Oberlandesgericht Oldenburg
v. 31.05.1995, Az.: 2 U 63/95
Urheberrechtsschutz für Architekten bei Verwendung von Plänen und Entwürfen für ein Wohnhaus üblicher Art; Vertrag gegen das Koppelungsverbot des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieurleistungen und Architektenleistungen (MRVG); Grundlagen einer Architektenbindung im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstücks
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 31.05.1995
- Aktenzeichen
- 2 U 63/95
- Entscheidungsform
- Entscheidung
- Referenz
- WKRS 1995, 29084
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1995:0531.2U63.95.0A
Rechtsgrundlagen
- Art. 10 § 3 MRVG
- § 97 UrhG
- § 2 Abs. 2 UrhG
Amtlicher Leitsatz
Architektenbindung und Grundstückserwerb, Koppelungsverbot.- In der Regel kein Urheberrechtsschutz für Architekten bei Verwendung von Plänen und Entwürfen für ein Wohnhaus üblicher Art.
Entscheidungsgründe
Ein Honoraranspruch ergibt sich nicht aus dem Architektenvertrag vom 29.11.1989 (unterzeichnet am 6.12.1989). Der Vertrag ist unwirksam. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Vertrag gegen das Koppelungsverbot des Art. 10 § 3 MRVG verstößt.
Es liegt eine unzulässige Architektenbindung im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstücks vor. Diese ergibt sich aus dem zwischen der Beklagten und dem Zeugen B abgeschlossenen "Auftrag" vom 23.11.1989. Darin musste die Beklagte sich verpflichten, für den Fall des Erwerbs des nachgewiesenen Grundstücks mit dem "Architekten u. Bauunternehmer S einen Bauvertrag über einen Neubau" abzuschließen. Unerheblich ist, dass an der Vereinbarung weder der Kläger noch der Grundstückseigentümer beteiligt waren. Wer Partner der Bindungsvereinbarung ist, ist ohne Bedeutung. Entscheidend ist, dass der Erwerber auf Grund der Umstände davon ausgehen muss, ohne die Bindungsvereinbarung das Grundstück nicht erwerben zu können (BGH BauR 1982, 183). Das war hier der Fall. Das Grundstück war der Beklagten von dem Zeugen B angeboten worden. Die Beklagte konnte deshalb davon ausgehen, dass der Eigentümer den Zeugen B als Makler eingeschaltet hatte. Dass B als Makler tätig geworden ist, ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte sich für den Fall des Erwerbs des Grundstücks verpflichten musste, eine Vermittlungsprovision zu zahlen.
Es ging also nicht nur um die Vermittlung eines schlüsselfertigen Hauses auf einem beliebigen Grundstück. Schließlich hat B auch selbst ausgesagt, durch die Vereinbarung vom 23.11.1989 habe sichergestellt werden sollen, dass der Erwerb des Grundstücks von der Beauftragung des Klägers abhängig sei. Zwar hat er auf Nachfrage erklärt, er wäre auch bereit gewesen, das Grundstück ohne die Bindung an den Kläger zu verkaufen, wenn die Beklagte das ausdrücklich verlangt hätte. Dass das irgendwie zum Ausdruck gekommen ist, ergibt sich aber weder aus dem Vortrag der Parteien noch aus der Aussage des Zeugen. Ob der Kläger Kenntnis von der Bindungsvereinbarung hatte, ist ohne Bedeutung. Das Koppelungsverbot gilt auch, wenn der begünstigte Architekt davon nichts weiß (BGH BauR 1975, 288).
Die Anwendung des Koppelungsverbots scheitert auch nicht daran, dass die Bindungsvereinbarung nicht die Beauftragung des Klägers speziell mit den Architektenleistungen, sondern mit der schlüsselfertigen Erstellung des Neubaus vorsah. Das Verbot der Koppelung an einen Architekten gilt auch, wenn dieser über die das Berufsbild prägenden Aufgaben hinaus zusätzliche Leistungen ausführen soll. Nur wenn er gewerbsmäßig mit einer Gewerbeanmeldung die Errichtung von Häusern betreibt, ist das Koppelungsverbot auf ihn nicht anwendbar (BGH NJW-RR 1989, 147 [BGH 29.09.1988 - VII ZR 94/88]). Das ist bei dem Kläger jedoch nicht der Fall. Er ist zwar Geschäftsführer der Fa. S GmbH. Die Bindungsvereinbarung bezog sich aber nicht auf diese Gesellschaft, sondern nach ihrem eindeutigen Wortlaut auf den Kläger persönlich. Er ist dort unter anderem auch ausdrücklich als Architekt aufgeführt worden. Die Beklagte musste die Bindungsvereinbarung deshalb so verstehen, dass sie im Fall des Erwerbs des Grundstücks verpflichtet war, den Kläger persönlich mit der schlüsselfertigen Erstellung des Hauses einschließlich der Architektenleistungen zu beauftragen.
Dass die Beklagte tatsächlich keinen Bauvertrag abgeschlossen, sondern lediglich eine Auftragsbestätigung für die Architektenleistungen unterzeichnet hat, ist unerheblich. Dadurch ist die Kausalität der Bindungsvereinbarung für die Beauftragung des Klägers nicht entfallen. Der Kläger hat auf die Unterzeichnung der Vereinbarung bestanden, weil die Beklagte zum Abschluss eines Bauvertrags wegen der im Hinblick auf den Erwerb des Grundstücks bestehenden Unsicherheiten noch nicht bereit war. Die Beklagte musste deshalb davon ausgehen, dass sie statt eines Bauvertrags zumindest bereits die Honorarvereinbarung für die Architektenleistungen unterzeichnen musste, wenn sie das Grundstück erwerben wollte. Der Kauf des Grundstücks war zu diesem Zeitpunkt noch nicht gescheitert. Er war nach wie vor in Aussicht genommen. Abgesehen davon musste die Beklagte auf Grund der Umstände annehmen, dass auch andere Grundstücke, die statt des in der Vereinbarung vom 23.11.1989 aufgeführten Grundstücks entweder von dem Kläger oder durch den Zeugen B ersatzweise angeboten wurden, nur im Falle der Beauftragung des Klägers erworben werden konnten. Ob der Kläger die Beklagte darauf hingewiesen hat, sie könne ihre besonderen Vorstellungen mit jedem anderen Architekten planen, kann dahingestellt bleiben. Daraus konnte die Klägerin nicht entnehmen, dass das auch für den Fall der Bebauung des in Aussicht gestellten Grundstücks oder ersatzweise angebotener Grundstücke gelten sollte. Der pauschale Hinweis des Klägers war nicht geeignet, die Bindungswirkung entfallen zu lassen.
Dem Kläger stehen gegen die Beklagte auch keine Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 BGB zu. Es kann dahingestellt bleiben, ob die von dem Kläger vorgelegten Pläne von der Fa. J KG verwendet worden sind. Die Beklagte ist dadurch nicht bereichert. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Beklagte keine Kosten erspart. Denn sie hat die Fa. Janssen mit der schlüsselfertigen Erstellung des Bauvorhabens beauftragt. Der Zeuge J hat unwiderlegt bestätigt, dass in dem vereinbarten die Planungsleistungen enthalten waren.
Dem Kläger steht entgegen der Ansicht des Landgerichts schließlich auch kein Schadensersatzanspruch gem. § 97 UrhG zu. Bei den von dem Kläger gefertigten Entwürfen handelt es sich nicht um geschützte Werke im Sinn des § 2 Abs. Nr. 4 oder Nr. 7 UrhG. Diese setzen gem. § 2 Abs. 2 UrhG persönliche geistige Schöpfungen voraus. Das ist bei Architektenleistungen nicht ohne weiteres der Fall. Ein urheberrechtlicher Schutz kommt dem Architekten nur zugute, wenn seine Pläne und Entwürfe über die Lösung einer technischen Aufgabe mit den üblichen Mitteln hinausgehen. Eine Architektenleistung, die sich auf eine Planung einer bei entsprechenden Häusern üblichen Raumaufteilung, inneren und äußeren Gestaltung sowie Anpassung an Umgebung und Landschaft beschränkt, stellt noch keine eigene schöpferische Leistung dar, für die ein Urheberschutz beansprucht werden kann (BGHZ 24, 55, 63 [BGH 29.03.1957 - I ZR 236/55]; OLG Schleswig GRUR 1980, 1072, 1073; a.A. OLG München, Urteil vom 08.05.1969, OLGZ 69/430; vgl. aber auch OLG München GRUR 1987/290). Erforderlich ist dafür eine Leistung, die über das Alltägliche hinausgeht. Sie muss auf Grund ihrer Originalität eine eigene schöpferische Gestaltung erkennen lassen. Das ist bei den von dem Kläger erstellten Entwürfen nicht der Fall. Ihnen lag unstreitig der Plan eines Typenhauses der Fa. S GmbH zu Grunde. Dieser Plan musste lediglich insoweit abgeändert werden, als ohne Veränderung des Grundrisses eine abgeschlossene Wohnung im Untergeschoss und zwei selbstständige Appartements im Obergeschoss entstehen sollten. Die dabei gefundene Lösung geht nicht über das Übliche hinaus. Das vermag der Senat auf Grund der vorliegenden Entwürfe des Klägers auch ohne Einschaltung eines Sachverständigen zu beurteilen. Der Kläger trägt in übrigen selbst nicht vor, auf Grund welcher Besonderheiten seine Planung eine eigene schöpferische Leistung im Sinn eines Kunstwerks sein soll.