Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 15.01.2020, Az.: 13 A 2599/19

Ausschluss; Auswahlentscheidung; Beurteilungsspielraum; Bewerbungsverfahrensanspruch; Eignung; Eignung, charakterliche; Stalker; Stalking

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
15.01.2020
Aktenzeichen
13 A 2599/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 71470
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstelle

  • SchuR 2023, 140-141

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt seine Einbeziehung an einem Auswahlverfahren für ein Beförderungsamt.

Bei dem Kläger handelt es sich um einen Studienrat. Seine derzeitige Stammschule liegt in der Gemeinde Wennigsen.

Der Kläger war zuvor bereits bei dem Beklagten tätig. Der Kläger wurde am 7. März 2017 wegen Nachstellungen zum Nachteil einer Kollegin an dieser Schule strafrechtlich verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig. Außerdem gab es eine Störung des Betriebsfriedens zwischen dem Kläger und weiten Teilen des Kollegiums. Um diese Konfliktlage zu bereinigen, wurde der Kläger deshalb im Frühjahr des Jahres 2017 vom {C.} an seine jetzige Dienststelle versetzt.

Bei dem Beklagten ist die Stelle eines Oberstudienrates ausgeschrieben. Der Kläger hat sich auf diese Beförderungsstelle beworben.

Der Beklagte hatte bereits einmal eine Auswahlentscheidung getroffen und seinerzeit den Kläger nicht ausgewählt. Diese Auswahlentscheidung wurde mit Bescheid vom 8. Februar 2019 zurückgenommen. Vorausgegangen war ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren des Klägers. Mit Beschluss vom 21. Januar 2019 hatte in diesem Rahmen das niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass die seinerzeit angefochtene Auswahlentscheidung den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers verletzt habe (Az. 5 ME 88/18).

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 30. April 2019 schloss der Beklagte den Kläger vom Auswahlverfahren hinsichtlich der oben genannten Stelle aus. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass er den Kläger für diese Stelle nicht als bewerbungsfähig ansehe. Der Kläger habe einer weiblichen Lehrkraft bei dem Beklagten nachgestellt. Zudem habe es erhebliche Konflikte zwischen dem Kläger und einer weiteren Lehrkraft gegeben. Die Folge sei eine generell angespannte Atmosphäre im gesamten Kollegium gewesen. Auch ein Mediationsverfahren habe die Konfliktlage nicht entschärfen können. Sollte dem Kläger der ausgeschriebene Dienstposten übertragen werden, könne mit hoher Sicherheit von einer erneuten Störung des Schulfriedens und des Schulbetriebes ausgegangen werden. Durch weitere rechtliche Schritte, die der Kläger eingeleitet habe, sei unabhängig von deren rechtlichen Zulässigkeit die bestehende Konfliktlage weiter verhärtet worden.

Der Kläger hat am 23. Mai 2019 Klage erhoben.

Er trägt vor, sein Bewerbungsverfahrensanspruch sei verletzt. Die von dem Beklagten angeführten Gründe würden kein Ausschluss vom Auswahlverfahren rechtfertigen. Die bloße Vermutung, dass er, der Kläger in dem Kollegium des Beklagten keine Akzeptanz mehr finden würde und dass es erneut zu Konflikten und Spannungen mit dem Kollegium kommen werde, rechtfertige nicht die Schlussfolgerung, er sei für die streitige Stelle ungeeignet. Die persönliche Eignung eines Bewerbers könne nicht daran gemessen werden, welche Akzeptanz dieser Bewerber im Kollegium habe. Schon das niedersächsische Oberverwaltungsgericht habe in seinem Beschluss vom 21. Januar 2019 darauf hingewiesen, dass die niedersächsische Landesschulbehörde auf die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen ihn, den Kläger, verzichtet habe. Sie habe ihn lediglich an eine andere Schule versetzt. Eine solche Versetzungsstelle aber ebenso wenig wie eine strafrechtliche Verurteilung, die kein Disziplinarverfahren nach sich ziehe, ein Beförderungshindernis dar. Im Übrigen habe die Beklagte ihm im ersten Auswahlverfahren als noch geeignet für das angestrebte Amt angesehen; nunmehr spreche sie ihm – ohne das neue Gründe vorliegen würden – diese Eignung ab.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30. April 2019 zu verpflichten, ihn, den Kläger, am Auswahlverfahren für die Besetzung der Stelle eines Oberstudienrates am Hannover-Kolleg (BesGr. A 14 NBesO) zu beteiligen und über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu entscheiden

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dem Kläger fehle die persönliche Eignung für das angestrebte Amt. Der Kläger habe – näher geschilderte - Nachstellungshandlungen zum Nachteil einer Kollegin vorgenommen. Die Folge sei eine generell angespannte Atmosphäre im gesamten Kollegium gewesen. Dieses innerdienstliche Konfliktpotential rechtfertige es, die Bewerbung um die Stelle abzulehnen. Außerdem habe der Kläger eingeräumt, auch selbst diese Konflikte nicht habe bewältigen zu können.

Sie tritt der Klage entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, in das Auswahlverfahren um die Stelle eines Oberstudienrates das am Hannover Kolleg einbezogen zu werden.

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte zu dem Schluss gelangt ist, dem Kläger fehle die persönliche Eignung für das angestrebte Amt.

Die Auswahlentscheidung als Akt wertender Erkenntnis unterliegt lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen anstellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigen Recht vereinbare Richtlinien bzw. Verwaltungsvorschriften verstoßen hat. Dies gilt auch hinsichtlich des Teilaspektes der Frage der persönlichen Eignung eines Bewerbers.

Die Auswahl für ein Beförderungsamt hat alleine nach den Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung zu erfolgen. Fehlt einem Bewerber von vornherein die persönliche Eignung für das konkret angestrebte Amt, so hat er keinen Anspruch mehr darauf, im weiteren Auswahlverfahren berücksichtigt zu werden.

Bei der Frage der persönlichen Eignung hat die Beklagte einen Beurteilungsspielraum. Sie hat diesen Spielraum nicht überschritten, als sie bei dem Kläger die persönliche Eignung für das Amt eines Oberstudienrates des am Hannover Kolleg verneinte. Ein innerdienstliche Konfliktpotenzial ist durchaus ein Umstand, der bei der Frage nach der persönlichen Eignung eines Bewerbers zu berücksichtigen ist (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 19. September 1994 – 4 S 118.84, zit. N. juris).

Der Kläger ist wegen Nachstellungen zum Nachteil einer Kollegin am Hannover Kolleg strafrechtlich verurteilt worden. Es gab erhebliche Störungen des Betriebsfriedens zwischen dem Kläger und dem übrigen Kollegium. Der Kläger wurde wegen dieser Vorfälle deshalb auch zu einer anderen Schule versetzt. Die Einschätzung der Beklagten, dass bei dieser gegebenen Sachlage es dem Kläger an der persönlichen Eignung gerade für ein Beförderungsamt an seiner früheren Schule mangelt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Einschätzung, dass es erneut zu einer erheblichen Störung des Betriebsfriedens kommt, wenn der Kläger - dazu noch im Wege einer Beförderung – an seine bisherige Schule zurückgekehrt, trägt eine hohe Wahrscheinlichkeit in sich.

Es ist zwar richtig, dass allein die Versetzung aus dienstlichen Gründen im Hinblick auf eine Störung des Schulfriedens sowie eine vorausgegangene strafrechtliche Verurteilung, die kein Disziplinarverfahren nach sich zieht, kein Beförderungshindernis darstellt (so auch OVG Lüneburg, Beschl. vom 21. Januar 2019 – 5 ME 88/18 -). Die Umstände der strafrechtlichen Beurteilung und die Gründe, die zu einer Wegversetzung des Klägers vom Hannover Kolleg geführt haben, können aber demgegenüber durchaus bei der Frage der persönlichen Eignung des Klägers in die Beurteilung eingestellt werden.

Soweit der Kläger aus dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 21. Januar 2019 den Schluss zieht, dass er deshalb zwingend aufgrund seiner Bewerbung in das hier streitige Auswahlverfahren einzubeziehen ist, geht er fehl. Denn das niedersächsische Oberverwaltungsgericht hatte im oben genannten Beschluss nur deswegen dem Antrag des heutigen Klägers entsprochen, weil nach der dortigen Ansicht der Beklagte seinerzeit gerade nicht seine damalige Auswahlentscheidung tragend auf die fehlende persönliche Eignung des Klägers gestützt hatte. Diesen, vom niedersächsischen Oberverwaltungsgericht angesprochenen Kritikpunkt hat der Beklagte nunmehr berücksichtigt. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. April 2019 wurde ausdrücklich die Eignung des Klägers verneint.

Das Gericht vermag auch nicht der Auffassung des Klägers zu folgen, der Beklagte hätte im ersten Auswahlverfahren – das Gegenstand der gerichtlichen Verfahrens 13 B 1356/18 und 13 A 584/19 war – die Auffassung vertreten, der Kläger sei persönlich geeignet.

In dem Beschluss vom 30. Mai 22018 – 13 B 1356/18 – heißt es u.a.:

„Ausweislich des Auswahlvermerks ist die Bewerbung des Antragstellers aus zwei Gründen ohne Erfolg geblieben. Zunächst wird dem Antragsteller die Sozialkompetenz abgesprochen. Er könne die Anforderungen in diesem Bereich nicht erfüllen, da es Konfliktsituationen gegeben habe, die zu seiner Versetzung vom Hannover-Kolleg an die KGS Wennigsen geführt hätten. Bei einer Rückversetzung an das Hannover-Kolleg im Rahmen der Dienstpostenübertragung würde es erneut zu Konflikten oder Spannungen mit einem Großteil des Kollegiums kommen, bei dem der Antragsteller weitgehend keine Akzeptanz finden würde. Aufgrund dieser sich abzeichnenden Spannungen werde der Antragsteller die für die Erfüllung der Aufgaben notwendige Teamarbeit und Kooperation mit dem Kollegium nicht erfüllen können. Es erscheine angesichts der breiten Nichtakzeptanz des Bewerbers im Kollegium und bei den Schulleitungsmitgliedern ausgeschlossen, dass er in Kommunikation und Interaktionssituationen mit dem Großteil der Kollegien des Abendgymnasiums und des Kollegs effektiv und zielführend handeln könne. Er sei daher für die ausgeschriebene Funktionsstelle nicht geeignet.“

An dieser Einschätzung der damaligen Ansicht des Beklagten hält das Gericht nach wie vor fest. Diese Ansicht steht auch nicht im Gegensatz zu den Ausführungen im Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in Lüneburg vom 21. Januar 2019 – 5 ME 88/18 -. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hatte nur beanstandet, dass dieser Ablehnungsgrund in dem Auswahlvermerk nicht in der vom Oberverwaltungsgericht geforderten Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen ist, sondern dass sich der Beklagte lediglich „nur“ tragend auf einen weiteren, aus Sicht des Oberverwaltungsgerichts indes nicht durchgreifenden, Grund gestützt hat. Daraus lässt sich aber nicht zwingend entnehmen, dass der Beklagte den Kläger seinerzeit für persönlich geeignet gehalten hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.