Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 10.05.2001, Az.: 1 U 52/99
Nutzungsüberlassung von Gegenständen an eine Gesellschaft durch einen Gesellschafter; Rückzahlung von Eigenkapital ersetzenden Mitteln; Eintritt von wirtschaftlichen Schwierigkeiten nach Nutzungsüberlassung; Pflicht eines Gesellschafters zur Entziehung der Unterstützung; Gesellschafter als Träger der Beweislast bei fehlender Kenntnis von der "Krise" der Gesellschaft; Gleichstehen von Stundung und Darlehensgewährung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 10.05.2001
- Aktenzeichen
- 1 U 52/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 30626
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2001:0510.1U52.99.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Oldenburg - 28.01.1999 - AZ: 16 O 730/98
Rechtsgrundlagen
- § 30 Abs. 1 GmbHG
- § 31 Abs. 1 GmbHG
- § 32a Abs. 1 GmbHG
- § 32a Abs. 3 GmbHG
- § 32b S. 1 GmbHG
- § 43 Abs. 1 GmbHG
- § 43 Abs. 2 GmbHG
- § 43 Abs. 3 GmbHG
Fundstellen
- EWiR 2001, 761
- GmbHR 2001, 865 (amtl. Leitsatz)
In dem Rechtsstreit ...
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom
29. März 2001
durch
die Richter Dr. ..., Dr. ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28. Januar 1999 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels geändert und wie folgt neu gefaßt:
- 1.
Die Beklagten zu 1) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger als Konkursverwalter über das Vermögen der F... S... H... S... G... 103.279,49 DM nebst 4% Zinsen seit dem 17. März 1998 zu zahlen.
- 2.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte zu 2) für den Fall, daß der Beklagte zu 1) seiner Zahlungsverpflichtung gemäß Ziff. 1. ganz oder zum Teil nicht nachkommt, im Verhältnis ihres Geschäftsanteils von 20% des Stammkapitals der F... H... S... S... G... diese Zahlungen zu leisten hat.
- 3.
Die Kosten der Berufung haben die Beklagten zu tragen.
- 4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten zu 1. und 3. dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 133.000,-- DM, die Beklagte zu 2. in Höhe von 26.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet oder hinterlegt.
- 5.
Der Wert der Beschwer beträgt 103.279,49 DM.
Tatbestand
Der Kläger macht die Rückzahlung eigenkapitalersetzender Mittel geltend.
Am 22. Dezember 1994 wurde die F... "S... Heinz S... G..." gegründet. Der Beklagte zu 1. war Gesellschafter zu 80%, die Beklagte zu 2. Gesellschafterin zu 20% und der Beklagte zu 3. Geschäftsführer. Das Stammkapital sollte 50.000,-- DM betragen. Mit Pacht- und Übertragungsvertrag ebenfalls vom 22. Dezember 1994 verpachtete der Beklagte zu 1. der neu gegründeten Gesellschaft das bis dahin von ihm als Einzelfirma betriebene Fuhrunternehmen einschließlich des Betriebsgebäudes und des Fuhrparks (16 Betonmischer und 8 Lastzüge) zu einem Pachtzins von jährlich 300.000,-- DM zuzüglich 8% der Nettoumsatzerlöse der GmbH.
Ausweislich der vom Steuerberater E... O... erstellten Gewinn- und Verlustrechnungen der Gesellschaft für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1995 betrug der Jahresfehlbetrag für diesen Zeitraum 12.452,21 DM. Auch in der Folgezeit erhielt der Beklagte zu 1. von der GmbH regelmäßig Pachtzahlungen und zwar von Januar bis Juli 1996 monatlich 55.000,-- DM netto und von August bis Dezember 1996 jeweils einen Betrag von 40.000,-- DM netto. Der Steuerberater O... erstellte monatliche betriebswirtschaftliche Auswertungen, wonach die GmbH im Jahre 1996 folgende Betriebsergebnisse erwirtschaftete:
Januar: | 104.680,82 DM Verlust, |
---|---|
Februar: | 87.752,32 DM Verlust, |
März: | 25.204,71 DM Gewinn, |
April: | 58.952,29 DM Gewinn, |
Mai: | 20.082,02 DM Gewinn, |
Juni: | 45.757,62 DM Verlust, |
Juli: | 14.208,72 DM Verlust, |
August: | 15.653,97 DM Verlust, |
September: | 18.653,32 DM Gewinn, |
Oktober: | 5.883,58 DM Verlust, |
November: | 44.900,54 DM Verlust, |
Dezember: | 92.127,61 DM Verlust. |
Die Bilanz der GmbH zum 31. Dezember 1996 weist infolgedessen einen Jahresfehlbetrag, der nicht mehr vom Stammkapital gedeckt ist, in Höhe von 260.277,15 DM aus. Auch 1997 erhielt der Beklagte zu 1. verschiedene Zahlungen von der GmbH; unter anderem wurden an ihn am 28. Januar Pachtzinsen in Höhe von 46.000,-- DM ausgezahlt und er erhielt mit Scheck vom 4. Februar einen Betrag von 57.279,49 DM. Der Grund dieser Zahlung ist zwischen den Parteien streitig. Aus dem Erlös des Verkaufs eines Teils seines Fuhrparks zahlte der Beklagte zu 1. seinerseits am 3. Februar 1997 einen Betrag von 200.000,-- DM und am 10. Februar 1997 weitere 70.000,-- DM an die Gesellschaft, wo sie seinem Einzelkonto mit dem Buchungstext "Kapital Einlage" gutgeschrieben wurden. Zum 31. Dezember 1996 hatte die GmbH ausdrücklich wegen der verschlechterten wirtschaftlichen Situation sechs Mitarbeitern gekündigt. Mit Beschluß vom 6. November 1997 eröffnete das Amtsgericht Oldenburg das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH und bestellte den Kläger zum Konkursverwalter.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stünde ein Anspruch auf Zahlung von insgesamt 297.824,94 DM zu, weil die Nutzungsüberlassung aufgrund des Pachtvertrages seit Januar 1996 kapital ersetzend gewesen sei, so daß die Auszahlungen nicht mehr hätten erfolgen dürfen. Hiervon mache er einen Teilbetrag in Höhe von 103.279,49 DM geltend. Darüber hinaus seien die Zahlungen vom 28. Januar und 4. Februar 1997 über 46.000,-- DM und 57.279,49 DM anfechtbar nach der hier noch geltenden Konkursordnung. Die GmbH habe sich seit Anfang 1996 in einer krisenhaften Situation befunden, was erkennbar gewesen sei. Die Einzahlung des Beklagten zu 1. in Höhe von 270.000,-- DM habe daran nichts geändert. Wegen Vermögenslosigkeit des Beklagten zu 1. nach Verwertung seines Fuhrparks durch Kreditinstitute sei zu besorgen, daß die Klageforderung gegen ihn nicht mit Erfolg vollstreckt werden könne, so daß sich Feststellungsanträge gegen die Beklagte zu 2. und den Beklagten zu 3. rechtfertigten.
Der Beklagte hat beantragt,
- 1.
den Beklagten zu 1. zu verurteilen, an den Kläger als Konkursverwalter über das Vermögen der F... S... H... S... GmbH 103.279,49 DM nebst 5% Zinsen seit dem 15. Januar 1997 zu zahlen,
- 2.
festzustellen, daß die Beklagte zu 2. für den Fall, daß der Beklagte zu 1. seiner Zahlungsverpflichtung gemäß Ziffer 1. ganz oder zum Teil nicht nachkommt, im Verhältnis ihres Geschäftsanteils von 20% des Stammkapitals der F... S... H... S... G... Zahlungen gemäß dem Antrag zu Ziffer 1. zu leisten hat,
- 3.
festzustellen, daß der Beklagte zu 3. den Schaden zu ersetzen hat, welcher den Gläubigern der Gemeinschuldnerin dadurch entsteht, daß die Beklagten zu 1) und 2) den Verpflichtungen nach Ziff. 1. und Ziff. 2. ganz oder zum Teil nicht nachkommen sollten.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben behauptet, die Überschuldung der Gemeinschuldnerin sei erst Ende 1996 eingetreten und von dem Beklagten zu 1. durch Zahlung von 270.000,-- DM beseitigt worden. Die von der GmbH an den Beklagten zu 1. gezahlten Pachtzinsen seien angemessen gewesen. Die Zahlung von 57.279,49 DM betreffe zwei Rechnungen über Personalbestellungen, in beiden Fällen habe sein Einzelunternehmen der Gemeinschuldnerin Aushilfsfahrer überlassen. Noch bis zum Sommer 1997 habe die Gesellschaft in Absprache mit der Hausbank (OLB) sämtliche Rechnungen bezahlen können. Auch ein Unternehmensberater der Bank habe sogar noch im August 1997 festgestellt, daß bis Juni 1998 mit einem positiven Geschäftsergebnis gerechnet werden könne.
Das Landgericht Oldenburg hat der Klage bis auf einen kleinen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Es hat ausgeführt, da nach der betriebswirtschaftlichen Auswertung für Januar 1996 die GmbH einen Verlust von 104.680,82 DM erwirtschaftet habe, sei dadurch das noch vorhandene buchmäßige Eigenkapital in Höhe von 37.547,79 DM vollständig aufgezehrt worden. Deshalb hätte sich der Beklagte zu 1. den Pachtzins in Höhe von 55.000,-- DM netto für diesen Monat nicht auszahlen lassen dürfen. Weil der Verlust für Februar 1996 nach der betriebswirtschaftlichen Auswertung 87.752,32 DM betragen habe, gelte dies ebenso für die folgende Pacht.
Bereits mit diesen Zahlungen sei daher die Klageforderung begründet. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses ihnen am 8. Februar 1999 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 8. März 1999 Berufung eingelegt und sie am 30. April 1999 begründet, nachdem die Frist hierfür entsprechend verlängert worden war. In der Berufungsinstanz wiederholen und ergänzen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen nach Maßgabe ihrer Schriftsätze, worauf Bezug genommen wird.
Die Beklagten sind insbesondere der Ansicht, daß Leistungen aufgrund eines Individualvertrages nicht unter Eigenkapital fielen, solange sich gleichwertige Leistungen gegenüber stünden, was hier der Fall sei. Selbst wenn man anderer Meinung sein sollte, habe der Pachtvertrag erstmals am 31. Dezember 1995 zum 31. Dezember 1996 gekündigt werden können. Ende 1995 sei die GmbH aber noch konkursreif gewesen. Hinsichtlich des Beklagten zu 3. sei die Klage auch deshalb abzuweisen, weil er alles ihm mögliche zur Rettung der Gesellschaft unternommen habe. Erst im Juni 1997 habe sich herausgestellt, daß mit den erwirtschafteten Gewinnen die Verluste nicht auszugleichen gewesen seien. Er habe sich deshalb entschlossen, eine Factoring-Gesellschaft einzuschalten, was aber nicht den gewünschten Erfolg, sondern lediglich zusätzliche Kosten in Höhe von 52.190,84 DM eingebracht habe.
Die Beklagten beantragen,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
- 1.
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise
- 2.
die Beklagten zu 1. und 3. als Gesamtschuldner zu verurteilen,
103.279,46 DM nebst 4% Zinsen seit dem 17. März 1998 an den Kläger in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter über das Vermögen der F... S... H... S... G... zu zahlen.
Er stellt klar, daß er den Anspruch primär auf kapital ersetzende Gebrauchsüberlassung in den Monaten Januar und Februar 1997 stützt, hilfsweise auf die Monate davor in umgekehrter Reihenfolge. Er ist der Ansicht, angesichts der wirtschaftlichen Krise der GmbH sei eine außerordentliche Kündigung des Pachtvertrages möglich gewesen. Saisonale Schwankungen seien nicht der Grund für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen, sondern vielmehr die Annahme nicht kostendeckender Transportaufträge der Firma ... .
Der Senat hat gemäß Beschluß vom 19. Oktober 1999 Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens des Dipl.-Kfm. E... S... vom 23. Dezember 2000 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
I.
Der Beklagte zu 1. ist gemäß §§ 32a Abs. 1 und 3, 32b Satz 1 GmbHG in entsprechender Anwendung der §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 GmbHG verpflichtet, empfangene Leistungen in Höhe von 103.279,49 DM an den Kläger zurückzuzahlen, denn die Pachtzahlungen für die Monate November und Dezember 1996 sowie Januar 1997 hatten ebenso kapitalersetzenden Charakter wie die Scheckzahlung im Februar 1997. Der Beklagte zu 3. haftet dem Kläger in Höhe des genannten Betrages wegen schuldhafter Verletzung seiner Pflichten als Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 1 und 2 GmbHG und zwar als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 1. gemäß § 421 BGB. Insofern ist nicht lediglich die Zahlungspflicht festzustellen, sondern diese ist dem Betrage nach auszusprechen. Der Feststellungsanspruch hinsichtlich der Beklagten zu 2. rechtfertigt sich aus § 31 Abs. 3 GmbHG i.V.m. § 256 Abs. 1 ZPO.
1.
Das Landgericht hat den Beklagten zu 1. zu Recht zur Rückzahlung des verlangten Betrages verurteilt. Dadurch, daß der Beklagte zu 1. der Spedition H... S... G... noch in den Monaten November/Dezember 1996 und Januar 1997 seinen Fuhrbetrieb einschließlich des Betriebsgebäudes und des Fuhrparks sowie darüber hinaus evtl. Aushilfsfahrer überließ, muß er sich gemäß § 32 Abs. 1 und 3 GmbH behandeln lassen, als hätte er der Gesellschaft in einem Zeitpunkt, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten, statt dessen ein Darlehen gewährt. Dies hat zur Folge, daß er die von der Gesellschaft dafür erlangte Gegenleistung analog §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 GmbHG an den Kläger als Konkursverwalter über das Vermögen der GmbH erstatten muß.
a)
Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die Nutzungsüberlassung von Gegenständen durch einen Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft grundsätzlich eigenkapitalersetzenden Charakter haben. Gemäß § 32a Abs. 3 GmbHG gelten die Vorschriften über eigenkapitalersetzende Darlehen auch für Rechtshandlungen, die der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechen. Die Einbeziehung einer Nutzungsüberlassung rechtfertigt sich aus dem Zweck dieser Vorschrift. Es soll nicht nur verhindert werden, daß sich der Gesellschafter beim wirtschaftlichen Zusammenbruch vorrangig oder konkurrierend mit den Gläubigern aus dem verbleibenden Gesellschaftsvermögen befriedigt. Um zu vermeiden, daß die Krise verschleppt und das Gesellschaftsvermögen zu Lasten der Gläubiger verringert wird, soll auch gewährleistet werden, daß der Gesellschafter nur haftendes Eigenkapital einsetzt, wenn er der Gesellschaft den Fortbestand in der Krise ermöglicht und gegenüber anderen den Eindruck einer lebensfähigen und mit ausreichend Kapital ausgestatteten Gesellschaft hervorruft (BGHZ 109, 55, 57 f. [BGH 16.10.1989 - II ZR 307/88]; BGH NJW 1993, 2179; BGH NJW 1993, 392). Die Nutzungsüberlassung erlaubt es der Gesellschaft, mit geringem Eigenkapital auszukommen, während der Gesellschafter sein unternehmerisches Risiko beschränkt, indem er das Betriebsvermögen im Konkurs aussondern kann.
b)
Spätestens seit November 1996 war die GmbH sowohl für den Beklagten zu 1. als auch für den Beklagten zu 3. erkennbar in der Krise in der Form, daß die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute ihr Eigenkapital zugeführt hätten.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, daß die GmbH zur Zeit des Abschlusses des Pacht- und Übertragungsvertrages vom 22. Dezember 1994 noch keine wirtschaftlichen Schwierigkeiten haben konnte, weil sie an diesem Tag erst gegründet worden war. Denn tritt der Zeitpunkt der Krise erst später ein, so muß der Gesellschafter, sofern er die Krise kennt oder kennen muß, der Gesellschaft seine Unterstützung nach einer angemessenen kurzen Überlegungsfrist entziehen (BGHZ 109, 55, 60) [BGH 16.10.1989 - II ZR 307/88]. So liegt der Fall hier.
Die krisenhafte Situation der Gesellschaft zu den angegebenen Zeitpunkten ergibt sich nachvollziehbar aus dem Gutachten des Dipl.-Kfms E... S... vom 23. Dezember 2000. Zwar konnte der Sachverständige mangels ausreichend zur Verfügung stehender Unterlagen der Gemeinschuldnerin eine Beurteilung der zur Fortführung des Unternehmens erforderlichen Finanzkraft nicht anhand eines Finanzplans vornehmen. Er hat jedoch zutreffend ausgeführt, daß die Liquidität bzw. Illiquidität eines Unternehmens unter Zugrundelegung betriebswirtschaftlicher Kriterien auch anhand des Deckungsverhältnisses zwischen kurzfristigen Geldbeständen und kurzfristigen Vermögensgegenständen gegenüber kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten beurteilt werden kann.
Hierzu standen dem Gutachter die Entwicklung des Anlagevermögens für 1996, der Jahresabschluß für 1996, die Summen- und Saldenlisten Januar bis September 1997 sowie die Sach- und Personenkonten 1997 zur Verfügung. Anhand aller Unterlagen hat der Sachverständige die wirtschaftliche Entwicklung der GmbH anschaulich, widerspruchsfrei, verständlich und insgesamt überzeugend dargestellt.
Zum 31. Dezember 1996 betrugen die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen abzüglich einer gebildeten Pauschalwertberichtung 264.289,09 DM und der Wert der sonstigen Vermögensgegenstände 354.371,47 DM. Die liquiden Mittel der GmbH beliefen sich auf 23.332,29 DM. Dem gegenüber standen Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 997.171,90 DM. Davon sind bezeichnenderweise herauszuheben die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, die im Jahre 1996 um 284.371,71 DM, das sind rund 700%, angewachsen sind. Aus der Gegenüberstellung des kurzfristigen Vermögens und der kurzfristigen Verbindlichkeiten errechnet sich zum 31. Dezember 1996 eine Liquiditätsunterdeckung in Höhe von 338.179,05 DM. Das entspricht einer absoluten Steigerung von 286.126,78 DM bzw. über 500% im Vergleich zum Vorjahr. Dabei hat der Gutachter zu Gunsten der Beklagten unterstellt, daß sämtliche Forderungen in der ausgewiesenen Höhe werthaltig und realisierbar gewesen sind, was nicht der Fall sein muß. In der Folge hat er ausgewiesene Gesellschafterdarlehen in Höhe von insgesamt 98.000,-- DM als eigenkapitalersetzende Mittel behandelt, so daß er zu einer bereinigten Unterdeckung in Höhe von 240.179,05 DM kommt. Noch zum 31. Dezember 1995 betrug die Unterdeckung lediglich 52.052,72 DM. Diese negative Entwicklung setzte sich im Januar 1997 mit einem weiteren Anwachsen der Verbindlichkeiten erkennbar fort, so daß die bereinigte Unterdeckung in diesem Monat 300.446,34 DM betrug.
Die wirtschaftliche Krise der Spedition wird auch in der Gewinn- und Verlustrechnung zum 31. Dezember 1996 dokumentiert, in der ein Jahresfehlbetrag in Höhe von 297.824,94 DM ausgewiesen wird, während im Vorjahr ein nahezu ausgeglichenes Ergebnis erzielt wurde. Ursache für diese Entwicklung sind im wesentlichen rückläufige Umsatzerlöse in Höhe von ca. 14%. Mit dem Gutachter ist der Senat der Auffassung, daß die Einzahlungen des Beklagten zu 1. im Februar in Höhe von insgesamt 270.000,-- DM nicht ausreichend und nicht geeignet gewesen sind, die Unterdeckung nachhaltig zu beseitigen; dies zum Teil auch deshalb, weil ein Teilbetrag in Höhe von 57.279,49 DM mit Scheck vom 4. Februar 1997 an den Beklagten zu 1. zurückgeflossen ist.
Die im Tatbestand wiedergegebenen monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen für das Jahr 1996 lassen es vor diesem Hintergrund nicht als zweifelhaft erscheinen, daß die Gesellschaft spätestens Anfang November, mit Vorliegen der Auswertung für den Monat Oktober, nicht mehr in der Lage war, ihre schlechte wirtschaftliche Situation mittelfristig zu beseitigen. Mit Ausnahme des Monats September wurden seit Juni 1996 nur noch Verluste in teilweise erheblicher Höhe erwirtschaftet. Es folgten die für die Spedition auch in den vergangenen Jahren verlustreichen Herbst- und Wintermonate. Ein auf Dauer angelegtes positives Unternehmensergebnis konnte realistischerweise nicht mehr erwartet werden.
c)
In dieser bedrohlichen Situation hätte sich der Beklagte zu 1. bereits Anfang November 1996 überlegen müssen, ob er seiner Gesellschaft weiterhin Kapital in Form der Gebrauchsüberlassung zuführt oder aber die GmbH liquidiert.
In diesem Zusammenhang ist es ohne Bedeutung, daß der auf unbestimmte Zeit geschlossene Pachtvertrag nur mit einer Frist von 12 Monaten hätte gekündigt werden können. Denn eine der Gesellschaft in gesunden Zeiten gewährte Gesellschafterleistung wird nach Eintritt der Krise auch dann zu Eigenkapitalersatz, wenn der Gesellschafter die Leistung nach allgemeinen schuldrechtlichen Regeln nicht abziehen kann, er aber von der ihm objektiv gegebenen Möglichkeit, die Gesellschaft unter Entzug der ihr zur Verfügung gestellten Mittel zu liquidieren, keinen Gebrauch macht. Diese Folge tritt nur dann nicht ein, wenn der Gesellschafter, der der Gesellschaft die Leistung gewährt, gegen den Willen der anderen keine Entscheidung über die Liquidation der Gesellschaft herbeiführen kann (BGH NJW 1993, 392, 393) [BGH 14.12.1992 - II ZR 298/81].
Gemäß § 14 des Gesellschaftvertrages konnte die Gesellschaft durch rechtswirksame Kündigung aufgelöst werden, was zur Liquidation führte. Die übrigen Gesellschafter hatten danach allenfalls die Möglichkeit, durch Beschluß ohne den kündigenden Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft durchzusetzen. Zudem bestand die Möglichkeit, durch Beschluß gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG die Gesellschaft aufzulösen. Die erforderliche Mehrheit von 75% besaß der Beklagte zu 1. aufgrund seiner 80%-Beteiligung.
In einer solchen Krise der Gesellschaft muß der betroffene Gesellschafter die ihm zur Vermeidung der Umqualifizierung seiner Gesellschafterleistung in funktionales Eigenkapital abverlangte Entscheidung zwar nicht sofort, aber binnen angemessener Frist treffen, wobei die in § 64 Abs. 1 GmbHG niedergelegten Maßstäbe (längstens drei Wochen) zu beachten sind (BGH ZIP 1998, 1352, 1353 [BGH 15.06.1998 - II ZR 17/97]; BGH ZIP 1995, 280, 281). Diese Überlegungsfrist war zum Zeitpunkt der Pachtzinszahlung für den Monat November am 28. des Monats bereits abgelaufen.
Dies hat zur Konsequenz, daß der Beklagte zur Rückzahlung der an ihn geleisteten Pachtzahlungen für die Monate November und Dezember 1996 sowie Januar 1997 verpflichtet ist, denn es ist nicht zweifelhaft, daß er die Krise erkannt hat oder zumindest hätte erkennen müssen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß der Gesellschafter ausnahmsweise von der Krisensituation keine Kenntnis hat haben können, nicht die Gesellschaft bzw. der Konkursverwalter, sondern der Gesellschafter selbst (BGH ZIP 1998, 1352 [BGH 15.06.1998 - II ZR 17/97]; ZIP 1992, 618, 620).
Bereits anhand der ihm vorliegenden monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen hätte der Beklagte zu 1. die prekäre Lage feststellen können und müssen. Hinzuweisen ist auch darauf, daß zum Jahresende 1996 sechs Mitarbeiter gerade wegen dieses Umstandes entlassen werden mußten.
d)
Der Beklagte zu 1. ist auf Grund vorgenannter Erwägungen darüber hinaus verpflichtet, den mit Scheck vom 4. Februar 1997 erhaltenen Betrag in Höhe von 57.279,49 DM an den Kläger zurückzuzahlen. Dabei geht der Senat zugunsten des Beklagten zu 1. davon aus, daß die Zahlung eine Gegenleistung für die Überlassung von Aushilfsfahrern gewesen ist. Die beiden nach dem Beklagtenvortrag zugrundeliegenden Rechnungen über 47.405,59 DM und 9.873,90 DM datieren vom 20. November 1996. Der Beklagte hat sie in der Folgezeit nicht geltend gemacht. Insofern handelt es sich demnach um eine Stundung, die einer Darlehensgewährung gemäß § 32a Abs. 3 GmbHG gleichsteht (Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 32a Rdn. 35 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Dies setzt auch hier voraus, daß die Krise für den Gesellschafter erkennbar geworden ist und er innerhalb eines kurzen Überlegungszeitraumes nach Erkennen der Krise keine Maßnahmen zur Durchsetzung seines fälligen Anspruchs getroffenen hat (BGH NJW 1995, 326).
Es ergeben sich keine Abweichungen zur Gebrauchsüberlassung in Form der Pacht. Diese Voraussetzungen sind hier, wie dargelegt, erfüllt. Der Kläger hat in der letzten mündlichen Verhandlung klargestellt, daß er seine Teilforderung in Höhe von 103.279,49 DM in erster Linie auf die kapitalersetzenden Maßnahmen in den Monaten Januar und Februar 1997 stützt.
Bereits diese Beträge in Höhe von 46.000,-- DM und 57.279,49 DM ergeben die Klagesumme.
2.
Die Zahlungsverpflichtung des Beklagten zu 3. folgt aus § 43 Abs. 1, 2 und 3 GmbHG.
a)
Danach haben die Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.
Verletzen sie ihre Obliegenheiten, haften sie der Gesellschaft für den entstandenen Schaden. Insbesondere sind sie zum Schadensersatz verpflichtet, wenn sie den Bestimmungen des § 30 GmbHG zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft leisten. Auch verdeckte Zuwendungen, soweit sie dem Verbot des § 30 Abs. 1 GmbHG unterfallen, wie überhaupt alle durch § 30 GmbHG verbotenen Zahlungen, führen zur Ersatzpflicht. Dazu gehört auch die Rückzahlung kapitalersetzender Darlehen, soweit sie nach der Rechtsprechung als gesperrt gelten müssen (Baumbach/Hueck a.a.O., § 43 Rdn. 39 m.w.N.).
b)
Wie ausgeführt, hatten sowohl die Überlastung des Pachtgegenstandes als auch die Stundung der Forderung auf Bezahlung der Aushilfsfahrer kapitalersetzenden Charakter. Der Beklagte zu 3. als damaliger Geschäftsführer hätte demnach nicht nunmehr als Eigenkapital geltendes Vermögen der Gesellschaft auskehren dürfen. Die Situation der Gesellschaft war gerade ihm als Geschäftsführer zur Zeit der Auszahlungen bekannt. Ende 1996/ Anfang 1997 hatte sich die krisenhafte Situation der GmbH derart zugespitzt, daß mit einer Gesundung der Gesellschaft nicht mehr realistisch gerechnet werden konnte. Auch die noch im Verlaufe des Jahres 1997 vom Beklagten zu 3. ergriffenen Maßnahmen (Beauftragung eines Unternehmensberaters, Abschluß eines Factoring-Vertrages, Verhandlungen mit der Hausbank) führten erkennbar und absehbar nicht zu einem positiven Ergebnis.
c)
Der Anspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 3. ist nicht von der Erfüllung des Anspruchs gegen den Beklagten zu 1. abhängig, sondern vollkommen selbständig. Beide haften als Gesellschafter und Geschäftsführer als Gesamtschuldner (Baumbach/Hueck, a.a.O. § 43 Rdn. 39). Die Ersatzpflicht des Beklagten zu 3. steht sowohl hinsichtlich des Grundes als auch der geltend gemachten Höhe fest, so daß die Erhebung einer Feststellungsklage wegen der Möglichkeit der Leistungsklage unzulässig ist. Zwar kann eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO auch dann zulässig und eine Leistungsklage nicht vorrangig sein, wenn die Parteien sich darin einig sind, daß schon eine Feststellungsklage zur endgültigen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt (BGH NJW 1995, 2221, 2222) [BGH 27.06.1995 - XI ZR 8/94]. Es fehlen jedoch jegliche Anhaltspunkte dafür, daß sich alle Parteien verläßlich mit einem Feststellungsurteil zufrieden geben. Der Kläger hat daher zu Recht, wenn auch nur hilfsweise, Leistungsklage erhoben. Darin ist keine zustimmungsbedürftige oder eine Sachdienlichkeit erfordernde Klageänderung gemäß § 263 ZPO zu sehen, sondern lediglich eine qualitative Modifizierung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO (Zöller-Greger, ZPO, 22. Aufl., § 264 Rdn. 2 b).
3.
Die Beklagte zu 2. ist als Mitgesellschafterin gemäß § 31 Abs. 2 GmbHG zur Zahlung im Verhältnis ihres Geschäftsanteils von 20% des Stammkapitals zur Zahlung verpflichtet, soweit die Erstattung von dem Empfänger, hier dem Beklagten zu 1., nicht zu erlangen ist. Der Feststellungsantrag des Klägers ist zulässig und begründet. Das Feststellungsinteresse folgt, wie das Landgericht bereits zu Recht festgestellt hat, aus der Tatsache, daß der Beklagte zu 1. in erster Instanz einen Prozeßkostenhilfeantrag gestellt hat und deshalb zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, daß er zur vollständigen Zahlung nicht in der Lage sein wird. In zweiter Instanz ist dieser Umstand von den Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen worden. Schließlich wäre der zu leistende Betrag auch zur Befriedigung der Gesellschaftgläubiger erforderlich.
II.
Die Zinsansprüche gegen den Beklagten zu 1. und den Beklagten zu 3. rechtfertigen sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 und 546 Abs. 2 ZPO. Dadurch, daß der Beklagte zu 3. lediglich auf den Hilfsantrag des Klägers zur Leistung verurteilt worden und insoweit kein Feststellungsurteil ergangen ist, ergibt sich für ihn keine günstige Kostenfolge.