Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 20.11.2002, Az.: 1 A 56/00
Absenkung; Amtsbezeichnung; Amtszulage; Befähigung; Beförderung; Beurteilung; Beurteilungsermächtigung; Beurteilungsrichtlinie; Beurteilungssplitting; Beurteilungszeitraum; Erstbeurteilung; Gesamtnote; Kontrolldichte; Neubescheidung; Notenabsenkung; pauschale Absenkung; Plausibilisierungslast des Dienstherrn; Plausibilisierungsmangel; Quotenvorgaben; Regelbeurteilung; Vergleichsgruppe; Zulage; Zweitbeurteiler; Änderung
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 20.11.2002
- Aktenzeichen
- 1 A 56/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43704
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 12 Abs 1 S 2 BLV
- § 40 BLV
- § 23 BBG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die bloße Zuerkennung einer Amtszulage ohne Änderung der Amtsbezeichnung berechtigt nicht, einen Notenabschlag vorzunehmen.
2. Zur Plausibilisierungslast des Dienstherrn bei Beurteilungen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen seine Regelbeurteilung vom 27. August / 13. Oktober 1998 zum Stichtag 1. Mai 1998, die für den Zeitraum 1. April 1994 bis 30. April 1998 erstellt wurde, und erstrebt an ihrer Stelle eine Neubescheidung.
Er wurde 1983 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt und während des genannten Beurteilungszeitraum als Amtsinspektor bei der Grenzschutzausbildungsabteilung B. verwendet, u.zw. in der Funktion als Bürosachbearbeiter für Personalangelegenheiten (u.a. Vorgangsbearbeitung in Disziplinarsachen). Er wurde am 2. März 1995 zum Amtsinspektor ernannt und am 1. August 1996 in eine Planstelle mit Amtszulage eingewiesen. Im Hinblick hierauf senkte der Zweitbeurteiler die vom Erstbeurteiler vergebene Gesamtnote mit der Notenstufe 7 auf die Gesamtnote mit der Notenstufe 6 herab, da er „mit den anderen Beamten der Besoldungsgruppe A 9 mZ BBesO zu vergleichen“ sei und „innerhalb seiner Vergleichsgruppe“ Leistung und Befähigung insgesamt nur „den Anforderungen (Gesamtnote 6)“ entsprächen. Bei dieser Regelbeurteilung wurde angeblich ein Beurteilungsbeitrag des ausgeschiedenen Erstbeurteilers RAR C. vom 19. August 1997 berücksichtigt, der für den Zeitraum 1.4.1994 bis 31.8.1997 erstellt worden war, die Befähigungen des Klägers positiv hervorhebt und ausdrücklich anregt, „bei der Bildung einer Gesamtnote über die Note der Leistungsbewertung hinauszugehen“.
Nach Aushändigung der Regelbeurteilung am 4. November 1998 und deren Erörterung am 6. November 1998 erklärte sich der Kläger mit der Herabsetzung der Gesamtnote durch den Zweitbeurteiler nicht einverstanden. Er beantragte Ende November 1998 die Abänderung der Beurteilung und Anhebung der Gesamtnote auf die Notenstufe 7, da die Absenkung nicht nachvollziehbar sei und auf Quotenvorgaben zurückgehe, die sich auf Beamte der Polizeivollzugslaufbahn bezögen, denen er nicht zuzurechnen sei.
Durch den angefochtenen Bescheid der Grenzschutzausbildungsabteilung D. vom 3. Februar 1999 wurde der Abänderungsantrag mit der Begründung abgelehnt, der Zweitbeurteiler habe aufgrund eigener Sachkenntnis die Gesamtnote abgeändert und dabei - wegen der zwischenzeitlich erfolgten Beförderungen - eine höhere „Anforderungsebene“ angelegt, die dem Vergleich zu Beamten der Gruppe A 9 mZ entspreche. Die Vergleichsgruppe sei vom Zweitbeurteiler in Übereinstimmung mit den Beurteilungsrichtlinien gebildet worden.
Zur Begründung seines dagegen gerichteten Widerspruchs verwies der Kläger darauf, dass nach den Beurteilungsrichtlinien aus sachlichen Differenzierungsgründen auch eine andere Gruppenbildung möglich sei, was hier wegen der erheblichen Unterschiede zwischen Vollzugs- und Verwaltungsbeamten sachlich geboten sei. Aufgrund der nur sporadischen Kontakte mit ihm habe der Zweitbeurteiler sich gar kein umfassendes Bild über seine Person machen können. Außerdem sei der Vergleichsmaßstab nicht deutlich geworden.
Durch den Widerspruchsbescheid des Grenzschutzpräsidiums B. vom 28. Januar 2000 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, der Zweitbeurteiler habe eine abschließende Bewertung aufgrund seines Bildes vorzunehmen, das hier aus Kontakten bezüglich Besoldungsfragen herrühre, allgemeinen Tatsachenfeststellungen sowie Werturteilen Dritter. Der Zweitbeurteiler habe 10 Beamte der Gruppe A 9 mZ zu beurteilen gehabt, von denen 9 im Polizeivollzugsdienst verwendet worden seien. Den Kläger dieser Gruppe zuzurechnen, sei nicht zu beanstanden. Der Kläger sei während des Beurteilungszeitraums 2-mal befördert worden und habe sich für weniger als die Hälfte des Beurteilungszeitraums in der Besoldungsgruppe A 9 mZ befunden, während die übrigen 9 Vollzugsbeamten ihre Besoldungsgruppe bereits zu Beginn des Beurteilungszeitraums inne gehabt hätten. Davon seien 4 Beamte nicht - wie der Kläger - ein zweites Mal befördert worden. Eine Differenzierung zwischen Vollzugsbeamten und Verwaltungsbeamten sei trotz der aufgezeigten Unterschiede nicht geboten, so dass auch die Richtwerte auf die gebildete Gruppe hätten angewandt werden können.
Zur Begründung seiner am 22. Februar 2000 erhobenen Klage trägt der Kläger ergänzend und vertiefend vor, einen regelmäßigen Kontakt des Zweitbeurteilers zu ihm habe es - anders als behauptet - nicht gegeben. Wenn der Zweitbeurteiler davon ausgegangen sei, der habe nur den Posten eines Besoldungssachbearbeiters inne gehabt, so müsse angenommen werden, dass er von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen sei und sein Tätigkeitsfeld nur „verkürzt“ wahrgenommen habe. Er habe damals wegen Auflösung der Dienststelle als Personalsachbearbeiter in erheblichem Umfange mit tarifrechtlichen Fragen zu tun gehabt, sei daneben in der Küchenaufsicht (15 Küchenhilfskräfte) und Verpflegung tätig gewesen und habe über 2 Jahre die Zahlstelle der Dienststelle selbständig geführt. Zur Vergleichbarkeit sei nochmals zu betonen, dass er in der Vergleichsgruppe der einzige Verwaltungsbeamte gewesen sei, der im Unterschied zu Vollzugsbeamten universell einsetzbar gewesen sei.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Grenzschutzausbildungsabteilung Ost vom 3. Februar 1999 sowie des Widerspruchsbescheides des Grenzschutzpräsidiums Ost vom 28. Januar 2000 zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu beurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die eingehend begründeten Bescheide und stellt klar, dass der Kläger im Beurteilungszeitraum den Dienstposten „Bürosachbearbeiter in Personalangelegenheiten“ übertragen bekommen und wahrgenommen habe. Wenn im Widerspruchsbescheid vom „Bürosachbearbeiter für Besoldung“ gesprochen worden sei, so sei das ein Irrtum gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage, über die im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 101 Abs. 2 VwGO entschieden werden kann, ist begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide, die eine Abänderung der Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Mai 1998 ablehnen, in seinen Rechten verletzt, § 113 VwGO. Er hat Anspruch auf eine Neubescheidung.
1. Die Kontrolldichte der Verwaltungsgerichte ist mit Blick auf die dem Dienstherrn zustehende Beurteilungsermächtigung (Kellner, DÖV 1969, 309) eingeschränkt, wie das in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt ist (vgl. u.a. BVerwG, ZBR 1981, 197 u. 315 [BVerwG 02.04.1981 - BVerwG 2 C 13.80]). Allerdings können die Verwaltungsgerichte neben Verfahrensverstößen das Einhalten gesetzlicher Vorgaben, die Vollständigkeit der Beurteilungsgrundlagen, das Beachten allgemeingültiger Wertmaßstäbe und den Einfluss sachfremder Erwägungen kontrollieren (Schnellenbach, NJW-Schriften 40, 4. Aufl. 1998, Rdn. 480 ff. m.w.N.). Hier ist die Beurteilung in verwaltungsgerichtlich zugänglichen Kontrollbereichen aus mehreren Gründen zu beanstanden.
2. Dahinstehen kann hier, ob eine ordnungsgemäße Bekanntgabe und Besprechung der Beurteilung - eine Erörterung - stattgefunden hat (§ 40 Abs. 1 BLV) und ob - unterstellt, darin läge ein Verfahrensfehler - dieser Mangel geheilt ist: Die Beurteilung ist dem Kläger am 4. November 1998 ausgehändigt und schon am 6. November 1998 erörtert worden (Bl. 14 Verwaltungsvorgänge). Eine Beurteilungsbesprechung und Erörterung, die voraussetzt, dass die „fertige Beurteilung dem Beamten zuvor bekannt gegeben worden ist“ (Schnellenbach, aaO, Rdn. 443) und dass zwischen Bekanntgabe und Besprechung eine Frist von „fünf Arbeitstagen“ liegt (so 6.7 der Beurteilungsrichtlinien idF v. 15.1.1998; vgl. dazu auch Schnellenbach, aaO, Rdn. 442; Schaefer, ZBR 1983, 173 / 177), hat hier offenbar nicht stattgefunden.
3. In der Sache hat die Klage vor allem jedoch deshalb Erfolg, weil die pauschale Absenkung der Regelbeurteilung um eine Notenstufe nicht plausibel und nachvollziehbar ist.
3.1 Es ist nach der Rechtsprechung der Kammer (vgl. Urteil der Kammer v. 20.3.2002 - 1 A 152/01 -) fraglich, ob allein die Zuerkennung der Zulage vom 1. August 1996 ohne Änderung der Amtsbezeichnung - diese ist hier mit Amtsinspektor unverändert geblieben - überhaupt eine Beförderung ist, so wie das hier mit dem Hinweis auf eine zweimalige Beförderung des Klägers während des Beurteilungszeitraums offenbar angenommen worden ist. Keiner weiteren Ausführungen bedarf es, dass keine Ernennung vorliegt, mit der dem Kläger ein anderes Amt (höheres Endgrundgehalt) mit einer anderen Amtsbezeichnung verliehen worden ist, § 23 BBG, § 12 Abs. 1 S. 1 BLV. (Beförderung ieS). Es kann sich allenfalls um eine Maßnahme handeln, die einer Beförderung gleichsteht (§ 12 Abs. 1 S. 2 BLV). Der Erwerb der Amtszulageberechtigung mag zwar im rechtstechnischen Sinne auch noch eine „Beförderung“ sein, weil ein Amt mit anderem (höheren) Endgrundgehalt iSv § 12 Abs. 1 S. 2 BLV vorliegt, jedoch ist die Übertragung der Zulageberechtigung nur ein ernennungsähnlicher Akt ohne die Notwendigkeit einer förmlichen Ernennung (nur schriftliche Mitteilung). Es geht bei der Amtszulagenberechtigung dem Sinn und Zweck nach lediglich darum, (Beamten-) Personal nach Planstellen im Haushalt auszubringen und das auch noch dann zu tun, wenn mit der Zulage keine besondere Amtsbezeichnung verbunden ist, aber doch eine Kassenwirksamkeit. Schon die bloße Höhergruppierung (Hebung im Stellenplan) wäre nicht einmal mehr rechtstechnisch eine Beförderung (Battis, BBG, § 23 Rdn. 3 m. w.N.). Eine nur rechtstechnische Beförderung iwS, die aus ganz anderen Erwägungen noch der Beförderung zugeschlagen worden ist, kann im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht eine Notenabsenkung rechtfertigen. Denn die typische Übertragung eines neuen Amtes mit anderem Aufgabenbereich, in deren Folge sich der Beamte erst einmal wieder im neuen Amt „hocharbeiten“ muss, findet gerade nicht statt. Die Zuerkennung einer bloßen Zulage rechtfertigt daher nicht eine Notenabsenkung.
3.2 Unter Berücksichtigung der Beförderung des Klägers vom 2. März 1995 zum Amtsinspektor hat die Klage deshalb Erfolg, weil der Tatsache dieser Beförderung dann jedoch bei Abfassung der Beurteilung zum 1. Mai 1999 nicht differenzierend Rechnung getragen, die Beurteilung vielmehr auf den gesamten Zeitraum 1. April 1994 - 30. April 1998 und damit auch auf die Zeit vor den Beförderungen erstreckt worden ist. Das Nds. Oberverwaltungsgericht (Urt. v. 31.8. 2000 - 5 L 4396/99 - , NdsRpfl. 2001, 423) hat zu einer derartigen Fallkonstellation ausgeführt:
„Da - auch nach Auffassung des BVerwG - die Leistung stets am Maßstab des innegehabten Statusamtes zu messen ist, ergeben sich bei einer in den Beurteilungszeitraum fallenden Beförderung zwei unterschiedliche Maßstäbe, was logischerweise zu einer Unterteilung des Beurteilungszeitraumes in die Zeit vor und diejenige nach der Beförderung führt (sog. Beurteilungssplitting). Die Beurteilung der in der Zeit vor der Beförderung erbrachten Leistung am Maßstab des am Beurteilungsstichtag vorhandenen höheren Statusamtes widerspricht dem oben wiedergegebenen Grundsatz der Beurteilung am Maßstab des zur Zeit der Erbringung der Leistung bekleideten Statusamtes.“
Der hier streitigen Beurteilung zum Stichtag 1. Mai 1998 ist nicht zu entnehmen, dass ein sog. Beurteilungssplitting vorgenommen worden ist. Vielmehr heißt es im Bescheid vom 3. Februar 1999 ausdrücklich, der Kläger sei „innerhalb des Beurteilungszeitraums“ zum Amtsinspektor ernannt worden und habe ab 1. August 1996 die Zulage erhalten, so dass er „mit den anderen Beamten der Besoldungsgruppe A9mZ BBesO zu vergleichen“ sei. Auch im Widerspruchsbescheid wird von einer 2-maligen Beförderung (S. 5 unten) ausgegangen, die die Grundlage für einen „einheitlichen Beurteilungsmaßstab“ bilde, den der Zweitbeurteiler zu wahren habe. Der Vermerk in der Regelbeurteilung selbst bringt das ebenfalls zum Ausdruck. Damit ist klar, dass für die Regelbeurteilung ausschließlich das Faktum der Beförderungen zum Anlass genommen wurde, die Beurteilung ausschließlich im Quervergleich mit Beamten der Besoldungsgruppe A 9 mZ abzufassen. Ein Beurteilungssplitting hat nicht stattgefunden. Das aber ist rechtsfehlerhaft.
Die Beklagte hätte zwischen dem Zeitraum noch vor der Beförderung vom 2. März 1995 und jenem danach unterscheiden und differenzierend verschiedene Maßstäbe - gesplittet - anlegen müssen, nicht jedoch einheitlich nach dem Maßstab des Amtes mit Zulage (nach der Beförderung) beurteilen dürfen (ebenso Urt. d. Kammer v. 20.3.2002 - 1 A 164/00 - und Urteil der Kammer vom - 1 A 152/01 -). Das alles hätte in der Regelbeurteilung Ausdruck finden müssen.
3.3 Im Übrigen ist hier nicht klar, ob die beiden zuständigen Beurteiler der Regelbeurteilung dabei auch noch in der gebotenen Weise den Zeitraum vom Mai 1994 bis August 1997, als der Kläger noch dem RAR C. unterstand, überhaupt in der sachlich gebotenen Weise einbezogen, mitberücksichtigt und gewürdigt haben.
Eigene Kenntnisse konnten sie hinsichtlich dieser Tätigkeit nicht haben, da insoweit ausdrücklich ein Beurteilungsbeitrag des RAR C. vom 19. August 1997, des damaligen Leiters der Verwaltung, zu den Akten genommen worden ist und der „neue“ Leiter der Verwaltung, ROAR E., den Kläger allenfalls aus der Zeit vom 1. September 1997 bis zum 30. April 1998 kennen konnte. Inwieweit der ausdrücklich nur mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Abteilungsführers beauftragte Zweitbeurteiler (vgl. insoweit Bl. 1 der Regelbeurteilung) den Kläger und seine Tätigkeit kannte, ist unklar. Jedoch können dessen eigene Kenntnisse nicht sehr weit reichen, weil im Beurteilungsbeitrag vom August 1997 noch PD F. als Abteilungsführer ausgewiesen ist, also auch der Zweitbeurteiler nur auf Erkenntnisse aus der Zeit vom 1. September 1997 bis April 1998 zurückgreifen konnte. Zudem geht auf den hier tätig gewordenen Zweitbeurteiler offenkundig der von der Beklagten eingeräumte Irrtum zurück, der Kläger sei lediglich Besoldungssachbearbeiter gewesen (vgl. Bl. 26 der VerwV. und S. 5 des Widerspruchsbescheides). Bei gerichtlicher Würdigung der Ausführungen des Klägers und der Beklagten (§ 108 VwGO) spricht Vieles dafür, dass der Zweitbeurteiler das gesamte Tätigkeitsfeld des Klägers nicht im Einzelnen kannte und es wohl - wie der Kläger vorträgt - nur „verkürzt“ wahrgenommen hat. Schon das stellt sich als Beurteilungsmangel dar.
Aus den Vorgängen ist aber auch nicht erkennbar, dass der positive Beurteilungsbeitrag vom 19. August 1997 inhaltlich herangezogen und gemäß seiner positiven Aussage zu den Befähigungen und Leistungen des Klägers gewürdigt und verwertet worden wäre, so wie das in 5.5.2 der Beurteilungsrichtlinien vorgesehen ist. In der Leistungsbewertung ist kein einziges Einzelmerkmal nur mit 3 bewertet worden, vielmehr sind 4 Merkmale mit 2- bewertet und die übrigen 7 Merkmale mit Pluszeichen versehen worden. In der Befähigungsbeurteilung findet sich weit überwiegend der Ausprägungsgrad B „stärker ausgeprägt“. Hiernach hätte mit Blick auf diesen Beurteilungsbeitrag eingehend begründet werden müssen, weshalb die (jedenfalls über einen vergleichsweise langen Zeitraum, nämlich bis August 1997) offensichtlich recht positiv eingeschätzten Fähigkeiten und Leistungen des Klägers zum Stichtag der Regelbeurteilung (1. Mai 1998) plötzlich nicht mehr - wie zuvor noch empfohlen (vgl. V des Beurteilungsbeitrages) - ein „Hinausgehen“ über die Leistungsbewertung rechtfertigten. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb das angesichts der Kürze des verbliebenen Beobachtungszeitraums (August 1997 - April 1998), der den beiden zuständig gewordenen Beurteilern nur zur Verfügung stand, letztlich unterblieben ist. Eine Begründung haben die beiden Beurteiler dafür nicht abgegeben; sie ist auch sonst nicht ersichtlich.
Die unzureichende Verwertung eines mit ca. 3 Jahren und 5 Monaten zu Buche schlagenden Zeitraums indes stellt bei nur kurzzeitigen eigenen Kenntnissen der zuständigen Beurteiler einen gravierenden Mangel der Beurteilung dar, weil zwingend eine Gesamtwürdigung aller Leistungen des betroffenen Beamten zu erfolgen hat (BVerwG, NVwZ-RR 1999, 455), vor allem hinsichtlich solcher Zeiträume, in denen der Beamte noch anderen Beurteilern als den tätig gewordenen unterstellt war. Deren Einschätzung kann in einer Beurteilung, die sich ausdrücklich über rd. 4 Jahre erstreckt, nicht einfach mit der nichtssagenden Behauptung übergangen werden, der Beurteilungsbeitrag vom 19. August 1997 sei „berücksichtigt“ worden.
3.4 Erfolg hat die Klage angesichts solcher Umstände schließlich deshalb, weil das Gesamturteil von lediglich 6 Pkt. weder für den Gesamtzeitraum 1.4.94 bis 30.4.1998 noch für den Teilzeitraum ab Unverbindlichkeit des Beurteilungsbeitrages vom 19. August 1997 (1.9.1998 bis 30.4.1998) angesichts der vorliegenden Besonderheiten in irgend einer Weise plausibel ist.
Die Beklagte ist damit im vorliegenden Fall nicht ihrer dienstherrlichen Plausibilisierungslast gerecht geworden ist (OVG Saarlouis, DÖD 2000, 65 mwN.). Das hier zur Rede stehende Gesamt-(Wert-)-Urteil mit der Notenstufe 6 ist von der Beklagten für den gesamten Beurteilungszeitraum nicht in der rechtlich gebotenen Weise verifiziert und nachvollziehbar gemacht worden (vgl. BVerwGE 60, 245 / 249 f.; OVG NW, ZBR 1975, 90/91; Bieler, Die dienstliche Beurteilung, 3. Aufl. 2000, Rdn. 91). Denn aus einer Summe von Einzel- bzw. Teilbewertungen und -beobachtungen ist grundsätzlich ein adäquates, rational nachvollziehbares Gesamturteil zu bilden, das mit der Darstellung der Gesamtpersönlichkeit harmonisch in Einklang zu bringen ist. Es darf auf keinen Fall eine nur „formelhafte Behauptung“ bleiben (BVerwG, aaO, S. 251), die mit „allgemeinen Ausführungen“ (BVerwG, aaO., S. 253) belegt wird. Für die Vergabe der Wertungsstufe 6 hätten sich also die Leistungen des Klägers während des gesamten, von der Beklagten hier beurteilten Zeitraums 1994 bis 1998 insgesamt nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei als solche darstellen müssen, die nur noch dem Durchschnitt zuzuordnen sind (vgl. 5.3 der Beurteilungsrichtlinien). Das ist jedoch nicht der Fall. Auch für den Teilzeitraum vom 1.9.1997 bis zum 30.3.1998 ist eine Note 6 unter den hier gegebenen Umständen nicht mehr nachvollziehbar und plausibel.
Soweit in diesem Zusammenhang auf die dafür gegebene Begründung abzustellen ist, nach Beförderungen habe sich der Kläger mit den Beamten der neuen Vergleichsgruppe A 9 mZ vergleichen zu lassen, liegt es auf der Hand, dass sich allein daraus eine solche generelle Absenkung von der Stufe 7 auf die Stufe 6 dann nicht mehr ohne nähere Begründung halten lässt, wenn (1.) ein nicht unerheblicher Teil des Beurteilungszeitraums noch vor der Beförderung liegt, (2.) die tätig gewordenen Beurteiler nur einen kurzen Zeitraum aus eigener Kenntnis einschätzen und beurteilen können, (3.) ein Beurteilungsbeitrag vom 19. August 1997 für einen langen Zeitraum von über 3 Jahren existiert, dessen positive Aussage nicht erkennbar verwertet worden ist, und sich (4.) insgesamt bezweifeln lässt, ob allein aufgrund einer 8-monatigen Beobachtungszeit z.B. beim Merkmal 1.2 (Beachten von Zusammenhängen und Prioritäten) und beim Merkmal 1.3 (Termingerechtheit) sowie beim gewichteten Merkmal 3.2 (Initiative) eine Abstufung von 7 auf 6 Pkt sachgerecht vorgenommen werden konnte. Auffällig ist dabei, dass gerade das Merkmal 1.2 im Beurteilungsbeitrag vom 19. August 1997 noch mit 2- und damit besser als die sonstigen Merkmale bewertet wurde, was die letztlich vorgenommene Absenkung noch unverständlicher erscheinen lässt. Trotz dieser Abstufungen ist der Durchschnitt der Leistungsbeurteilung jedoch noch bei 6,4 Punkten verblieben, wobei festzustellen ist, dass dem Kläger in der Befähigungsbeurteilung konzeptionelles Arbeiten und organisatorische Fähigkeiten mit einer starken Ausprägung (B) zugesprochen worden sind, ihm ein stärker als normal selbständiges Handeln sowie eine stärker ausgeprägte Leistungsbereitschaft mit Belastbarkeit attestiert worden ist. Diese Befähigungen lassen sich nur schwer mit dem Beurteilungsbeitrag vom 19. August 1997 und den vorgenommenen Abstufungen der Leistungsbeurteilung vereinbaren, vgl. 5.5.2 der Beurteilungsrichtlinien.
Unter diesen Umständen kann ein Gesamturteil der (Durchschnitts-) Stufe 6 im Anschluss daran nicht nur mit dem Hinweis gebildet werden, es sei wegen der Beförderungen und des dadurch angezeigten Quervergleichs mit Beamten der Gruppe A 9 mZ eine Bewertung mit der Gesamtnote 6 angezeigt gewesen und vorgenommen worden. Diese Absenkung durch den Zweitbeurteiler mit seinen zeitlich eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten (s.o.) erscheint bei Würdigung aller Umstände (§ 108 VwGO) nicht mehr plausibel.
4. Dahinstehen mag unter diesen Umständen, ob und unter welchen einzelnen Bedingungen der Kläger als Verwaltungsbeamter mit Polizeivollzugsbeamten, deren Tätigkeitsfeld sich von jenem des Klägers deutlich abhebt (vgl. 5.1.2 der Beurteilungsrichtlinien), verglichen und in eine Vergleichsgruppe mit jenen Vollzugsbeamten einbezogen werden kann.
Eine Zulassung der Berufung kam unter diesen Umständen nicht in Betracht, da keine Divergenz vorliegt und auch keine grundsätzliche Bedeutung der Sache, § 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 S. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.