Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 12.07.2016, Az.: 8 A 455/15

Hochschulzulassungsverfahren; Kapazitätserschöpfung; NC-Verfahren; Teilstudienplatz; Vollstudienplatz

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
12.07.2016
Aktenzeichen
8 A 455/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43469
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Kapazitätsermittlung bei Teilnichtigkeit der festgesetzten Zulassungszahlen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur endgültigen Zulassung auf einem Studienplatz des 2., hilfsweise 1. Fachsemesters, im Studiengang Humanmedizin außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2015.

Die Klägerin bewarb sich bei der Beklagten zum Sommersemester 2015 um einen außer- oder innerkapazitären Studienplatz im 2., hilfsweise 1. Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin auf einem Voll-, hilfsweise Teilstudienplatz. Der Antrag auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität wurde von der Beklagten durch Bescheid vom 18.06.2015 abgelehnt.

Am 22.07.2015 hat die Klägerin Klage erhoben.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Ausbildungskapazitäten der Beklagten seien für das Sommersemester 2015 nicht ausgeschöpft worden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.06.2015 zu verpflichten, die Klägerin im 2. Fachsemester,

hilfsweise im 1. Fachsemester

des Studiengangs Humanmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2015 auf einem Vollstudienplatz,

äußerst hilfsweise im 2. oder 1. Fachsemester auf einem Teilstudienplatz,

zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Berufung zuzulassen.

Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Alle Studienkapazitäten im Fach Humanmedizin im Sommersemester 2015 seien ausgeschöpft worden.

Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten auf den Einzelrichter übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den Inhalt der Gerichtsakte im Übrigen sowie den Beschluss der Kammer vom 29.04.2015 - 8 C 2/15 u.a. - Bezug genommen; diese Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur mit dem 2. Hilfsantrag begründet. Im Übrigen ist der Bescheid der Beklagten vom 18.06.2015, mit dem der außerkapazitäre Zulassungsantrag der Klägerin abgelehnt wurde, rechtmäßig und verletzt die Klägerin, die keinen Anspruch auf die begehrte Zulassung hat, nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Zahl der bei der Beklagten im Studiengang Humanmedizin zu vergebenden Studienplätze ist vom Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur für das Sommersemester 2015 im 1. Fachsemester auf 131 Voll- und 80 Teilstudienplätze sowie in jedem höheren Fachsemester auf 135 Voll- und 83 Teilstudienplätze festgesetzt worden (§§ 1, 2 i.V.m. Anl. 1, Abschn. I B und II B, Universität Göttingen, der Verordnung über Zulassungszahlen für Studienplätze zum Wintersemester 2014/2015 und zum Sommersemester 2015 vom 03.07.2014, Nds. GVBl. S. 180 ff., in der Fassung der VO vom 08.12.2014, Nds. GVBl. S. 471). Durch die nachfolgende ZZ-VO 2015/2016 (vom 26.06.2015, Nds. GVBl. S. 105ff, 117) hat der Verordnungsgeber die Vollstudienplatzzahl für das 2. bis 4. Fachsemester auf je 144 angehoben und diejenige der Teilstudienplätze auf jeweils 59 abgesenkt. Eine Neuberechnung dafür liegt nicht vor.

Mit - den Prozessbevollmächtigen der Beteiligten zugestelltem - Beschluss vom 29.04. 2015 (- 8 C 2/15 u.a. -, sub 2.2.6., S 26) hat die Kammer die Kapazität des 1. Fachsemesters mit 140 Vollstudienplätzen und 90 Teilstudienplätzen (aaO., sub 2.3.9., S. 50) und diejenige im 2. Fachsemester mit 140 Voll- und 89 Teilstudienplätzen (aaO., sub 2.3.10.8., S. 61) ermittelt. Das Nds. OVG (Beschluss vom 10.03.2016 - 2 NB 173/15 u.a. -) hat unter Ablehnung der Berechnungsweise der Kammer und des Sicherheitszuschlages eine Zulassungszahl von 142 Voll- und „höchstens 71“ Teilstudienplätzen errechnet. Neue Erkenntnisse, die eine Überprüfung erfordern könnten, liegen ebenfalls nicht vor, so dass für das vorliegende Klageverfahren auf die Gründe des Eilverfahrens Bezug genommen wird. Die in der ZZ-VO 2014/2015 festgesetzte Zulassungszahlen von 131 Voll- und 80 Teilstudienplätzen für das 1. Fachsemester bzw. 135 Voll- und 83 Teilstudienplätze für das 2. Fachsemester erschöpfen die Kapazität nicht; die ZZ-VO 2014/2015 ist bezüglich dieser zahlenförmigen Normen teilnichtig.

Von daher kommt es nicht darauf an, ob die zuständigen Gremien der Beklagten bei den Abwägungsentscheidungen über die Studienplatzangebote in den Studiengängen Molekulare Medizin, Molekulare Biologie und Neurowissenschaften von unzutreffenden Nachfragequoten ausgegangen sind. Zwar spricht der erste Anschein dafür, dass die fraglichen Entscheidungen insofern auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen beruhen; eine Nichtberücksichtigung der entsprechenden Dienstleistungsexporte würde jedoch an der Teilnichtigkeit der festgesetzten Zulassungszahlen nichts ändern und die Anzahl der zu vergebenden Teilstudienplätze - dazu im Einzelnen unten - nicht weiter erhöhen. Dasselbe gilt für die geltend gemachten Zweifel an der Berechnung der Curricularanteile des vorklinischen und klinischen Studienabschnitts sowie - in Bezug auf die Vollstudienplätze - für die vorgetragenen Argumente zu den Berechnungsparametern, der Mitternachtszählung und den Tagespatienten. Im Übrigen vertritt die Kammer in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Beschluss vom 27.04.2016 - 8 C 15/16 u.a. -, sub 2.2.3.) die Auffassung, dass wegen des moderaten Rückgangs bei den tagesbelegten Betten (ca. 7,1 % von 1997 bis 2014) bei gleichzeitigem Anstieg der ambulanten Behandlungen und der Patientenversorgung in Tageskliniken der Parameter des § 17 Abs. 1 Nr. 1 KapVO angesichts des aufgeschlagenen Höchstsatzes von 50 v. H. keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet; der Einzelrichter teilt diese Rechtsauffassung. Denn der Sinn und Zweck des maximal zulässigen Aufschlags ist auch, die Patienten pauschal zu berücksichtigen, die zwar der Ausbildungskapazität zugutekommen, aber zur Zeit der Mitternachtszählung nicht mehr in der Klinik sind. Selbst wenn die Anzahl der ambulant und in den Tageskliniken versorgten Patienten in einem vergleichbaren Umfang angestiegen sein sollte, wäre diese Verschiebung ausbildungsrelevanter Kapazitäten durch den 50-prozentigen Aufschlag auf die patientenbezogene Ausbildungskapazität, die einer rechnerischen Erhöhung der mitternachtsgezählten Pflegetage auf rund 615.500 entspräche, noch gedeckt. Aus diesem Grund sehen die Kammer und der erkennende Einzelrichter derzeit auch noch keine Notwendigkeit, sich die personalbezogene Kapazitätsberechnung des klinischen Teils (§ 17 Abs. 1 Nr. 2 KapVO; vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 15.04.2014 - 2 NB 103/13 u.a. -, S. 22) vorlegen zu lassen. Solange die Beklagte außerdem das Berechnungsergebnis um die 26 Studienplätze erhöht, welche auf einem einen längst ausgelaufenen Vertrag mit dem ehemaligen Krankenhaus Lenglern beruhten, bestehen keine grundlegenden Bedenken gegen die Ermittlungsweise der klinischen Kapazität.

Aus der Teilnichtigkeit der ZZ-VO 2014/2015 in Bezug auf diese Zulassungszahlen und der Verpflichtung der staatlichen Hochschulen in Niedersachsen zur erschöpfenden Nutzung der Ausbildungskapazitäten (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 HSchulZulStVtr, § 1 Abs. 1 Satz 1 KapVO) folgt allerdings nicht, dass jeder Studienbewerber einen einklagbaren Anspruch auf Schaffung zusätzlicher Kapazitäten oder auf unbegrenzten Zugang zu einem NC-Studiengang hat. Sein Teilhaberecht steht stets unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann (BVerfG, Urteil vom 18.07.1972, 1 BvL 32/71 und 25/71 -, BVerf-GE 33, S. 303, 333 f.; BayVGH, Beschluss vom 15.01.2014 - 7 CE 13.10366 -, juris, Rn 7; OVG NRW, Beschluss vom 02.09.2013 - 13 A 1429/12 -, juris, Rn 26ff). Bei der Bestimmung dessen, was der Hochschule möglich ist, muss beachtet werden, dass die grundrechtlichen Institute der Wissenschafts- und der Berufsausbildungsfreiheit, die ohne einen geordneten Studienbetrieb nicht zu verwirklichen und deshalb unter den Bedingungen des harten Numerus clausus ohne Zulassungsbeschränkungen nicht gewährleistet sind, einer Aufnahme sämtlicher Bewerber ohne Rücksicht auf deren Anzahl entgegenstehen; sie lassen die volle Öffnung der Beklagten als Folge der nichtigen Zulassungsregelung nicht zu und bedingen die Anwendung des geltenden Kapazitätsrechts (BVerwG, Urteil vom 26.09.1986 - 7 C 64.84 -, juris, Rn 122; Nds. OVG, Beschluss vom 15.04.2014, aaO., S. 8f, sub 5).

Ausgangspunkt der Betrachtung, wie viele Vollstudienplätze im Studiengang Humanmedizin im 2. Fachsemester des Sommersemesters 2015 zur Verfügung gestanden haben, ist mithin die Berechnung nach der KapVO. Nach der vom Einzelrichter geteilten Auffassung der Kammer ist für das 2. Fachsemester die Berechnung nach dem Kohortenprinzip - basierend auf der Vollstudienplatzzahl des 1. Fachsemesters der Kohorte im Wintersemester 2014/15 abzüglich verbrauchter, sich aber auf die Studienplatzzahl nicht auswirkender Schwundanteile bei einem Schwundfaktor von 1,0109 - mit 140 Studienplätzen maßgeblich. Das Nds. OVG, welches regelmäßig eine lineare Ableitung der Kapazität jedes höheren Fachsemesters aus derjenigen des 1. Fachsemesters im selben Semester durchführt und abweichende Festsetzungen in der Anlage II zur ZZ-VO (im vorliegenden Fall auf 144 Vollstudienplätze) unbeachtet lässt, müsste demzufolge wohl auf 142 Vollstudienplätze kommen. Der Einzelrichter hielte es jedoch für verfehlt, das Berechnungsergebnis nach der KapVO ohne weiteres mit der vorstehend dargelegten Aufnahmegrenze gleichzusetzen. Die KapVO richtet sich an Verwaltungsbehörden und schreibt diesen die Berechnungsmodalitäten vor. Die Aufgabe des Gerichts ist es, die Vereinbarkeit der Festsetzungen der ZZ-VO mit dem höherrangigen Recht, zu dem nach der Rechtsprechung der Kammer auch die KapVO zählt, zu überprüfen, nicht aber, seine Überprüfungsergebnisse von Zulassungszahlen an die Stelle der verordneten zu setzen. Denn damit würde nicht beachtet, dass es nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung allein Aufgabe des Verordnungsgebers ist zu entscheiden, ob, wann, mit welchem Inhalt und mit welcher Rückwirkung er eine nichtige Rechtsverordnung ersetzen will. Überdies räumen §§ 14, 15 Abs. 2, 17 Abs. 1 Satz 2, letzter HS und 20 KapVO Ermessensspielräume ein, die sich kapazitätserhöhend oder -verringernd auswirken können und die einer gerichtlichen Überprüfung und ersetzenden Bewertung weitgehend entzogen sind. Ohne in diese Ermessensbereiche eindringen zu dürfen, wird ein Verwaltungsgericht kaum zu einer rechtmäßigen eigenen Festlegung der Höchst- und gleichzeitigen Mindestzahl an Studienplätzen gelangen können. Selbst wenn also das Gericht die damalige Kapazität mit der üblichen rechnerischen Genauigkeit von 4 Stellen hinter dem Komma berechnet hat, fehlt die Kompetenz, das eigene Berechnungsergebnis als die einzig richtige Kapazität an die Stelle der unwirksam festgesetzten Zulassungszahl zu setzen und damit die Rechtsfolge der Unwirksamkeit, nämlich das Fehlen einer Zulassungszahl, faktisch zu beseitigen.

Auch aus praktischen Erwägungen besteht keine Veranlassung, durch eine Gerichtsentscheidung eine unwirksame Zulassungszahl zu ersetzen. Wie der Verordnungsgeber gerade zum Sommersemester 2015 gezeigt hat (Nds. GVBl. 2014, 471), ist er sehr wohl in der Lage, Änderungen der ZZ-VO - auf Antrag der Beklagten - kurzfristig im laufenden Studienjahr vorzunehmen. Wenn dies nicht oder nur unzureichend geschieht, obwohl der Beklagten und dem Verordnungsgeber (vgl. §§ 51, 62 Abs. 1 Satz 1 NHG) seit Längerem bekannt ist, dass sowohl das Fehlen von Übergangsvorschriften als auch die Berechnung einzelner Zulassungszahlen in der Rechtsprechung beanstandet werden, und trotzdem die ZZ-VO nicht angepasst wird, so haben sie die Unanwendbarkeit der ZZ-VO als Folge der Untätigkeit zu tragen. Unabhängig davon, dass keine Rechtsgrundlage für die geltungserhaltende Änderung einer Rechtsverordnung durch ein verwaltungsgerichtliches Urteil existiert, würde die „neue“ Zulassungszahl mangels Veröffentlichung im Nds. GVBl. nur inter partes gelten und auch in dieser Hinsicht die unwirksame Festsetzung der ZZ-VO nicht allgemein ersetzen können. Die Pflicht des Verordnungsgebers, nach § 4 Abs. 1 Satz 1, letzte Alt. NHZG wirksame Zulassungszahlen als materielle Schranke des grundrechtlichen Teilhabeanspruchs der Studienplatzinteressenten (vgl. VerfGH BW, Urteil vom 30.05.2016 - 1 VB 15/15 -, S. 27 a.E.f) festzusetzen und unwirksame zu ersetzen, würde mit einer Teilersetzung durch ein Urteil nicht erfüllt. Von daher besteht keine Veranlassung für die Rechtsprechung, durch eine „Reparatur“ einer nichtigen Zulassungszahl in das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten zugunsten der Beklagten einzugreifen, um sie vor den Folgen der Untätigkeit des Verordnungsgebers zu bewahren, und sich dadurch dem Vorwurf der Parteilichkeit auszusetzen.

Wenn der 2. Senat des Nds. OVG die Berücksichtigung von Indizien über das mathematische Ergebnis nach der KapVO hinaus als „Sicherheitszuschlag“ bezeichnet und eine normative Vorgabe hierfür vermisst (Nds. OVG, Beschluss vom 17.09.2015 - 2 NB 237/15 u.a. -, S. 4 unten), ignoriert er, dass ein Sicherheitszuschlag nur im Eilverfahren eingesetzt wird, um der voraussichtlichen Rechtswidrigkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm, deren Verwerfung und Nichtanwendung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht möglich ist, angemessen Rechnung tragen zu können. Eine vergleichbare Situation liegt im Klageverfahren nicht vor, und damit besteht auch kein Bedarf für die Anwendung eines Sicherheitszuschlags. Vielmehr wird die Grenze dessen gesucht, was die betroffene Hochschule in dem Studiengang ausbilden kann, und bei deren Überschreitung ein geordneter Lehrbetrieb nicht mehr möglich wäre. Die vermisste Rechtsgrundlage dafür ist Art. 12 Abs. 1 GG und das daraus vom BVerfG (aaO., S. 303, 329) hergeleitete Gebot zur völligen Erschöpfung der Ausbildungskapazität. Dass die Aufnahmekapazität als das mathematische Ergebnis der Kapazitätsberechnung nach der KapVO diesem Gebot nicht gleichzusetzen ist, zeigt § 4 Abs. 3 NHZG, wonach die in der ZZ-VO festgesetzte Zulassungszahl die (nach KapVO berechnete) Aufnahmekapazität unter bestimmten Voraussetzungen vorüber gehend um bis zu 15 % übersteigen darf. Dies wäre gar nicht möglich, wenn unmittelbar jenseits der errechneten Aufnahmekapazität bereits der Zusammenbruch der geordneten Lehre im betroffenen Studiengang eintreten würde. Dasselbe gilt für die regelmäßig festzustellenden Überbuchungen der festgesetzten Kapazitäten durch die Beklagte auf Voll- und Teilstudienplätzen; besonders bei letzteren hat die Beklagte wiederholt Überbuchungen in zweistelligen Prozentsätzen bewältigt, ohne dass negative Folgen für die Lehre bekannt geworden wären.

Inkonsequent setzt 2. Senat seine Ansicht, anstelle einer rechtswidrig festgesetzten Zulassungszahl sei allein das Ergebnis einer eigenen Berechnung nach der KapVO maßgeblich, für sämtliche höheren Fachsemester nicht um. Bei der eigenen Berechnung müsste er nämlich berücksichtigen, dass er die Zulassungszahl für das erste Fachsemester um einen Schwundaufschlag nach § 16 KapVO erhöht hat, und müsste daher die Studienplatzzahlen der nachfolgenden höheren Fachsemester um den bereits verbrauchten Teil des Schwundfaktors der Kohorte verringern. Dies hat der Senat jedoch bisher nicht getan, sondern die für das 1. Fachsemester errechnete Studienplatzzahl einschließlich des Schwundaufschlags als Basiszahl auf § 2 Satz 2 ZZ-VO angewendet (vgl. im Einzelnen Beschluss der Kammer vom 29.10.2015 - 8 C 317/15 u.a. -, sub 2.3.11.1, S. 58). Damit überträgt der Senat die Studienplatzzahl des 1. Fachsemesters linear und ungemindert auf sämtliche höheren Fachsemester. Er wendet dabei nicht - gemäß seiner eigenen Forderung - die KapVO an, sondern (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 09.09.2015 - 2 NB 342/14 u.a. -, S. 3) eine „abweichende Lösung“ (als Auffüllsystem), und geht damit bei den höheren Fachsemestern regelmäßig über die nach den Vorgaben der KapVO rechnerisch zutreffende Studienplatzzahl hinaus; eine Rechtsgrundlage für diese Kapazitätserhöhung ist nicht ersichtlich, es sei denn, sie würde ebenfalls aus dem Gebot der vollständigen Kapazitätsausschöpfung hergeleitet. Problematisch ist in diesem Zusammenhang außerdem die bisherige Rechtsprechung des 2. Senats zu rechtsmissbräuchlichen „Überbuchungen“ (z.B. Beschluss vom 13.01.2015 - 2 NB 324/15 -, S. 4 oben; zu einem aktuellen Fall vgl. auch VerfGH BW, Urteil vom 30.05.2016 - 1 VB 15/15 -). Wenn bereits eine rechtsmissbräuchliche Überbuchung die nach der KapVO berechnete Studienplatzzahl ausgeschöpft oder gar überstiegen hat, und damit die Grenze der Aufnahmefähigkeit erreicht wäre, so dürfte kaum zu begründen sein, dass die tatsächliche Studierendenzahl zur Kompensation des Rechtsmissbrauchs weiter über diese Grenze hinaus zu erhöhen wäre.

Träfe die Auffassung des 2. Senats zu, dass die Verwaltungsgerichte das eigene Berechnungsergebnis nach der KapVO an die Stelle einer als nichtig erkannten Zulassungszahl zu setzen hätten, so müsste dies zum einen wohl auch gelten, wenn sich aus den vorgelegten Kapazitätsunterlagen ergibt, dass der Verordnungsgeber im Rahmen des ihm durch Normen der KapVO eingeräumten Ermessens vom Berechnungsergebnis abgewichen ist, und gleichzeitig - wie im vorliegenden Fall - das Berechnungsergebnis gegen die KapVO verstößt. Denn wenn die Ermessensausübung auf einer falschen Berechnungsgrundlage/Tatsachenbasis erfolgt wäre, so läge ein Ermessensfehler vor, der die Erhöhung oder Verringerung der Studienplatzzahl ebenfalls rechtswidrig machen würde; besonders im letzteren Fall könnte eine Festlegung auf das Berechnungsergebnis eine Überlastung des Studiengangs zur Folge haben. Eine Wertung, ob die erfolgte, rechtswidrige Ermessensbetätigung auch auf einer rechtmäßigen Berechnungsgrundlage in derselben Weise erfolgt wäre, ist dem Gericht jedoch nicht gestattet. Zum anderen müsste dies auch für Studiengänge gelten, in denen der Verordnungsgeber zwar keine Zulassungszahl (z.B. für höhere Semester) festgesetzt hat, sich eine beklagte Hochschule jedoch im Zulassungsprozess auf eine Erschöpfung ihrer Ausbildungskapazität berufen würde. Denn in beiden Fällen fehlt eine die Zulassung begrenzende Schranke gemäß § 4 Abs. 1 NHZG, und der Verordnungsgeber hätte die Möglichkeit, eine Zulassungszahl rückwirkend festzusetzen. Solange dies aber nicht geschehen ist und keine prüfbaren Berechnungsunterlagen vorgelegt werden, bestände für das Verwaltungsgericht keine Veranlassung, für ein bisher nicht zulassungsbeschränktes höheres Semester eine Zulassungszahl selbst zu berechnen. Schließlich wäre der Senat nach § 88 1. HS VwGO nicht berechtigt, sein eigenes Berechnungsergebnis an die Stelle einer festgesetzten Zulassungszahl zu setzen, wenn in einem Normenkontrollverfahren gemäß § 47 VwGO gegen eine festgesetzte Zulassungszahl ausschließlich die Feststellung der Nichtigkeit einer zahlenförmigen Rechtsnorm beantragt würde. Ein rechtlicher Grund, aus dem der Fall einer rechtswidrig festgesetzten Zulassungszahl anders zu behandeln wäre als die anderen dargelegten Beispiele, ist nicht zu erkennen.

Die nur mit wenigen der vorstehenden Argumente erfolgte Auseinandersetzung des 2. Senats im Urteil vom 07.04.2016 (- 2 LB 60/15 -, juris) gibt keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung abzurücken. Das Gericht hat deshalb nicht nur eine Kapazitätsberechnung nach der KapVO zu erstellen und deren mathematisches Ergebnis umzusetzen, sondern die Grenze der Aufnahmefähigkeit im fraglichen Studiengang zu untersuchen und dabei alle verfügbaren Umstände einzubeziehen. Ausgehend von dem Berechnungsergebnis nach der KapVO sind deshalb auch Indizien zu berücksichtigen, aus denen auf das Bestehen einer höheren oder einer niedrigeren tatsächlichen Kapazität zu schließen ist.

Derartige Anhaltspunkte liegen in Bezug auf die Vollstudienplätze des 2. Fachsemesters im Sommersemester 2015 vor. Die vom Nds. OVG unter Einbeziehung der Privatpatienten für das 1. Fachsemester errechnete und für das 2. wohl hiervon abzuleitende Zahl von 142 Vollstudienplätzen wurde in den vergangenen 5 Jahren von keinem der Anfängersemester auch nur annähernd erreicht (vgl. z.B. Beschluss der Kammer vom 30.04.2015 - 8 C 13/15 u.a. -, S. 19) und von der tatsächlichen Studierendenzahl in den 2. Fachsemestern nur selten übertroffen. Die in der Vergangenheit festgesetzten und tatsächlich aufgenommenen Studierendenzahlen (vgl. zuletzt Urteil vom 06.08. 2015 - 8 A 420/15 -, S. 11f) indizieren deshalb eine Kapazitätserschöpfung der Beklagten eher unterhalb dieses Berechnungsergebnisses. Allerdings hat der Verordnungsgeber in der Anlage II der aktuellen ZZ-VO 2015/2016 (Nds. GVBl. 2015, 105, 117) für sämtliche höheren Semester des Studiengangs Humanmedizin an der Beklagten dieselbe Zulassungszahl von 144 Vollstudienplätzen festgesetzt, die er auch für das 1. Fachsemester der Anfängerkohorten dieses Studienjahrs bestimmt hat. Damit hat er auch die Studienplatzzahl der Studienkohorte, die im Sommersemester 2015 in das 2. Fachsemester eingetreten ist und nach deren Rechtsverhältnissen die Klage einen Studienplatz begehrt, von ursprünglich 135 auf nunmehr 144 Vollstudienplätze erweitert. Der Grund hierfür ist die Einbeziehung der Privatpatienten in die Ermittlung der tagesbelegten Bettenzahl bei der Kapazitätsberechnung für das Studienjahr 2014/15. In Bezug auf die Kohorte des 2. Fachsemesters ist die Erhöhung der Zulassungszahl weder das Ergebnis einer (Neu-)Berechnung nach der KapVO noch gab es eine andere Rechtspflicht des Verordnungsgebers, wegen einer auch für die Studienanfänger früherer Studienjahre zu beachtenden Änderung der Rechtsprechung des Nds. OVG die Studienplatzzahl zu verändern. Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Kapazitätsausweitung auf § 4 Abs. 3 NHZG oder auf einer Neubewertung von ermessensbildenden Faktoren nach §§ 14 Abs. 3, 16, 17, 18 Abs. 1 KapVO beruhen würde. Vielmehr wird sie allein dadurch verursacht, dass der Verordnungsgeber der ZZ-VO aus der ihm von der Beklagten vorgelegten (rechtswidrigen) Kapazitätsberechnung nach dem Kohortenprinzip linear-studienjahrsbezogene Zulassungszahlen für die höheren Fachsemester herleitet, wozu er nach der - vom erkennenden Gericht nicht geteilten - Auffassung des Nds. OVG berechtigt sein soll (vgl. hierzu VG Göttingen, Urteil vom 06.08. 2015, aaO., S. 10). Wenn der Verordnungsgeber aber nun die Zulassungszahl erhöht, ohne dass hinsichtlich der Studienanfängerkohorte des Studienjahrs 2014/15 eine Änderung der Ausbildungskapazität eingetreten wäre, und ohne dass die Beklagte auch nur einen dokumentierten Versuch unternommen hätte, diese Erhöhung als Überlastung zu verhindern, muss der Einzelrichter davon ausgehen, dass die Kapazität von (mindestens) 144 Vollstudienplätzen für die Studienanfängerkohorten des Wintersemesters 2014/15 und des Sommersemesters 2015 in verdeckter, also nicht allein nach der KapVO zu ermittelnder, Form bereits von Anfang an bestanden hat. Dabei ist zwar grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die festgesetzten Vollstudienplätze der Anfängerkohorte des Wintersemesters 2014/15 bereits den Schwund von einem Semester erlitten hat; er wirkt sich aber wegen des geringen Schwundfaktors von rund einem Prozent für den gesamten Studienverlauf und einem zehntel Prozent für ein Semester im Ergebnis nicht auf die Studienplatzzahl aus.

Im 2. Fachsemester des Sommersemesters 2015 sind demnach 144 Studienplätze zu besetzen. Allerdings sind 150 Studienplätze als belegt anzusehen.

Ausweislich ihrer aktuellen Studierendenstatistik (vgl. Beschluss der Kammer vom 27.04.2016 - 8 C 15/16 u.a. -, sub 2.3.11.7.) hat die Beklagte in der Anfängerkohorte des Wintersemesters 2014/15, die sich im fraglichen Sommersemester 2015 im 2. Fachsemester befand und aktuell im 4. Fachsemester befindet, 150 Vollstudienplätze besetzt. Auf diese Liste - und nicht etwa auf den Immatrikulationsstand des 2. Fachsemesters zu einem Zeitpunkt während des Sommersemesters 2015 oder auf denjenigen im Zeitpunkt der Bescheidung des außerkapazitären Antrags oder im Zeitpunkt der Erhebung der (Untätigkeits-)Klage - ist vorliegend abzustellen. Denn bei einem Verpflichtungsbegehren wie dem vorliegenden muss der geltend gemachte Rechtsanspruch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestehen (vgl. Kopp/Schen-ke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn 217ff m.w.N.), so dass die Sach- und Rechtslage in diesem Zeitpunkt maßgeblich ist. Ob freie und besetzbare Studienplätze bestehen, ist eine Tatsachenfrage und betrifft damit die Sachlage; auch die rechtlichen Bewertungen, die zur Beantwortung dieser Frage erforderlich sind, müssen nach dem aktuelle geltenden materiellen Recht beantwortet werden. Veränderungen der tatsächlichen Besetzung von Studienplätzen zwischen Studienbeginn und dem aktuellen Zeitpunkt innerhalb der Studienkohorte, welcher die jeweilige Ausbildungskapazität rechnerisch zugewiesen wurde, sind daher zu berücksichtigen; andernfalls könnte weder ein höherer als der errechnete Schwund ausgeglichen werden, noch wäre eine Überlastung des Studiengangs zu vermeiden, wenn die vollständige Auslastung der Kapazität erst im Laufe eines höheren Fachsemesters erreicht würde.

Der in der mündlichen Verhandlung seitens der Beklagten vertretenen Auffassung, maßgeblich müssten grundsätzlich die Immatrikulationslisten nach dem jeweiligen Ablauf der Nachbesetzungspflicht von nachträglich wieder frei gewordenen Studienplätzen - also für Vollstudienplätze diejenige von Ende April 2015 und für Teilstudienplätze diejenige von Anfang Mai 2015 - sein, vermag sich das Gericht daher nicht anzuschließen. Dies hat seinen Grund auch darin, dass die Beklagte eine Ergänzung der Immatrikulationslisten in bestimmten Einzelfällen wegen nachträglich eingetretener Ereignisse fordert, beispielsweise wegen der Verpflichtung zu einer (vorläufigen) Zulassung von Studierenden durch das Gericht, wegen der in einem der nachfolgenden Semester eingetretenen Erhöhung der Zulassungszahl oder wegen der Zulassung weiterer Studierender aufgrund eines Vergleichs. Zum einen sind keine rechtlich zulässigen Kriterien zu erkennen, nach denen manche Tatsachen einzubeziehen wären und andere nicht. Zum anderen wäre eine „ergänzte“ Immatrikulationsliste nicht mehr diejenige mit dem Stand vom Ende April/ Anfang Mai 2015, sondern würde - zumindest teilweise - einen späteren Immatrikulationsstand wiedergeben, der - z.B. bei einer Änderung infolge des Ergebnisses des Beschwerdeverfahrens - nach dem Ablauf des 2. Fachsemesters erfolgen kann und damit ebenfalls die Liste der Studienkohorte erst in einem höheren Fachsemester ändern würde. Dagegen kann auch nicht eingewandt werden, der Streitgegenstand sei auf die Rechtsverhältnisse des Sommersemesters 2015 gerichtet. Bei dem Immatrikulationsstand handelt es sich um eine Tatsachenfrage, nicht aber um eine Frage der Rechtsverhältnisse.

Die Immatrikuliertenliste bedarf einer Überprüfung nach folgenden Grundsätzen (so bereits Beschlüsse der Kammer vom 30.04.2015 - 8 C 13/15 u.a. -, S. 20ff, vom 29.10.2015 - 8 C 317/15 u.a. -, sub 2.2.6) und vom 27.04.2016 - 8 C 15/16 u.a. -, sub 2.2.6):

Die Matrikelnummern von Studierenden, die erstmals zum Wintersemester 2014/15 ein Studium an der Beklagten begonnen haben, beginnen sämtlich mit einer 214, was für den 2. Aufnahmedurchgang des Jahres (20)14 steht. Alle Studierenden, deren Matrikelnummern mit einer anderen Ziffernfolge beginnen, sind also erstmals an der Antragsgegnerin in einem anderen (früheren) Semester immatrikuliert worden. Dass sie im Wintersemester 2014/15 trotzdem im 2. Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin geführt werden durften, kann verschiedene Ursachen haben; hier kommen insbesondere ein Wechsel des Studienfachs oder ein Wechsel von einem Teil- auf einen Vollstudienplatz in Betracht. Nach dem Grundanliegen des Kapazitätsrechts, eine möglichst erschöpfende Ausnutzung der vorhandenen Lehrkapazitäten zu erreichen, kann ein Studienplatz nur als besetzt gelten, wenn von ihm aus zumindest die Möglichkeit besteht, die dem fraglichen Semester zugerechnete Ausbildungskapazität tatsächlich anteilig in Anspruch zu nehmen, was nur zwischen dem ersten und dem letzten Tag des jeweiligen Semesters möglich ist. Mit Urteilen vom 01.10.2014 hat der Einzelrichter des erkennenden Gerichts daher entschieden, dass ein Studienplatz kapazitätsrechtlich nur dann als besetzt angesehen werden könne, wenn auf ihm zumindest an einem Tag des Semesters, für den er angerechnet werden soll, ein Studierender immatrikuliert gewesen ist. Er könne dagegen nicht als besetzt angesehen werden, wenn eine Exmatrikulation, ein Studienfachwechsel oder eine Hochstufung in ein höheres Fachsemester noch vor dem Beginn des Semesters erfolgt ist, weil dann keine dem Semester zuzurechnende Ausbildungskapazität von dieser Person in Anspruch genommen worden sein könne. Würde ein Studierender nach dem Beginn des Semesters exmatrikuliert oder wechsele er, so würde der Studienplatz auch für die Restdauer des Semesters als besetzt gewertet und fiele, wenn er nicht unmittelbar neu besetzt würde, unter die Schwundregelung (vgl. § 16 KapVO).

Das Nds. OVG hat demgegenüber (Beschluss vom 19.11.2014, aaO., S. 6ff; zuletzt bestätigt durch Beschluss vom 10.03.2016 - 2 NB 173/15 -, S. 5) den maßgeblichen Zeitpunkt für das Erfordernis einer Nachbesetzung für Vollstudienplätze auf 2 Wochen nach Vorlesungsbeginn und für Teilstudienplätze auf das Ende der Erklärungsfrist über die Annahme des Studienplatzes bestimmt. Die Begründung für diese späten Zeitpunkte ist zwar keineswegs überzeugend, weil sie infolge der unterschiedlichen Anknüpfungspunkte von einem Semester zum anderen variabel sind und deshalb offensichtlich auch für den 2. Senat nicht ohne weiteres (vgl. aaO., S. 8 Mitte: „dürfte…geendet haben“) zu ermitteln waren, weil sich der für die Nachbesetzung von Teilstudienplätzen maßgebliche Zeitpunkt noch weit in den Folgemonat hinein verschieben kann, da an der Beklagten die Vergabe der Teilstudienplätze erst nach derjenigen der Vollstudienplätze erfolgt, und weil von ihm auch nach dem Vorlesungsbeginn frei gewordene Studienplätze erfasst werden, auf denen bereits Lehrveranstaltungen in Anspruch genommen worden sein können, was im Fall einer Nachbesetzung zu einer (kapazitätsrechnerischen) doppelten Inanspruchnahme führt. Trotz dieser Bedenken hat sich die Kammer im Sinne einer einheitlichen Rechtsprechung grundsätzlich der Fristbestimmung des Nds. OVG angeschlossen. Für die höheren Semester hat das Nds. OVG allerdings nicht berücksichtigt, dass bei der Beklagten die Rückmeldefrist für die Studierenden regelmäßig zwei Monate vor Semesterbeginn endet (https://www.uni-goet tingen.de/de/termine-und-fristen/ 47743.html); die Begründung des Senats für eine Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts, bis zu dem Nachbesetzungen vorzunehmen sind, um mehr als 4 Wochen nach Semesterbeginn kommt bei Rückmeldern nicht zum Tragen, zumal erfahrungsgemäß die Anzahl externer Studienplatzbewerber in den höheren klinischen Semestern gegen Null tendiert und die Beklagte deshalb häufig gar nicht in der Lage sein wird, diese Exmatrikulationen nach Semesterbeginn noch nachzubesetzen. Für die höheren Semester ist daher grundsätzlich am 01.10.2014 als maßgeblichem Stichtag für nachzubesetzende Studienplätze festzuhalten.

Im Gegensatz zu den Plätzen von Studierenden, die dauerhaft aus ihrer Studienkohorte ausscheiden, müssen die Studienplätze beurlaubter Studentinnen und Studenten nicht aus der Zahl der tatsächlich vergebenen Studienplätze "herausgerechnet" werden (Nds. OVG, Beschluss vom 28.04.2010 - 2 NB 159/09 u.a. -, juris, Rn 11). Zwar sind Beurlaubte gemäß § 9 Abs. 5 der Immatrikulationsordnung der Antragsgegnerin nicht berechtigt, Lehrveranstaltungen zu besuchen, Leistungsnachweise zu erbringen oder Prüfungen abzulegen, so dass sie grundsätzlich keine Ausbildungskapazität verbrauchen. Eine Beurlaubung ist jedoch für höchstens drei Semester (§ 9 Abs. 3 Immatrikulationsordnung) möglich und verschiebt damit nur den Zeitraum, in dem die studierende Person nach dem Ende der Beurlaubung die Lehrkapazität in Anspruch nimmt. Deshalb werden nach der Rechtsprechung durch Beurlaubungen nicht die jeweiligen Studienplätze frei, sondern allenfalls Kapazitäten in einzelnen Semestern. Derartige "Semesterplätze" zu vergabefähigen Studienplätzen zusammenzurechnen, ist kapazitätsrechtlich nicht geboten (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1987 - 7 C 64.85 -, NVwZ-RR 1989, 186; Bay. VGH, Beschluss vom 11.07.2006 - 7 CE 06. 10152 u. a. -, juris Rn. 37), da es nach der Systematik der Kapazitätsberechnung grundsätzlich nicht darauf ankommt, in welchem Umfang die zum Studium zugelassenen Personen von dem Lehrangebot in den einzelnen Semestern tatsächlich Gebrauch machen (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 15.07.2003 - 7 CE 03.10036 -). Aus dem Vorstehenden folgt auch, dass entgegen der Verwaltungspraxis der Beklagten ein beurlaubter Studierender nicht wiederholt demselben Fachsemester in der Studierendenstatistik zugeordnet werden kann; denn die Kapazitäten, die er infolge der Unterbrechung seines Studiums nicht ausnutzt, sind aufeinander folgenden Semestern zugeordnet und können nicht mehrfach einem Fachsemester angerechnet werden.

Die Beklagte hat in der Anfängerkohorte des Wintersemesters 2014/15 150 Vollstudienplätze besetzt. Mit dem vorstehend zitierten Beschluss hat die Kammer die Immatrikuliertenliste des Semesters überprüft und hierzu ausgeführt (S. 62):

Besetzt hat die Antragsgegnerin nach den oben unter Ziffer 2.2.6. dargestellten Grundsätzen derzeit 150 Vollstudienplätze. Von den 150 gelisteten Studierenden beginnt bei den lfd. Nrn. 16, 29, 34, 41, 54, 57, 60, 61, 70, 72, 77, 85, 86, 106, 111, 121, 122, 123, 139, 140, 141, 143 und 147 die Matrikelnummer nicht mit „214“. Bei den Studierenden mit den lfd. Nrn. 16, 29, 34, 54, 57, 60, 61, 70, 85, 86, 106, 111, 121, 122, 123, 140 und 141  handelt es sich um Rückmelder, die von der Antragsgegnerin zu Recht im vergangenen Semester in der Liste des 3. vorklinischen Semesters auf Vollstudienplätzen geführt worden waren (vgl. Beschluss der Kammer vom 29.10. 2015, aaO., sub 2.3.12.1.). Diese Plätze sind besetzt. Zu den lfd. Nr. 34 (21571478), 41 (21571127), 72 (11545795), 139 (21571598) und 143 (21571315) hat die Antragsgegnerin dargelegt, dass diese Studierenden ab dem Wintersemester 2015/16 (auf Beschluss der Kammer) auf Vollstudienplätzen des 2. Fachsemesters vorläufig zugelassen worden waren und inzwischen in das 4. Fachsemester aufgerückt sind. Die lfd. Nrn. 77 (21571112) und 147 (11545545) waren ab dem Sommersemester 2015 auf Teilstudienplätzen des 2. Fachsemesters immatrikuliert und wurden im vergangenen Wintersemester aufgrund von Vergleichen endgültig auf Vollstudienplätzen des 3. Fachsemesters immatrikuliert.

Nach erneuter Überprüfung im vorliegenden Klageverfahren hält der Einzelrichter an der vorstehend wiedergegebenen Bewertung der Kammer fest. Damit hat die Beklagte im 2. Fachsemester des Sommersemesters 2015 mehr als die erforderlichen 144 Vollstudienplätze als besetzt nachgewiesen, so dass nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2015 für die Klägerin kein freier und besetzbarer Studienplatz zur Verfügung steht.

Erfolglos bleibt die Klage auch mit dem ersten Hilfsantrag. In entsprechender Anwendung der vorstehenden Ausführungen sind 144 Vollstudienplätze auch im 1. Fachsemester des Sommersemesters 2015 zu besetzen; jedoch sind hier ebenfalls alle verfügbaren Vollstudienplätze als belegt anzusehen.

Ausweislich ihrer aktuellen Studierendenstatistik (vgl. Beschluss der Kammer vom 27.04.2016 - 8 C 15/16 u.a. -, sub 2.3.11.7.) hat die Beklagte in der Anfängerkohorte des Sommersemesters 2015, die sich aktuell im 3. Fachsemester befindet, 148 Vollstudienplätze besetzt. Mit dem vorstehend zitierten Beschluss hat die Kammer die Immatrikuliertenliste des Semesters überprüft und hierzu ausgeführt (aaO.):

Besetzt hat die Antragsgegnerin nach den oben unter Ziffer 2.2.6. dargestellten Grundsätzen 148 Vollstudienplätze. Von den 150 gelisteten Studierenden beginnt bei den lfd. Nrn. 5, 21, 29, 34, 44, 47, 89, 95, 118, 130 und 137 die Matrikelnummer nicht mit „115“. Bei den Studierenden mit den lfd. Nrn. 5, 14, 16, 21, 26, 27, 29, 34, 43, 44, 47, 89, 95, 118, 124, 130, 137 und 150 handelt es sich um Rückmelder, die von der Antragsgegnerin zu Recht im vergangenen Wintersemester in der Liste des 2. vorklinischen Semesters geführt worden waren (vgl. Beschluss der Kammer vom 29.10.2015, aaO., sub 2.3.11.5.) und nunmehr in das 3. Fachsemester aufgerückt sind. Die lfd. Nrn. 16, 26, 27, 43 und 150 wurden im Wintersemester 2015/16 (auf Beschluss der Kammer vom 29.10.2015) vorläufig zugelassen und immatrikuliert; auch diese Studienplätze zählen als besetzt. Die lfd. Nr. 14 (11403763) wird in dieser Liste geführt, obwohl sie bereits durch Beschluss der Kammer vom 29.10.2015, aaO., sub 2.3.11.5.) als dieser Kohorte nicht zugehörig verworfen wurde. Die lfd. Nr. 124 (21434609) wurde zum Wintersemester 2015/16 beurlaubt und gehört damit weiterhin zur Anfängerkohorte des Wintersemesters 2014/15, welche inzwischen das 4. Fachsemester begonnen hat. Beide Studienplätze sind nicht besetzt.

Die lfd. Nrn. 29 (21436783), 34 (29914481) und 44 (11404739) entsprechen den lfd. Nrn. 25, 31 und 42 der Immatrikulationslisten vom Stand 13.07.2015. Die Matrikelnummer 28424842 hat bis zum Sommersemester 2000 Humanmedizin studiert, das Studium anschließend unterbrochen und es zum Sommersemester 2015 wieder aufgenommen. In der aktuellen Liste des 3. Fachsemesters im Sommersemester 2016 ist diese Person nicht mehr aufgeführt. Ob einige Studierende besonders frühzeitig oder spät nach Vorlesungsbeginn immatrikuliert worden sind, ist nach den obigen Grundsätzen belanglos. Denn unzweifelhaft wurden diese Studierenden erstmals zum Sommersemester 2015 im Studiengang Humanmedizin auf Vollstudienplätzen des 1. Fachsemesters immatrikuliert und konnten bis in die Gegenwart auf diesen Plätzen Ausbildungsleistungen in Anspruch nehmen, so dass ihre Studienplätze besetzt sind. Nach erneuter Überprüfung im vorliegenden Klageverfahren hält der Einzelrichter daher an der vorstehend wiedergegebenen Bewertung der Kammer fest. Damit hat die Beklagte im 1. Fachsemester des Sommersemesters 2015 mehr als die erforderlichen 144 Vollstudienplätze als besetzt nachgewiesen, so dass nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2015 für die Klägerin kein freier und besetzbarer Vollstudienplatz zur Verfügung steht.

Erfolg hat die Klage jedoch mit dem zweiten Hilfsantrag. Zur Studienkohorte des 2. Fachsemesters im Sommersemester 2015 auf Teilstudienplätzen hat die Kammer durch Beschluss vom 29.04.2015 (aaO., sub 2.3.10.8.) ausgeführt:

Für die Studierenden des aktuellen 2. Fachsemesters, die ihr Studium im Wintersemester 2014/15 begonnen haben, hat die Kammer durch Beschluss vom 30.10.2014 (- 8 C 329/14 u.a. -, S. 20,26 und 48,50) eine Sollzahl von (133 zuzüglich 7=) 140 Voll- und (81 zuzüglich 9=) 90 Teilstudienplätzen gegenüber der durch die ZZ-VO 2014/2015 festgesetzten Zahl von 135 Voll- und 83 Teilstudienplätzen für das 1. Fachsemester dieser Kohorte ermittelt. Nachträgliche abweichende Erkenntnisse sind nicht zu berücksichtigen. … Dagegen geht für das 2. vorklinische Semester ein Teilstudienplatz aufgrund der Schwundberechnung verloren (161,3047 Teilstudienplätze einschließlich Schwundfaktor von 1,0317 (sub 2.3.7.) abzüglich 156,3485 Teilstudienplätze ohne Schwundfaktor ergibt 4,9562 schwundfaktorbedingte Teilstudienplätze für das gesamte Studienjahr und 2,4781 für das Sommersemester, hiervon 1/4 für ein Semester = 0,6195; 81,0000 – 0,6195 = 80,3805, gerundet 80, zuzüglich 9 Zuschlagsplätze = 89). Im 2. Fachsemester steht bei der Antragsgegnerin also eine rechnerische Kapazität von 140 Voll- und 89 Teilstudienplätzen zur Verfügung.

Auf Teilstudienplätzen werden (einschließlich Nr. 92) 84 Studierende als immatrikuliert geführt; drei zugelassene Nachrücker haben die Studienplätze angenommen und werden deshalb ebenfalls berücksichtigt. Die von „214“ abweichenden Matrikelnummern der lfd. Nrn. 16, 55 und 58 erklären sich aus Studienfachwechseln bzw. Hochstufungen. Soweit die Antragsgegnerin die Exmatrikulationen der lfd. Nrn. 42, 50 und 78 als frei gewordene Plätze bewertet, folgt die Kammer dem nicht, weil sie jeweils nach dem 31.03.2015 erfolgt sind. Diese Exmatrikulationen zählen deshalb als Schwund. Die Kammer wertet daher 87 Teilstudienplätze als belegt und hat daher 2 weitere Teilstudienplätze zu besetzen.

Die Kammer hat am 29.04.2015 eine Verlosung durchgeführt und die Beklagte verpflichtet, zwei weitere Studierende vorläufig zuzulassen. Die Klägerin erreichte den Losrang 20, wobei zwei - nach der Verlosung bis heute frei gebliebene - Platzhalter nicht mitzuzählen sind. Durch weiteren Beschluss vom 27.04.2016 (- 8 C 15/16 u.a. -, sub 2.3.11.11.) hat die Kammer zum aktuellen Sommersemester 2016 entschieden:

Für die Studierenden des aktuellen 4. Fachsemesters, die ihr Studium im Wintersemester 2014/15 begonnen haben, hat die Kammer durch Beschluss vom 30.10.2014 (- 8 C 329/14 u.a. -, S. 20,26 und 48,50) eine Sollzahl von (133 zuzüglich 7=) 140 Voll- und (81 zuzüglich 9=) 90 Teilstudienplätzen gegenüber der durch die ZZ-VO 2014/2015 festgesetzten Zahl von 135 Voll- und 83 Teilstudienplätzen für das 1. Fachsemester dieser Kohorte ermittelt. …Dagegen geht für das 4. vorklinische Semester ein weiterer Teilstudienplatz aufgrund der Schwundberechnung verloren (161,3047 Teilstudienplätze einschließlich Schwundfaktor von 1,0317 (sub 2.3.7.) abzüglich 156,3485 Teilstudienplätze ohne Schwundfaktor ergibt 4,9562 schwundfaktorbedingte Teilstudienplätze für das gesamte Studienjahr und 2,4781 für das Wintersemester, hiervon 3/4 für drei Semester = 1,8585; 81,0000 – 1,8585 = 79,1415, gerundet 79, zuzüglich 3 Zuschlagsplätze = 82). Im 4. Fachsemester steht bei der Antragsgegnerin also eine rechnerische Kapazität von … 82 Teilstudienplätzen zur Verfügung.

Ausweislich der im April 2016 vorgelegten Studierendenstatistik führt die Beklagte auf Teilstudienplätzen dieser Kohorte 59 Studierende, von denen einer (lfd. Nr. 25) ab dem Sommersemester 2014 auf einem Teilstudienplatz immatrikuliert und im Wintersemester 2015/16 beurlaubt war. Dieser Studierende zählt zur Studienkohorte des 5. Semesters und ist nicht mitzurechnen. Da somit 24 freie Teilstudienplätze bestehen, ist für die Klägerin auf Rang 18 der verbindlichen Nachrückerliste ungeachtet eventuell vorgehender Rechtspositionen aller ranghöheren Verlosungsteilnehmer ein freier und besetzbarer Teilstudienplatz vorhanden.

Die Klage ist außerdem - ohne das darüber zu entscheiden ist - mit dem letzten Teil Hilfsantrag dem Grunde nach begründet. Zu den Teilstudienplätzen des 1. Fachsemesters hat der Einzelrichter durch Urteile vom heutigen Tag - 8 A 345/15 und andere - ausgeführt:

„Die festgesetzte Zahl von 80 Teilstudienplätzen hält einer rechtlichen Überprüfung bereits deswegen nicht stand, weil eine Erhöhung der Vollstudienplatzzahl mit einer entsprechenden Verringerung der Teilstudienplätze einhergehen muss (§ 18 Abs. 1 und 2 KapVO). Auch hinsichtlich dieser zahlenförmigen Rechtsnorm ist die ZZ-VO 2014/2015 also teilnichtig. Zur Aufnahmekapazität der Beklagten und zu den als belegt anzuerkennenden Teilstudienplätzen der Anfängerkohorte des Sommersemesters 2015 hat die Kammer durch Beschluss vom 27.04.2016 (aaO., sub 2.3.11.6. und 2.3.11.8.) ausgeführt, woran der Einzelrichter aus den bereits oben dargelegten Gründen festhält:

Für die Studierenden des aktuellen 3. Fachsemesters, die ihr Studium im Sommersemester 2015 begonnen haben, hat die Kammer durch Beschluss vom 29.04.2015 (- 8 C 2/15 u.a. -, S. 21, 26 und 48, 50) eine Sollzahl von (131 zuzüglich 9=) 140 Voll- und (84 zuzüglich 6=) 90 Teilstudienplätzen gegenüber der durch die ZZ-VO 2014/2015 festgesetzten Zahl von 131 Voll- und 80 Teilstudienplätzen für das 1. Fachsemester dieser Kohorte ermittelt (zu den Gründen des Sicherheitszuschlags s.o. sub 2.2.5.). Das Nds. OVG (Beschluss vom 10.03.2016 - 2 NB 138/15 u.a. -, S. 2 und 9) ist zu einer voraussichtlichen Kapazität von 142 Voll-  und 71 Teilstudienplätzen gekommen. …. Dagegen geht für das 3. vorklinische Semester ein Teilstudienplatz aufgrund der Schwundberechnung verloren (164,8452 Teilstudienplätze einschließlich Schwundfaktor von 1,0317 (sub 2.3.7.) abzüglich 159,7802 Teilstudienplätze ohne Schwundfaktor ergibt 5,0650 schwundfaktorbedingte Teilstudienplätze für das gesamte Studienjahr und 2,5325 für das Sommersemester, hiervon 2/4 für zwei Semester = 1,2662; 83,8452 – 1,2662 = 82,5790, gerundet 83, zuzüglich 4 Zuschlagsplätze = 87). Im 3. Fachsemester steht bei der Antragsgegnerin also eine rechnerische Kapazität von 142 Voll- und 87 Teilstudienplätzen zur Verfügung. Nach den oben sub 2.2.5. (am Ende) dargelegten Gründen erhöht die Kammer auch für das 3. Fachsemester die Zahl der zu besetzenden Vollstudienplätze in Form eines Sicherheitszuschlages auf 144. In dem hohen Überhang bei den Teilstudienplätzen gegenüber der festgesetzten Zulassungszahl sieht die Kammer jedoch einen Anhaltspunkt, dass der Sicherheitszuschlag bei den Vollstudienplätzen zu einer entsprechenden Reduzierung des Zuschlags bei den Teilstudienplätzen führen muss; bei der Antragsgegnerin sind im 3. Fachsemester demzufolge 144 Voll- und 85 Teilstudienplätze zu besetzen.

Auf Teilstudienplätzen werden 63 Studierende als immatrikuliert geführt, von denen die Antragsgegnerin wegen zwischenzeitlicher Exmatrikulationen 3 (lfd. Nrn. 24, 27 und 31) nicht berücksichtigen will. Da die drei Exmatrikulationen am 10. bzw. 11.04.2016 erfolgten, sind sie nach der Rechtsprechung der Kammer als besetzte Plätze zu bewerten. Nicht zu berücksichtigten sind dagegen die lfd. Nrn. 5 und 26, welche als Beurlaubte zur Kohorte des 4. bzw. 11. Fachsemesters zählen. Die lfd. Nr. 63 erklärte sich bereits im Vorsemester aus einem Studienfachwechsel (Beschluss der Kammer vom 29.10.2015, aaO., sub 2.3.11.7). Die übrigen von „115“ abweichenden Matrikelnummern der lfd. Nrn. 3, 4, 12, 14, 19, 28, 36, 43, 44, 45, 49 und 52 beginnen sämtlich mit „116“ und gehören Studierenden, die als externe Bewerber - zum Teil von ausländischen Hochschulen - zum 3. vorklinischen Semester auf Teilstudienplätzen neu von der Antragsgegnerin immatrikuliert wurden. Hinzu gezählt werden muss die lfd. Nr. 12 der Liste des 2. Fachsemesters (vgl. oben sub 2.3.11.5.). Außerdem verringern die 4 überobligatorisch besetzten Vollstudienplätze des 3. Fachsemesters die Zahl der besetzbaren Teilstudienplätze. Die Kammer wertet demzufolge 66 Teilstudienplätze als belegt und hat daher 19 weitere Teilstudienplätze zu besetzen.

Mit dem vorstehend zitierten Beschluss hat die Kammer die Beklagte verpflichtet, alle 10 Studienplatzbewerber, die zum Sommersemester 2016 einen zulässigen Eilantrag für das 3. Fachsemester gestellt haben, vorläufig zum Studium der Humanmedizin auf Teilstudienplätzen zuzulassen. Über die hiergegen eingelegten Beschwerden der Beklagten liegt noch keine Entscheidung vor. Um Doppelbelegungen außerkapazitärer Studienplätze durch Entscheidungen im Eil- und Klageverfahren zu vermeiden, bewertet der Einzelrichter diese 10 Teilstudienplätze bis zu einer Beschwerdeentscheidung des Nds. OVG ebenfalls als belegt. Nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2015 sind demzufolge 9 Teilstudienplätze des 1. Fachsemesters zu vergeben.

Die begehrte unmittelbare Zulassung zum Studium kann jedoch nicht ausgesprochen werden, weil die Voraussetzungen hierfür noch nicht vorliegen. Zu beachten ist nämlich, dass die Kammer die Verfahrensweise bei der Vergabe nicht besetzter Teilstudienplätze im 1. Semester durch die Festlegung einer Nachrücker-Rangliste der Studienkohorte abschließend geregelt hat, indem sie im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren 8 C 2/15 u.a. am 29.04.2015 eine Rangfolge für die Besetzung freier Studienplätze ausloste. Die Auslosung erbrachte folgende Rangliste, bei der die Reserveplätze NN1 bis NN5 nicht belegt worden waren:

(von der Veröffentlichung der Verlosungsliste wird abgesehen)

Die vorstehende Liste ist nicht nur für das durchgeführte Eilverfahren verbindlich, sondern auch für die Nachbesetzung jedes anderen freien oder wieder frei gewordenen Teilstudienplatzes im 1. Fachsemester dieser Kohorte durch eine gerichtliche Entscheidung, weil das Gericht der ersten Instanz in Ermangelung einer verordnungsrechtlichen Regelung das Besetzungsverfahren für außerkapazitäre Studienplätze bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93.77 -; Nds.OVG, Beschluss vom 05.09.2005 - 2 NB 250/05 -, beide juris) und sich durch die Auswahl des Vergabeverfahrens selbst gebunden hat. Zwar endet die Besetzbarkeit freier Studienplätze grundsätzlich mit dem Ende des Semesters, vorliegend also mit dem Ablauf des 30.09.2015. Die Klägerin begehrt jedoch ihre Zulassung nach den Rechtsverhältnissen dieses abgelaufenen Sommersemesters 2015, zu denen auch die Vergabereihenfolge gehört, so dass die Rangfolge ausnahmsweise auch nach dem Ende des fraglichen Semesters einzuhalten ist. Hierfür streiten sachliche Gründe. Hätte diese Liste, wie teilweise vertreten wurde, Verbindlichkeit ausschließlich für die Vergabe außerkapazitärer Teilstudienplätze im erstinstanzlichen Eilverfahren, so müsste bereits bei einer erfolgreichen Beschwerde eine neue Verlosung aller Plätze durchgeführt werden, was mit rechtskräftig gewordenen erstinstanzlichen Eilentscheidungen kollidieren würde. Außerdem bestände keine Veranlassung, bei der endgültigen Verteilung außerkapazitärer Studienplätze im Klageverfahren die lediglich vorläufige Verteilung aus dem Eilverfahren zu berücksichtigen, so dass erfolgreiche Antragsteller im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, die keine Klage erhoben hätten, ihre vorläufigen Zulassungen wieder verlieren würden. Wegen dieser Folgen bestimmt das Gericht, dass es für jeden Fall einer Nachbesetzung von Studienplätzen bei der Verbindlichkeit der Verlosungsliste aus dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren bleibt.

Wenn seitens des Nds. OVG (Beschluss vom 21.01.2015, - 2 LA 307/14 -, S. 6) in Frage gestellt wird, ob der Losliste des Eilverfahrens die ihr vom erkennenden Gericht beigemessene Bedeutung tatsächlich zukommt, ignoriert der Senat damit offensichtlich seine eigene Rechtsprechung. Grundsätzlich akzeptiert er nämlich nur Beschränkungen des weiten gerichtlichen Ermessens bei der Auswahl und Ausgestaltung des Auswahlverfahrens für die Zulassung auf aufgedeckten Studienplätzen, die aus dem Kapazitätserschöpfungsgebot des Art. 12 Abs. 1 GG und dem Prinzip der Chancengleichheit nach Art. 3 GG herzuleiten sind (Nds. OVG, Beschluss vom 05.09.2005 - 2 NB 250/05 -, juris, Rn. 5), und begründet dies auch mit dem Interesse der Studienplatzbewerber an einer Beschleunigung des Vergabeverfahrens. Eine bestimmte Verfahrensweise, nach welchen Modalitäten die Auswahl durchzuführen ist, ist dagegen weder bundes- noch landesrechtlich vorgegeben; dies gilt auch für die Frage, wer die Auswahl vorzunehmen hat (Nds. OVG, Beschluss vom 22.08.2013 - 2 NB 394/12 u.a. -, S . 11f). Auch das Nds. OVG hält sich bisher im Rahmen seiner Verfahren bei Nachbesetzungen wie bei der Aufhebung vorläufiger Zulassungen an die Verlosungsliste der Kammer und bestätigt damit deren Praxis. Warum das Ermessen, auf das Verteilungsverfahren der gerichtlichen Eilverfahren zurückzugreifen, bei der Verteilung von Studienplätzen eingeschränkt sein sollte, wenn diese erstmals im Klageverfahren aufgedeckt werden, erschließt sich nicht.

Die mit der Kammer vorberatene Entscheidung des Einzelrichters, die Verlosungsergebnisse aus dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unverändert auf die Klageverfahren desselben Semesters anzuwenden, beruht auf den dargelegten sachlichen Gründen und hält sich innerhalb des vorgegebenen Ermessensspielraums. Möglicherweise gälte dies ebenfalls für einen Verteilungsmodus, bei dem alle Verlosungsrangplätze gestrichen würden, deren Inhaber keine Klage erhoben haben. Hiergegen hat sich der Einzelrichter jedoch entschieden, weil es möglich ist, dass ein sehr gut platzierter Rangplatzinhaber erst dann eine Untätigkeitsklage erhebt, nachdem in einem anderen Klageverfahren erstinstanzlich geklärt wurde, ob überhaupt eine verdeckte, noch zu verteilende Kapazität besteht. Diese Eventualität dürfte künftig entfallen, wenn die Beklagte - wie in der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2014 angekündigt - alle Anträge wegen der Zulassung auf außerkapazitären Studienplätzen und solchen nach § 10 Abs. 12 VergabeVO-Stiftung alsbald nach der Zustellung der Eilbeschlüsse der Kammer ablehnen wird. Allerdings kommt es dann nicht mehr darauf an, ob das Verlosungsergebnis auf die Kläger beschränkt wird, weil eine bestandskräftig gewordene Ablehnungsentscheidung der Beklagten auf die erloste Rangfolge dieselbe Rechtswirkung haben wird wie eine Verzichtserklärung oder anderweitige Zulassung des Rangplatzinhabers.

Die klägerseits bestehende Schwierigkeit, die in der tenorierten Maßgabe geforderten Nachweise zu erbringen, und die seitens des Nds. OVG geäußerten Bedenken, ob damit dem Kapazitätserschöpfungsgebot genügt werde, sind lediglich mittelbare Folgen des ausgewählten Verteilungsmodus und liegen bei näherer Betrachtung auch gar nicht vor. Die auf den vordersten Nachrückerplätzen der Verlosungsliste platzierten Studienplatzbewerber haben das Nachweisproblem nicht bzw. nur in sehr geringem Umfang; in diesen Fällen wäre auch der Aufwand einer niedrigen Zahl von Beiladungen vertretbar. Der von der Klägerin in der tenorierten Maßgabe zu betreibende Aufwand resultiert also letztlich daraus, dass sie trotz Kenntnis der Bedeutung ihres Verlosungsrangs für das Klageverfahren an ihrem Zulassungsbegehren festhält.

Die Befürchtung, dass eine Studienplatzkapazität infolge der Maßgabe ungenutzt verfallen könnte, ist ebenfalls unbegründet. Entweder erbringt die Klägerin den geforderten Nachweis, oder der Inhaber eines besseren Ranglistenplatzes - sofern nicht ein Bescheid der Beklagten bestandskräftig geworden ist, mit dem dessen außerkapazitärer Antrag abgelehnt wurde - erfährt durch die Frage der Klägerin nach seiner Verzichtserklärung von dem freien Studienplatz und wird ihn für sich beanspruchen; in jedem Fall wird der Platz voraussichtlich besetzt werden, falls das Urteil rechtskräftig wird. Dagegen kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass Inhaber vorrangiger Verlosungsplätze, die bisher keinen Ablehnungsbescheid der Beklagten erhalten und keine Klage erhoben haben, ihr Klagerecht und damit ihren Losrang verwirkt hätten. Nach dem auch im Verwaltungsrecht geltenden, aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ableitbaren Rechtsgedanken der Verwirkung kann ein Kläger sein Recht zur Erhebung der Klage nicht mehr ausüben, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten (Umstandsmoment), die die späte Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Dies ist anzunehmen, wenn eine klageberechtigte Person unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des geltend gemachten Rechts unternommen zu werden pflegt (Bay. VGH, Urteil vom 26.02.2013 - 8 B 11.1708 -, juris,  Rn. 29 m.w.N.). Für ein Umstandsmoment, das alle potenziellen Kläger der Verlosungsliste gleichermaßen betreffen würde, ist vorliegend nichts ersichtlich. Allein aus der inzwischen vergangenen Zeit können schon deswegen keine Folgen hergeleitet werden, weil der Gesetzgeber, veranlasst durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 18.07.1973 - 1 BvR 23, 155/73 -, BVerfGE 35, 382, 405),  mit Wirkung vom 01.01.1977 die für eine Klageerhebung bei Untätigkeit geltende Jahresfrist des § 76 VwGO aufgehoben hat und diese Frist nicht durch eine Annahme der Verwirkung bei längerem Zuwarten mittelbar wieder eingeführt werden kann.

Die Klägerin wird in der Verlosungsrangfolge auf Platz (hier: 155) geführt, so dass ihrem Rangplatz eine Vielzahl potenzieller Nachrücker vorgeht. Hieraus erklärt sich die tenorierte Maßgabe. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, hinsichtlich sämtlicher vor der klagenden Partei geloster Nachrücker des fraglichen Durchgangs darzulegen, dass deren vorrangige Rechtspositionen als Ergebnis der erfolgten Verlosung durch die begehrte Zulassungsverpflichtung der Beklagten nicht vereitelt werden. Zwar gilt auch im vorliegenden Klageverfahren grundsätzlich der Untersuchungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Rechtsfrage, ob ein Nachrücker der Verlosungsliste im Rangplatz der klagenden Partei vorgeht, könnte vom Gericht allerdings nur mittels einer Beiladung aller Nachrücker, welche im Rang vor der klagenden Partei stehen, gemäß § 65 VwGOverbindlich aufgeklärt werden. Da es sich hierbei im Einzelfall um mehrere Dutzend bis um mehr als hundert Personen handeln kann, und jeder Beigeladene das Kostenrisiko des Prozesses erhöht, würde dieses bei Klageerhebung nicht erkennbare finanzielle Ausmaße annehmen und damit den Zugang zum Rechtsschutz in einer Art. 19 Abs. 4 GG verletzenden Weise erschweren. Das Gericht sieht daher keine andere Möglichkeit, als die Aufklärung der bei Rechtskraft des Urteils geltenden Rangfolge nach § 86 Abs. 1 Satz 1, letzter HS VwGO der Klägerseite aufzuerlegen. Sofern dazu weitere Informationen durch das Gericht erforderlich sein sollten, können diese erfragt werden; die Anschriften der Personen auf der Rangliste sind aus dem Beschluss der Kammer vom 29.04.2015 - 8 C 2/15 u.a. -) bekannt. Daher obliegt es der klagenden Partei, auch diese Voraussetzung für einen vollständigen Erfolg ihres Klagebegehrens urkundlich vollumfänglich darzulegen, um ihre Zulassung durchsetzen zu können. Da gegenwärtig nicht absehbar ist, in welchen der heute entschiedenen Klageverfahren bis zu einer Rechtskraft der Urteile noch das Interesse der klagenden Partei an einer Annahme des Teilstudienplatzes erlöschen wird, ist jeder klagenden Partei die Möglichkeit zu eröffnen, durch die Vorlage entsprechender Urkunden auch ihrer Mitkläger die Voraussetzungen für die tenorierte Teilzulassung zu erfüllen.“

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die klagende Partei mit dem vorrangigen Begehren auf einen Vollstudienplatz vollständig und mit dem Hilfsantrag zum Teilstudienplatz etwa hälftig unterliegt. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Zulassung der Berufung entsprechend dem Antrag der Beklagten folgt aus §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO, nachdem das Nds. OVG die grundsätzliche Bedeutung der zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsfragen durch Urteil vom 07.04.2016 (- 2 LB 60/15 -, OVG-Rechtsprechungsdatenbank, Rn 140) bejaht und deshalb die Revision zugelassen hat.