Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 31.05.1995, Az.: 2 U 63/93
Gewährung einer Herstellungskostengarantie; Rechtsscheinshaftung für ein Mitglied einer Architektengemeinschaft; Verpflichtung aus der Herstellungskostengarantie
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 31.05.1995
- Aktenzeichen
- 2 U 63/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 28967
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1995:0531.2U63.93.0A
Fundstelle
- IBR 1997, 335 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
Amtlicher Leitsatz
Für die von einem Mitglied einer Architektengemeinschaft abgegebene Herstellungskostengarantie haben ungeachtet des Innenverhältnisses alle Mitglieder der Gemeinschaft einzustehen. Rechtsscheinshaftung.
Gründe
Der Klägerin steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner wegen der Überschreitung der garantierten Baukosten ein Anspruch auf Zahlung von 622.715,68 DM zu.
Die "S GbR" hat, vertreten durch den Beklagten zu 1), in einer Vereinbarung vom 23.05.1985 gegenüber der Firma T einen Höchstpreis des Bauvorhabens "B" von 2,2 Mio DM garantiert. Darin sollte gemäß Schreiben vom 18.07.1985 auch die Mehrwertsteuer enthalten sein. Nach dem Vermögensverfall der Firma T ist die Klägerin von der Bauherrengemeinschaft als Generalübernehmerin mit der Durchführung des Bauvorhabens beauftragt worden. Die Architektengruppe "S" hat daraufhin mit Schreiben vom 17.03.1986, wiederum vertreten durch den Beklagten zu 1), gegenüber der Klägerin bestätigt, dass die mit der Firma T getroffenen Vereinbarungen vom 23.05.1985 und 18.07.1985 auch für die Klägerin Bestand haben. Die ursprünglich gegenüber der Firma T abgegebene Herstellungskostengarantie ist damit auf die Klägerin übertragen worden. Das hat der Beklagte zu 1) für die Architektengruppe mit Schreiben vom 18.07.1987 auch nochmals klargestellt.
Die Verpflichtung aus der Herstellungskostengarantie trifft die Beklagten als Gesamtschuldner. Wie bei der Beauftragung von Rechtsanwälten (vgl. BGH NJW 1991, 1225) ist auch bei einer Architektengemeinschaft davon auszugehen, dass der Vertrag nicht nur mit dem handelnden Architekten geschlossen werden soll. Der handelnde Architekt verpflichtet sich deshalb nicht nur persönlich, sondern auch die mit ihm zur gemeinsamen Berufsausübung verbundenen Kollegen. Die Beklagten zu 2) bis 5) waren bei Abgabe der Erklärungen durch den Beklagten zu 1) unstreitig neben diesem als Gesellschafter bürgerlichen Rechts an der Architektengemeinschaft beteiligt.
Sie sind deshalb durch den Beklagten zu 1) wirksam vertreten worden.
Ob die Beklagten zu 6) und 7) ebenfalls als Gesellschafter an der Architektengruppe beteiligt waren, kann dahingestellt bleiben.
Denn sie haften zumindest aus einem von ihnen gesetzten Rechtsschein. Für die Auslegung von Willenserklärungen sind die äußeren Umstände maßgebend. Die Erklärung eines Architekten als Mitglied einer Architektengemeinschaft gilt deshalb nicht nur für die tatsächlichen Mitglieder der Gesellschaft, sondern für alle, die nach außen als solche aufgetreten sind. Sie müssen sich nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht an den von ihnen gesetzten Rechtsschein festhalten lassen (vgl. BGH a.a.O. für Rechtsanwälte). Hier durfte die Klägerin nach den äußeren Umständen auf Grund eines den Beklagten zu 6) und 7) zurechenbaren Rechtsscheins davon ausgehen, dass diese als Gesellschafter an der Architektengemeinschaft beteiligt waren und aus der Herstellungskostengarantie verpflichtet sein sollten.
Der Beklagte zu 7) war unstreitig zumindest bis zum 31.03.1983 als Gesellschafter Mitglied der "Architektengruppe S". Die Architektengruppe ist anschließend mit seiner Billigung weiter unter Verwendung seines Namens aufgetreten. Er war unstreitig auch nach wie vor in den Räumen des zur Architektengruppe gehörenden Beklagten zu 1) tätig. Insbesondere war in der Fußleiste des Schreibens vom 17.03.1986, mit dem die Herstellungskostengarantie auf die Klägerin übertragen worden ist, neben den Namen der übrigen Beklagten auch sein Name aufgeführt. Auf Grund dieser dem Beklagten zu 7) zuzurechnenden Umstände durfte die Klägerin davon ausgehen, dass der Beklagte zu 7) ebenfalls als Gesellschafter an der Architektengruppe beteiligt und damit aus der Herstellungskostengarantie verpflichtet war. Dem steht nicht entgegen, dass der Name des Beklagten zu 7) in der Fußleiste des Architektenvertrags nicht aufgeführt war. Entscheidend ist, dass der Name in dem späteren Schreiben, mit dem die Herstellungskostengarantie gegenüber der Klägerin bestätigt worden ist, enthalten war. Die Klägerin durfte sich auf den dem Beklagten zu 7) zuzurechnenden Rechtsschein deshalb nur dann nicht verlassen, wenn sie wusste, dass der Beklagte zu 7) nicht mehr an der Gesellschaft beteiligt war. dass die Klägerin von dem früheren Ausscheiden des Beklagten zu 7) aus der Gesellschaft Kenntnis hatte, hat dieser jedoch nicht bewiesen (wird ausgeführt).
Der Beklagte zu 6) hat zumindest auf Grund eines mit den Beklagten zu 1) und 7) geschlossenen Gesellschaftsvertrags für die Architektengruppe die Innenarchitektenleistungen erbracht. Soweit er in dem Schriftsatz vom 01.03.1995 vorgetragen hat, er habe erst im Lauf des Rechtsstreits Kenntnis davon erhalten, dass die Architektengruppe Briefe mit seinem Namen verwendet habe, steht das im Widerspruch zu dem Vorbringen in dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.03.1993. Der Beklagte zu 6) hat dort eingeräumt, von der Verwendung von Briefformularen mit seinem Namen und seiner Anschrift in D bereits früher Kenntnis erhalten zu haben. Lediglich die Verwendung von Vertragsformularen mit seinem Namen und die spätere Benutzung von Briefformularen mit der neuen Anschrift soll ihm bis zum vorliegenden Rechtsstreit nicht bekannt gewesen sein.
Nur darauf bezieht sich auch der Antrag auf Vernehmung der Zeugin S. dass der Beklagte erst Kenntnis von der Benutzung der Briefformulare mit seiner alten Anschrift nach der Übernahme der Herstellungskostengarantie gegenüber der Klägerin erhalten hat, lässt sich dem Vortrag nicht entnehmen. Dagegen spricht auch, dass das Schreiben vom 17.03.1986 bereits die Anschrift des Beklagten zu 6) in D enthält. Ob dem Beklagten zu 6) anschließend zugesichert worden ist, keine neuen Briefformulare mit seinem Namen zu verwenden, kann dahingestellt bleiben. Diese Zusicherung reicht nicht aus, um die Zurechenbarkeit des sich aus der späteren Verwendung von Briefformularen mit seinem Namen ergebenden Rechtsscheins entfallen zu lassen. Der Beklagte zu 6) durfte sich auf die bloße Zusage nicht verlassen, nachdem bereits zuvor ohne seine Zustimmung sein Name in den Briefen der Architektengruppe verwendet worden war. Er musste sich zumindest später vergewissern, dass er in den Briefen nicht mehr aufgeführt war. Das hat er unstreitig jedoch nicht getan. Auch er haftet deshalb nach Rechtsscheinsgrundsätzen gegenüber der Klägerin. Denn er hat ebenfalls nicht bewiesen, dass die Klägerin Kenntnis davon hatte, dass er nicht als Gesellschafter an der Architektengruppe beteiligt war (wird ausgeführt).