Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.05.2010, Az.: 2 K 116/09

Kein Anspruch eines Arbeitnehmers eines ausländischen Arbeitgebers auf Steuerbefreiung nach dem Auslandstätigkeitserlass

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
18.05.2010
Aktenzeichen
2 K 116/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 36420
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2010:0518.2K116.09.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 08.12.2010 - AZ: I B 98/10

Einkommensteuer 2006

Als sog. "Embo Fee" benannte Zahlungen nicht im Rahmen des § 34c Abs. 1 EStG anzurechnen

Tatbestand

1

Zwischen den Parteien ist streitig, inwieweit Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit, die er in Lybien erzielt hat, von der Besteuerung freizustellen sind.

2

Die Kläger hatten zunächst trotz Aufforderung durch das Finanzamt eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 nicht abgegeben. Das Finanzamt schätzte darauf hin die Besteuerungsgrundlagen nach Aktenlage. Die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit schätzte das Finanzamt dabei mit 20.000,00 EUR. Es wurde eine Einkommensteuer von 5.199,00 EUR festgesetzt.

3

Gegen den Schätzungsbescheid legten die Kläger Einspruch ein, den sie allerdings nicht begründeten.

4

Im Klageverfahren nun legten die Kläger eine Einkommensteuererklärung vor.

5

Sie teilten nunmehr mit, dass der Kläger bei der Firma F als Operationsmanager beschäftigt sei und hierbei Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erziele. Im Streitjahr sei der Kläger in Lybien eingesetzt gewesen. Die Lohn- und Gehaltsabrechnungen seien in Dubai erstellt worden.

6

Die Kläger sind der Ansicht, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, soweit sie aus Lybien kommen, steuerfrei zu stellen seien. Es handele sich bei den Klägern zwar um unbeschränkt Steuerpflichtige, die Einkünfte allerdings würden von einem ausländischen Arbeitgeber bezahlt werden. Damit seien sie in Deutschland nicht steuerpflichtig.

7

Der Kläger habe einen Arbeitsvertrag mit der Firma F INTERNATIONAL geschlossen (Sitz British Virgin Islands). Es sei auch in diesem Fall der Auslandstätigkeitserlass anzuwenden, da es sich um eine Tochtergesellschaft des früheren inländischen Arbeitgebers gehandelt habe. Es seien zudem die gezahlten Steuern (Income Taxes) in Höhe von 2.706,77 EUR anzurechnen. Auch seien die als "Embo Fee" abgezogenen Beträge ebenfalls auf die inländische Einkommensteuer anzurechnen.

8

Zudem solle, sofern Verhandlungen über den Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens stattfinden, die Steuerfestsetzung insoweit vorläufig erfolgen, da ggf. zugunsten des Steuerpflichtigen eine günstigere Regelung erfolgen könne.

9

Der Prozessbevollmächtigte hat nach dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2010 nicht den Gegenstand der als "Embo Fee" genannten Abzüge belegt.

10

Nachdem zuvor zunächst unter Darlegung verschiedener anderer Werbungskosten der Antrag gestellt worden ist, die Einkommensteuer auf 0,00 EUR herabzusetzen, hat der Prozessbevollmächtigte nunmehr mit Schriftsatz vom 18.05.2010 einen neuen Antrag gestellt:

11

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2006 vom 20.01.2008 die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, soweit sie aus dem Ausland kommen, steuerfrei zu stellen,

12

hilfsweise,

die Einkommensteuer hinsichtlich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, soweit sie aus Lybien stammen, für vorläufig zu erklären.

13

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 18. Mai 2010 zugesagt, die Festsetzung der Einkommensteuer hinsichtlich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, soweit sie aus Lybien stammen vorläufig nach § 165 Abs. 1 AO vorzunehmen, darüber hinaus auch hinsichtlich der Festsetzung des Solidaritätszuschlages einen Vorläufigkeitsvermerk aufzunehmen.

14

Der Beklagte beantragt,

die Klage im Übrigen abzuweisen.

15

Nach der nunmehr im Klageverfahren vorgelegten Einkommensteuererklärung ergebe sich nach einer Probeberechnung eine Einkommensteuer von 19.447,00 EUR. Diese Festsetzung stelle sogar eine Änderung zum Nachteil gegenüber der bisherigen Festsetzung im angefochtenen Steuerbescheid vom 20. Oktober 2008, so dass die Klage vollständig unbegründet sei.

16

Hinsichtlich der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit aus Lybien bestehe kein Doppelbesteuerungsabkommen mit diesem Land. Die erzielten Einkünfte unterlägen daher der deutschen Besteuerung nach dem Welteinkommensprinzip. Dabei seien die gezahlten Steuern (Income Taxes) anzurechnen.

17

Beide Parteien haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erteilt.

Entscheidungsgründe

18

Nach dem Schriftsatz des Finanzamtes vom 18. Mai 2010 waren die Einkünfte aus Lybien vorläufig nach § 165 Abs. 1 Abgabenordnung festzusetzen, da mit diesem Land Verhandlungen über ein Doppelbesteuerungsabkommen geführt werden.

19

In der Sache selbst war die Klage vollumfänglich abzuweisen.

20

1.

Nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

21

Im Streitfall hatte der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau einen Wohnsitz im Inland. Beide waren deshalb im Streitjahr 2006 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

22

Die Kläger unterliegen deshalb der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht mit allen im Veranlagungszeitraum 2006 erzielten Einnahmen.

23

2.

Eine Steuerbefreiung ergibt sich im Streitfall insbesondere auch nicht nach dem Auslandstätigkeitserlass vom 31. Oktober 1983. Nach diesem Erlass verzichtet die Bundesrepublik bei Arbeitnehmern, die für begrenzte Zeit zur Verrichtung bestimmter Tätigkeiten im Ausland weilen, auf eine Besteuerung, der für diese Tätigkeit gezahlten Bezüge, wenn mit dem betreffenden Staat kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Nach dem Auslandstätigkeitserlass allerdings muss es sich dabei um Arbeitnehmer eines inländischen Arbeitgebers handeln.

24

Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor.

25

Ausweislich des eingereichten Arbeitsvertrages ist dieser geschlossen worden mit der Firma F mit Sitz in British Virgin Islands. Dass die Mutterfirma in Deutschland residiert, hat hierauf keine Auswirkung. Entscheidend sind die arbeitsvertraglichen Regelungen. Danach ist definitiv der Arbeitgeber nicht in Deutschland ansässig. Insbesondere liegt im Streitfall auch keine der in Richtlinie 38.3 Lohnsteuerrichtlinien geregelten Fälle vor. Der Kläger hat seine Arbeitsleistung vielmehr der Firma F INTERNATIONAL geschuldet, stand unter ihrer Leitung und Weisungsbefugnis. Es liegen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass etwa die inländische Firma hier im Wege einer Arbeitnehmerüberlassung den Kläger der Firma F INTERNATIONAL überlassen hat. Ausweislich der klaren vertraglichen Regelungen hat der Kläger vielmehr unmittelbar mit der Firma F INTERNATIONAL einen Arbeitsvertrag abgeschlossen.

26

3.

Die ausländischen Einkünfte unterliegen deshalb als Bestandteil des Welteinkommens der inländischen Einkommensteuer. Allerdings sind nach § 34c Abs. 1 EStG die gezahlten ausländischen Steuern anzurechnen. Dabei handelt es sich um die nachgewiesenen Income Taxes in Höhe von 2.707,00 EUR. Unter Berücksichtigung der ausländischen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 106.606,00 EUR und unter Anrechnung gezahlter ausländischer Steuern von 2.707,00 EUR ergebe sich nach der Probeberechnung des Finanzamtes eine zu zahlende inländische Einkommensteuer von 19.447,00 EUR. Der Kläger hat dabei insbesondere auch nicht nachgewiesen, dass die als "Embo Fee" bezeichneten Zahlungen auch anzurechnen wären. Bei dem Wort "Fee" handelt es sich vielmehr um Gebühren, nicht um Steuern.

27

Da bislang die festgesetzte Einkommensteuer lediglich 5.199,00 EUR beträgt, verbleibt es auch nach der eingereichten Einkommensteuererklärung unter Anrechnung der ausländischen Steuern bei einer deutlich höheren Steuerlast.

28

Die Klage ist daher nicht begründet.

29

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Finanzgerichtsordnung (FGO).