Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 26.09.2003, Az.: 6 A 4202/02

Bekleidungskosten; Praktikum; Soldatenversorgung

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
26.09.2003
Aktenzeichen
6 A 4202/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48223
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

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I. Der am .. 19.. geborene Kläger trat am .. 19.. in den Dienst der Bundeswehr. Seine Dienstzeit wurde zuletzt auf 12 Jahre festgesetzt und endete mit dem .. 19..

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Am 22. März 2000 stellte der Kläger einen Antrag auf Fachausbildung zum Betriebswirt (Schwerpunkt Tourismuswirtschaft) bei den ... vom 1. Oktober 2000 bis zum 30. September 2003. Diesen Antrag änderte er unter dem 26. Juli 2000, um am 1. September 2000 die dreijährige Fachausbildung zum Verwaltungsfachangestellten bei der ... aufzunehmen. Hierfür wurde ihm unter dem 8. November 2000 der Fachausbildungsbescheid erteilt. Am 20. November 2000 kündigte der Kläger dieses Fachausbildungsverhältnis und am 1. Dezember 2000 beantragte er für die Zeit vom 8. Januar 2001 bis zum 30. Juni 2001 die Fachausbildung zum Bürokaufmann bei der .... in ... Hierfür wurde ihm unter dem 21. Februar 2001 der Fachausbildungsbescheid erteilt. Diese Ausbildung beendete der Kläger erfolgreich.

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Am 28. Juni 2001 beantragte der Kläger eine Fachausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt - Schwerpunkt Tourismuswirtschaft - vom 1. Oktober 2001 bis zum 30. September 2004 in ...., die das ... - Berufsförderungsdienst .... - mit Fachausbildungsbescheid vom 10. Oktober 2001 förderte. Im Rahmen dieser Ausbildung absolvierte der Kläger vom 1. April 2002 bis zum 30. September 2002 ein unentgeltliches Praktikum im ..... Unter dem 22. Februar 2002 beantragte er anlässlich des Pflichtpraktikums die Zahlung für Berufskleidung, nämlich Anzüge, Hemden, Krawatten und schwarze Schuhe, da für seinen Praktikumseinsatz im Verwaltungs- und Verkaufsbüro des .... das Tragen von Anzug oder Kombination zwingend erforderlich sei.

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Mit Bescheid vom 25. März 2002 - zugestellt am 5. April 2002 - lehnte das Kreiswehrersatzamt ... - Berufsförderungsdienst ... - nach vorheriger Anhörung den Antrag des Klägers vom 22. Februar 2002 ab. Zur Begründung wies er im Wesentlichen darauf hin, dass der Kläger zwar einen Anspruch auf Fachausbildung auf Kosten des Bundes habe und die für die Durchführung der Ausbildung notwendigen finanziellen Belastungen übernommen würden, wenn und soweit der Soldat sie ohne berufliche Förderungsansprüche selbst tragen müsste und die sie begründenden Leistungen und Gegenstände nach Art und Kostenhöhe unmittelbar für Zwecke der Fachausbildung erforderlich seien, insbesondere auch den allgemeinen und üblichen Leistungen entsprächen und/oder mangels vorgeschriebener oder üblicher Leistungen angemessen seien. Die Kostentragungspflicht des Bundes gelte im Rahmen einer als Fachausbildung bewilligten Bildungsmaßnahme nicht uneingeschränkt, sondern nur insoweit, als sie für das Erreichen des Fachausbildungszieles erforderlich sei und ohne die Kostenübernahme das Erreichen des Fachausbildungszieles ansonsten gefährdet wäre. Das Tragen einer Kombination während des Praktikums sei zwar zwingend erforderlich, aber bei einer Kombination handele es sich nicht um eine überwiegend berufsfachbezogene Arbeitskleidung. Eine überwiegende Nutzung im privaten Bereich könne nicht ausgeschlossen werden. Im Übrigen sei eine Kombination ein Gegenstand des alltäglichen Bedarfs, bei dem davon ausgegangen werden könne, dass er sich im Besitz eines jeden einzelnen befinde. Es sei auch nicht so, dass im Falle der Nichtübernahme der Kosten das Erreichen des Ausbildungszieles, nämlich der Abschluss der Ausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt mit dem Schwerpunkt Tourismuswirtschaft gefährdet sei. Das Praktikum, das im Rahmen dieser Ausbildung stattfinde, diene der Vertiefung und Umsetzung der im Unterricht erworbenen theoretischen Kenntnisse. Die Wahl des Praktikumsbetriebes sei frei gestellt gewesen. Er hätte auch einen Praktikumsbetrieb wählen können, bei dem das Tragen einer Kombination nicht zwingend erforderlich sei. Von einer Gefährdung des Ausbildungszieles könne mithin nicht ausgegangen werden.

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Der Kläger legte unter dem 26. April 2002 am Montag, dem 6. Mai 2002 dagegen Widerspruch ein und verwies zur Begründung im Wesentlichen darauf, dass ihm die Kosten unabweisbar entstanden seien und dass sie für das Erreichen des Fachausbildungszieles erforderlich seien, da ansonsten dieses Ziel gefährdet wäre. Im Rahmen seines soldatenversorgungsrechtlichen Anspruchs sei allein zu prüfen, ob die Bekleidungsstücke, für die Kostenerstattung beantragt sei, dem Ausbildungszweck dienten oder nicht. Er sei verpflichtet, Anzüge, Hemden Krawatten und schwarze Schuhe im Hotel zu tragen. Solche Kleidungsstücke - insbesondere auch eine Kombination - stünden ihm zur Zeit nicht zur Verfügung. Er habe keinen anderen Anlass als das Praktikum, sich diese Kleidungsstücke zu beschaffen, die nicht seinem persönlichen Bekleidungsstil entsprächen. Deshalb handele es sich hier um notwendige Arbeitskleidung. Er könne auch nicht darauf verwiesen werden, dass er sich einen anderen Betrieb für das Praktikum hätte aussuchen können. Er habe das Praktikum gewählt, das für seine Ausbildung den größtmöglichen Nutzen bringe. Seine Wahl sei nicht zu beanstanden. Ebenso sei nicht zu beanstanden, dass der von ihm gewählte Betrieb das Tragen entweder eines Anzuges oder einer Kombination verlange. Dies entspreche gerade den Kennzeichen der besseren Häuser. Allein um die Kosten für die erforderliche Kleidung zu sparen, könne er nicht darauf verwiesen werden, sich einen im Vergleich mit dem ... in dieser Hinsicht minderwertigen Praktikumsbetrieb zu suchen. Das sei fürsorgewidrig.

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Die Wehrbereichsverwaltung ..., wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. September 2002 - zugestellt am 9. September 2002 - als unbegründet zurück. Zur Begründung wies sie ergänzend darauf hin, dass bei der Frage der Übernahme der Kosten im Rahmen der Fachausbildung die Frage zu klären sei, ob diese für das Erreichen des Ausbildungszieles, nämlich das Bestehen der Abschlussprüfung zum staatlich geprüften Betriebswirt, unabweisbar notwendig seien. Praktika seien zwar notwendig in diesem Sinne, aber der Kläger hätte sich nicht einen Praktikumsbetrieb suchen müssen, der diese Kosten verursache. Er hätte auch einen Praktikumsbetrieb wählen können, der diese Kosten nicht verursache, ohne dass dabei das Ausbildungsziel gefährdet sei. Kosten, die dem Anspruchsberechtigten zweckmäßig erschienen, um die Ausbildungs- und Prüfungsleistungen zu vervollkommnen, seien nicht zu übernehmen, sondern nur die für das Erreichen des Ausbildungszieles unabweichbar notwendigen Kosten. Im Übrigen handele es sich bei den beantragten Kleidungsstücken nicht um solche, die ausschließlich zum Zwecke der Berufsausbildung getragen würden, sondern um solche, die grundsätzlich auch privat genutzt werden könnten, auch wenn diese Art der Bekleidung nicht dem Bekleidungsstil des Klägers entspreche.

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Am 8. Oktober 2002 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft und ergänzend ausführt: Die geltend gemachten Bekleidungskosten seien nach Art und Höhe unmittelbar für die Zwecke der Fachausbildung erforderlich im Sinne der soldatenversorgungsrechtlichen Vorschriften. Er habe das hier in Rede stehende Praktikum absolvieren müssen und sich dafür die Bekleidung beschafft, über die er selbst nicht verfügt habe. Damit sei die Beschaffung dieser Bekleidung für die Absolvierung des konkreten Praktikums zwingend erforderlich gewesen und er habe einen Erstattungsanspruch. Rechtlich irrelevant sei die Frage, ob die Kosten steuerlich abzugsfähig seien. Hierauf aber scheine sich die Beklagte argumentativ zu stützen. Hier sei allein entscheidend, ob er zur Ableistung seines Praktikums diese Bekleidung benötigt habe oder nicht. Diese Frage sei eindeutig zu bejahen und werde auch von der Beklagten im Übrigen nicht verneint. Die Beklagte könne ihn nicht darauf verweisen, dass er einen anderen Praktikumsbetrieb hätte wählen können, denn ihm sei zuzubilligen, dass er für die Ableistung des Praktikums einen solchen Ausbildungsbetrieb wähle, der ihm für das Erreichen des Berufsziels nicht nur formal durch Praktikumsbescheinigung, sondern auch inhaltlich den größtmöglichen Nutzen bringen würde. Als ein solcher Betrieb komme nur ein Hotel von der Kategorie des ... oder einer höheren Kategorie in Betracht.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte zu verpflichten, ihm die für die Beschaffung von Berufskleidung entstandenen Kosten für das im Rahmen seiner Ausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt, Fachrichtung Tourismus, absolvierte Praktikum im ...zu übernehmen und den Bescheid des Kreiswehrersatzsamtes ... - Berufsförderungsdienst ... - vom 25. März 2002 und den Widerspruchsbescheid der Wehrbereichsverwaltung ...vom 4. September 2002 aufzuheben und

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die Hinzuziehung der Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

13

Sie bezieht sich zur Begründung auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und führt zur Klarstellung ergänzend aus, dass von berufstypischer Kleidung nur dann gesprochen werden könne, wenn diese in jedem Betrieb aufgrund gesetzlicher oder berufsständischer Verpflichtung vorgeschrieben sei.

14

Das Verwaltungsgericht Oldenburg - 6. Kammer - hat mit Beschluss vom 26. Juni 2003 den Rechtsstreit auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

15

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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II. Die zulässige Klage ist nicht begründet.

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Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §§ 5, 5 a des Gesetzes über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihrer Hinterbliebenen (Soldatenversorgungsgesetz - SVG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 9. April 2002 (BGBl. I S. 2258, 1909), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. August 2002 (BGBl. I S. 3222).

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Nach § 5 Abs. 1 SG haben Soldaten auf Zeit, die nicht Inhaber eines Eingliederungsscheines sind, Anspruch auf Fachausbildung auf Kosten des Bundes, wenn sie auf die Dauer von mindestens vier Jahren in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen worden sind. Der Kläger hat danach einen Anspruch auf Fachausbildung auf Kosten des Bundes, der im Übrigen auch rechtlich nicht streitig ist.

19

Die Verordnung zur Durchführung der §§ 4, 5 und 5 a SVG vom 26. Oktober 1965 (BGBl I S. 1746) in der Fassung vom 14. November 1994 (BGBl I S. 3442) regelt in ihrem ersten Teil den allgemein beruflichen Unterricht, in ihrem zweiten Teil die Fachausbildung und in ihrem dritten Teil den Austausch von allgemein beruflichem Unterricht und Fachausbildung. Sie regelt nicht, welche Kosten im einzelnen im Rahmen der Fachausbildung erstattet werden, sondern sie regelt, ob und welche Form der Soldatenversorgung nach §§ 4, 5, 5a SVG gewährt wird, für welche Dauer sie gewährt wird, ob Anspruch auf Freistellung vom militärischen Dienst besteht, wo die Fachausbildung durchgeführt werden kann, wann sie begonnen werden muss, und sie regelt die Entscheidungskompetenzen der Leiter der Bundeswehrfachschule, des Kreiswehrersatzamtes, der Wehrbereichsverwaltungen und der personalbearbeitenden Stellen.

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Die Verwaltungsvorschriften zu den §§ 5 und 5a Abs. 1 Nr. 2 SVG regeln in Nr. 12 zwar die Kosten der Fachausbildung, nicht aber, ob auch Bekleidungskosten übernommen werden. Nach Nr. 12 Abs. 1 dieser Verwaltungsvorschriften sind als Kosten der Fachausbildung die für ihre erfolgreiche Durchführung notwendigen finanziellen Belastungen des Soldaten zu übernehmen, wenn und soweit der Soldat oder die zu seinem Unterhalt Verpflichteten sie ohne berufliche Förderungsansprüche selbst tragen müssten und wenn die Leistungen und Gegenstände nach Art und Kostenhöhe unmittelbar für Zwecke der Fachausbildung erforderlich sind, insbesondere auch den allgemein vorgeschriebenen oder üblichen Leistungen entsprechen oder mangels vorgeschriebener oder üblicher Leistungen angemessen sind. Zu den Kosten der Fachausbildung gehören danach Lehrgangs- und Studiengebühren, Aufwendungen für Ausbildungsmittel, Beiträge zur Krankenversicherung, Reiseauslagen, Trennungsauslagen, Aufwendungen für Studienfahrten und andere Reisen aus Anlass der Fachausbildung, Zuschuss zu den Umzugsauslagen und Ausbildungszuschuss. Die vom Kläger geltend gemachten Kosten lassen sich darunter nicht subsumieren.

21

Der Umfang des Anspruchs des Klägers auf Tragung der Kosten der Fachausbildung ergibt sich aufgrund einer Auslegung der §§ 5, 5 a SVG primär vor dem Hintergrund der Fürsorgepflicht des Bundes gegenüber seinen Soldaten, aber auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (so OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16. Juli 1998 - 1 Q 72/98 - zit. nach juris). Das Bundesverwaltungsgericht hatte in einem Urteil vom 5. Oktober 1979 entschieden, dass der Anspruchsberechtigte Soldat „nur die Aufwendungen erstattet verlangen kann, die zur Erreichung des Ausbildungszieles unabweisbar notwendig sind, nicht hingegen auch diejenigen, die ihm zweckmäßig erscheinen, um seine Ausbildungs- und Prüfungsleistungen zu vervollkommnen“ (so BVerwG, Urteil vom 5. Oktober 1979, - Az.: 6 C 63.78 - Buchholz 238.41 § 5 SVG Nr. 3).

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Die vom Kläger für das Praktikum beschafften Bekleidungsstücke sind danach nicht zur Erreichung des Ausbildungszieles unabweisbar notwendig, denn das Praktikum in dem Hotel, das der Kläger ausgewählt hat, ist nicht vorgeschrieben gewesen. Er hätte auch einen Praktikumsplatz wählen können, in dem diese Kosten nicht angefallen wären. Es handelt sich bei den Bekleidungskosten deshalb nicht um Aufwendungen, die zur Erreichung des Ausbildungszieles unabweisbar notwendig gewesen sind mit der Folge, dass die Beklagte die Übernahme der Kosten zu Recht abgelehnt hat.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

24

Einer Entscheidung zu dem unter 2. gestellten Klageantrag bedarf es angesichts der Entscheidung in der Sache nicht mehr.

25

Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung nicht nach §124 a Abs. 1 VwGO zu, weil Gründe des §124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.