Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 14.11.2006, Az.: 12 A 277/05

absolutes; Doppelbewirtschaftung; Erzeuger; Flächenprämie; Getreide; Getreidefläche; Grundflächenüberschreitung; Kleinerzeugerregelung; Kulturfläche; Kulturpflanze; Kürzung; Mehrfachbeantragung; Mehrfachverwendung; Minimum; Nutzungsberechtigung; pro-rata-Berechnung; Prämie; Rechtsvorgänger; Stilllegungsfläche; Stilllegungsverpflichtung

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
14.11.2006
Aktenzeichen
12 A 277/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 53329
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Wird ein und dieselbe Fläche von mehreren Erzeugern in ihren Anträgen auf Gewährung einer Flächenprämie angegeben, hat nur derjenige einen Anspruch auf die Prämie, der nachweist, dass er die Fläche aufgrund seiner alleinigen Nutzungsberechtigung genutzt hat.

2. Bei Anwendung der Sanktionsvorschrift des Art. 31 Abs. 3 S. 2 der VO (EG) Nr. 2419/2001 ist eine Kürzung unterhalb des Niveaus, welches der Fläche entspricht, die für die Erzeugung von 92 t Getreide erforderlich ist (sog. Kleinerzeugerregelung) nicht zulässig. Aus der Regelung in Art. 21 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2316/1999 (pro-rata-Berechnung) ergibt sich nichts anderes.

Tenor:

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger auf seinen Antrag zur Bewilligung einer Flächenprämie für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 weitere 218,57 Euro zu bewilligen und den Bescheid des Amtes für Agrarstruktur Oldenburg vom 4. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 15. April 2004 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt eine weitergehende Flächenprämie für das Jahr 2002.

2

Mit Pachtvertrag vom 31.Oktober 1998 verpachtete die Erbengemeinschaft H. das damals in ihrem Eigentum stehende Flurstück 104 der Flur 27 Gemarkung Friesoythe an Herrn K. für 10 Jahre ab dem 1. November 1998. Das Flurstück war in der Folgezeit in ein Flurbereinigungsverfahren (Entlastungsstraße Friesoythe) einbezogen. Im Januar 2002 verpachtete die Teilnehmergemeinschaft Entlastungsstraße Friesoythe dem Kläger u.a. das Flurstück 104 der Flur 27 Gemarkung Friesoythe für die Zeit vom 1. November 2001 bis zum 31. Oktober 2002 einschließlich einer Verlängerungsklausel jeweils ein weiteres Jahr betreffend. Mit Antragsformular vom 21. März 2002 beantragte der Kläger eine Flächenförderung für eine Getreidefläche zur Größe von 27,3265 ha und eine Stilllegungsfläche zur Größe von 3,1 ha. Letztere umfasst das Flurstück 104 mit 2 ha. Mit Antragsformular vom 28. März 2002 beantragte Herr K. ebenfalls eine Flächenförderung für das Jahr 2002. Auch er gab das Flurstück 104 in seinem Flächennachweis im Umfang von 2 ha als Stilllegungsfläche an. Im Rahmen eines Flurstückabgleichs stellte das Amt für Agrarstruktur Oldenburg fest, dass das Flurstück 104 mit der genannten Klassifizierung in zwei Förderungsanträgen aufgeführt war. Hierzu hörte es den Kläger und Herrn K. an.

3

Mit Bescheid vom 4. Dezember 2002 bewilligte das Amt für Agrarstruktur Oldenburg dem Kläger auf den oben genannten Antrag eine Flächenprämie in Höhe von 5429,63 Euro für eine Getreidefläche zur Größe von 16,8659 ha.

4

Mit Bescheid vom gleichen Tag bewilligte es Herrn K. eine Flächenprämie ebenfalls unter sanktionswirksamem Abzug des Flurstücks 104.

5

Gegen die Bescheide legten der Kläger am 5. Dezember 2002 und Herr K. am 31. Dezember 2002 Widerspruch ein. Zur Begründung trug der Kläger vor, er habe die streitbefangene Fläche im Januar 2002 von der Teilnehmergemeinschaft gepachtet, ohne dass er gewusst habe, dass ein anderer Landwirt die Fläche beansprucht bzw. angepachtet habe. Er habe die Fläche im Frühjahr und Sommer bearbeitet.

6

Der Prozessbevollmächtigte und Betreuer des Herrn K. gab zur Begründung des Widerspruches an, die Fläche sei im Auftrag des Betreuten am 21. August 2002 abgeschlegelt worden.

7

Nach Bemühungen des Amtes für Agrarstruktur Oldenburg und der Bezirksregierung Weser-Ems um eine unstreitige Erledigung der Widersprüche half das Amt für Agrarstruktur Oldenburg dem Widerspruch des Herrn K. ab und bewilligte diesem für das Jahr 2002 mit Bescheid vom 2. April 2004 eine Agrarförderung unter Berücksichtigung des Flurstückes 104. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

8

Den Widerspruch des Klägers wies die Bezirksregierung Weser-Ems mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2004 zurück und nahm zur Begründung im Wesentlichen Bezug auf den Ausgangsbescheid. Ergänzend führte sie aus, es komme auf die tatsächliche Bewirtschaftung an. Diesen Nachweis habe der Kläger - anders als der Antragsteller K. - nicht mit der erforderlichen Sicherheit erbracht. Herrn K. sei daher die Prämie auch unter Berücksichtigung des Flurstücks 104 in vollem Umfang mit Bescheid vom 2. April 2004 bewilligt worden.

9

Am 20. Januar 2004 hat der Kläger Klage erhoben.

10

Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Vorverfahren. Ergänzend trägt er vor, es könne nicht lediglich darauf ankommen, wer eine Fläche bewirtschafte. Nach Sinn und Zweck der Fördervorschriften könne nur derjenige Landwirt eine Förderung erhalten, der die Fläche auch regelmäßig und in rechtmäßiger Wahrnehmung eigener Rechte bewirtschafte. Dies sei hier durch ihn aufgrund des angegebenen Pachtvertrages erfolgt. Von einem weiteren Pachtverhältnis wisse er nichts. Die einmalige Bearbeitung durch einen anderen Landwirt könne auch den Anspruch nicht beseitigen. Im Übrigen habe Herr K. die streitbefangene Fläche erst zu dem Zeitpunkt bearbeitet, als man ihn darauf hingewiesen habe, dass die Fläche auch von einem anderen Landwirt - nämlich ihm - beansprucht werde. Er habe aber bisher ein wirksames Pachtverhältnis nicht nachgewiesen. Die streitbefangene Fläche sei verkauft worden mit der Pflicht des Verkäufers, diese pachtfrei zu übergeben. Zum Zeitpunkt der Übergabe habe daher kein wirksamer Pachtvertrag bestanden.

11

Der Kläger beantragt,

12

ihm die beantragte Agrarförderung für das Jahr 2002 zu gewähren und den Bescheid des Amtes für Agrarstruktur Oldenburg vom 4. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 15. Dezember 2004 aufzuheben, soweit er dem Begehren entgegensteht.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen,

15

und nimmt zur Begründung Bezug auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides. Ergänzend trägt sie vor, die Prämie sei Herrn K. zu Recht in vollem Umfange gewährt worden, denn er habe sowohl die tatsächliche Nutzung als auch ein wirksames Pachtverhältnis nachweisen können. Zum Zeitpunkt der Pacht durch den Kläger habe bereits ein wirksames Pachtverhältnis zugunsten des Pächters K. bestanden. Die Verpächterin des Klägers habe diesem daher die Fläche nicht zur Verfügung stellen können, weder tatsächlich noch rechtlich. Der Kläger müsse sich insoweit an seine Verpächterin auf dem Zivilrechtsweg wenden. Dem Kläger sei auch der Nachweis der tatsächlichen Bewirtschaftung nicht gelungen. Darüber hinaus könne die Prämie für eine bestimmte Fläche in einem bestimmten Zeitraum auch nur einmal vergeben werden.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den des Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage ist zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

18

Der angegriffene Bescheid des Amtes für Agrarstruktur Oldenburg vom 4. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 15. Dezember 2004 ist im wesentlichen rechtmäßig. Dem Kläger steht aber eine weitere Prämie in Höhe von 218,57 Euro zu, nur insoweit verletzen die angefochtenen Bescheide den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). Er hat keinen weitergehenden Anspruch auf Gewährung einer Flächenprämie für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 in Gestalt einer solchen für die 2 ha Stilllegungsfläche auf dem Flurstück 104 und infolgedessen auf eine solche für seine übrigen beantragten Getreideflächen.

19

Rechtsgrundlage für die vom Kläger beantragte (weitergehende) Prämie sind § 4 Abs. 1 der Verordnung über Stützungsregelungen für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen und von Schalenfrüchten (Flächenzahlungsverordnung) vom 6. Januar 2000 (BGBl. I S. 15, 36) i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 1251/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Abl. EG L 160 vom 26. Juni 1999, S. 1 bis 14), für das hier maßgebliche Wirtschaftsjahr 2001/2002, zuletzt geändert durch die VO (EG) Nr.1038/2001 des Rates vom 22. Mai 2001 (Abl. EG L 145 vom 31. Mai 2001, S. 16) i.V.m. Art. 6 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (Abl. EG L 355 vom 5. Dezember 1992, S. 1 bis 5), entsprechend zuletzt geändert durch VO (EG) Nr. 495/2001 der Kommission vom 13. März 2001 (Abl. EG L 72 vom 14. März 2001, S. 6 und 7) und den hierzu ergangenen Durchführungsbestimmungen in Gestalt von Art. 31 und 32 der VO (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 (Abl. EG L 327 vom 12. Dezember 2001, S. 11 bis 32).

20

Auf der Grundlage dieser Vorschriften hat der Kläger keinen Anspruch auf die Berücksichtigung des Flurstückes 104 im Rahmen seines Anspruches auf die Flächenprämie 2002, denn bezüglich dieses Flurstücks erfüllt er die Prämienvoraussetzungen nicht (1). Dieser Umstand führt zu dem aus dem Tenor ersichtlichen Prämienanspruch (2).

21

(1) Gemäß Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1251/1999 in der maßgeblichen Fassung kann der Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen in der Gemeinschaft eine Flächenzahlung gemäß den Bedingungen der genannten Verordnung beantragen. Gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 und 2 der genannten Verordnung wird die Flächenzahlung je Hektar regional gestaffelt und für die Fläche gewährt, die mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen bebaut ist oder nach Art. 6 der genannten Verordnung stillgelegt wurde und die eine regionale Grundfläche nicht übersteigt. Die Definition der regionalen Grundfläche erfolgt in Art. 2 Abs. 2 S. 3 der Verordnung. Gemäß Art. 2 Abs. 3 der Verordnung müssen beantragende Erzeuger einen Teil ihrer Betriebsflächen stilllegen. Entsprechend enthält Art. 6 der genannten Verordnung die geforderte Verknüpfung in Gestalt einer prozentualen Stilllegungsverpflichtung bezogen auf seine sonstigen mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen bebauten Flächen, sowie eine Vielzahl weiterer Bewirtschaftungsmöglichkeiten bzw. -verbote. Die genannten Bedingungen der VO (EG) Nr. 1251/1999 werden durch die VO (EG) 2316/1999 der Kommission vom 22. Oktober 1999 mit Durchführungsbestimmungen zur VO (EG) Nr. 1251/1999 (Abl. EG L 280 vom 30. Oktober 1999, S. 43 - 65) und die nationale Flächenzahlungsverordnung ergänzt bzw. konkretisiert. Entsprechend der Begründung Nr. 26 der VO (EG) Nr. 1251/1999, nach der die Flächenzahlungen einmal jährlich für eine bestimmte Fläche gewährleistet werden sollten, heißt es in Art. 1 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2316/1999, dass für eine Parzelle je Wirtschaftsjahr nur ein Antrag auf Flächenzahlung gestellt werden kann. Von dieser einmaligen Nutzbarkeit durch einen Erzeuger geht auch die nationale Flächenzahlungsverordnung aus. Hiernach muss ein Erzeuger hinsichtlich der Flächen, die nicht zu seinem Betrieb gehören, beantragen, dass die Flächen einbezogen werden. Dies setzt eine Neuorganisation seines Betriebes voraus. Erst wenn die Flächen in seine Betriebsstruktur einbezogen sind, dürfen sie berücksichtigt werden (§ 5 Abs. 3 Flächenzahlungsverordnung).

22

Aus diesen Grundsätzen ergibt sich unmittelbar, dass Stilllegungsflächen jeweils bestimmten Kulturflächen, für die durch einen Erzeuger eine Flächenprämie beantragt wurde, „zuzuordnen“ sind und dass sie damit für den betreffenden Wirtschaftszeitraum „verbraucht“ sind. Eine Mehrfachverwendung scheidet aus. Nach Maßgabe dieser europarechtlichen und nationalen Regelungen setzt ein Anspruch auf Gewährung von Ausgleichszahlungen für Flächen also voraus, dass der antragstellende Landwirt Erzeuger der betreffenden landwirtschaftlichen Nutzflächen ist, dass er die Flächen entsprechend seinen Antragsangaben auch tatsächlich nutzt und dass er allein nutzungsberechtigt ist.

23

Anknüpfungspunkt dafür, welcher Erzeuger eine entsprechende Fläche in seinem Antrag auf Gewährung einer Flächenzahlung als „seine“ Fläche im Sinne der oben genannten Anspruchsvoraussetzungen beanspruchen kann, ist daher zunächst derjenige, der die Fläche in der entsprechenden Weise bewirtschaftet. Besteht hierüber - anders als im vorliegenden Fall - kein Zweifel, so ist darüber hinaus grundsätzlich nicht maßgeblich, ob der Erzeuger zusätzlich eine aus Sicht des nationalen (Zivil-)Rechts formell und materiell rechtmäßig ausgestaltete Nutzungsberechtigung innehat bzw. vorweisen kann (vgl. zu diesem Fall: OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. Februar 2001 - 1 L 181/00 -, DÖV 2001, 1053 = RdL 2002, 164). Liegt nicht eine offensichtlich angemaßte Besitzerstellung vor, wird nämlich von einer Nutzung im Einverständnis des Verpächters, Eigentümers etc. auszugehen sein. Da die Ausgleichszahlungen nach den genannten Regelungen für jede Fläche nur einmal jährlich gewährt werden darf, muss der Antragsteller als weitere Prämienvoraussetzung auch nachweisen, dass er allein nutzungsberechtigt ist. Wird ein und dieselbe Fläche von mehreren Erzeugern in ihren Anträgen angegeben und haben beide die Flächen in entsprechender Weise bewirtschaftet bzw. spricht Einiges dafür, dass dies der Fall war, ist im Sinne der Anspruchsvoraussetzungen für die Frage, ob ein Erzeuger „seine“ Fläche in seinem Antrag angegeben hat, die Frage der Nutzungsberechtigung zu klären (vgl. hierzu: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 15. Juni 2005 - 2 L 66/02 -, NordÖR 2006, 33; juris). Da Flächenprämien einem Erzeuger für die Bewirtschaftung bzw. Stilllegung seiner Kulturflächen bewilligt werden, also für die tatsächliche landwirtschaftliche Betätigung, kommt es insoweit auf seine und d.h. alleinige berechtigte tatsächliche Nutzung aufgrund seiner Nutzungsberechtigung an und nicht auf die Wirksamkeit des oder - wie hier - mehrerer schuldrechtlicher Verträge bzgl. der fraglichen Fläche. Den Nachweis seiner alleinigen Berechtigung und Nutzung hat der Kläger nicht erbracht. Bzgl. der streitbefangenen Fläche hat Herr K. einen Pachtvertrag vorgelegt, der von 1998 über das Wirtschaftsjahr 2001/02 hinaus abgeschlossen und für diesen Zeitraum auch nicht gekündigt worden war. Dieser Umstand steht der alleinigen Nutzungsberechtigung des Klägers entgegen, was im übrigen auch umgekehrt, aber nicht maßgeblich für das vorliegende Verfahren, auch für Herrn K. gilt. Denn in Unkenntnis dieser Umstände bei den Beteiligten ist es nicht etwa zu einer denkbaren Einräumung einer zusätzlichen Besitzerstellung im Sinne einer vereinbarten Doppelbewirtschaftung oder einer flächenmäßig aufgeteilten Nutzungsberechtigung gekommen, so dass die Fläche möglicherweise anteilig vom jeweiligen Erzeuger in seinem Antrag hätte angegeben werden können. Offen bleiben kann daher die zwischen den Beteiligten unterschiedlich beantwortete Frage, ob der Pachtvertrag zwischen der Teilnehmergemeinschaft Entlastungsstraße Friesoythe und dem Kläger rechtsfehlerhaft bzw. (schuld-)rechtlich unwirksam ist, weil er abgeschlossen wurde, als das Flurstück 104 noch wirksam an Herrn K. verpachtet war. Offen bleiben kann weiter die ebenfalls strittige Frage, ob der Kläger oder Herr K. bzw. gegebenenfalls nacheinander beide die Fläche im betreffenden Zeitraum im Sinne einer Stilllegungsverpflichtung gepflegt haben.

24

Mangels Nachweises des Vorliegens der Prämienvoraussetzungen der alleinigen Stilllegung ist das Flurstück X der Flur X Gemarkung F. als durch den Kläger nicht beantragt zu bewerten.

25

(2) Dem Kläger steht danach in Anwendung der einschlägigen Berechnungs- und Sanktionsvorschriften der Art. 31 und 32 der VO (EG) Nr. 2419/2001 für das Wirtschaftsjahr 2001/02 ein Prämienanspruch nur unter Nichtberücksichtigung der 2 ha Stilllegungsfläche auf dem Flurstück X zu. Dieser Anspruch errechnet sich wie folgt:

26

Gem. Art. 31 Abs. 2 der genannten Verordnung wird in dem Fall, in dem die in einem Beihilfeantrag angegebene Fläche über der bei Kontrollen ermittelten Fläche derselben Kulturgruppe liegt, die Beihilfe unbeschadet der Regelungen in Art. 32 bis 35 der Verordnung auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet. Danach kann der Kläger eine Beihilfe auf der Grundlage einer Stilllegungsfläche von 1,1 ha (3,1 ha beantragte abzgl. 2 ha nicht zu berücksichtigender Fläche) beanspruchen. Gem. Art. 32 Abs. 1 S. 2 der genannten Verordnung entfällt die Beihilfe für eine Kulturgruppe jedoch, wenn die Fehlerdifferenz zwischen beantragter und ermittelter Fläche mehr als 20 % beträgt. Da dies hier bei einem Verhältnis von 2 ha zu 3,1 ha der Fall ist, würde ein Prämienanspruch des Klägers für die Stilllegungsfläche grundsätzlich ausscheiden. Gem. Art. 44 Abs. 2 der genannten Verordnung finden die vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse jedoch u.a. dann keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber belegen kann, dass ihn bezüglich der fehlerhaften Angaben im Antrag keine Schuld trifft. Dies ist hier aufgrund der unstreitigen Umstände, die zum Zustandekommen des Pachtvertrages zwischen dem Kläger und der Teilnehmergemeinschaft Entlastungsstraße Friesoythe unter Vermittlung des Amtes für Agrarstruktur Oldenburg, dem Rechtsvorgänger der Beklagten geführt haben, nach Auffassung der Kammer der Fall. Der Kläger wusste nicht, dass die Fläche noch an Herrn K. verpachtet war bzw. dass der Vertrag nicht bzw. nicht rechtzeitig gekündigt worden war. Der Kläger hätte danach im Bereich Stilllegungsflächen bei Nichtanwendung der Kürzungsregelung des Art. 32 der VO (EG) Nr. 2419/2001 einen Anspruch bezüglich einer Fläche von 1,1 ha. Letztlich kommt es auf eine Entscheidung bezüglich eines schuldlosen oder schuldhaften Verhaltens - wie noch auszuführen sein wird - jedoch nicht an.

27

Gem. Art. 31 Abs. 3 S. 1 der genannten Verordnung erfolgt die Berechnung der Höchstfläche, die für die Flächenzahlungen an die Erzeuger von Kulturpflanzen in Betracht kommt, auf der Grundlage der ermittelten Stillegungsflächen und entsprechend dem Anteil der einzelnen Kulturen. Da der Stillegungssatz im Jahre 2002 10 % betrug, stünde dem Kläger bei Zugrundelegung einer ermittelten Stilllegungsfläche von 1,1 ha nur ein Prämienanspruch bezüglich einer Getreidefläche von 9,9, ha zu. Gem. Art. 31 Abs. 3 S. 2 der genannten Verordnung werden Zahlungen an Erzeuger von Kulturpflanzen bei Fehlern hinsichtlich der Angaben zu ihren Stilllegungsflächen jedoch gem. Art. 6 Abs. 7 der VO (EG) Nr. 1251/1999 nur bis zu einem Niveau gekürzt, welches der Fläche entspricht, die für die Erzeugung von 92 t Getreide erforderlich ist (sog. Kleinerzeugerregelung). Hintergrund dieser Regelung ist der Gedanke, dass Erzeuger, die aufgrund der Größe ihrer (beantragten) Anbaufläche eine Stilllegungsverpflichtung erfüllen müssen und hinsichtlich dieser Verpflichtung Fehler machen, grundsätzlich im Ergebnis nicht für eine kleinere Fläche und damit eine niedrigere Prämie erhalten sollen, als Erzeuger, die von Anfang an nur Flächen in einem Umfang geltend machen, die keine Stilllegungsverpflichtung auslösen und dort naturgemäß keine Fehlerquelle haben. Da der Flächenanteil bzw. Prämienanspruch des Klägers nach der Berechnung gem. Art. 31 Abs. 3 S. 1 der genannten Verordnung unterhalb der für das Jahr 2002 bei 18,0039 ha liegenden Grenze liegt, greift die Regelung im vorliegenden Fall ein. Danach steht dem Kläger ein Prämienanspruch bezüglich einer Fläche von 18,0039 ha abzüglich der Kürzung aufgrund der regionalen Grundflächenüberschreitung in Höhe von 2,55 % in Höhe von 17,5448 ha zu, d.h. bei einem Prämiensatz von 321,93 Euro für die Region 7 (gleichermaßen für Getreide und Stilllegungsflächen) in Höhe von 5.648,20 Euro. Über die ihm bereits bewilligten 5.429,63 Euro stehen ihm daher weitere 218,57 Euro zu.

28

Ein weiterer Abzug in Anwendung des Art. 21 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2316/1999 zur VO (EG) Nr. 1251/1999, in der die Anspruchsvoraussetzungen geregelt sind, ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gerechtfertigt, denn auch in dieser Vorschrift, die die Pro-rata-Berechnung regelt, ist die Berechnung auf der Grundlage der Kleinerzeugerregelung als Untergrenze im Halbsatz 2 ebenso wie in den einschlägigen o.g. Berechnungs- und Sanktionsvorschriften enthalten. Dass ein weiterer Abzug vom Verordnungsgeber auch nicht gewollt war, ergibt sich aus folgender Kontrollüberlegung bzw. -berechnung:

29

Nimmt man bei eine prozentualen Aufteilung, wie sie die Beklagte vorgenommen hat, einen Fehler kleineren Umfanges, als ihm der Kläger unterlaufen ist, an, also z.B. nur eine zu Unrecht angegebene Stilllegungsfläche zur Größe von 1 ha, so ergäbe sich ein noch geringerer Prämienanspruch, wie folgende Rechnung zeigt:

30
AntragsflächeAnteil in %ha
27,3265 ha92,863616,7191
2,1000 ha7,13641,2848
29,4265 ha100,000018,0039
31

Zugrunde zu legen wären demnach nur noch 16,7191 ha Getreidefläche und nicht wie im vorliegenden Fall tatsächlich berechnet 17,3072 ha (jeweils abzüglich 2,55 %), entsprechend geringer wäre der Prämienanspruch. Hätte der Kläger dagegen überhaupt keine Stilllegungsverpflichtung rechtens angegeben, wäre nach der obigen Berechnung sein Prämienanspruch höher, denn es entfiele ein Abzug einer Stilllegungsfläche. Die Verringerung des Anspruches bei einem geringeren Fehler bzw. die Erhöhung des Anspruches bei einem größeren Fehler widerspricht jedoch dem System der Sanktionen in den genannten Verordnungen, wonach der Prämienanspruch sinkt bzw. ganz entfällt, je gravierender ein Fehler ist. Die Untergrenze in den genannten Vorschriften ist damit als absolutes Minimum einer Prämiengewährung anzusehen.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S.3 VwGO. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Gewährung der vollen Prämie für die von ihm im Antragsformular vom 21. März 2002 angegebenen Flächen, d.h. über die ihm bereits bewilligten 5429,63 Euro weitere 4115,79 Euro (volle Prämie = 9545,42 Euro). Seine Klage hat im Umfang von 218,57 Euro Erfolg. Dieser Betrag macht ca. 5% und damit einen geringfügigen Teil des Klagebegehrens aus, so dass dem Kläger die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen waren. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11 ZPO.