen. Eine wirksame Widmungsbeschränkung bestehe aufgrund der hiergegen gerichteten Klage nach Aufhebung des Sofortvollzugs nicht und habe auch zum Zeitpunkt der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung am 22. Mai 2012 nicht bestanden.
Das Erschließungsangebot sei nicht im Rahmen der Widmungsbeschränkung, sondern im Genehmigungsverfahren vorgelegt worden. Eine entsprechende Rückäußerung im Genehmigungsverfahren sei nicht erfolgt. Die Darlegungen im gerichtlichen Streitverfahren zur Widmungsbeschränkung hätten schon förmlich nicht einer Antwort auf dieses Angebot entsprochen. Im Übrigen habe sich die Klägerin mit dem Erschließungsangebot nicht auseinandergesetzt, sondern sei wegen grundsätzlicher Bedenken nicht darauf eingegangen. Das Erschließungsangebot umfasse die Anlegung einer Ausweichstelle auf dem Hofgrundstück des Beigeladenen, die auf Anregung des Untersuchungsberichtes der Firma S. hin vom diesem geplant werde und die geeignet sei, möglichen Begegnungsverkehr zu verhindern. Einer Einigung mit der Klägerin über die Anlegung der Ausweichstelle bedürfe es nicht, da diese schon wegen des fehlenden Eingehens auf das Erschließungsangebot und der grundsätzlich ablehnenden Haltung der Gemeinde nicht habe zustande kommen können. Der Genehmigungsbescheid enthalte zudem Auflagen zur Sicherung der Erschließung und zur Vermeidung unwirtschaftlicher Aufwendungen für die Klägerin.
Soweit ein Verstoß gegen die LSG-VO geltend gemacht werde, sei darauf hinzuweisen, dass die städtebaulichen und naturschutzrechtlichen Zulässigkeitsregelungen nicht gleichzusetzen seien. Hier sei der Belang des Naturschutzes insoweit zu betrachten, wie er einen städtebaulichen Belang darstelle, auf den sich auch die Klägerin berufen könne. Dessen Umfang sei in der Rechtsprechung strittig. Da sich die Vorgaben der Vogelschutzrichtlinie und der FFH-Richtlinie an den Staat richteten, also auch an die Gemeinde als Trägerin der Planungshoheit, werde hier die grundsätzliche Verträglichkeit mit den Schutzzielen des Gebietes betrachtet.
Soweit die vorgenommene Einschätzung bezüglich der Bewertungsgrundlagen kritisiert werde, sei auszuführen, dass für die naturschutzfachliche Bewertung ausreichende Erkenntnisse zu Grunde gelegen hätten und sich auch aus der Stellungnahme des Naturschutzbundes Niedersachsen eine andere rechtliche und fachliche Bewertung nicht ableiten lasse.
Zu dem Vortrag, die Auswirkungen von Keimen, insbesondere der Vogelgrippe, auf die Wildvögel sei nicht betrachtet worden, sei auszuführen, dass mit der hochpathogenen Form der Geflügelpest infizierte Hühnervögel eine hohe Mortalität aufwiesen und innerhalb kürzester Zeit daran verenden würden, also keine dauerhafte Übertragung von Viren durch die Abluft erfolgen könne. Durch die vorgeschriebenen strengen Untersuchungen der eingestallten Tiere könne eine vom Bestand ausgehende Infektion ausgeschlossen werden. Das Überleben der Viren sei an lebende Tiere gebunden, in der Luft überlebten sie nicht lange. Wasservögel, wie Wildgänse, seien gegen diese Viren immun, könnten sie aber übertragen. Insoweit stelle dieser Stall kein relevantes Infektionsrisiko für Wildvögel dar.
Die zusätzliche Belastung des Raums durch die von der Anlage ausgehende Stickstoffdeposition sei geprüft worden, relevante Auswirkungen ergäben sich nicht.
Die verbleibenden Auswirkungen auf das Landschaftsbild stünden dem privilegierten Vorhaben nicht entgegen.
Auch der Entwurf des Landschaftsplans aus dem Jahr 1996 könne dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Zum einen sei es zweifelhaft, ob sich ein Entwurf eines Landschaftsplans überhaupt gegenüber einem privilegierten Vorhaben durchsetzen könne. Zum anderen sei der Entwurf überaltert. Die dort getroffenen Aussagen bedürften zudem auch einer konkreten Umsetzung, so dass sie dem privilegierten Vorhaben schon von daher nicht entgegenstehen würden. Diese Belange seien bereits im Verfahren berücksichtigt worden.
Zur Frage des Ermessens im Zuge der Ersetzung des Einvernehmens ergebe sich nicht, inwieweit es der Klägerin im Widerspruchsverfahren zum Vorteil gereichen sollte, wenn bei der Ersetzung des Einvernehmens ggf. fälschlicherweise zu ihren Gunsten ein Ermessen angenommen worden wäre.
Am 22. November 2012 hat die Klägerin Klage gegen die Ersetzung des Einvernehmens erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren und ergänzt:
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei bei einer Drittanfechtung die letzte Behördenentscheidung, d.h. hier der Erlass des Widerspruchsbescheides am 23. Oktober 2012. Damit seien sowohl die in Kraft getretene LSG-VO „Rheiderland“ als auch das novellierte Bundesnaturschutzgesetz anzuwenden.
Das Vorhaben stelle keine landwirtschaftliche Tätigkeit nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, sondern eine gewerbliche Tätigkeit nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB dar. Dass der Beklagte dies als unstreitig erachte, lasse darauf schließen, dass der Beklagte meine, es komme für die Entscheidung auf diese Unterscheidung nicht an. Dies sei jedoch falsch, weil der Beklagte bei der Prüfung der entgegenstehenden Belange der gewerblichen Massentierhaltung in der nachvollziehenden Abwägung zu Unrecht den Privilegierungsgrad eines landwirtschaftlichen Betriebes beimesse. Das Vorhaben sei bei den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes nicht als Landwirtschaft, sondern als gewerblicher Betrieb zu behandeln.
Mit dem zum 20. September 2013 in Kraft getretenen Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts habe der Gesetzgeber die Privilegierung von gewerblichen Tierhaltungsanlagen gem. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB stark eingeschränkt. Sie entfalle nunmehr bereits bei einer standortbezogenen oder allgemeinen UVP-Vorprüfungspflicht, die bei Hähnchenmastställen ab 30.000 Mastplätzen vorgeschrieben sei. Durch diese Neuregelung habe der Gesetzgeber ein Planungsbedürfnis ab dieser Größenordnung festgeschrieben. Hieraus folge, dass jede Veränderung des genehmigten Vorhabens, die zu einem aliud führe, im Gerichtsverfahren ausgeschlossen sei. Ihr - der Klägerin - könne nicht vorgeworfen werden, das Vorhaben nicht durch Bauleitplanung verhindert zu haben, weil die öffentlichen Belange des § 35 Abs. 3 BauGB zum Schutz der Gemeinde anzuwenden seien. Diese Prüfung habe der Beklagte unterlassen.
Der Beigeladene gehe offenbar mittlerweile selbst davon aus, dass die geplante Erschließung nicht gesichert sei. Sie - die Klägerin - sei mit Schreiben vom 16. April 2013 von dem Beklagten aufgefordert worden, zu einer neuen Erschließung Stellung zu nehmen, die mitten durch die Grünflächen des Vogelschutzgebietes zur ... Straße geführt werden soll (Bl. 153 der Gerichtsakte). Eine Änderung der Erschließung habe zur Folge, dass ein anderes Vorhaben zur Genehmigung gestellt werde. Da es sich um ein neues Vorhaben handele, falle es nicht unter die Übergangsvorschrift des § 245a Abs. 4 BauGB und sei somit nach dem ab dem 20. September 2013 geltenden § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nicht genehmigungsfähig.
Die Ablehnung des Erschließungsangebotes, für die es nur auf den Zugang bei dem Beigeladenen ankomme, sei auch zeitlich vor der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens erfolgt.
Hinsichtlich der Einschätzung der Seuchengefahr belegten die Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid zur hohen Mortalität von mit Geflügelpest infizierten Hühnern und dem daraus abzuleitenden Ausschluss einer vom Bestand ausgehenden Infektion über die Abluft und die Immunität von Wildvögeln gegen diese Viren, dass der Beklagte nicht einmal selbst eine zeitweise Übertragung von Viren ausschließe, sondern lediglich behaupte, dass es ein relevantes Infektionsrisiko für Wildvögel nicht gebe. Damit gebe er zu, dass das Seuchenrisiko nicht ordnungsgemäß nach dem Stand der Wissenschaft untersucht worden sei. Im Schriftsatz des Beklagten vom 13. August 2013 im Verfahren 5 A 5054/12 (dort Seite 15, Bl. 179 der Gerichtsakte im dortigen Verfahren) sei die Infektionsgefahr durch die Hähnchenmast im Vogelschutzgebiet im Grundsatz erkannt, dann aber als wissenschaftlich in keiner Weise belegtes Infektionsrisiko abgetan worden. Dass diese Feststellung falsch sei, ergebe sich aus der tierseuchenbehördlichen Allgemeinverfügung zum Schutz gegen die aviäre Influenza des Landkreises Emsland vom 1. Mai 2013 und einem Zeitungsbericht betreffend eine Vogelgrippeinfektion eines Putenstalles im … (Bl. 174 ff. der Gerichtsakte im Verfahren 5 A 5054/12). Der Beklagte habe selbst eine entsprechende Allgemeinverfügung erlassen.
Der Beklagte habe bei seiner Entscheidung nicht den Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Stickstoffeinträgen der Bund/ Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (Langfassung, Stand: 1. März 2012) beachtet. Insoweit werde auch auf den gemeinsamen Runderlass des Ministeriums für Umwelt und des Ministeriums für Landwirtschaft vom 1. August 2012 (Nds. MBl. S. 262) und die darin enthaltenen Hinweise für die Durchführung der Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft verwiesen. Eine Summation sei unterblieben. Den Hinweisen des Nds. Oberverwaltungsgerichts im Beschluss vom 17. Juli 2013 - 12 ME 275/12 - dazu, wie die Prüfung der voraussichtlichen Stickstoffdispositionen und die Gesamtbelastung durch Ammoniak zu erfolgen habe, werde das ergänzende Gutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen nicht gerecht. Insbesondere sei der Einwirkungsbereich zu knapp bemessen worden. Wie bereits ausgeführt, sei bei einem Radius von 1,2 km eine Vielzahl weiterer Biotope betroffen, die nicht in die Untersuchung einbezogen worden seien.
Das Vorhaben des Beigeladenen sei entgegen der Ausführungen des Beklagten in der Klageerwiderung im Verfahren 5 A 5054/12 nicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 6 LSG-VO von den Schutzbestimmungen des § 5 LSG-VO freigestellt, da - wie der Naturschutzbund Deutschland e.V. im Verfahren 5 A 5019/12 mit Schriftsatz vom 7. Januar 2013 (Bl. 75 der Gerichtsakte im dortigen Verfahren) ausführlich dargelegt habe, eine Verträglichkeit i.S.d. § 34 Abs. 1 BNatSchG nicht vorliege und das Vorhaben den Anforderungen des § 34 Abs. 3 - 5 BNatSchG nicht entspreche. Im Übrigen handele es sich bei gewerblichen Tierhaltungsanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. nicht um landwirtschaftliche Betriebe i.S.e. Landschaftsschutzverordnung. Mit der Formulierung „einer bestehenden landwirtschaftlichen Hofstelle“ werde an die klassische baurechtliche Privilegierung von Vorhaben angeknüpft, die einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb diene. Der Begriff der Hofstelle werde in bauplanungsrechtlicher Hinsicht (allein) im land- bzw. forstwirtschaftlichen Regelungszusammenhang verwendet. § 35 Abs. 1 Nr. 6c BauGB, der u.a. an die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 und 4 BauGB anknüpfe, differenziere ausdrücklich zwischen (landwirtschaftlicher) Hofstelle und Betriebsstandort. § 201 BauGB definiere den Begriff der Landwirtschaft lediglich für den Anwendungsbereich des Baugesetzbuchs verbindlich. Ein rein naturschutzrechtliches Begriffsverständnis würde zu einer eher strengeren Beurteilung führen, die eine Einordnung des Vorhabens als landwirtschaftlicher Betrieb erst recht verbieten würde, weil im natur- bzw. landschaftsrechtlichen Zusammenhang, z.B. in § 5 BNatSchG, unter Landwirtschaft Bodenbewirtschaftung und damit verbundene Tierhaltung zur Gewinnung pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse verstanden werde. Massentierhaltung bzw. Mastbetriebe ohne eigene Futtergrundlage gehörten nicht dazu.
Sollte es auf § 8 Abs. 1 Nr. 6 LSG-VO ankommen, sei die Wirksamkeit dieser Vorschrift zu überprüfen, die nicht gegeben sei, weil sie das Landwirtschaftsprivileg des § 5 BNatSchG unzulässigerweise auf Gewerbebetriebe ausdehne.
Die FFH-Verträglichkeitsprüfung sei unbrauchbar. Insoweit werde auf die Ausführungen des Naturschutzbundes Deutschland e.V. in der Klageschrift im Parallelverfahren 5 A 5019/12 Bezug genommen.
Soweit der Beklagte darauf verweise (Schriftsatz vom 13. August 2013, Seite 10, im Parallelverfahren 5 A 5054/12, Bl. 174 f. der dortigen Gerichtsakte), die Untere Naturschutzbehörde habe mit Schreiben vom 28. Januar 2010 ausgeführt, nach dem derzeitigen Erkenntnisstand genüge die mögliche Beeinträchtigung des Lebensraums einer im ungünstigen Erhaltungszustand befindlichen wertbestimmenden Vogelart, um von einer erheblichen Beeinträchtigung durch ein Vorhaben auszugehen, jedoch könne die Erheblichkeitsschwelle durch vorgeschaltete Schadenbegrenzungsmaßnahmen unterschritten werden, wofür Teilnahme an Kooperationsprogrammen des Landes Niedersachsen (Nordische Gastvögel, Grünlandschutz, Gelegeschutz) anerkannt werde, verwundere dies vor dem Hintergrund der anlässlich eines Ortstermins am 15. April 2009 festgestellten Vergrämungsmaßnahmen. Zudem sei nicht nachvollziehbar, was die Teilnahme an Kompensationsprogrammen bewirken solle und wie dies auf Dauer Beeinträchtigungen kompensieren solle. Zudem sei die Sicherung der Kompensations- und Ausgleichsmaßnahmen nicht feststellbar. Diese müssten für die Dauer des Eingriffs nachgewiesen werden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 22. Mai 2012, mit dem der Beklagte das gemeindliche Einvernehmen ersetzt hat, sowie den Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren und ergänzt:
Die Straße D.er Warpen sei kein bloßer „Wirtschaftsweg“, sondern eine gewidmete Straße. Die Fahrbahnbreite und der Ausbau seien von der Flurbereinigungsbehörde sowie von der Klägerin, die diese Straße übernommen habe, offenbar für ausreichend angesehen worden. Sie diene bereits jetzt der Erschließung der vorhandenen Hofstelle und der anliegenden landwirtschaftlichen Flächen. Der Gutachter der Firma S. habe in einer E-Mail vom 21. Juni 2012 (Beiakte VII Bl. 396) klargestellt, dass die in der Stellungnahme abgegebenen Empfehlungen über den eigentlichen Auftragsumfang hinaus, die Tragfähigkeit der Straße zu beurteilen, als ergänzende Hinweise gegeben worden seien. Danach würden für den Betrieb der Straße zusätzliche Maßnahmen empfohlen. Hierdurch habe jedoch die Aussage zur Tragfähigkeit der Straße in keiner Weise relativiert werden sollen und würde auch eine Ungeeignetheit der Straße nicht belegt. Das Niedersächsische Landesamt für Geoinformation und Landesentwicklung Niedersachsen (LGLN) habe auf Anfrage mitgeteilt, dass die Straße als schwere bituminösen Befestigung genehmigt worden sei und man von einer maßgebenden Achslast von 11,5 t ausgehe (Beiakte VIII Bl. 161). Zwar treffe es zu, dass die Straße möglicherweise einen ungehinderten Begegnungsverkehr nicht zulasse. Dies sei jedoch im Hinblick auf den nur geringen Begegnungsverkehr im Ergebnis hinnehmbar. Es sei im Außenbereich nicht ungewöhnlich und in Anbetracht der geringen Verkehrsbelastung für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs vertretbar sei, wenn in den (wenigen) Fällen von Begegnungsverkehr auf unbefestigte Straßenseitenräume ausgewichen werden müsse. Die Straße sei auch bisher schon von wirtschaftlichen Fahrzeugen mit vergleichbarer Breite genutzt worden. Der bestehende landschaftliche Betrieb werde mit Molkereifahrzeugen sowie mit Lastkraftwagen angefahren, die mit Mischfutter beladen, eine Achslast von bis zu 11,5 t aufwiesen. Hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse sei es zwar zutreffend, dass Herr F. noch als Eigentümer eingetragen sei, jedoch habe das LGLN mit Schreiben vom 12. April 2013 zu einer Bauvoranfrage des Herrn F. mitgeteilt, dass die Straßenfläche des Flurstücks …/… der Klägerin zu Besitz, Verwaltung und Nutzung übertragen worden sei (Beiakte XII Bl. 1). Daher fehle es nicht an einer Verfügbarkeit der Flächen. Die Klägerin sei an einem Zustandekommen des Erschließungsvertrags nur deshalb nicht interessiert, weil das Vorhaben als solches nicht gewollt sei. Die Klägerin habe kurz vor der beabsichtigten Genehmigungserteilung planerische Aktivitäten durch Aufstellung eines Bebauungsplanes und einer Veränderungssperre entfaltet, hierzu habe es jedoch an einer Mehrheit gefehlt. Zuvor habe die Klägerin versucht, das Vorhaben durch eine Teileinziehung der Straße zu verhindern. Es treffe auch nicht zu, dass die Straße, wie anhand der vorgelegten Fotos glaubhaft gemacht werden solle, durch Radfahrer bzw. Touristen häufig genutzt werde. Wegen der geringen Anliegerzahl werde sie auch kaum durch Kraftfahrzeuge befahren, sodass es nur selten zu einem Begegnungsverkehr komme. Die Einrichtung einer Ausweichstelle führe dazu, dass sowohl die gerade verlaufende Straße D…. als auch die Kreisstraße …er Straße einsehbar sei, so dass eine Begegnungssituation vermieden werde. Dies entspreche den Empfehlungen des Gutachters und des Straßenverkehrsamtes.
Die FFH-VU sei den gesetzlichen Anforderungen entsprechend erfolgt. Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 24. März 2011 sei eine Unterschutzstellung als Landschaftsschutzgebiet noch nicht erfolgt. Die LSG-VO sei erst am 2. November 2011 in Kraft getreten, also vor der Erteilung der Genehmigung am 22. Mai 2012. Bereits im Rahmen einer Bauvoranfrage bzw. eines Vorbescheidverfahrens im Jahr 2009 - damit vor dem Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes zum 1. März 2010 - hätten die ersten naturschutzrechtlichen und -fachlichen Bewertungen stattgefunden. Vor der Novellierung des Naturschutzrechtes sei in nur faktischen Vogelschutzgebieten eine Prüfung der Verträglichkeit nach § 34c Abs. 1 i.V.m. § 34b Abs. 5 NNatG durchzuführen gewesen, wobei der vorübergehende Schutzstatus gem. § 34b Abs. 5 NNatG maßgeblich gewesen sei. Danach seien Vorhaben, die zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen können, in faktischen Vogelschutzgebieten verboten. Diese Vorschrift sei erkennbar an den Wortlaut des Art. 4 Abs. 4 VRL angelehnt gewesen. Das am 1. März 2010 in Kraft getretene Bundesnaturschutzgesetz habe keinerlei Regelungen mehr zum Schutzstatus faktischer Vogelschutzgebiete enthalten, so dass Art. 4 Abs. 4 VRL gegolten habe. Das entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hätte somit die Unzulässigkeit eines Vorhabens nur festgestellt werden können, wenn festgestanden hätte, dass die für das faktische Vogelschutzgebiet maßgeblichen Erhaltungsziele durch das Vorhaben mehr als nur in einem geringen Ausmaß beeinträchtigt werden können. War eine solche Beeinträchtigung ausgeschlossen, war ein Vorhaben zulässig. War ein Vorhaben geeignet, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, aber nach seinen Auswirkungen nicht abschließend prüfbar, war für eine abschließende Beurteilung ein entsprechendes Gutachten vorzulegen. Aufgrund dieser Untersuchung war zu beurteilen, ob das Vorhaben zu einer erheblichen Beeinträchtigung führen kann.
Grundlage für die FFH-VU vom 18. Januar 2010 und die in § 4 Abs. 3 und 4 der LSG-VO aufgeführten Erhaltungsziele seien unter anderem die vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) überarbeiteten vorläufigen Erhaltungsziele gewesen (Stand: 8. September 2005, Bl. 190 der Gerichtsakte 5 A 5054/12). Im Rahmen des Abstimmungs- und Entscheidungsprozesses bezüglich der LSG-VO seien zwar allgemeine und spezielle Erhaltungsziele zusammengefasst, also nicht mehr bezogen auf die einzelnen Arten geregelt worden. Im Ergebnis entsprächen sie aber den in der FFH-VU zu Grunde gelegten Erhaltungszielen (vgl. Anlage 8 zum Schriftsatz des Beklagten vom 13. August 2013, Bl. 196 der Gerichtsakte 5 A 5054/12).
Die FFH-VU sei entsprechend den geltenden Regelungen erfolgt und die maßgebliche Prüfung durch den Beklagten vorgenommen worden. Die an die vom Beigeladenen vorzulegenden Gutachten zu stellenden Anforderungen seien in enger Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde festgelegt worden. Die vorgelegte FFH-VU in der Version vom 10. Dezember 2009 (Beiakte I Bl. 152) sei umfassend naturschutzfachlich überprüft und zu überarbeitende Punkte seien besprochen worden. Daraufhin habe der Gutachter eine entsprechend überarbeitete FFH-VU übersandt. Auch im weiteren Verlauf sei die Untere Naturschutzbehörde beteiligt gewesen.
Die Beschränkung auf „wertgebende Vogelarten“ entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Eine Verpflichtung, alle in Standarddatenbögen für das betreffende Gebiet aufgeführten Vogelarten in die Überprüfung aufzunehmen, bestehe nicht. Mängel bei der Artenerfassung seien nicht gegeben. Im Hinblick auf die Vergrämungsmaßnahmen sei es zulässig gewesen, auf die Daten aus zurückliegenden Jahren zurückzugreifen. Die Störungen auf dem Nachbargrundstück hätten auch nicht zu einer Aufgabe von Revieren geführt.
Ein wissenschaftlich belegtes Infektionsrisiko bei Wildvögeln durch Hausgeflügel in Mastställen bestehe nicht. Aquatisch lebende Wildvögel stellten das Hauptreservoir der maßgeblichen Virussubtypen dar. In diesem Wirtspool zirkulierten die Viren ohne größere Auswirkungen auf ihre Wirte. Wasservögel könnten die Erreger daher verbreiten, ohne selbst zu erkranken. Dagegen könnte Hausgeflügel durch Mutation infiziert werden, was zu einer klassischen Geflügelpest mit sehr hohen Verlustraten besonders in Hühner- und Putenbeständen führe. Daher liege das Hauptaugenmerk der Bekämpfung auf Biosicherheitsmaßnahmen, die das Eindringen der Erreger in Hausgeflügelbestände und die anschließende Verbreitung verhindern sollen. Bei einem nicht völlig auszuschließenden Auftreten der Geflügelpest in einem Stall sei davon auszugehen, dass die Erkrankung sehr schnell erkannt werde, da sie bei Hühnervögeln in der Regel rasant verlaufe. Die Bestandstötung könne voraussichtlich innerhalb von 24 Stunden abgeschlossen sein. Aufgrund der hermetischen Abriegelung der Hähnchenmastställe sei eine Infektion der Wildvogelpopulation über direkte Tierkontakte auszuschließen. Ein Erregeraustrag in die Umgebung über die Lüftungsanlagen sei bisher nicht bekannt geworden. Insgesamt sei die Geflügelpestsituation in den letzten Jahren als günstig einzustufen.
Das Vorhaben sei auch nicht wegen eines Widerspruchs gegen die Darstellungen eines Landschaftsplans gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB unzulässig, weil die Klägerin einen Landschaftsplan nicht aufgestellt habe. Auch ein Landschaftsrahmenplan sei nicht über das Entwurfsstadium hinausgekommen.
Dem Vorhaben stünden auch nicht die in § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB genannten Belange entgegen. Der Erholungswert der Landschaft könne einem privilegierten Vorhaben nur entgegengehalten werden, wenn ein besonders bedeutsames Gebiet betroffen sei. Der Nahbereich der Anlage unterscheide sich nicht von den übrigen landwirtschaftlich geprägten Grünlandbereichen. Der Ortsteil D. mit seiner besonderen Bedeutung für die Erholung befinde sich in einer Entfernung von ca. 1,5 km und sei kaum betroffen. Der besonderen Bedeutung als „staatlich anerkannter Erholungsort“ habe die Klägerin selbst nicht im Rahmen ihrer eigenen Möglichkeiten durch ein entsprechendes Planungsermessen Rechnung getragen. Da sich das Vorhaben an die vorhandenen Strukturen der Hofstelle angliedere, komme es nicht zu einer unzulässigen Veränderung des Landschaftsbildes.
Das Vorhaben widerspreche auch nicht den Zielen der Raumordnung. Es fehle bereits an einer Raumbedeutsamkeit. Der RROP 2006 des Beklagten stelle den Raum großflächig als Vorranggebiet für die Grünlandbewirtschaftung, -pflege und -entwicklung dar. Dem stehe eine maßvolle bauliche Erweiterung vorhandener Hofstellen nicht entgegen. Die weitere Funktion des Gebietes als Schutz des Wiesenvögellebensraumes sei nicht relevant betroffen. Im Bereich des Vorranggebietes für ruhige Erholung werde sich das Vorhaben nicht relevant bemerkbar machen. Die Festlegung des Ortes D. im RROP als Standort mit der besonderen Entwicklungsaufgabe Fremdenverkehr stelle nur eine regionale Aufgabenzuweisung dar, die, solange sie wie hier nicht hinreichend konkretisiert sei, nicht vor privaten Vorhaben schütze.
Der Erlass zur Durchführung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren sei erst nach Abschluss des Verfahrens ergangen und bestätige die im Verfahren zugrunde gelegte Annahme, dass für Anlagen der Geflügellangmast keine Abluftreinigungsanlagen zertifiziert worden sind. Die Bioaerosolproblematik könne nur in besonderen Fallkonstellationen aus Gründen der Vorsorge zur Unzulässigkeit eines Vorhabens führen. Diese seien jedoch nicht gegeben, da die nächstgelegene Fremdbebauung sich in Nebenwindrichtung in einer Entfernung von über 500 m zu den Abluftanlagen befinde.
Ein bestehendes Planungserfordernis als nicht benannter öffentlicher Belang könne hier nicht ins Feld geführt werden, da die Klägerin es ausdrücklich unterlassen habe, im Rahmen ihrer Planungshoheit durch eine entsprechende bauleitplanerische Steuerung tätig zu werden.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Er unterstützt die Position des Beklagten und führt aus: Die Ersetzung des Einvernehmens sei zu Recht erfolgt. Die Klägerin hätte die Möglichkeit gehabt, Teile des Gemeindegebietes zu überplanen. Jedoch habe es für eine Verhinderung des Bauvorhabens mittels Planfeststellungsbeschluss unter Einsatz einer Veränderungssperre keine Mehrheit gegeben. Die Erschließung des Vorhabens sei gesichert. Die Verbindungsstraße zur Kreisstraße reiche aus, um den Verkehr zu den geplanten Ställen aufzunehmen. Die naturschutzrechtlichen Belange seien im Rahmen der Genehmigung ordnungsgemäß abgearbeitet worden. Die Klägerin sei weder Naturschutzbehörde noch Naturschutzverband. Daher könne sie ihre eigenen planerischen Vorstellungen und auch Gründe der Erschließung vortragen, nicht aber Naturschutzbelange, solange diese planerisch keinen Niederschlag gefunden haben. Für die Frage des Einvernehmens sei es nicht entscheidend, ob eine landwirtschaftliche oder eine gewerbliche Tierhaltung vorliege. Daraus, dass sich die Klägerin nicht zur Erschließungsfunktion der Straße äußere, lasse sich ableiten, dass es zum Szenario eines Begegnungsverkehrs nicht kommen werde. Die Klägerin habe zu Unrecht die Annahme eines modifizierten Erschließungsangebotes abgelehnt, das auch den Unterhalt und die Wartung der Ausweichstelle erfasse, eine Regelung zur Beseitigung von Schäden an den Bermen der Straße D.er Warpen enthalte und eine Wartungs- und Unterhaltungspflicht anerkenne, soweit es zu Schäden an der Straße komme.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtakten in diesem Verfahren, in den Verfahren 5 A 5019/12, 5 A 2872/11, 5 B 4257/12, 5 A 5403/12, 5 A 5054/12 und der in diesen Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens durch den Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2012 ist rechtswidrig erfolgt. Die Klägerin ist dadurch in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB wird über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31 und 33 bis 35 BauGB im bauaufsichtlichen Verfahren von den Baugenehmigungsbehörden im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn - wie hier im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG - in einem anderen Verfahren über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit entschieden wird, § 36 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. BauGB.
Das Beteiligungserfordernis dient der Sicherung der Planungshoheit der Gemeinde. Die Gemeinde soll nach der Wertung des Gesetzgebers als sachnahe und fachkundige Behörde im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren an der Beurteilung der bebauungsrechtlichen Entscheidung mitentscheidend beteiligt werden. Wird die Gemeinde im Genehmigungsverfahren beteiligt und um die Erteilung ihres Einvernehmens im Sinne des § 36 Abs. 2 BauGB ersucht, darf sie dieses nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden Gründen versagen. Wird es rechtswidrig versagt, kann die nach Landesrecht zuständige Behörde - hier: gem. § 2 Nr. 2 Niedersächsische Verordnung zur Durchführung des Baugesetzbuches (DVO-BauGB) der Beklagte als für die Entscheidung über das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren zuständige Behörde - es ersetzen, § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB.
Hat die Gemeinde das Einvernehmen rechtzeitig aus sich aus § 35 BauGB ergebenen Gründen versagt, sind dessen Voraussetzungen auf einen Rechtsbehelf der Gemeinde in vollem Umfang nachzuprüfen. Gegenstand eines solchen Verfahrens ist die Prüfung, ob die Gemeinde ihr Einvernehmen rechtmäßig oder rechtswidrig versagt hat. Zu prüfen sind nur die sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden planungsrechtlichen Gründe, aus denen die Gemeinde gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB ihr Einvernehmen versagen darf. Das bedeutet für Außenbereichsvorhaben im Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 BauGB in vollem Umfang nachzuprüfen sind (BVerwG, z.B. Urteile vom 20. Mai 2010 - 4 C 7.09 -, BayVBl 2011, 183 und vom 1. Juli 2010 - 4 C 4.08 -, DVBl 2010, 1377). Die Gemeinde kann also insbesondere geltend machen, dass ein Vorhaben nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert sei und öffentliche Belange i.S.v. § 35 Abs. 3 BauGB verletze. Verstöße gegen andere Rechtsnormen können dem Rechtsmittel der Gemeinde dagegen nur dann zum Erfolg verhelfen, wenn sie auch dem Schutz der Gemeinde - insbesondere ihrer Planungshoheit - zu dienen bestimmt sind (OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 8 A 2357/08 -, Rn. 44 nach juris).
Die Prüfung ist nicht auf die Gründe beschränkt, auf die die Gemeinde die Versagung ihres Einvernehmens gestützt hat. Das Recht der Gemeinde, ihr Einvernehmen zu einem Außenbereichsvorhaben zu verweigern, ist nicht mit der Obliegenheit verbunden, die Entscheidung zu begründen (OVG NRW, Urteil vom 30. September 2014 - 8 A 460/13 -, Rn. 63 f. nach juris m.w.N.).
1. Eine Einvernehmensfiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2, 1. Hs. BauGB ist, anders als der Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 22. Mai 2012 angedeutet hat, nicht eingetreten.
Gem. § 36 Abs. 2 Satz 2, 1. Hs. BauGB gilt das Einvernehmen der Gemeinde als erteilt, wenn es nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert wird. Mit Eintritt dieser Einvernehmensfiktion verliert die Gemeinde die Berechtigung, die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des genehmigten Vorhabens geltend zu machen. Dies gilt jedenfalls für die Umstände, die bereits zu diesem Zeitpunkt die Verweigerung des Einvernehmens gerechtfertigt hätten (vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, Rn. 56 und 71 nach juris).
In Anbetracht der weit reichenden Folgen der Einvernehmensfiktion muss ein Ersuchen i.S.d. § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB aus Gründen der Rechtssicherheit eindeutig als solches formuliert sein. Die Gemeinde muss erkennen können, dass und in welcher Hinsicht die Zwei-Monats-Frist ausgelöst wird (OVG Münster, Urteil vom 30. Juli 2009 - 8 A 2358/08 -, Rn. 53 ff. nach juris m.w.N.). Der Fristbeginn setzt weiter voraus, dass der Gemeinde eine Einsicht in die vollständigen Antragsunterlagen in Bezug auf die bauplanungsrechtlichen Aspekte ermöglicht wird (BVerwG, Urteil vom 16. September 2004 - 4 C 7.03 - , BVerwGE 122, 13 = juris Rn. 14, 21).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Keines der an die Klägerin übersandten Schreiben des Beklagten erfüllt die an ein förmliches Ersuchen i.S.d. § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB zu stellenden Anforderungen.
Bei dem Schreiben des Beklagen vom 8. Februar 2010 (Beiakte I Bl. 118) handelt es sich um ein nicht nur an die Klägerin, sondern auch an verschiedene Fachämter des Beklagten selbst gerichtetes Schreiben, in dem der Beklagte mitteilt, dass in dem Genehmigungsverfahren die FFH-Verträglichkeitsprüfung mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen worden sei, die Durchführung eines Scoping-Termins bzw. einer Antragskonferenz aus Sicht des Beklagten daher nicht mehr für erforderlich gehalten werde und die Klägerin um Stellungnahme gebeten wird, ob diese Einschätzung dort geteilt werde und welche besonderen Unterlagen aus Sicht der von ihr zu vertretenden Belange im Genehmigungsverfahren noch beizubringen seien. Insoweit nimmt das Schreiben Bezug auf das Schreiben des Beklagten vom 5. Februar 2009 (Beiakte I Bl. 308), mit dem dieser von der Klägerin im Rahmen der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG zur Vorbereitung des seinerzeit noch für erforderlich erachteten Scoping-Termins/ Antragskonferenz eine Stellungnahme dazu angefordert hat, ob das Vorhaben nach den von ihr zu berücksichtigenden Belangen genehmigungsfähig sei und ob Anhaltspunkte für erhebliche Auswirkungen auf die im UVPG genannten Schutzgüter gesehen werden. Zwar hatte die Klägerin auf dieses Schreiben vom 5. Februar 2009 hin unter dem 27. März 2009 auf einem mit „Stellungnahme der Gemeinde J. (§ 2 Abs. 2 u. 2a i.V.m. § 10 Abs. 5 BImSchG)“ überschriebenen Formular unter in einer Anmerkung formulierten Vorbehalten ihr Einvernehmen gem. § 36 BauGB erteilt (Beiakte I Bl. 262). Hieran ist sie jedoch nicht mehr gebunden, weil der Beigeladene am 11. November 2009 die Erteilung eines Vorbescheides unter Änderung des Vorhabenstandortes beantragt hat (Beiakte I Bl. 92, 96, 230).
Daraus, dass der Beklagte in seinem Schreiben vom 8. Februar 2010 nach erfolgter FFH-Verträglichkeitsprüfung die Notwendigkeit eines Scoping-Termins/ einer Antragskonferenz nicht mehr sieht und die Klägerin um Stellungnahme bittet, ob diese Einschätzung dort geteilt wird und welche besonderen Unterlagen aus Sicht der von ihr zu vertretenden Belange im Genehmigungsverfahren noch beizubringen sind, lässt sich für die Klägerin aus ihrem insoweit maßgeblichen Empfängerhorizont nicht der Schluss ziehen, dass es sich hierbei um ein die Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB auslösendes förmliches Ersuchen im Rahmen der Einvernehmenserteilung handeln soll. Das Schreiben nimmt weder auf die das gemeindliche Einvernehmen regelnde Vorschrift des § 36 Abs. 1 BauGB ausdrücklich Bezug noch lässt die darin enthaltene Bitte „um kurzfristige Stellungnahme bis zum 19. Februar 2010“ einen solchen Zusammenhang erkennen, weil der Gemeinde eine gesetzliche Frist von zwei Monaten zur Verfügung steht, um ihr Einvernehmen zu verweigern.
Zudem hat die Klägerin, wie im Schreiben des Beklagten erbeten, mit Schreiben vom 16. Februar 2010 - und damit innerhalb der Zwei-Monats-Frist - unter Verweis auf ihre Stellungnahme vom 29. März 2009 u.a. die Vorlage eines Immissionsschutzgutachtens gefordert. Bereits daraus war für den Beklagten erkennbar, dass von der Klägerin die Abgabe eine Stellungnahme zur Einvernehmenserteilung nach § 36 Abs. 1 BauGB noch nicht beabsichtigt war, sondern diese erst nach Auswertung des Gutachtens erfolgen konnte.
Schließlich lässt auch die Tatsache, dass das Schreiben vom 8. Februar 2010 nicht nur an die Klägerin, sondern auch an verschiedene Fachämter geschickt wurde (Beiakte I Bl. 118 R), den Schluss zu, dass der Beklagte selbst dem Schreiben eine - nur für die Klägerin - bindende Wirkung im Hinblick auf die gesetzliche Fiktion nicht beimessen wollte.
Im Übrigen wäre die Klägerin an den Eintritt einer Fiktionswirkung auch deshalb nicht gebunden, weil der Beigeladene am 9. Juni 2010 erstmals einen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gestellt hat und erst diesem Antrag die vollständigen Genehmigungsunterlagen beigefügt waren (Beiakte II Bl. 112).
Das Schreiben des Beklagten vom selben Tage, mit dem dieser von der Klägerin im Rahmen der Behördenbeteiligung die Abgabe einer Stellungnahme zu dem Vorhaben innerhalb von zwei Wochen erbeten hat, erfüllt ebenfalls nicht die oben genannten Anforderungen, die an ein Ersuchen nach § 36 Abs. 2 BauGB zu stellen sind, insbesondere weil die dort enthaltene Zwei-Wochen-Frist nicht der Frist für das Auslösen der Fiktionswirkung nach § 36 Abs. 2 BauGB entspricht und sich der Hinweis auf die Folgen für die Klägerin für den Fall, dass sie nicht fristgerecht tätig wird, ausdrücklich nur auf § 73 Abs. 3 NBauO (a.F.) statt auf § 36 Abs. 2 BauGB bezieht. Abgesehen davon versagte die Klägerin mit Schreiben vom 5. August 2010 und damit innerhalb der Zwei-Monats-Frist ihr Einvernehmen unter Hinweis auf eine beabsichtigte Wiederholung der Auslegung der Planunterlagen (Beiakte VIII Bl. 12).
Nach am 24. März 2011 erfolgter Vorlage ergänzter und überarbeiteter Antragsunterlagen durch den Beigeladenen (Beiakte IV), die durch den Beklagten im Mai 2011 öffentlich zu Einsichtnahme ausgelegt worden sind, übersandte der Beklagte der Klägerin unter dem 25./ 31. Mai 2011 die Unterlagen erneut mit einer formlosen und die an ein förmliches Ersuchen zu stellenden Anforderungen nicht erfüllenden Bitte um Stellungnahme (Beiakte VIII Bl. 14). Daraufhin erhob die Klägerin unter den 22. Juni 2011 im Auslegungsverfahren Einwendungen (Beiakte VIII Bl. 9) und versagte darüber hinaus am 13. Juli 2011 und damit innerhalb der Zwei-Monats-Frist das Einvernehmen (Beiakte VIII Bl. 14).
Soweit der Beklagte im Widerspruchsverfahren geltend gemacht hat, es widerspreche einer jahrzehntelangen geübten Praxis zwischen beiden Behörden, eine ausdrückliche Aufforderung zur Abgabe der Einvernehmenserklärung zu erwarten, ist dies weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren hinreichend dargetan. Letztlich kommt es hierauf aber auch nicht an, da es nach den obigen Ausführungen in keinem Fall zu dem Überschreiten einer Zwei-Monats-Frist nach Eingang einer Stellungnahmeanforderung bei der Klägerin gekommen ist.
Anders als in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, kann sich der Beklagte auch nicht auf § 36 Abs. 2 Satz 2, 2. Hs. BauGB berufen, nachdem dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleichsteht, weil der Antrag auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht bei der Klägerin eingereicht worden ist.
2. Die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens gem. § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB durch den Beklagten ist zu Unrecht erfolgt und verletzt die Klägerin in ihren Rechten aus § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
Die Klägerin hat ihr Einvernehmen zu Recht versagt. Das Vorhaben des Beigeladenen ist bauplanungsrechtlich unzulässig.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer Drittanfechtung die letzte Behördenentscheidung, d.h. hier der Erlass des Widerspruchsbescheides am 23. Oktober 2012.
a) Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des im Außenbereich geplanten Vorhabens des Beigeladenen ergibt sich nicht aus § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Danach ist im Außenbereich ein Vorhaben, das einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist.
Bei dem Vorhaben handelt es sich nicht um eine nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte landwirtschaftliche Tierhaltung. Für den Begriff der Landwirtschaft im Sinne dieser Vorschrift ist die Legaldefinition in § 201 BauGB maßgeblich (BVerwG, 18. Dezember 1995 - 4 B 286.95 -, BRS 57 Nr. 99 (1995)). Es ist nicht davon auszugehen, dass es sich bei der vom Beigeladenen geplanten Hähnchenmast um Landwirtschaft im Sinne dieser Vorschrift handelt. Tierhaltung fällt danach nur unter den Begriff „Landwirtschaft“, „soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann“. Nach der Neufassung des § 201 BauGB vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414) reicht es aus, wenn genügend landwirtschaftlich genutzte Flächen, die zum landwirtschaftlichen Betrieb gehören, zur überwiegenden Futtererzeugung vorhanden sind, ohne dass es auf die unmittelbare Verfütterung des erzeugten Futters an die Tiere ankommt (sog. abstrakte Betrachtungsweise) (vgl. BT-Drucks. 15/2250, S. 62; Battis, in: Battis/ Krautzberger/ Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 201 Rn. 4). Dabei bedeutet „überwiegend“ mehr als 50 % (vgl. BayVGH, Beschluss vom 6. September 2006 - 1 ZB 05.615 - juris). Das Vorbringen des Beigeladenen lässt jedoch nicht darauf schließen, dass für die geplanten 80.000 Masthähnchen tatsächlich mehr als 50 % Futter auf den Betriebsflächen erzeugt werden kann. Ausweislich der gutachterlichen Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 9. März 2009 (Beiakte I Bl. 276) bestehen die im Eigentum bzw. hinzugepachteten landwirtschaftlichen Flächen des Beigeladenen im Wesentlichen aus Grünland in Form von Weide und Mähweide zur Futterversorgung des Rindviehbestandes. Allein für die geplante Hähnchenmast würde eine Futterfläche von 105,84 ha benötigt, die jedoch nicht zur Verfügung steht (Beiakte I Bl. 278). Bei einer Geflügelmast, die ganz oder überwiegend auf zugekaufter Futtergrundlage betrieben wird, handelt es sich nicht um Landwirtschaft im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (BVerwG, Beschluss vom 14. November 1989 - 4 B 194.89 -, juris).
Die dem entgegenstehende Aussage in der sich in den Antragsunterlagen vom 15. Januar 2009 (Beiakte I Bl. 321) befindlichen handschriftlichen Stellungnahme eines Mitarbeiters der Landwirtschaftskammer, nach der allein unter Berechnung der Vieheinheitengrenze das Vorliegen eines privilegierten landwirtschaftlichen Betriebs bejaht wird, ist durch die spätere Stellungnahme des selben Mitarbeiters vom 9. März 2009 überholt. Auch der Beklagte bestreitet nicht, dass eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht vorliegt.
b) Die planungsrechtliche Zulässigkeit der streitbefangenen Hähnchenmastanlage beurteilt sich nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB.
aa) Nach der zum Erlasszeitpunkt des Widerspruchsbescheides geltenden Fassung dieser Vorschrift ist ein Vorhaben, das wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist.
Diese gesetzlichen Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Bei der geplanten Errichtung beider Hähnchenmastanlagen handelt es sich um ein Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, das nur im Außenbereich ausgeführt werden soll. Ob ein Vorhaben im Sinne dieser Vorschrift nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, hängt davon ab, ob es nicht auch im Innenbereich der jeweiligen Gemeinde ausgeführt werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 1983 - 4 B 206.82 -, ZfBR 1983, 284 [BVerwG 02.09.1983 - BVerwG 4 C 73.80]). Vorliegend besteht keine Möglichkeit, die Putenmastanlagen im Innenbereich der Gemeinde J. zuzulassen, weil die mit den Anlagen verbundenen Immissionen unvermeidbar sind und im Innenbereich der Gemeinde - unabhängig von der Frage verfügbarer Grundflächen - eine unzumutbare Belästigung darstellen würden (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 1983 - 4 B 201.82 -, BRS 40 Nr. 74; OVG LSA, Urteil vom 12. September 2002 - A 2 S 458/99 -).
bb) Allerdings ist für das geplante Vorhaben die ausreichende Erschließung nicht gesichert.
An die Sicherung der ausreichenden Erschließung im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB sind gewisse Mindestanforderungen zu stellen, die sich in Art und Umfang nach dem konkreten Vorhaben richten (BVerwG, Urteil vom 13. Februar 1976 - BVerwG 4 C 53.74 -; Beschluss vom 20. Mai 2010 - 4 B 20.10 -, beide juris). Weil der Außenbereich vorwiegend land- oder forstwirtschaftlich genutzt wird und viele Betriebe weitab von jeder sonstigen Bebauung liegen, erfolgt die Erschließung in der Regel über landwirtschaftliche Wirtschaftswege, teilweise auch über Feldwege.Die Privilegierung eines Vorhabens schlägt sich auch in den Anforderungen daran nieder, was zur wegemäßigen Erschließung ausreicht. Daher sind die Mindestanforderungen an die Sicherung einer ausreichenden Erschließung geringer als etwa in innerörtlichen Bereichen. Allerdings erhöhen sich die Anforderungen umso mehr, je stärker der von dem Betrieb zu erwartende Ziel- und Quellverkehr sein wird. Die Anforderungen an die ausreichende wegemäßige Erschließung eines Außenbereichsgrundstücks für eine gewerbliche Nutzung ergeben sich damit daraus, welchen Zu- und Abgangsverkehr das Vorhaben auslöst (BVerwG, Urteile vom 30. August 1985 - BVerwG 4 C 48.81 -, DVBl 1986, 186; vom 7. Februar 1986 - 4 C 30.84 -, BVerwGE 74, 19). Je geringer der vom Betrieb verursachte Verkehr ist, desto weniger ist mit Begegnungsverkehr zu rechnen (BVerwG, Urteil vom 30. August 1985 - 4 C 48.81 -, Rn. 15 nach juris). Nach dem Umfang des zu erwartenden Gegenverkehrs richten sich auch die Anforderungen nach Ausweichmöglichkeiten, die entweder generell für die ganze Länge des Weges oder mit Ausweichbuchten an verschiedenen Stellen erforderlich sind (Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Stand: September 2013, § 35 Rn. 70). Zur ausreichenden Erschließung eines Vorhabens gehört zudem, dass die Zuwegung den Ziel- und Quellverkehr ohne Schädigung des Wegezustandes aufnehmen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 1976 - IV C 53.74 -, BRS 30 Nr. 40).
Wenngleich privilegierte Vorhaben unter größtmöglicher Schonung des Außenbereichs errichtet werden sollen und demgemäß keine übertriebenen Anforderungen an die ausreichende Erschließung zu stellen sind (vgl. z.B. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Juli 2013 - 12 ME 275/12 - BauR 2013, 1831, Rn. 53 m.w.N.; Söfker, a.a.O., § 35 Rn. 70), ist nach den vorgenannten Maßstäben eine Erschließung des Vorhabens durch die Zufahrt D.er Warpen - unabhängig von ihrer Einordnung als Verbindungsweg oder als Wirtschaftsweg - nicht ausreichend gesichert.
(1) Zwar scheitert die Erschließung nicht daran, dass die Zuwegung nicht geeignet wäre, den zu erwartenden Verkehr ohne Schädigung des Wegezustandes aufzunehmen. Für die Kammer bestehen keine Zweifel daran, dass die Straße D… für die Benutzung von Fahrzeugen mit einer Achslast von bis zu 11,5 t geeignet ist, ohne dass es zu Beschädigungen des Straßenkörpers kommt. Nach den vorliegenden Verwaltungsvorgängen wurde der Ausbau der Strecke 2001 durch das Landesamt für Geoinformation und Landesentwicklung Niedersachsen - LGLN - als schwere bituminöse Befestigung genehmigt, die nach den Richtlinien für den ländlichen Wegebau 2005 (Arbeitsblatt DWA-A 904 der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. vom Oktober 2005) eine Befahrung mit einer Achslast von 11,5 t zulässt (vgl. Schreiben des LGLN vom 22. September 2011, Beiakte VIII Bl. 52 und 54, ergänzende Auskunft des LGLN per E-Mail vom 30. Januar 2012, Beiakte VIII Bl. 161, Gesprächsvermerk vom 14. Dezember 2011, Beiakte IX Bl. 161). Herr G. von der Firma S. hat in seinem Untersuchungsbericht vom 25. November 2011 (Beiakte VIII Bl. 79) ausgeführt und im Termin zur mündlichen Verhandlung überzeugend und für die Kammer nachvollziehbar erläutert, dass der Aufbau der Straße D.er Warpen annähernd die Anforderungen an einen Straßenaufbau der Bauklasse IV nach den „Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen“ aus dem Jahr 2001 (RStO 2001) erfülle. Allein aufgrund einer geringeren Schottertragsschichtmächtigkeit und des Untergrundes (Klei) müsse die Straße der niedrigeren Bauklasse V zugeordnet werden (Seite 8 des Gutachtens). Weil die bemessungsrelevante Beanspruchungsgröße durch das Vorhaben den Wert, der eine Straße mit der höheren Bauklasse IV erfordert, erheblich unterschreitet, bestehen für die Kammer keine Zweifel daran, dass für den zu erwartenden Verkehr bei Befahrung mit Fahrzeugen mit Achslasten bis zu 11,5 t die hier festgestellte Bauklasse V (auf der Grenze zu IV) ausreichend ist, um den zusätzlich zu erwartenden Verkehr ohne Schädigung aufzunehmen (vgl. ausführlich das Urteil der erkennenden Kammer vom heutigen Tag im Verfahren 5 A 2872/11).
(2) Eine ausreichende Erschließung liegt jedoch aus anderen Gründen nicht vor.
Die Richtlinien für den ländlichen Wegebau, die die als technische Regel einschlägige Sachkunde vermitteln (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. April 2009 - 9 B 55.08 -, juris; Urteil vom 18. April 2007 - 9 A 34.06 -, juris), sehen für einstreifige Verbindungswege eine befestigte Fahrbahnbreite bei 3,0 m, bei stärkerem Verkehr von 3,5 m, und eine Kronenbreite (Fahrstreifen einschließlich Seitenstreifen) von mindestens 5,5 m vor, wobei für Begegnungsfälle die Seitenstreifen, Wegesabzweigungen und Grundstückszufahrten und zusätzliche Ausweichstellen nur ausnahmsweise, z.B. bei beengten Verhältnissen vorgesehen sind. Seitenstreifen sollen bei Verbindungswegen in der Regel eine Breite von 0,75 bis 1,25 m haben, neben Gewässern mit mehr als 1,0 m Tiefe, bei Wegen auf weichem Untergrund, bei schlechten Sichtverhältnissen oder wenn mit Viehtrieb zu rechnen ist, sind die Seitenstreifen entsprechend zu verbreitern (Nr. 3.2.3 der Richtlinie). Die Fahrbahnbreite von Wirtschaftswegen soll nach der Richtlinie in der Regel 3,0 m bei einer Kronenbreite von 4,0 m, bei häufigerem Begegnungsverkehr eine Kronenbreite von 5,5 m, betragen. Eine Kronenbreite von 5,5 m kann danach Begegnungsfälle zweier Schlepper ermöglichen. (Nr. 3.3.1.3 der Richtlinie).
Bei der Zufahrt zu den geplanten Mastställen handelt es sich um ein etwa 450 bis 470 m langes Teilstück des D.er Warpen, das etwa 3,0 m breit ist und auf einem Damm errichtet wurde. Beidseitig der asphaltierten Straßendecke ist eine zwischen 0,5 m und 2,0 m breite grasbewachsene Berme angelegt. Die Böschungsneigungen zu den Straßenbegleitgräben haben ein zunehmend starkes Gefälle und fallen zur G.nsohle fast senkrecht ab (vgl. Gutachten der Firma S., Beiakte VIII Bl. 79). Da die Bermen nicht befestigt sind, kann laut S.-Gutachten ein Lkw, der die Berme befährt, lokal so stark einsinken, dass ein Umkippen des Fahrzeugs nicht auszuschließen ist. Die in der Richtlinie genannte Kronenbreite von 4,0 m, bei häufigerem Begegnungsverkehr von 5,5 m, die Begegnungsfälle zweier Schlepper ermöglichen könnte, ist nicht gegeben, ein Begegnungsverkehr zweier Schlepper auf dieser Strecke daher ausgeschlossen. Das zeigen eindrucksvoll die von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder, die den Ausweichvorgang eines Traktors bei einem entgegenkommenden Schlepper zeigen. Der Traktor hat dabei den asphaltierten Weg ganz verlassen und steht komplett auf der grasbewachsenen Berme (Foto mit dem Dateinamen IMG_4410 auf der CD in der Beiakte VIII nach Bl. 223). Die tiefen und teilweise mit Wasser gefüllten Spurrinnen in der Berme (Beiakte VIII Bl. 210 f., 217 f.) zeigen, dass es sowohl an einer ausreichenden Tragschicht als auch an einer guten Entwässerung fehlt. Während ein Trecker aufgrund des stärkeren Antriebs, geringeren Gewichts und entsprechender Reifengröße noch über die Berme ausweichen kann, ist dies für einen normalen Schlepper ausgeschlossen.
Nach der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts ist bereits bei einem Stall mit ca. 40.000 Hähnchen davon auszugehen, dass die Zuwegung allein durch den An- und Abtransport der Tiere und die Mistabfuhr nicht unerheblich belastet wird, so dass von einer stärkeren Beanspruchung auszugehen ist, die nach der Richtlinie eine Wegbreite von 3,5 m erfordert (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 15. Januar 2003 - 1 ME 325/02 -, Rn. 11 nach juris; vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom 29. August 1988 - 1 A 5/87 -, BRS 48 Nr. 79: 3 m breiter, befestigter Zufahrtsweg für einen größeren Bullenmastbetrieb und Schweinemastbetrieb im Außenbereich nicht ausreichend; Nds. OVG, Beschluss vom 6. September 2007 - 4 LB 58/07 -, NVwZ-RR 2008, 382: ein stellenweise 4 m breiter Zufahrtsweg für einen Sandabbaubetrieb nicht ausreichend).
Danach ist hier erst recht davon auszugehen, dass der vorgesehene Zufahrtsweg über den D… bereits allein aufgrund seiner geringen Breite von nur drei Metern nicht als ausreichende Erschließung angesehen werden kann, denn die vom Beigeladenen geplanten Stallanlagen sollen mit 80.000 Hähnchen doppelt so groß dimensioniert sein.
Die von dem Beigeladenen vorgelegten und von dem Beklagten bei der Bescheidung zugrunde gelegten Berechnungen über den zu erwartenden Fahrzeugverkehr, der Rückschlüsse auf den zu erwartenden Begegnungsverkehr zulässt, dürften zudem unzutreffend sein. Sowohl Beigeladener als auch Beklagter sind von 48 Zügen/ Lkw je Durchgang und 338 Zügen/ Lkw je Jahr zuzüglich der Anfahrten von Tierarzt und Reinigungsfirma (4 Anfahrten je Durchgang, 28 Anfahrten/ Jahr) ausgegangen (Beiakte IV Bl. 173). Tatsächlich dürfte der zu erwartende Fahrzeugverkehr jedoch höher sein.
Nach Ziff. 1.5 und Tabelle 4 der VDI-Richtlinie Emissionsminderung Tierhaltung - Hühner - (VDI-Richtlinie 3472) von Juni 1986 (abgedruckt in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Auflage 2003) entspricht der tägliche Frischkotanfall von Junghennen und Jungmasthühnern (Masthähnchen) etwa dem 1,5fachen des Futterverzehrs, der Trockenmassegehalt etwa 30 % des Futterverzehrs. Danach beträgt der Tagesdurchschnitt an Frischkot 80 g, pro Durchgang (6 Wochen) 3,2 kg. Nach der Fallstudie „Ökologische Bewertung unterschiedlich intensiver Produktionssysteme von Broilern anhand von Nährstoffbilanzen“ (Kratz/ Rogasik/ Schnug, 2002, Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL)) sind demgegenüber bei konventioneller intensiver Stallhaltung 115 g Kot pro Tag und bei einem Durchgang insgesamt etwa 5 kg Kot je Tier anzunehmen.
Demgegenüber hat der Beigeladene bei der Berechnung der Transporte angenommen, dass in den geplanten Ställen für 80.000 Masthähnchen 1 kg Kot/ Tier/ Durchgang anfallen und daraus einen Gesamtkotanfall von 80 t/ Durchgang errechnet, der bei einer durchschnittlichen Transportleistung der den Kot abfahrenden Lkw von 13 t insgesamt in 7 Lkw-Zügen je Durchgang und bei geplanten 7 Durchgängen im Jahr von 49 Lkw-Züge pro Jahr abgefahren werden kann (Beiakte IV Bl. 12).
Unter Zugrundelegung der in der VDI-Richtlinie 3472 angenommenen Werte ist demgegenüber bei 3,2 kg Kot/ Tier bei 80.000 Masthähnchen je Durchgang von 256 t Kot und 20 Lkw, bei 7 Durchgängen von 138 Lkw auszugehen. Bei Zugrundelegung der Werte aus der Fallstudie von Kratz/ Rogasik/ Schnug (5 kg Kot/ Tier je Durchgang) ergeben sich 400 t Kot, die in einem Durchgang von 31 Lkw, bei 7 Durchgängen mit 2.400 t Kot von 216 Lkw abtransportiert werden müssen. Da die Fallstudie von Kratz/ Rogasik/ Schnug bei der Berechnung der Kotmenge bei einem Durchgang mit einem Endgewicht von 1,8 kg ausgegangen ist, wären die Kotmengen in der vom Beigeladenen beabsichtigten Aufzucht zu einem Mastgewicht von ca. 1,96 kg (Vormast) bis 2,65 kg (Endmast) sogar noch deutlich höher.
Insgesamt beträgt das durch den Betrieb der Ställe hervorgerufene Verkehrsaufkommen damit 61 Züge/ Lkw je Durchgang und 427 Züge/ Lkw je Jahr (VDI-Richtlinie) bzw. 72 Züge/ Lkw je Durchgang und 505 Züge/ Lkw je Jahr (Fallstudie Kratz/ Rogasik/ Schnug) statt 48 Züge/ Lkw je Durchgang und 338 Züge/ Lkw je Jahr, wie vom Beigeladenen angegeben und vom Beklagten übernommen, zuzüglich der Anfahrten von Tierarzt und Reinigungsfirma (4 Anfahrten je Durchgang, 28 Anfahrten/ Jahr). Weil diese sowohl ein- als auch ausfahren müssen liegt die Zahl der Verkehrsbewegungen doppelt so hoch.
Hinzu kommt, dass der Weg bereits den Fahrzeugverkehr aufnehmen muss, der für die vom Beigeladenen betriebene Rinderzucht erforderlich ist. Wie umfangreich dieser bestehende Verkehr ist, zu dem der durch das geplante Vorhaben erzeugte Fahrzeugverkehr hinzutritt, wurde seitens des Beklagten nicht ermittelt.
Ebenfalls nicht ausreichend berücksichtigt ist der Umfang des Verkehrs durch Dritte, obwohl der Beklagte selbst erkannt hat, dass die Straße weiteren landwirtschaftlichen Betrieben dient, die ihre Ländereien anfahren müssen. Das Ordnungs- und Straßenverkehrsamt des Beklagten hat in Beantwortung einer entsprechenden Anfrage des Amtes für Planung und Naturschutz vom 11. August 2011 mitgeteilt, dass in Anbetracht der Tatsache, dass sich an dem Wirtschaftsweg Höfe und zu bewirtschaftende Flächen befinden, die Fahrbahn auch jetzt schon von unterschiedlichen Verkehrsarten genutzt werde (landwirtschaftliche Fahrzeuge, Milchtankwagen, Lieferfahrzeuge, Pkw) und daher Begegnungsverkehre zwischen diesen Fahrzeugen, die aufgrund der geringen Fahrbahnbreite zwangsläufig ein Ausweichen in den Seitenstreifen erfordern, auch gegenwärtig schon stattfinden dürften, so dass aufgrund der bei einem Neubau der Mastställe zu erwartenden Zunahme des Verkehrsaufkommens aus verkehrsrechtlicher Sicht die Schaffung einer Ausweichstelle vorteilhaft wäre (Beiakte VIII Bl. 28, 34).
(3) Eine oder mehrere Ausweichstellen innerhalb der Zuwegung, wie sie das S.-Gutachten empfiehlt, scheiden aus.
Der Eigentümer der Wegeparzelle Flurstück 9/3 der Flur 3 der Gemarkung P. und der wegbegleitenden Wassergräben, Herr F., stimmt einem entsprechenden Ausbau nicht zu. Davon geht auch der Beigeladene aus.
Die vom Beigeladenen geplante Ausweichstelle auf seinem eigenen Flurstück … der Flur … der Gemarkung D., die Gegenstand des Verfahrens 5 A 5403/12 - Verpflichtung zur Annahme eines Erschließungsangebotes - ist, ist nicht geeignet, den auftretenden Begegnungsverkehr aufzunehmen. Denn die Ausweichstelle soll ca. 70 m von der südwestlichen Ecke des Grundstücks, das mit dem Rinderstall belegen ist, und ca. 400 m von der Kreisstraße 42 (...er Straße) entfernt errichtet werden. Da der D…, der von der Kreisstraße in einem 90°-Winkel abknickt, nach 50 m in einer 100 m langen Rechtskurve von 45° verläuft, bevor er dann nach einem 250 m langen geraden Streckenverlauf in eine Linkskurve von etwa 30° führt, ist eine ausreichende Sichtbeziehung nicht gewährleistet, wenn eine Ausweichstelle bzw. Parkbucht nördlich der Linkskurve parallel zur Fahrstrecke auf dem Grundstück des Beigeladenen angelegt wird. Denn die nordöstlich und südwestlich der Rechtskurve befindlichen Grundstücke des F. sind mit landwirtschaftlichen Gebäuden bzw. Silageplatten/ potentiellen Ablageflächen bebaut, so dass der Fahrer eines von der geplanten Mastanlage kommenden Fahrzeugs zu dem Zeitpunkt, an dem es die geplante Ausweichstelle erreicht, noch nicht erkennen kann, ob die gesamte Strecke bis zur Kreisstraße frei ist. Diese Einschätzung, die sich bereits anhand der unter den Suchmaschinen „Google Maps“ und „Bing“ verfügbaren detaillierten Satellitenaufnahmen treffen lässt, hat sich für die Kammer nach Durchführung einer Ortsbesichtigung am Terminstag bestätigt. Auf das am geplanten Standort der Ausweichstelle gefertigte Lichtbild (Datei P1010347 auf der als Beiakte BA002 zum Verfahren 5 A 2872/11 geführten CD) wird verwiesen, wobei insoweit noch zusätzlich darauf hinzuweisen ist, dass aufgrund des Termins im März der Blick noch nicht einmal durch vorhandene Vegetation, insbesondere Baumbewuchs versperrt war.
Soweit eine Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, dass die Silageflächen des Nachbarn F. nicht genehmigt, sondern nur geduldet seien, kommt es hierauf nicht an, da es - wie ausgeführt - auf die Beurteilung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides ankommt und jedenfalls zu diesem Zeitpunkt durch die Duldungspraxis des Beklagten ein Sichthindernis u.a. durch Silageflächen bestand.
Die Straße D.er Warpen kann aufgrund der Bebauung bzw. Bewirtschaftung der angrenzenden Felder ebenso wenig von einem von der Kreisstraße aus nördlicher oder südlicher Richtung kommenden Fahrzeug in voller Länge eingesehen werden, um eine Einfahrt im Falle eines entgegenkommenden Fahrzeuges rechtzeitig zu verhindern. Für einen bereits eingefahrenen Lkw besteht keine Möglichkeit, rückwärts auf die Kreisstraße zurückzusetzen, ohne die Sicherheit und Leichtigkeit des dortigen Verkehrs in nicht unerheblichem Maße zu gefährden. Ebenso ausgeschlossen ist ein Zurücksetzen von aus Richtung der geplanten Stallanlage kommenden Lkw über den D.er Warpen, da dieser für ein Rückwärtsfahren über eine längere Strecke zu schmal ist (vgl. insoweit auch die Aussage des Gutachters G. im Gesprächstermin am 14. Dezember 2011, Beiakte IX Bl. 162).
Soweit das Ordnungs- und Straßenverkehrsamt des Beklagten in seiner Stellungnahme vom 11. August 2011 (Beiakte VIII Bl. 34) die Auffassung vertreten hat, dass der Beigeladene selbst durch organisatorische Maßnahmen dazu beitragen könne, Begegnungsverkehre von und zu seinem Hof weitgehend auszuschließen, sind derartige Maßnahmen weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren substantiiert dargelegt. Für das Gericht ist auch nicht erkennbar, wie solche Maßnahmen konkret aussehen bzw. umgesetzt werden könnten. Verkehrsregulierende Maßnahmen wie etwa gegenseitige Wartepflichten für Lkw und Traktoren oder - wie in der mündlichen Verhandlung auf Befragen von den Vertretern des Beklagten angegeben - der Einsatz von Einweisern für die Lkw scheitern an der fehlenden Einsehbarkeit des Weges über seine komplette Länge bis hin zur Kreisstraße. Ein Ausweichen auf die unbefestigte Berme ist - selbst wenn dies in der täglichen Praxis bei Begegnungsverkehr so gehandhabt wird - auch in Ausnahmefällen nicht möglich, da die Gefahr eines Einsinkens bzw. Abrutschens in die beiderseitigen Gräben besteht.
cc) Dem Vorhaben des Beigeladenen stehen darüber hinaus auch öffentliche Belange entgegen.
Der Gesetzgeber hat in § 35 Abs. 3 BauGB eine Aufzählung öffentlicher Belange vorgenommen, deren Entgegenstehen zur Versagung der Genehmigung eines privilegierten Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB führen kann. Durch die gesetzliche Einstufung als privilegiertes oder sonstiges Vorhaben erfahren die öffentlichen Belange ein unterschiedliches Gewicht. Bei einem privilegierten Vorhaben hat der Gesetzgeber „sozusagen generell geplant“ (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 1996 - IV C 86.66 -, BVerwGE 28, 148) und den Gemeinden die Planung abgenommen, so dass die Privilegierung einer planerischen Festsetzung der Gemeinde entspricht. Dementsprechend ist ein privilegiertes Vorhaben nur zu versagen, wenn es mit einem öffentlichen Belang nicht vereinbar erscheint, nämlich dieser dem Vorhaben entgegensteht. Ein Entgegenstehen eines öffentlichen Belanges ist demnach ein Mehr als die bloße Beeinträchtigung desselben, welche für die Ablehnung eines nicht privilegierten sonstigen Vorhabens nach § 35 Abs. 2 BauGB genügt. Der Unterschied der Auswirkung öffentlicher Belange im Rahmen der privilegierten und der sonstigen Vorhaben ist daher weniger ein quantitativer, sondern vor allem ein qualitativer; er ist durch das jeweilige Verhältnis zwischen dem Vorhaben und dem öffentlichen Belang begründet (BVerwG, a.a.O.). Dabei bestimmt sich das Gewicht sowohl der Privilegierung als auch der öffentlichen Belange anhand einer Bewertung der Gegebenheiten des Einzelfalles (BVerwG, Urteil vom 22. November 1985 - 4 C 71.82 -, NVwZ 1986, 644).
Hier stehen dem geplanten Vorhaben öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen. Danach liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege verunstaltet. Das ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere dann der Fall, wenn das Vorhaben in nicht durch Ausnahmegenehmigung oder Befreiung zu behebender Weise in Widerspruch zu einer gültigen Landschaftsschutzverordnung steht (BVerwG, Beschluss vom 2. Februar 2000 - 4 B 104.99 -, Rn. 2 nach juris, m.w.N.; Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg, Stand: September 2013, § 35 Rn. 92). Das ist hier der Fall.
Das Vorhabengrundstück liegt nach der LSG-VO des Beklagten vom 11. Oktober 2011 innerhalb des Landschaftsschutzgebietes „Rheiderland“.
Der zu erhaltende Gebietscharakter des Landschaftsschutzgebietes wird nach § 3 LSG-VO u.a. wie folgt beschrieben:
„Es handelt sich um ein ausgedehntes, hochwassergeschütztes Marschland zwischen Ems und D., das (…) infolge des weitgehenden Fehlens vertikaler Strukturen durch seine Offenheit und Weite geprägt wird. (…) In weiten Teilen des Gebietes [entlang der Ems] dominiert eine intensive Grünlandnutzung, während Ackerbau vorwiegend in den jungen Marschen im Westen stattfindet. Die in wesentlichen Teilen grünlandgeprägte Kulturlandschaft (…) zählt wegen ihres von Offenheit und Weite geprägten Charakters (…) zu den avifaunistisch bedeutendsten Gebieten im westlichen Niedersachsen (…). Nationale bis internationale Bedeutung hat das Rheiderland für nordische Gänse (…), die hier überwintern und denen landwirtschaftliche Nutzflächen zur Nahrungssuche dienen. Die Grünlandbereiche haben nationale bis internationale Bedeutung als Zwischenrastplatz namentlich für (…) Kiebitz“.
Gem. § 4 Abs. 1, 2 LSG-VO besteht der Schutzzweck der LSG-VO in der Erhaltung dieses Gebietscharakters und der Sicherung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes. Insbesondere soll „die spezifische Eigenart der vorwiegend grünlandgeprägten, offenen und weitläufigen Marschlandschaft mit ihren charakteristischen Merkmalen“ in ihrer Funktion als Lebensraum zahlreicher Vogelarten gesichert werden, indem u.a. (§ 4 Abs. 3 Nr. 1) die „weiträumigen, offenen und von hohen senkrechten Strukturen weitgehend unbelastete Landschaft“ bzw. (§ 4 Abs. 3 Nr. 2) „der grünlandgeprägte Offenlandcharakter mit einem Nutzungsmosaik aus Wiesen und Weiden“ erhalten werden.
Das Vorhaben des Beigeladenen verstößt gegen die Schutzbestimmung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO, nach der die Errichtung baulicher Anlagen im Landschaftsschutzgebiet verboten ist.
Das Vorhaben ist auch nicht, wie der Beklagte annimmt, nach § 8 Abs. 1 LSG-VO von der Schutzbestimmung ausgenommen.
Eine Freistellung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO scheidet aus, da es sich nach den obigen Ausführungen nicht um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, sondern um eine gewerbliche Tierhaltungsanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB handelt. Dass gewerbliche Tierhaltungsanlagen im Regelfall ebenso wie landwirtschaftliche Tierhaltungsanlagen im Außenbereich bauplanungsrechtlich zulässig sind, führt zu keinem anderen Ergebnis. Trotz des Zusammenhangs zwischen Landschaftsschutzrecht und Bauplanungsrecht bleibt es dem Normgeber unbenommen, unter Landschaftsschutz stehende Flächen aufgrund ihres im Vergleich zu sonstigen im Außenbereich gelegenen Flächen höheren Schutzstatus in einem weiteren Umfang von baulichen Anlagen freizuhalten, als dies in § 35 BauGB vorgesehen ist. Eine diesbezügliche Schlechterstellung gewerblicher im Vergleich zu landwirtschaftlichen Tierhaltungsanlagen ist auch sachlich gerechtfertigt, da mit der Entkopplung gewerblicher Tierhaltungsanlagen von den zum Anbau von Viehfutter erforderlichen Flächen ein quantitatives und zudem an die örtlichen Verhältnisse, nämlich an die Belegenheit der zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Flächen, anknüpfendes Regulativ für die Errichtung dieser Anlagen entfällt (OVG NRW, Urteil vom 16. Januar 2013 - 8 A 2252/11 -, Rn. 53 nach juris).
Auch die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 6 LSG-VO sind nicht erfüllt. Danach sind von den Schutzbestimmungen des § 5 freigestellt „Projekte, die einer behördlichen Entscheidung oder einer Anzeige bedürfen und sich im Rahmen einer Vorprüfung oder einer Verträglichkeitsprüfung im Sinne des § 34 Abs. 1 BNatSchG als mit den Schutzzwecken dieser Verordnung vereinbar erweisen oder den Anforderungen des § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG entsprechen“.
Nach § 34 Abs. 1 BNatSchG in der bis zum 7. September 2015 geltenden Fassung sind Projekte, die einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, ein Natura 2000-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen dieses Gebietes zu überprüfen. Ergibt die Prüfung, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es nach § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig, sofern nicht ausnahmsweise eine Abweichensentscheidung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG getroffen wird. Danach darf ein Projekt auch dann, wenn es zu erheblichen Beeinträchtigungen führen kann, zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind. Wenn von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden können, können gem. § 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.d. Absatzes 3 nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Zudem bedarf es im Abweichensfall gem. § 34 Abs. 5 BNatSchG der notwendigen Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“.
In Anwendung des § 8 Abs. 1 Nr. 6 LSG-VO bedeutet das, dass Vorhaben wie das des Beigeladenen, das eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung voraussetzt, vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Schutzzwecken der LSG-VO hin zu überprüfen sind. Das Vorhaben ist von dem Bauverbot des § 5 Abs. 1 LSG-VO freigestellt, wenn eine Verträglichkeitsprüfung - hier in Form der FFH-VU vom 18. Januar 2010 und der UVS vom 9. Dezember 2010 - ergibt, dass sich das Projekt als mit den Schutzzwecken der LSG-VO vereinbar erweist, oder wenn die Voraussetzungen für eine Abweichensentscheidung nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG gegeben wären.
Ob ein Projekt mit den Schutzwecken der LSG-VO in diesem Sinne vereinbar ist, erfordert eine Einzelfallbeurteilung, die wesentlich von naturschutzfachlichen Feststellungen und Bewertungen abhängt. Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Auf dieser Basis sind sodann die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten (BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299, Rn. 68 nach juris). Eine Vereinbarkeit des Projektes mit den Schutzzwecken der LSG-VO ist abzulehnen, wenn das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des jeweiligen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Liegen darüber hinaus auch die Voraussetzungen für eine Abweichensentscheidung nicht vor, ist der Freistellungstatbestand nicht erfüllt und das Projekt unzulässig.
Dies ist hier der Fall. Die FFH-VU vom 18. Januar 2010 (Beiakte IV Bl. 386) und die UVS vom 9. Dezember 2010 (Beiakte IV Bl. 338) enthalten sowohl bei der Bestandserfassung und -bewertung als auch bei der Erfassung und Bewertung von Beeinträchtigungen und deren Ausgleichsfähigkeit Mängel, aufgrund derer der Beklagte zu Unrecht von einer Verträglichkeit des Projektes, dessen Vereinbarkeit mit der LSG-VO und damit einer Freistellung von dem dort geregelten Bauverbot ausgegangen ist (dazu im Folgenden unter (1) bis (7)). Das Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 11. März 2011 (Beiakte IV Bl. 45), das unter dem 15. September 2011 ergänzt worden ist (Beiakte VII Bl. 106) und auf das auch die UVS Bezug nimmt (dort Seite 33 f.), geht hinsichtlich der vom Vorhaben ausgehenden Ammoniakkonzentration und Stickstoffdeposition von falschen Voraussetzungen aus und führt daher ebenfalls zu einem falschen Ergebnis (dazu unter (8)). Auch die Voraussetzungen für eine Abweichensentscheidung nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG liegen nicht vor (dazu unter (12)).
(1) Für die noch vor Unterschutzstellung des Vogelschutzgebietes V06 „Rheiderland“ erstellte FFH-VU vom 18. Januar 2010 wurden als Betrachtungsraum die Flächen im Umkreis von rund 1 km zur Hofstelle des Beigeladenen gewählt. Im Rahmen einer 2009 durchgeführten Brutvogelkartierung wurde festgestellt, dass der Untersuchungsraum hinsichtlich seines Brutvogelbestandes bei Limikolen eine örtliche Besonderheit aufweise, insbesondere der südliche Bereich mit einer vergleichsweise großen Artenvielfalt und Individuenzahl. Insbesondere der Kiebitz sei stark vertreten, auch Rotschenkel und Austernfischer kämen in nennenswerter Anzahl vor. Das direkte Umfeld nördlich der Hofanlage sei weitestgehend frei von Brutvorkommen gewesen, die Erfassungsergebnisse wegen zu Beginn der Brutzeit erfolgter Vergrämungsmaßnahmen durch „Flatterbänder“ aber auch nicht repräsentativ. Die aktuelle Brutvogelkartierung bestätige gleichwohl die bereits 2002 und 2007 ermittelte hohe Bedeutung des Planungsraumes für Wiesenvögel (S. 4 f.). Danach komme der Kiebitz im betrachteten Gebiet vergleichsweise häufig vor. Der Planungsraum stelle nach der Bestandsentwicklung bei positiver Tendenz ein offensichtlich stetig genutztes Bruthabitat dar, wobei sich die größten Bestandsdichten in Entfernungen von >300 m zum Eingriffsbereich befänden. Der Bestand der Uferschnepfe habe sich auf zwei Reviere in einer Entfernung von >400 m zum Eingriffsbereich reduziert. Der Rotschenkel sei offenbar deutlich in Zunahme begriffen mit nächstgelegenem Revier in etwa 100 m Entfernung zum Eingriffsbereich. Von Rastvögeln, insbesondere nordischen Gänsen, sei der Planungsraum stark frequentiert. Im Vorhabengebiet sei zwar mit einem Vorkommen des Goldregenpfeifers zu rechnen, jedoch nicht in unmittelbarer Nähe. Unter den wertbestimmenden Zugvogelarten, die als Brutvögel im Vogelschutzgebiet V06 „Rheiderland“ vorkommen, seien die Brutbestände der wiesenbrütenden Limikolenarten von herausragender Bedeutung. Für Kiebitz, Uferschnepfe und Rotschenkel gehöre das Gebiet zu den wichtigsten Brutgebieten dieser Arten in Niedersachsen. Wertbestimmende Zugvogelarten als Gastvögel seien Blässgans und Graugans. Diese Tiere seien teilweise auch im Nahbereich der Hofstelle des Beigeladenen anzutreffen.
Nach der UVS vom 9. Dezember 2010 liegt das Planareal in einem Brutvogelgebiet von regionaler Bedeutung und sei nach den Bewertungskriterien der Leitlinie Naturschutz und Landschaftspflege (NMELF 2001) der Wertstufe IV („Von besonderer bis allgemeiner Bedeutung“) zuzuordnen. Die weiteren Ausführungen sind im Wesentlichen inhaltsgleich mit der entsprechenden Passage in der FFH-VU. Hinsichtlich der Gastvogelfauna wird in der UVS (Seite 19 ff.) festgestellt, dass dem Rastgebiet „D.er Warpen“ eine internationale Bedeutung zukomme und der Untersuchungsraum der Wertstufe V „Von besonderer Bedeutung“ zuzuordnen sei. Die Grünlandkomplexe des Rheiderlandes wiesen eine Funktion für Blässgänse auf, die im Eingriffsraum häufig Jahressummen von 2.410 bis 5.000 Individuen und mehr pro km2 erreichen. Im nördlichen, grünlandorientierten Rheiderland, in dem das Bauvorhaben angesiedelt ist, seien mit über 5.000 Individuen pro km2 die höchsten Frequentierungen von Nonnengänsen ermittelt worden. Die Summe der Graugänse zeige dagegen für das Plangebiet nur geringe bis mittlere Werte auf. Wertbestimmend sei als Rastvogel der Goldregenpfeifer, für den im Rahmen der Meldung des Vogelschutzgebietes eine nationale Bedeutung festgestellt und die maximale Rastzahl mit 17.800 Individuen angegeben worden sei. Vor allem im zentralen Rheiderland träten höhere Rastvogeldichten auf. Auch im Vorhabengebiet sei mit Vorkommen zu rechnen, jedoch sei es nicht wahrscheinlich, dass diese relativ störungsempfindliche Art in unmittelbarer Nähe vorkomme. Durch die Nähe zum D. sei der Bereich im Falle überschwemmter Rasthabitate außendeichs als Hochwasserrastplatz geeignet und werde als solcher auch aktuell genutzt. Detaillierte Daten diesbezüglich seien jedoch nicht bekannt.
Die im Rahmen der FFH-VU bzw. der UVS im Rahmen der Bestandserfassung vorgenommene Auswahl der Vogelarten war unzureichend.
Maßgebend für die Bestandserfassung und -bewertung sind die „besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse“ (vgl. EuGH, Urteile vom 20. September 2007 - C 304/05 -, NuR 2007, 679 und vom 24. November 2011 - C-404/09 -, NuR 2012, 42; BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 -, juris, Rn. 64, und vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, juris, Rn. 73). Angesichts der Bandbreite von Erscheinungsformen in dem in Rede stehenden Naturraum und der Vielzahl von Arten, die zudem in wechselnden, gemischten oder im Entstehen bzw. Verschwinden befindlichen Erscheinungsformen auftreten können, steht der Behörde bei der Erfassung des konkreten Naturraums eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu mit der Folge, dass eine gerichtliche Kontrolle der konkreten Zuordnungsentscheidung nur eingeschränkt dahingehend möglich ist, ob diese vertretbar, d.h. plausibel und stimmig erscheint (BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, juris, Rn. 74 f.; Beschluss vom 28. Dezember 2009 - 9 B 26.09 -, juris, Rn. 12).
Diesen Vorgaben werden die durchgeführten Verträglichkeitsuntersuchungen nicht gerecht.
Es ist zunächst rechtlich und naturschutzfachlich nicht zu beanstanden, dass FFH-VU und UVS nur teilweise eine im Jahr 2009 durchgeführte Brutvogelerfassung zugrunde gelegt und sich im Übrigen auf in den Jahren 2002 und 2007 durchgeführte Erfassungen bezogen haben.
Zwar dürfte es in der Regel geboten, den aktuellen Ist-Zustand des Naturraums im Rahmen der Bestandserfassung abzubilden. Da sich der Umfang und die Methode der Erfassung immer nach den Gegebenheiten des Untersuchungsraums und seiner potenziellen Betroffenheit durch das Vorhaben richtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, juris, Rn. 59, und vom 14. April 2010 - 9 A 5.08 -, NuR 2010, 558), kann aber in besonderen Einzelfällen auf eine zeitnahe Bestandserhebung verzichtet werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn zu dem Gebiet bereits hinreichend aussagekräftige Ergebnisse aus früheren Untersuchungen vorliegen und die Aktualität dieser Informationen und Erkenntnisse sichergestellt ist (EuGH, Urteil vom 11. September 2012 - C-43/10 -, NuR 2012, 775; BVerwG, Urteile vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 - und vom 14. April 2010 - 9 A 5.08 -, jeweils a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. September 2013 - 3 S 284/11 -, juris, Rn. 246 f.). Dies ist vorliegend zu bejahen.
Im Rahmen der durch die Gutachter im Jahr 2009 erfolgten Brutvogelerfassung mit sechs Begehungsterminen auf Flächen im Umkreis von rund 1 km zur Hofstelle des Beigeladenen durch den Gutachter G. wurde hinsichtlich der Limikolen (Watvögel oder Regenpfeiferartige), insbesondere im südlichen Bereich, eine vergleichsweise große Artenvielfalt und Individuenzahl festgestellt, während das direkte Umfeld nördlich der Hofanlage weitestgehend frei von Brutvorkommen gewesen sei. Dabei wies der Gutachter darauf hin, dass die Erfassungsergebnisse insoweit wegen zu Beginn der Brutzeit erfolgter Vergrämungsmaßnahmen durch „Flatterbänder“ auf einem nördlich gelegenen Nachbargrundstück nicht repräsentativ seien. Bei einer derartigen, außerhalb des Verantwortungsbereichs der Beteiligten liegenden Störung bedurfte es einer weiteren, ggf. zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführenden Bestandserfassung nicht. Es wäre fraglich, ob und wie schnell sich einerseits gegen den Betreiber der Flatterbänder eine Untersagung hätte durchsetzen lassen und andererseits sich eine Wiederansiedlung der vergrämten Tierarten einstellte. Die Verträglichkeitsprüfung hat sich an dem „günstigen Erhaltungszustand“ der geschützten Lebensräume und Arten zu orientieren. Ist für bestimmte Lebensräume und Bestände eine Regenerierung hinreichend sicher zu erwarten, ist deshalb der Zustand in den Blick zu nehmen, der sich ohne die Verwirklichung des Vorhabens wieder entwickeln würde (zur Berücksichtigung künftiger naturräumlicher Entwicklungen auch infolge der Standortdynamik, vgl. BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, vom 16. Dezember 2004 - 4 A 11.04 -, NVwZ 2005, 589, vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1).
Auf eine aktuelle Bestandserhebung konnte auch deswegen verzichtet werden, weil mit den herangezogenen Erhebungen aus den Jahren 2002 und 2007 Bestände beschrieben werden, die in Bezug auf die tatsächlichen und potenziellen Lebensräume im Vorhabengebiet eine geringe Dynamik aufweisen und sich aus der Bestandsentwicklung im Zeitraum 2002 bis 2007 eine Tendenz ablesen ließ, die jedenfalls die hinsichtlich des südlichen Vorhabensbereichs vorgenommene und insoweit als repräsentativ erachtete Brutvogelkartierung im Wesentlichen bestätigt hat. Zwar wurde bei der Erfassung im Jahr 2009 hinsichtlich des Rotschenkels im südlichen Bereich nur ein einziger Brutverdacht erfasst (Seite 14 der UVS), obwohl der Rotschenkel nach den 2002 und 2007 durchgeführten Erhebungen in Zunahme begriffen war (Seite 15 und 18). Insoweit ist es aber für die Bewertung des Erhaltungszustandes aber sogar gerade günstiger, auf die in den Jahren 2002 und 2007 erhobenen Zahlen abzustellen.
Anhaltspunkte für eine andere Entwicklung, aufgrund derer sich ein Rückschluss aus der in der Vergangenheit festgestellten Bestandsentwicklung für den nördlichen hofnahen Bereich ausschließe, sind nicht ersichtlich.
Zu Unrecht unberücksichtigt geblieben sind jedoch solche Vogelarten des Anhangs I der Vogelschutzrichtlinie sowie der weiteren regelmäßig vorkommenden Zugvogelarten nach Art. 4 Abs. 2 VRL, die die Vorhabenfläche als Hochwasserrastplatz nutzen. Der Schutzzweck der LSG-VO besteht in der Erhaltung des Gebietscharakters und der Sicherung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes. Zu diesem Zweck ist nach § 4 Abs. 2 LSG-VO die spezifische Eigenart der Landschaft mit ihren charakteristischen Merkmalen in ihrer Funktion u.a. als Hochwasserfluchtplatz zu sichern. Nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 LSG-VO ist u.a. die Vermeidung von Störungen in den Hochwasserrastplätzen erforderlich. Bei Hochwasserrastplätzen handelt es sich um traditionelle und regelmäßig aufgesuchte Örtlichkeiten, denen eine besondere Bedeutung zukommt, weil sich dort oft große Ansammlungen von Vögeln einfinden, wenn die Vorländereien überflutet sind. Solche Flächen werden zum Beispiel von Ringelgans, Säbelschnäbler, Großem Brachvogel, Austernfischer, Sturm-, Lach- und Silbermöwe aufgesucht (vgl. Gutachten Dr. S., „Naturschutzfachliche Anmerkungen zu den Auswirkungen einer Hähnchenmastanlage im EU-Vogelschutzgebiet „Rheiderland“ vom 12. Mai 2014“, Seite 9). Gleichwohl sind entsprechende Bestandserhebungen nicht erfolgt, obwohl dem Gutachter G. das Vorhandensein dieser Arten durchaus bekannt war. In der FFH-VU heißt es auf Seite 10 zu den Rastvögeln: „Durch die Nähe zum D. ist der Bereich im Falle überschwemmter Rasthabitate außendeichs als Hochwasserrastplatz geeignet und wird als solcher auch aktuell genutzt. Detaillierte Daten diesbezüglich sind jedoch nicht bekannt.“. Gründe dafür, dass auf eine Erhebung verzichtet worden ist, sind nicht ersichtlich und konnten auch in der mündlichen Verhandlung seitens des Beklagten oder des Beigeladenen nicht dargelegt werden. Soweit der Gutachter G. in der mündlichen Verhandlung hierzu angegeben hat, dass eine Erfassung im Jahr 2009 tatsächlich nicht stattgefunden habe und man diesbezüglich auf die Daten von Dr. K. zurückgreifen müsse, der alle zwei Jahre eine entsprechende Erfassung vornehme, überzeugt dies nicht. Der Gutachter Dr. S. hat in der mündlichen Verhandlung eine entsprechende Erhebung ausdrücklich in Frage gestellt, weil Dr. K. im Wesentlichen Gänse erfasse und beispielsweise der Regenbrachvogel nur am Rande erfasst werde, obwohl er in diesem Gebiet als Hochwasserrastvogel anzutreffen sei. Diese Aussage lässt sich auch durch die im Internet auffindbaren Veröffentlichungen des Dr. K. bestätigen (vgl. bspw. „Vorkommen von Gänsen und Schwänen in den EU-Vogelschutzgebieten in der Gänseregion Ems-D. und … (V03, V04, V06, V10) im Winter 2009/10“, „Vorkommen von Gänsen und Schwänen in den EU-Vogelschutzgebieten in der Gänseregion Ems-D. (V06, V10) sowie in der Krummhörn (V03, V04) im Winter 2011/12“). Abgesehen davon sind entsprechende Erhebungen, falls sie von Dr. K. durchgeführt worden sein sollten, jedenfalls nicht in die im Rahmen der Verträglichkeitsüberprüfung vorzunehmende Ermittlung und naturschutzfachliche Bewertung der Einwirkungen eingeflossen.
Darüber hinaus wurden, worauf der Gutachter Dr. S. in seinem Gutachten vom 12. Mai 2014 zu Recht hingewiesen hat (Bl. 180 der Gerichtsakte im Verfahren 5 A 5019/12, Seite 10 des Gutachtens), u.a. auch die Röhricht bestandene Gräben bewohnenden Vogelarten Schilfrohrsänger und Blaukehlchen bei der Bewertung der Einwirkungen nicht berücksichtigt, obwohl bei der Brutvogelkartierung 2009 ein entsprechender Brutvogelbestand festgestellt worden ist (Seite 14 der FFH-VU, Abb. 4) und diese Vögel ebenfalls dem Schutz des § 4 Abs. 2 LSG-VO unterfallen. Soweit der Gutachter G. in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, man habe eine Erhebung in der Weise vorgenommen, dass sämtliche Brutbestände kartiert worden seien, die man aufgefunden habe und daraus folge, dass Brutbestände, die nicht kartiert wurden, auch nicht vorhanden gewesen seien, widerspricht dies den Ausführungen auf Seite 19 der UVS. Danach sei davon auszugehen, dass in dem Bereich darüber hinaus allgemein verbreitete und ungefährdete Arten vorkommen, insbesondere die westlich des Hofes befindlichen Gehölze eine Funktion für gebüsch- und baumbrütende Vogelarten aufweisen und das in einer Entfernung von ca. 50 m zum Bauvorhaben gelegene Hofgebäude ein Bruthabitat für bestimmte Vögel darstelle, für diese Arten in Bezug auf das Vorhaben aber keine unmittelbaren Beeinträchtigungen zu prognostizieren seien, weshalb nähere Bestandserfassungen nicht durchgeführt worden seien.
Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob im Rahmen der durchgeführten Verträglichkeitsprüfung neben den wertbildenden Arten auch sämtliche andere im Standarddatenbogen genannten Vogelarten, mit denen die Ausweisung des betreffenden Gebiets als besonderes Schutzgebiet begründet wurde, hätten erfasst werden müssen, kann hiernach offen bleiben.
(2) Die durch die FFH-VU/ UVS vorgenommene Beschreibung und Bewertung der zu erwartenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens unterliegt ebenfalls erheblichen rechtlichen Bedenken.
In der UVS heißt es u.a. (Seite 38), im Umfeld des neuen Stalls sei aufgrund der vertikalen Strukturen bei Brutvögeln des Offenlandes mit einem Meidungsverhalten zu rechnen und daher ein Verdrängungseffekt möglich, jedoch sei mit einem zeitnahen Gewöhnungseffekt zu rechnen, so dass Beeinträchtigungen der betroffenen Wiesenvögel, insbesondere des Kiebitz, eher unwahrscheinlich seien. Die Störintensität sei bei der vorliegenden Planung als recht gering einzustufen, da die Betriebsfläche zur bestehenden Hofstelle angeordnet sei. Insgesamt könne jedoch bei allen drei Kartierungen (1999/ 2007/ 2009) festgestellt werden, dass der Streifen nördlich und südlich des Weges D.er Warpen kaum Brutbestände aufweise, weil die bisherigen Hofstellen infolge der vertikalen Strukturen (Gebäude, Gehölze) sowie der betriebsbedingten Störungen einen Verdrängungseffekt bewirkten.
Im Rahmen dieser Bewertung wird widersprüchlich einerseits dargestellt, dass die Bedeutung des Bereichs als Brut-und Nahrungsbiotop nur untergeordnet sei, weil bereits von dem bisherigen Stall ein Verdrängungseffekt ausgehe, andererseits aber ein nicht näher erklärter Gewöhnungseffekt dargestellt, der eine Beeinträchtigung der betroffenen Vogelarten unwahrscheinlich erscheinen lasse. Bereits das Kartierungsergebnis Brutvögel 2009 (Seite 5 des Gutachtens) zeigt, dass die Zahl der Brutbestände im Umfeld des bestehenden Betriebs im Vergleich zu der südlich gelegenen freien Fläche erheblich geringer ist. Statt eines Gewöhnungseffektes ist hier nur der Verdrängungseffekt sichtbar.
Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist, dass die Störintensität des beabsichtigten Vorhabens bei der vorliegenden Planung seitens des Gutachters G. als recht gering eingestuft wird, weil die Betriebsfläche zur bestehenden Hofstelle angeordnet sei, es sich bei den Stallneubauten um stationäre Objekte ohne nennenswerte Geräuschentwicklung oder sonstige dauerhafte Störgrößen (z.B. Fahrzeugbewegungen) handele und die durch die regelmäßige Nutzung des Vorplatzes von Transportbewegungen ausgehenden Störungen in Anbetracht der geplanten Abschirmung des Objektes durch Eingrünung nur gering seien (Seite 38 f.). Denn auf Seite 20 der FFH-VU wird für den bereits bestehenden Hof eine starke Standortvorbelastung durch die allgemeinen landwirtschaftlichen Aktivitäten festgestellt. Dort heißt es: „Aufgrund der unmittelbaren Hofnähe wird das Plangebiet derzeit intensivst genutzt und angrenzende Straßen (hier D…) durch landwirtschaftlichen Verkehr stark frequentiert.“. Dass der Gutachter den Umfang des bisherigen landwirtschaftlichen Verkehrs tatsächlich ermittelt hat, ist nicht ersichtlich.
Aber auch bei der Bewertung der durch den zusätzlichen Fahrzeugverkehr zu erwartenden Störungen legt der Gutachter falsche Voraussetzungen zugrunde. Der Gutachter geht insoweit (Seite 3 der UVS) von einem Anlieferungs- und Transportverkehr mit „203 Fahrzeugbewegungen (Zügen)“ pro Jahr aus und nimmt dies als Grundlage für die Bewertung u.a. des Lärms. Dagegen gehen sowohl Beigeladener als auch Beklagter von 48 Zügen/ Lkw je Durchgang und 338 Zügen/ Lkw je Jahr zuzüglich der Anfahrten von Tierarzt und Reinigungsfirma (4 Anfahrten je Durchgang, 28 Anfahrten/ Jahr) aus. Dass möglicherweise von einem noch deutlich höheren Wert auszugehen sein wird, nämlich von 427 Züge/ Lkw je Jahr (bei Heranziehung der VDI-Richtlinie 3472) bzw. 505 Züge/ Lkw je Jahr (nach der Fallstudie Kratz/ Rogasik/ Schnug), zuzüglich der Anfahrten von Tierarzt und Reinigungsfirma, wurde bereits bei der Fragestellung der gesicherten Erschließung ausgeführt. Weil diese Lkw sowohl ein- als auch ausfahren müssen, liegt die Zahl der Verkehrsbewegungen doppelt so hoch, was der Gutachter G. offensichtlich ebenfalls nicht berücksichtigt hat, weil er auf Seite 3 der UVS fälschlich Fahrzeugbewegungen und Züge gleichgesetzt hat. Die hierzu in der mündlichen Verhandlung getätigte pauschale Aussage des Gutachters G., auch bei Annahme eines entsprechend höheren Fahrzeugverkehrs ändere sich nichts an seinen bisherigen Aussagen zur Störungswirkung durch den Fahrzeugverkehr, überzeugt insbesondere deshalb nicht, weil er bereits den - von ihm nicht näher eruierten - bisherigen Fahrzeugverkehr als stark bezeichnet hat und u.a. daraus eine starke Standortvorbelastung hergeleitet hat (Seite 20 FFH-VU). Dass es keinen Einfluss auf die Störwirkung haben soll, ob - wie vom Gutachter angenommen - von 203 „Fahrzeugbewegungen/ Zügen“ oder - bei Heranziehung der Fallstudie Kratz/ Rogasik/ Schnug - von 505 Zügen zuzüglich der Anfahrten von Tierarzt und Reinigungsfirma, d.h. von über 1000 Fahrzeugbewegungen ausgegangen wird, ist nicht nachvollziehbar.
Schließlich ist - anders als vom Gutachter behauptet (Seite 41 unten UVS) auch nicht zu erwarten, dass die durch Nebenbestimmungen verfügte Eingrünung in absehbarer Zeit zu einer Abschirmung von Störungen durch Zu- und Abgangsverkehr sowie Transportbewegungen auf dem Vorplatz wird führen können.
Ebenfalls nicht überzeugend sind die Ausführungen dazu, dass eine erhebliche Beeinträchtigung von Brut- und Rastvögeln über einen Radius von 100 m hinaus nicht zu erwarten sei (Seite 39 unten und Seite 41 unten UVS). Der Gutachter G. ist bei seiner Bewertung von Fluchtdistanzen ausgegangen, die sich aus Untersuchungen aus den Jahren 1969 bis 1998 ergeben. Demgegenüber verweist der Gutachter Dr. S. in seinem Gutachten vom 12. Mai 2014 insoweit auf neuere Untersuchungen aus den Jahren 2007 und 2010 (Vliet et al; Garniel et al.; BMVBS), nach denen die Störungswirkungen für Kiebitz und Uferschnepfe von 250 - 450 m reichen (Seite 11). Dr. S. beanstandet weiter, dass die in der UVS zusammengestellten Angaben zu Störungsdistanzen hinsichtlich der Brutvögel nicht nachvollziehbar seien, weil die Literaturstellen zu den Quellenangaben im Literaturverzeichnis fehlten und sie sich auf Fluchtdistanzen gegenüber dem Straßenverkehr zu beziehen scheinen, für das von einem Gebäude und Gehölzen ausgehende Störungsmuster jedoch nicht einschlägig seien. Zudem hätten neuere Untersuchungen ergeben, dass die Störeffekte des Straßenverkehrs gerade für die hier relevanten Wiesenvogelarten zu Wirkweiten führten, die den eben genannten Reichweiten der störenden Wirkung des Bauvorhabens entsprächen (Seite 11, Fußnote 10, Abbildungen 1, 3, 4 und 5 im Anhang). Bei der Annahme einer Störzone bis 250 m ergebe sich für das Vorhaben eine beeinträchtigte Fläche von fast 32 ha, im Bereich von 250 m bis 450 m kämen weitere 53 ha hinzu. In der mündlichen Verhandlung hat Dr. S. diese Ausführungen näher erläutert. Demgegenüber konnte der Gutachter G. die Kritik an den von ihm zugrunde gelegten Störungsdistanzen nicht entkräften.
(3) Die Ausführungen in der FFH-VU zu dem Ziel „Erhalt der Vernetzungselemente und Flugkorridore zu benachbarten Vogelschutzgebieten“ überzeugen ebenfalls nicht. Hierzu heißt es (Seite 17 f. FFH-VU), dass eine funktionelle Beeinträchtigung nicht gegeben sei, weil sich die Bauten auf hofnahe und dementsprechend vorbelastete Flächen konzentrierten und mit maximalen Höhen von 8 m die Höhenbereiche vorhandener Gehölze und Bauten nicht überschritten würden. Lokale und überörtliche Flugbewegungen würden nicht beeinträchtigt. Umstehende Bauten und Bäume seien z.T. deutlich höher und müssten ohnehin im Rahmen kleinräumiger Ortswechsel überflogen werden. Großräumige Wechselbeziehungen mit Auswirkungen auf angrenzende FFH-Gebiete seien aufgrund der bei großräumigen Ortswechseln bedingten höheren Flughöhe ebenfalls nicht zu erwarten.
Die vom Gutachter beschriebene und angenommene Vorbelastung entspricht nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Aus den über das Internet abrufbaren Satellitenaufnahmen, die auch im Rahmen einer Präsentation in der mündlichen Verhandlung eingeführt worden sind, aber auch aus den bereits in den Verwaltungsvorgängen an verschiedenen Stellen befindlichen Lichtbildaufnahmen (u.a. in der UVS selbst, dort Seite 10 und 11) und insbesondere aus der als Anlage 3 zur UVS beigefügten Karte „Biotoptypen“, die auch die im Vorhabenbereich erfassten Einzelsträucher und Einzelbäume darstellt, ergibt sich, dass weiträumig um den Vorhabenstandort herum bei nur wenigen Ausnahmen eine Vorbelastung durch hohe Bauten oder Gehölze nicht gegeben ist. Es handelt sich um eine dem allgemeinen Erhaltungsziel entsprechende und im Wesentlichen flächendeckende Grünlandbewirtschaftung mit nur ganz vereinzelten baumbewachsenen Hofgrundstücken. Dass darüber hinaus keine weiteren Bauten und nur unwesentlich wenige Gehölze vorhanden sind, hat sich für die erkennende Kammer auch im Rahmen der durchgeführten Ortsbesichtigung bestätigt (vgl. dazu auch die im Termin gefertigten Lichtbildaufnahmen, Beiakte BA002 im Verfahren 5 A 2872/11).
Im Widerspruch zu den eigenen Annahmen des Gutachters stehen auch dessen Ausführungen auf Seite 28 der UVS, in denen die Landschaft bzw. das Landschaftsbild dahingehend beschrieben wird, dass für die Eingriffsfläche neben dem Grünland die Weiträumlichkeit und Offenheit kennzeichnend sei, sich Bebauung nur vereinzelt finde und in der offenen Landschaft nur wenige Gehölzstrukturen anzutreffen seien, meist entlang von Wirtschaftswegen. Auf Seite 20 der FFH-VU (3. Absatz von unten) wird bei der Beurteilung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen ebenfalls im Widerspruch zu den vorherigen Aussagen ausgeführt, dass aus der Flächeninanspruchnahme in unmittelbarer Nachbarschaft zur bestehenden Hofstelle wesentliche Vorhabenauswirkungen resultieren und die Flächeninanspruchnahme bezüglich der Offenlandarten auch über die eigentlich überplante Fläche hinaus wirken kann, indem z.B. vorhandene Flugkorridore oder Sichtbeziehungen unterbrochen werden.
Hinzu kommt, dass bei der Annahme höherer Fluchtdistanzen von Brut- und Rastvögeln von mindestens 250 m, wie sie die Ausführungen des Gutachters Dr. S. nahelegen, von einer noch größeren Störzone auszugehen ist, die das Überfliegen baulicher Hindernisse zusätzlich erschwert. Der Gutachter Dr. S. hat zudem nachvollziehbar ausgeführt (Seite 11 f.), dass ein Bauwerk wie die geplanten Hähnchenmastställe nicht nur Flugwege zwischen verschiedenen Vogelschutzgebieten verstellt, sondern auch die innergebietliche Kohärenz des Vogelschutzgebietes mindere, weil es nämlich auch kleinräumigere Wechselbeziehungen zwischen verschiedenen Nahrungsflächen, zum Beispiel für Gastvögel, be- oder verhindert. Auch diesen Ausführungen konnten Beklagter und Beigeladener nicht entgegentreten.
(4) Aus den vorgenannten Gründen überzeugen auch die Ausführungen des Gutachters zu dem „Erhaltungsziel der weiträumigen, unzerschnittenen Landschaft mit freien Sichtverhältnissen“ nicht (Seite 17 der FFH-VU), nach denen dieses Ziel nicht signifikant beeinträchtigt sei, weil sich die Bauten auf hofnahe und dementsprechend vorbelastete Flächen konzentrierten und mit maximalen Höhen von 8 m die Höhenbereiche vorhandener Gehölze und Bauten nicht überschritten würden.
Hinzu kommt, dass sich das Bauvorhaben zwar auf dem nächstgelegenen Grundstück zum bisherigen landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen befindet, jedoch nicht unmittelbar in derselben Richtung daran anschließt. Während das bisherige Hofgebäude mit einer Länge von 88 m in nord-südlicher Richtung ausgerichtet ist, soll das geplante Bauvorhaben östlich hiervon mit einer Länge von 110 m und einer Breite von 47 m errichtet werden. Dadurch wird zusammen mit dem westlich des Vorhabens gelegenen Vorplatz ein gegenüber den Vorbelastungen erheblicher Fremdkörper geschaffen. Die geplanten Hähnchenmastställe bilden zusammen mit den im Straßenbereich D.er Warpen bereits vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieben des Klägers (Flurstück …/… der Flur … und Flurstück … der Flur … der Gemarkung D.) sowie dem Betrieb des F. (Flurstück 9/1 der Flur 3 der Gemarkung P.) einen Querriegel, der die Landschaft in einer Ost-West-Achse auf einer Breite von rund 800 m zerschneidet. Von einer weiträumigen, unzerschnittenen Landschaft mit freien Sichtverhältnissen kann hiernach nicht mehr die Rede sein. Eine Bebauung mit einem Stall mit einer Höhe von rund 7 m schließt die Sicht aus. Die als Vermeidungs- und Minderungsmaßnahme vorgesehene „mehrreihige Eingrünung mit standortgerechten und heimischen Gehölzarten“ verstärkt die beschriebene Zerschneidungswirkung eher noch.
Im Übrigen sind auch diese Ausführungen insoweit widersprüchlich, als in der UVS bei der Beschreibung der zu erwartenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens auf Seite 45 f. zu Landschaft/ Landschaftsbild ausgeführt wird, dass sich der Vorhabenstandort innerhalb eines weiträumig offenen Geländes befinde und insofern nahezu vollständig gut einsehbar sei, die Stallgebäude trotz flacher Bauweise und der räumlichen Angliederung an den vorhandenen Hofkomplex aufgrund ihrer Größe und Gestaltung aber als störende technische Baukörper wirken werden, die bei unverstelltem Blick von einem der Landschaft gegenüber aufgeschlossen Betrachter als Fremdkörper empfunden werden und in der weiträumig offenen Landschaft Sichtbeziehungen unterbrechen.
(5) Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen zum Entstehen eines die Landschaft in beträchtlicher Länge zerschneidenden Querriegels vermögen auch die Darstellungen in der UVS zu den Auswirkungen auf das Erhaltungsziel „Landschaft“ (Seite 46) nicht zu überzeugen, soweit es dort heißt, die Inanspruchnahme einer intensiv genutzten, strukturarmen und hofnahen Grünfläche sowie die Anordnung der Stallneubauten an den bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb und die angrenzende Straße trügen bereits wesentlich zur Minimierung von Vorhabenauswirkungen bei.
Auch die Annahme (Seite 46 Mitte), durch zusätzliche Eingrünungsmaßnahmen mit standortgerechten heimischen Gehölzen könne neben einer verstärkten optischen Anbindung der Stallanlage an den vorhandenen Betrieb insbesondere auch eine landschaftsgerechte gestalterische Einbindung in die umgebende Kulturlandschaft erreicht werden, wobei mit der Zeit die Sicht auf die Gebäude durch den Aufwuchs der Gehölze weitgehend verdeckt werde, so dass die Stallanlage nicht mehr als störender Fremdkörper wahrgenommen würden, überzeugt nicht. Außer Acht gelassen wird dabei bereits, dass neben den Stallanlagen mit einer Höhe von 6,76 m auch zwei Ablufttürme mit einer Höhe von jeweils 11 m errichtet werden sollen, deren Verdeckung durch Gehölze in absehbarer Zeit ausgeschlossen erscheint. Abgesehen davon würde eine derartige Betrachtungsweise bedeuten, dass eine Veränderung des Landschaftsbildes durch einen baulichen Fremdkörper jederzeit zulässig wäre, solange dieser nur mittelfristig, was nach Seite 56 Mitte der UVS einen Zeitraum von weniger als 25 Jahren bedeutet, durch ausreichende Gehölze verdeckt werden kann.
Abgesehen davon ist die im Gutachten zugrunde gelegte Annahme unzutreffend, dass die Zulassungsschwelle für weitere Vorhaben sinkt, je höher die bereits bestehenden Vorbelastungen sind. Das Gegenteil ist der Fall. Die Verpflichtung des Landes Niedersachsen, die Schutz- und Erhaltungsziele im Vogelschutzgebiet V06 Rheiderland zu realisieren, würde konterkariert, wenn bereits bestehende Belastungen für den Naturraum und die betroffenen Vogelbestände eine erleichterte Zulassung weiterer beeinträchtigender Vorhaben zuließe. Das gilt erst recht dann, wenn das weitere Vorhaben für sich genommen nicht nur naturschutzfachlich unwesentlich ist, sondern von ihm - wie hier - erhebliche Beeinträchtigungen ausgehen. Anderenfalls würde mit jedem genehmigten Bauvorhaben die Zulassung von weiteren Vorhaben erleichtert, statt erschwert werden.
(6) Die von der Klägerin erhobenen Einwendungen gegen die in der UVS vorgenommenen Bewertung der Beeinträchtigung des Erholungswertes (dort Seite 9, 35, 45 f.) sind dagegen unzutreffend.
Gemäß der zeichnerischen Darstellung zum Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises L., das am 3. Juli 2006 bekannt gemacht worden ist, liegt das Plangebiet im Vorsorgegebiet für Erholung und für Landwirtschaft aufgrund besonderer Funktionen der Landwirtschaft und aufgrund hohen, natürlichen, standortgebundenen landwirtschaftlichen Ertragspotenzials (vgl. Karte auf Seite 28 des Anhangs zum RROP 2006).
Der Außenbereich erfüllt u.a. die Funktion, als Erholungslandschaft der Allgemeinheit zu dienen. Ob ein Bauvorhaben der Erholungseignung abträglich ist, hängt von einer Betrachtung des Einzelfalles ab, in der die Funktionen des konkreten Standorts, seine vorgegebene Bodennutzung, das Gewicht der Erholungsrelevanz und die sich daraus ergebende Schutzwürdigkeit, aber auch die Belange der - hier nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegierten - Vorhaben im Wege der nachvollziehenden Abwägung einzubeziehen ist.
Durch die Errichtung der Hähnchenmastställe am geplanten Standort ist eine Beeinträchtigung des Erholungswertes nicht zu erwarten. Zwar herrscht im Beurteilungsgebiet landwirtschaftliche Nutzung mit einzelnen landwirtschaftlichen Höfen bei weitgehend flacher Oberflächenstruktur und fast durchgehend offenen Sichtachsen vor. Auch dokumentieren einzelne in der Nähe des Vorhabens verlaufende Rad- und Wanderwege den Erholungswert der Landschaft. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass sich unmittelbar neben der beabsichtigten Stallanlage mit dem Rindermastbetrieb des Beigeladenen bereits eine Tierhaltungsanlage von nicht unerheblicher Größe befindet. Hinzu kommt, dass sich die in westlicher Richtung parallel zum …deich verlaufende Trasse der Internationalen D. Route, die im Raumordnungsplan als „regionalbedeutsamer Wanderweg“ (F = Radfahren) ausgewiesen ist, nicht in unmittelbarer Nachbarschaft befindet, sondern in kürzester Distanz, die sich etwa in einer Ost-West-Achse bei einem Gradmaß von etwa 260° bis 275° befindet, einen Abstand von ca. 880 m hat. Ausgehend von der Blickrichtung bei dem so bemessenen Abstand besteht aber bereits eine Sichtbeziehung zwischen dem Fahrradweg und dem geplanten Vorhaben nicht, da dieser durch die bestehende Bebauung der Ortschaft D., durch den Hof des Landwirtes F. sowie durch den bestehenden Rindermaststall des Beigeladenen unterbrochen ist. Darüber hinaus befindet sich zwischen der Fahrradroute und dem geplanten Vorhaben die Landstraße K 42 (...er Straße), die teilweise mit Bäumen gesäumt ist. Auch durch den auf dieser Straße vorherrschenden Verkehr besteht eine nachhaltige Vorprägung zulasten des Erholungswertes. Ob, wie die Klägerin vorträgt, südlich und östlich des Hofes des Beigeladenen gemeindliche Straßen verlaufen, die als Verbindungswege häufig von Radfahrern genutzt werden, was der Beklagte bestreitet, kann dahinstehen, da dies einen besonderen Erholungswert der Gegend - auch aufgrund der insoweit unmittelbaren Vorbelastung durch die bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe - nicht ausmacht.
Auch der Ortsteil D., der sich etwa 1400 m nordöstlich befindet und staatlich anerkannter Erholungsort ist, und die im D. gelegene und von Urlaubern per Fahrrad besuchte Bohrinsel liegen zu weit vom Plangebiet entfernt, als das von einer greifbaren Beeinträchtigung des Erholungswertes gesprochen werden könnte.
Daran ändert es nichts, dass der Fischereistandort D. im RROP die Ausweisung „F“ = „Standort mit besonderer Entwicklungsaufgabe Fremdenverkehr“ zugeteilt bekommen hat. Denn laut Landesraumordnungsprogramm Niedersachsen 94/98/02 - LROP -, Teil II, C 1.05, Ziff. 07, können in regionalen Planungsräumen oder Teilräumen, die durch Tierhaltungsanlagen erheblich belastet sind oder in denen im Hinblick auf die weitere Siedlungsentwicklung, die Fremdenverkehrsentwicklung oder die Freiraumnutzung bestimmte Bereiche künftig von raumbedeutsamen Tierhaltungsanlagen gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB freigehalten werden sollen, Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung oder Eignungsgebiete im Sinne der Ziffer B 8.03 des LROP - Teil 1 - für Tierhaltungsanlagen festgelegt werden. Mit der Festlegung von Vorranggebieten mit Ausschlusswirkung oder Eignungsgebieten ist die Zulassung entsprechender raumbedeutsamer Anlagen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen. Von dieser Möglichkeit wurde allerdings kein Gebrauch gemacht. Der Planungsraum wurde lediglich als Vorsorgegebiet ausgewiesen.
(7) Die im Kapitel 7.2 der UVS (Seite 53) benannten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werden nicht als ausreichend erachtet und sind teilweise auch nicht nachvollziehbar.
Danach sei hinsichtlich der „Brut- und Rastvögel“ von einem Flächenentzug von rund 100 m im Umfeld des Plangebietes auszugehen, der im Hinblick auf die bestehenden Vorbelastungen auf einen Radius von 50 m zu reduzieren und für die bestehenden Verkehrsflächen auf einen Bereich von 25 m beiderseits des Straßenkörpers festzusetzen sei, woraus sich eine potenziell erheblich beeinträchtigte Fläche von rund 3,5 ha ergebe. Entgegen den einschlägigen Kompensationsgrundsätzen, die für erheblich beeinträchtigten Lebensraum gefährdeter Arten in der Regel Kompensationsflächen von mindestens gleicher Größe erfordern, sei ausnahmsweise die Bereitstellung einer Kompensationsfläche von nur rund 1,57 ha ausreichend, weil durch entsprechende Bewirtschaftungsauflagen auf der Kompensationsfläche bessere Standort- und Habitatbedingungen geschaffen würden, als sie auf der betroffenen Fläche vorhanden seien (Seite 58 der UVS).
Die Reduzierung der Kompensationsfläche um die Hälfte entgegen den einschlägigen Kompensationsgrundsätzen nach NMELF (2001) ist unzulässig. Denn es ist zu berücksichtigen, dass sich das als Kompensationsfläche vorgesehene Flurstück ohnehin im betroffenen Landschaftsschutzgebiet befindet, was naturschutzrechtlich grundsätzlich auch zulässig ist. Würden auf dieser Fläche aber nicht bessere Standort-und Habitatbedingungen geschaffen, handelte es sich gar nicht erst um eine Kompensation, da diese Fläche bereits von vornherein als genutzter Lebensraum zur Verfügung stand. Die bloße Benennung einer anderen Fläche innerhalb eines geschützten Naturraums ohne weitergehende Maßnahmen stellte eine auf den auf den nötigen Kompensationsbedarf anrechenbare Kompensationsmaßnahme gar nicht erst dar. Eine Kompensation setzt vielmehr voraus, dass die bereits vorhandene Fläche in einen noch besseren Zustand versetzt wird, was hier durch zusätzliche Bewirtschaftungsauflagen erfolgen soll. Daher ist eine aus denselben Gründen angenommene Halbierung der Kompensationsfläche nicht gerechtfertigt. Vielmehr dürfte der Grund für die angenommene und durch die Untere Naturschutzbehörde des Beklagten auch nicht infrage gestellte Halbierung der erforderlichen Kompensationsfläche sein, dass dem Beigeladenen über das Flurstück 25/1 der Flur 7 der Gemarkung D. hinaus keine weiteren als Kompensationsflächen geeigneten Grundstücke zur Verfügung stehen und auf dem vorgenannten Flurstück nach Abzug des für Biotoptypen (6.600 m2) und Boden (3.300 m2) erforderlichen Kompensationsbedarfs (Seite 54) insoweit nur noch eine Restfläche von rund 1,57 ha zur Verfügung steht (Seite 58 UVS).
Im Übrigen ist unter Zugrundelegung der laut Gutachten des Dr. S. erheblich höheren Stördistanzen für Brut- und Gastvögel von (250 - 450 m statt 100 m) von einem deutlich größeren beeinträchtigten Lebensraum auszugehen, sodass es auch einer entsprechend größeren Kompensationsfläche bedarf, die hier nicht gegeben ist.
Ob die Standort- bzw. Habitatbedingungen unter Auferlegung der auf Seite 57 der UVS näher bezeichneten Bewirtschaftungsauflagen auf dem vorgesehenen Flurstück tatsächlich eine erhebliche Verbesserung bedeuten, obwohl die darin eröffnete Möglichkeit der Nutzung zur Beweidung außerhalb der Brutzeiten jedenfalls auch eine Beeinträchtigung des Nahrungshabitats für Brutvögel und Rastvögel bedeuten dürfte, kann hiernach offen bleiben.
Schließlich unterliegt es auch erheblichen Zweifel, ob nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Mai 2014 (- Rs. C-521/12 (Briels) -, NVwZ 2014, 931 Rn. 29) Ausgleichsmaßnahmen als Schadensminderungsmaßnahmen überhaupt berücksichtigt werden können. Der Europäische Gerichtshof hat darin ausgeführt, in der Verträglichkeitsprüfung seien solche in das Projekt aufgenommene Maßnahmen zu berücksichtigen, mit denen unmittelbar verursachte schädliche Auswirkungen auf ein Natura-2000-Gebiet verhindert oder verringert, nicht dagegen solche Maßnahmen, mit denen schädliche Auswirkungen auf das Gebiet nur ausgeglichen werden sollen. Die etwaigen positiven Auswirkungen der künftigen Schaffung eines neuen Lebensraums, der den Verlust an Fläche und Qualität desselben Lebensraumtyps in einem Schutzgebiet ausgleichen soll, ließen sich im Allgemeinen nur schwer vorhersehen lassen und würden jedenfalls erst mit geraumer zeitlicher Verzögerung erkennbar sein. Daraufhin hat das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 16. September 2014 (- 7 VR 1.14 -, juris, Rn. 18) seine bisherige Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Ausgleichsmaßnahmen als Schadensminderungsmaßnahmen in Frage gestellt (vgl. auch Gellermann, UPR Sonderheft 2015, S. 420).
(8) Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren hat der Beigeladene die Landwirtschaftskammer Niedersachsen beauftragt, im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung ein Immissionsschutzgutachten zur Ermittlung der durch das Vorhaben verursachten Geruchs-, Staub- und Ammoniakimmissionen sowie der zu erwartenden Stickstoffdeposition anzufertigen. Die durchgeführte Untersuchung, auf die auch die UVS Bezug nimmt (Seite 33 f.), geht hinsichtlich der vom Vorhaben ausgehenden Ammoniakkonzentration und Stickstoffdeposition von falschen Voraussetzungen aus und führt daher zu einem falschen Ergebnis.
Der Sachverständige führt in der Fassung des Gutachtens vom 11. März 2011 (Beiakte IV Bl. 45) aus, dass die geplante Tierhaltung einschließlich der bestehenden Bewirtschaftung jährlich ca. 5.985 kg Ammoniak emittieren werde. Gemäß Ziffer 4.8 und Anhang 1 der TA Luft betrage der gegenüber empfindlichen Pflanzen und Ökosystemen einzuhaltende Mindestabstand ca. 499 m (Seite 27 des Gutachtens). Innerhalb dieser Abstandsforderung lägen ausweislich der Anlage I zum Gutachten keine stickstoffempfindlichen Ökosysteme. Die in diesem Bereich vorkommenden landwirtschaftlichen Nutz- oder Kulturpflanzen seien gegenüber einer direkten Einwirkung von Ammoniak als unempfindlich einzustufen. Eine weiterführende Prüfung der Belastung durch die Ammoniakkonzentration sei aufgrund der eingehaltenen Abstandsforderung nicht erforderlich. Die Anlage IV zum Gutachten zeigt eine Ausbreitungsrechnung mit der Isolinie einer Ammoniakkonzentration in Höhe von 3 µg/m³.
Das Gutachten ist unter dem 15. September 2011 ergänzt worden (Beiakte VII Bl. 106). Mit der Ergänzung sollte das Immissionsschutzgutachten näher erläutert werden, soweit es u.a. um die Auswirkungen der durch den Betrieb der beantragten Hähnchenmastställe verbundenen Stickstoff- und Ammoniakemissionen auf die im Umkreis der Stallanlage im Bereich des Deichvorlandes des D.s vorhandenen Salzwiesen (FFH-Gebiet) sowie der Biotope „…“ und „…“ geht. In der Ergänzung führt der Sachverständige aus, dass bei FFH-Gebieten eine zusätzliche Stickstoff-Deposition in Höhe von 3 % der Critical Loads (CL) im Rahmen der Bagatellregelung akzeptiert werden könne, ohne dass eine Verschlechterung des Zustandes der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten gegeben sei. Im Fall der Salzwiesen betrage der zu berücksichtigende CL-Wert 30 - 40 kg Stickstoff (N) je ha und Jahr (ha*a). Die zu akzeptierende Bagatellgröße betrage somit 0,9-1,2 kg N/ ha*a. Die Salzwiesen befänden sich ausweislich der Anlage Va zum Gutachten außerhalb eines Bereiches mit einer Konzentration einer Deposition in Höhe von 0,9 kg N/ ha*a. Eine Verschlechterung des Zustandes der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten könne im Hinblick auf die zu beurteilenden Salzwiesen, die sich ca. 1000 m westlich der Abluftpunkte der beantragten Hähnchenmastställe befinden, somit ausgeschlossen werden. Innerhalb des Geltungsbereiches der Biotope „…“ und „…“ befänden sich nach Angabe der Genehmigungsbehörde keine FFH-Lebensraumtypen. Aus der Anlage V ergebe sich, dass die Geltungsbereiche dieser Biotope außerhalb der Isolinie mit einer Ammoniakkonzentration in Höhe von 3 µg/m³ liege.
Die Klägerin rügt unter Bezugnahme auf das Gutachten Dr. S. (dort ab Seite 18), dass in der vorgenommenen Untersuchung der von Ammoniak- und Stickstoffimmissionen betroffene Raum viel zu klein bemessen sei. Soweit festgestellt werde, dass sich innerhalb des Mindestabstandes von 499 m keine empfindlichen Ökosysteme oder Kulturflächen befänden, liege ein Erfassungsdefizit vor. Das Gutachten beziehe sich auf die eigene Anlage I, in der zumindest zu empfindlichen Ökosystemen überhaupt keine Informationen enthalten seien. Dieses Erfassungsdefizit werde auch nicht durch die UVS behoben, denn die Anlage Nr. 4 zur UVS zeige, dass nicht einmal dieser Mindestradius um die geplante Anlage im Rahmen der Biotoptypenkartierung erfasst worden sei.
Zudem sei westlich des Deichs die Biotopfläche 2708009 abgegrenzt, in der u.a. der Biotoptyp KHF („Brackwasser-Flutrasen der Ästuare“) enthalten sei, der dem FFH-Lebensraumtyp 1130 bzw. 1330 zugeordnet werde. Für diesen Biotoptyp gelte ein CL von 20 - 30 kg N/ ha*a. Da beide Lebensraumtypen Erhaltungsziel des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer seien, zu dem der D. gehöre, bestehe die Gefahr der Beeinträchtigung von Erhaltungszielen, wenn es zu Stickstoffeinträgen in Form von Ammoniak durch das Vorhaben komme. Die vorgelegte Berechnung (Ergänzung zum Immissionsgutachten vom 15. September 2011) sei insoweit unvollständig, als in der Anlage Va lediglich die Isolinie für eine Deposition von 0,9 kg N/ ha*a dargestellt sei. Bei einem CL-Wert von 20-30 kg N/ ha*a werde ein 3 %-Wert jedoch bereits bei 0,6 kg N/ ha*a erreicht. Da die Isolinie für 0,9 kg N/ ha*a an die Grenze des Nationalparks heranreiche, könne als gesichert gelten, dass eine Zusatzbelastung bis zu 0,6 kg N/ ha*a bis deutlich in den Nationalpark hineinreiche und damit in unbekanntem Umfang die unmittelbar an den Deich angrenzende Biotopfläche überlagert werde (vgl. Abb. 10 im Anhang). Kumulativ hätten aber auch die übrigen Betriebe des Umfeldes mit einbezogen werden müssen. Die erheblichen Ammoniakimmissionen führten auch zu einer Verschlechterung des Vogelschutzgebietes. Hier hätte eine einzelfallbezogene Betrachtung erfolgen müssen. Dabei hätte auch die Ammoniakbelastung durch die Ausbringung des Hühnerkots berücksichtigt werden müssen.
Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen weitestgehend an.
Zu Unrecht macht die Klägerin lediglich geltend, dass innerhalb des Mindestradius eine ausreichende Biotoptypenkartierung nicht erfolgt sei. Soweit der Gutachter Dr. S. beanstandet, dass in der genannten Anlage Nr. 4 der UVS zu empfindlichen Ökosystemen überhaupt keine Informationen enthalten seien und zumindest nicht auszuschließen sei, dass zumindest kleine flächig ausgeprägte, empfindliche Vegetationsbestände im Umkreis der Anlage bestünden, überzeugt diese Annahme ins Blaue hinein vor dem Hintergrund, dass im Bereich der vorgenannten Abstandsforderungen soweit ersichtlich ausschließlich landwirtschaftliche Kulturflächen liegen, nicht. Dieses Ergebnis wird jedenfalls teilweise durch die UVS bestätigt, nach der jedenfalls im Nahbereich von 200 m empfindliche Pflanzen oder Ökosysteme nicht festgestellt worden sind (Seite 8 oben und Seite 9 ff. der UVS) Dieser Nahbereich entspricht im Übrigen in etwa der Isolinie für die Ammoniakkonzentration in Höhe von 3 µg/m³, also dem, was nach TA Luft als irrelevante Zusatzbelastung zu bezeichnen ist (vgl. einerseits das rot eingezeichnete Untersuchungsgebiet Biotoptypen im Lageplan, Anlage Nr. 2 zur UVS, und andererseits Seite 24 f. des Immissionsschutzgutachtens vom 11. März 2011 (Beiakte IV Bl. 69 f.) und Anlage IV der Ergänzung zum Immissionsschutzgutachten vom 15. September 2011, Beiakte VII Bl. 125). Sowohl die Salzwiesen als auch die Biotope „LER-188“ und „LER-0582“ liegen außerhalb des Mindestradius von 499 m (vergleiche dazu die Karte Beiakte VII Bl. 173, die einen Prüfradius von 1000 m darstellt).
Die vorgelegten Gutachten berücksichtigen allerdings zu Unrecht nicht in hinreichendem Umfang die innerhalb eines Radius von 1000 m um die geplante Anlage herum gelegenen und gegen Stickstoffeinträge aus der Luft empfindlichen FFH-Lebensraum- und Biotoptypen.
Gem. Ziffer 4.8 der TA Luft ist bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Die Unterschreitung der Mindestabstände gibt dabei einen Anhaltspunkt für das Vorliegen erheblicher Nachteile. Hier wird der Mindestabstand durch das Vorhaben nicht unterschritten. Eine weitergehende Prüfung ist daher hinsichtlich der Belastung durch Ammoniak nicht erforderlich.
Da es sich bei der Beurteilung der Ammoniakkonzentration bzw. der Stickstoffdeposition um zwei unterschiedliche Wirkungspfade handelt, hat die Betrachtung der Stickstoffdeposition aber grundsätzlich unabhängig von Höhe und Bewertung der Ammoniakkonzentration zu erfolgen. Das folgt auch aus dem Wortlaut der Nr. 4.8 der TA Luft. Danach soll, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, dies ergänzend geprüft werden (Gem. RdErl. des MU und des ML vom 1. August 2012, Nds. MBl. S. 662, unter 2.; siehe auch Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Stickstoffeinträgen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz, Stand: 1. März 2012, Seite 12). Dabei ist unter Berücksichtigung der Belastungsstruktur abzuschätzen, ob die Anlage maßgeblich zur Stickstoffdeposition beiträgt.
Als ein Anhaltspunkt gilt die Überschreitung einer Viehdichte von zwei Großvieheinheiten je Hektar Landkreisfläche. Bei dieser Prüfung sind insbesondere die Art des Bodens, die Art der vorhandenen Vegetation und der Grad der Versorgung mit Stickstoff zu berücksichtigen (Nr. 4.8. Abs. 6 Satz 2 - 4 der TA Luft). Hier ist weder vorgetragen noch für die Kammer ersichtlich, dass von der Überschreitung einer Viehdichte von zwei Großvieheinheiten je Hektar Landkreisfläche ausgegangen werden muss.
Die in der TA Luft genannten Anhaltspunkte dafür, wann eine Anlage maßgeblich zur Stickstoffdeposition beiträgt und demgemäß eine Sonderfallprüfung vorzunehmen ist, sind indes nicht abschließend. Laut LAI-Leitfaden (Seite 12, vgl. auch Seite 37) können Anhaltspunkte auch dann gegeben sein, wenn der Genehmigungsbehörde bestimmte Informationen bekannt sein sollten (z.B. die Vorbelastungskarten des Umweltbundesamtes oder das Vorhandensein von stickstoffempfindlichen, gesetzlich geschützten Biotopen oder FFH-Gebieten). Ein solcher Fall liegt hier mit den im Bereich des Deichvorlandes des D.s liegenden und dem Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer zugehörigen Salzwiesen vor.
Angesichts der Tatsache, dass die Austrittshöhe der Emissionen bei landwirtschaftlichen Anlagen i.d.R. weniger als 20 m über Flur liegt, ist gem. Nr. 4.6.2.5 TA Luft das Beurteilungsgebiet die Fläche, die sich innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius von mindestens 1 km befindet. Gem. Nr. 4.8 TA Luft muss auch im Rahmen der Sonderfallprüfung in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die Stickstoffdeposition innerhalb dieses Beurteilungsgebietes nur für empfindliche Pflanzen und Ökosysteme bewertet werden.
Innerhalb dieses Prüfradius befinden sich zunächst die beiden unter „LER-0582“ verzeichneten Biotope (vgl. Beiakte VII Bl. 173). Weil diese aber mit einer Ausdehnung von jeweils 10 x 25 m (Beiakte VII Bl. 182 ff.) die Mindestgröße von 0,1 ha nicht erreichen, die der LAI-Leitfaden bei der Darstellung der Verfahrensschritte für eine Sonderprüfung in Anlehnung an die Vorgehensweise der Bundeswaldinventur vorsieht (Seite 36), sind sie bei der Sonderprüfung nicht zu berücksichtigen.
Die Salzwiesen des D. liegen innerhalb eines Radius von 1000 m zum Emissionsschwerpunkt (vgl. die Karte in Beiakte VII Bl. 173 sowie Bl. 182 ff). Durch das Vorhaben werden die insoweit maßgeblichen kritischen Belastungsschwellen für Stoffeinträge - Critical Loads (CL) - überschritten.
Das Konzept der Critical Loads wurde im Rahmen der UNECE-Luftreinhaltekonvention entwickelt und wird von der Rechtsprechung als Erheblichkeitsmaßstab für Stickstoffeintrag bei Verträglichkeitsprüfungen jedenfalls im Blick auf FFH-Gebiete herangezogen (etwa BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299, juris, Rn. 108 f., vom 14. April 2010 - 9 A 5.08 -, BVerwGE 136, 291, juris, Rn. 87, vom 29. September 2011 - 7 C 21.09 -, NuR 2012, 119, juris, Rn. 41; Beschluss vom 5. September 2012 - 7 B 24.12 -, juris). Critical Loads sind naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen oder andere Schutzgüter, bei deren Einhaltung auch langfristig keine signifikant schädlichen Effekte zu erwarten sind (BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299, juris, Rn. 108; Nds. OVG, Beschluss vom 18. September 2014 - 12 LA 15/14 -, juris, Rn. 15).
Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Klägers im Parallelverfahren 5 A 5019/12 (dort Bl. 166 der Gerichtsakte) rügt, dass der Irrelevanzwert von 3 % der zulässigen Critical Loads im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 6. November 2012 - 9 A 17.11 -, BVerwGE 145, 40, juris, Rn. 93) nicht angewandt werden könne, weil die Vorbelastung die Critical Loads nicht um mehr als das Doppelte überschreite, trifft dies nicht zu.
In der vorgenannten Entscheidung stellt das Bundesverwaltungsgericht im Gegenteil dazu klar, dass eine solche Auslegung der vorangegangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 14. April 2010 - 9 A 5.08 -, BVerwGE 136, 291, Rn. 93) nicht zutreffend sei. Die dort getroffene Annahme, dass jedenfalls in Fallgestaltungen, in denen die Vorbelastung die Critical Loads um mehr als das Doppelte übersteigt, eine Irrelevanzschwelle von 3 % des jeweiligen CL-Wertes anzuerkennen sei, sei nicht dahingehend zu verstehen, dass nur in solchen Fällen oder bei noch höheren Vorbelastungswerten eine Irrelevanzschwelle angenommen werden könnte. Der Senat habe im dortigen Fall darauf abgestellt, dass die Zusatzbelastung gegenüber der Vorbelastung sehr gering ins Gewicht falle und sich dann ein dem CL-Wert entsprechender Zustand ohnehin nicht mit den spezifischen Mitteln des Habitatrechts, sondern nur durch eine effektive Luftreinhaltepolitik erzielen lasse (Urteil vom 14. April 2010, a.a.O. Rn. 94). Darüber hinaus verweist das Bundesverwaltungsgericht darauf, dass die 3 %-Grenze nach neuestem wissenschaftlichen Erkenntnisstand ohnehin nicht auf Fälle beschränkt werde, in denen schon die Vorbelastung die Critical Loads um ein Mehrfaches übersteigt. Eine Stickstoff-Zusatzbelastung in der Größenordnung von 3 % der Critical Loads werde unabhängig von der Vorbelastung generell als nicht signifikant verändernd eingestuft. Diese Annahme wird auch in den neueren Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts gebilligt (vgl. BVerwG, Urteile vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 -, BVerwGE 148, 373, Rn. 63; und vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 -, BVerwGE 149, 31, Rn. 69).
Hier ist jedoch für das Biotop der Salzwiesen von einer Überschreitung der zu akzeptierenden Bagatellgröße des CL-Wertes auszugehen.
Der Gutachter D. der Landwirtschaftskammer Niedersachsen kommt in seinem mit Stellungnahme vom 15. September 2011 ergänzten Gutachten vom 11. März 2011 zu dem Ergebnis, dass die Bagatellgröße nicht überschritten werde, weil er für die Salzwiesen als zu berücksichtigenden CL-Wert 30-40 kg N/ ha*a angenommen hat, so dass mit 3 % dieses Wertes eine zusätzliche Stickstoffdeposition von 0,9 - 1,2 kg N/ ha*a akzeptiert werden könne. Nach der Anlage Va zum Gutachten sei davon auszugehen, dass die Salzwiesen außerhalb des kritischen Bereiches mit einer Konzentration einer Deposition in Höhe von 0,9 kg N/ ha*a liegen.
Der Gutachter Dr. S. verweist in seinem Gutachten (Seite 19) allerdings zu Recht darauf, dass es sich bei den westlich des Deichs liegenden Salzwiesen um den Biotoptyp KHF („Brackwasser-Flutrasen der Ästuare“) handelt, der dem FFH-Lebensraumtyp 1130 bzw. 1330 zugeordnet wird und für den ein CL-Wert von 20 - 30 N/ ha*a gilt.
Die von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zu Grunde gelegten CL-Werte sind mittlerweile veraltet. Aktualisierte CL-Werte liegen seit Frühjahr 2012 von dem NLWKN vor. Nach der Liste der Biotoptypen in Niedersachsen mit Angaben zu Regenerationsfähigkeit, Wertstufen, Grundwasserabhängigkeit, Nährstoffempfindlichkeit und Gefährdung (Rote Liste) (aus: Inform.d. Naturschutz Niedersachsen 32, Nr. 1 (1/12) Juni 2012 (Korrigierte Fassung vom 25. August 2015; www.nlwkn.niedersachsen.de/download/70390)) ist der Brackwasser-Flutrasen der Ästuare (Nr. 3.6.6 KHF, LRT 1330, 1130) mäßig empfindlich gegenüber Nährstoffeinträgen (insbesondere Stickstoff) mit einem CL-Wert von 20 - 30 kg N/ ha*a, teilweise evtl. auch noch etwas höher (Kapitel 2, Einstufung der Biotoptypen in Niedersachsen, Seite 24), wobei bei - wie hier - ungepflegten Brachen bzw. ungenutzten Flächen sogar noch von einer höheren Empfindlichkeit auszugehen ist. Auch der LAI-Leitfaden sieht in Tab. A. II.1 (Seite 64) für salzbeeinflusste Wiesen mariner Habitate CL-Werte von 20 - 30 kg N/ ha*a vor.
Bei einem CL-Wert von 20 - 30 kg N/ ha*a wird der Irrelevanzwert von 3 % nicht erst, wie vom Gutachter D. angenommen, bei 0,9 kg N/ ha*a, sondern bereits bei 0,6 kg N/ ha*a erreicht. Demgemäß ist die Aussage des Gutachters Dr. S. zutreffend, dass wenn gemäß der Anlage Va zum Gutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen die Isolinie für 0,9 kg N/ ha*a bereits an die Grenze des Biotops heranreicht, es als gesichert gelten kann, dass eine Zusatzbelastung bis zu 0,6 kg N/ ha*a bis deutlich in den Nationalpark hineinreicht und damit der maßgebliche 3 %-Wert für die Zusatzdeposition überschritten wird.
Soweit der Gutachter D. in der mündlichen Verhandlung erstmals und ohne Vorlage ergänzender Unterlagen angegeben hat, dass bei den neuen anzusetzenden Werten und dem mittlerweile für die Berechnung anzuwendenden Rechenweg bei einer anzunehmenden Hintergrundbelastung von 15 kg N/ ha*a die bei den Salzwiesen ankommende Zusatzbelastung lediglich ca. 0,45 kg N/ ha*a betrage und diese damit weit unterhalb der Bagatellgrenze liege, genügt dies nicht, die bestehenden Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen zu entkräften.
Soweit der Gutachter Dr. S. in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass die Datenbank des Umweltbundesamtes für die Hintergrundbelastung (http://gis.uba.de/website/depo1/) lediglich den Luftpfad berücksichtige und dabei den zusätzlichen Stickstoffeintrag, der sich über den Wasserpfad ergibt, außer Acht lasse, trifft dies zwar insoweit zu, als dieser zusätzliche Eintrag über die Ems erfolgt - die nasse Deposition, d.h. der Eintrag gelöster und ungelöster Verbindungen mit dem Niederschlag ist nach den Erläuterungen des Umweltbundesamtes zu den Hintergrundbelastungsdaten (http://gis.uba.de/Website/depo1/download/Erlaeuterungen_DepoKartendienst_UBA.pdf) - UBA-Erläuterungen - Teil der erhobenen und veröffentlichten Daten. Allerdings folgt die Kammer insoweit der Einschätzung des Gutachters A., nach der die insoweitigen zusätzlichen Stickstoffdepositionen über die Ems gerade kennzeichnend für die dortigen Biotope sind, was möglicherweise auch die Annahme eines geringeren CL-Wert und damit eine höhere Empfindlichkeit gegenüber darüber hinausgehende Stickstoffeinträge erklärt.
Aus den UBA-Erläuterungen (Seite 6) zu den Hintergrundbelastungsdaten ergibt sich aber, dass die Unsicherheit der Mess- und Modellresultate für die deutschlandweite mittlere Gesamtdeposition ± 30% beträgt und innerhalb einer Gitterzelle mit einer Auflösung von 7 x 8 km² sogar 30-50 % - bei höherer Auflösung weiter steigend - betragen könne. Diese Unsicherheit wurde soweit ersichtlich nicht berücksichtigt.
Darüber hinaus gebe es laut den UBA-Erläuterungen (Seite 6 f.) Unsicherheiten bei der Deposition im Nahbereich von Emissionsquellen. Insbesondere bei Ammoniak werde ein beträchtlicher Teil (Faustzahl: 50 %) der emittierten Menge quellnah (im Umkreis von wenigen Kilometern) deponiert. Die Nahdeposition werde nicht punktscharf abgebildet und in unmittelbarer Quellnähe deutlich unterschätzt. Weil die Daten aufgrund der Auflösung der Emissionen einzelquellspezifische Nahdepositionen nicht abbilden, werde für die Ermittlung der Vorbelastung in Genehmigungsverfahren empfohlen, die Daten um die Nahbereichsdeposition relevanter Emittenten zu korrigieren. Dass eine entsprechende Berücksichtigung erfolgt ist, ergibt sich aus dem Gutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 11. März 2011 und der Ergänzung vom 15. September 2011 nicht. Zwar hat der Gutachter D. festgestellt, dass sich mit den Betrieben F. und der etwa 650 m in südwestlicher Richtung entfernten Hofstelle B. weitere landwirtschaftliche Betriebe mit Tierhaltung befinden, in dem Milchvieh mit der entsprechenden weiblichen und männlichen Nachzucht bzw. weibliches Jungvieh gehalten werde (Seite 2 f. des Gutachtens), deren genauer Umfang für die Kammer nicht nachvollziehbar ist, da die entsprechenden Unterlagen dem Gutachten nicht beigefügt waren (Seite 3 des Gutachtens). Die von diesen Betrieben ausgehende Belastung wurde aber lediglich für die Beurteilung der zu erwartenden Geruchsemissionssituation berücksichtigt, nicht dagegen für die Prognose der Ammoniakkonzentration und Stickstoffdeposition.
Weil damit davon auszugehen ist, dass in den vorgelegten Gutachten die bestehende Vorbelastung und insbesondere die aufgezeigte Unsicherheit bei der Hintergrundbelastung, nicht hinreichend berücksichtigt worden ist und zudem hier bei dem Biotoptyp KHF „Brackwasser-Flutrasen der Ästuare“ aufgrund der hier ungepflegten Brachen bzw. ungenutzten Flächen sogar noch von einer höheren Empfindlichkeit und damit teilweise geringeren CL-Werten als 20 - 30 kg N/ ha*a und dementsprechend auch einem geringeren Irrelevanzwert als 0,6 kg N/ ha*a auszugehen ist, bestehen für die Kammer ausreichend Anhaltspunkte dafür, dass die kritischen Belastungsschwellen für Stickstoffeinträge hier überschritten werden.
Ob darüber hinaus auch die CL-Werte der sich nach der am 4. April 2003 vorgenommenen Biotoperweiterung um die Biotoptypen Seggenried (Nährstoffreiches Großseggenried (NSG)), Sumpf, Röhricht und Hochstaudenflur - (Beiakte VII, Bl. 184, 185) noch teilweise innerhalb des Prüfradius befindlichen Biotopes „LER-188“ überschritten werden, die hinsichtlich des Biotoptyps Nährstoffreiches Großseggenried ebenfalls mäßig empfindlich gegenüber Stickstoffeinträgen mit einem CL-Wert von 20 - 30 kg N/ ha*a sein dürften (vgl. hierzu im Einzelnen VG Osnabrück, Urteil vom 29. Juli 2015 - 3 A 46/13 -, juris, Rn. 122), kann hiernach offen bleiben.
(9) Die UVS verweist hinsichtlich der vorhabensbedingten Emissionen/ Immissionen auf das Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer Weser-Ems vom 11. März 2011. Danach werde durch das Vorhaben der zulässige Immissionswert für Gerüche sicher eingehalten bzw. unterschritten. Relevante Gerüche seien aufgrund der Entfernung zur nächstgelegenen Wohnbebauung nicht wahrnehmbar. Der Gutachter hat dabei das Beurteilungsgebiet zutreffend gem. Anlage 1 Ziffer 4.4.2 der Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - festgelegt. Danach ist Beurteilungsgebiet die Summe der Beurteilungsflächen, die sich vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30fachen der Schornsteinhöhe entspricht. Als kleinster Radius sind 600 m zu wählen. Da die Ablufttürme des Vorhabens eine Höhe von jeweils 11,00 m haben, war hier der Mindestradius von 600 m zu wählen. Dass es sich bei dem Ortsteil D. um einen Luftkurort handelt, für den nach den Auslegungshinweisen der GIRL (Anlage 2, zu Nummer 5) andere Kriterien gelten als die Immissionswerte für die in der Richtlinie ausdrücklich genannten Gebiete und in der Regel der Wert von 0,06 nicht überschritten werden soll, hat der Gutachter zu Recht nicht berücksichtigt, da die Ortschaft - entgegen dem klägerischen Vortrag im Schriftsatz vom 15. Februar 2016 (Bl. 199 der Gerichtsakte) etwa 1.400 m von dem Bauvorhaben entfernt und damit außerhalb des Beurteilungsgebietes liegt.
Anhaltspunkte dafür, weshalb von einem fehlerhaften Gutachten auszugehen ist, sind von der Klägerin nicht hinreichend dargelegt. Ermittlungsfehler sind auch nicht erkennbar. Auch das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim hat im Rahmen einer Überprüfung dieses Gutachtens festgestellt, dass die dargestellten Berechnungsergebnisse plausibel sind (Beiakte VII Bl. 87).
(10) Dasselbe gilt für den Vortrag der Klägerin zur Belastung durch Bioaerosole. Das Gutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen kommt zu dem Ergebnis, dass die von den geplanten Hähnchenmastanlagen und der vorhandenen Rinderhaltung ausgehende PM10-Belastung an den Standorten der nächstgelegenen Wohnhäuser deutlich unterhalb von 1,2 µg/m3 und somit gemäß TA Luft unterhalb des Irrelevanzwertes liege. Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt hat die Berechnungsergebnisse für Schwebstaub ebenfalls für plausibel erachtet.
(11) Die Klägerin rügt schließlich zu Unrecht, dass sich die Verträglichkeitsprüfung und der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid nicht ausreichend mit dem Übertragungsrisiko der Vogelgrippe auf die Brut-und Rastbestände im EU-Vogelschutzgebiet auseinandersetzen.
Die tierseuchenrechtlichen Auswirkungen eines Geflügelpestausbruchs in einem Freilandbetrieb stellen keine schädlichen Umwelteinwirkungen, d.h. nach § 3 Abs. 1 BImSchG bestimmte Immissionen dar. Immissionen sind nach § 3 Abs. 2 BImSchG bestimmte „Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen“. Erreger, die nicht über die Luft (z.B. Staub), sondern - wie der Vogelgrippeerreger - vornehmlich über Wirtstiere bzw. über menschliche Kleidung und Gerätschaften übertragen werden, zählen hierzu nicht. Daher war den Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 15. Februar 2016 (dort Seite 3 f., Bl. 201 f. der Gerichtsakte) zum Zusammenhang zwischen der Bioaerosol-Belastung und der Übertragung von Vogelgrippeerregern auch nicht weiter nachzugehen.
Die Möglichkeit, dass Krankheiten auf den vorgenannten Übertragungswegen verbreitet werden, stellt zwar eine „sonstige Gefahr“ i.S.d. Bundes-Immissionsschutzgesetzes dar (Nds. OVG, Urteil vom 25. Februar 2015 - 1 KN 140/13 -, Rn. 29 nach juris). Allerdings sieht der Genehmigungsbescheid vom 22. Mai 2012 vor, dass der anfallende Festmist sowie das anfallende Reinigungswasser nicht auf Flächen in Wiesenvogel- und Rastvogellebensräumen ausgebracht wird, sondern unmittelbar nach jedem Mastdurchgang im Zuge des Entmistungsvorganges in Container zu laden und unmittelbar abzufahren ist. Eine (Zwischen-) Lagerung im Bereich der Anlage ist danach unzulässig. Die Kadaverlagerung hat in einer dicht zu schließenden Kadaverzelle zu erfolgen (vgl. Ziff. 3 der immissionsschutzrechtlichen Auflagen, Ziff. 1 und 2 der abfall- und bodenschutzrechtlichen Auflagen des Genehmigungsbescheides).
Unter Beachtung dieser Nebenbestimmungen besteht die Gefahr einer Übertragung der Vogelgrippe auf die Brut-und Rastbestände im EU-Vogelschutzgebiet nicht. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 13. August 2013 (Bl. 178 der Gerichtsakte im Verfahren 5 A 5054/12) ausführlich und für die Kammer nachvollziehbar dargelegt, dass aquatisch lebende Wildvögel das Hauptreservoir aller in der Natur vorkommenden Influenza-A-Virussubtypen darstellen und ihrerseits die Erreger verbreiten, ohne selbst zu erkranken. Die Ansteckung mit Vogelgrippeerregern verläuft daher von den Wildvögeln hin zu Hausgeflügelarten, nicht aber andersherum.
Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Gefahr einer Übertragung von Vogelgrippe dann nicht besteht, wenn es sich nicht um eine Freilandgeflügelhaltung, sondern wie im Fall des vom Beigeladenen beabsichtigten Betriebs von Hähnchenmastanlagen um eine eingehauste Geflügelhaltung handelt. Das ergibt sich aus der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts, nach der es sich bei dem Verbot einer Freilandgeflügelhaltung, also dem Gebot der Einhausung einer an sich zulässigen Geflügelhaltung, um eine wirksame Vorkehrung zur Vermeidung der Gefahr einer Übertragung von Vogelgrippe handelt, durch die eine Infektion eigener Geflügelbestände mit Vogelgrippeviren durch Kontakt zu Wildvögeln und damit mittelbar die Gefahr der Weitergabe des Virus in die Nachbarschaft vermieden werden kann (Nds. OVG, Urteil vom 25. Februar 2015 - 1 KN 140/13 -, Rn. 29 nach juris).
(12) Lässt sich nach alldem eine Unvereinbarkeit des Vorhabens mit den Schutzzwecken der LSG-VO nicht ausschließen, so durfte das Vorhaben gem. § 8 Abs. 1 Nr. 6, 2. Alt. LSG-VO nur nach Maßgabe einer Abweichungsprüfung (§ 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG) zugelassen werden. Eine solche Prüfung hat der Beklagte in der Annahme, dass bereits § 8 Abs. 1 Nr. 6, 1. Alt. LSG-VO eine Freistellung des Vorhabens zulässt, nicht durchgeführt. Eine Freistellung kann daher auch nicht hierauf gestützt werden.
Abweichungsgründe dürften indes auch nicht vorliegen. Eine Abweichung setzt nach § 34 Abs. 3 BNatSchG voraus, dass das Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Es besteht kein öffentliches Interesse daran, eine Hähnchenmastanlage gerade an dem vorgesehenen Standort zu errichten. Es ist schon nicht ersichtlich, dass der Bedarf an Hähnchenfleisch ohne die streitgegenständliche Anlage nicht gedeckt werden könnte. Zudem stehen für derartige Anlagen zahlreiche andere Standorte außerhalb von Landschaftsschutzgebieten zur Verfügung. Dass der Beigeladene die Anlage aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen auf einem in seinem Eigentum stehenden Grundstück errichten möchte, liegt nicht im öffentlichen, sondern allein in seinem privaten Interesse (vgl. OVG Münster, Urteil vom 16. Januar 2013 - 8 A 2252/11 - Rn. 64 nach juris). Dass zumutbare Alternativen nicht gegeben sind, um den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, ist ebenfalls nicht hinreichend dargetan.
(13) Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 6 LSG-VO für eine Freistellung des Vorhabens von den Schutzbestimmungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO nicht erfüllt sind, weil es sich nicht im Rahmen einer Vorprüfung oder einer Verträglichkeitsprüfung im Sinne des § 34 Abs. 1 BNatSchG als mit den Schutzzwecken der LSG-VO vereinbar erweist und die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG nicht erfüllt sind.
Die Erteilung einer Befreiung gem. § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG scheidet ebenfalls aus. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG liegen nicht vor. Nach dieser Norm kann naturschutzrechtlichen Ge- und Verboten auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist.
Es fehlt - wie bereits dargelegt - an einem öffentlichen Interesse daran, die streitgegenständliche Anlage an dem vorgesehenen Standort zu errichten. Gem. § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG kann auch dann Befreiung gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist. Diese Voraussetzungen liegen ebenfalls nicht vor. Es fehlt schon an einer unzumutbaren Belastung des Beigeladenen. Die durch das landschaftsschutzrechtliche Bauverbot bedingte Einschränkung des Beigeladenen erweist sich bei einer Abwägung der betroffenen Rechtspositionen weder aufgrund der Besonderheit der Situation noch aufgrund ihrer Schwere als unangemessen. Insbesondere verbleiben dem Beigeladenen zahlreiche Möglichkeiten, das streitgegenständliche Grundstück anderweitig zu nutzen. Dass der Beigeladene möglicherweise über kein anderes Grundstück verfügt, auf dem sein Vorhaben genehmigt werden kann, begründet keine unzumutbare Belastung (vgl. OVG Münster, Urteil vom 16. Januar 2013 - 8 A 2252/11 - Rn. 65, juris).
Weil das Vorhaben damit in nicht durch Ausnahmegenehmigung oder Befreiung zu behebender Weise in Widerspruch zu einer gültigen Landschaftsschutzverordnung steht, stehen dem Vorhaben Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege als öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen.
dd) Soweit die Klägerin darüber hinaus unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (u.a. Urteil vom 1. August 2002 - 4 C 5. 01 -, BVerwGE 117, 25) geltend macht, dem Vorhaben des Beigeladenen stehe darüber hinaus auch als unbenannter öffentlicher Belang das Erfordernis einer förmlichen Planung entgegen, weil das Vorhaben eine so hohe Konfliktlage für die berührten öffentlichen und privaten Belange auslöse, dass ein besonderes Koordinierungsbedürfnis bestehe und die damit erforderliche abwägende Entscheidung nicht im Zulassungsverfahren, sondern nur im Rahmen eines planerischen Ausgleichs in einem Bauleitverfahren getroffen werden könne, überzeugt dies nicht. Der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin eine entsprechende Bauleitplanungssteuerung nicht vorgenommen hat. Zu einer von der Gemeinde beabsichtigten Planaufstellung ist es in der entsprechenden Ratssitzung nicht gekommen (Bl. 163 und 184 der Gerichtsakte 5 A 5054/12).
Lehnt es eine Gemeinde ab, einem aus ihrer Sicht bestehenden Planerfordernis durch Aufstellung eines Bebauungsplans nachzukommen, kann sie sich auf das Fehlen einer förmlichen Planung als entgegenstehenden öffentlichen Belang nicht berufen.
c) Ebenfalls zu Unrecht macht die Klägerin geltend, die Ersetzung des Einvernehmens durch den Beklagten sei auch deshalb rechtswidrig, weil er unzutreffend davon ausgegangen sei, dass es sich hierbei um eine Ermessensentscheidung handele, während tatsächlich ein Fall der gebundenen Entscheidung vorliege. Dabei kann offen bleiben, ob der für die Ersetzung zuständigen Behörde entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift ein Ermessensspielraum zusteht oder ob angesichts Art. 14 GG von einer rechtlich gebundenen Entscheidung auszugehen ist. Weil bei einer rechtswidrigen Versagung des Einvernehmens keine sachliche Rechtfertigung dafür besteht, von einer Ersetzung abzusehen, ist das Ermessen jedenfalls in aller Regel auf Null reduziert (VGH Kassel, Urteil vom 8. September 2010 - 3 B 1271/10 -, Rn. 5 nach juris; Schoch, NVwZ 2012, 777), so dass die von dem Beklagten getroffene Entscheidung, das gemeindliche Einvernehmen zu ersetzen, nicht zu beanstanden ist. Überdies fehlt es an einer rechtlichen Beschwer, wenn eine Behörde zwar einen nicht gegebenen Ermessensspielraum annimmt, bei ihrer Entscheidung jedoch zu demselben Ergebnis kommt, zu dem sie auch bei Annahme einer gebundenen Entscheidung gekommen wäre.
d) Die Klägerin hat die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens damit zu Recht versagt weil dem Vorhaben des Beigeladenen mit Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegenstehen und es damit bauplanungsrechtlich unzulässig ist. Die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens gem. § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB durch den Beklagten ist damit zu Unrecht erfolgt und unterliegt der Aufhebung.