Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.07.1989, Az.: 18 L 11/87
Mitbestimmung bei Übernahme nebenberuflicher Lehrkräfte in ein Angestelltenverhältnis; Mitbestimmung des Personalrates bei Einstellung neuer Lehrer; Anforderungen an eine mitbestimmungspflichtige Umgruppierung nach dem Personalvertretungsgesetz; Voraussetzungen für das Bestehen einer Mitbestimmungspflicht der Personalvertretung bei einer Einstellung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 19.07.1989
- Aktenzeichen
- 18 L 11/87
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1989, 20356
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1989:0719.18L11.87.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 17.03.1987 - AZ: PL 16/86
Rechtsgrundlagen
Verfahrensgegenstand
Mitbestimmung
In der Personalvertretungssache
hat der 18. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Niedersachsen - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
ohne mündliche Verhandlung am 19. Juli 1989
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dembowski,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Hamann und Ladwig sowie
die ehrenamtlichen Richter Prieß und Teich
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen - vom 17. März 1987 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Antragsteller erstrebt die Feststellung, daß die Übernahme nebenberuflicher Lehrkräfte in ein Angestelltenverhältnis nach dem BAT als Einstellung gemäß § 78 Abs. 2 Nr. 1 Nds. PersVG seiner Mitbestimmung unterliege.
Frau ... und Frau ... waren mit Zustimmung der Personalvertretung seit 1979 bei den Berufsbildenden Schulen der Stadt ... als nebenberufliche Lehrkräfte mit 10 bzw. 12 Wochenstunden beschäftigt gewesen. Aufgrund von Arbeitsverträgen vom 29. Mai bzw. 24. Juni 1986 wurden sie seit dem 11. August 1986 als Angestellte nach dem BAT mit einer Unterrichtsverpflichtung von wöchentlich 20 bzw. 16 Stunden weiterbeschäftigt.
Nachdem der Antragsteller vergeblich ein Mitbestimmungsrecht daran beansprucht hatte, hat er am 30. Oktober 1986 das Verwaltungsgericht angerufen und geltend gemacht: Diese Übernahme nebenberuflicher Lehrkräfte in das Angestelltenverhältnis nach dem Bundesangestelltentarif unterliege seiner Mitbestimmung, weil sie eine neue Eingliederung in die Dienststelle bedeute und zudem mit einer Änderung des Vergütungsrahmens verbunden sei.
Der Antragsteller hat beantragt
festzustellen, daß die Übernahme nebenberuflicher Lehrkräfte in das Angestelltenverhältnis unter Vereinbarung der Geltung des Bundesangestelltentarifs durch den Beteiligten dem Mitbestimmungsrecht des Antragstellers sowohl als Einstellungs- als auch als Umgruppierungsmaßnahme unterliegt.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
und ist ihm aus Rechtsgründen entgegengetreten.
Mit Beschluß vom 17. März 1987 hat das Verwaltungsgericht dem Antrag teilweise stattgegeben und ausgesprochen, daß der Antragsteller zwar nicht bei der Übernahme der nebenberuflichen Lehrkräfte als Angestellte nach dem BAT, wohl aber bei ihrer dabei erfolgenden Umgruppierung zu beteiligen war. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Die Übernahme nebenberuflicher Lehrkräfte in das Angestelltenverhältnis nach dem BAT sei nicht nach § 78 Abs. 2 Nr. 1 Nds. PersVG mitbestimmungspflichtig. Denn die Mitbestimmung des Personalrats bei der Einstellung beziehe sich nicht auf die einzelvertraglichen Regelungen; die inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitsvertrages sei mit Ausnahme der Festlegung der zu übertragenden Tätigkeiten der Mitbestimmung entzogen. Deshalb falle auch die mit der Übernahme einer nebenberuflichen Lehrkraft in das Angestelltenverhältnis nach dem BAT verbundene Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit als inhaltliche Änderung des Arbeitsvertrages nicht unter die Mitbestimmung der Personalvertretung. Die Gründe, die für eine Mitbestimmung der Personalvertretung bei Änderungen des Arbeitsvertrages angeführt werden könnten, seien nicht geeignet, die bestehende Gesetzeslage im Rahmen der Gesetzesauslegung zu verändern. Das sei allein Sache des Gesetzgebers, der wie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen den Mitbestimmungskatalog in § 72 PersVG NW insoweit erweitert habe. Der Niedersächsische Gesetzgeber sei bei dem 4. Änderungsgesetz zum Nds. PersVG dagegen davon ausgegangen, daß unter Einstellung i.S. von § 78 Abs. 2 Nr. 1 Nds. PersVG allein die Eingliederung des Arbeitsnehmers in die Dienstgemeinschaft zu verstehen sei; aus diesem Grunde habe er auch für die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages die Mitbestimmung eingeführt (§ 78 Abs. 2 Nr. 2 Nds. PersVG), weil ihm dies wünschenswert erschien. Nach niedersächsischem Personalvertretungsrecht unterliege die Erhöhung des zeitlichen Umfangs einer Teilzeltbeschäftigung bzw. die Umwandlung einer Teilzeltbeschäftigung in eine Ganztagsbeschäftigung nicht der Mitbestimmung der Personalvertretung. Mitbestimmungspflichtig sei dagegen die mit der Übernahme nebenberuflicher Lehrkräfte in ein Angestelltenverhältnis nach dem BAT verbundene Einordnung Ihrer Tätigkeit nach dem Eingruppierungserlaß des Niedersächsischen Kultusministers vom 11. April 1986 (Nds. MBl. 424) i.V.m. dessen Erlaß über die Absenkung der Eingangsbesoldung vom 20. Februar 1985 (Nds. MBl. 188); insoweit handele es sich um eine Umgruppierung i.S. von § 78 Abs. 2 Nr. 3 Nds. PersVG.
Gegen den ihm am 25. März 1987 zugestellten Beschluß richtet sich die am 23. April 1987 eingelegte und gleichzeitig begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren, soweit dieses abgewiesen wurde, weiterverfolgt und vertieft.
Der Antragsteller beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses festzustellen, daß die Übernahme nebenberuflicher Lehrkräfte in das Angestelltenverhältnis unter Vereinbarung der Geltung des Bundesangestelltentarifs durch den Beteiligten dem Mitbestimmungsrecht des Antragstellers auch als Einstellungsmaßnahme unterliegt.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß, soweit dieser den Antrag des Antragstellers abgelehnt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
Beide Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
II.
Die zulässige Beschwerde, über die gemäß §§ 83 Abs. 4 Satz 3, 90 Abs. 2 ArbGG ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte. Ist nicht begründet.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nur noch der vom Antragsteller weiterverfolgte Anspruch, daß die Übernahme nebenberuflicher Lehrkräfte in ein Angestelltenverhältnis nach dem BAT auch als Einstellung seiner Mitbestimmung unterliegt. Soweit das Verwaltungsgericht den mit dieser Übernahme verbundenen Wechsel der maßgeblichen Vergütungsordnung als mitbestimmungspflichtige Umgruppierung i.S. des § 78 Abs. 2 Nr. 3 Nds. PersVG beurteilt hat. Ist diese Feststellung vom Beteiligten nicht angefochten worden und damit in Rechtskraft erwachsen.
Eine mitbestimmungspflichtige "Einstellung" i.S. von § 78 Abs. 2 Nr. 1 Nds. PersVG hat das Verwaltungsgericht zu Recht verneint. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Auch das Beschwerdevorbringen kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unterliegen Änderungen des Arbeitsvertrages, mit denen die wöchentliche Arbeitszelt erhöht oder herabgesetzt wird, nicht der Mitbestimmung des Personalrats (Beschl. v. 19.11.1989 - 18 OVG L 19/84 (Nds.); Beschl. V. 20.3.1985 - 18 OVG L 6/84 (Nds.); Beschl. V. 5.12.1984 - 18 OVG L 13/83 (Nds.); Beschl. v. 29.2.1984 - 18 OVG L 16/83 (Nds.)). Während diese Rechtsprechung zunächst nur vertragliche Änderungen des Umfangs einer Teilzeltbeschäftigung betraf, hat der Senat sie neuerdings auch auf die Umwandlung einer Vollzelt- in eine Teilzeltbeschäftigung und umgekehrt ausgedehnt (Beschl. v. 19.11.1989 - 18 OVG L 19/84 (Nds.) sowie Beschl. v. 18.1.1989 - 18 OVG L 24/87 -; ebenso OVG Berlin, Beschl. v. 13.10.1983 - OVG PV Bln 3.83). Der tragende Grund dafür liegt darin, daß das mit der Einstellung in alter Regel zu begründende Beschäftigungsverhältnis nicht Gegenstand der Mitbestimmung ist, und zwar weder hinsichtlich seiner Art noch in bezug auf seinen Inhalt. Insbesondere der Arbeitsvertrag unterliegt der Vereinbarung der Vertragsparteien, auf die der Personalrat nicht durch Mitbestimmung einwirken kann (BVerwGE 68, 30, 33 [BVerwG 19.09.1983 - 6 P 32/80]; ebenso Beschl. v. 12.9.1983, DVBl. 1984, 48 f.). In diesen Entscheidungen hat das Bundesverwaltungsgericht auch im einzelnen dargelegt, daß die der einzelvertraglichen Regelung vorbehaltenen Elemente des Arbeitsvertrages - dazu gehört der Umfang der wöchentlichen Arbeitszelt - mit gutem Grund der Mitbestimmung entzogen sind, weil sich diese hier nicht auf ein kollektiv-rechtliches Interesse stützen kann und vor allem zu einer unerwünschten Doppelgleisigkeit der Rechtswege und somit zu rechtlicher Unsicherheit führen würde. Danach ist die mitbestimmungspflichtige "Einstellung" nur die Eingliederung eines neuen Beschäftigten in die Dienststelle. Dabei bezieht sich die Mitbestimmung allein auf diese Eingliederung, nämlich auf die zur Einstellung vorgesehene Person, auf die von ihr auszuübende Tätigkeit und, soweit es sich um Arbeiter und Angestellte handelt, auf die damit verbundene tarifliche Bewertung, die Eingruppierung (BVerwG, a.a.O.). Diese Beurteilung hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluß vom 25. August 1988 (6 P 36.89, PersV 1988, 488) erneut bestätigt und nochmals betont, daß als mitbestimmungspflichtige Einstellung nur die Eingliederung eines "neuen" Beschäftigten in die Dienststelle anzusehen ist und daß der Mitbestimmung des Personalrats sich demnach nicht auf den Abschluß und den Inhalt des Arbeitsvertrages bezieht, sondern allein auf die Eingliederung des Einzustellenden in die Dienststelle.
Auf dieser Grundlage stellte aber auch die vertragliche Erhöhung der von den Lehrkräften ... und ... wöchentlich zu erteilenden Unterrichtsstunden von 10 auf 20 bzw. von 12 auf 16 keine mitbestimmungspflichtige Einstellung i. S. des § 78 Abs. 2 Nr. 1 Nds. PersVG dar. Beide Lehrkräfte wurden durch die Vertragsänderung und die Aufnahme ihrer quantitativ erweiterten Tätigkeit nicht als "neue" Beschäftigte eingegliedert. Sie waren vielmehr bereits seit sieben Jahren an der Berufsbildenden Schule in ... tätig und in diese eingegliedert. Von der Eingliederung eines neuen Beschäftigten in die Dienststelle kann nur gesprochen werden, wenn mit ihm erstmals ein Arbeitsverhältnis begründet werden soll oder wenn ein bestehendes Arbeitsverhältnis rechtlich unterbrochen war (BVerwG. Beschl. v. 25.8.1988, a.a.O.); beides lag hier nicht vor.
Eine mitbestimmungspflichtige Einstellung läßt sich auch nicht daraus herleiten, daß die Lehrkräfte durch die vertragliche Erhöhung Ihrer Stundenzahl in den BAT-Bereich gelangten und ein volles Stimmrecht in der Gesamtkonferenz erhielten. Nach dem Rundenaß des Kultusministers v. 17. Mai 1977 (Nds. MBl. S. 574) galten beide Lehrerinnen vorher als "nebenberufliche Lehrkräfte", weil sie weniger als die Hälfte der Regelstundenzahl erteilten. Sie standen in einem nicht selbständigen Dienstverhältnis gemäß den §§ 611 ff. BGB (Nr. 2.1., 2.3, 3.2 des Rundenasses). Der Umstand, daß sie durch die vertragliche Erhöhung über die halbe Regelstundenzahl hinaus als Angestellte in den BAT-Bereich rückten, kann diese Übernahme jedoch deshalb nicht zu einer mitbestimmungsrechtlichen "Einstellung" machen, weil das Beschäftigungsverhältnis seiner Art wie seinem Inhalt nach, wie bereits ausgeführt, gerade nicht Gegenstand der Mitbestimmung ist.
Deshalb ist es insoweit auch ohne Bedeutung, daß sich vor der Erhöhung der Stundenzahl die beiderseitigen Rechte und Pflichten nach den §§ 611 ff. BGB bestimmten, danach aber der BAT maßgebend war. Erst recht unerheblich ist insoweit die schulrechtliche Folge für das Stimmrecht in der Gesamtkonferenz gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 16, NSchG, zumal beide Lehrerinnen auch vor der Erhöhung ihrer Stundenzahl ein eingeschränktes "repräsentatives" Stimmrecht nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 c) NSchG hatten.
Die Beschwerde war danach zurückzuweisen.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.
Dr. Hamann
Ladwig
Prieß
Teich