Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 12.09.2003, Az.: 6 A 2537/02

Asyl; Bhutan; Nepal; nepalische Volkszugehörigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
12.09.2003
Aktenzeichen
6 A 2537/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48222
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Bhutan: Kein Asyl und Abschiebeschutz für einen widersprüchlich vortragenden Kläger nepalischer Volkszugehörigkeit, der angeblich für die BP im Land gearbeitet haben will.

Tatbestand:

1

I. Der Kläger begehrt seine Anerkennung als politisch Verfolgter und seinen weiteren Verbleib im Bundesgebiet. Er macht geltend, am ...in ... geboren und Staatsangehöriger des Königreichs Bhutan mit nepalesischer Volkszugehörigkeit und hinduistischem Glauben zu sein. Nachweise über seine Identität und Staatsangehörigkeit, den Reiseweg vom Heimatland in die Bundesrepublik Deutschland, die benutzten Transportmittel oder den Ort der Einreise nach Deutschland hat er nicht vorgelegt.

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Nach seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren habe er im Heimatland in seinem Geburtsort, in dem etwa 20 Familien mit ebenfalls nepalischer Abstammung gelebt hätten, gewohnt. Er habe im Heimatdorf keine Schule besucht und sei Analphabet. Da er kaum aus seinem Dorf herausgekommen sei, kenne er auch nicht in der Nähe liegende Städte oder weitere Einzelheiten seines Heimatlandes. Seine Mutter sei bei seiner Geburt verstorben. Sein Vater sei im Jahre 1995 von der Armee verschleppt worden, weil er sich für die BPP eingesetzt habe. Wo sein Vater verblieben sei, wisse er nicht. Anschließend habe er zusammen mit seiner Schwester von der Tätigkeit auf einer Orangenplantage als Tagelöhner gelebt. Seit dem Jahre 2000 habe er nicht mehr auf der Orangenplantage gearbeitet, sondern sich für die Partei BPP eingesetzt und deren Handzettel und Flugblätter verteilt sowie Plakate aufgehängt. Zunächst gab er an, er habe Bhutan am 19. Januar 2002 verlassen und sich in Nepal nie aufgehalten. Später führte er bei der Anhörung aus, er sei dann zu Fuß nach Nepal gegangen, wo er sich für etwa zwei Monate aufgehalten habe. Zunächst führte er aus, er sei wegen dieser Handzettelverteilungen von der Polizei festgenommen aber später wieder freigelassen worden. Später im Laufe der Anhörung führte er aus, er sei niemals von der Polizei festgenommen worden. Angesprochen darauf, ob er Versammlungen seiner Partei besucht habe, führte er aus, dass er dazu keine Zeit gehabt habe, weil er ja arbeiten musste. Zuvor hatte er an anderer Stelle ausgeführt, dass er die Arbeit zu Gunsten der politischen Tätigkeit in den letzten zwei Jahren vor seiner Ausreise aufgegeben habe. Wenige Tage vor seiner Ausreise am 19. Januar 2002 sei die Polizei gekommen und habe seine Schwester im elterlichen Haus verhaftet. Sie hätten ihr vorgeworfen, für die BPP zu arbeiten. Ihn hätten sie jedoch nicht verhaftet. Da habe er sich gesagt, auch für ihn würden die Verhältnisse gefährlich und er könne demnächst verhaftet werden, so dass er zu Fuß mit anderen nach Nepal gegangen sei. Dort habe er sich in einem Flüchtlingslager in Beldandi aufgehalten. Er habe zeitweise für einen bhutanischen Hotelbesitzer gearbeitet. Dem habe er Schmuck seiner verstorbenen Mutter gegeben. Dieser habe daraufhin ihm zur Ausreise geraten und den Schleuser bezahlt. Der Schleuser habe dann ein Foto von ihm gemacht und ihn auf der Reise begleitet. Irgendwelche Papiere oder Pässe habe er selbst nicht in die Hand bekommen. Zusammen mit dem Schleuser habe er sich nach Indien begeben, von dort aus sei er am 30. März 2002 mit dem Flugzeug von Neu Delhi nach Hamburg geflogen. Die Kontrollen am Hamburger Flughafen habe er problemlos bewältigen können.

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Am 4. April 2002 wurde der Kläger in Hamburg aufgegriffen. Seine Anhörung im Rahmen der Vorprüfung erfolgte am 15. April 2002 in Braunschweig.

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Mit Bescheid vom 30. Mai 2002 - zugestellt am 7. Juni 2002 - lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Antrag des Klägers, als Asylberechtigter anerkannt zu werden, ab und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach den §§ 51 und 53 Ausländergesetz nicht vorlägen. Ferner wurde er unter Angabe einer bestimmten Frist aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen, und im Falle der Nichtbeachtung dieser Ausreiseverpflichtung die Abschiebung in das Heimatland oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht. Zur Begründung wurde in dem Bescheid u.a. ausgeführt, dass dem Kläger Asyl schon deswegen nicht gewährt werden könne, da er nicht glaubhaft dargetan habe, er sei ohne Berührung eines sicheren Drittstaates direkt auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Zudem sei sein Vorbringen unglaubhaft, da er über keine ausreichenden Kenntnisse des Landes Bhutan verfüge, so dass sich der Eindruck aufdränge, er habe dort nicht bis zu seiner Ausreise gelebt. Zudem würden einfache Mitglieder der BPP nicht verfolgt.

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Am 13. Juni 2002 hat der Kläger Klage erhoben und macht geltend: Zu Unrecht werde ihm die Gewährung von Asyl versagt. In Nepal hätte er nicht bleiben können, da dort im Flüchtlingslager die Maoisten ihn aufgefordert hätten, für sie zu arbeiten. Wer zu einer derartigen Tätigkeit nicht bereit sei, bekomme mit ihnen sofort schweren Ärger.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 30. Mai 2002 aufzuheben,

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die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen,

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die Beklagte zu der Feststellung zu verpflichten, dass für ihn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Ausländergesetz vorliegen,

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hilfsweise,

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die Beklagte zu der Feststellung zu verpflichten, dass für ihn Abschiebungshindernisse nach § 53 Ausländergesetz vorliegen.

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Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich),

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die Klage abzuweisen.

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Sie verweist auf die Begründung des angefochtenen Bescheides.

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Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten stellt keinen Antrag.

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In der mündlichen Verhandlung ist der Kläger angehört worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der Verwaltungsvorgänge der Ausländerbehörde ergänzend Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Ferner wird verwiesen auf die im Termin zur mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel, wie sie sich aus dem Terminsprotokoll ergeben.

Entscheidungsgründe

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II. Die im wesentlichen als Verpflichtungsklage, im Hinblick auf die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamtes als Anfechtungsklage zulässige Klage ist nicht begründet. Der angegriffene Bescheid begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Ein Asylanspruch aus Art. 16 a Abs. 1 GG steht dem Kläger nicht zu. Auch liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AusIG für ihn nicht vor.

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Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter i.S. des Art. 16 a Abs. 1 GG scheidet im vorliegenden Falle bereits nach Art. 16 a Abs. 2 GG i.V.m.  § 26 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG aus. Wer nach dem maßgeblichen Stichtag (30. Juni 1993, vgl. § 87 a AsylVfG) über einen sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, kann sich nach diesen Regelungen nicht auf das Asylrecht berufen. Da Deutschland bei einer Einreise auf dem Landweg von sicheren Drittstaaten umgeben ist (vgl. die Anlage 1 zu § 26 a Abs. 3 AsylVfG) und der Kläger erst nach dem 1. Juli 1993 seinen Asylantrag gestellt hat, ist es Sache des Asylbewerbers nachzuweisen, daß er tatsächlich auf dem Luft- oder Seeweg ohne die Berührung von Drittstaaten ins Bundesgebiet eingereist ist. Anderenfalls wäre die im Asylrecht festgelegte Drittstaatenregelung, die verfassungsgemäß ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996, BVerfGE 94, 49 = DVBI. 1996, 745 = NVwZ 1996, 700), nicht praktisch im Asylrecht umsetzbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 1999 - 9C 36.98 – NVwZ 2000, 81). Diesen Nachweis hat der Kläger hier nicht geführt. Vielmehr ergaben sich aufgrund seiner Schilderung der Einreise für das Gericht durchgreifende Zweifel daran, daß er in dieser Hinsicht die Wahrheit sagt.

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Die Behauptung des Klägers, er habe problemlos die Grenzkontrollen beim Hamburger Flughafen passieren können, da der Schleuser für ihn falsche Papiere vorgezeigt hätte, erscheinen völlig unglaubwürdig. Besonders bei aus Asien einkommenden Flugzeugen wird von den Grenzkontrollstellen der Bundesrepublik sorgfältig kontrolliert, ob gültige Personalpapiere vorliegen. Wäre der Kläger dann nach Einzelheiten aus seinem Pass gefragt worden, so hätte er nicht antworten können, weil ihm der Pass, den der Schleuser bei sich führte, gänzlich unbekannt war. Daher sprechen die unglaubwürdigen Angaben des Klägers zu seiner Einreise eher dafür, daß er auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Dann hätte der Kläger aber schon in anderen Staaten oder in einem die Bundesrepublik Deutschland umgebenden Staat um Schutz vor politischer Verfolgung nachsuchen können. Hierzu hätte es der Weiterreise in die Bundesrepublik Deutschland nicht bedurft.

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Im vorliegenden Fall sind Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Politische Verfolgung liegt vor, wenn dem einzelnen durch den Staat oder durch Maßnahmen Dritter, die dem Staat zuzurechnen sind, in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder für ihn unverfügbare Merkmale (wie Volkszugehörigkeit, Geschlecht etc.) gezielt Rechtsgutverletzungen zugefügt werden, die nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen und ihn als der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989, BVerfGE 80, 315). Der Abschiebungsschutz nach dieser Vorschrift ist in seinen Tatbestandsvoraussetzungen deckungsgleich mit dem Asylanspruch nach Art. 16 a GG, soweit es die Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut und den politischen Charakter der Verfolgung betrifft (vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1992, 516). Die besonderen Ausschlusstatbestände beim Asylrecht, die bei anderweitigem Verfolgungsschutz oder bei den subjektiven Nachfluchtgründen zur Versagung des Anspruchs führen können, stehen aber der Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 51 Abs. 1 AuslG nicht entgegen. Gerade bei einem Ausschluss des Asylrechts aus diesen Gründen entfaltet die Vorschrift ihre besondere rechtsschützende Wirkung. Ob sich der Asylsuchende im Zeitpunkt der Ausreise in seinem Heimatland in einer latenten Gefährdungslage befand, ist – anders als beim Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter – unerheblich, weil § 51 Abs. 1 AuslG allein auf die politisch gezielte Rückkehrgefährdung abstellt und nicht wie das Asylrecht untrennbar den Zusammenhang von Flucht und Verfolgung voraussetzt (vgl. BVerwGE 87, 51 [BVerwG 18.10.1990 - BVerwG 3 C 2/88]). Im vorliegenden Fall hat das Gericht nicht die Überzeugung gewinnen können, dem Kläger drohe mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in sein Heimatland politische Verfolgung.

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Bhutan ist etwa so groß wie Niedersachsen und war lange Zeit von der Außenwelt völlig abgeschnitten. Erst 1962 öffnete er sich dem Ausland. Seit 1971 ist Bhutan, dessen Außenpolitik von Indien vertreten wurde und wird, souverän und Mitglied der Vereinten Nationen. Die Bevölkerung Bhutans setzt sich aus 3 Gruppen zusammen: Den im westlichen Hochland lebenden, im Mittelalter aus Tibet eingewanderten Ngalongs, einer Schicht, der auch das Königshaus angehört; den im östlichen Bergland lebenden, ethnisch den Bergstämmen Nord-Ost-Indiens nahestehenden Sarchops, die ebenso wie die Ngalongs sich zum Buddhismus tibetanischer Prägung bekennen, und den im Tiefland an der indischen Grenze überwiegend lebenden Lhotshampas, den nepalesischen Zuwanderern hinduistischen Glaubens. Diese Nepalesen hatten sich bereits schon seit Ende des 19. Jahrhunderts im Süden Bhutans angesiedelt und waren zunächst mit Einwilligung der Regierung, die zusätzliche Arbeitskräfte benötigte, gekommen. Im Jahre 1958 wurde die Grenze geschlossen. Die nepalesischen Einwanderer, die sich zu diesem Zeitpunkt in Bhutan aufhielten, erhielten für sich und ihre Abkömmlinge die bhutanische Staatsbürgerschaft. In den folgenden Jahren sind gleichwohl weiter Nepalesen in den Süden Bhutans eingewandert und haben sich dort niedergelassen. Denn das dicht besiedelte Nepal bot seinen Einwohnern kaum Existenzmöglichkeiten und auch Indien ist überbevölkert. Da in den 70er Jahren sowohl in Nepal gegen das dort noch befindliche monarchistische Panchayat-System als auch gegen die Regierung des Fürsten in der Region Sikkim nepalesische Volkszugehörige agitierten, fürchtete die herrschende, buddhistisch geprägte Oberschicht Bhutans eine Ausbreitung der Demokratiebewegung, die von der nepalesischen Bevölkerungsgruppe getragen wurde. Hintergrund dieser Befürchtungen war die Entwicklung in der Region Sikkim. In dieser zwischen Nepal und Bhutan gelegenen, früher eigenständigen Region führte 1975 eine demokratische, vorwiegend von nepalesischen Einwanderern getragene Erhebung dazu, dass der Fürst abdanken musste und das Land zum Anschluss an die indische Union gezwungen wurde. Um der befürchteten Entfremdung/Überfremdung entgegenzuwirken, beschloss die bhutanische Regierung in der 2. Hälfte der 80er Jahre verschiedene Maßnahmen. So wurde 1985 ein neues Staatsbürgerschaftsgesetz erlassen und eine Bhutanisierung der im Süden lebenden Bevölkerungsgruppen betrieben. Die Einwohner wurden verpflichtet, die traditionelle Kleidung der nördlichen Landesbewohner zu tragen und der Gebrauch der nepalesischen Sprache wurde verhindert. In der Folgezeit kam es zu erheblichen Unruhen in Südbhutan, gegen die die bhutanische Regierung mit einem verstärkten Einsatz von Armee und Polizei vorging, bei der es auch zu erheblichen Übergriffen gegen die nepalische Bevölkerung kam. Eine große Zahl südbhutanischer Bewohner flüchtete nach Nepal und Indien. Dabei wird von etwa 85- bis 100 000 Flüchtlingen in Nepal und etwa 20 000 Flüchtlingen in Indien ausgegangen. Allerdings ebbten die Bhutanisierungsmaßnahmen und die Fluchtwellen 1993 und später wieder ab und der König bemühte sich um eine Entspannung der Situation im Lande. Zwar wurde in verschiedenen Gesprächen zwischen Nepal und Bhutan grundsätzlich eine Einigung dahin erzielt, dass diejenigen Bhutaner nepalischer Volkszugehörigkeit zurückwandern könnten, die selbst oder deren Vorfahren nachweislich schon im Jahre 1958 in Bhutan gelebt hatten. Indessen ist es bislang zu einer Umsetzung dieser Vereinbarung noch nicht gekommen, weil Streit um den Nachweis der Voraussetzungen besteht.

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Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich hier für das Gericht keine überwiegende Verfolgungswahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr des Klägers in sein Heimatland. Soweit der Kläger in seinem Asylbegehren darauf abgestellt hat, er sei bereits vorverfolgt aus Bhutan ausgereist, nimmt ihm dies das Gericht nicht ab. Seine Angaben bei der Anhörung beim Bundesamt waren davon geprägt, möglichst keine Einzelheiten zu nennen. Gleichwohl hat sich der Kläger innerhalb seiner völlig allgemeinen und vagen Angaben mehrfach widersprochen, so dass zu Recht im angefochtenen Bescheid die Wahrhaftigkeit der Angaben des Klägers durchgreifend angezweifelt wird. Während er bei der Anhörung einmal angab, er habe sich nie in Nepal aufgehalten, führte er später andererseits aus, er sei in Nepal gewesen. Während er behauptete, er habe wegen der Arbeit für die Partei seine Berufstätigkeit als Tagelöhner aufgegeben, gab er andererseits an, zur Parteiversammlung nicht habe gehen zu können, weil er von seiner Arbeit abgehalten worden sei. Auch erscheint es völlig unglaubwürdig und wenig wahrscheinlich, dass zum Verteiler von Handzetteln und Plakaten jemand von einer Partei herangezogen wird, der wegen seines Analphabetismus diese gar nicht lesen kann. Auch behauptete der Kläger an einer Stelle bei der Anhörung, er sei nie festgenommen worden, während er an anderer Stelle behauptete, mehrfach verhaftet und geschlagen worden zu sein. Insbesondere zeigten aber seine ausweichenden Antworten zu den Lebensverhältnissen im angeblichen Heimatland Bhutan, dass er in keiner Weise über sie orientiert war. Er kannte weder die Radiostation noch die Wochenzeitung, die Feiertage und der Beiname des Landes waren ihm unbekannt. Auch wusste er nicht, was ein Gewog und ein Thram ist. Alle seine Ausflüchte zu diesen Fragen zeigten in deutlicher Weise, dass er offensichtlich mit den Lebensverhältnissen in Bhutan nicht vertraut ist und dass der Kläger danach trachtet, sich irgendwie an die Geschehnisse der frühen 90er Jahre in Bhutan „heranhängen“ will mit seinem Vorbringen, er werde als nepalisch-stämmiger Mensch in Bhutan benachteiligt.

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Hinzu kommt, dass zutreffend im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen wird, die bhutanische Staatsangehörigkeit des Klägers sei schon deswegen zweifelhaft, weil nach sämtlichen Erkenntnismitteln die Gruppe der Lhotshampas bislang nicht den indischen Subkontinent verlassen habe. Denn diese Volksgruppe, die sehr stark durch die Abgeschiedenheit Bhutans und die kleinbäuerliche Tätigkeit ohne große Bildung geprägt sei, harre nach wie vor in verschiedenen Flüchtlingslagern in Indien und Nepal aus und hoffe aufgrund der zwischen Nepal und Bhutan getroffenen Vereinbarungen in das Land ihres gewöhnlichen Aufenthalts wieder zurückkehren zu können. Demgegenüber seien es weitaus überwiegend Nepalis und Inder nepalischer Volkszugehörigkeit, die sich darum bemühten, in Europa und anderenorts ein Auskommen zu finden. Zutreffend wurde auch im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass die Angaben des Klägers merkwürdig oberflächlich und blass geblieben sind. Auch bei seinen Ausführungen zum Aufenthalt in Nepal drängte sich der Eindruck geradezu auf, er wolle nur irgendwie eine Bedrohung durch die Maobadis in Nepal schildern, ohne dass dem wirklich reale Geschehnisse zu Grunde lägen. Auch wurde zutreffend im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass einfache Mitglieder der BPP im Heimatland nicht verfolgt werden.

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Selbst wenn man aber davon ausgeht, der Kläger habe in Bhutan gelebt, so ergibt sich gleichwohl nicht die Annahme einer Vorverfolgung. Zwar trifft es zu, dass zahlreiche nepalesische Volkszugehörige als Nichtbhutanesen Benachteiligungen der bhutanischen Behörden erfahren haben. Indessen ist dies Ausdruck des Rechtes eines jeden Staates, sich gegen illegale Zuwanderung zu schützen. Außerdem erscheint es sehr zweifelhaft, ob eine erforderliche Verfolgungsdichte der Maßnahmen gegeben ist, die sich gegen die Gruppe der Nepalesen in Bhutan richteten. Denn die angesprochenen Maßnahmen der forcierten Bhutanisierungspolitik haben im Jahre 1992 geendet. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, der Kläger erlitte bei einer versuchten Rückkehr nach Bhutan deswegen Verfolgung, weil ihm die Wiedereinreise in sein ursprüngliches „Heimatland“ verweigert werde. Soweit in einzelnen Erkenntnismitteln ausgeführt wird, dass bhutanische Behörden nepalesischen Volkszugehörigen in der Regel die Einreise verweigern, stellt dies vom Ansatz her insoweit keine politische Verfolgung dar, als diese Einreiseverweigerung die illegal Zugewanderten und jetzt nach Bhutan oder in andere Länder geflüchteten Nepalesen betrifft. Denn kein Land ist verpflichtet, illegale Zuwanderer erneut wieder aufzunehmen. Sollte die Aussperrung Staatsangehörige betreffen, so knüpft diese nach den Erkenntnismitteln daran an, dass die Betreffenden ohne Ausreisegenehmigung das Land verlassen hätten. Dann beruht aber der Verlust der Staatsangehörigkeit in diesen Fällen auf einer ordnungspolitischen Überlegung, nämlich der ungenehmigten Ausreise und knüpft damit nicht an asylerhebliche Kriterien an (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 28. Nov. 1996, 11 L 5518/96).

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Daher kann im Hinblick auf die Gruppe der nepalesischen Volkszugehörigen und der Angaben des Klägers bei einer Gesamtschau der Dinge nicht davon ausgegangen werden, er werde in Bhutan oder in Nepal oder in Indien politisch verfolgt.

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Im übrigen wird zur weiteren Begründung den Ausführungen im angefochten Bescheid gefolgt, so dass gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG auf ihn ergänzend Bezug genommen wird.

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Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen. In Betracht kämen hier wieder die von ihm allein befürchteten Verfolgungsmaßnahmen wegen seiner behaupteten politischen Betätigung und der Asylantragstellung. Da ihm deshalb aber, wie oben dargestellt, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keinerlei Übergriffe drohen, fehlt es auch an einer individuellen konkreten Gefahr der Folter (vgl. § 53 Abs. 1 AuslG), unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne von § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II S. 682) oder sonst einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit (vgl. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG).

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Die Abschiebungsandrohung ist folglich ebenfalls nicht zu beanstanden (vgl. §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 50 Abs. 1, 2 AuslG).

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Die Klage war daher nach alledem abzuweisen.

31

Der Kläger ist verpflichtet, innerhalb der angeordneten Frist das Bundesgebiet zu verlassen.

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Der Kläger hat als der unterlegene Teil gem. § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b Abs. 1 AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.