Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 10.12.2018, Az.: L 7 AS 4/17 B
Höhe einer Rechtsanwaltsvergütung in einem Prozesskostenhilfeverfahren; Anrechnung einer hälftigen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr; Tatsächliche Zahlungen auf die Geschäftsgebühr
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 10.12.2018
- Aktenzeichen
- L 7 AS 4/17 B
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2018, 50786
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Braunschweig - 13.12.2016 - AZ: S 58 SF 274/16 E
Rechtsgrundlagen
- § 56 RVG
- § 3 Abs. 4 RVG
- § 14 RVG
- § 15a Abs. 1 RVG
- § 55 Abs. 5 S. 2-4 RVG
Redaktioneller Leitsatz
1. Auf die Verfahrensgebühr sind nur tatsächliche Zahlungen auf die Geschäftsgebühr anzurechnen.
2. Obwohl in der Vorbemerkung zum Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 4 VV-RVG nicht die Zahlung, sondern lediglich die Entstehung der Geschäftsgebühr als Bedingung für die teilweise Anrechnung auf die Verfahrensgebühr verlangt wird, stehen einer allein auf den Wortlaut abstellenden Auslegung der Regelungszweck des § 15a Abs. 1 RVG und die Regelungen des § 55 Abs. 5 Sätze 2 bis 4 RVG entgegen.
Tenor:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Braunschweig vom 13. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung in einem Prozesskostenhilfeverfahren.
Der Beschwerdeführer wurde in einem auf die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter dem Aktenzeichen S 26 AS 4471/13 gerichteten Klageverfahren der dortigen Klägerin als Prozessbevollmächtigter mit Beschluss des Sozialgerichts Braunschweig (SG) vom 20. März 2015 beigeordnet. Zuvor war der Beschwerdeführer für die Klägerin bereits in dem vorangegangenen Widerspruchsverfahren durch Einlegung des Widerspruchs am 13. September 2013 tätig geworden, das mit Widerspruchsbescheid des Jobcenters Salzgitter vom 15. Oktober 2013 geendet hatte und an das sich am 12. November 2013 das Klageverfahren anschloss. Das Verfahren endete durch Gerichtsbescheid des SG vom 29. Juni 2015, in dem die Klage abgewiesen wurde. Zugleich wurde das beklagte Jobcenter B. verpflichtet, der Klägerin die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2015 beantragte der Beschwerdeführer beim SG die Erstattung der Gebühren und Auslagen für seine Tätigkeit in dem Klageverfahren. Abgerechnet wurden dabei nach dem Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 300,00 EUR, eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 270,00 EUR, die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR sowie 112,10 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG, insgesamt also 702,10 EUR. Eine Gebühr für die außergerichtliche Tätigkeit desselben Gegenstandes gem. 2400-2403 VV RVG sei nicht entstanden. Mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 7. Juli 2015 setzte der zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle beim SG den aus der Staatskasse zu erstattenden Betrag antragsgemäß auf 702,10 EUR fest.
Mit Schreiben vom 7. Juli 2015 wandte sich der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle sodann an das Jobcenter B. und machte die Erstattung von 351,05 EUR unter Berufung auf § 59 RVG und Übersendung der Kostenrechnung des Beschwerdeführers vom 6. Juli 2015 geltend. Das Jobcenter sei in dem Gerichtsbescheid des SG verpflichtet worden, die Kosten zur Hälfte zu erstatten. Dieser Aufforderung kam das Jobcenter B. am 10. August 2015 nach.
Zuvor hatte sich der Beschwerdeführer ebenfalls mit Schriftsatz vom 6. Juli 2015 bereits an das Jobcenter B. gewandt und gegenüber diesem folgende Kosten geltend gemacht: 100,00 EUR Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG, 20,00 EUR Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV sowie 22,80 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG, insgesamt also 142,80 EUR. Daraufhin wandte sich das Jobcenter B. mit Schreiben vom 20. Januar 2016 am 28. Januar 2016 an das SG und trug vor, dass die Abrechnung der Prozesskostenhilfe (PKH) fehlerhaft erfolgt sein dürfte, weil die hälftige Geschäftsgebühr vom Beschwerdeführer dort nicht in Abzug gebracht worden sei. Der Beschwerdeführer teilte hierzu dem SG mit, dass Gebühren (wenn überhaupt) erst anzurechnen seien, wenn diese vom Jobcenter tatsächlich gezahlt worden seien. Dies sei bislang noch nicht der Fall, weshalb hier zurzeit nichts anzurechnen sei. Bei hälftiger Kostenerstattung durch das Jobcenter sei - zumindest laut Gesetz - im Übrigen nichts auf die PKH-Vergütung anzurechnen. Das SG legte das Schreiben des Jobcenters Salzgitter vom 20. Januar 2016 als Antrag auf Kostenfestsetzung aus und setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25. April 2016 die von dem Jobcenter B. an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 71,40 EUR fest. Der Eingang dieses Betrages wurde auf Nachfrage des SG von dem Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 7. Juli 2016 bestätigt.
Mit Schreiben vom 12. Juli 2016 forderte der Urkundsbeamte des SG den Beschwerdeführer auf, einen Betrag von 29,75 EUR an die Staatskasse zu erstatten. Nachdem die 71,40 EUR an den Beschwerdeführer überwiesen worden seien, habe nunmehr die Anrechnung der hälftigen (der halben) Geschäftsgebühr zu erfolgen (100 EUR: 2: 2 = 25 EUR x 19% Ust. = 29,75 EUR). Dies lehnte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25. Juli 2016 ab, weil es hierfür aus seiner Sicht keine Rechtsgrundlage gebe.
Am 23. September 2016 legte der Beschwerdegegner beim SG Erinnerung gegen die Vergütungsfestsetzung vom 7. Juli 2015 ein. Die Vergütungsfestsetzung sei unzutreffend, weil die Anrechnung des Betrages von 29,75 EUR unterblieben sei.
Mit Beschluss vom 13. Dezember 2016 hat das SG die Vergütungsfestsetzung vom 6. Juli 2015 dahingehend geändert, dass die Vergütung um einen Betrag von 29,75 EUR reduziert wird. Die Vergütungsabrechnung erweise sich als fehlerhaft, weil das Jobcenter B. mittlerweile den zu erstattenden Betrag von 71,40 ausgezahlt habe.
Abzustellen sei dabei darauf, in welcher Höhe das Jobcenter die geltend gemachte Geschäftsgebühr tatsächlich gezahlt habe. Von dieser gezahlten Gebühr sei die Hälfte, hier also ein Betrag von 25,00 EUR, zuzüglich der Umsatzsteuer von 19 %, also weitere 4,75 EUR, auf die PKH-Vergütung anzurechnen. Die Beschwerde hat das SG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Gegen den am 15. Dezember 2016 zugestellten Beschluss richtet sich die am 28. Dezember 2016 eingelegte Beschwerde des Beschwerdeführers. Er ist der Auffassung, dass die Anrechnung der Hälfte der erhaltenen Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren auf die Verfahrensgebühr im vorliegenden Fall zu unterbleiben habe. Es sei § 15a Abs. 1 RVG zu beachten. Danach könne der Anwalt beide Gebühren voll fordern, er dürfe jedoch nur den Gesamtbetrag behalten, der um 50 % gemindert sei, hier also 300 EUR Verfahrensgebühr plus 100 EUR Geschäftsgebühr minus 50 EUR Anrechnungsbetrag, so dass 350 EUR aus beiden Gebühren verbleibe.
Der Beschwerdegegner hat zu der Beschwerde keine Stellungnahme abgegeben.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Beiakte Bezug genommen.
II.
Die aufgrund der Beschwerdezulassung nach § 1 Abs. 3 iVm § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG statthafte und fristgemäße eingelegte Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist unbegründet.
1.
Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Zusammensetzung der drei Berufsrichter gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG, nachdem der Berichterstatter das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen hat. Ehrenamtliche Richter wirken nicht mit (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).
2.
Der Rechtsstreit richtet sich nach der ab 1. August 2013 gültigen Rechtslage, da der Auftrag zur Klageerhebung an den Beschwerdeführer nach dem 1. August 2013 erteilt worden war (§ 60 RVG).
3.
Das Erinnerungsrecht der Landeskasse ist zunächst weder verfristet, noch dadurch verwirkt, dass der Bezirksrevisor gegen den ursprünglichen Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 7. Juli 2015 erst am 23. September 2016 Erinnerung eingelegt hat.
a)
Die Erinnerung nach § 56 RVG ist nicht fristgebunden. Dies folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG. Danach gilt im Verfahren über die Erinnerung § 33 Abs. 4 Satz 1, Abs. 7 und 8, während im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Abs. 3 bis 8 RVG entsprechend gilt. Im Verfahren der Erinnerung wird die Regelung des § 33 Abs. 3 RVG, der in Satz 3 eine Frist für die Erhebung der Beschwerde von zwei Wochen festlegt, explizit von der Bezugnahme ausgenommen (Beschluss des Senats vom 1. November 2016 - L 7/14 SB 56/14 B; ebenso Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. April 2018 - L 9 AL 223/16 B - juris RdNr. 34; Oberlandesgericht(OLG) Brandenburg, Beschluss vom 10. September 2009 - 2 Ws 125/09 -, juris RdNr. 15).
b)
Schließlich ist auch eine Verwirkung des Erinnerungsrechts des Beschwerdegegners nicht ersichtlich. Eine solche ist zwar nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 23. Juni 2015 - B 1 KR 26/14 R - SozR 4-5560 § 17c Nr. 3) als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben gemäß § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch für das Sozialversicherungsrecht anerkannt, setzt allerdings als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes die verspätete Geltendmachung des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen lassen (Beschluss des Senats vom 1. November 2016 - L 7/14 SB 56/14 B). Erforderlich sind daher neben einem bloßen Zeitablauf die Verwirkung auslösende "besondere Umstände" in Gestalt eines Umstandsmoments (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. August 2016 - L 4 AS 334/16 B -; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4. Februar 2016 - I-10 W 5 - 14/16), die nur dann angenommen werden, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23. Juni 2015, aaO.). Für den Bereich des Erinnerungsrechts der Staatskasse nach dem RVG wird ein solcher besonderer Vertrauensumstand z.B. für den Fall angenommen, dass die Staatskasse nach Kenntnisnahme von der Vergütungsfestsetzung und eigener Prüfmöglichkeit über einen längeren Zeitraum untätig bleibt und ggf. sogar ein vom beigeordneten Rechtsanwalt eingeleitetes Erinnerungsverfahren rügelos abwartet, ohne eine eigene Erinnerung oder zumindest eine Anschlusserinnerung einzulegen (vgl.: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. August 2016, aaO.).
Ein derartiges Verwirkungsverhalten des Beschwerdegegners bzw. ein vergleichbar geschaffener Vertrauensumstand sind nicht ersichtlich. Das SG hat erst durch die Mitteilung des Jobcenters B. am 28. Januar 2016 davon erfahren, dass der Beschwerdeführer auch eine Geschäftsgebühr gegenüber dem Jobcenter geltend gemacht hat. Diese wurde erst am 25. April mit 71,40 EUR durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Nach der Weigerung des Beschwerdegegners am 28. Juli 2016, der Aufforderung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zur Erstattung von 29,75 EUR nachzukommen, hat der Beschwerdegegner am 23. September 2016 beim SG Erinnerung gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 7. Juli 2015 eingelegt. Es liegt insofern ein zügiges Handeln des Beschwerdegegners vor, dem der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt einen endgültigen Verzicht des Beschwerdegegners auf die Ausübung des nicht fristgebundenen Erinnerungsrechts hätte entnehmen können. Insbesondere genügt insoweit nicht bereits die vom zuständigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim SG erfolgte Vergütungsfestsetzung mit der nachfolgenden Auszahlungsveranlassung. Diese Handlungen der nach § 55 RVG für die Vergütungsfestsetzung und -auszahlung jeweils zuständigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle sind nach der unmissverständlichen gesetzlichen Konzeption gerade nicht dem Beschwerdegegner zuzurechnen, weil die "Staatskasse" im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55, 56 RVG als Beteiligter mit eigenem Erinnerungs- und ggf. Beschwerderecht handelt und damit ausdrücklich nicht mit den jeweiligen Entscheidern gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG (Urkundsbeamte der Geschäftsstelle) bzw. § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 RVG (Einzelrichter bzw. Senat) gleichgesetzt wird (Beschluss des Senats vom 1. November 2016 - L 7/14 SB 56/14 B).
4.
Nach §§ 3, 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt Rahmengebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit, der Einkommens- und der Vermögensverhältnisse des Auftraggebers sowie ggf. eines besonderen Haftungsrisikos nach billigem Ermessen, wobei das geringere Gewicht eines Bemessungsmerkmals das überwiegende Gewicht eines anderen Merkmals kompensieren kann. Ausgangspunkt bei der Bemessung einer Rahmengebühr ist grundsätzlich die so genannte Mittelgebühr, d.h. die Hälfte von Höchst- zzgl. Mindestgebühr als Mitte des gesetzlichen Gebührenrahmens (vgl. Bundesozialgericht (BSG), Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R - SozR 4-1935 § 14 Nr. 2; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 24. April 2006 - L 4 B 4/05 KR SF -; Mayer in Gerold/Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 22. Aufl. 2015, § 14 Rn. 18 ff.). Bei von einem Dritten zu ersetzenden Gebühren ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich und entsprechend zu korrigieren, wenn sie unbillig ist. Dies ist der Fall, wenn die geltend gemachten Gebühren die Toleranzgrenze von circa 20% zur tatsächlich objektiv angemessenen Gebührenhöhe überschreiten (vgl. BSG, aaO.).
Daneben hat eine Korrektur der geltend gemachten Vergütung durch den Urkundsbeamten auch zu erfolgen, wenn zwingend zu beachtenden Vorschriften von dem Rechtsanwalt bei der Gebührenansetzung falsch angewendet oder übersehen worden sind. Dies ist hier der Fall.
Im Streit stehen die Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG.
Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG wird, soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 entsteht, diese Gebühr zur Hälfte, bei Wertgebühren jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Bei Betragsrahmengebühren beträgt der Anrechnungsbetrag höchstens 175,00 EUR. Sieht das RVG die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren, § 15a Abs. 1 RVG.
Die Geschäftsgebühr nach der Nr. 2400 VV RVG in der im November 2013 geltenden Fassung (VV RVG aF, vgl. § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG) ist im vorliegenden Fall durch die Tätigkeit des Beschwerdeführers für den Kläger in dem dem Klageverfahren vorausgegangenen Widerspruchsverfahren entstanden und zwar - entsprechend der Kostenrechnung des Beschwerdeführers gegenüber dem Jobcenter B. vom 6. Juli 2015 - in Höhe von 100,00 EUR.
Hiervon musste das Jobcenter B. ausweislich der Kostenentscheidung in dem Gerichtsbescheid des SG vom 29. Juni 2015 die Hälfte erstatten, mithin 50,00 EUR. Das SG hat im Erinnerungsverfahren hiervon wiederum die Hälfte, also 25,00 EUR auf die Verfahrensgebühr angerechnet. Dies ist nicht zu beanstanden. Für ein vollständiges Unterlassen der Anrechnung der von dem Jobcenter B. auf die Geschäftsgebühr erfolgten Zahlung auf die Verfahrensgebühr - wie vom Beschwerdeführer erstrebt - gibt es dagegen keine Rechtsgrundlage.
aa)
Anzurechnen auf die Verfahrensgebühr sind nur tatsächliche Zahlungen auf die Geschäftsgebühr (ebenso Hessisches LSG Beschluss vom 3. Februar 2015 - L 2 AS 605/14 B; Bayerisches LSG Beschluss vom 2. Dezember 2015 - L 15 SF 133/15; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 4. Januar 2016 - L 10 SB 57/15 B; a.A. LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 1. Februar 2017 - L 19 AS 1408/16 B; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 30. April 2018 - L 9 AL 223/16 B). Zwar wird in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG nicht die Zahlung, sondern lediglich die Entstehung der Geschäftsgebühr als Bedingung für die teilweise Anrechnung auf die Verfahrensgebühr verlangt. Einer solchen, allein auf den Wortlaut abstellenden Auslegung der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG stehen jedoch zum einen der Regelungszweck des § 15a Abs. 1 RVG und zum anderen die Regelungen des § 55 Abs. 5 Sätze 2 bis 4 RVG entgegen (ebenso Bayerisches LSG Beschluss vom 2. Dezember 2015 - L 15 SF 133/15).
(1)
§ 15a RVG ist durch Art. 7 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) in das RVG eingeführt worden. Zentraler Zweck der Vorschrift ist nach der Gesetzesbegründung die Einräumung einer Wahlfreiheit des Rechtsanwalts, welche Gebühr er fordert und - falls die Gebühren von verschiedenen Personen geschuldet werden - welchen Schuldner er in Anspruch nimmt (BT-Drucks. 16/12717, S. 58). Würde lediglich auf die Entstehung, nicht aber auf die tatsächliche Zahlung der Geschäftsgebühr abgestellt, wäre das Wahlrecht des Rechtsanwalts aus § 15a Abs. 1 RVG obsolet.
Es wäre bei einer fiktiven Anrechnung, weil die Geschäftsgebühr noch gar nicht erhalten wurde, stets dahingehend determiniert, dass nur noch die reduzierte statt der vollen Verfahrensgebühr geltend gemacht werden könnte. Die Geschäftsgebühr müsste dann vom Rechtsanwalt immer in voller Höhe gegenüber dem Auftraggeber oder der eventuell erstattungspflichtigen Behörde geltend gemacht werden, sofern er nicht nach § 4 Abs. 1 Satz 3 RVG auf die Gebühr verzichtet. Die Einführung des § 15a RVG diente jedoch ausdrücklich gerade dem Zweck, dem Rechtsanwalt diese Wahl zu überlassen. Ihm ist es lediglich verwehrt, insgesamt mehr als den Betrag zu verlangen, der sich aus der Summe der beiden Gebühren nach Abzug des anzurechnenden Betrages ergibt.
(2)
Für eine Auslegung, dass die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nur vorgenommen werden kann, wenn die Geschäftsgebühr (zumindest teilweise) gezahlt worden ist, streitet zudem § 55 Abs. 5 Sätze 2 bis 4 RVG. Nach diesen Vorschriften hat der Rechtsanwalt anzugeben, welche Zahlungen auf etwaig anzurechnende Gebühren geleistet worden sind, wie hoch diese Gebühren sind und aus welchem Wert sie entstanden sind. Durch diese Angaben sollen für die Festsetzung der Vergütung die Daten zur Verfügung gestellt werden, die benötigt werden, um zu ermitteln, in welchem Umfang die Zahlungen nach § 58 Abs. 1 und 2 RVG auf die anzurechnende Gebühr als Zahlung auf die festgesetzte Gebühr zu behandeln sind (BT-Drucks. 16/12717, S. 59). § 55 Abs. 6 RVG schließlich sieht Sanktionen gegen den Rechtsanwalt für den Fall vor, dass er zu "empfangenen Zahlungen" gegenüber dem Urkundsbeamten keine Erklärung abgegeben hat. Damit ist ersichtlich, dass bei der Kostenfestsetzung nur geleistete Zahlungen zu berücksichtigen sind. Denn andernfalls bedürfte es der Angabe, welche Zahlungen der Rechtsanwalt empfangen hat, nicht (Hessisches LSG Beschluss vom 3. Februar 2015 - L 2 AS 605/14 B; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 4. Januar 2016 - L 10 SB 57/15 B).
(3)
Soweit gegen diese Auslegung der Anrechnungsvorschrift der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG teilweise argumentiert wird, das Abstellen auf die gezahlte Geschäftsgebühr statt auf die entstandene Geschäftsgebühr hätte zur Folge, dass ein Prozessbevollmächtigter im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach §§ 55 f RVG eine höhere Verfahrensgebühr von der Staatskasse erstattet erhält, als im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG berücksichtigt werden könnte (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 1. Februar 2017 - L 19 AS 1408/16 B; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 30. April 2018 - L 9 AL 223/16 B), überzeugt dies nicht. Zwischen der PKH-Vergütungsfestsetzung einerseits und der Kostenfestsetzung nach § 197 SGG andererseits bestehende Unterschiede werden bei dieser Argumentation nicht ausreichend berücksichtigt. Während bei der PKH-Festsetzung ein Dreiecksverhältnis aus Vergütungsgläubiger (Rechtsanwalt), Vergütungsschuldner (Staatskasse) und Kostenschuldner (Beklagter) besteht, existiert bei der Kostenfestsetzung nach § 197 SGG lediglich ein Zwei-Personenverhältnis bestehend aus dem Kostengläubiger (Rechtsanwalt) und dem Kostenschuldner (Beklagter). Dies schließt es bei der Kostenfestsetzung nach § 197 SGG aus, hinsichtlich der Geschäftsgebühr auf die Zahlung abzustellen, weil die Geschäftsgebühr als Teil der Kosten des gerichtlichen Verfahrens (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2016 - B 14 AS 50/15 R - SozR 4-1300 § 63 Nr. 25) erst noch festgesetzt werden muss. Bei der PKH-Festsetzung ist diese Situation dagegen nicht gegeben, weil die PKH-Vergütungsfestsetzung die Kosten des Widerspruchsverfahrens gerade nicht mitumfasst und die Geschäftsgebühr zudem von einem Dritten geschuldet wird. Allein dieser Umstand macht bereits deutlich, dass ein Gleichlauf zwischen PKH-Vergütungsfestsetzung und Kostenfestsetzung nach § 197 weder geboten noch rechtlich erforderlich ist.
Die Argumentation des 9. und des 19. Senats des LSG Nordrhein-Westfalen deutet weiterhin auf eine fehlende gebotene Unterscheidung hin zwischen den beiden unterschiedlichen Fragestellungen a) der Entstehung der einzelnen Vergütungsansprüche des Rechtsanwalts und b) der jeweiligen und je nach Vergütungsanspruch im Einzelfall auch unterschiedlichen Person des Kostenschuldners und damit auf ein grundsätzliches Fehlverständnis der PKH-Vergütungsfestsetzung gegenüber der Kostenfestsetzung nach § 197 SGG. Erkennbar wird dies insbesondere mit Blick auf die Ausführungen des 9. Senats des LSG Nordrhein-Westfalen, der in seinem Beschluss vom 30. April 2018 (L 9 AL 223/16 B) im Wege der Bezugnahme auf die Ausführungen des SG in dessen Beschluss argumentiert, eine Anrechnung nur der hälftigen gezahlten Geschäftsgebühr statt der hälftigen entstandenen Geschäftsgebühr würde letztlich dazu führen, dass die Staatskasse faktisch auch mit der Vergütung des Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren belastet würde. Das ist weder tatsächlich noch rechtlich zutreffend.
Im Gegenteil hat der Gesetzgeber mit der Neufassung der Gebührenziffer 3102 VV RVG im 2. Kostenrechtmodernisierungsgesetz vom 23. Juli 2013 gerade die vorher in Nr. 3102 und 3103 VV RVG normierte Abhängigkeit der Entstehung der Verfahrensgebühr von der vorherigen Tätigkeit des Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren aufgehoben und durch die echte Anrechnungsregelung in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG ersetzt. Damit entstehen Geschäfts- und Verfahrensgebühr zunächst im ersten Betrachtungsschritt vollständig unabhängig voneinander in der für den jeweiligen Einzelfall nach den allgemeinen Bemessungskriterien zu bestimmenden Höhe und ohne Berücksichtigung eines etwaig durch die vorangegangene Tätigkeit ersparten Bearbeitungsaufwands (vgl.: BT-Drs. 17/11471, S. 275, 272 und 273; Müller-Rabe, in Gerold/Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 22. Aufl. 2015, Vorb. 3 VV Rn 273). Im zweiten Betrachtungsschnitt wird dann eine etwaige vorprozessuale Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr angerechnet und nicht umgekehrt. Völlig unabhängig von der Frage des jeweiligen Kostenschuldners bleibt damit bei einer vorherigen Tätigkeit des Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren die Geschäftsgebühr immer in voller Höhe erhalten.
Vermindert werden kann lediglich die zunächst in voller Höhe entstandene Verfahrensgebühr. Da sich die PKH-Bewilligung immer nur auf die Verfahrensgebühr bezieht, kann folglich die Anwendung der gesetzlichen Anrechnungsregel bei jeder theoretisch denkbaren Anwendungsauslegung immer nur zu einer Verringerung der Belastung der Staatskasse führen, aber niemals zu einer Erhöhung. Auch eine etwaige Verringerung der Anrechnung führt immer nur zu einer Verringerung der Verminderung der Verfahrensgebühr, jedoch niemals zu einer Ausdehnung der PKH-Vergütung auf eine vorgerichtliche Tätigkeit (ebenso Schütz, jurisPR-SozR 16/2018 Anm. 5). Selbst im für die Staatskasse wirtschaftlich ungünstigsten Fall der Entstehung einer Geschäftsgebühr von 350 EUR oder höher und einer darauf nicht erfolgenden Zahlung aufgrund eines vollständigen Unterliegens im Gerichtsverfahren und einer Uneinbringlichkeit beim Mandanten wird daher über § 55 RVG immer maximal nur die Verfahrensgebühr festgesetzt und aus der Staatslasse vergütet, die in dem Gerichtsverfahren tatsächlich entstanden ist, für das PKH bewilligt wurde. Eben diese Vergütung und damit die Sicherstellung des Zugangs zu voll vergüteter rechtlicher Vertretung unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen soll auch gerade über die Bewilligung von PKH erreicht werden. Demgegenüber würde im Gegenteil die Argumentation des 9. und des 19. Senats des LSG Nordrhein-Westfalen im wirtschaftlichen Ergebnis dazu führen können, dass dieser Zugang aufgrund einer für im Rahmen der PKH beigeordnete Rechtsanwälte wirtschaftlich nicht mehr darstellbaren Vergütungsabsenkung gefährdet wird, weil der beigeordnete Rechtsanwalt in der obigen Konstellation einer entstandenen Geschäftsgebühr von 350 EUR oder höher und einer darauf nicht einbringlichen Zahlung nicht nur keine Vergütung für die Vertretung im Widerspruchsverfahren erhielte, sondern aufgrund der dann fiktiven Anrechnung auch noch das Gerichtsverfahren für eine deutlich unter der eigentlich entstandenen Gebührenhöhe liegende Vergütung führen würde.
Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Argumentation des 9. und des 19. Senats des LSG Nordrhein-Westfalen - auch nicht aus der Konstruktion der Prozesskostenhilfe. Zwar trifft es zu, dass die Staatskasse mit Blick auf die Vergütung des Rechtsanwalts an die Stelle des Mandanten tritt, mit der Folge, dass der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht mehr geltend machen kann, vgl. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Dieser Schuldnerwechsel betrifft aber nur das gerichtliche Verfahren. Für die außergerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten, z.B. in einem vorangegangenen Widerspruchsverfahren, bleibt der Mandant Schuldner, auch nach Gewährung von PKH für ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren, und damit grundsätzlich auch zur Zahlung der Geschäftsgebühr verpflichtet. Im Rahmen der Geltendmachung der Geschäftsgebühr gegenüber dem Mandanten ist der Rechtsanwalt lediglich verpflichtet, entsprechend der Anrechnungsregel des § 15a Abs. 1 RVG keinen höheren, um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag bestehend aus Geschäftsgebühr und im PKH-Vergütungsfestsetzungsverfahren erhaltener Verfahrensgebühr zu fordern.
(4) Für ein im Rahmen der Anrechnung gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG bestehendes Erfordernis eines tatsächlich wirtschaftlich realisierten Zuflusses bei dem die Verfahrensgebühr fordernden Rechtsanwalt spricht schließlich auch der Vergleich mit der Sondersituation einer durchgehenden Bearbeitung der Sache im Widerspruchs- und im nachfolgenden Klageverfahren durch einen Rechtsanwalt, zunächst als Angestellter einer vom Mandanten als Vertragspartei beauftragten Sozietät und nachfolgend als zwischenzeitlich aus der Sozietät ausgeschiedener und vom Mandanten neu beauftragter selbständiger Rechtsanwalt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 21. Juli 2016 - IX ZR 57/15) erfolgt in dieser Konstellation keine Gebührenanrechnung, weil die Geschäftsgebühr von dem die Verfahrensgebühr fordernden Rechtsanwalt aufgrund der Tätigkeit als Erfüllungsgehilfe ohne eigenen wirtschaftlichen Zufluss lediglich für die im Klageverfahren nicht mehr tätige frühere Sozietät verdient worden ist. Ausreichend ist danach weder die Entstehung der Geschäftsgebühr noch deren tatsächliche Zahlung, wenn nicht der anzurechnende Betrag auch tatsächlich dem die Verfahrensgebühr fordernden Rechtsanwalt zugeflossen ist.
(5) Die Beschränkung der Anrechnungsregelung auf tatsächlich erfolgte und dem die Verfahrensgebühr fordernden Rechtsanwalt auch wirtschaftlich zugeflossene Geschäftsgebühren beinhaltet schließlich auch keinen (Fehl)anreiz zum etwaigen Verzicht auf die Einbringung zulasten der Staatskasse. Da gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG immer die Hälfte der gezahlten Geschäftsgebühr angerechnet wird (vgl. dazu auch unter bb) und daher die andere Hälfte dem Rechtsanwalt dann zusätzlich verbleibt, steht dieser mit jeder eingebrachten Geschäftsgebühr immer wirtschaftlich besser, als allein mit der Verfahrensgebühr, weshalb er auch immer ein eigenes Gebühreneinbringungsinteresse hat.
Allein die theoretisch immer bestehende Möglichkeit einer rechtswidrigen Bereicherung durch Umgehungskonstellationen, wie z.B. kollusive Abreden mit dem Prozessgegner oder nicht angegebene Zahlungen - wie dies hier durch den Rechtsanwalt der Fall war -, ändert an dieser Bewertung nichts. Das etwaige rechtswidrige und evtl. auch strafrechtlich relevante Verhalten von Einzelperson kann nicht die Auslegung einer für alle Rechtsanwälte geltenden Vergütungsnorm bestimmen, sondern kann - unabhängig von der etwaigen Weitergabe an die für straf- oder berufsrechtliche Ermittlungen zuständigen Stellen - bereits im Rahmen des Vergütungsfestsetzungsverfahrens durch hinreichend sorgfältige Prüfungen und ggf. Nachfragen weitgehend unterbunden sowie im Einzelfall ggf. im Rahmen einer auf Rechtsmissbräuchlichkeit gestützten Vergütungskürzung oder -versagung geahndet werden.
bb) Die in Höhe von 50 EUR vereinnahmte Geschäftsgebühr muss der Beschwerdeführer auf die Verfahrensgebühr in Höhe der Hälfte anrechnen, also in Höhe von 25 EUR. Dies folgt aus der insoweit eindeutigen Regelung der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG. Eine Anspruchsgrundlage für das Begehren des Beschwerdeführers, die Anrechnung auf die Verfahrensgebühr nur dann durchführen zu müssen, wenn und soweit die Zahlung die Hälfte der eigentlich angefallenen Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren übersteigt, ist nicht ersichtlich. Sie lässt sich insbesondere auch nicht aus § 15a Abs. 1 RVG herleiten. Diese Vorschrift regelt lediglich das Wahlrecht des Rechtsanwalts, von welchem Schuldner er die jeweilige Gebühr in voller Höhe fordern darf, wenn er noch keine Zahlungen erhalten hat. Sind jedoch bereits Zahlungen erfolgt, ist § 58 Abs. 2 Satz 1 RVG einschlägig. Danach sind in Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der Beiordnung erhalten hat, auf die PKH-Vergütung anzurechnen.
Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass der Anrechnung eines Teils der tatsächlich erhaltenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG auch nicht die Vorschrift des § 15a Abs. 2 RVG entgegensteht. Danach kann ein Dritter sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden. § 15a Abs. 2 RVG ist auf die Staatskasse im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht anwendbar. Die Staatskasse, die in diesem Fall nach § 45 Abs. 1 Satz 1 RVG Gebührenschuldner wird, tritt insoweit an die Stelle des Mandanten und ist deshalb nicht Dritter im Sinne des § 15a Abs. 2 RVG (Hessisches LSG Beschluss vom 3. Februar 2015 - L 2 AS 605/14 B; Bayerisches LSG Beschluss vom 2. Dezember 2015 - L 15 SF 133715).
Nicht nachvollziehbar ist im Übrigen die Auffassung des OLG Frankfurt in dessen Beschluss vom 21. Mai 2013 (18 W 68/13), wonach die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr erst dann für die Festsetzung der Vergütung von Bedeutung sei, wenn auf die Geschäftsgebühr ein Betrag gezahlt worden sei, der so hoch sei, dass die Festsetzung der vollen Verfahrensgebühr gegen die Staatskasse dazu führen würde, dass der Rechtsanwalt mehr erhielte als die um die Hälfte der Geschäftsgebühr verminderte Summe von Geschäfts- und Verfahrensgebühr. Abgesehen davon, dass das OLG Frankfurt für diese Auffassung jegliche Begründung schuldig bleibt, gibt es weder in § 55 RVG noch in § 58 RVG, § 15a RVG oder in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG irgendeinen Anhaltspunkt, der diese Auffassung stützten würde. Im Gegenteil widerspricht die Auffassung vielmehr der klaren gesetzlichen Anordnung der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG und ist daher abzulehnen.
5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).