Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 22.01.2020, Az.: 18 A 2325/17

Aberkennung des Ruhegehalts; Disziplinarklage; Milderungsgründe; sexueller Missbrauch; Verhandlungsunfähigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
22.01.2020
Aktenzeichen
18 A 2325/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 72115
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Aberkennung des Ruhegehalts eines Lehrers, der Schüler sexuell missbraucht hat.

Tenor:

Der Beklagte ist eines Dienstvergehens schuldig.

Ihm wird das Ruhegehalt aberkannt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der am … geborene Beklagte stand als Lehrer (BesGr. A 12) im Dienst der Klägerin. Der Beklagte legte im Sommer … den Realschulabschluss ab und begann dann eine zweieinhalbjährige Ausbildung zum Industriekaufmann, die er erfolgreich abschloss. Im Anschluss war er zwei Jahre bei seinem Ausbildungsunternehmen als Industriekaufmann tätig. Vom … bis zum … leistete der Beamte seinen Wehrdienst ab.

Danach nahm er ein Lehramtsstudium auf. Am … bestand der Beamte die 1. Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen mit der Note „befriedigend“. Bis zum Beginn des Vorbereitungsdienstes war er an mehrere Schulen mit kurzfristigen Verträgen als Vertretungslehrkraft tätig.

In der Zeit vom …. bis zum …. absolvierte er den Vorbereitungsdienst und bestand am … die 2. Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen in den Fächern Deutsch und Mathematik mit der Note „befriedigend“.

Im Anschluss war er an mehreren Schulen in B-Stadt und Umgebung als Vertretungslehrkraft tätig. Mit Wirkung vom … wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Lehrer (BesGr. A 12) ernannt und weiter an der Hauptschule C. eingesetzt. Aufgrund der Tätigkeiten als Vertretungslehrkraft wurde seine Probezeit auf ein Jahr verkürzt. Aus Anlass der Feststellung der Bewährung in der Probezeit wurde der Beamte am … mit „befriedigend“ beurteilt und die Bewährung festgestellt, so dass ihm mit Wirkung vom … die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen wurde.

Ab dem … wurde ihm zunächst befristet, ab dem … unbefristet die Nebentätigkeit als freier Journalist für die Hannoversche Allgemeine Zeitung sowie den NDR genehmigt.

Mit Zusammenlegung der Hauptschule und der Realschule C. zur Haupt-und Realschule C. wurde der Beamte zum … an diese Schule versetzt.

Am 8. Januar 2001 wurde der Beklagte anlässlich seines 25jährigen Dienstjubiläums geehrt.

Mit Wirkung vom … wurde der Beamte an die D. schule in B-Stadt versetzt und zeitgleich bis zum … mit voller Stundenzahl an die E. in B-Stadt abgeordnet. Die Abordnung wurde bis zum … verlängert und der Beklagte dann zum … an die E. versetzt.

Der Beklagte stellte am … bei der Klägerin einen Antrag auf Anerkennung einer höheren Laufbahn. In diesem Zusammenhang wurde ihm durch den Leiter der E. in einem Bewährungsbericht bescheinigt, dass er ein herausragender Kollege der E. sei. Der Antrag wurde durch das Kultusministerium abgelehnt, weil zu dem Zeitpunkt noch keine Regelungen für eine Qualifizierung für ein höheres Lehramt vorlagen. Der Beklagte erneuerte seinen Antrag mit Schreiben vom …. Mit Erlass vom … teilte das Niedersächsische Kultusministerium mit, unter welchen Voraussetzungen eine Qualifizierung des Beamten für das Lehramt an F. möglich ist. Die Qualifizierung wurde mit Einleitung des Disziplinarverfahrens abgebrochen.

Nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze befindet sich der Beklagte seit dem … im Ruhestand.

Er ist nicht verheiratet und hat einen Sohn im Erwachsenenalter. Der Beklagte ist bisher weder disziplinarisch noch strafrechtlich in Erscheinung getreten. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse sind, soweit bekannt geworden, geordnet.

Nachdem der Klägerin am 30. April 2014 durch die Polizeidirektion B-Stadt mitgeteilt worden war, dass ihr Zeugenaussagen vorlägen, denen zufolge der Beklagte sich möglicherweise strafrechtlich relevant, jedenfalls auffällig gegenüber Schülern an der E. verhalten haben soll, leitete die Klägerin mit Verfügung vom 8. Mai 2014, welche dem Beklagten in einem persönlichen Gespräch am 9. Mai 2014 ausgehändigt wurde, ein Disziplinarverfahren gegen ihn ein. Gleichzeitig wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben.

Obwohl den Vorwürfen gegen den Beklagten seitens der Strafverfolgungsbehörden zunächst keine strafrechtliche Relevanz beigemessen wurde, wurde durch die Staatsanwaltschaft B-Stadt am 30. Juni 2014 (Az.: NZS 3765 Js 57962/14) doch noch ein Strafverfahren eingeleitet.

Nachdem weitere Ermittlungen der Klägerin Anhaltspunkte für weitere Dienstpflichtverletzungen ergaben, dehnte die Klägerin das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 18. Juli 2014 entsprechend aus.

Nach weiteren Ermittlungen der Klägerin wurde der Beklagte mit Verfügung vom 27. Oktober 2014 gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG vorläufig des Dienstes enthoben und 30 % seiner Bezüge einbehalten. Durch Verfügung vom 8. Dezember 2014 wurde die Einbehaltung seiner Bezüge auf 50 % erhöht.

Mit Verfügung vom 19. Juni 2015 wurde das Disziplinarverfahren im Hinblick auf das laufende Strafverfahren ausgesetzt.

Am 17. März 2016 verurteilte das Amtsgericht B-Stadt den Beklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in vierzehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten. Dieses Urteil ist seit dem 20. September 2016 rechtskräftig, nachdem der Beklagte die zunächst hiergegen eingelegte Berufung zurückgenommen hat.

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2016 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass das Verfahren fortgesetzt wird und die Ermittlungen abgeschlossen sind. Ihm wurde das Ergebnis der Ermittlungen mitgeteilt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Hiervon hat er keinen Gebrauch gemacht.

Am 15. März 2017 hat die Klägerin Disziplinarklage erhoben und den Beklagten angeschuldigt, dadurch ein schweres Dienstvergehen begangen zu haben, indem er

1. sich des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 14 Fällen schuldig gemacht habe. Mit rechtskräftigem Urteil vom 17.03.2016 habe das Amtsgericht B-Stadt für Recht erkannt, dass der Beamte des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen schuldig sei;

2. die Schüler G., H., I., J., K., L., M. und N. gegen deren Willen am Oberkörper, teilweise unter der Kleidung, berührt sowie teilweise massiert und an den Geschlechtsteilen oberhalb der Bekleidung berührt habe. Mindestens die Schüler G., H. und N. habe er zudem im Gesicht geküsst. Dieses Verhalten habe der Beamte sowohl in Räumen der Schule als auch bei sich zu Hause gezeigt, wohin er die Schüler teilweise mehrfach jeweils allein eingeladen habe. Zudem habe er die Schüler ins Spielcasino und den Schüler H. zu einem Urlaub nach Monte Carlo eingeladen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageschrift Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen bzw. auf eine mildere Maßnahme zu erkennen.

Der Beklagte erklärt: Er räume die sexuellen Handlungen gegenüber den Schülern ein. Er bestreite aber, gegenüber den Schülern psychischen Druck aufgebaut zu haben, indem er ihnen zu verstehen gegeben habe, von ihrem Verhalten ihm gegenüber hänge ihr Ausbildungserfolg ab. Es lägen Milderungsgründe vor, die ein Absehen von der schärfsten Disziplinarmaßnahme rechtfertigten bzw. erforderten. So habe er u.a. gegenüber den drei Schülern, im Hinblick auf die die strafrechtliche Verurteilung erfolgt sei, aus eigenem Antrieb eine finanzielle Wiedergutmachung geleistet und sich erfolgreich einer psychotherapeutischen Behandlung unterzogen. Auch sei er im Übrigen dienstrechtlich unbescholten gewesen.

.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Kammer durfte auch in Abwesenheit des verhandlungsunfähigen Beklagten verhandeln und in der Sache entscheiden (I.). Der Beklagte hat vorsätzlich handelnd ein Dienstvergehen i.S. d. § 47 Abs. 1 S. 1 BeamtStG begangen (II.). Dieses Dienstvergehen macht die Aberkennung seines Ruhegehalts gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3, § 13 NDiszG erforderlich (III.).

I.

Die dauernde Verhandlungsunfähigkeit des Beamten begründet im Disziplinarverfahren nach dem Niedersächsischen Disziplinargesetz nicht aus sich heraus ein Prozesshindernis. Dem Anspruch auf rechtliches Gehör des Beamten in der mündlichen Verhandlung wurde dadurch Rechnung getragen, dass dieser durch seine Prozessbevollmächtigte vertreten war. Es bedurfte auch nicht des Einsatzes eines Prozesspflegers, um dem Anspruch des Beamten auf rechtliches Gehör zur Durchsetzung zu verhelfen. Die Beteiligten, auch der Beklagte selbst, teilen diese Einschätzung.

Dem Gericht war auch trotz Abwesenheit des Beklagten in der mündlichen Verhandlung eine verlässliche Würdigung des Sachverhalts möglich. Der Nachweis, dass der Beklagte ein schweres Dienstvergehen begangen hat, konnte auch ohne persönliche Anwesenheit des Beklagten in der mündlichen Verhandlung geführt werden.

II.

1.

Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen, § 47 Abs. 1 S. 1 BeamtStG.

Das Amtsgericht B-Stadt hat im Urteil vom 17. März 2016 (243 Ds 3765 Js 57962/14 (502/15) folgende Feststellungen getroffen:

„II. Der Angeklagte war im Tatzeitraum Lehrer an der E. in B-Stadt. Im Rahmen seiner Lehrtätigkeit entschied der Angeklagte mit über die Annahme von Bewerbern, benotete die Schüler und vermittelte und begleitete im Zuge dieser Lehrtätigkeit Praktika von Schülern bei „Radio Leinehertz“. Unter Ausnutzung seiner Autorität als Lehrer und Entscheidungsträger für den beruflichen Werdegang seiner Schüler nahm er an diesen sexuelle Handlungen vor, wobei es so war, dass diese dies nur deshalb über sich ergehen ließen, weil sie negative Konsequenzen forderten.

Im Einzelnen kam es zu folgenden Übergriffen:

1.-5.
Im Zeitraum von November/Dezember 2011 bis Ende März 2013 fasste der Angeklagte an fünf nicht näher bestimmbaren Tagen in seiner Wohnung in A-Stadt/O. seinem am … geborenen Schüler P. mit der Hand in die Hose und streichelt ihn dort am Gesäß und an der Gesäßfalte. Ferner berührte der Angeklagte den Zeugen P. oberhalb der Bekleidung in dessen Genitalbereich, um dessen Glied zu streicheln.

6.-11.
Im Zeitraum von September 2012 bis Jahresende 2013 fasste der Angeklagte an sechs nicht näher bestimmbaren Tagen in A-Stadt/O. seinen am … geborenen Schüler Q. mit der Hand in die Hose, streichelt ihn am Gesäß und kniff ihn mehrmals in das Gesäß. Ferner streichelte der Angeklagte das Glied des Zeugen Q., wobei sich die Hand des Angeklagten innerhalb der Hose, aber oberhalb der Kleidung des Zeugen Q. befand.

12. und 13.
Im Zeitraum von August/September 2013 bis zum 03.04.2014 fasste der Angeklagte in seiner Wohnung in A-Stadt/O. an zwei nicht näher bestimmbaren Tagen seinem am … geborenen Schüler R. mit der Hand in den Schritt und streichelte dessen Glied oberhalb der Bekleidung.

14.
An einem nicht näher bestimmbaren Tag in den niedersächsischen Osterferien vom 3.4.2014 bis zum 22.04.2014 im Hotel „Estrel“ in Berlin kniete sich der nur mit einer Unterhose bekleidete Angeklagte auf seinen auf dem Hotelbett liegenden, nur mit einem T-Shirt und einer Unterhose bekleideten am … geborenen Schüler R. und streichelte dessen Glied oberhalb der Unterhose, wobei der Angeklagte eine sichtbare Erektion hatte.“

Diese tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils sind in diesem Disziplinarverfahren, das insofern denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, gemäß § 52 Abs. 1 S. 1 NDiszG bindend.

Der Beklagte hat außerdem die Schüler G., H., I., J., K., L., M. und N. gegen deren Willen am Oberkörper, teilweise unter der Kleidung, berührt sowie teilweise massiert und an den Geschlechtsteilen oberhalb der Bekleidung berührt. Die Schüler G., H. und N. hat er zudem im Gesicht geküsst. Dieses Verhalten hat der Beamte sowohl in Räumen der Schule als auch bei sich zu Hause gezeigt, wohin er die Schüler teilweise mehrfach jeweils allein eingeladen hat. Zudem hat er die Schüler ins Spielcasino und den Schüler H. zu einem Urlaub nach Monte Carlo eingeladen. Der Schüler K. war minderjährig, als der Beamte an ihm sexuelle Handlungen vorgenommen hat.

Der Beamte hat die sexuellen Handlungen gegenüber den Schülern eingeräumt. Anhaltspunkte dafür, dass die Vorwürfe konstruiert sind, gibt es nicht im Ansatz. Die Schüler haben in Aussagen gegenüber der Polizei, der Disziplinarbehörde und vor dem ersuchten Richter des Verwaltungsgerichts übereinstimmend dargestellt, wie der Beamte zunächst angefangen hat, sie zu massieren bzw. sich von ihnen massieren zu lassen, wenn er diese in sein Büro in der vierten Etage des Dienstgebäudes gebeten hat, wie er sie im Fahrstuhl auf dem Weg vom vierten Stock in das Untergeschoss des Dienstgebäudes auf den Mund geküsst und im Intimbereich berührt hat und wie er schließlich in seiner Wohnung, in der er mit den Schülern Projekte vorbereiten wollte, sexuelle Handlungen vorgenommen hat, indem er die Schüler am Gesäß oder im Genitalbereich, oberhalb der Kleidung, berührte.

Der Beamte hat dabei keine physische Gewalt angewendet. Aber der Beamte hat Druck ausgeübt auf seine Schüler, um seine sexuellen Bedürfnisse durchzusetzen. Er hat deutlich gemacht, dass er die Entscheidung darüber zu treffen hat, ob die Schüler überhaupt einen Ausbildungsplatz bekommen, ob die Ausbildung mit Erfolg abgeschlossen werden kann und ob ein Praktikumsplatz beschafft werden kann, und er hat das mit der Erwartung verknüpft, dass die Schüler die sexuellen Handlungen über sich ergehen lassen. Die Schüler haben das als Zwangssituation, als Nötigung empfunden. Das lässt sich den Aussagen der Schüler vom 13. und 14. November 2014 vor dem ersuchten Richter des Verwaltungsgerichts entnehmen; dabei können diese richterlichen Vernehmungen des im behördlichen Verfahren ersuchten Richters der Entscheidungsfindung zugrunde gelegt werden, § 53 Abs. 2 NDiszG.

So heißt es in der Aussage des Schülers G.: „…Die Situation kam schon in der Probezeit vor, aber auch nach Ablauf meiner Probezeit ging das so weiter. Im Zusammenhang mit diesen Begegnungen hat er sehr oft über meine Probezeit gesprochen und mir deutlich gemacht, dass er die Entscheidung darüber zu treffen hat, ob ich diese Probezeit erfolgreich bestehe oder nicht. Er hat mir dann auch später gesagt, dass er für mich ein gutes Zeugnis schreiben werde. Er hat mir auch ganz konkret gesagt, dass, wenn ich seinen Wünschen nicht folgen würde, er mir ein nicht so gutes Zeugnis schreiben würde und dann möglicherweise meine Probezeit in Gefahr sei...“

Der Schüler H. hat ausgesagt: „…Herr A. hat nie gesagt, wenn du das oder jenes nicht mitmachst, dann fliegst du hier raus. Er hat aber deutlich zu erkennen gegeben, was er von uns erwartete und hat das auch verbunden mit unserem Erfolg in der Ausbildung. Es galt für die Besuche in seiner Wohnung, wo die Sendung vorbereitet werden sollte, genauso für das Betätscheln in seinem Büro, wo er dann die Lamellen an seinem Platz zumachte, weil das Büro eine Glasfront hatte und von gegenüber einsehbar war….. Ich erinnere mich zum Beispiel an einem Vorfall mit G., der gegenüber von ihm im selben Büro saß. Er hat den anderen Auszubildenden zu erkennen gegeben, dass G. in letzter Zeit nicht mehr sorgfältig und fleißig arbeiten würde. Ich vermute, dass dies damit zusammenhängt, dass G. sich seine Annäherungsversuche nicht mehr hat länger gefallen lassen. Mir kam es so vor, dass er seine Maske fallen ließ, wenn man auf seine Angebote nicht einging. Er hatte immer eine Fröhlichkeit an sich, die aber dann sofort weg viel. Er konnte dann sehr grimmig sein….“

Der Schüler P. hat ausgesagt: „… Abschließend möchte ich noch berichten von den Radiosendungen, die Samstag von 14:00 bis 18:00 Uhr immer im Radio Leinehertz liefen. Während Musiktitel liefen, die etwa 3-4 Minuten dauerten, hat er mich jedes Mal aufgefordert, dass ich mich auf seinen Schoß setzen müsste. Er hat dann mit seinen Händen an meinem Bauch, Brust und dem Lendenbereich rumgefingert, er hat mich auch geküsst, und das geschah fast bei jedem Titel. Ich habe das alles nur über mich ergehen lassen, weil ich damals noch 16 Jahre alt war und ich unbedingt diesen Ausbildungsplatz haben wollte. Wenn ich mich geweigert hätte, wäre ich heute nicht im dritten Ausbildungsjahr...“

Der Schüler Q. hat ausgesagt: „… Ich glaube, dass auch eine solche Weigerung negative Auswirkungen auf meine schulischen Leistungen gehabt hätte. Er hat zwar nie gesagt, dass eine Weigerung meinerseits Konsequenzen für die Ausbildung hätte, aber aus seiner Mimik, seinen Gesten und seinen Handlungen musste ich das schon folgern. Nach einer Weigerung hat er mit einem mehrere Tage kaum gesprochen…“

Der Schüler R. hat ausgesagt: „… Es ist richtig, dass er bei meinen Besuchen in der Wohnung versucht hat, mein Glied anzufassen. Es war aber immer oberhalb meiner Boxershorts, wenn auch unterhalb meiner Jeans. Nachdem ich mehrfach versucht hatte, seine Hand wegzuschieben, hat er dann auch davon abgelassen, allerdings nur für diesen einen Tag. Bei dem nächsten Besuch ging das ganze wieder von vorne los… Die Treffen waren nicht so beliebt. Ich und auch die anderen haben immer versucht, uns davor zu drücken und andere Verabredungen anzugeben. Wenn man eine Verabredung hatte oder auch nur vorgetäuscht hatte, zeigte er seine Enttäuschung schon. Er war eigentlich nicht so richtig erbost, er kehrte dann aber mehr den Chef raus. Wenn man eine ganze Woche lang zu dem Treffen in seiner Wohnung nicht kam, wurde man Montag in sein Büro bestellt. Montags war sowieso immer der Scheiß-Tag, da hatte er richtig schlechte Laune. Er hat dann einen Vortrag darüber gehalten, dass man für diesen Job nicht der richtige sei, wenn man die Zeit nicht aufbringen würde, die Vorbereitungen mit ihm zu machen..“

Ähnliche Aussagen ergeben sich aus den Protokollen der Zeugenvernehmungen der Schüler K. und L., auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.

Die Aussagen der Schüler sind glaubhaft. Sie beeindrucken dadurch, dass sie nichts beschönigen und nichts dramatisieren. Keiner der Schüler behauptet, er sei durch physische Gewalt dazu gezwungen worden, sexuelle Handlungen über sich ergehen zu lassen. Alle beschreiben, wie sie manipuliert wurden und wie psychischer Druck auf sie gewirkt hat. Das Gericht hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen. Es ist auch kein anderer Grund ersichtlich, der die Schüler veranlasst haben könnte, sich mit dem Beklagten auf sexuelle Handlungen einzulassen, als ihre Sorge um ihren Ausbildungserfolg.

Die Verknüpfung zwischen der Bereitschaft, sexuelle Handlungen zu erdulden und dem Ausbildungserfolg, die der Beamte hergestellt hat, lässt sich außerdem nicht nur den Zeugenaussagen der betroffenen Schüler entnehmen, sondern auch den Feststellungen des Amtsgerichts B-Stadt, an die die Disziplinarkammer nach § 52 Abs. 1 NDiszG gebunden ist. Denn auch das Amtsgericht B-Stadt ist in dem Urteil vom 17. März 2016 zu der Einschätzung gelangt, dass der Beamte unter Ausnutzung seiner Autorität als Lehrer und Entscheidungsträger für den beruflichen Werdegang seiner Schüler an diesen sexuelle Handlungen vorgenommen hat.

2.

Der Beklagte hat durch das festgestellte Verhalten ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen. Für die rechtliche Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung kommt es in erster Linie auf die materielle Dienstbezogenheit an. Entscheidend für die rechtliche Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliches Pflichtverletzung ist nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit. Diese kausale und logische Einbindung in das Amt des Beamten als Lehrer ist gegeben. Der Ursachenzusammenhang folgt aus der Stellung des Beamten gegenüber den Schülern als ihr Lehrer.

Der Beamte hat schuldhaft gegen die sich aus § 34 Satz 3 BeamtStG ergebende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen.

Zu den Dienstpflichten der Lehrer, die den umfassenden Bildungsauftrag der Schule (§ 2 NSchG) zu erfüllen haben, gehören nicht nur der Unterricht und die Erziehung der ihnen anvertrauten Schüler. Lehrer haben auch körperliche Distanz zu den ihnen anvertrauten Schülern zu wahren. Sexuelle Übergriffe gegenüber Schülern, wie sie der Beamte begangen hat, darunter der sexuelle Missbrauch minderjähriger Schüler im Sinne des § 174 Abs. 1 StGB, sind ein absolutes Tabu. Sie beeinträchtigen in ganz besonderer Weise die psychische und physische Integrität der anvertrauten Schüler. Ein Lehrer, der die psychische und physische Integrität ihm anvertrauter Schüler beeinträchtigt, in dem er an diesen sexuelle Handlungen vornimmt, begeht daher eine schwere Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Januar 2010 – 20 LD 13/07 –, juris Rn. 94 m.w.N.).

3.

Der Beklagte handelte auch schuldhaft, nämlich vorsätzlich. Von einem vorsätzlichen Handeln ist auszugehen, wenn der Beamte bewusst und gewollt das Verhalten verwirklicht, das die Pflichtverletzung darstellt (BVerwG, Urt. v. 12. Mai 2011, 2 WD 9/10, juris Rn. 47; Plog/Wiedow, BBG, Stand: November 2016, Band 1, § 77 BBG 2009 Rn. 22). Dies war hier der Fall. Dem Beklagten musste bewusst sein, dass er gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstößt, wenn er unter Ausnutzung seiner Autorität als Lehrer und Entscheidungsträger für den beruflichen Werdegang seiner Schüler an diesen sexuelle Missbrauchshandlungen vornimmt.

Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 StGB oder eine erhebliche Verminderung seiner Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB liegen nicht vor.

Auch Rechtfertigungsgründe liegen nicht vor.

III.

Das von dem Beklagten begangene Dienstvergehen erfordert die Aberkennung seines Ruhegehalts gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3, § 13 NDiszG.

1.

Dem Ruhestandsbeamten wird gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 NDiszG das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Ein Beamter, der sich noch im aktiven Dienst befindet, ist gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 NDiszG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn er durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat.

Das von dem Beklagten begangene Dienstvergehen wäre, wenn er sich noch im aktiven Dienst befände, mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu ahnden. Dem Beklagten ist deshalb das Ruhegehalt abzuerkennen (§ 14 Abs. 2 Satz 2 NDiszG). Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 NDiszG). Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 NDiszG), wobei nach § 14 Abs. 1 Satz 3 NDiszG das Persönlichkeitsbild des Beamten einschließlich seines bisherigen dienstlichen Verhaltens angemessen zu berücksichtigen ist und ferner berücksichtigt werden soll, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit beeinträchtigt hat (§ 14 Abs. 1 Satz 4 NDiszG). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach den objektiven und subjektiven Handlungsmerkmalen der Verfehlung, den besonderen Umständen der Tatbegehung und den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 242, 259; Urt. v. 30.11.2006 - 1 D 6.05 -, juris; Nds. OVG, Urt. v. 23. April 2009 - 20 LD 8/07 -). Bei der Bemessung von Art und Maß der Disziplinarmaßnahme ist eine disziplinarische Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände vorzunehmen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 23. April 2009 - 20 LD 8/07 -). Ergibt die Gesamtwürdigung, dass das für die Aufrechterhaltung des Beamtenverhältnisses unerlässliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten endgültig zerstört ist, ist ein aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 NDiszG); einem Ruhestandsbeamten ist in einem solchen Fall das Ruhegehalt abzuerkennen (§ 14 Abs. 2 Satz 2 NDiszG) (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Januar 2010 – 20 LD 13/07 –, juris Rn. 97).

Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder habe durch sein Fehlverhalten eine erhebliche, nicht wiedergutzumachende Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums herbeigeführt. Unter solchen Voraussetzungen ist ein Beamter nicht mehr tragbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 7. Februar 2008, 1 D 4.07, juris Rn. 14; Nds. OVG, Urt. v. 22. November 2016, 20 LD 7/15, n.v., m.W.N.). Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass die Bemessungskriterien (Schwere des Dienstvergehens, Persönlichkeitsbild, Vertrauensbeeinträchtigung) mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Danach muss die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005, juris Rn. 22; Nds. OVG, Urt. v. 22.11.2016, 20 LD 7/15, n.v., m.W.N.).

Ergibt diese Gesamtwürdigung, dass das für die Aufrechterhaltung des Beamtenverhältnisses unerlässliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dienstherrn endgültig zerstört ist, kommt nur die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst respektive der Aberkennung des Ruhegehalts in Betracht. Lediglich in den Fällen, in welchen ein Restvertrauen in den Beamten angenommen werden kann, ist eine Disziplinarmaßnahme unterhalb der Höchstmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen.

2.

Ausgehend von diesen Grundsätzen wiegt das von dem Beklagten begangene Dienstvergehen so schwer, dass ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten ist

Den Lehrern sind Kinder und Jugendliche - oder wie hier auch junge Erwachsene - anvertraut, die sich durchweg noch in einer starken Prägungsphase befinden und besonders nach emotionaler Zuwendung, Anerkennung, Verständnis und Zuneigung suchen. Die Lehrer sollen die geistigen, seelischen und körperlichen Fähigkeiten der heranwachsenden jungen Menschen fördern und ihre Persönlichkeit weiterentwickeln. Diesen Erziehungsauftrag können die Lehrer glaubwürdig und überzeugend nur erfüllen, wenn sie ihr Verhältnis zu den Schülern von sexuellen Beziehungen und Handlungen jeder Art ausnahmslos freihalten. Ein Lehrer, der - wie der Beklagte - elf Schüler in einer Vielzahl von Fällen sexuell bedrängt, darunter vier Minderjährige, und dabei sogar in 14 Fällen sich des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen strafbar gemacht hat, ist als Lehrer nicht mehr tragbar. Und auch ein vom Vertrauen der Elternschaft getragener Schulbetrieb ist mit solch einem Lehrer nicht denkbar (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Januar 2010 – 20 LD 13/07 –, juris Rn. 97 m.w.N.).

Die Schwere des Dienstvergehens ergibt sich auch aus dem Strafrahmen des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen nach § 174 Abs. 1 StGB, der bei einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren liegt. Das hier konkrete Strafmaß, die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten, verdeutlicht ebenfalls, dass der Beamte ein schweres Dienstvergehen begangen hat. Dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass über den Gegenstand der strafgerichtlichen Verurteilung hinaus acht weitere Schüler Opfer sexuell motivierter Übergriffe des Beamten geworden sind.

Bei der im Rahmen der Bemessung der Disziplinarmaßnahme gebotenen Würdigung des Verhaltens und der Persönlichkeit des Beklagten kommt erschwerend hinzu, dass er nicht nur einmalig in eklatanter Weise gegen die ihm obliegenden Dienstpflichten verstoßen hat, sondern während eines sehr langen Zeitraums, nämlich von November/Dezember 2011 bis April 2014, immer wieder, in einer Vielzahl von Fällen. Der Beklagte hat dabei die zwischen den einzelnen Handlungen liegenden Zeiten nicht etwa für ein Überdenken seines Fehlverhaltens genutzt, sondern den sexuellen Missbrauch an mehreren ihm anvertrauten Schülern über Jahre immer weiter fortgesetzt.

Bei der Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme war besonders erschwerend zu berücksichtigen, dass der Beamte gegenüber den Schülern psychischen Druck aufgebaut und ihnen zu verstehen gegeben hat, von ihrer Bereitschaft, sexuelle Handlungen zu dulden, hänge ihr Ausbildungserfolg ab.

Außerdem ist erschwerend zu berücksichtigen, dass das Fehlverhalten zu erheblichen psychischen Folgen bei den Opfern geführt hat, nämlich - ausweislich des Strafurteils und der Aussagen der Schüler vor dem Verwaltungsgericht - unter anderem zu bedrückenden Schuld- und Schamgefühlen sowie zu Schlafstörungen; einige Opfer hatten sogar therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen müssen.

Es kann auch nicht außer Acht bleiben, dass das dem Beklagten vorgeworfene Verhalten mehrfach Gegenstand der Berichterstattung zumindest in der regionalen Presse war (vgl. z.B. die Zeitungsartikel der Neuen Presse vom 9. April 2015, der Hannoverschen Allgemeinen vom 9./11. April 2015 und vom 10./13. Mai 2015 sowie - nach der strafrechtlichen Verurteilung des Beklagten - vom 18. März 2016), so dass eine Schädigung sowohl des Ansehens des gesamten Berufsbeamtentums, der Lehrerschaft allgemein, der Lehrerschaft der konkreten Schule, hier der E., als auch eine erhebliche Beeinträchtigung der eigenen Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit des Beklagten unausbleiblich waren (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerwG, Urt. v. 27. September 1978 - 2 WD 43.78 -, BVerwGE 63, 141; Nds. OVG, Urt. v. 10. Februar 2009 - 20 LD 6/07; Urteil vom 12. Januar 2010 – 20 LD 13/07 –, juris Rn. 103).

3.

Durchgreifende Milderungsgründe, die es rechtfertigen könnten, von der disziplinarischen Höchstmaßnahme abzusehen, weil das Verhalten des Beklagten aufgrund entlastender sonstiger Gesichtspunkte in einem milderen Licht erscheinen würde mit der Folge, dass noch die Annahme eines Restvertrauens des Dienstherrn in den Beklagten gerechtfertigt wäre, sind nicht gegeben. Dem aus den bereits dargestellten Gründen als besonders schwerwiegend einzustufenden Dienstvergehen des Beklagten stehen keine entlastenden Gesichtspunkte gegenüber, die die Annahme zuließen, dass ein endgültiger Vertrauensverlust noch nicht eingetreten ist.

a) Das Dienstvergehen des Beklagten kann nicht deshalb milder bewertet werden, weil er nicht mehr im aktiven Dienst tätig ist. Der Maßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts liegen auch generalpräventive Erwägungen zugrunde. Es wären Rückwirkungen auf das Vertrauen in die Integrität des Berufsbeamtentums zu erwarten, wenn ein Ruhestandsbeamter, der wegen eines schweren Dienstvergehens als aktiver Beamter nicht mehr tragbar wäre, weiterhin sein Ruhegehalt beziehen könnte und berechtigt bliebe, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem früheren Amt verliehenen Titel zu führen. Es kommt hinzu, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, dass ein Beamter, der nach Begehung eines zur Auflösung des Beamtenverhältnisses führenden Dienstvergehens in den Ruhestand tritt, nicht besser gestellt wird als ein Beamter, der bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens im aktiven Dienst verbleibt (vgl. vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Januar 2010 – 20 LD 13/07 –, juris Rn. 105 m.w.N.).

b) Es wirkt sich bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nicht weiter positiv aus, dass der Beklagte vor dem Strafgericht ein Geständnis hinsichtlich der dort gegenständlichen Tatvorwürfe abgelegt und dieses auch im Disziplinarverfahren auch bezüglich der Vorwürfe betreffend acht weitere Schüler wiederholt hat. Zum einen hat der Beklagte sein Geständnis erst abgelegt, als die geschädigten Schüler ohnehin bereits ihre Zeugenaussagen vor den Ermittlungsbehörden und vor dem ersuchten Richter des Verwaltungsgerichts abgelegt hatten und auf dieser Basis die Anklage und die Disziplinarklageschrift überhaupt erst geschrieben werden konnten. An einer frühzeitigen eigenständigen und einsichtigen Offenbarung des eigenen Fehlverhaltens gegenüber dem Disziplinarvorgesetzten fehlt es hingegen. Vielmehr hat der Beklagte lediglich den Ausgang der Ermittlungen abgewartet und dasjenige geständig eingeräumt, was ihm mittels der betroffenen Zeugen nachweisbar gewesen wäre. Das zuvor von dem Beklagten begangene schwere Dienstvergehen erscheint dadurch im Übrigen nicht in einem milderen Licht und der eingetretene vollständige Vertrauensverlust kann dadurch nicht ausgeglichen werden. Vielmehr überwiegen insofern nach der Gewichtung der Disziplinarkammer die gegenläufigen Umstände. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte nicht vollkommen geständig war. So hat er weiterhin in Abrede gestellt, dass er psychischen Druck auf die Schüler ausgeübt hat, um an diesen sexuelle Handlungen vornehmen zu können. Er hat sogar vortragen lassen, die Schüler hätten sich aus freien Stücken darauf eingelassen.

c) Auch die Umstände, dass der Beklagte gegenüber zwei der geschädigten Schüler zur Abgeltung etwaig erlittener materieller und immaterieller Schäden - wenige Tage vor der strafrichterlichen Hauptverhandlung - jeweils einen Geldbetrag i.H.v. 5.000 € gezahlt hat und an den dritten Schüler als Bewährungsauflage einen Betrag i.H.v. 5.000 € zu zahlen hatte, führt zu keiner milderen Disziplinarmaßnahme. Denn einerseits wäre insofern von dem Beklagten ohnehin zivilrechtlich ein entsprechender Ausgleich zu leisten gewesen; andererseits ist an die acht weiteren betroffenen Schüler keine Entschädigung geleistet worden.

d) Angesichts der Schwere des von dem Beklagten begangenen Dienstvergehens erweist sich die disziplinarische Höchstmaßnahme auch bei Würdigung des Umstandes, dass der Beklagte seine Dienstpflichten zuvor ordnungsgemäß wahrgenommen hatte und auch weder straf- noch disziplinarrechtlich negativ aufgefallen ist, nicht als unangemessen. Denn es ist im Grunde genommen selbstverständlich und nicht besonders hervorzuheben, dass ein Lehrer im Dienst normalerweise gesetzliche Vorschriften einhält.

e) Ebensowenig kann dem Beklagten zugutegehalten werden, dass ihm in einem Bewährungsvermerk vom 12. August 2013 von dem Beurteilendem bescheinigt wurde, dass er ein herausragender Kollege der E. sei, der beispielhaft für alle sei und dessen Antrag auf Zuerkennung der Laufbahn des höheren Dienstes uneingeschränkt befürwortet werde. Denn dieser Vermerk ist seinerzeit von dem zuständigen Beurteiler noch ohne jede Kenntnis von dem Dienstvergehen des Beklagten erstellt worden und wäre andernfalls sicherlich anders ausgefallen. Soweit dem Beklagten „herausragende Leistungen“ bescheinigt werden, rücken dadurch die schwerwiegenden Verfehlungen, die ihm in diesem Verfahren vorgeworfen werden, nicht etwa in ein milderes Licht (vgl. i. d. S. auch Nds. OVG, Urt. v. 10. Februar 2009 - 20 LD 6/07 -; vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Januar 2010 – 20 LD 13/07 –, juris Rn. 107).

f) Von der Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme kann auch nicht wegen der Dauer des - bereits im Mai 2014 eingeleiteten - Disziplinarverfahrens abgesehen werden. Denn in den Fällen, in denen es - wie hier - wegen des Verhaltens des Beamten zu einer Zerstörung des Vertrauensverhältnisses gekommen ist, ist es nicht möglich, aufgrund der Dauer des Disziplinarverfahrens eine mildere Disziplinarmaßnahme auszusprechen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 27. Mai 2008 - 20 LD 5/07 -, m. w. N.; vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Januar 2010 – 20 LD 13/07 –, juris Rn. 109).

g) Dasselbe gilt für den damit verbundenen Umstand, dass die dem Dienstvergehen zugrundeliegenden Fehlverhaltensweisen des Beklagten schon länger – mittlerweile zum Teil 9 Jahre - zurückliegen. Denn die grundlegende Vertrauenszerstörung, die durch das Fehlverhalten des Beklagten eingetreten ist, wirkt bis heute fort und ist nicht etwa im Bewusstsein der beteiligten Schüler, Eltern und Lehrer bereits vollständig in Vergessenheit geraten.

h) Auch der Umstand, dass der Beklagte sich unmittelbar nach Einleitung des Disziplinarverfahrens im Mai 2014 in psychotherapeutische Behandlung begeben hat und seit Oktober 2015 eine Langzeitverhaltenstherapie absolviert - die nach einer Änderung des ursprünglichen strafrichterlichen Bewährungsbeschlusses nunmehr auch Bewährungsauflage ist - und sich dabei ausweislich der von ihm vorgelegten Bescheinigung (Bl. 54 d. GA) veränderungsmotiviert und ausreichend introspektions- und umstellungsfähig zeigt, vermag den eingetretenen vollständigen Vertrauensverlust nicht zu beseitigen.

i) Schließlich wirkt sich auch nicht maßnahmemildernd aus, dass der Beklagte an Leukämie erkrankt und entsprechenden Behandlungen ausgesetzt ist. Denn die sich aus der Erkrankung ergebende belastende Situation hat im Zeitpunkt der Begehung des Dienstvergehens noch nicht bestanden. Das insofern heute gegebene persönliche Krankheitsschicksal des Beklagten hat insofern keinen inhaltlichen Bezug zu der bereits aus generalpräventiven Gründen gebotenen Disziplinarmaßnahme.

4.

Die Aberkennung des Ruhegehalts ist auch nicht etwa unverhältnismäßig im Hinblick auf die finanziellen oder sozialen Auswirkungen der Disziplinarmaßnahme für den Beklagten. Von der disziplinarischen Höchstmaßnahme kann nicht deshalb abgesehen werden, weil der Beklagte befürchtet, dass er nach der Aberkennung des Ruhegehalts nicht mehr ausreichend versorgt sein wird. Etwaige Einbußen, die der Beklagte bezüglich des Krankenversicherungsschutzes hinzunehmen haben könnte, wären allein Folge des ihm zurechenbaren Verhaltens und deshalb nicht unverhältnismäßig. Insoweit kommt es nicht auf die finanziellen, sozialen oder sonstigen Auswirkungen der Disziplinarmaßnahme für den Beklagten an. Auch sind nicht die Auswirkungen auf die Familie des Beklagten in den Blick zu nehmen. In das Verhältnis zu setzen sind vielmehr die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Dienstherrn, zu der das Fehlverhalten geführt hat, und die dementsprechend verhängte Maßnahme. Hat ein Beamter - wie hier - durch ein vorwerfbares Verhalten die Vertrauensgrundlage zerstört, ist im Falle eines aktiven Beamten die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Einem Ruhestandsbeamten ist in einem solchen Fall das Ruhegehalt abzuerkennen. Die darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig; sie beruht vielmehr auf ihm zurechenbarem Verhalten (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 22. Juni 2010, 20 LD 3/08. Rn. 62; Urt. v. 27. Mai 2008 - 20 LD 5/07 -). Hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgen ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass der Beklagte mit der Aberkennung des Ruhegehalts nicht ohne Versorgung dastehen wird. Denn er wird in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern sein und nach Maßgabe der §§ 72, 13 Abs. 2 NDiszG einen Unterhaltsbeitrag erhalten (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Januar 2010 – 20 LD 13/07 –, juris Rn. 108).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 69 Abs. 1, Abs. 2 S. 1. NDiszG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 4 NDiszG i. V. m. § 167 VwGO und § 708 Nr. 11 ZPO.