Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 26.11.2019, Az.: L 11 AS 1054/17

Leistungen nach dem SGB II; Abstrakte Förderungsfähigkeit eines Studiengangs durch Leistungen nach dem BAföG; Master-Studiengang Sozialrecht und Sozialwirtschaft

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
26.11.2019
Aktenzeichen
L 11 AS 1054/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 63848
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Lüneburg - 08.11.2017 - AZ: S 23 AS 546/17

Redaktioneller Leitsatz

Ein Master-Studiengang "Sozialrecht und Sozialwirtschaft" ist ein dem Grunde nach durch BAföG-Leistungen förderungsfähiges Studium; es handelt sich nicht um eine von der Förderung durch BAföG-Leistungen ausgeschlossene Weiterbildung.

Tenor:

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 8. November 2017 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2017.

Der 1970 geborene Kläger war von August 2008 bis Ende März 2014 selbstständig als Rechtsanwalt erwerbstätig (vgl zum Zeitpunkt der Beendigung der Tätigkeit als Rechtsanwalt: Seite 2 des Schriftsatzes des Klägers ohne Datum, Eingang beim Sozialgericht - SG - am 17. Oktober 2017, Bl 109f Gerichtsakte - GA -). Seit dem 1. Mai 2014 bezog er aus gesundheitlichen Gründen eine Berufsunfähigkeitsrente (BU-Rente) auf Zeit vom H. I., welche zunächst bis zum 31. Dezember 2016 befristet war (vgl Bewilligungsbescheid vom 5. März 2015 - Zahlbetrag zunächst: 1.239,24 Euro; im Dezember 2016: 1.260,00 Euro). Zusätzlich bezog der Kläger eine private BU-Rente von der J. -Versicherung, welche auch über den 31. Dezember 2016 hinaus vierteljährlich (dh jeweils für drei Monate) ausgezahlt wurde (im streitbefangenen Zeitraum am 28. Februar und am 31. Mai 2017 jeweils iHv 1.515,81 Euro).

Aufgrund des Auslaufens der vom H. gewährten BU-Rente beantragte der Kläger am 2. Januar 2017 beim Beklagten die Gewährung von SGB II-Leistungen. Er lebte damals allein in einer Mietwohnung, für die er eine Pauschalmiete von 460,00 Euro pro Monat zu zahlen hatte (inklusive Heizung und Warmwasserversorgung). Zum Zeitpunkt der Antragstellung gab der Kläger an, über Geldvermögen auf seinem Girokonto sowie in Form von Bargeld iHv insgesamt 9.791,47 Euro zu verfügen.

Im Oktober 2014 hatte der Kläger ein Studium an der Universität K. aufgenommen (Masterstudiengang "Sozialrecht und Sozialwirtschaft"). In dem im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Zeitraum befand sich der Kläger im 5. (bis März 2017) bzw. 6. Fachsemester (April bis September 2017). Nach seinen Angaben handelte es sich damals um die "Endphase" des Studiums; er sei lediglich noch damit beschäftigt, die Masterarbeit zu erstellen. Vorlesungen seien nicht mehr zu besuchen, so dass auch kein regelmäßiges Pendeln zur Universität mehr erfolge.

Der Beklagte lehnte mit dem im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheid vom 3. April 2017 die Gewährung von SGB II-Leistungen mit der Begründung ab, dass der Kläger als Student von SGB II-Leistungen ausgeschlossen sei.

Hiergegen machte der Kläger im Widerspruchsverfahren ua geltend, dass ein Ausschlussgrund nicht vorliege, da sein Studium nicht durch Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) gefördert werden könne. Der Masterstudiengang "Sozialrecht und Sozialwirtschaft" setze ua ein abgeschlossenes Studium der Rechtswissenschaft voraus, so dass es sich um einen nicht-konsekutiven Studiengang handele, der im Wege der Weiterbildung lediglich eine ergänzende Qualifikation vermittle. Somit greife der Leistungsausschluss nach dem SGB II nicht (so auch: Landessozialgericht - LSG - Thüringen, Beschluss vom 8. März 2017 - L 7 AS 63/06 ER -). Zudem liege ein Härtefall vor, da er das Studium nahezu abgeschlossen habe und nur noch die Masterarbeit fehle. Der für die Masterarbeit erforderliche Aufwand habe allenfalls die "Qualität eines Teilzeitstudiums", für welches der Leistungsausschluss nicht greife. Es sei auch bereits sozialgerichtlich entschieden, dass der Leistungsausschluss nicht für ein - auch im Fall des 47jährigen Klägers anzunehmendes - "Seniorenstudium" gelte. Schließlich sei der Kläger zwischenzeitlich wegen Berufsunfähigkeit berentet worden. Aus gesundheitlichen Gründen sei ihm auch keine Erwerbstätigkeit zumutbar (vgl hierzu die vom Kläger in Bezug genommene gutachtliche Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. vom 17. Januar 2017, in der die Leistungsfähigkeit des Klägers für eine Erwerbstätigkeit - voraussichtlich auf Dauer - auf weniger als drei Stunden pro Tag bzw auf wöchentlich unter 15 Stunden eingeschätzt worden ist, Bl 44f GA).

Der Beklagte wies den Widerspruch mit der ergänzenden Begründung zurück, dass der Masterstudiengang "Sozialrecht und Sozialwirtschaft" dem Grunde nach durch BAföG-Leistungen und damit abstrakt förderungsfähig sei. Dementsprechend finde der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 SGB II Anwendung. Dass der Kläger aus personenbedingten Gründen nicht habe gefördert werden können, ändere hieran nichts. Ein besonderer Härtefall iSd § 27 Abs 4 SGB II liege nicht vor. Der Kläger verfüge über eine abgeschlossene Ausbildung und habe bereits den Beruf als Rechtsanwalt ausgeübt. Zudem habe der Kläger noch nicht einmal nachgewiesen, dass das Studium tatsächlich kurz vor dem Abschluss stehe. Unabhängig davon sei die Ablehnung der SGB II-Leistungen auch wegen bedarfsdeckenden Vermögens gerechtfertigt gewesen. Das Vermögen auf dem Girokonto (9.741,47 Euro) übersteige den dem Kläger zustehenden Freibetrag (7.800,00 Euro) deutlich. Auch sei der Kläger nicht erwerbsfähig, so dass SGB II-Leistungen nicht gewährt werden können (Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2017).

Hiergegen richtet sich die am 30. Juni 2017 beim SG Lüneburg eingelegte und ausschließlich auf Zuschussleistungen gerichtete Klage (vgl Seite 3 der Klageschrift: "Vorab ist festzustellen, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt die Gewährung eines Darlehens angestrebt hat"; vgl zur Beschränkung der Klage auf die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2017: Schriftsatz des Klägers ohne Datum, Eingang beim LSG am 8. Oktober 2019, Bl 193 GA).

Am 26. Juni 2017 bewilligte das H. rückwirkend die Verlängerung der BU-Rente über den 31. Dezember 2016 hinaus mit einem monatlichen Zahlbetrag von 1.260,10 Euro. Die Auszahlung der Rente für den Monat Juli 2017 sowie die Nachzahlung für die Monate Januar bis Juni 2017 erfolgten am 13. Juli 2017 (Gesamtbetrag: 8.820,70 Euro).

Das SG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger aufgrund fortdauernder Erwerbsunfähigkeit vom SGB II-Leistungsbezug ausgeschlossen gewesen sei. Aus der Bescheinigung des Dr. L. ergebe sich, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers auf Dauer aufgehoben gewesen sei und eine Berufstätigkeit nur noch für weniger als drei Stunden pro Tag möglich gewesen sei. Dem entspreche das Vorbringen des Klägers in seinem am 17. Oktober 2017 beim SG eingegangenen Schriftsatz, wonach er "keine volljuristische Tätigkeit mehr ausüben könne, obwohl die hiermit verbundenen Aufgaben gerichtsbekannt üblicherweise nicht mit schweren körperlichen Belastungen verbunden seien sondern vielfach von körperbehinderten Menschen erledigt werden könnten". Ein Anspruch auf SGB II-Leistungen ergebe sich auch nicht aus § 44a Abs 1 Satz 7 SGB II, weil schon kein Widerspruch einer der dort genannten beteiligten Stellen gegen die Entscheidung des Beklagten zur Erwerbsfähigkeit des Klägers eingelegt worden sei. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall: Der für den Kläger zuständige berufsständische Versorgungsträger habe ebenfalls die BU des Klägers anerkannt und schon vor Stellung des vom Beklagten beschiedenen Antrags Versorgungsleistungen gewährt. Der Beklagte als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) könne auch nicht zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII verurteilt werden. Ebenso wenig könne der beim Beklagten gestellte Antrag als Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII ausgelegt werden. Schließlich habe der Kläger, der in Rechts- und Verwaltungsangelegenheiten über erhebliche berufliche Erfahrung verfüge, beim Beklagten ausdrücklich die Gewährung von SGB II-Leistungen beantragt (Gerichtsbescheid vom 8. November 2017, dem Kläger am 11. November 2017 zugestellt).

Mit seiner am 8. Dezember 2017 eingelegten Berufung vertieft der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchs- und Klageverfahren. Er wendet sich ua dagegen, dass das SG aufgrund fehlender Erwerbsfähigkeit einen Leistungsanspruch verneint hat. Er habe sich damals "zwischen den Stühlen" befunden, weil für den streitbefangenen Zeitraum zunächst keine Feststellung über den Fortbestand der Erwerbs-/Berufsunfähigkeit vorgelegen habe. Eine Entscheidung sei erst durch Bescheid des M. vom 26. Juni 2017 getroffen worden. Bis dahin sei der Beklagte zuständiger Leistungsträger gewesen (§ 44a Abs 1 Satz 7 SGB II). Da für die Aufnahme des Masterstudiengangs "Sozialrecht und Sozialwirtschaft" ein abgeschlossenes Hochschulstudium (Rechtswissenschaft) Zugangsvoraussetzung gewesen sei, handele es sich gerade nicht um eine nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung (vgl im Einzelnen: Schriftsatz des Klägers ohne Datum, Eingang beim LSG am 22. Mai 2018, Bl 172 ff der GA). Der Kläger bestreite nicht, dass aufgrund von Vermögen im Januar 2017 keine Hilfebedürftigkeit vorgelegen habe. Allerdings habe in der Folgezeit das Vermögen unterhalb der Freigrenzen gelegen, so dass bereits erstinstanzlich beantragt worden sei, SGB II-Leistungen ab dem 1. Februar 2017 zu gewähren. Aufgrund der im streitbefangenen Zeitraum bestehenden Unsicherheit hinsichtlich des Vorliegens von Erwerbsunfähigkeit und angesichts des unveränderten Gesundheitszustandes des Klägers hätte eine Leistungsgewährung im Wege der sog Nahtlosigkeitsregelung erfolgen müssen. Insoweit stehe die streitbefangene Ablehnung von SGB II-Leistungen für die Zeit ab 1. Januar 2017 auch in eklatantem Widerspruch zur Leistungsgewährung in der Vergangenheit (nämlich für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2014 gemäß Bescheid vom 25. Juni 2014) trotz unverändertem Gesundheitszustand.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

1. den Gerichtsbescheid des SG Lüneburg vom 8. November 2017 sowie den Bescheid des Beklagten vom 3. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017 aufzuheben und

2. ihm Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2017 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass es sich bei dem Masterstudium des Klägers bei Zugrundelegung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. September 2011 - B 4 AS 145/10 R - um eine dem Grunde nach durch BAföG-Leistungen förderungsfähige Ausbildung gehandelt habe. Für das Tatbestandsmerkmal "Erwerbsfähigkeit" komme es nicht darauf an, ob im streitbefangenen Zeitraum bereits eine diesbezügliche Feststellung getroffen worden sei. Ein Anspruch auf SGB II-Leistungen scheide auch aus, wenn eine im streitbefangenen Zeitraum tatsächlich vorliegende Erwerbsunfähigkeit erst nachträglich festgestellt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die den Kläger betreffende Verwaltungsakte des Beklagten sowie die erst- und zweitinstanzliche Gerichtsakte verwiesen. Sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2017.

1.

Für den Monat Januar 2017 scheitert ein Anspruch des Klägers auf SGB II-Leistungen bereits daran, dass der Kläger damals über ein den Freibetrag nach § 12 SGB II übersteigendes Vermögen verfügte und dementsprechend nicht hilfebedürftig war (vgl zur Hilfebedürftigkeit als Voraussetzung für die Gewährung von SGB II-Leistungen: §§ 7, 9 SGB II). Der Kläger hatte bei Antragstellung Geldvermögen iHv 9.791,47 Euro (Girokonto; Bargeld), während der für ihn maßgebliche Freibetrag bei lediglich 7.800,00 Euro lag (vgl zur Berechnung des Freibetrags: Seite 3 des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2017). Erst ab 1. Februar 2017 (damaliger Saldo des Girokontos: 7.730,69 Euro) stand sein Geldvermögen einer Hilfebedürftigkeit nicht mehr entgegen.

Für die Monate Februar und Mai 2017 bestand kein Anspruch auf SGB II-Leistungen, weil der Kläger in diesen Monaten bedarfsdeckendes Einkommen erzielte. Ihm flossen am 28. Februar sowie am 31. Mai 2017 jeweils 1.515,81 Euro zu (vierteljährlicher Zahlbetrag der privaten BU-Rente der J. -Versicherung). Durch dieses Einkommen war der grundsicherungsrechtliche Bedarf des Klägers (Regelbedarf nach § 20 SGB II, Kosten der Unterkunft und Heizung - KdUH - sowie ggf Beiträge für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung) vollständig gedeckt.

2.

Für den gesamten streitbefangenen Zeitraum scheitert der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf zuschussweise SGB II-Leistungen am Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II.

§ 7 Abs 5 Satz 1 SGB II bestimmt, dass Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts haben.

Bei dem Master-Studiengang "Sozialrecht und Sozialwirtschaft" (Universität K.) handelt es sich um ein dem Grunde nach durch BAföG-Leistungen förderungsfähiges Studium. So stellt dieser Studiengang eine Ausbildung an einer Hochschule iSd § 2 Abs 1 Nr 6 BAföG dar. Sie wird als Vollzeitstudium absolviert (vgl hierzu: Beschreibung des Studiengangs auf der Internet-Seite der Universität K. - http://www.uni-kassel.de/fb07/studium/master-studiengaenge/sozrundsowi/studienaufbau.html sowie § 9 Abs 1 der Verordnung über das Verfahren der Immatrikulation, Rückmeldung, Beurlaubung und Exmatrikulation, das Studium als Gasthörerin oder Gasthörer, das Teilzeitstudium und die Verarbeitung personenbezogener Daten der Studierenden und der Promovierenden an den Hochschulen des Landes Hessen - Hessische Immatrikulationsverordnung - vom 24. Februar 2010, GVBl. I 2010, 94, wonach nur in grundständigen [dh in zum Bachelor-Abschluss führenden] Studiengängen ein Teilzeitstudium möglich ist). Ein solches Vollzeitstudium nimmt die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch (vgl zu dieser Voraussetzung für die Gewährung von BAföG-Leistungen: § 2 Abs 5 Satz 1 SGB II).

Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei dem Master-Studiengang "Sozialrecht und Sozialwirtschaft" (Universität K.) nicht um eine von der Förderung durch BAföG-Leistungen ausgeschlossene Weiterbildung (vgl zur fehlenden Förderungsfähigkeit eines Weiterbildungsstudiums etwa: BSG, Urteil vom 27. September 2011 - B 4 AS 145/10 R -, Rn 21). Ausweislich des Wortlauts von § 1 der Fachprüfungsordnungen für den Masterstudiengang Sozialrecht und Sozialwirtschaft der Fachbereiche Wirtschaftswissenschaften und Humanwissenschaften der Universität K. und Sozial- und Kulturwissenschaften der Hochschule N. (in den Fassungen vom 19. November 2014 sowie vom 29. Juni 2016, abrufbar etwa auf der Internet-Seite https://www.uni-kassel.de/uni/studium/im-studium/pruefungsordnungen/c15439) handelt es sich bei diesem Studiengang um einen konsekutiven, also einen auf einen Bachelor-Abschluss aufbauenden Studiengang (vgl zur Förderungsfähigkeit eines konsekutiven Masterstudiengangs etwa: BSG, Urteil vom 27. September 2011 - B 4 AS 145/10 R -, Rn 19 ff). Die für die Zulassung zum Studiengang "Sozialrecht und Sozialwirtschaft" erforderlichen Bachelor- bzw Diplom-Abschlüsse der Universität K. bzw der Hochschule N. werden in § 5 Abs 1 Nr 1 bis 3 der og Fachprüfungsordnungen im Einzelnen aufgezählt. Dass "darüber hinaus" (so wörtlich: Beschreibung des Studiengangs auf der Internet-Seite der Universität K. - https://www.uni-kassel.de/uni/studium/masterstudium/sozialrecht-und-sozialwirtschaft-master/) auch Bewerber mit einem 1. oder 2. juristischen Staatsexamen zugelassen werden können (Hervorhebung durch den Senat), verwandelt den konsekutiven Master-Studiengang "Sozialrecht und Sozialwirtschaft" (so ausdrücklich: § 1 der og Fachprüfungsordnungen) nicht in eine Weiterbildung iSd § 16 Hessisches Hochschulgesetz.

Ebenso wenig lässt der Umstand, dass der Master-Studiengang "Sozialrecht und Sozialwirtschaft" für den Kläger persönlich angesichts seines ersten Hochschulabschlusses (juristisches Staatsexamen) lediglich eine Weiterbildung darstellt, die (grundsätzliche) Förderungsfähigkeit dieses Studiengangs entfallen. Zwar trifft es zu, dass der Kläger nicht über einen der in § 5 Abs 1 Nr 1 bis 3 der og Fachprüfungsordnungen genannten Bachelor- oder Diplom-Abschlüsse verfügt, sondern seine Zulassungsberechtigung ausschließlich aus seinen juristischen Staatsexamina herleitet (§ 5 Abs 1 Nr 4 der og Fachprüfungsordnungen). Allerdings bestimmt sich die Frage, ob eine Ausbildung dem Grunde nach BAföG-förderungsfähig ist, nach ständiger Rechtsprechung des BSG abschließend nach § 2 BAföG ("abstrakte Betrachtungsweise"). Nicht abzustellen ist auf die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen oder sonstige individuelle Versagensgründe (BSG, Urteil vom 27. September 2011 - B 4 AS 145/10 R - mwN, insbes Rn 14). Somit ändert der Umstand, dass der Kläger aufgrund seiner erfolgreich absolvierten Erstausbildung zum Volljuristen für weitere Studiengänge grundsätzlich nicht mehr BAföG-berechtigt ist (vgl zur grundsätzlichen Beschränkung der BAföG-Förderung auf nur eine Ausbildung: BSG, Urteil vom 27. September 2011 - B 4 AS 145/10 R -, Rn 17) nichts an der (grundsätzlichen) Förderungsfähigkeit des konsekutiv ausgestalteten Master-Studiengangs "Sozialrecht und Sozialwirtschaft".

Der Senat teilt auch nicht die Auffassung des Klägers, dass in dem ausschließlich in Vollzeit zu absolvierenden Master-Studiengang "Sozialrecht und Sozialwirtschaft" die Phase der Erstellung der Master-Arbeit lediglich als Teilzeitstudium zu werten sein könnte. Schließlich ist gerichtsbekannt, dass die Anfertigung der Abschlussarbeit eines Hochschulstudiums während des gesamten Bearbeitungszeitraums praktisch die volle Leistungskraft des Prüflings bindet. Bei dem auf die juristische Ausbildung des Klägers aufbauenden Studium "Sozialrecht und Sozialwirtschaft" handelte es sich für den damals erst 47-jährigen Kläger auch nicht um ein sog Senioren-Studium.

3.

Ein Anspruch auf SGB II-Leistungen ergibt sich auch nicht aus § 27 Abs 1 Satz 1 SGB II. Nach dieser Vorschrift erhalten Auszubildende im Sinne des § 7 Abs 5 SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe der § 7 Abs 2 und 3 SGB II.

§ 7 Abs 2 SGB II sieht vor, dass Leistungen in Höhe der Mehrbedarfe nach § 21 Abs 2, 3, 5 und 6 SGB II sowie in Höhe der Leistungen nach § 24 Abs 3 Nr 2 SGB II erbracht werden, soweit die Mehrbedarfe nicht durch zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen gedeckt sind. Derartige Mehrbedarfe sind beim Kläger jedoch weder ersichtlich noch sind sie vom Kläger geltend gemacht worden.

Die in § 7 Abs 3 SGB II geregelten Darlehensleistungen werden vom Kläger ausdrücklich nicht begehrt (vgl Seite 3 der Klageschrift: "Vorab ist festzustellen, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt die Gewährung eines Darlehens angestrebt hat"). Im Wege eines Darlehens zu gewährende SGB II-Leistungen sind im vorliegenden Verfahren somit weder zu prüfen noch können sie zugesprochen werden.

4.

Allein aus der Gewährung von SGB II-Leistungen in der Vergangenheit (nämlich vom 1. Juni bis 30. November 2014 gemäß Bescheid vom 25. Juli 2014) kann der Kläger keinen Anspruch auf entsprechende Leistungen für die Zeit ab 1. Januar 2017 herleiten. Der Bescheid vom 25. Juli 2014 hat keine Regelung für den streitbefangenen Zeitraum getroffen und begründet dementsprechend weder einen diesbezüglichen Vertrauensschutz noch Leistungsanspruch.

5.

Eine Beiladung des örtlich zuständigen SGB XII-Leistungsträgers war nicht erforderlich, weil dessen Leistungspflicht nicht ernstlich in Betracht kommt (vgl zur Beiladung in einer solchen Fallkonstellation: § 75 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Der Senat kann offenlassen, ob der Kläger im streitbefangenen Zeitraum wegen fehlender Erwerbsfähigkeit (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 2 iVm § 8 SGB II) nicht dem Leistungssystem nach dem SGB II, sondern dem Leistungssystem nach dem SGB XII unterfiel (§ 2 iVm §§ 41 ff SGB XII; vgl zum Verhältnis der SGB XII- zu den SGB II-Leistungen auch: § 21 SGB XII). Denn selbst wenn der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht nur berufs-, sondern sogar erwerbsunfähig iSd § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 2 iVm § 8 SGB II gewesen sein sollte, hätte er für die streitbefangenen Monate Januar bis Juni 2017 keinen Anspruch auf Zuschussleistungen nach dem SGB XII gehabt.

a.

Auch im Anwendungsbereich des SGB XII gilt für Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG förderungsfähig ist, ein grundsätzlicher Leistungsausschluss (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB XII). Nur in besonderen Härtefällen können Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII (also ua Hilfe zum Lebensunterhalt) als Beihilfe oder als Darlehen gewährt werden (§ 22 Abs 1 Satz 2 SGB XII).

b.

Für die Monate Januar bis April 2017 lag bereits deshalb kein Härtefall iSd § 22 Abs 1 Satz 2 SGB XII vor, weil der Kläger in diesen Monaten über bedarfsdeckendes Vermögen verfügte. Schließlich überstieg schon allein das auf dem Girokonto befindliche Barvermögen des Klägers jeweils zu Beginn der Monate Januar bis April 2017 (Kontosaldo am 1. Januar 2017: 9.741,47 Euro; am 1. April 2017: 6.066,13 Euro) die nach dem SGB XII maßgeblichen Vermögensfreibeträge von 1.600,00 Euro (Januar bis März 2017) bzw 5.000,00 Euro (April 2017; vgl zu den Vermögensfreibeträgen nach dem SGB XII im Einzelnen: § 90 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Nr 9 SGB XII iVm § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 a) der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII in der bis zum 31. März 2017 geltenden Fassung bzw § 1 Satz 1 Nr 1 dieser Verordnung in der ab dem 1. April 2017 geltenden Fassung).

Im Mai 2017 erzielte der Kläger (wie auch bereits im Februar 2017) bedarfsdeckendes Einkommen (vierteljährliche Auszahlung der privaten BU-Rente, vgl Abschnitt 1.), so dass auch für diesen Monat kein SGB XII-Leistungsanspruch in Betracht kommt.

c.

Im Monat Juni 2017 lag ebenfalls kein Härtefall iSd § 22 Abs 1 Satz 2 SGB XII vor. Denn für diesen Monat kamen allenfalls darlehensweise zu gewährende SGB XII-Leistungen in Betracht, während der Kläger sein Rechtsschutzbegehren ausdrücklich auf zuschussweise zu gewährende Leistungen beschränkt hat (vgl hierzu erneut: Seite 3 der Klageschrift: "Vorab ist festzustellen, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt die Gewährung eines Darlehens angestrebt hat").

§ 38 SGB XII bestimmt, dass Geldleistungen als Darlehen gewährt werden können, wenn Leistungen nach § 27a Absatz 3 und 4 SGB XII, der Barbetrag nach § 27b Absatz 2 SGB XII sowie nach den §§ 30, 32, 33 und 35 SGB XII voraussichtlich nur für kurze Dauer zu erbringen sind.

Im Frühjahr 2017 war mit einer alsbaldigen Verlängerung der BU-Rente zu rechnen. Schließlich hatte der Kläger durchgängig auf seinen unverändert gebliebenen Gesundheitszustand hingewiesen und sich ausdrücklich auf die ärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. L. vom 17. Januar 2017 bezogen. Ausweislich dieser ärztlichen Stellungnahme war die Leistungsfähigkeit des Klägers damals auf weniger als drei Stunden pro Tag bzw auf wöchentlich unter 15 Stunden eingeschränkt. Die zu erwartende Verlängerung der BU-Rente erfolgte dann auch tatsächlich noch im Juni 2017 (vgl Rentenbescheid des M. vom 26. Juni 2017 mit einer Rentennachzahlung von 8.820,70 Euro im Juli 2017).

Die zu erwartende Weiterbewilligung der BU-Rente (nebst Nachzahlung für die Zeit ab 1. Januar 2017) hätte bei einer Entscheidung über die Gewährung von SGB XII-Leistungen für die Zeit ab 1. Juni 2017 (vgl zum fehlenden SGB XII-Anspruch für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Mai 2017: Abschnitt b.) allenfalls zur Bewilligung von Darlehensleistungen nach § 38 SGB XII geführt. Schließlich ging es damals erkennbar nur um die Überbrückung einer vorhersehbar kurzzeitigen Notlage bei zu erwartender Rentennachzahlung für die Zeit ab Anfang 2017. Aufgrund der zu erwartenden Rentennachzahlung war auch vorhersehbar, dass der Kläger etwaige zur Überbrückung gewährte SGB XII-Darlehensleistungen alsbald und ohne Weiteres hätte zurückzahlen können (vgl zu den diesbezüglichen Ermessenserwägungen im Rahmen des § 38 SGB XII etwa: Grube in: Wahrendorf/Streichsbier, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 38 Rn 7; Gebhardt in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Online-Kommentar zum Sozialrecht - BeckOK SozR - 54. Edition, Stand: 1.9.2019, § 38 SGB XII Rn 6 unter Verweis auf OVG Bremen, ZfSH/SGB 1986, 284; Armborst in: Bieritz-Harder/Conradis/Thie, Sozialgesetzbuch XII, 11. Auflage 2018, Rn 12).

6.

Nach alledem bestand für den streitbefangenen Zeitraum durchgängig kein Anspruch auf zuschussweise Gewährung von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII, so dass das SG die hierauf gerichtete Klage zu Recht abgewiesen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 SGG) liegen nicht vor. -