Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 05.11.2019, Az.: L 10 VE 24/15

Feststellung von Schädigungsfolgen und Gewährung einer Beschädigtenrente; Begriff des tätlichen Angriffs im OEG; Körperliche Gewalteinwirkung gegen eine Person

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
05.11.2019
Aktenzeichen
L 10 VE 24/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 63845
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Bremen - 20.02.2015 - AZ: S 3 VE 14/12

Redaktioneller Leitsatz

Der Begriff des tätlichen Angriffs im OEG ist in Anknüpfung an das StGB eigenständig und ohne eine "strenge Bindung" an die strafrechtliche Bedeutung auszulegen und setzt eine körperliche Gewalteinwirkung gegen eine Person voraus.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 20. Februar 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Klägerin als Schädigungsfolge i.S.d. § 1 OEG statt "psychische Gesundheitsstörung" eine "posttraumatische Belastungsstörung" wegen der Tat vom 1. Juli 2007 festzustellen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, für die Klägerin wegen eines Vorfalls vom 1. Juli 2007, bei dem es zwischen ihr und sechs Männern zu sexuellen Handlungen gekommen ist, Schädigungsfolgen festzustellen und ihr Beschädigtenrente zu gewähren.

Die Klägerin ist am 11. April 1990 geboren. Im September 2010 zeigte sie bei der Beklagten an, Opfer einer Vergewaltigung durch sechs Täter geworden zu sein und beantragte Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG). Zur Konkretisierung ihres Vortrages bezog sie sich auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Bremen vom 23. Februar 2008 (Geschäfts-Nr.: 150 Js 35897/07). Aus der insgesamt 14 Seiten umfassenden Anklageschrift ergab sich folgendes wesentliches Ergebnis der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft: I., geboren am 20. August 1986, J., geboren am 28. August 1987 und K., geboren am 23. September 1986 verbrachten die zu diesem Zeitpunkt 17jährige Klägerin - die aufgrund der vorherigen Verabreichung von alkoholischen Getränken u.a. - in einem benommenen Zustand war, am 1. Juli 2007 nach 2.33 Uhr nachts in die unbewohnte Doppelhaushälfte L. in M ... Obwohl die Klägerin während der Autofahrt auf Nachfrage eindeutig gesagt hatte, dass sie keinen Geschlechtsverkehr mit mehreren Jungen haben wolle, legte J. die immer noch benommene Klägerin auf das Sofa im Wohnzimmer, legte sich auf sie und vollzog mit der Entkleideten den vaginalen Geschlechtsverkehr. Während N. mit der Klägerin den Geschlechtsverkehr ausübte, steckte O. seinen Penis in den Mund der Klägerin. Anschließend steckte auch I. seinen Penis in den Mund der Klägerin. J. vollzog ebenfalls den Oralverkehr mit der Klägerin. O. telefonierte sodann unter Hinweis darauf, dass ein "geiles Mädchen" da sei, weitere Männer herbei. Es kamen im Verlauf der Nacht daraufhin noch P., geboren am 9. Juli 1980, Q., geboren am 19. Juli 1987 und R., geboren am 2. August 1980 hinzu. Nach J. führte O. den vaginalen Geschlechtsverkehr mit der Klägerin durch, dabei saß die Klägerin auf ihm. Dann führte Q. auf dem Sofa mit einem Kondom von hinten und vorne den vaginalen Geschlechtsverkehr mit der Klägerin durch. Währenddessen musste die Klägerin, die mehrfach sagte, dass sie nicht mehr könne, die Penisse der anderen Männer (bis auf den des noch nicht anwesenden R.) in den Mund bzw. in die Hand nehmen. Anschließend führte Q. noch seine Hand, über die er einen Latexhandschuh gezogen hatte, in die Vagina der Klägerin ein. Dies bereitete ihr heftige Schmerzen. Außerdem musste die Klägerin auch mit ihm den Oralverkehr ausüben. Als O., der insgesamt noch weitere ein- bis zweimal den Geschlechtsverkehr mit der erschöpften Klägerin ausführte, auch noch sagte, er wolle eine Flasche in die Vagina der Klägerin einführen, lehnte die Klägerin dies ab. O. verzichtete daraufhin auf das Einführen der Flasche. P. fasste der Klägerin zwischen die Beine und an die Brüste und vollzog zweimal mit ihr den Oralverkehr. Außerdem forderte er sie auf, seinen Penis anzufassen. J. führte die Klägerin sodann in die Küche, legte sie auf den Küchentisch und führte den Geschlechtsverkehr mit ihr durch. Die Klägerin sagte erneut zu ihm, dass sie nicht mehr könne und zog ihr Oberteil an. Sie wollte in den Flur gehen, die Männer zogen sie allerdings zurück. Nun kam R. hinzu. Dieser vollzog ebenfalls den vaginalen Geschlechtsverkehr mit Kondom auf dem Küchentisch mit der Klägerin. Dabei hielt er ihre Beine fest. Als die Klägerin schließlich wegrutschte und erneut sagte, dass sie nicht mehr könne, ließ er von ihr ab. Gegen 5.30 Uhr brachten I., J. und S. die Klägerin nach Hause. Aufgrund der Übermacht der Männer, die der Klägerin zum Großteil unbekannt waren, hatte diese große Angst. Sie sah keine Möglichkeit, der Situation zu entkommen oder um Hilfe zu schreien, da sie nicht wusste, wo sie war, durch den zuvor verabreichten Alkohol noch benommen war und die Männer außerdem ihre Bekleidung bis auf ein Oberteil an einem für sie unbekannten Ort aufbewahrten. Wegen dieses Sachverhaltes erhob die zuständige Staatsanwaltschaft gegen die benannten Männer Anklage gemäß §§ 177 Abs. 1 Nr. 1 und 3, Abs. 2 Nr. 1 und 2, 25 Abs. 2 StGB, 1, 105 JGG.

Die Beklagte zog von der zuständigen Krankenkasse eine Auskunft über Mitgliedschaft und Erkrankungen der Klägerin bei sowie einen Entlassungsbericht der T. -Klinik vom 17. November 2010. Am 16. März 2011 endete das Strafverfahren durch Freispruch der Männer. Der Freispruch beruhte im Wesentlichen darauf, dass die Männer im Strafverfahren behauptet hatten, die Klägerin habe an den sexuellen Handlungen freiwillig mitgewirkt und das LG Bremen vor diesem Hintergrund keinen Vorsatz einzelner Beteiligter für eine Straftat festzustellen vermochte (Urteil des Landgerichts Bremen vom 16. März 2011, Az.: 41 KLs 150 Js 35897/07). Die Beklagte zog auch eine Urteilsausfertigung dieser Entscheidung bei.

Unter dem 18. März 2011 führte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber der Beklagten aus, dass der Freispruch erfolgt sei, nachdem eine Aufklärung der Geschehnisse abschließend deshalb nicht möglich gewesen sei, weil die Klägerin aufgrund der durch das Verfahren erlittenen Traumatisierung (die Strafkammer und die Verteidiger der Angeklagten hatten die Klägerin drei Tage zeugenschaftlich vernommen) nicht mehr vernehmungs- und verhandlungsfähig gewesen sei. Insoweit bezog sie sich auf ein psychiatrisches Gutachten der Dr. U ...

Außerdem bezog sie sich auf ein von Dr. V. erstattetes aussagepsychologisches Gutachten über die Glaubhaftigkeit der Aussage der Klägerin vom 5. Januar 2010, welches das Landgericht beauftragt hatte. Daraus ergab sich im Wesentlichen Folgendes: Das Gutachten der Dr. V. stützte sich auf die Auswertung von Aktenunterlagen sowie auf eine ausführliche ambulante Untersuchung der Klägerin am 10. November 2009. In dieser Untersuchung erfolgte eine Persönlichkeitsexploration mit Erlebnis-Gedächtnis-Prüfung, eine Beziehungs- und Sexual- sowie eine Substanzmittelanamnese. Abschließend wurden weitere kognitive Leistungsvoraussetzungen überprüft, welche für die Beurteilung der Aussagetüchtigkeit bedeutsam sind. Ein zweiter Termin, der für die Exploration zur Sache vorgesehen gewesen war, ist von der Klägerin abgesagt worden und auch spätere Versuche, die Klägerin zu einer weiteren Mitarbeit zu bewegen, scheiterten. Gleichwohl sah sich die Sachverständige aufgrund der bisher gewonnenen Erkenntnisse dazu in der Lage, in ihrem 79 Seiten umfassenden Gutachten eine Einschätzung zu der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Klägerin abzugeben. In ihrer zusammenfassenden Beurteilung gelangte die Sachverständige zu der Einschätzung, dass im Hinblick auf die Aussagetüchtigkeit davon auszugehen sei, dass sich die Klägerin zumindest für den Zeitraum zwischen dem 30. Juni 2007 22.00 Uhr bis etwa zum 1. Juli 2007 um 3.00 Uhr morgens in einem Intoxikationszustand befunden habe, der sowohl Auswirkungen auf ihre Wahrnehmungs- als auch auf ihre Erinnerungsfähigkeit gehabt habe. Die Klägerin selbst habe ihren Zustand als "benommen" beschrieben, "als ob sie aus einer Narkose aufwache", die Klägerin habe auch geschildert, vieles nicht mitbekommen zu haben, nicht gemerkt zu haben, was passiere. Der Zustand der Klägerin habe sich im Laufe der Nacht erheblich verbessert, so dass sie zunehmend wacher und klarer geworden sei. Spätestens ab etwa 3.00 Uhr am 1. Juli 2007 habe die Klägerin über eine ausreichende zeitliche und örtliche Orientierung verfügt und sei auch in der Lage gewesen, Situationen adäquat wahrzunehmen. Die Klägerin sei nicht in der Lage, ein Geschehen anschaulich darzustellen, für das sie zwar über ein gewisses Wissen verfüge, das sie jedoch nicht selbst erlebt habe. Im Hinblick auf die Aussageentstehung sei zwar zu berücksichtigen, dass die Klägerin von ihrer Mutter zu einer Aussage gedrängt worden sei; sie habe sich gegenüber von Suggestiveinflüssen ihrer Mutter aber zur Wehr setzen können. Eine intentionale Falschaussage könne ausgeschlossen werden. Im Gegenteil habe sich die Klägerin immer wieder selbst belastet, indem sie z.B. angegeben habe, die ihr angebotenen Getränke freiwillig getrunken zu haben und auch keine eindeutigen und ganz unmissverständlichen Signale gegenüber den angeblichen Tätern gezeigt zu haben. Zur Aussagequalität hat die Sachverständige ausgeführt: Betrachte man die Aussagen der Klägerin auf ihre logische Konsistenz, so sei festzustellen, dass eine innere Stimmigkeit, logische Folgerichtigkeit und Widerspruchsfreiheit nachzuweisen sei. Die Einlassungen der Klägerin zu ihrem Leben seien durchgängig von großer Offenheit und Ehrlichkeit gekennzeichnet gewesen, wobei sich kein Grund dafür finden lasse, warum die Klägerin dieses Verhalten in ihren Einlassungen zu den verfahrensgegenständlichen Erlebnissen geändert haben sollte. Darüber hinaus sei ein hohes Maß an Strukturgleichheit bezüglich ihrer Einlassungen zum Lebenslauf mit den Ausführungen in den polizeilichen Vernehmungen festzustellen. Eine Aggravationstendenz sei insgesamt im Verlauf der Aussagen nicht zu erkennen. Zusammenfassend seien die von der Klägerin vorgetragenen Angaben zur Anklage inhaltlich so qualifiziert, dass die Phantasiehypothese sicher ausgeschlossen werden könne. Im Übrigen habe sich bei der Klägerin eine erhebliche Differenz zwischen der Qualität der Berichterstattung über Selbsterlebtes im Vergleich zu Phantasiegeschichten gezeigt. Die Induktionshypothese sei ebenfalls von der Hand zu weisen. Hinweise dafür, dass die Klägerin Einzelheiten des Geschehens uminterpretiert, ausgeschmückt oder gar dramatisiert habe, fehlten. Das Selbsterleben der Klägerin sei auf der einen Seite durch einen Intoxikationszustand mit berauschenden Substanzen, ebenso jedoch auch mit der als traumatisch erlebten Situation zu begründen. Insgesamt sei die Glaubhaftigkeit der vorliegenden Aussagen im Ganzen zu bejahen. Innerhalb der Aussage fänden sich eine Reihe von aussageübergreifenden und aussageimmanenten Qualitätsmerkmalen hinsichtlich des in Frage stehenden Geschehens, die für eine erlebnisbasierte Aussageweise der Klägerin sprächen. Gegen eine intentionale Erzeugung des in Frage stehenden Geschehens sprächen der völlig fehlende Belastungseifer der Klägerin und ihre nicht genügend vorhandene Fabulierungsfähigkeit.

Die Beklagte zog noch Berichte des Klinikums W. vom 17. Mai 2011 sowie vom 12. Dezember 2008 bei und lehnte nach Auswertung der Unterlagen mit Bescheid vom 29. Februar 2012 den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Beschädigtenversorgung ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass ein Nachweis der Verabreichung psychotroper Substanzen nicht habe erbracht werden können. So bleibe als einziger Anknüpfungspunkt für einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff die Ausnutzung des berauschten Zustandes der Klägerin zu sexuellen Handlungen gegen ihren Willen. Hier sprächen die festgestellten Umstände jedoch dafür, dass die Tatverdächtigen von einem einvernehmlichen Geschehen ausgegangen seien. So habe die Klägerin selbst berichtet, dass sie nach außen hin den Eindruck vermittelt habe, mit den vollzogenen sexuellen Handlungen einverstanden zu sein. Auch ein Nötigungsvorsatz lasse sich nicht hinreichend feststellen, weil die Tatverdächtigen den eindeutigen Willensäußerungen der Klägerin entsprochen hätten.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und wies darauf hin, dass es sich vorliegend um eine Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 1 Nr. 1 und 3, Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB (Anmerkung: in der Fassung vom 13. November 1998, die vom 1. Januar 1999 bis 9. November 2016 gültig gewesen ist) gehandelt habe. Zur Erfüllung der Tatbestandsmäßigkeit reiche die Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert sei, aus. Eine derartige schutzlose Lage sei vorliegend zweifelsfrei gegeben. Nach ständiger Rechtsprechung meine das Nötigen unter Ausnutzen der schutzlosen Lage solche Fälle, in denen das Opfer wegen der Aussichtslosigkeit von Widerstand auf körperliche Gegenwehr verzichte und der Täter dies ausnutze. Dies sei regelmäßig der Fall, wenn aufgrund objektiver Umstände in Verbindung mit subjektiven Momenten die Möglichkeit des Opfers, sich Gewalteinwirkungen zu entziehen, gegenüber dem Durchschnitt sozialer Situationen wesentlich herabgesetzt sei. Sie sei von mehreren Männern in ein leerstehendes Reihenhaus verbracht worden, es hätten keinerlei Fluchtmöglichkeiten bestanden. Sie habe bereits während der Autofahrt auf Nachfrage eindeutig gesagt, dass sie keinen Geschlechtsverkehr mit mehreren Männern haben wolle. Sie habe große Angst vor den ihr im Wesentlichen unbekannten Männern gehabt, sei der Übermacht schutzlos ausgeliefert gewesen, habe keinerlei Möglichkeit gesehen, der Situation zu entkommen oder um Hilfe zu rufen. Außerdem sei das Vorgehen der Männer systemisch erfolgt. So habe einer der Täter - X. angegeben, dass sie bei einem "Gang Bang" normalerweise drei bis vier Leute seien, ein eingespieltes Team. Dieser Täter habe in der Vergangenheit auch schon Erfahrungen mit einer strafrechtlichen Verfolgung seiner Taten gemacht, wörtlich: "Da hat so ne Alte nachher auch mit der Polizei gesprochen, und dann habe ich ausgesagt und das Verfahren wurde eingestellt". Bei derartigen Erfahrungen verwundere es nicht, dass die Beschuldigten angegeben hätten, dass die sexuellen Handlungen freiwillig gewesen seien. Hierbei handele es sich um eine reine Schutzbehauptung. Auffällig sei auch, dass die Beschuldigten, die nicht routinemäßig bei ähnlichen sexuellen Handlungen zum Nachteil von Mädchen zugegen gewesen seien, Kontakte zu ihr - der Klägerin - anfangs vollständig bestritten hätten, so beispielsweise der Beschuldigte I ... Nach Feststellung der Sachverständigen Dr. V. sei von einer Glaubhaftigkeit ihrer Aussage auszugehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach den vorliegenden Unterlagen ergebe sich kein Hinweis für einen vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriff. Ein Vorsatz habe den Männern nicht nachgewiesen werden können. Diese seien von einem einvernehmlichen Geschehen in dem Haus ausgegangen. Insoweit sei anzumerken, dass die Klägerin die gesamte Zeit keinen Widerstand geäußert oder zu erkennen gegeben habe. Soweit die Klägerin bestimmte Handlungen abgelehnt habe, sei dem durch die Täter auch gefolgt worden. Äußerungen der Klägerin zu Beginn des Abends, nicht an sexuellen Handlungen interessiert zu sein, müssten nicht zwingend dazu führen, dass die Männer diese Äußerung ernst nehmen, denn vor den Vorkommnissen in dem Haus habe die Klägerin einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit einem der Beteiligten des weiteren Geschehens gehabt und dadurch einen Sinneswandel bekundet. Weiterhin sei sie widerspruchslos mit in das leerstehende Haus gegangen. Ein Nachweis, dass die Tatverdächtigen den beschriebenen inneren Widerstand und das fehlende Einverständnis der Klägerin zu den sexuellen Handlungen erkannt und dennoch den Geschlechtsverkehr ausgeübt hätten, um eine widerstandsunfähige Person sexuell zu missbrauchen, sei nicht erbracht.

Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Bremen hat die Klägerin Leistungen nach dem OEG geltend gemacht und hierzu im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Sie hat ergänzt, dass das Landgericht M. im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme unmissverständlich festgestellt habe, dass aufgrund ihrer überzeugenden Angaben feststehe, dass die Angeklagten in wechselnder Beteiligung an ihr über mehrere Stunden ihre sexuellen Begierden ausgelebt hätten. Weiter stehe nach der Beweisaufnahme eindeutig fest, dass sie, die Klägerin, nicht gewollt habe, dass man sich in derart erniedrigender Weise an ihr zu schaffen mache, ebenso wie auch keine Rede davon sein könne, dass sie sich freiwillig, aufgrund einer frei getroffenen Willensentscheidung, zu dem von den Angeklagten durchgeführten "Gang Bang" begeben habe. Aufgrund ihrer während des Strafprozesses eingetretenen Verhandlungsunfähigkeit habe das Landgericht allein nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen können, dass die Angeklagten den entgegenstehenden Willen ge- oder erkannt hätten. Außerdem habe die Beweisaufnahme ergeben, dass sie, die Klägerin, insgesamt sehr benommen gewesen sei, deutliche Erinnerungslücken aufgewiesen habe - z.B. nicht gewusst habe, unter welchen Umständen sie entkleidet worden sei - und auch nur zeitverzögert in der Lage gewesen sei, überhaupt zu reagieren. Insgesamt habe sie sich in einer deutlich beeinträchtigten Verfassung befunden, die nicht mit der Menge des in dieser Nacht konsumierten Alkohols erklärt werden könne. Zutreffend sei es, dass es bereits vor den Geschehnissen in der Doppelhaushälfte zu sexuellen Handlungen am Y. gekommen sei. Auch diese habe sie - die Klägerin - aufgrund ihrer Verfassung lediglich über sich ergehen lassen. Insgesamt spreche Vieles deutlich dafür, dass ihr eine psychotrope Substanz verabreicht worden sei. Allein aufgrund der Tatsache, dass sie nicht unmittelbar am nächsten Morgen, sondern erst am 3. Juli 2007 Strafanzeige erstattet habe, habe der sichere Nachweis angesichts der knappen Verfallszeiten derartiger Substanzen nicht geführt werden können, denn die ermittelnden Polizeibeamten hätten von der Einholung von Proben für eine Laboruntersuchung abgesehen. Die dokumentierten Befindlichkeiten sprächen insgesamt aber deutlich dafür, dass sie letztlich in einer Verfassung der Widerstandsunfähigkeit gehandelt habe.

Das SG hat die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft M. beigezogen und eine Begutachtung der Klägerin durch die Neurologin/Psychiaterin Dr. E. veranlasst. Diese hat unter dem 19. Mai 2014 nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen sowie Untersuchungen der Klägerin am 9. April und 15. Mai 2014 die Diagnosen einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung, einer chronifizierten posttraumatischen Belastungsstörung und einer Persönlichkeitsstörung gestellt. Die komplexe posttraumatische Belastungsstörung sei auf die Gewalttat vom 1. Juli 2007 zurückzuführen, die vorliegende posttraumatische Belastungsstörung ebenfalls. Der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) für die komplexe posttraumatische Belastungsstörung werde mit 50 angenommen, für die posttraumatische Belastungsstörung werde ebenfalls ein Einzel-GdS von 50 angesetzt. Ein Gesamt-GdS von 70 sei angemessen. Auf die Einwendungen der Beklagten hin hat die Sachverständige in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 7. Juli 2014 ihre Ausführungen ergänzt und bekräftigt.

Das SG hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 20. Februar 2015 persönlich angehört und sodann mit Urteil vom selben Tage die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2012 verurteilt, bei der Klägerin als Schädigungsfolge i.S.d. § 1 OEG eine "psychische Gesundheitsstörung" aufgrund der Tat vom 1. Juli 2007 festzustellen und ihr Versorgungsleistungen ab dem 1. September 2010 nach dem OEG nach einem GdS von 60 zu gewähren. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass es überwiegend wahrscheinlich sei, dass die der Klägerin im Hotel Z. zu Beginn des Abends servierten Getränke mit sogenannten "K.O."-Tropfen bzw. einer ähnlich wirkenden psychotropen Substanz versetzt gewesen seien, so dass es der Klägerin im Folgenden unmöglich gewesen sei, einen entgegenstehenden Willen klar zu äußern bzw. durchzusetzen. Das Strafgericht habe den Umstand, dass die Klägerin zunächst im Hotel geäußert habe, sie sei "nicht zum Ficken da", sodann aber an der Weser mit den Männern AA. und I. einvernehmlich den Geschlechtsverkehr ausgeübt habe, zugunsten der Angeklagten gewürdigt. So sei das Strafgericht zu dem Schluss gelangt, dass nicht vollkommen auszuschließen sei, dass der Angeklagte I. aufgrund dieses Ablaufes von einem Sinneswandel der Klägerin ausgegangen sein könne. Sei aber davon auszugehen, dass die Klägerin bereits nach dem Verlassen des Hotels unter dem Einfluss einer psychotropen Substanz gestanden habe, könne zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr von einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr ausgegangen werden. Im Übrigen sprächen auch unabhängig von der Überzeugung des Gerichts hinsichtlich des Verabreichens einer psychotropen Substanz die übrigen Umstände für einen zumindest bedingten Vorsatz der Täter. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang nämlich auch, dass die Männer die Doppelhaushälfte regelrecht für sich okkupiert hätten. So ergebe sich aus den Angaben des Zeugen AB., dem eigentlichen Eigentümer der Doppelhaushälfte, dass er die alleinige Schlüsselgewalt über die Doppelhaushälfte seit längerem verloren gehabt habe, nachdem er einem der Männer einmal den Haustürschlüssel geliehen habe, sich dann aber in der Folgezeit ständig ihm unbekannte Südländer in seinem Haus aufgehalten hätten, ohne dass er sich dieses Zustandes habe erwehren können. Dieser Zeuge habe auch einen von ihm nach der Tatnacht vorgefundenen Zustand des Hauses bestätigt, welcher die dem Verfahren zugrundeliegende Tat wiederspiegele: So habe er im Wohnzimmer, im Badezimmer und in der Küche u.a. benutzte Kondome vorgefunden. Außerdem habe ein Müllbeutel an der Küchentür gehangen, in dem sich ebenfalls Kondome und Gummihandschuhe befunden hätten. Zu würdigen sei außerdem, dass sich die Klägerin überwiegend ihr unbekannten sowie teilweise erheblich älteren Männern in der Doppelhaushälfte schutzlos gegenübergesehen habe. Ihre Bekleidung habe sich an einem ihr unbekannten Ort befunden. Auch hieran hätten die Männer erkennen können, dass sich die Klägerin nicht freiwillig über Stunden ihren sexuellen Vorlieben hingeben wollte. Bei konkreter Würdigung der Umstände sei es lebensfremd anzunehmen, dass die der Klägerin überwiegend fremden Männer eine unfreiwillige Mitwirkung der Klägerin nicht zumindest für möglich gehalten hätten. Teilweise seien die Männer angerufen und ihnen die 17jährige Klägerin förmlich angeboten worden. Bei Eintreffen der weiteren Männer habe sich die Klägerin bereits seit Stunden in der Doppelhaushälfte befunden, sie sei nackt gewesen, die Bekleidung weggeräumt. Sie habe mehrfach geäußert, nicht mehr zu können, keine sexuelle Handlung sei mit ihr abgesprochen worden. Sie sei einfach so benutzt worden, wie sie vorgefunden worden sei. All dies spreche eindeutig für die zumindest billigende Inkaufnahme der Durchführung des Geschlechtsverkehrs gegen den Willen der Klägerin. Hieran ändere auch nichts, dass die Täter auf Aufforderung der Klägerin davon absahen, ihr einen Flaschenhals vaginal einzuführen oder sie mit der Handykamera zu filmen. Die Klägerin habe aufgrund der erlittenen Gewalttat auch einen Anspruch auf Beschädigtenrente. Nach den Feststellungen der Sachverständigen Dr. E. lägen bei der Klägerin infolge der erlittenen Gewalttat eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung sowie eine chronifizierte posttraumatische Belastungsstörung vor. Die Klägerin leide unter schwersten Schlafstörungen und Intrusionen, die ihre Erlebnisfähigkeit beeinträchtigten. Auch die Erlebnisfähigkeit durch Affektdysregulation und Änderung in der Selbstwahrnehmung sowie durch die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit seien wesentlich beeinträchtigt. Ebenso beeinträchtigt sei die Gestaltungsmöglichkeit durch die vorhandenen schweren Beziehungsstörungen. Es liege eine mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeit mit Isolierung vor. Unter Berücksichtigung der Ausführungen der Sachverständigen erscheine ein Gesamt-GdS von 60 angemessen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 16. März 2015 zugestellte Urteil am 9. April 2015 Berufung eingelegt und verweist zur Begründung auf ihr bisheriges Vorbringen. Soweit das SG zu der Einschätzung gelangt sei, dass ein rechtswidriger, tätlicher Angriff unstreitig vorliege, sei dieser Auffassung entgegenzutreten. Die Ausführungen des SG seien nicht nachvollziehbar, das SG gehe zu Unrecht davon aus, dass der Klägerin sogenannte "K.O."-Tropfen verabreicht worden seien. Auch der Altersunterschied zwischen der Klägerin und den erwachsenen jungen Männern sei vorliegend - vor dem Hintergrund des Alters der Klägerin und ihrer bereits vorhandenen regelmäßigen sexuellen Aktivitäten - nicht als so erheblich anzusehen. Insgesamt sei der Nachweis eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs nicht erbracht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 20. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig und weist darauf hin, dass der vom Landgericht festgestellte Sachverhalt im Großen und Ganzen zwischen den Beteiligten unstreitig sei. Die Beklagte habe den Anspruch nur deshalb abgelehnt, weil nicht im ausreichenden Maße sicher feststellbar gewesen sei, dass die Täter vorsätzlich gehandelt hätten. Sicher sei aber davon auszugehen, dass den Angeklagten sehr wohl bewusst gewesen sei, dass sie eine schutzlose Lage ausgenutzt und gegen ihren Willen sexuelle Handlungen mit ihr vorgenommen hätten. Im Hinblick auf einige Täter sei zu berücksichtigen, dass sie, die Klägerin, nicht ihr erstes Opfer gewesen sei. Allen Angeklagten sei auch bekannt gewesen, dass sie sich in einer schutzlosen Lage befunden habe. Zu einem Freispruch der Angeklagten sei es nur deshalb gekommen, weil sie, die Klägerin, im Rahmen ihrer zu diesem Zeitpunkt schon drei Tage währenden Vernehmung vor dem Landgericht wegen Retraumatisierung nicht mehr vernehmungsfähig gewesen sei. Alles habe dafür gesprochen, dass ihr "K.O."-Tropfen verabreicht worden seien, auch, wenn insoweit keine ausreichenden Feststellungen für eine Verurteilung im Strafverfahren hätten getroffen werden können. Im Sinne des Entschädigungsrechts sei von der guten Möglichkeit aber zweifelsfrei auszugehen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichtes des behandelnden Arztes der Klägerin Dr. AC., dem weitere ärztliche Unterlagen beigefügt waren. Darüber hinaus hat der Senat die Akten der Staatsanwaltschaft M. (150 Js 35897/07) beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die beigezogene Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft M. Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 29. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2012 zu Recht verurteilt, bei der Klägerin Schädigungsfolgen aufgrund der am 1. Juli 2007 erlittenen Gewalttat festzustellen und der Klägerin Versorgungsleistungen nach dem OEG nach einem GdS von 60 zu gewähren; lediglich die vom SG festgestellte Schädigungsfolge bedarf der näheren Konkretisierung. Der entgegenstehende Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

1. Die Klägerin ist zur vollen Überzeugung des Senats, d.h. mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit am 1. Juli 2007 im Zusammenhang mit den in der AD. in M. stattgefundenen sexuellen Handlungen Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs i.S.d. § 1 Abs. 1 OEG geworden (a). Mindestens aber sind die von der Klägerin behaupteten Geschehnisse zur Überzeugung des Senats glaubhaft gemacht (b).

a) Grundsätzlich bedarf die Annahme des schädigenden Vorgangs des Vollbeweises. Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen. Das bedeutet, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können und verbleibende Restzweifel bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016, B 9 V 3/15 R m.w.N.).

Nach eigener Prüfung der vorliegenden Unterlagen einschließlich der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft M. und der Anklageschrift vom 25. März 2008 sowie des aussagepsychologischen Gutachtens der Sachverständigen Dr. V. über die Glaubhaftigkeit der Aussage der Klägerin vom 5. Januar 2010 schließt sich der Senat den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts M. in dessen Urteil vom 16. März 2011 (Az.: 41 KLs 150 Js 35897/07) an.

Danach steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass die Männer I., J., K., P., Q. und R. in der besagten Nacht über mehrere Stunden in wechselnder Beteiligung in einem Haus in der AD. in M. ihre sexuellen Begierden an der Klägerin im Sinne eines sog. "Gang Bang" ausgelebt haben. Hierzu gehörte neben dem Anfassen der Genitalien der Klägerin sowie vaginalem Geschlechtsverkehr mit ihr auch, dass sie, während einer der Täter den Geschlechtsverkehr ausübte, gleichzeitig weitere Täter oral sowie mit der Hand befriedigen musste. Auch musste die Klägerin es über sich ergehen lassen, dass einer der Täter seine Faust in ihre Vagina einführte, was für sie überaus schmerzhaft war. Daran beteiligten sich zunächst J., S. und I., im späteren Verlaufe kamen P., Q. und zuletzt R. hinzu und wirkten mit. Wie schon für die 41. Kammer des Landgerichts M., so steht auch für den erkennenden Senat eindeutig fest: Die Klägerin wollte nicht, dass man sich in derart erniedrigender Weise an ihr zu schaffen macht, ebenso wie auch keine Rede davon sein kann, dass sich die Klägerin freiwillig, aufgrund einer frei getroffenen Willensentscheidung zu dem "Gang Bang" begab.

Vielmehr kann der Senat mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit folgenden Geschehensablauf feststellen: Die Klägerin war für den Abend des 30. Juni 2007 mit dem Zeugen AE. verabredet, mit dem sie befreundet war, und traf sich mit ihm gegen 20.00 Uhr an einer Bushaltestelle der Linie 33 in der AF ... Gemeinsam fuhr sie mit ihm mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Hotel Z., wo ein Freund des Zeugen AA. beschäftigt war, nämlich I ... Die Klägerin war einverstanden, dort zusammen mit AA. zu warten, bis I. seinen Dienst beendet hatte, um dann gemeinsam etwas zu unternehmen. Als der Besitzer des Hotels der Klägerin unzweideutige Avancen machte, sie zu küssen versuchte und anbot, sie könne umsonst ein Hotelzimmer bekommen, wies sie ihn eindeutig zurück, verließ sogar empört das Hotel. Nur, nachdem AA. ihr versichert hatte, dass er aufpassen werde, kehrte sie mit ihm in das Hotel zurück. Anschließend äußerte sie im Hotel gegenüber AA. und dem Täter I., dass sie "nicht zum ficken da" sei. Hierfür sah sie Veranlassung, weil sie davon ausging, dass I. auf Sex mit ihr aus war, zumal sie gerüchteweise über diesen gehört hatte, dass er häufig "Mädchen abschleppe" und mit diesen sog. "Gang Bangs" durchführe. Während der weiteren Wartezeit, die sich noch erheblich hinzog, bekam die Klägerin von I. ein Orangengetränk serviert, das außer Orangensaft zumindest Alkohol - offenbar Wodka - enthielt. Bereits bevor sie das Glas geleert hatte, fühlte die Klägerin sich ungewöhnlich schwindelig und angetrunken. Anschließend trank sie noch zwei kleine Gläser, wobei unklar ist, was diese genau enthielten. Als die Klägerin schließlich etwa um Mitternacht gemeinsam mit AA. und I. das Hotel verließ, musste sie von diesen gestützt werden, da die Schwindelgefühle so zugenommen hatten, dass die Klägerin Mühe hatte, geradeaus zu gehen. Obwohl die Klägerin kurz zuvor so plakativ erklärt hatte, dass sie keinen Sex wolle, kam es unmittelbar nach Verlassen des Hotels mit beiden Männern doch zum Geschlechtsverkehr. Wie es hierzu kam, erinnerte die Klägerin allerdings nur schemenhaft, in Form einzelner Erinnerungsinseln, die sie jedoch nicht durchgängig zu einem kohärenten Gesamtbild zusammenzusetzen vermochte. Mit einiger Plausibilität hat die Klägerin selbst den Verdacht entwickelt, dass ihr im Hotel eine psychotrope Substanz ins Getränk gemischt worden sein könnte, die ihre damalige Verfassung und Fähigkeit zur Willensbildung und -artikulation über die reine Alkoholwirkung hinaus beeinflusst und zugleich ihre Erinnerungsfähigkeit beeinträchtigt haben könnte. So erklärt sie sich, dass sie sich bereits nach einem halben Glas Wodka-Orangenmischung wie betrunken gefühlt habe, obwohl sie Alkohol sonst besser vertrage.

Weil dieser Verdacht wegen der knappen Verfallszeit derartiger Substanzen nachträglich nicht verifiziert werden konnte, hat die 41. Strafkammer des Landgerichts M. diese Vermutung als "nicht aufklärbar" angesehen und u.a. hiermit den Freispruch der Angeklagten begründet. Zur vollen Überzeugung des Senats steht aber immerhin fest, dass die Klägerin in dem Hotel Z. (zumindest) eine derart erhebliche Menge Alkohol zu sich genommen hat, dass hierdurch ihre Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen ist. Dies hat der Zeuge AA. in seiner ersten polizeilichen Vernehmung am 9. Juli 2007 bestätigt. Nach dessen Aussage sei die Klägerin nach dem Besuch im Hotel "komisch drauf" gewesen und habe gesagt, dass es ihr nicht gut gehe und dass sie nicht mehr laufen könne. Der zweiten Aussage des Zeugen AA. vom 20. September 2007, dass die Klägerin nach dem Besuch in dem Hotel noch gerade gehen konnte ("Ja, auf jeden Fall") schenkt der Senat hingegen keinen Glauben. Denn diese Aussage hat der Zeuge getätigt, nachdem ihm die "Sache" und der Vorwurf der Vergewaltigung bekannt geworden waren, wobei der Senat davon ausgeht, dass der Zeuge mit seiner zweiten Aussage zumindest seinen Freund, den Angeklagten I., schützen wollte. Hierzu passt, dass der Zeuge AA. in einem vor dem 20. September 2007 geführten Telefonat die Klägerin zielstrebig auf die Tat angesprochen und die entsprechenden Gesprächsteile mit seinem Handy aufgezeichnet hat, wobei der Zeuge der Klägerin suggestive Fragen gestellt hat ("was war, wie heißt, die haben doch nichts gemacht, oder?"). Die von der Polizei unter dem 8. Oktober 2007 protokollierte Gesprächswiedergabe erweckt bei dem Senat den Eindruck, dass der Zeuge versucht hat, solche Aussagen von der Klägerin zu erlangen und aufzuzeichnen, die zu einer Entlastung der Angeklagten hätten führen können. Allerdings ist dieses Gespräch offenbar nicht so verlaufen, wie der Zeuge sich dies erhofft hatte. Denn die Klägerin lässt in dem Telefonat keine Zweifel daran, dass sie grundsätzlich mit den Tatabläufen in der AD. nicht einverstanden gewesen ist. Gegen die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen spricht außerdem, dass er nach dem Verlassen des Hotels Z. (gemeinsam mit I.) Geschlechtsverkehr mit der Klägerin hatte - dies aber weder in seiner Aussage vom 9. Juli 2007, noch vom 20. September 2007 preisgegeben hat. Stattdessen hat er am 20. September 2007 ausgesagt, dass man nach dem Aufenthalt im Hotel "spazieren gegangen und nach dem Spaziergang mit der Straßenbahn nach AG. gefahren" sei. Daraus schließt der Senat, dass der Zeuge bewusst den Sachverhalt verfälscht wiedergegeben hat, möglicherweise auch, um nicht nur den Angeklagten I., sondern auch sich selbst zu schützen. Denn bei Einräumen der Sachlage, mit der in ihrer Steuerungsfähigkeit beeinträchtigten Klägerin an der Weser sexuelle Handlungen verübt zu haben, hätte der Zeuge sich selbst der Gefahr der Strafverfolgung ausgesetzt.

Nachdem also die Klägerin bereits beim Verlassen des Hotels Z. in ihrer Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen ist, ließen sich die Klägerin und die beiden Männer auf einer Wiese an der AH. nieder. Hier ist es zum Geschlechtsverkehr gekommen und zwar nacheinander mit beiden Männern. Einzelheiten, wie es dazu kam und was sich konkret abspielte, sind kaum noch rekonstruierbar, letztlich ist aber davon auszugehen, dass die Klägerin in der konkreten Situation keine Einwände gegen diesen Sexualverkehr mehr hegte und deshalb auch keinen entgegenstehenden Willen zum Ausdruck brachte. Auch im Rückblick hat die Klägerin selbst diesen Geschlechtsverkehr als letztlich "einverständlich" bezeichnet.

Anschließend begab sich die Klägerin auf den Nachhauseweg. Dabei trennte sie sich zunächst von ihren Begleitern und wollte sich zur Wohnung ihres Vaters in der AI. Straße begeben, um dort zu übernachten, fand jedoch den Weg nicht. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat hierzu in der Mündlichen Verhandlung vor dem Senat anschaulich berichtet, dass die Klägerin sich in der Gegend der Wohnung ihres Vaters gut ausgekannt, den Weg dorthin allein wegen ihrer Verfassung aber nicht gefunden habe. Nach Rücksprache per Handy mit AA., der sie angerufen hatte, trafen die beiden Männer erneut mit ihr zusammen. Alle drei fuhren daraufhin gemeinsam mit der Bahn in Richtung AG., wo sie sich erneut trennten. Die Klägerin wollte von dort alleine zu Fuß nach Hause laufen, nach AJ ... Als sie die Brücke bei AK. überquert hatte, kam es in Höhe des Friedhofes zu einem erneuten Telefonkontakt mit AA ... Nachdem die Klägerin diesem mitgeteilt hatte, wo sie sich inzwischen befinde, wurde sie dort mit einem PKW abgeholt, in dem AE., I. und am Steuer J. saßen, den die Klägerin als "AL." kannte. Wie die Klägerin meinte und wie ihr gesagt worden ist, ging es darum, sie nach Hause zu fahren. Dies hat letztlich auch der Zeuge AA. ausgesagt ("Ich dachte, die bringen die AM. nach Hause"). Tatsächlich geschah dies jedoch nicht, obwohl es keine Verständigung über ein anderweitiges Fahrtziel mit der Klägerin gegeben hatte. Im Gegenteil: Während der anschließenden Autofahrt fragte AN. die Klägerin, ob sie "es" schon einmal mit mehreren gemacht habe. Die Klägerin hat dies eindeutig verneint und erklärt, dass sie das auch nicht wolle - auch dies ist zwischen allen Beteiligten völlig unstreitig. Nachdem man den Zeugen AA. zu Hause in AO. abgesetzt hatte, ging die Fahrt, anders als die Klägerin erwartet hatte, nicht in Richtung ihrer Anschrift. Zunächst fuhr J. - inzwischen war es etwa viertel nach zwei Uhr - zu einer Aral-Tankstelle in der AP. Straße, wo die beiden Männer Getränke einkauften. Die Klägerin nahm einen oder eineinhalb Becher Cola mit Wodka zu sich. Nach diesem Halt fuhr J. ohne weitere Rücksprache nach AQ ... Nachdem sie von der Autobahn abgefahren waren, war bei einem Zwischenhalt in der AR. an dem Hotel AS. noch O. zugestiegen, bei dem es sich um einen Cousin des J. handelt, wie der Klägerin gesagt wurde. Die Fahrt endete schließlich nach 2.30 Uhr bei dem Haus in der AD. in AQ., einer Doppelhaushälfte, zu der einer der Täter über einen Schlüssel verfügte. Obwohl die Klägerin, die sich aufgrund des genossenen Alkohols - ggfs. auch infolge der verdeckten Verabreichung weiterer Substanzen - weiterhin sehr benommen fühlte, dabei ein "mulmiges Gefühl" hatte, folgte sie den Männern widerspruchslos in das Haus und setzte sich dort auf ein Sofa.

Fest steht weiterhin, dass die Klägerin nach ihrem Eintreffen in dem Haus zunächst auf einem dreisitzigen Ledersofa im Wohnzimmer Platz genommen hat. Als die Klägerin als nächstes wieder zu sich gekommen war, hat sie festgestellt, dass sie vollkommen nackt auf dem Sofa gelegen und J. auf ihr gelegen und den Geschlechtsverkehr ausgeübt hat. Dies ist der Klägerin allerdings erst langsam bewusst geworden, während der Täter schon dabei gewesen ist, den Geschlechtsverkehr auszuüben. Die Klägerin hat keine Erinnerung daran, sich ausgezogen zu haben oder wie sie ihrer Bekleidung entledigt worden war. Nachdem die Klägerin in vollem Umfange realisiert hatte, was mit ihr vor sich ging, was ihr erst mit einer gewissen Zeitverzögerung möglich war, hat sie dies innerlich abgelehnt, konnte aber nicht sagen, ob auch die Männer wahrgenommen hätten, dass sie damit nicht einverstanden gewesen war, denn sie habe das Ganze einfach über sich ergehen lassen, teilweise aus Angst, dass man ihr wehtun würde, falls sie widerspreche.

Damit steht für den Senat fest, dass sich die Klägerin zur Nachtzeit mit anfangs drei, schließlich sechs Männern allein in einem fremden Haus befunden hat. Es ist nachvollziehbar, dass sich die Klägerin den Tätern schutzlos ausgesetzt gesehen hat, und deswegen auf jeglichen Widerstand verzichtete, auch um eine mögliche Gewaltreaktion nicht zu provozieren. O. und nicht die Klägerin selbst - hat im Laufe der Nacht noch telefoniert und andere Männer eingeladen, sich an dem Gruppensex zu beteiligen. Im Verlauf der Nacht kamen noch P., Q. und R. hinzu. Gegen 5.30 Uhr wurde die Klägerin von den Tätern J., AT. und O. mit dem Auto nach Hause gefahren.

Ebenso wie für die 41. Strafkammer des Landgerichts M. ist es im Ergebnis auch für den Senat aufgrund der in jeder Hinsicht glaubhaften Angaben der Klägerin sowie der Ermittlungsergebnisse der Polizei erwiesen, dass die Täter die geschilderten sexuellen Handlungen so an der Klägerin vorgenommen haben, wie sie dies geschildert hat. Genauso steht fest, dass die Klägerin hiermit nicht einverstanden war und alle sexuellen Handlungen im Hause AD. folglich objektiv gegen ihren Willen geschahen. Auch aus Sicht des Senats spricht bereits alles dagegen, dass sich eine 17jährige Schülerin aus freien Stücken ohne weiteres dazu hergibt, sechs, zum Teil deutlich älteren fremden Männern zur Auslebung ihrer sexuellen Begierden zur Verfügung zu stellen. Dass auch die Klägerin so dachte, hatte sie bereits während der Fahrt nach AU. I. auf seine Frage eindeutig gesagt.

Nach dem so festgestellten Sachverhalt ist die Klägerin Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen und tätlichen Angriffs gegen ihre Person im Sinne des § 1 OEG geworden.

Zwar sind die Täter vom Landgericht M. wegen des Vorwurfes der Vergewaltigung freigesprochen worden. Dieser Freispruch beruhte jedoch darauf, dass nicht für jeden einzelnen Täter der Nachweis geführt werden konnte, dass er einen möglicherweise entgegenstehenden Willen der Klägerin erkannt und bewusst bzw. wenigstens mit bedingtem Vorsatz missachtet hatte. Eine Verurteilung der Täter scheiterte außerdem daran, dass nicht aufgeklärt werden konnte, ob der Klägerin im Verlaufe des Abends oder der Nacht außer Alkohol ohne ihr Wissen eine psychotrope Substanz eingeflößt worden war und ggf. wer der Klägerin diese Substanz verabreicht hatte, da hierfür mehrere Personen in Betracht kamen, z.B. im Hotel der Zeuge AE., der Wirt und I.; an der Tankstelle J. und I.; im Haus AV. Weg zusätzlich O., ohne dass sich anhand konkreter Indizien überdies zur Überzeugung der 41. Strafkammer der Nachweis führen ließ, dass die übrigen Täter hiervon ebenfalls wussten. Auch sonst verfügte die 41. Strafkammer nicht über ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass den Tätern eine - ggfs. alkoholbedingte - Widerstandsunfähigkeit der Klägerin bewusst war, über die sie sich hinwegsetzten.

Der Senat ist an diese rechtliche Würdigung der 41. Strafkammer nicht gebunden, denn im OEG ist bewusst auf eine ausdrückliche Bezugnahme auf Bestimmungen des StGB verzichtet und insbesondere von einer listenmäßigen Benennung strafrechtlicher Tatbestände als Voraussetzung für Entschädigungsleistungen abgesehen worden. Daraus hat das Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung gefolgert, dass der Begriff des tätlichen Angriffs im OEG zwar in Anknüpfung an das StGB, jedoch eigenständig und ohne eine "strenge Bindung" an die strafrechtliche Bedeutung auszulegen ist (vgl. Urteil vom 10. September 1997, Az. 9 RVg 1/96 m.w.N. sowie Urteil vom 7. April 2011, Az. B 9 VG 2/10 R). Der tätliche Angriff setzt danach im Grundsatz eine körperliche Gewalteinwirkung gegen eine Person voraus. Ausschlaggebend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG ist dabei nicht die innere Einstellung des Täters, sondern vielmehr die Rechtsfeindlichkeit des Täterhandelns aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten. Danach ist eine bereits nach ihrem äußeren Erscheinungsbild gewalttätige Angriffshandlung, bei der körperliche Gewalt eingesetzt wird, regelmäßig als tätlicher Angriff zu bewerten. Feindselig handelt, wer (objektiv) gegen das Strafgesetz verstößt, indem er den Körper eines anderen verletzt. Dafür kommt es nicht darauf an, ob der Täter in der Lage ist, seine Handlung moralisch zu bewerten und das Unrecht der Tat einzusehen.

Wie bereits ausführlich dargelegt, steht für den Senat - ebenso wie für die Strafkammer - fest, dass die Klägerin in der unbewohnten Doppelhaushälfte AW. mit sechs ihr größtenteils unbekannten Männern Geschlechtsverkehr ausüben musste, ohne, dass die Klägerin dies wollte oder hieran aufgrund einer frei getroffenen Willensentscheidung freiwillig mitgewirkt hätte. So sagte sie bereits im Hotel Z. zu I. und dem Zeugen AA., dass sie nicht "zum Ficken da" sei und bekräftigte auch noch einmal auf der Autofahrt auf AX. Frage, dass sie keinen Sex mit mehreren Jungs haben wolle. Während der Ausführung der sexuellen Handlungen im Haus äußerte die Klägerin mehrfach gegenüber den Männern, dass sie nicht mehr könne und begann sich anzuziehen, sie begab sich in Richtung Flur, wurde aber zurückgehalten. U.a. drückte die Klägerin J. während des Geschlechtsverkehrs weg und drehte sich wegen der sexuellen Handlungen weg und setzte sich hin, als einer der Täter sie penetriert hatte. Die Täter kamen dann aber erneut an und legten sie wieder auf die Seite oder den Rücken und haben weitergemacht. Zwar mag der Widerstand der Klägerin nur gering und niederschwellig gewesen sein. Gleichwohl war er vorhanden und wurde von den Männern durch ihre Übermacht gebrochen, indem sie einfach weitermachten und die Klägerin wie einen Gegenstand benutzten. Außerdem führte Q. seine Hand, über die er einen Latexhandschuh gezogen hatten, in die Vagina der Klägerin ein, was ihr heftige Schmerzen bereitete. Auch wenn die Täter eine Gewaltanwendung und das vaginale Einführen einer Hand bestritten, ist der Senat vom Gegenteil überzeugt. Denn zum einen ist das vaginale Einführen der Hand durch die DNA-Spuren des Q. an dem Einmalhandschuh - die Klägerin hatte geschildert, dass dieser einen solchen Handschuh benutzte, als er seine Hand in ihre Vagina einführte - nachgewiesen und im Rahmen der gynäkologischen Untersuchung wurde in der Vagina der Klägerin eine Verletzung und eine Druckschmerzhaftigkeit festgestellt. Zum anderen müssen die Angaben der Klägerin zu den Geschehnissen im Haus als erlebnisbasiert eingeschätzt werden. Der Senat folgt insoweit der überzeugenden Einschätzung der Sachverständigen Dr. V. in ihrem Gutachten vom 5. Januar 2010. Steht zur Überzeugung des Senates weiterhin fest, dass die Klägerin aufgrund der von ihr genossenen Getränke benommen gewesen ist, stellt sich damit die Situation so dar, dass die Klägerin in einem ihr unbekannten Haus an einem ihr unbekannten Ort sich einer Übermacht von sechs, teilweise deutlich älteren und größtenteils ihr unbekannten Männern gegenüber sah und gleichzeitig keine Möglichkeit erkannte, der Situation zu entkommen oder um Hilfe zu schreien, da sie nicht wusste, wo sie war, durch den zuvor verabreichten Alkohol noch benommen war und die Täter ihre Bekleidung bis auf ein Oberteil an einem für sie unbekannten Ort aufbewahrten.

Wenn auch die 41. Strafkammer einen individuellen Vorsatz der einzelnen Täter im Hinblick auf eine Vergewaltigung i.S.d. § 177 Abs. 1 Nr. 1 und 3, Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen konnte, weil die Klägerin nach außen hin den Eindruck vermittelt haben mochte, sie sei mit den an ihr vollzogenen sexuellen Handlungen einverstanden, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall gewesen ist, hat dies keinen Einfluss auf die Bewertung der Geschehnisse als "tätlichen Angriff" i.S.d. OEG. Ausschlaggebend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG ist nämlich unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, nicht die innere Einstellung des Täters, sondern vielmehr die Rechtsfeindlichkeit des Täterhandelns aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten. Dass aber aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten das von der Klägerin Erlebte als rechtsfeindlich eingeordnet werden muss, ist für den Senat - im Gegensatz zur Auffassung der beklagten Hansestadt in der mündlichen Verhandlung - offensichtlich.

Daneben lässt sich die Rechtsfeindlichkeit des Täterhandelns im vorliegenden Fall auch - selbständig tragend - aus der entsprechenden Anwendung von § 182 StGB ableiten. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer eine Person unter 18 Jahren dadurch missbraucht, dass er unter Ausnutzung einer Zwangslage

1. sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder

2. diese dazu bestimmt, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen.

Das gemeinsame Merkmal der Tatbestände des Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 sind das Vorliegen einer Zwangslage für das Opfer und deren Ausnutzung durch den Täter. Dabei sind unter einer Zwangslage nicht nur wirtschaftliche Not oder Bedrängnis zu verstehen, sondern auch persönliche Bedrängnisse und psychische Beeinträchtigungen, also Umstände von Gewicht, denen die spezifische Gefahr anhaftet, den Widerstand des Opfers gegen sexuelle Übergriffe herabzusetzen. Dabei ist gleichgültig, ob der Täter die Zwangslage geschaffen hat oder nur ausnutzt, ob sie für das Opfer existenzbedrohend ist oder vermeidbar war (vgl. Fischer, StGB, 65. Auflage 2018, § 182 Rn. 5). Zum Tatzeitpunkt war die Klägerin 17 Jahre und drei Monate alt. Die an der Tat beteiligten Männer waren beinahe 27 (P.), 20 (AY.), 20 (O.), 19 (J.), beinahe 20 (Q.) und 26 (R.) Jahre alt. Der Senat ist bei Würdigung des festgestellten Sachverhalts überzeugt, dass gravierende Umstände, d.h., das Maß des für Personen im Alter und in der Situation der Klägerin Üblichen deutlich übersteigende Gegebenheiten vorgelegen haben, die konkret geeignet gewesen sind, die Entscheidungsmöglichkeiten der Klägerin gerade über ihr sexuelles Verhalten einzuschränken. Die Täter haben diese Zwangslage der Klägerin auch für eigene und fremde (der jeweiligen anderen Täter) sexuelle Zwecke erfolgreich ausgenutzt. Damit ergibt sich auch unter Anlegung dieses Maßstabes ein rechtsfeindliches Täterhandeln i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG und zwar entgegen der Auffassung des beklagten Landes ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfang die 17jährige Klägerin zum Tatzeitpunkt bereits sexuelle Erfahrungen gemacht hat. Der Senat legt in diesem Zusammenhang großen Wert darauf, dass aus seiner Sicht, das Maß der bereits vorliegenden sexuellen Erfahrungen einer Frau keinerlei Aussagen darüber erlaubt, ob ihr etwa in derartigen Situationen weniger Glaubwürdigkeit zukommt. Männer dürfen daraus auch nicht - weder subjektiv noch objektiv - schließen, Gegenwehr oder sich widersetzende Äußerungen müssten nicht ernst genommen werden. Vielmehr wird dadurch das Selbstbestimmungsrecht einer Frau - anders als die beklagte Hansestadt anzunehmen scheint - in keiner Weise herabgesetzt.

In diesem Sinn ist auch dem Rundschreiben des BMA vom 28. November 1996 (VI 1-52030, BArbBl. 2/1997, S. 97, 98) die Vorgabe zu entnehmen, dass die vom BSG in der Entscheidung vom 18. Oktober 1995 entwickelte Rechtsprechung zur Frage der Einbeziehung von Tatbeständen des gewaltlosen sexuellen Missbrauchs in den Geltungsbereich des OEG (Az.: 9 RVg 4/93, 9 RVg 7/93) auch auf ähnlich gelagerte Fälle Anwendung finden müsse, in denen etwa eine heranwachsende oder erwachsene Person Opfer sexuellen Missbrauchs geworden ist. Ausdrücklich ist hier ausgeführt, dass als ähnlich gelagert solche Fälle zu betrachten sind, in denen das Opfer auf Widerstand verzichtet, weil es sich in einer hilflosen Lage befindet und Widerstand gegen den überlegenen Täter aussichtslos erscheint. Dabei wird darauf hingewiesen, dass das Opfer insbesondere in eine Lage kommen kann, in der es dem ungehemmten Einfluss des Täters preisgegeben ist, wenn die Überlegenheit des Täters gegenüber dem Opfer auf dessen geistiger, seelischer oder körperlicher Widerstandsunfähigkeit beruht oder der Täter im Rahmen eines besonderen Vertrauens- oder Abhängigkeitsverhältnisses seine dominierende Stellung benutzt. In diesem Rundschreiben wird außerdem noch einmal deutlich gemacht, dass es für die Annahme eines sexuellen Missbrauchs im Sinne des § 1 OEG nicht Voraussetzung ist, dass es zur strafgerichtlichen Verurteilung des Täters gekommen ist, sondern das es ausreicht, wenn die Versorgungsverwaltung nach erschöpfender Sachverhaltsaufklärung die Anspruchsvoraussetzungen nach dem OEG bejaht.

Der Senat ist der rechtlichen Auffassung, dass sich die Versorgungsverwaltung bundesweit durch dieses Rundschreiben, das der Senat als Verwaltungsvorschrift versteht, selbst gebunden hat und die Klägerin schon hierauf - auch insoweit selbständig tragend - einen Anspruch gegen das beklagte Land stützen kann. Er sieht angesichts der zuvor gemachten Ausführungen aber davon ab, diesen Gesichtspunkt weiter zu vertiefen, da dies zur Begründung der Entscheidung nicht erforderlich ist. Daher war es auch nicht erforderlich festzustellen, ob die Versorgungsverwaltung dieses Rundschreiben des Bundesministeriums ihrer Rechtsanwendung bisher in ständiger Praxis zu Grunde gelegt hat, was nach den langjährigen Erfahrungen des Senats in anderen Fällen und mit anderen Hinweisen und Rundschreiben des Ministeriums aber in der Regel der Fall ist.

An der Rechtauffassung des Senates ändert nichts, dass § 182 StGB in der zitierten Fassung erst mit dem Gesetz vom 31. Oktober 2008 (BGBl I 2149; 1 zu § 176) und damit nach dem Tatzeitpunkt am 1. Juli 2007 Geltung erlangt hat. Die Vorschrift war zunächst eine Schutzschrift für Jugendliche unter 16 Jahren. Durch das Änderungsgesetz aus dem Jahre 2008 ist in Abs. 1 die Altersgrenze auf 18 Jahre angehoben worden. Weil aber nach der bereits dargestellten Rechtsprechung des BSG lediglich die Rechtsfeindlichkeit des Täterhandelns für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung des "tätlichen Angriffs" maßgeblich ist und dabei keine strenge Bindung an die strafrechtliche Bedeutung des entsprechenden Begriffs besteht, kommt dem konkreten Zeitpunkt der Geltungskraft von § 182 StGB in der nunmehr geltenden Fassung für den vorliegenden Fall keine durchgreifende Bedeutung zu.

Die in der L. zu Lasten der Klägerin verübten Handlungen geschahen außerdem vorsätzlich und waren rechtswidrig. Zwar wird allgemein davon ausgegangen, dass der Begriff des Vorsatzes in Anlehnung an strafrechtliche Kriterien zu definieren ist, obwohl dem OEG keine ausdrückliche Bezugnahme auf das Strafrecht zu entnehmen ist (Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 1 Rn. 58 m.w.N.). Im Strafrecht wird der Vorsatz allgemein (etwas verkürzt) als Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung definiert. Für das OEG ist allerdings zu beachten, dass der Vorsatz nicht auf die Verwirklichung des Straftatbestandes, sondern nur auf die Angriffshandlung zu beziehen ist und ein vorsätzlicher tätlicher Angriff gegen eine Person i.S. des § 1 Abs. 1 OEG auch dann vorliegen kann, wenn der Täter hinsichtlich eines strafrechtlich relevanten Erfolges mit bedingtem Vorsatz (dolus eventualis) handelt (BSG, Urteil vom 4. Februar 1998, B 9 VG 5/96 R). Insoweit gibt es keinen Zweifel daran, dass die Täter die gegen die Klägerin gerichteten Tätlichkeiten - u.a. das Einführen der Faust in die Vagina - vorsätzlich ausgeübt haben. Und mit Blick auf den strafrechtlich relevanten Erfolg hat bereits das SG vollkommen zutreffend und nicht ergänzungsbedürftig angenommen, dass es bei den vorliegenden Gesamtumständen gar nicht anders sein kann, als dass die Männer unter Ausnutzung der für die Klägerin geschaffenen schutzlosen Lage es zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben, dadurch den Widerstand der Klägerin gegen sexuelle Übergriffe herabzusetzen oder sogar ihren entgegenstehenden Willen zu brechen. Damit aber haben die Täter mindestens mit bedingtem Vorsatz gehandelt.

Außerdem ergibt sich bei Zugrundelegung dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Prüfung eines opferentschädigungsrechtlichen Anspruchs aus § 1 OEG für Situationen wie die vorliegende ein Unterschied für die notwendigen Feststellungen des Strafgerichts zu denen im sozialrechtlichen Verfahren. Während es im strafrechtlichen Verfahren für einen Schuldspruch unabdingbar ist, die individuelle Schuld und damit den individuellen Vorsatz des jeweils Angeklagten sicher festzustellen, ist es im Opferentschädigungsrecht ausreichend, festzustellen, dass einer der mehreren handelnden Täter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit jedenfalls mit bedingtem Vorsatz den Tatbestand des Strafgesetzes verwirklichen wollte. Dies ergibt sich für den Senat schon aus der Überlegung, dass in Konstellationen, in denen zwei Personen als Täter in Betracht kommen und derjenige, der gehandelt hat, auf jeden Fall mit Vorsatz gehandelt hat, sich aber beide Beschuldigte mit der Behauptung verteidigen der jeweils Andere sei es gewesen und letztlich keine Feststellungen darüber getroffen werden können, wer es gewesen ist, keine strafrechtliche Verurteilung ausgesprochen werden kann. Opferentschädigungsrechtlich wäre dann aber ohne weiteres davon auszugehen, dass das Opfer der Straftat, Opfer einer vorsätzlichen Tat i.S.v. § 1 OEG geworden wäre.

Weil eine Einwilligung der Klägerin in die geschilderten Taten tatsächlich nicht vorgelegen hat, waren diese auch rechtswidrig.

b) Außerdem kommt der Klägerin - was bisher unberücksichtigt geblieben ist - vorliegend der abgesenkte Beweismaßstab des § 6 Abs. 3 OEG i.V.m. § 15 KOVVfG zugute. Nach § 15 S. 1 KOVVfG sind die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, soweit die Angaben nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Beweiserleichterung des § 15 S. 1 KOVVfG ist auch anwendbar, wenn für den schädigenden Vorgang keine Zeugen vorhanden sind (vgl. grundlegend BSG Urteil vom 31. Mai 1989, 9 RVg 3/89). Nach dem Sinn und Zweck des § 15 S. 1 KOVVfG sind damit nur Tatzeugen gemeint, die zu den zu beweisenden Tatsachen aus eigener Wahrnehmung Angaben machen können. Personen, die von ihrem gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrecht (vgl. §§ 383 ff ZPO) Gebrauch gemacht haben, sind dabei nicht als Zeugen anzusehen. Entsprechendes gilt für eine als Täter in Betracht kommende Person, die eine schädigende Handlung bestreitet. Denn die Beweisnot des Opfers, auf die sich § 15 S. 1 KOVVfG bezieht, ist in diesem Fall nicht geringer, als wenn der Täter unerkannt geblieben oder flüchtig ist. Die Beweiserleichterung des § 15 S. 1 KOVVfG gelangt damit auch zur Anwendung, wenn sich die Aussagen des Opfers und des vermeintlichen Täters gegenüberstehen und Tatzeugen nicht vorhanden sind (vgl. BSG Urteil vom 17. April 2013, B 9 V 1/12 R). Insoweit ist für den vorliegenden Sachverhalt festzustellen, dass bei den Geschehnissen in der L. lediglich die Klägerin und die angeklagten Männer - nicht aber andere Tatzeugen - anwesend gewesen sind. Überdies haben die Täter die schädigenden Handlungen stets abgestritten und letztlich im Strafverfahren einen Freispruch erstritten. Damit ist der Anwendungsbereich des § 15 KOVVfG eröffnet. Ist zur Überzeugung des Senats schon mit dem sog. Vollbeweis ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff zu Lasten der Klägerin erbracht, so ist ein solcher erst Recht glaubhaft gemacht i.S.d. § 15 Satz 1 KOVVfG.

2. Im Hinblick auf die durch die vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffe bei der Klägerin ursächlich hervorgerufenen Schädigungsfolgen sowie die Höhe des Grades der Schädigung (GdS) hatte der Senat keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen. Insbesondere sah sich der Senat nicht veranlasst, ein weiteres psychiatrisches Gutachten im Hinblick auf bei Klägerin bestehende Schädigungsfolgen und die Höhe des daraus resultierenden GdS einzuholen. Die Tatsache, dass die Klägerin infolge der erlittenen Gewalttat an einer schweren psychischen Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten leidet, ist von der Beklagten trotz dazu vorhandener Möglichkeiten nicht bestritten worden. Zwar gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren der Amtsermittlungsgrundsatz. Die Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen besteht jedoch nicht unbegrenzt. Tragen die Beteiligten übereinstimmend Tatsachen vor, die plausibel sind, müssen diese nicht zwingend vom Gericht angezweifelt und überprüft werden, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen. Ohne diese Beschränkung des Amtsermittlungsgrundsatzes wäre eine rationelle Erledigung des Verfahrens nicht möglich. Demnach kann das Vorbringen der Beteiligten sogar allein Entscheidungsgrundlage sein, etwa dann, wenn eine von einem Beteiligten mehrfach vorgetragene Tatsache vom anderen während des Verfahrens nicht bestritten wird (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015, Az.: B 9 V 1/14 R m.w.N.). Hinsichtlich der bei der Klägerin vorliegenden psychischen Beschwerden hat das SG die Sachverständige Dr. E. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Diese ist in ihrem Gutachten vom 19. Mai 2014 zu der Einschätzung gelangt, dass bei der Klägerin infolge der erlittenen Gewalttat eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt, die insgesamt mit einem GdS in Höhe von 70 zu beurteilen ist. Zwar hat der beratungsärztliche Dienst der Beklagten moniert, dass nicht sämtliche bei der Klägerin vorliegenden Störungen als Schädigungsfolge angesehen und bewertet werden können und dass aus versorgungsärztlicher Sicht gegebenenfalls lediglich eine chronifizierte posttraumatische Belastungsstörung mit einem GdS von 50 anzuerkennen sei. Die insoweit von der Beklagten im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren bekundeten Zweifel hat das SG erneut der Sachverständigen Dr. E. zugeleitet, die allerdings unter dem 7. Juli 2014 an ihrer bisherigen Einschätzung festgehalten hat. Weitere konkrete Einwendungen der Beklagten zu den Ausführungen der Sachverständigen Dr. E. sind sodann nicht mehr erfolgt, weder im erstinstanzlichen Verfahren, noch im Berufungsverfahren. Stattdessen hat die Beklagte einen Anspruch der Klägerin allein deshalb abgelehnt, weil sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 OEG nicht als erfüllt angesehen hat. Vor diesem Hintergrund hat der Senat keinen Anlass zu Zweifeln an den Ausführungen der Sachverständigen Dr. E ... Hinzu kommt, dass die Einschätzung der Sachverständigen durch die vom Senat beigezogenen ärztlichen Unterlagen der behandelnden Ärzte der Klägerin gestützt werden. So ist dem Behandlungsverlauf des Hausarztes Dr. AC. unübersehbar eine Zuspitzung der psychischen Belastungssituation und damit einhergehenden sich verschlimmernden Erkrankung der Klägerin zu entnehmen. Auch, wenn diese bereits vor Juli 2007 eine eher schwache Schülerin war, gelang es ihr doch im Rahmen ihrer Fähigkeiten, die Hauptschule zu besuchen und mit ihrem Leben zurecht zu kommen. Nach der erlittenen Gewalttat im Juli 2007 manifestierte sich dann jedoch eine stetige psychische Beschwerdeverschlechterung bei der Klägerin, die seit diesem Tag an unklaren abdominellen Schmerzen litt und mit wiederkehrenden Ohnmachtsanfällen zu kämpfen hatte. Hinzu trat die spätestens im Mai 2008 von der Klägerin wahrgenommene Bedrohungslage durch die Täter, die sie sowohl zu Hause, als auch vor ihrem Arbeitsort wiederholt aufsuchten. Die Klägerin fühlte sich hierdurch - aus der Sicht des Senats durchaus zu Recht - bedroht und sah sich nicht mehr in der Lage, vor Gericht auszusagen. In der Folge zeichnete sich eine weitere Verschlimmerung der von der Klägerin gefühlten Schwäche- sowie Schwindelanfälle ab, es traten psychosomatische Symptome auf, die Klägerin kam in der Schule nicht mehr zurecht, benötigte eine stationäre Therapie. In der weiteren Folge sind die Diagnosen einer reaktiven Depression, später dann auch einer Psychosomatose, Angsterkrankung, depressive Stimmungslage, einer akuten psychischen Krise, schwerer depressiver Episode und eines Nervenzusammenbruchs dokumentiert worden. Lediglich klarstellend ist damit auszusprechen, dass die bei der Klägerin bestehende Schädigungsfolge als "posttraumatische Belastungsstörung" zu bezeichnen ist, was ebenfalls die Sachverständige Dr. E. festgestellt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.