Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 09.03.2016, Az.: 5 A 2872/11
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 09.03.2016
- Aktenzeichen
- 5 A 2872/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 43029
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat.
Die im Wege der Allgemeinverfügung vom 1. Dezember 2011 vorgenommene Widmung wird aufgehoben, soweit mit ihr die Benutzung der Straße D.er Warpen auf Fahrzeuge mit Achslasten bis 8 t beschränkt worden ist.
Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Beschränkung der Widmung der in der Gemeinde J. gelegenen Straße D. W. auf die Benutzung durch Fahrzeuge mit einer Achslast bis 8 t.
Parallel zu diesem Verfahren werden weitere Verfahren geführt, die im Zusammenhang stehen mit einer dem Kläger durch den Landkreis L. erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von Hähnchenmastställen: Im Verfahren 5 A 5403/12 begehrt der Kläger von der Beklagten die Annahme eines von ihm unterbreiteten Erschließungsangebotes. Im Verfahren 5 A 5054/12 wendet sich die Beklagte im Wege der gemeindlichen Nachbarklage gegen die dem Kläger vom Landkreis L. erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Im Verfahren 5 A 5053/12 wendet sich die Beklagte gegen die durch den Landkreis L. erfolgte Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens. Im Verfahren 5 A 5019/12 wendet sich der Naturschutzbund Deutschland e.V. im Wege der Umweltverbandsklage gegen die dem Kläger vom Landkreis L. erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung.
Der Kläger bewirtschaftet zusammen mit seiner Ehefrau in der Gemeinde J. im Ortsteil D. einen landwirtschaftlichen Betrieb mit der Größe von rund 75 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche im Haupterwerb (Flurstück … der Flur . der Gemarkung D.). Sie betreiben mit 117 Kuh- und Färsenplätzen und 79 Jungviehplätzen eine Milchviehhaltung mit damit verbundener Milcherzeugung und Jungrinderaufzucht sowie eine Bullenmast mit 50 Plätzen. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen werden als Grünland in Form von Weide und Mähweide genutzt und dienen zur Futterversorgung des Rindviehbestandes. Die Zufahrt zu dem Betrieb führt über ein etwa 450 bis 470 m langes, s-förmig geschwungenes Teilstück des D. W., das etwa 3,0 m breit ist und auf einem Damm errichtet wurde. Beidseitig der asphaltierten Straßendecke ist eine zwischen 0,5 m und 2,0 m breite grasbewachsene, nicht befestigte Berme angelegt, um die Standsicherheit der Böschung zu erhöhen.
Mit an die Beklagte gerichtetem Schreiben vom 15. September 2004 (Bl. 311 der Gerichtsakte) ordnete das Straßenverkehrsamt des Landkreises L. auf Antrag der Beklagten (Beiakte VIII Bl. 141 im Parallelverfahren 5 A 5019/12 - Beiakten mit Bezifferung durch römische Zahlen sind immer solche aus dem genannten Parallelverfahren -) im Vorgriff auf das Widmungsverfahren zum Schutz der Straßen vor außerordentlichen Schäden u.a. für den seinerzeitigen Wirtschaftsweg D. W. ein Verbot für Fahrzeuge mit einer tatsächlichen Achslast von mehr als 8 t sowie eine Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h für Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 6 t an. Die entsprechenden Verkehrszeichen wurden von der Beklagten angebracht.
Am 16. Oktober 2006 beschloss der Rat der Beklagten, u.a. den Weg D. W. mit im Wesentlichen denselben Verkehrsbeschränkungen zu widmen, wie sie der Landkreis L. bereits zuvor angeordnet hatte (TOP 17, Bl. 371, 377 der Gerichtsakte). Nach - vom Kläger bestrittenem - Vortrag der Beklagten wurde die entsprechend umgesetzte Allgemeinverfügung vom 25. Oktober 2006 durch Aushängung in der Gemeinde öffentlich bekannt gemacht (Bl. 313 der Gerichtsakte).
Der Verwaltungsausschuss der Beklagten beschloss am 10. November 2011, u.a. den Weg D. W. in derselben Form zu widmen, wie dies bereits am 16. Oktober 2006 durch den Rat der Gemeinde erfolgt war. Die Widmungsbeschränkung erfolge aus Gründen des öffentlichen Wohles. Die vorhandenen Fahrbahnbreite der Straße und die Ausbauart seien nicht geeignet, einen darüber hinausgehenden regelmäßigen Schwerlastverkehr aufzunehmen. Die entsprechende Allgemeinverfügung vom 1. Dezember 2011 wurde im Amtsblatt des Landkreises L. (Jahrgang 2011, Seite 151 ff.) bekanntgemacht.
Der Kläger hat am 20. Dezember 2011 gegen die Widmung und die Widmungsbeschränkung der Straße D. W. Klage erhoben, die er im Laufe des gerichtlichen Verfahrens auf die Beschränkung der Straßenbenutzung auf Fahrzeuge mit Achslasten bis 8 t beschränkt hat (Schriftsatz vom 9. Februar 2012, Bl. 33 der Gerichtsakte).
Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Die Straße sei seit Jahren durch landwirtschaftliche Fahrzeuge wie etwa Molkereiwagen oder von Futterlieferanten genutzt worden, deren Fahrzeuge regelmäßig eine Achslast von mehr als 8 t hätten. Die Widmungsbeschränkung stelle einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten landwirtschaftlichen Betrieb dar. Hintergrund für die erfolgte Widmungsbeschränkung sei offenbar die von ihm beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine Hähnchenmastanlage. Aus dem vom Landkreis L. eingeholten Gutachten der Firma Straßenbau Prüfstelle GmbH (StraPs) zur „Beurteilung der Tragfähigkeit der Straße D. W.“ vom 25. November 2011 (Bl. 26 ff. der Beiakte BA001) gehe hervor, dass die Straße einen ordentlichen Zustand mit einer sehr guten Vorkonsolidierung des Untergrunds aufweise und für die Benutzung von Fahrzeugen mit Achslasten über 8 t, wie sie seit Jahren erfolge, ohne Weiteres geeignet sei.
Der Kläger beantragt,
die im Wege der Allgemeinverfügung vom 1. Dezember 2011 vorgenommene Widmung aufzuheben, soweit mit ihr die Straßenbenutzung auf Fahrzeuge mit Achslasten bis 8 t beschränkt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Klage sei bereits unzulässig, weil die Widmungsbeschränkung bereits am 6. Oktober 2006 erfolgt und durch ortsübliche Aushängung in der Gemeinde wirksam bekannt gemacht worden sei. Die erst am 20. Dezember 2011 erhobene Klage sei damit verfristet. Bei der im Dezember 2011 erfolgten erneuten Bekanntmachung im Amtsblatt des Landkreises L. habe es sich lediglich um eine vorsichtshalber wiederholende Bekanntmachung gehandelt, die die Rechtsbehelfsfrist für den Kläger nicht erneut in Gang gesetzt habe.
Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet. Die Hinweise, die der Gutachter der Firma StraPs im Zusammenhang mit der Beurteilung der Tragfähigkeit der Straße auf Seite 9 seines Gutachtens gegeben habe, belegten eindeutig die Ungeeignetheit für die Aufnahme von Schwerlastverkehr, insbesondere im Begegnungsverkehr, wie er bei dem genehmigten Hähnchenmaststall zu erwarten sei. Zudem müssten die Ausführungen zur Tragfähigkeit im Gutachten mit Hinweis auf die dortigen Ausführungen unter Ziffer 3.1.2 zu den Rammkernsondierungen in Frage gestellt werden. Bei Befahrung der Straße ohne Widmungsbeschränkung sei zu erwarten, dass nicht nur die schmale Fahrbahn, sondern auch die unbefestigten Bermen nachhaltig beschädigt und die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs gefährdet werden.
Die Beschränkung der Widmung sei auch nicht unter sachfremden Erwägungen und damit ermessensfehlerhaft erfolgt, um etwa die Errichtung der unerwünschten Hähnchenmastanlage zu verhindern. Aus den Verwaltungsvorgängen sei ersichtlich, dass es ausschließliches Ziel der Widmungsbeschränkung gewesen sei, die mit hohem Aufwand ausgebauten Wirtschaftswege zu schützen. Die Widmung beziehe sich auf 48 Straßen und Wirtschaftswege im Außenbereich der Gemeinde und sei zu einer Zeit erfolgt, als es die Planungen des Klägers für die gewerblichen Hähnchenmastställe noch gar nicht gegeben habe. Es liege im öffentlichen Interesse, dass die Wirtschaftswege schonend behandelt würden. Der Kläger könne sich auch nicht auf einen Anliegergebrauch berufen, der gewerblichen Schwerlastverkehr erfasse.
Gegen den von der Beklagten nachträglich am 28. Juni 2012 angeordneten Sofortvollzug der Widmungsbeschränkung, den diese im Hinblick auf die am 22. Mai 2012 durch den Landkreis L. unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens erfolgte Erteilung der vom Kläger begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im Wesentlichen mit der besondere Gefährdung durch den Schwerlastverkehr bei Begegnungsverkehr und den Erhalt des befestigten Straßenkörpers sowie der unbefestigten Bermen begründet hat, hat der Kläger am 27. August 2012 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Mit Beschluss vom 6. September 2012 hat die Kammer die aufschiebende Wirkung der Klage unter Annahme offener Erfolgsaussichten und einer zu Lasten der Beklagten vorgenommenen Interessenabwägung wiederhergestellt (- 5 B 4257/12 -). Das Beschwerdeverfahren wurde mit Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 2012 eingestellt, nachdem die Beklagte die Anordnung des Sofortvollzugs der Widmungsverfügung bezüglich der Straße D.er Warpen aufgehoben hat (- 7 ME 152/12 -).
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtakten in diesem Verfahren, in den Verfahren 5 B 4257/12, 5 A 5019/12, 5 A 5403/12, 5 A 5053/12, 5 A 5054/12 und der in diesen Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgänge der jeweiligen Beteiligten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
Soweit der Kläger die Klage im Wege der nachträglichen Beschränkung des Klageantrags zurückgenommen hat, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
Im Übrigen hat die Klage Erfolg.
Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben. Die Beklagte hat nicht hinreichend dargetan, dass die bereits am 16. Oktober 2006 vom Rat der Beklagten im Zusammenhang mit der Widmung erfolgte Widmungsbeschränkung ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist. Gem. § 6 Abs. 3 Niedersächsisches Straßengesetz (NStrG) ist die Widmung öffentlich bekanntzumachen. § 7 Abs. 3 der seinerzeit geltenden Hauptsatzung der Beklagten (Bl. 346 der Gerichtsakte) sah für Bekanntmachungen, die nicht Satzungen und Verordnungen betreffen, einen Aushang in den Bekanntmachungskästen der Gemeinde in den einzelnen Ortschaften für die Dauer von zwei Wochen vor. Aus den vorgelegten Verwaltungsvorgängen bzw. den im gerichtlichen Verfahren nachgereichten Unterlagen ergibt sich nicht, dass die beschlossene Widmung sowie deren Beschränkung in allen zwölf Bekanntmachungskästen der Gemeinde ausgehängt worden ist, obgleich gerade die ordnungsgemäße Bekanntmachung seitens des Klägers bestritten worden ist. Vorgelegt wurde allein die Kopie einer einzelnen Bekanntmachung, die einem Bekanntmachungskasten jedoch nicht zugeordnet werden kann (Bl. 313 f. der Gerichtsakte). Diese Kopie enthält zwar einen Aufdruck von Daten, an denen Aushang und Abnahme vorgenommen worden sein sollen. Weil der zugehörige Verwaltungsvorgang nicht vorgelegt wurde und zudem ein Erledigungsvermerk nicht vorhanden ist, ist die in § 7 Abs. 3 Satz 2 der seinerzeit geltenden Hauptsatzung vorgesehene Aktenkundigkeit der öffentlichen Bekanntmachung nicht gegeben.
Abgesehen davon spricht gegen die Rechtsauffassung der Beklagten, nach der es sich bei der im Dezember 2011 erfolgten Bekanntmachung im Amtsblatt des Landkreises L. lediglich um eine vorsichtshalber wiederholende Bekanntmachung gehandelt habe, dass dieser Bekanntmachung auch ein erneuter Widmungsakt durch ein anderes Organ vorausgegangen ist. Während die Widmung im Jahr 2011 vom Verwaltungsausschuss im Rahmen seiner Lückenkompetenz nach § 76 Abs. 2 NKomVG beschlossen worden ist, war die Widmung im Jahr 2006 durch den - für die Widmung nicht zuständigen (vgl. Wendrich, NStrG, 4. Auflage, § 6 Rn. 4) - Rat der Gemeinde beschlossen worden, was möglicherweise auch der Grund für eine erneute Beschlussfassung durch das zuständige Organ war. Dass damit in der Sache ein erneuter Entscheidungsprozess innerhalb der Gemeinde stattgefunden hat, schließt, auch wenn er zum selben Ergebnis geführt hat, die Annahme einer bloßen wiederholenden Verfügung ohne eigenen Regelungsgehalt aus. Maßgeblich für den Lauf der Klagefrist war daher die Veröffentlichung im Amtsblatt für den Landkreis L. vom 1. Dezember 2011.
Die Klage ist auch begründet. Die Beschränkung der Benutzung der Straße auf Fahrzeuge mit Achslasten bis 8 t ist rechtswidrig.
Gem. § 6 Abs. 1 Satz 4 NStrG können bei der Widmung als Widmungsinhalt Beschränkungen auf bestimmte Benutzungsarten oder Benutzerkreise vorgenommen werden. Bei der vorgenommenen Achslastbeschränkung handelt es sich um eine straßenwegerechtliche Maßnahme, für die die straßenrechtliche Kompetenz der Beklagten bestand, weil die Notwendigkeit der Beschränkung aus ihrer Sicht allein auf die technische Beschaffenheit der Straße und damit auf den Verkehrsweg als solchen zurückging und nicht etwa dem allein der Straßenverkehrsbehörde obliegenden Schutz von Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs diente.
Die Beschränkung der Widmung auf die Benutzung auf Fahrzeuge mit Achslasten bis 8 t war indes nicht erforderlich. Für die Kammer bestehen keine Zweifel daran, dass die Straße D. W. für die Benutzung von Fahrzeugen geeignet ist, die eine Achslast von 8 t überschreiten, ohne dass es zu Beschädigungen des Straßenkörpers kommt. Nach den vorliegenden Verwaltungsvorgängen wurde der Ausbau der Strecke 2001 durch das Landesamt für Geoinformation und Landesentwicklung Niedersachsen - LGLN - als schwere bituminöse Befestigung genehmigt, die nach den Richt-linien für den ländlichen Wegebau 2005 eine Befahrung mit einer Achslast von 11,5 t zulässt (vgl. Schreiben des LGLN vom 22. September 2011, Beiakte VIII Bl. 52 und 54, ergänzende Auskunft des LGLN per E-Mail vom 30. Januar 2012, Beiakte VIII, Bl. 161, Gesprächsvermerk vom 14. Dezember 2011, Beiakte IX Bl. 161).
Die Bestimmung der erforderlichen Bauklasse einer Straße richtet sich unter anderem danach, wie viele Fahrzeuge mit einer Achslast von 10 t die Straße nutzen. Bei zu erwartenden äquivalenten 10-t-Achsübergängen von bis zu 100.000 (B ≤ 0,1 Mio.) genügt nach den „Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen“ aus dem Jahr 2001 (RStO 2001) eine Straße mit der Bauklasse VI, bei 100.000 bis 300.000 Achsübergängen die Bauklasse V und bei 300.000 bis 800.000 Achsübergängen die Bauklasse IV. Herr G. von der Firma S. ist in seinem Untersuchungsbericht vom 25. November 2011 für die Feststellung der für den Verkehr erforderlichen Bauklasse davon ausgegangen, dass die Straße, gerechnet auf 365 Tage pro Jahr, täglich von zwei Fahrzeugen mit einer Achslast von 10 t genutzt werde, woraus sich innerhalb einer Nutzungsdauer von 30 Jahren eine Nutzung durch insgesamt 21.900 Fahrzeuge ergebe. Das bedeute, dass für die geplante Nutzung die geringen Anforderungen an die Bauklasse VI der RStO 2001 erfüllt sein müssten. Herr Grabe hat in seinem Untersuchungsbericht weiter ausgeführt, dass der Straßenaufbau annähernd die Anforderungen an einen Straßenaufbau der Bauklasse IV nach den RStO 2001 erfülle. Allein aufgrund einer geringeren Schottertragsschichtmächtigkeit und des Untergrundes (Klei) müsse die Straße der niedrigeren Bauklasse V zugeordnet werden (Seite 8 des Gutachtens). Weil der Straßenaufbau die Anforderungen für eine Straße nach Bauklasse V erfülle, die prognostizierte zukünftige Nutzung der Straße aber lediglich einen Bedarf für eine Straße der Bauklasse VI verlange, werde empfohlen, die Beschränkung auf Fahrzeuge mit einer Achslast bis zu 8 t aufzuheben und stattdessen die Geschwindigkeit auf 20 km/h zu begrenzen.
Herr G. hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, dass er bei der Begutachtung davon ausgegangen sei, dass der Weg von Fahrzeugen mit einer höheren als der laut Widmung zugelassenen Achslast befahren werde. Weil der Weg bereits bisher von Fahrzeugen genutzt worden sei, die die vorgeschriebene Achslastbeschränkung überschreiten, ohne dass es zu einer Schädigung des Wegezustandes komme, bestünden keine Bedenken, dass derartige Fahrzeuge auch weiterhin die Strecke benutzen. Nach seiner fachlichen Einschätzung sei die vorgenommene Achslastbeschränkung auf 8 t grundsätzlich nicht notwendig sei. Es wäre ausreichend, eine Beschränkung von 11,5 t vorzunehmen, soweit gleichzeitig eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 20 km/h ausgesprochen werde.
Die Kammer folgt den überzeugenden Ausführungen des Gutachters, die auch in der mündlichen Verhandlung durch ergänzende Fragen des Beklagtenvertreters zu den vorgenommenen Rammkernsondierungen nicht in Zweifel gezogen werden konnten.
Hiernach besteht für die von der Beklagten vorgenommene Widmungsbeschränkung keine Notwendigkeit. Zwar dürfte der Untersuchungsbericht hinsichtlich des Umfangs des zu erwartenden Verkehrs durch das vom Kläger beantragte Vorhaben der Errichtung eines Hähnchenmaststalls für 80.000 Hühner mit nur zwei Fahrzeugen pro Tag von zu niedrigen Zahlen ausgehen. Der Kläger geht in der Klageschrift im Parallelverfahren 5 A 5403/12 davon aus, dass auf der Straße durchschnittlich fünf Schwerlastfahrzeuge pro Tag verkehren (Bl. 2 der Gerichtsakte im dortigen Verfahren). Aber selbst unter Annahme eines entsprechend höheren Fahrzeugverkehrs unterschreitet die bemessungsrelevante Beanspruchungsgröße den Wert, der eine Straße mit der höheren Bauklasse IV erfordert, erheblich, so dass keine Zweifel daran bestehen, dass für den zu erwartenden Verkehr auch bei Befahrung mit Fahrzeugen mit Achslasten über 8 t die hier festgestellte Bauklasse V (auf der Grenze zu IV) ausreichend ist, um sowohl den bestehenden als auch einen eventuell zusätzlich zu erwartenden Verkehr ohne Schädigung aufzunehmen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich aus den Hinweisen, die der Gutachter der Firma S. im Zusammenhang mit der Beurteilung der Tragfähigkeit der Straße auf Seite 9 seines Gutachtens gegeben hat, nicht der Schluss ziehen, dass die Straße für die Aufnahme von Schwerlastverkehr grundsätzlich ungeeignet ist. Herr G. hat in seiner E-Mail vom 21. Juni 2012 (Beiakte VII Bl. 396) klargestellt, dass die in dem Gutachten abgegebenen Empfehlungen über den eigentlichen Auftragsumfang hinaus, die Tragfähigkeit der Straße zu beurteilen, als ergänzende Hinweise gegeben worden seien. Danach würden für den Betrieb der Straße zwar zusätzliche Maßnahmen empfohlen, jedoch habe hierdurch die Aussage zur Tragfähigkeit der Straße in keiner Weise relativiert werden sollen und würde auch eine Ungeeignetheit der Straße für den zu erwartenden Fahrzeugverkehr nicht belegt.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, die vorgenommene Achslastbeschränkung diene dazu, zu verhindern, dass die nicht befestigten Seitenstreifen befahren und zu Schäden an der Berme führen. Die als Bermen angelegten unbefestigten Seitenstreifen schließen sich seitlich an die Straße an und haben die bautechnische Funktion, den beim Befahren der Straße auftretenden seitlichen Druck aufzufangen, die befestigten Teile des Straßenkörpers zu stützen und gleichzeitig den Erddruck auf den Fuß der Böschung zu vermindern, um die Böschung standsicherer zu machen und einen Böschungsbruch zu vermeiden. Sie gehören zwar zum Straßenkörper, nicht jedoch zur Fahrbahn und sind auch nicht zum Befahren bestimmt (vgl. Kodal, Straßenrecht, 7. Auflage, Kap. 7 Rn. 6). Die vorgenommene Widmungsbeschränkung hat demgemäß auf den Schutz der Bermen keinen Einfluss. Erforderlich, aber auch ausreichend wäre insoweit ggf. ein Hinweis-/ Zusatzschild mit der Aufschrift „Seitenstreifen nicht befahrbar“.
Soweit die Kammer (in anderer Besetzung) in ihrem Beschluss vom 6. September 2012 angedeutet hat, dass sich die Beklagte bei Ausübung des ihr zustehenden Ermessens möglicherweise zudem von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen, um die Errichtung der vom Kläger beabsichtigten Hähnchenmastställe zu verhindern, wird diese Annahme - auch nach der weiteren Darstellung der Beklagten zur bereits im Jahr 2006 (und damit zeitlich deutlich vor dem Antrag des Klägers auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung liegenden) durch den Rat der Gemeinde beschlossenen Widmung - ausdrücklich nicht mehr aufrechterhalten. Die nach den obigen Ausführungen fehlende Erforderlichkeit der vorgenommenen Widmungsbeschränkung und der damit verbundene Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit führt gleichwohl zur Rechtswidrigkeit und gebietet die insoweitige Aufhebung der Widmung.