Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 17.12.2018, Az.: L 7 BK 10/17
Anspruch auf Kinderzuschlag nach dem BKGG; Anrechnung von Wohngeld; Vermeidung von Hilfebedürftigkeit
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 17.12.2018
- Aktenzeichen
- L 7 BK 10/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 50788
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Osnabrück - 13.09.2017 - AZ: S 27 BK 19/16
Rechtsgrundlage
- § 6a Abs. 1 BKGG
Redaktioneller Leitsatz
1. Bei einer Nachzahlung von Kinderzuschlag ist dieser nach der Rechtsprechung des BSG abweichend vom tatsächlichen Zufluss dem jeweiligen Monat als Einkommen zuzurechnen, für den er zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II erbracht worden ist.
2. Dies ist nach Auffassung des Senates auch auf die Zahlung von Wohngeld zu übertragen, weil die Gesamtkonstruktion des § 6a Abs. 1 BKGG ist darauf aufbaut, dass die Eltern, die mit ihrem Einkommen und Vermögen für den eigenen Lebensunterhalt sorgen könnten und nur wegen der Unterhaltsbelastung für die Kinder Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld in Anspruch nehmen müssten, durch die Gewährung von Kinderzuschlag und Wohngeld die Hilfebedürftigkeit für die gesamte Familie vermeiden können.
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 13. September 2017 geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Kinderzuschlag gemäß § 6a Bundeskindergeldgesetz (BKGG) für den Monat Dezember 2015 streitig.
Der Kläger wohnt mit seiner Ehefrau und den drei im Jahre 2001, 2003 und 2007 geborenen, gemeinsamen Kindern in einem Einfamilienhaus in D., für das ein Mietzins von 580 EUR, Nebenkosten von 77 EUR und ein Heizungsabschlag von 200 EUR monatlich zu entrichten sind. Der Kläger ist abhängig beschäftigt mit schwankendem Einkommen. Von seinen monatlichen Einkünften zahlt er 103,09 EUR an Beiträgen für eine Riesterrente. Die Kinderzulage wird bei der Ehefrau angerechnet. Er bezieht Kindergeld in Höhe von 184 EUR, 184 EUR und 190 EUR pro Monat sowie Wohngeld in Höhe von 96 EUR monatlich. Am 29. Dezember 2015 wurde dem Bankkonto des Klägers durch die Wohngeldstelle der Stadt D. ein Betrag von 192 EUR gutgeschrieben, bestehend aus der Nachzahlung von Wohngeld für Dezember 2015 in Höhe von 96 EUR sowie aus der Vorauszahlung von Wohngeld für Januar 2016 in Höhe von ebenfalls 96 EUR.
Auf Antrag des Klägers bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 6. Oktober 2015 vorläufig unter Rückzahlungsvorbehalt gemäß § 32 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB) dem Kläger für seine drei Kinder im Monat Dezember 2015 einen Kinderzuschlag in Höhe von 290 EUR. Im Bewilligungsbescheid wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die Vorwegzahlung wegen der ungeklärten Einkommenssituation erfolge und er damit rechnen müsse, den gewährten Kinderzuschlag zurückzuzahlen, sofern im Nachhinein aufgrund der endgültigen Entscheidung der Anspruch ganz oder teilweise entfalle.
Nachdem der Kläger die Gehaltsabrechnung für Dezember 2015 in Höhe von 2.516 EUR brutto sowie weitere Nachweise vorlegte, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 3. März 2016 und Widerspruchsbescheid vom 22. August 2016 für den Monat Dezember 2015 den Anspruch des Klägers auf Kinderzuschlag endgültig auf 0 EUR fest und verlangte die Rückzahlung des für diesen Monat vorläufig gezahlten Betrages von 290 EUR. Als Begründung gab die Beklagte an, dass trotz Wohngeld in Höhe von 96 EUR und Kinderzuschlag in Höhe von 345 EUR ein ungedeckter Bedarf von 13,87 EUR verbleibe, sodass Hilfebedürftigkeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) durch die Gewährung von Kinderzuschlag nicht beseitigt werden könne.
Mit der am 24. September 2016 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass für den Monat Dezember 2015 eine Wohngeldzahlung in Höhe von 192 EUR und nicht von 96 EUR zu berücksichtigen sei, sodass dadurch der Restbedarf in Höhe von 13,87 EUR gedeckt werde. Es könne nicht sein, dass der von einer fünfköpfigen Familie zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigte Kinderzuschlag in Höhe von 345 EUR monatlich von dem wesentlich geringeren Betrag von 13,87 EUR abhänge. Denn SGB II-Leistungen könne er für diesen Monat wegen der tatsächlich erhaltenen Leistungen nicht mehr nachträglich beantragen. Darüber hinaus habe der Restbedarf von 13,87 EUR mit Hilfe eines Privatverkaufs gedeckt werden können. Nach Durchsicht der Unterlagen seiner Ehefrau habe der Kläger eine Quittung vom 12. Dezember 2015 über im Internet verkaufte sechs Bücher zum Preis von 33 EUR gefunden; dieser Erlös sei als erzieltes Einkommen für den Monat Dezember 2015 einzustellen.
Die Beklagte hat erwidert, dass der Restbedarf nicht durch den getätigten Privatverkauf gedeckt sei. Denn veräußere der Leistungsberechtigte einen in seinem Vermögen befindlichen Gegenstand zum Verkehrswert, liege darin keine Einkommenserzielung, sondern eine Vermögensumschichtung.
Das Sozialgericht (SG) Osnabrück hat mit Urteil vom 13. September 2017 die angefochtenen Bescheide aufgehoben, soweit für Dezember 2015 Leistungen zu erstatten seien, und die Beklagte unter Abänderung der endgültigen Festsetzung verpflichtet, dem Kläger für Dezember 2015 einen Kinderzuschlag in Höhe von 375 EUR zu bewilligen. Es hat im Übrigen die Klage abgewiesen. In den Gründen hat das SG ausgeführt, dass der von ihm für Dezember 2015 ermittelte Restbedarf nach dem SGB II in Höhe von 525 EUR mit dem Kinderzuschlag in Höhe von 375 EUR und dem Wohngeld von 192 EUR gedeckt sei und somit Hilfebedürftigkeit abgewendet werden könne. Entscheidend sei es, dass die Wohngeldzahlung von 192 EUR (96 EUR + 96 EUR) mit ihrem tatsächlichen Zufluss im Dezember 2015 als Einkommen in diesem Monat zu berücksichtigen sei. Der Kammer erschließe sich nicht, weshalb darauf abgestellt werden solle, für welchen Zeitraum rechtmäßiger Weise Wohngeld gezahlt werden müsste, mit anderen Worten warum ein normatives Zuflussprinzip gelten sollte. Denn der Betrag von 192 EUR habe im Monat Dezember 2015 tatsächlich zur Abwendung der Hilfebedürftigkeit zur Verfügung gestanden. Im Rahmen des § 11 SGB II gelte nach absolut herrschender Meinung das Zuflussprinzip. Mithin komme es nur darauf an, wann Einkünfte zugeflossen seien, nicht für welchen Zeitraum sie gezahlt würden. Der Urteilsbegründung ist nicht zu entnehmen, worauf sich die Klageabweisung bezieht, zudem der Kläger nur 345 EUR gefordert hatte. Das SG hat die Berufung zugelassen.
Gegen das am 21. September 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. Oktober 2017 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, das Wohngeld dürfe nicht im Zeitpunkt des Zuflusses als Einkommen i.S. des § 11 SGB II berücksichtigt werden, weil gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG die Einkommensberechnung für einen etwaigen Kinderzuschlagsanspruch mit Ausnahme des Wohngeldes und des Kindergeldes zu erfolgen habe. Lediglich wenn Einkommen und Vermögen i.S. des § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG (ohne Wohngeld) und der Kinderzuschlag zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nicht ausreichten, sei es in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob dies unter Einbeziehung des Wohngeldes der Fall wäre. Hierbei erfolge die Ermittlung, ob der verbleibende Bedarf mit einem auch fiktiv berechneten Wohngeldanspruch gedeckt werde. Insofern müsse vorliegend nur ein Einkommen von 96 EUR berücksichtigt werden mit der Folge, dass Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II nicht vermieden werden könne (§ 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 13. September 2017 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger trägt vor, dass er mit dem Verkauf von Büchern kein Vermögen umgeschichtet, sondern nur versucht habe, seine Familie zu ernähren und den Restbedarf von 13,87 EUR zu decken, um nicht auf 375 EUR im Monat zu verzichten.
Wegen des vollständigen Sachverhalts und des umfassenden Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die kraft Zulassung statthafte und im Übrigen auch zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Urteil des SG Osnabrück ist dahingehend zu ändern, dass die Klage insgesamt abzuweisen ist. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Kinderzuschlag für den Monat Dezember 2015. Er ist zur Erstattung von 290 EUR verpflichtet.
1.
Eine Beiladung des örtlich zuständigen SGB II-Leistungsträgers gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nicht erforderlich, weil der streitbefangene Antrag des Klägers auf Kinderzuschlag nicht als gleichzeitiger Antrag für einen evtl. alternativ bestehenden Anspruch auf Arbeitslosengeld II anzusehen ist.
a)
Zwar geht das Bundessozialgericht (BSG) mit Hinweis auf den Meistbegünstigungsgrundsatz von einer Identität zwischen den Anträgen auf einen Kinderzuschlag und auf Arbeitslosengeld II aus, sodass bei sachgerechter Auslegung in einem Antrag auf Kinderzuschlag auch das Begehren auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II enthalten sei (BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 KG 1/10 R -, SozR 4-5870 § 6a Nr. 2, juris Rz. 26; BSG, Urteil vom 9. März 2016 - B 14 KG 1/15 R -, SozR 4-5870 § 6a Nr. 6, juris Rz 44).
Dieser Rechtsprechung ist jedoch nicht zu folgen (kritisch auch: Šušnjar in GK-SGB II, Stand: Mai 2018, § 6a BKGG Rz 159-164).
b)
Das Grundsicherungsrecht und das Kinderzuschlagsrecht stellen trotz bestehender Alternativität (BSG, Urteil vom 25. Oktober 2017 - B 14 AS 35/16 R -, juris Rz. 25) zwei unterschiedliche Leistungssysteme mit unterschiedlichen Ausprägungen und Rechtsfolgen dar, die allein deswegen es ausschließen, undifferenziert von zwei parallel laufenden Antragsverfahren auszugehen. Der Kinderzuschlagsbezieher muss nämlich keine Eingliederungsvereinbarung eingehen, keine Meldetermine wahrnehmen und keine Sanktionen befürchten. Er kann insbesondere in einer überdimensionierten und überteuerten Unterkunft wohnen bleiben und jeweils die vollen Kosten für Unterkunft und Heizung ansetzen, muss sich also nicht mit Kostensenkungsaufforderungen auseinandersetzen und kann sogar über das Wohngeld die Tilgungsleistung für Eigenheime liquidieren (§ 10 Abs. 2 Wohngeldgesetz - WoGG). Dies kann im Ergebnis dazu führen, dass nach einem negativen, jahrelangen Rechtsstreit um vergeblichen Kinderzuschlag dann Arbeitslosengeld II ungekürzt und mit den unangemessenen Unterkunftskosten für den gesamten Zeitraum nachgezahlt werden müsste, obwohl sich der Hilfebedürftige (möglicherweise absichtlich) dem strengeren Regime des Grundsicherungsrechts entzogen hat. Das vom BSG bemühte Prinzip der Meistbegünstigung kann nicht diese unterschiedliche Behandlung und insbesondere nicht das von einem "echten" SGB II-Bezieher erheblich abweichende Leistungsergebnis rechtfertigen.
c)
Die vom BSG generell befürwortete Gleichbehandlung des Antrags auf Kinderzuschlag als gleichzeitigen Antrags auf Arbeitslosengeld II ist ferner wenig praktikabel. Denn in einem Klageverfahren um Kinderzuschlag kann das SG alternativ nur über die SGB II-Ansprüche der kindergeldberechtigten Person (hier des Klägers) entscheiden, nicht aber über die SGB II-Ansprüche der weiteren nicht prozessbeteiligten Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Sinnvoll und prozessökonomisch wäre es dagegen, gleichzeitig und einheitlich im Rahmen des vom Gesetzgebers für die Fallkonstellation alternativer Ansprüche in § 28 SGB X vorgesehenen Verfahrens zu entscheiden.
d)
Es ist vor allem zu berücksichtigen, dass der Lösungsansatz des BSG den Rechtssuchenden keinesfalls begünstigt, weil in der Regel eine alternative Verurteilung des Grundsicherungsträgers ausscheidet. Zumindest in den Fällen der vorläufigen Bewilligung von Kinderzuschlag ist diese Zahlung im betreffenden Leistungsmonat grundsicherungsrechtlich als Einkommen zu berücksichtigen (vgl. zu Unrecht bewilligtes Arbeitslosengeld: BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14/11b AS 14/07 R -), sodass gar kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II entstehen kann. Gerade diese Erkenntnis hat den Gesetzgeber zur Einführung ab 1. August 2016 des § 11 Abs. 5 Satz 4 und Abs. 6 BKGG veranlasst (BT-Drucks. 18/8041 S. 66). Im Falle eines Ablehnungsbescheides ist der Hilfebedürftige mit seiner Bedarfsgemeinschaft über die wiederholte Antragstellung gemäß § 28 SGB X geschützt. Darauf wird er standardmäßig von den Familienkassen im Ablehnungsbescheid hingewiesen. Macht er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, darf auch das Meistbegünstigungsgebot nicht zur Anwendung kommen.
2.
Der Kläger hat im Monat Dezember 2015 keinen Anspruch auf Kinderzuschlag für seine drei Kinder, weil dadurch Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II nicht vermieden wird (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BKGG).
a)
Entgegen der Auffassung des SG ist für diesen Monat als Einkommen nur Wohngeld in Höhe von 96 EUR zu berücksichtigen. Das BSG hat zur Nachzahlung von Kinderzuschlag entschieden, dass dieser abweichend vom tatsächlichen Zufluss dem jeweiligen Monat als Einkommen zuzurechnen ist, für den er zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II erbracht worden ist (BSG, Urteil vom 25. Oktober 2017 - B 14 AS 35/16 R -, SozR 4-4200 § 11 Nr. 82). Begründet wird diese Auslegung durch das wechselseitige Ausschlussverhältnis der Leistungssysteme nach dem SGB II einerseits und § 6a BKGG andererseits, welches der Annahme entgegenstehe, dass der nachträglich gezahlte Kinderzuschlag während des Bezuges von existenzsichernden Leistungen nach dem SGB II auch für diesen Zeitraum bedarfsdeckend einzusetzen sei; solche existenzsichernden Wirkungen seien kinderzuschlagsrechtlich in § 6a Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 BKGG nicht vorgesehen.
b)
Diese Überlegungen sind nach Auffassung des Senates auch auf die Zahlung von Wohngeld zu übertragen. Denn die Gesamtkonstruktion des § 6a Abs. 1 BKGG ist darauf aufgebaut, dass die Eltern, die mit ihrem Einkommen und Vermögen für den eigenen Lebensunterhalt sorgen könnten und nur wegen der Unterhaltsbelastung für die Kinder Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld in Anspruch nehmen müssten, durch die Gewährung von Kinderzuschlag und Wohngeld die Hilfebedürftigkeit für die gesamte Familie vermeiden können (BT-Drucks. 15/1516 S. 83 und BT-Drucks. 16/1410 S. 34). Insbesondere das den Normbereich des § 6a BKGG beherrschende "Alles- oder Nichts-Prinzip", wie dieser Rechtsstreit eindrucksvoll veranschaulicht, gebietet es zwingend, um unerwünschte Verwerfungen und kaum lösbare Widersprüche zwischen den zwei Leistungssystemen zu vermeiden, dass die Zahlung von Kinderzuschlag und Wohngeld abweichend vom tatsächlichen Zuflussprinzip dem Monat als Einkommen zugerechnet wird, für den diese Leistungen bewilligt worden sind.
c)
Die weiteren Berechnungsmerkmale sind unproblematisch.
aa)
Die Mindesteinkommensgrenze des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BKGG ist ausgehend von dem Bruttoeinkommen des Klägers in Höhe von 2.516,96 EUR erfüllt.
bb)
Als weitere Voraussetzung muss gemäß § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BKGG hinzukommen, dass Einkommen und Vermögen der Eltern - ohne Wohngeld - die individuelle Höchsteinkommensgrenze des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BKGG nicht überschreiten. Die Prüfung der individuellen Höchsteinkommensgrenze vollzieht sich dabei in mehreren Etappen. Zunächst ist eine konkrete Einkommens- und Vermögenslage der Eltern festzustellen. Danach ist eine fiktive Einkommensgrenze zu ermitteln. In einem weiteren Rechenschritt ist schließlich die ermittelte Höchsteinkommensgrenze (Bemessungsgrenze zuzüglich Gesamtkindergeldzuschlag gemäß § 6a Abs. 2 BKGG) dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen der Eltern gegenüberzustellen. Schließlich ist zu prüfen, ob dieser Restbedarf durch den Kinderzuschlag nach Maßgabe des § 6a Abs. 4 BKGG nebst Wohngeld gedeckt werden kann.
cc)
Der Gesamtbedarf nach dem SBG II beträgt für die fünfköpfige Bedarfsgemeinschaft 2.462,99 EUR (Regelbedarf: 1.537 EUR + Unterkunftskosten einschließlich belegten zusätzlichen Nebenkosten: 925,99 EUR), ohne Kindegeld: 1.905,00 EUR. Das anzurechnende Einkommen des Klägers beträgt nach Abzug von Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträgen, Riesterrente, Werbungskosten- und Versicherungspauschale und Freibeträgen 1.450,13 EUR.
dd) Die Bemessungsgrenze für den Kläger und seine Ehefrau ist mit 1.297,54 EUR anzusetzen (2 x Regelbedarf von je 360 EUR sowie anteilige Unterkunftskosten nach dem 10. Existenzminimusbericht der Bundesregierung: 62,37 % von 925,99 EUR = 577,54 EUR); zuzüglich des maximalen Kinderzuschlags von 420 EUR (3 x 140 EUR) beträgt dann die Höchsteinkommensgrenze 1.717,54 EUR und übersteigt das Einkommen der Eltern ohne Wohngeld von 1.450,13 EUR. Die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BKGG sind erfüllt.
ee) Zu prüfen bleibt noch, ob im Hinblick auf den Restbedarf von 454,87 EUR (Gesamtbedarf ohne Kindergeld: 1.905,00 EUR abzüglich Gesamteinkommen: 1.450,13 EUR) Hilfebedürftigkeit abgewendet werden kann, § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BKGG. Das Einkommen von 1.450,13 EUR übersteigt die Bemessungsgrenze von 1.297,54 EUR um 152,59 EUR, sodass sich der Anspruch auf Kinderzuschlag um 15 Minderungsstufen von je 5 EUR (§ 6a Abs. 4 Satz 6 BKGG) auf 345,00 EUR mindert. Mit dem Kinderzuschlag von 345,00 EUR und dem Wohngeld von 96,00 EUR, insgesamt 441,00 EUR, kann die Hilfebedürftigkeit für Dezember 2015 in Höhe von 454,87 EUR nicht gedeckt werden.
ff) An diesem Ergebnis kann die später entdeckte Quittung über 33 EUR für sechs verkaufte Bücher nichts ändern.
Erlöse aus Veräußerungen stellen mangels wertmäßigem Zuwachs kein Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar. Diese verändern auch nicht die Vermögenslage, sondern erzeugen lediglich ein Surrogat durch Vermögensumschichtung (zur Arbeitslosenhilfe: BSG, Urteil 20. Juni 1978 - 7 Rar 47/77 -, vgl. auch LSG Hessen 29. Oktober 2012 - L 9 AS 357/10 -; ausführlich: Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II Kommentar, Stand: I/16, § 12 Rz. 196).
3. Die Rückzahlungsverpflichtung des Klägers für den vorläufig erhaltenen Kinderzuschlag im Dezember 2015 in Höhe von 290 EUR ergibt sich aus der gemäß § 32 SGB X wirksamen Nebenabrede zum Bewilligungsbescheid vom 6. Oktober 2015. Dort wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass der Kinderzuschlag als Vorwegzahlung vorläufig unter Rückzahlungsvorbehalt gewährt wird, weil die Einkommenssituation für den gesamten Bewilligungsabschnitt noch nicht abschließend beurteilt werden konnte. Ferner musste der Kläger aufgrund dieses Hinweises damit rechnen, den gewährten Kinderzuschlag wieder zurückzuzahlen, sofern der Anspruch auf Kinderzuschlag im Nachhinein aufgrund veränderter Tatsachen entfällt oder niedriger ausfällt als bewilligt. Die im Bewilligungsbescheid verwendete Formulierung ist hinreichend bestimmt und begegnet im Hinblick auf die frühere ablehnende BSG-Rechtsprechung keinen Bedenken (Urteil des Senates vom 26. April 2016 - L 7 BK 7/15 -, NZS 2016, 519). Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht berufen, wenn sich später eine andere Einkommenssituation ergeben hat.
4. Dem Kläger kommt der mit Wirkung vom 1. August 2016 durch das Neunte Gesetz zur Änderung des SGB II vom 26. Juli 2016 (BGBl. I S. 1824) neu eingefügte § 11 Abs. 5 Satz 4 BKGG nicht zugute. Danach findet § 41a Abs. 6 Satz 2 und 3 SGB II (Erstattung durch endgültige Entscheidung nach vorläufiger Bewilligung) mit der Maßgabe Anwendung, dass zu Unrecht erbrachter Kinderzuschlag nicht zu erstatten ist, soweit der Bezug des Kinderzuschlags den Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ausschließt oder mindert. Hintergrund dieser Regelung ist der Umstand, dass selbst nach einem nachgeholten Antrag auf Arbeitslosengeld II nach § 28 SGB X bei der Berechnung der SGB II - Leistungen der Kinderzuschlag als Einkommen anzurechnen ist, obwohl der Anspruch rückwirkend entfällt, was der Gesetzgeber als unbillig empfunden hat. Abgesehen davon, dass hier kein Fall der vorläufigen Leistungsbewilligung in entsprechender Anwendung des § 41a SGB II vorliegt (§ 11 Abs. 5 Satz 1 BKGG), bleibt festzustellen, dass § 11 Abs. 5 Satz 4 BKGG nicht für Leistungszeiträume vor dem 1. August 2016 gilt, weil der Gesetzgeber keine Rückwirkung oder eine sonstige Übergangsregelung für dieses unbillige Ergebnis getroffen hat. Eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke ist nicht anzunehmen, weil der Gesetzgeber in § 80 SGBII für andere durch das Änderungsgesetz vom 26. Juli 2016 neu geregelten und eingefügten Normen eine gesonderte Übergangsregelung getroffen hat, was er offensichtlich für die Erstattung von Kinderzuschlag für Leistungszeiträume vor dem 1. August 2016 nicht regeln wollte. Jedenfalls erfasst die Übergangsregelung keine in der Vergangenheit abgeschlossenen Bewilligungszeiträume (BSG, Urteil vom 12. September 2018 - B 4 AS 39/17 R -).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG zugelassen.