Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 10.05.2001, Az.: 10 W 13/01
Erwerb von landwirtschaftlich genutzten Flächen; Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur; Versagung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung; Finanzielle Unterstützung eines Umweltschutzprojektes durch ein Land oder die Europäische Gemeinschaft; Grundstücksverkehrsgenehmigung; Bewirtschaftungsauflagen für die Eigentümer von Flächen in den Wasserschutzgebietszonen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 10.05.2001
- Aktenzeichen
- 10 W 13/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 27571
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2001:0510.10W13.01.0A
Rechtsgrundlagen
- § 9 Abs. 6 GrdstVG
- § 2 Abs. 1 GrdstVG
- § 8 Nr. 1 GrdstVG
- § 4 GrdstVG
- § 9 Abs. 2 GrdstVG
- § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG
- § 2 Abs. 1 GrdstVG
- § 22 Abs. 1 LwVG
Fundstellen
- AUR 2003, 22
- NuR 2002, 118-119
- NuR 2003, 577-578 (Volltext mit amtl. LS)
- OLGReport Gerichtsort 2001, 272-273
Verfahrensgegenstand
Genehmigung des am 16. November 2000 vor der Notarin Dxxx Nxxx in xxx zur UR-Nr. xxx geschlossenen Grundstückskaufvertrages hinsichtlich des Grundstücks Gemarkung Oxxx Flur xxx, Flurstück xxx (Grundbuch von xxx)
Prozessführer
1. Stadt xxx - xxx - , xxx,
Prozessgegner
2. Landwirt Hxxx Wxxx, xxx,
Verfahrensbevollmächtigte zu 1) und 2): Notarin xxx
Sonstige Beteiligte
3. Landkreis xxx, xxx, xxx,
Amtlicher Leitsatz
Ein Grundstückskaufvertrag mit dem der Betreiber eines Wasserwerks (Tausch-) Flächen in der Schutzzone III erwerben will, muss auch dann genehmigt werden, wenn ein erwerbswilliger und -fähiger Vollerwerbslandwirt vorhanden ist.
Der 10. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg hat
durch
die Richter xxx, xxx und xxx sowie
die ehrenamtlichen Richter xxx und xxx
am 10. Mai 2001 beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - xxx vom 16. März 2001 geändert.
Der am 16. November 2000 vor der Notarin Dxxx Nxxx in xxx geschlossene Vertrag (UR-Nr. xxx) wird nach § 2 GrdstVG genehmigt.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Geschäftswert wird auf 442.701 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom 16.11.2000, beurkundet durch die Notarin Dxxx Nxxx in xxx, UR-Nr. xxx, kaufte die Beteiligte zu 1) vom Beteiligten zu 2) das in xxx gelegene, landwirtschaftlich genutzte Grundstück Flur xxx Flurstück xxx der Gemarkung Oxxx zur Größe von 6,3243 ha zu einem Preis von insgesamt 442.701 DM (7 DM/qm). Gleichzeitig ist mit dem Verkäufer, dem Beteiligten zu 2), ein Pachtvertrag geschlossen worden, der es diesem gestattet, das Grundstück jedenfalls bis zum 31.10.2004 (bis zum voraussichtlichen Renteneintritt des Beteiligten zu 2)) zu nutzen.
Die Beteiligte zu 1), die im Rahmen eines Eigenbetriebes ein Wasserwerk betreibt und ca. 25.000 Einwohner mit Trinkwasser versorgt, will das oben genannte Grundstück erwerben, das im Einzugsbereichs eines der Wassergewinnung dienenden Brunnens (Brunnen 4) liegt, nämlich mit einem Anteil von 1.895 qm in der Schutzzone II und mit der restlichen Fläche in der Schutzzone III, um als Eigentümerin des in der Schutzzone II liegenden Gebietes eine mit der Wassergewinnung vereinbare, förderliche Nutzung sicherzustellen (z.B. durch extensive Grünlandbewirtschaftung) und die in der Schutzzone III liegende Fläche als Tauschflächen für den Erwerb von landwirtschaftlich genutzten Flächen aus der Schutzzone II zur Verfügung zu haben. Der Ankauf des Grundstücks wird auf Grund Zuwendungsbescheides vom 18.12.2000 mit einem nicht rückzahlbaren Zuschuss der Europäischen Gemeinschaft - Strukturfonds - und des Landes Niedersachsen in Höhe von 229.000 DM gefördert; der Bescheid sieht dabei bestimmte Bewirtschaftungsauflagen für die angekaufte Grundstücksfläche vor.
Die von der Beteiligten zu 1) beantragte Grundstücksverkehrsgenehmigung hat der Beteiligte zu 3) mit Bescheid vom 29.1.2001 versagt. In diesem Bescheid, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, ist im wesentlichen ausgeführt worden, dass die Veräußerung zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden führe; es sei hier ein am Kauf interessierter Landwirt vorhanden, der einen dringenden Bedarf an landwirtschaftlichen Grundstücken zur Aufstockung seines Betriebes habe und auch in der Lage sei, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen.
Gegen diesen ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 29.1.2001 zugestellten Bescheid hat die Beteiligte zu 1) mit einem am 12.2.2001 beim zuständigen Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - eingegangenen Schriftsatz einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.
Die Beteiligte zu 1) hat beantragt,
die mit Bescheid des Landkreises xxx - Grundstücksverkehrsausschusses - vom 29.1. 2001 versagte Grundstücksverkehrsgenehmigung zum Grundstückskaufvertrag vom 16.11.2000 zwischen dem Landwirt Hxxx Wxxx und der Stadt xxx - Wasserwerk - über das Grundstück Flurstück xxx Flur xxx Gemarkung Oxxx zur Größe von 63.243 qm (Urkundenrolle Nr. xxx der beurkundenden Notarin Dxxx Nxxx, xxx) zu erteilen.
Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung und Anhörung der Beteiligten sowie Vernehmung der am Erwerb interessierten Landwirtsfamilie den Antrag zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung dieser Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts wird auf den Beschluss des Landwirtschaftsgerichts vom 16.3.2001 Bezug genommen.
Gegen diesen ihr am 29.3.2001 zugestellten Beschluss des Landwirtschaftsgerichts wendet sich die Beteiligte zu 1) mit der Beschwerde. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor: Das Landwirtschaftsgericht habe die Genehmigung zu Unrecht versagt. So sei übersehen worden, dass der Erwerb des Grundstücks durch sie, die Beteiligte zu 1), ebenfalls eine Maßnahme zur Stärkung der Agrarstruktur darstelle, nämlich dem Zweck des nachhaltigen Grund- und Trinkwasserschutzes dienen solle. Die von § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 GrstVG bezweckte Sicherung einer angestrebten Verbesserung der Agrarstruktur könne nicht auf den Grundsatz "Bauernland in Bauernhand" reduziert werden. Es sei zwischenzeitlich anerkannt, auch in der Rechtsprechung des BGH, dass der Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken für Zwecke des Naturschutzes den maßgebenden Grundsätzen zur Verbesserung der Agrarstruktur entsprechen könne und - soweit es sich um von einer Landesregierung geförderte Maßnahmen handele - selbst eine Agrarstrukturverbesserungsmaßnahme im Sinne des § 9 Abs. 2 GrstVG darstellen könne. Was jeweils als angestrebte Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur zu verstehen sei, entnehme der BGH in ständiger Rechtsprechung den von der Bundesregierung nach § 5 des Landwirtschaftsgesetzes zu erstattenden Agrarberichten. In den letzten Jahren sei als eines der agrarpolitischen Hauptziele unter anderem die "Sicherung und Verbesserung der natürlichen Lebensgrundlagen sowie die Erhaltung der biologischen Vielfalt" immer mehr in den Vordergrund gerückt. Der Ankauf der Grundstücksflächen decke sich mit diesen Zielsetzungen.
Zwar gebe es für Flächen in den Wasserschutzgebietszonen öffentlichrechtliche Bewirtschaftungsauflagen für die Eigentümer; dies bedeute jedoch nicht, dass hiergegen nicht verstoßen werde und negative Auswirkungen auf die Wassergewinnung ausblieben. Auch sei zweifelhaft, ob die zwangsweise durchzusetzenden öffentlichrechtlichen Beschränkungen ausreichten, um einen effektiven Trinkwasserschutz auf Dauer zu gewährleisten. So wiesen seit Ende der 80-ziger Jahre einige Wassergewinnungsbrunnen des Wasserwerks xxx eine stark steigende Tendenz bei den Nitrat-Werten auf. Da repressive Maßnahmen gegen Landwirte aus verschiedenen Gründen problematisch seien, sei eine Kooperationsrunde aus Wasserversorger, untere Wasserbehörde, Landwirten und deren Berufsorganisationen ins Leben gerufen worden. Dabei sei als eine gebietsspezifische Maßnahme der Flächenankauf in der Schutzzone II und benachbarter Flächen bzw. ein entsprechender Flächentausch ins Auge gefasst. Der Flächenerwerb in der Schutzzone ermögliche es dem Wasserwerk, aus der Eigentümerposition heraus völlig andere, effektive Kontrollmechanismen zu entwickeln und durch die Einflussnahme auf die Bewirtschaftung dieser Flächen das Grundwasser als Trinkwasser für die Bevölkerung nachhaltig zu schützen.
Für diese Zwecke sei die angekaufte Fläche in besonderem Maße geeignet. Es handele sich, auch soweit man sich nur auf die Fläche in der Schutzzone III beschränke, um eine größere, zusammenhängende Fläche, die als Tauschfläche interessant sei und die der Landwirtschaft nicht auf Dauer entzogen werde. Nach der bisherigen "Flächenbilanz" ergebe sich, dass von der Gesamtfläche in der Schutzzone II von 21,3 ha das Wasserwerk bereits 9,4 ha erworben habe; es stünden für einen Flächentausch bisher 3,2 ha zur Verfügung, sodass bei einem anzunehmenden Tauschverhältnis von 1 : 1 noch ein Flächenbedarf von ca. 9 ha bestehe, den die angekaufte Fläche auch nur teilweise decken könne.
Hinzu komme schließlich noch, dass sich die gekaufte Grundstücksfläche im Anstrombereich der Gewinnungsbrunnen II bis IV befinde; im Bereich dieser Flächen hätten regelmäßig beprobte Grundwassermeßstellen erhebliche Nitratwerte ausgewiesen. Man bemühe sich darum, diesen Bereich aufzukaufen, um die Bewirtschaftung und damit in erster Linie die Düngung besser kontrollieren und steuern zu können.
Unzweifelhaft stelle danach der hier angestrebte Grundstückserwerb mit dem Ziel des vorsorgenden Grundswasserschutzes selbst eine Maßnahme zur Verbesserung der Agrarstruktur dar. Diese Maßnahme möge mit dem Interesse ankaufwilliger Landwirte bzw. anderen Agrarstrukturverbesserungsmaßnahmen kollidieren. Nach der Rechtsprechung des BGH sei es jedoch nicht Aufgabe der Genehmigungsbehörde der einen oder anderen Maßnahme Vorrang einzuräumen; im Rahme des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrstVG gehe es nämlich nicht um eine Lenkung des landwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs.
Weiterhin habe das Landwirtschaftsgericht verkannt, dass der Grundstückserwerb öffentlichen Interessen und allgemeinen volkswirtschaftlichen Belangen diene, die bei der Entscheidung über die Genehmigung nach § 9 Abs. 6 GrstVG zu berücksichtigen seien.
Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zur Beschwerde und Beschwerdebegründung der Beteiligten zu 1) Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme ist nicht eingegangen.
II.
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist nach § 22 Abs. 1 LwVG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet.
Die Grundstücksverkehrsgenehmigung ist zu Unrecht versagt worden.
Landkreis und Amtsgericht sind allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass der vorliegende Kaufvertrag der Genehmigung nach § 2 Abs. 1 GrstVG bedurfte. Soweit das GrstVG bestimmte Grundstücksgeschäfte von Hoheitsträgern in Ausnahmetatbeständen genehmigungsfrei stellt oder die Erteilung der Genehmigung anordnet (vgl. §§ 4, 8 Nr. 1 GrstVG), greifen diese Ausnahmeregelungen im vorliegenden Fall offensichtlich nicht ein.
Die nach § 2 Abs. 1 GrstVG erforderliche Genehmigung des Grundstückskaufvertrages hätte jedoch erteilt werden müssen, weil ein Versagungsgrund nach § 9 GrstVG nicht vorliegt.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrstVG, der hier allein in Betracht kommt, ist die Genehmigung der Veräußerung eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks zu versagen, wenn die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeuten würde. Dies konkretisiert § 9 Abs. 2 GrstVG dahingehend, dass eine ungesunde Bodenverteilung in der Regel anzunehmen ist, wenn die Veräußerung Maßnahmen der Agrarstruktur widerspricht. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind die angestrebten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur anhand der gemäß § 5 Landwirtschaftsgesetz von der Bundesregierung erstatteten Agrarberichten zu entnehmen (vgl. BGHZ 94, 292, 294 [BGH 09.05.1985 - BLw 8/84]; BGH NuR 1986, 306; BGH RdL 1997, 47, 48 unter Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG vom 12.1.1967 - BVerfGE 21, 73, 81) [BVerfG 12.01.1967 - 1 BvR 169/63].
Danach ist zwar auch weiterhin davon auszugehen, dass es zu den wesentlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur gehört, landwirtschaftlich genutzte Grundstücke in das Eigentum von Landwirten gelangen zu lassen, die für ihre Berufsausübung und zur Sicherung sowie Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebes auf entsprechende Flächen angewiesen sind (vgl. BGH, a.a.O.). Die durch § 9 GrstVG geschützte Verbesserung der Agrarstruktur darf aber nicht allein auf die Förderung der Eigenlandausstattung von Landwirten verengt werden.
Es ist in der Rechtsprechung ebenfalls geklärt, dass auch bei Vorliegen eines dringenden Ankaufsinteresses eines Vollerwerbslandwirtes die Grundstücksveräußerung an einen Nichtlandwirt mit Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur in Einklang stehen kann, was insbesondere auch in Betracht kommt, wenn der Landerwerb zu Zwecken des Umwelt- und Naturschutzes geschieht, die Bestandteile zu fördernder agrarpolitischer Strukturverbesserung sein können (vgl. BGH, a.a.O.; weiterhin OLG Stuttgart RdL 1997, 158; OLG Koblenz RdL 2000, 303; OLG Saarbrücken OLGR 2000, 168; OLG Jena RdL 2000, 301).
Zutreffend weist hier die Antragstellerin darauf hin, dass nach dem von der Bundesregierung herausgegebenen Agrarbericht 2000 die Schaffung der Voraussetzungen für eine umweltverträgliche Landwirtschaft zu den wesentlichen strukturpolitischen Zielsetzungen gehört und dass dabei insbesondere auch die Förderung der Umwandlung von Ackerflächen in extensiv zu nutzendes Grünland genannt wird. So wird im Teil A des Agrarberichts, der sich mit den Zielen und Schwerpunkten der Agrarpolitik befasst, die Förderung umweltfreundlichen Wirtschaftens und des ökologischen Landbaus herausgestellt, wobei auf die Zusammenarbeit mit der EU und die (finanzielle) Förderung der ländlichen Entwicklung durch die EU hingewiesen wird (unter A 7. und 8. und unter C 5.1). In dem Kapitel des Agrarberichts, das sich mit dem Gewässerschutz befasst, wird der Grundwasserschutz besonders hervorgehoben und auf Fördermaßnahmen der Bundesregierung verwiesen, um die Gefahr des Eintrags von Pflanzenschutz- und Düngemittel sowie von Nährstoffen in die Gewässer zu vermindern (vgl. Teil C 6.6, insbesondere Nr. 245 bis 247).
Die hier beabsichtigten Maßnahmen der Antragstellerin bewegen sich im Rahmen dieser in den Agrarberichten zum Ausdruck kommenden Zielsetzung der Agrarpolitik.
Wie der BGH bereits ebenfalls entschieden hat, kommt es nicht darauf an, dass der Ankauf der Beteiligten zu 1) nicht von der Bundesregierung selbst finanziell gefördert wird, sondern das betreffende Umweltschutzprojekt von einem Land bzw. hier vom Land Niedersachsen und von der Europäischen Gemeinschaft in erheblichem Umfang finanziell unterstützt wird. Es wäre sachlich nicht gerechtfertigt, bei agrarpolitisch bedeutsamen Umweltschutzprojekten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach §§ 2, 9 GrstVG danach zu differenzieren, wer den Vollzug der Zielsetzung übernommen hat und entsprechende Finanzzuschüsse bereitstellt (vgl. BGH RdL 1997, 47, 48). Maßgebend ist allein, ob die betreffende, etwa von einer Landesregierung geförderte Maßnahme, den agrarpolitischen Zielsetzungen entspricht. Dies muss jedoch - wie sich bereits aus den vorausgegangenen Ausführungen ergibt - bejaht werden.
Es ist dann nicht mehr entscheidungserheblich, inwieweit der Erwerb des Grundstücks durch den kaufinteressierten Landwirt ebenfalls förderungswürdig erscheint und der Verbesserung der Agrarstruktur dient.
Das Genehmigungsverfahren nach §§ 2, 9 GrstVG dient nicht - wie die Beteiligte zu 1) zutreffend ausgeführt hat - der positiven Lenkung des landwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs, und es obliegt nicht der Genehmigungsbehörde und den Landwirtschaftsgerichten, durch Bewertung mehrerer miteinander konkurrierender Agrarstrukturverbesserungsmaßnahmen eine Rangfolge aufzustellen (so zutreffend BGHZ 94, 292, 297 [BGH 09.05.1985 - BLw 8/84]; BGH RdL 1997, 47, 48).
Es ist auch nicht zu prüfen, ob ein aufstockungswilliger Vollerwerbslandwirt das betreffende Ziel einer umweltorientierten Landwirtschaft ebensogut wie die Beteiligte zu 1) verwirklichen könnte und damit ein dringendes Erwerbsinteresse hätte (BGH, a.a.O.).
Maßgebend ist allein, dass der entsprechende Erwerb seitens der Beteiligten zu 1) mit der angestrebten Verbesserung der Agrarstruktur in Übereinstimmung zu bringen ist. Dies ist jedoch - wie bereit ausgeführt - zu bejahen.
Hinzu kommt schließlich noch, dass der Grunderwerb der Beteiligten zu 1) gerade nicht darauf gerichtet ist, die angekaufte Fläche auf Dauer jeglicher landwirtschaftlicher Nutzung zu entziehen. Vielmehr ist seitens der Beteiligten zu 1) beabsichtigt, diese Flächen, und sei es im Wege der Verpachtung (auch die Fläche in der Zone II), wieder einer landwirtschaftlichen Nutzung (extensive Grünlandbewirtschaftung) zuzuführen, die sich allerdings im Rahmen der im Zuwendungsbescheid festgelegten Bewirtschaftsungsauflagen halten soll.
Unter diesen Umständen ist erst recht nicht erkennbar, dass der Grundstückserwerb seitens der Beteiligten zu 1) Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.
Mangels eines entsprechenden Versagungsgrundes ist danach die Genehmigung bereits nach § 9 Abs. 1 GrstVG zu erteilen.
Die Genehmigung muss im Übrigen auch nach § 9 Abs. 6 GrstVG erteilt werden.
Nach dieser Vorschrift sind bei der Entscheidung über die Genehmigung allgemeine volkswirtschaftliche Belange zu berücksichtigen. Über diese Vorschrift können nach h.M. und Rechtsprechung auch andere öffentliche Interessen berücksichtigt werden, die nicht im engeren Sinne als volkswirtschaftliche Belange anzusehen sind. Zu den allgemeinen volkswirtschaftlichen Belangen im Sinne der genannten Vorschrift zählen alle überindividuellen Interessen von Industrie, Gewerbe, Handel, Verkehr, Energiebedarf, Gesundheit, Erholung, auch Gesichtspunkte des Umweltschutzes und der Daseinsvorsorge, für die Gemeinde und Gemeindeverbände Verantwortung tragen (vgl. OLG Karlsruhe AgrarR 1974, 326; MDR 1976, 318).
So hat das OLG Karlsruhe in der Unterhaltung einer geordneten Mülldeponie eine wichtige Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge seitens der beteiligten Kommune gesehen und eine angemessene Vorratsbeschaffung eines Grundstücks als mögliche Erweiterungsfläche und potenzielles Tauschland für den Fall der Erweiterung der Mülldeponie als von § 9 Abs. 6 GrstVG gedeckt angesehen; bei einem solchen Erwerb soll eine "ungesunde Verteilung von Grund und Boden" i.S.d. § 9 Abs. 1 GrstVG ausscheiden (OLG Karlsruhe MDR 1976, 318).
Auch im vorliegenden Fall hat die Beteiligte zu 1) zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge das hier zur Genehmigung anstehende Grundstücksgeschäft getätigt. Die Beteiligte zu 1) hat im einzelnen nachvollziehbar ausgeführt, dass sie die entsprechenden Flächen benötigt, um außerhalb der nur begrenzt wirksamen öffentlichrechtlichen Nutzungsbeschränkungen und sonstigen Zwangsmittel aus der Position des Grundstückseigentümers heraus im unmittelbaren Anstrombereich der Trinkwassergewinnungsbrunnen einen effektiven Trinkwasserschutz zu betreiben (vgl. die Ausführungen in der Beschwerdebegründung S. 8 ff.). Eine Landbeschaffung zum vorbeugenden Grundwasserschutz und zur langfristigen Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit einwandfreiem Trinkwasser wird von den zu beachtenden, letztlich privilegierten öffentlichen Belangen des § 9 Abs. 6 GrstVG erfasst.
Nach alledem muss die Grundstücksverkehrsgenehmigung der Beteiligten zu 1) erteilt werden.
Von der Erhebung von Gerichtskosten soll im vorliegenden Verfahren nach § 42 LwVG abgesehen werden, da nach Auffassung des Senats die Genehmigung von Anfang an hätte erteilt werden müssen und es danach nicht angemessen erscheint, die Beteiligte zu 1) mit weiteren Kosten zu belasten; abweichend von § 16 KostO, der eine Niederschlagung von Kosten nur bei (offensichtlich) unrichtiger Sachbehandlung vorsieht, eröffnet § 42 LwVG einen weitergehenden Ermessensspielraum, von dem der Senat hier Gebrauch macht.
Eine Belastung der Beteiligten zu 3) mit Verfahrenskosten kommt nicht in Betracht, da diese in ihrer Funktion als Genehmigungsbehörde nicht Beteiligte im engeren Sinne des § 45 Abs. 1 LwVG ist; eine Beteiligtenstellung erhält die Genehmigungsbehörde nach zutreffender Auffassung erst, wenn sie durch einen eigenen Antrag oder ein Rechtsmittel ein Verfahren in Gang gebracht hat (vgl. dazu OLG Dxxxxxx AgrarR 2001, 119); dies ist hier jedoch nicht der Fall.
....
Streitwertbeschluss:
Der Geschäftswert wird auf 442.701 DM festgesetzt.