Sozialgericht Stade
Urt. v. 22.11.2012, Az.: S 17 AS 294/12
Anspruch auf geminderten Regelbedarf gem. § 22 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB II eines mit seinen Leistungen nach dem AsylbLG beziehenden Eltern in Bedarfsgemeinschaft lebenden unter 25-jährigen
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 22.11.2012
- Aktenzeichen
- S 17 AS 294/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 38463
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2012:1122.S17AS294.12.0A
Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 3 Nr 1, 2 SGB II
- § 22 Abs. 2 S. 2 Nr 2 SGB II
- § 20 Abs. 3 S. 2 Nr 2 SGB II
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem Kläger als unter 25-jährigem, der leistungsberechtigt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ist und mit seinen Eltern, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beziehen, in Bedarfsgemeinschaft lebt, der volle Regelbedarf als Alleinstehender oder nur der geminderte Regelbedarf gemäß § 22 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB II zu gewähren ist.
Der Kläger, geboren im November 1991 und serbischer Staatsangehöriger, ist seit dem 15. August 2011 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und damit leistungsberechtigt nach dem SGB II. Bis August 2011 bezog der Kläger Leistungen nach dem AsylbLG. Mit Bescheid vom 16. September 2011 bewilligte die für den Beklagten handelnde Gemeinde H. dem Kläger für den Zeitraum 01. September 2011 bis zum 28. Februar 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II iHv 463,90 EUR, darin enthalten 172,90 EUR anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung sowie 291,00 EUR als Regelleistung. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Die Eltern des Klägers beziehen laufend Grundleistungen nach § 3 AsylbLG.
Zum 01. November 2011 zog der Kläger mit seiner Familie, insgesamt fünf Personen, in eine andere Mietwohnung in H ... Mit Bescheid vom 01. Dezember 2012 hob die Gemeinde H. den Bewilligungsbescheid vom 16. September 2011 daraufhin auf Grundlage von § 48 SGB X mit Wirkung ab 01. November 2011 auf und bewilligte dem Kläger für den Zeitraum 01. November 2011 bis 29. Februar 2012 Leistungen iHv 420,00 EUR, wiederum unter Ansatz einer Regelleistung iHv 291,00 EUR im November und Dezember 2011 und iHv 301,00 EUR ab Januar 2012 sowie anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 20. Dezember 2011 legte der Kläger am 22. Dezember 2011 Widerspruch gegen den Bescheid vom 01. Dezember 2012 ein. Diesen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2012, abgesandt am selben Tage, als unbegründet zurück. Am 20. April 2012 hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger trägt zur Begründung vor, die Festsetzung der Leistungshöhe sei verfassungswidrig. Außerdem sei die Festlegung der Regelbedarfsstufe 3 auf 80 % des Regelbedarfs im Vergleich zur Regelbedarfsstufe 2 nicht nachvollziehbar, weil doch bei sonstigen erwachsenen Haushaltsmitgliedern doch eher von weniger Ersparnis auszugehen sei als bei Paaren und nicht von höherer Ersparnis. Das Gesetz sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass eine Reduzierung des Regelbedarfs nur möglich sei, wenn sämtliche Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft Leistungen in Höhe des SGB II bzw SGB XII beziehen. Bei einer Bedarfsgemeinschaft aus einem Leistungsbezieher nach § 3 AsylbLG und nach § 2 AsylbLG sei ein Mischregelsatz nicht zulässig, weil es seitens des Beziehers nach § 3 AsylbLG nichts einzuberechnen gebe. Eine Schlechterstellung gegenüber alleinstehenden Personen sei nur unter dem Gesichtspunkt von Synergieeffekten aufgrund gemeinsamer Haushaltsführung zu rechtfertigen. Dies setze aber voraus, dass es in der Bedarfsgemeinschaft jemanden gebe, der in der Lage sei, eine entsprechende höhere Belastung bei der Haushaltsführung zu tragen. Da die Eltern des Klägers Leistungen nach § 3 AsylbLG beziehen und nur der Kläger SGB-II-Leistungen, seien Synergieeffekte nicht möglich. Die Erwägungen des BSG im Urteil vom 06. Oktober 2011 - B 14 AS 171/10 R - seien auf den vorliegenden Fall zu übertragen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 01. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. März 2012 zu verpflichten, dem Kläger Arbeitslosengeld II gemäß §§ 19 ff SGB II unter Zugrundelegung eines Regelbedarfs in Höhe eines Regelbedarfs in verfassungsgemäßer Höhe für eine alleinstehende volljährige Person für den Zeitraum vom 01. Dezember 2011 bis zum 31. März 2012 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, das Urteil des BSG vom 06. Oktober 2011 zur gemischten Bedarfsgemeinschaft bei Partnern gemäß § 20 Abs 4 SGB II sei auf den Fall des Klägers nicht anwendbar, weil er nicht Partner in einer gemischten Bedarfsgemeinschaft sei. Es werde kein Mischregelsatz gebildet. Es sei für den Kläger ohne Belang, nach welchem Leistungssystem seine Eltern Leistungen beziehen. Der Kläger sei nicht wie ein Alleinstehender zu behandeln.
Zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen und zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts auf die Gerichtsakte und den vorliegenden Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt hatten.
Die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs 1 Satz 1, 1. und 3. Variante SGG statthafte Klage ist zulässig, soweit es um Leistungsansprüche des Klägers bis einschließlich Februar 2012 geht. Soweit der Kläger höhere Leistungen für den Monat März 2012 begehrt, ist die Klage unzulässig, denn dieser Monat ist vom Regelungsgehalt des angegriffenen Bescheids nicht umfasst. Die Leistungsgewährung für März 2012 war deshalb auch nicht Gegenstand des wegen § 78 Abs 1 Satz 1 SGG vor Klageerhebung erforderlichen Vorverfahrens.
Die Klage ist unbegründet.
Die angegriffene Entscheidung des Beklagten erweist sich als rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat in den von der Klage umfassten Leistungsmonaten keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen unter Ansatz des vollen Regelbedarfs iSv § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II (dazu unter I.). Das Gericht hält die Leistungen auch der Höhe nach nicht für verfassungswidrig (dazu unter II.).
I. Die Anwendung des § 20 Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB II durch den Beklagten auf den Fall des Klägers und damit die Gewährung eines Regelbedarfs iHv 291,00 EUR anstelle des vollen Regelbedarfs ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat das Gesetz korrekt angewandt.
Gemäß § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II werden bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich 364 Euro (ab 01.01.2012: 374 Euro) als Regelbedarf anerkannt. Gemäß Satz 2 werden für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft als Regelbedarf anerkannt 1. monatlich 275 Euro, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. monatlich 291 Euro (299 Euro) in den übrigen Fällen. Gemäß § 22 Abs 4 SGB II ist, wenn zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet haben, als Regelbedarf für jede dieser Personen ein Betrag in Höhe von monatlich 328 Euro anzuerkennen.
Der volljährige, aber noch nicht 25-jährige Kläger, geboren im November 1991, bildet mit seinen Eltern wegen § 7 Abs 3 Nr 1 und Nr 2 SGB II eine Bedarfsgemeinschaft. Er ist als bei seinen Eltern wohnendes Kind nicht alleinstehend im Sinne des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II (vgl O. Loose in: Hohm, GK-SGB II, § 20, Rn 60; Behrend in: jurisPK-SGB II, 3. Auflage 2012, § 20, RN 84; Spellbrink in. Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 20, Rn 13). Der Beklagte hat den Kläger zutreffend als sonstigen erwerbsfähigen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft behandelt und ihm unter wortgetreuer Anwendung des § 22 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB II Regelleistungen iHv 291,00 EUR (bzw ab Januar 2012 sogar 301,00 EUR anstatt 299,00 EUR) anstelle des vollen Regelbedarfs zzgl seines Anteils an den Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt.
Der Ansatz des vollen Regelbedarfs, wie vom Kläger begehrt, findet hingegen keine gesetzliche Grundlage. Eine direkte Anwendung des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II kommt nicht in Betracht, weil der Tatbestand nicht erfüllt ist. Der Kläger ist weder alleinstehend noch alleinerziehend und hat keine minderjährige Partnerin.
Aber auch eine analoge Anwendung des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II auf den Kläger scheidet aus. Der Kläger ist nicht wie ein Alleinstehender zu behandeln, nur weil seine Eltern Leistungen nach AsylbLG beziehen. Die analoge Heranziehung einer Norm setzt voraus, dass eine Regelungslücke besteht und diese planwidrig ist. Eine Regelungslücke kann angenommen werden, wenn die vorhandene Regelung wegen der Gleichheit der zugrunde liegenden Interessenlage auch den nicht geregelten Fall hätte einbeziehen müssen. Das Gericht kann eine planwidrige Regelungslücke in Bezug auf die Behandlung sonstiger erwerbsfähiger Angehöriger einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 22 Abs 2 Satz 2 SGB II, wenn diese Leistungen nach dem SGB II und die anderen volljährigen Mitglieder Leistungen nach dem AsylbLG beziehen, allerdings nicht erkennen. Die Interessenlage des Klägers als bei seinen Eltern wohnendes volljähriges Kind ist nicht gleich der eines alleinstehenden Leistungsbeziehers, denn er führt keinen eigenen Haushalt - und zwar unabhängig vom Auskommen der Eltern. Die Regelungen in § 20 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB II regeln die denkbaren Sachverhalte lückenlos.
Die Abstufungen in Bezug auf den Regelbedarf in § 20 Abs 2 SGB II beruhen auf der Annahme, dass im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft aus Eltern und Kindern üblicherweise die Eltern den Haushalt führen und die Generalkosten des Haushalts tragen, dh die zur Bestreitung der allgemeinen Haushaltsführung gehörenden Aufwendungen, wie zB Versicherungen, Strom, Kosten für Anschaffung haushaltstechnischer Geräte, und dass es bei den Kindern, auch wenn sie volljährig sind, deshalb zu typisierenden Einsparungen kommt (vgl Behrend in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 20, Rn 89/90; Lenze in: LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, § 20, Rn 34). Bei Partnern ist aus Gründen der Gleichberechtigung in § 20 Abs 4 SGB II geregelt, dass die rechnerisch zustehenden 180 % des Regelbedarfs auf beide Partner gleichmäßig zu verteilen sind, also auf zweimal 90 %, um die Gleichordnung der Partner im Rahmen der Partnerschaft bzw die Gleichstellung von Mann und Frau in Bezug auf die Führung des gemeinsamen Haushalts auszudrücken (vgl BSG, Urt v 06.10.2011 - B 14 AS 171/10 R -, Rn 20 der [...]Veröffentlichung). Maßgebend ist hier die Gleichartigkeit der Bedarfe bei gemeinsamer Haushaltsführung. Bei den sonstigen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft besteht dieser Grund für eine Abweichung nicht, so dass es typisierend bei 80 % des Regelbedarfs verblieben ist. Die Reduzierung des Regelbedarfs folgt aus dem Umstand, dass das sonstige volljährige Mitglied der Bedarfsgemeinschaft keinen eigenen Haushalt führt. Das Gericht hat keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger als Sohn entgegen der üblichen Handhabung bei Familien den Haushalt führt und seine Eltern in seinem Haushalt mitwohnen würden. Damit besteht kein Grund, ihm abweichend von § 22 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB II in entsprechender Anwendung des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II einen ungeminderten Regelbedarf wie einem Alleinstehenden zu gewähren.
Die Interessenlage des Klägers als Kind im Haushalt der Eltern ändert sich auch nicht dadurch, dass diese Leistungen nach dem AsylbLG beziehen. Die Eltern sind auch als Bezieher von Leistungen nach dem AsylbLG in der Lage, den Haushalt zu führen und die Generalkosten der Haushaltsführung zu tragen. Seit der auf Januar 2011 rückwirkenden Erhöhung der Leistungen nach § 3 AsylbLG aufgrund der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - besteht kein relevanter Unterschied mehr in der grundsätzlichen Ausstattung der Leistungsbezieher nach dem AsylbLG und nach SGB II/SGB XII mit den notwendigen Mitteln zur Führung eines Haushalts. Aber auch für die bisherige Rechtslage besteht kein Anlass für die Annahme, der Kläger als SGB-II-Leistungsbezieher sei als einziger in der Lage, einen Haushalt zu führen, und seine Eltern als Leistungsbezieher nach dem AsylbLG nicht. Das Leistungssystem des AsylbLG ist vom sogenannten Sachleistungsprinzip geprägt, während dem SGB II und SGB XII das Konzept pauschalierter abstrakter Bedarfsdeckung zugrunde liegt (vgl BSG, Urt v 06.10.2011 - B 14 AS 171/10 R -, Rn 26 der [...]Veröffentlichung). Es besteht keine vergleichbare Bedarfslage in Bezug auf die Ausstattung mit Mitteln zur Führung eines Haushalts, gleichwohl ist auch einem Bezieher von Leistungen nach dem AsylbLG die Führung eines - für einen Bezieher von Leistungen nach dem AsylbLG angemessenen - Haushalts möglich (vgl Frerichs in: jurisPK-SGB XII, AsylbLG, 1. Aufl 2010, § 3, Rn 48ff). Er erhält hierfür, anders als im System des SGB II, jedoch vor allem Sachleistungen nach Bedarf im Einzelfall, während ein Leistungsbezieher nach dem SGB II pauschalierte Leistungen erhält, von denen die Kosten der Haushaltsführung und eben zB auch der Kauf der notwendigen Geräte bestritten werden können (abgesehen von Erstausstattungsbedarfen im Sinne des § 24 Abs 3 Nr 1 SGB II).
Das ausschlaggebende Merkmal des Führens eines eigenen Haushalts ist im Übrigen auch der Grund, warum die vorhandene Rechtssprechung zur Bildung eines Mischregelsatzes bei Partnern, bei denen einer Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII und der andere nach dem AsylBLG bezieht, auf einen Fall wie den vorliegenden nicht übertragen werden kann. Der Kläger führt als Sohn im Haushalt der Eltern keinen Haushalt, schon gar nicht mit einem gleichberechtigten Partner bzw einer Partnerin. Die Frage, ob bei Partnern aus Gründen der Kostenersparnis in Bezug auf die gemeinsame Haushaltsführung eine Minderung auf 180 % des Regelbedarfs bei aus Gründen der Gleichberechtigung gleichmäßiger Aufteilung auf beide Partner auch dann möglich ist, wenn ein Partner Leistungen nach dem AsylbLG bezieht, kommt es beim Kläger nicht an. Das Bundessozialgericht geht davon aus, dass die Reduzierung des Regelbedarfs auf 180 % bei Partnern, die zusammen und gleichberechtigt einen Haushalt führen, bei gemischten Bedarfsgemeinschaften aus AsylbLG und SGB II nicht in Betracht kommt und aufgrund der Unterschiedlichkeit der Leistungssysteme und Bedarfslagen eine Anwendung des § 22 Abs 4 SGB II weder direkt noch analog möglich ist (BSG, Urt v 06.10.2011 - B 14 AS 171/10 R -; vgl zB auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urt v 20.11.2011 - L 15 AS 364/09 -; LSG Hamburg, Urt v 02.09.2010 - L 5 AS 19/08 -; SG Bremen, Beschl v 24.06.2011 - S 22 AS 943/11 ER -). Für den Kläger lässt sich hieraus jedoch nichts ableiten, denn als volljähriges Kind im Haushalt der Eltern besteht eine ganz andere Ausgangs- und Interessenlage als bei Partnern im Rahmen des § 22 Abs 4 SGB II.
Zuletzt kommt auch eine Anwendung des § 22 Abs 4 SGB II in dem Sinne, dass dem Kläger wenigstens ein Regelbedarf iHv 328,00 EUR zu gewähren wäre, nicht in Betracht, da der Kläger schon tatbestandlich nicht als Partner in der Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern lebt.
II. Die Leistungen nach dem SGB II für unter 25-jährige Erwachsene sind auch in der Höhe verfassungsgemäß. Das Gericht teilt die Bedenken des Sozialgerichts Berlin gemäß dortigem Vorlagebeschluss vom 25. April 2012 - S 55 AS 29349/11 - nicht, zumal diese gar nicht Leistungsbezieher über 18 und unter 25 Jahren betreffen (vgl BSG, Urteil vom 12.07.2012 - B 14 AS 153/11 R -).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
IV. Die Berufung gegen dieses Urteil wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache im Sinne des § 144 Abs 2 Nr 1 SGG ausdrücklich zugelassen. An sich wäre die Berufung wegen Nichterreichens des Berufungsstreitwerts gemäß § 144 Abs 1 Nr 1 SGG nicht zulässig, da es in der Sache nur um höhere Leistungen von 73,00 EUR monatlich als Differenz zur vollen Regelleistung in vier von der Klage umfassten Leistungsmonaten geht. Die Kammer hat über die Zulassung der Berufung beraten und diese beschlossen. Der eigentlich beabsichtigte Ausspruch im Tenor ist versehentlich unterblieben, jedoch für eine Wirksamkeit der Berufungszulassung nicht zwingend erforderlich (vgl Leitherer in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 10. Aufl 2012, § 144 Rn 39). Die grundsätzliche Bedeutung ergibt sich daraus, dass ein Fall einer gemischten Bedarfsgemeinschaft aus Leistungsempfängern nach dem AsylbLG und dem SGB II, ohne dass der SGB-II-Bezieher Partner eines anderen Mitglieds der BG ist, und damit die Anwendung des § 20 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB II bzw des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II offenbar noch nicht Gegenstand obergerichtlicher Klärungen war. Die vorhandene Rechtsprechung zu den Fällen, in denen Partner verschiedenen Leistungssystemen angehören und die Anwendung des § 20 Abs 4 SGB II (ehemals § 20 Abs 3 SGB II) im Raume steht, kann vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte und des Sinn und Zwecks der Partnerregelung nicht auf einen Fall wie den vorliegenden übertragen werden.