Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 03.06.2014, Az.: 1 B 7660/14

Amtsträger; Minister; öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch; Tatsachenbehauptung; Verlag; Wertung; Wiederholungsgefahr

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
03.06.2014
Aktenzeichen
1 B 7660/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 42630
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Für die Einordnung einer Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Wertung ist der Gesamtzusammenhang entscheidend. Aus diesem kann sich ergeben, dass die Rolle einzelner wertender Elemente so zentral ist, dass die Bedeutung gleichzeitig vermittelter tatsächlicher Elemente zurücktritt.
2. Die für den öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch erforderliche konkrete Wiederholungsgefahr bemisst sich nach den Umständen des Einzelfalls. Allein die Weigerung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, reicht für die Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht aus. Eine Wiederholungsgefahr kann ausscheiden, wenn der Themenkomplex der angegriffenen Äußerungen nicht mehr von öffentlichem Interesse ist.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 EURO festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren die Unterlassung bestimmter Äußerungen im Hinblick auf das Verhalten des Antragstellers zu 2) während der Durchsuchung der Privatwohnung des seinerzeitigen Bundestagsabgeordneten G. am 10. Februar 2014.

Die Antragstellerin zu 1) ist Herausgeberin der H. Tageszeitung „I.“. Für diese wird der Antragsteller zu 2) als Redakteur tätig.

Ende Januar 2014 leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen G. ein. Am 10. Februar 2014 erwirkte sie mehrere Durchsuchungsbeschlüsse, u. a. für die Privatwohnung des Beschuldigten in J., K.. Diese wurde am Nachmittag des gleichen Tages von mehreren Beamten unter Leitung des zuständigen Oberstaatsanwalts durchsucht. Die Wohnung befindet sich im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses. Der in einem Winkel des Hauses liegende Wohnungseingang ist - wie auch weitere Wohnungseingänge - über einen an dem Gebäude entlangführenden Weg zu erreichen, der sich bereits auf dem zu dem Wohnhaus gehörenden Privatgrundstück befindet. Dieser ist nicht durch eine Pforte oder Ähnliches von dem öffentlichen Straßenbereich abgetrennt. Da der Beschuldigte abwesend und auch nicht über seinen Anwalt zu erreichen war, wurde die Wohnungstür von einem Schlüsseldienst geöffnet.

Der Antragsteller zu 2) hatte einen Hinweis erhalten, dass die Wohnung des Beschuldigten durchsucht werde. Als er vor Ort eintraf, wurde er weder durch Absperrungen noch auf andere Art an dem Betreten des Privatweges gehindert. Auch der Bereich vor der Wohnung des Beschuldigten war frei zugänglich. Von diesem Weg aus fotografierte der Antragsteller zu 2) die Wohnungstür und den davor liegenden Bereich sowie durch ein geschlossenes, aber nicht durch Vorhänge o. ä. verdecktes Fenster einen Wohnraum des Beschuldigten. Nachdem der Antragsteller zu 2) am Fenster bemerkt worden war, ließ einer der Beamten das Fensterrollo herunter.

Der Antragsteller zu 2) ging zur Wohnungstür, an der noch ein Mitarbeiter des Schlüsseldienstes beschäftigt war. Dort kam es zu einem Gespräch mit dem zuständigen Oberstaatsanwalt, der es ablehnte, Auskünfte zu erteilen. Später verließ der Antragsteller zu 2) das Grundstück.

Am 11. Februar 2014 veröffentlichte die Zeitung „I.“ einen Artikel des Antragstellers zu 2) unter der Überschrift „Staatsanwaltschaft ermittelt gegen L.“, illustriert von Fotografien des Eingangsbereichs der Privatwohnung und des Wohnungsinneren. Der Verteidiger des Beschuldigten L. stellte am selben Tag unter anderem wegen der Tätigkeiten des Antragstellers zu 2) während der Durchsuchungsmaßnahme Strafanzeige gegen Unbekannt. In diesem Zusammenhang ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Antragsteller zu 2).

Ebenfalls am 11. Februar 2014 gab der Antragsteller zu 2) dem NDR-Magazin „M.“ ein mehrminütiges Interview N., in dem er beschreibt, wie er von der Durchsuchung erfahren hat („… Tipp aus der Bevölkerung: Da ist Polizei in J., die durchsucht die Wohnung von Bundespolitiker G.. Und dann setzen wir uns in den Wagen und fahren da schleunigst hin. …“), was er vor Ort beobachten konnte und wie er sich selbst verhalten hat.

In der Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27. Februar 2014 beantwortete die Antragsgegnerin zu 1) in ihrer Eigenschaft als Justizministerin zwei an die Landesregierung gerichtete dringliche Anfragen zum Themenkomplex „L.“. Gegenstand des Tagesordnungspunktes 13 a) war die dringliche Anfrage der FDP-Fraktion vom 24. Februar 2014 unter der Überschrift „,O. ‘ - Wie steht die SPD zum Rechtsstaat“. In der Antwort der Antragsgegnerin zu 1) auf die Frage „Welche niedersächsischen Behörden haben zu welchem Zeitpunkt durch wen oder aufgrund welcher Umstände Kenntnis von den Vorgängen erlangt, die letztlich zur Aufnahme strafrechtlicher Ermittlungen geführt haben?“ wurde hinsichtlich der Vorgänge am 10. Februar 2014 unter anderem ausgeführt:

„… An diesem Tag fanden auch Durchsuchungsmaßnahmen statt, wobei sich ein Reporter, der aus bislang ungeklärter Quelle von dem Durchsuchungstermin erfahren hatte, Zutritt zu dem betreffenden Grundstück verschafft und unerlaubt fotografische Aufnahmen gefertigt hatte. …“

Unter dem Tagesordnungspunkt 13 b) äußerte sich die Antragsgegnerin zu 1) auf die Frage aus der dringlichen Anfrage der CDU-Fraktion vom 24. Februar 2014 „Wie war der Verlauf der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen?“ unter anderem wie folgt:

„… Dabei wurden verschiedene Beweismittel sichergestellt. Ein Reporter, der aus bislang ungeklärter Quelle von dem Durchsuchungstermin erfahren, sich Zutritt zu dem betreffenden Grundstück verschafft und unerlaubt fotografische Aufnahmen gefertigt hatte, wurde während der laufenden Maßnahme des Grundstücks verwiesen. …“

An beiden Stellen wurde unmittelbar im Abschluss ausgeführt:

„Wegen dieses Sachverhalts hat die Staatsanwaltschaft Hannover am 12. Februar 2014 auf eine Strafanzeige des Verteidigers des Beschuldigten L. vom Vortag hin das Verfahren 1141 UJs 11665/14 eingeleitet. …“

Am 4. März 2014 veröffentlichte der Antragsteller zu 2) einen Artikel, in dem er unter der Überschrift „Der Platzverweis, den es nie gab - Schilderung der Justizministerin über L. -Durchsuchung entspricht nicht Tatsachen“ der seiner Ansicht nach falschen Darstellung seines Verhaltens während der Durchsuchungsmaßnahme am 10. Februar 2014 entgegentritt. Die in dem Artikel angelegte Argumentation vertiefte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller in seinem an die Antragsgegnerin zu 1) gerichteten Schreiben vom 7. März 2014. In diesem rügte er, dass durch die streitgegenständlichen Passagen unwahre Tatsachen behauptet worden seien. Es sei der Eindruck entstanden, dass der Antragsteller zu 2) sich widerrechtlich auf dem Grundstück aufgehalten habe. Dieser habe jedoch lediglich den öffentlich zugänglichen Weg, den jeder Passant frei betreten könne, genutzt, Zugangshindernisse habe er nicht überwinden müssen. Auch die Formulierung „unerlaubt fotografische Aufnahmen gefertigt“ sei nicht zutreffend. Der Antragsteller zu 2) habe die publizierten Bilder von dem öffentlich zugänglichen Weg zu der Wohnung aufgenommen, wie es jeder andere Passant hätte tun können. Dabei habe er nicht gegen ein Fotografierverbot verstoßen. Ebenso sei es nicht zutreffend, dass er „während der laufenden Maßnahme des Grundstücks verwiesen worden sei“, vielmehr habe er nach Abschluss seiner Recherchen das Grundstück aus eigenem Entschluss verlassen. Die Antragsgegnerin zu 1) wurde zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert, was mit Schreiben des Staatssekretärs des Justizministeriums vom 17. März 2014 mit der Begründung abgelehnt wurde, dass die Ausführungen in allen Punkten zutreffend seien.

Zwischenzeitlich hatte die Antragsgegnerin zu 1) in der Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen am 13. März 2014 die streitgegenständlichen Äußerungen bestätigt, nachdem die CDU-Fraktion als Reaktion auf den Artikel vom 4. März 2014 eine Unterrichtung beantragt hatte.

Ebenfalls am 13. März 2014 hatte der Beschwerdeausschuss 2 des Deutschen Presserats getagt und die „P.“ gerügt. Ausweislich der Pressemitteilung des Deutschen Presserats sah der Ausschuss in der Veröffentlichung des Fotos, auf dem Details aus einem Zimmer der Privatwohnung des ehemaligen Abgeordneten zu sehen waren, wegen des in dem Pressekodex festgelegten besonderen Schutz des privaten Wohnraums einen schweren Verstoß gegen den Schutz der Persönlichkeit.

Die Antragsteller haben am 24. März 2014 beim Landgericht Hamburg den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Mit Beschluss vom 26. März 2014 hat dieses den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Hamburg verwiesen. Von dort ist das Verfahren mit Beschluss vom 1. April 2014 an das hiesige Gericht verwiesen worden.

Die Antragsteller vertiefen ihre Argumentation aus dem an die Antragsgegnerin zu 1) gerichteten Schreiben vom 7. März 2014 wie folgt:

Die Antragsgegnerin zu 1) sei (auch) passivlegitimiert, da sie die streitgegenständlichen Passagen selbst geäußert habe. Für diese müsse sie auch selbst die Verantwortung übernehmen und sei persönlich zur Unterlassung zu verpflichten.

Die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Erkennbarkeit der Antragsteller sei gegeben, selbst wenn in den streitgegenständlichen Äußerungen die Namen der Antragsteller nicht genannt würden. Durch die mediale Aufmerksamkeit seien sie mühelos zu ermitteln gewesen. So erhalte man bei Google für den Suchbegriff „Berichterstattung L. 12.2.2014“ ca. 1.970 Einträge, wobei bereits unter dem ersten Eintrag sowohl der Verlag des Antragstellers zu 1) als auch die Person des Antragstellers zu 2) in Wort, Schrift und Bild vorgestellt werde.

Die streitgegenständlichen Äußerungen seien allesamt Tatsachenbehauptungen, die in der gebotenen kontextbezogenen Auslegung den Eindruck vermitteln würden, dass der Zugang zu dem Durchsuchungsort versperrt gewesen sei, ein Fotografierverbot bestanden habe, sich der Antragsteller zu 2) unter Missachtung des Zugangsverbots gleichwohl Zugang zu dem Grundstück verschafft habe, das Fotografierverbot ebenfalls missachtet habe und dementsprechend auf behördliche Anordnung das Grundstück habe verlassen müssen. Dies sei nicht zutreffend. Vielmehr gelte Folgendes:

Am 10. Februar 2014 habe der Antragsteller zu 2) Herrn L. in seiner Wohnung aufsuchen wollen und daher - wie jeder andere, der zu einer der Wohnungen des Mehrfamilienhauses gelangen wolle - den öffentlichen, frei zugänglichen Zuweg benutzen dürfen. Es sei ihm nicht bekannt gewesen, dass sich Herr L. nicht in seiner Wohnung befunden habe. Für einen Journalisten sei es „das Selbstverständlichste auf der Welt“, sofort zur Wohnung des Beschuldigten zu fahren und den Versuch zu machen, ihn dort zu interviewen. Der Formulierung „Zutritt verschaffen“ sei im Hinblick auf die tatsächlichen Gegebenheiten am 10. Februar 2014 objektiv falsch. Wegen fehlender Hindernisse war der Zugang zu dem Grundstück frei, der Reporter habe sich folglich nichts „verschaffen“ müssen. Der unwahre Eindruck, der Antragsteller zu 2) habe Hindernisse überwinden müssen, werde noch durch die ebenfalls angegriffenen weiteren Äußerungen verstärkt.

Er sei vor Ort auch nicht aufgefordert worden, Fotoaufnahmen zu unterlassen oder den Film bzw. den Chip mit den Fotoaufnahmen herauszugeben. Vielmehr sei das Fotografieren anstandslos geduldet worden. In der verwendeten Formulierung, insbesondere im Kontext mit der Wendung „Zutritt verschaffen“ komme nicht zum Ausdruck, dass „unerlaubt“ im Sinne einer Meinungsäußerung verwendet worden sei, sondern es werde suggeriert, dass der Antragsteller zu 2) ein ausgesprochenes Fotografierverbot missachtet habe. Im Übrigen sei die Bewertung als „unerlaubt“ auch nicht zutreffend. Jeder habe von dem Zugangsweg zu den Wohnungen durch das Fenster ungehindert in die Wohnung von Herrn L. sehen können. Ein Foto, das lediglich diesen Einblick wiedergebe, sei nicht als Persönlichkeitsrechtsverletzung zu werten, was vor allem dann gelte, wenn die Veröffentlichung in Zusammenhang mit einem von bundesweiter Aufmerksamkeit begleiteten Vorgang stünde.

Der zuständige Oberstaatsanwalt habe den Antragsteller zu 2) nicht aufgefordert, das Grundstück zu verlassen, sondern habe das Gespräch dadurch beendet, dass er aus dem Türbereich in das Innere der Wohnung zurückgekehrt sei. Anschließend habe der Antragsteller zu 2) noch mit einem Ermittler der Polizeiinspektion Q. gesprochen. Auch dieser habe ihn nicht aufgefordert, das Grundstück zu verlassen, sondern habe sich mit den Worten „ich muss jetzt weitermachen“ verabschiedet. Für ihren gegenteiligen Vortrag sei die Antragsgegnerin zu 1) den Wahrheitsbeweis schuldig geblieben.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegner könne auch der Hinweis auf ein „öffentliches Informationsinteresse“ unwahre Tatsachenbehauptungen nicht legitimieren. Wenn die Antragsgegnerin zu 1) überhaupt auf das Verhalten des Antragstellers zu 2) habe eingehen müssen, habe sie keine unwahren Äußerungen tätigen dürfen. Sei die Wahrheit zum Zeitpunkt ihrer Rede noch nicht ermittelt, müsse dies deutlich werden, indem beispielsweise angesprochen werde, welche Informationen der Antragsgegnerin zu 1) vorlägen. Auch hätte offengelegt werden müssen, dass diese noch nicht hätten überprüft werden können, insbesondere der Reporter und sein Verlag noch gar nicht angehört worden seien.

Durch die bis heute fehlende Anhörung der Betroffenen seien die Sorgfaltspflichten gröblichst verletzt worden. Die Antragsteller seien durch die streitgegenständlichen Äußerungen öffentlich als diejenigen an den Pranger gestellt worden, die in ihrer Pressearbeit Gesetz und Recht missachten würden.

Auch der Vortrag der Antragsgegner, dass die Antragsteller nur in geringerem Maße schutzbedürftig seien, verfange nicht. Allein der Umstand, dass der Antragsteller zu 2) sich mit seinem Artikel vom 4. März 2014 („Der Platzverweis, den es nie gab“) öffentlich gegen die Vorwürfe zur Wehr gesetzt habe, lasse den Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die streitgegenständlichen Äußerungen nicht entfallen.

Die Wiederholungsgefahr sei bereits durch die erstmalige Rechtsverletzung indiziert. Zudem habe die Antragsgegnerin zu 1) zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, dass sie von den beanstandeten Äußerungen Abstand nehme. Vor dem Hintergrund eines gegen den Antragsteller zu 2) anhängigen Ermittlungsverfahrens sei es dringend erforderlich, die ungerechtfertigte und das Ermittlungsverfahren erheblich belastende Vorverurteilung aus der Welt zu schaffen.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, es zu unterlassen, folgende Äußerungen zu tätigen oder tätigen zu lassen:

„An diesem Tag [10.02.2014] fanden auch Durchsuchungsmaßnahmen statt, wobei sich ein Reporter, der aus bislang ungeklärter Quelle von dem Durchsuchungstermin erfahren hatte, Zutritt zu dem betreffenden Grundstück verschafft und unerlaubt fotografische Aufnahmen gefertigt hatte.“

und/oder

„Dabei wurden verschiedene Beweismittel sichergestellt. Ein Reporter, der aus bislang ungeklärter Quelle von dem Durchsuchungstermin erfahren, sich Zutritt zu dem betreffenden Grundstück verschafft und unerlaubt fotografische Aufnahmen gefertigt hatte, wurde während der laufenden Maßnahme des Grundstücks verwiesen.“

Die Antragsgegner beantragen,

die Anträge abzulehnen.

Zur Begründung führen sie aus:

Gegen die Antragsgegnerin zu 1) sei der Antrag bereits unzulässig, da diese die streitgegenständlichen Passagen in Ausübung ihrer Amtsgeschäfte als Niedersächsische Justizministerin geäußert habe. In diesem Fall sei das Verhalten eines Ministers nach dem im Verwaltungsrecht geltenden Rechtsträgerprinzip seiner Anstellungskörperschaft zuzurechnen.

Für den Unterlassungsanspruch fehle es bereits an der Erkennbarkeit der Antragsteller. Diese seien namentlich nicht genannt worden und die durch die Äußerung selbst vermittelten Erkennbarkeitsmerkmale reichten nicht aus, um aus Sicht eines verständigen Durchschnittsrezipienten auf die Identität der Antragsteller schließen zu können. Die streitgegenständlichen Äußerungen bezögen sich abstrakt, ohne Nennung weiterer Identifikationsmerkmale auf „einen Reporter“, dessen Identität keine Rolle spiele. Von einem Verlag, einer Zeitung oder dem Verantwortlichen einer Online-Veröffentlichung sei nicht die Rede.

Zudem liege keine Verletzung des dem Antragsteller zu 2) zustehenden Rechts auf Ehre als Ausprägung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und auch nicht des deutlich geringer geschützten Unternehmenspersönlichkeitsrechts des Antragstellers zu 1) vor.

Bei der Formulierung „… ein Reporter [hatte sich] Zutritt zu dem betreffenden Grundstück verschafft“ handele es sich um eine wertende Äußerung, die auf einem wahren Tatsachenkern beruhe. Ausweislich der eidesstattlichen Versicherungen des Antragstellers zu 2) habe dieser sich ohne Erlaubnis und ohne vorhergehende Aufforderung auf dem zu dem Wohnhaus gehörenden Grundstück aufgehalten. Es werde bestritten, dass der Antragsteller zu 2) den Beschuldigten L. in seiner Wohnung habe aufsuchen wollen, vielmehr habe er das Grundstück betreten, um über die Durchsuchung zu berichten. Die Formulierung „Zutritt verschaffen“ bedeute, sich faktisch unaufgefordert auf ein Grundstück zu begeben. Konkrete Verhaltensweisen wie das Überwinden von Hindernissen oder Einfriedungen seien aus Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums mit dieser sprachlichen Wendung nicht zu verbinden.

Die Äußerung „… ein Reporter [hatte] unerlaubt fotografische Aufnahmen gefertigt“ sei bereits keine Tatsachenbehauptung, da die Qualifikation eines Verhaltens als „unerlaubt“ eine Frage der subjektiven Einschätzung und damit nicht der Beweisaufnahme zugänglich sei. Es handele sich um eine zulässige Bewertung tatsächlicher Umstände, nämlich dass der Antragsteller zu 2) die Fotos ohne Erlaubnis des Wohnungsinhabers gemacht habe. Dafür spreche auch, dass der Deutsche Presserat dieses Verhalten am 13. März 2014 als schweren Verstoß gegen den Schutz der Persönlichkeit gerügt habe. Auch der Antragsteller zu 2) selbst räume diese Bewertungsmöglichkeit ein, wenn er in einem Interview für den NDR davon spreche, dass eine Verletzung der Persönlichkeitssphäre vorliegen könne, die allerdings seiner Ansicht nach presserechtlich gedeckt sei.

Die Wendung „Ein Reporter … wurde während der laufenden Maßnahmen des Grundstücks verwiesen“ stelle lediglich eine Einstufung eines Vorgangs dar und beruhe auf zutreffender Tatsachengrundlage. Ob man „verwiesen“, „weggeschickt“ oder „zur Entfernung aufgefordert“ wird, sei eine Frage der subjektiven Einschätzung. Was der eine als „Verweis“ empfinde, könne für einen anderen eine freundliche Aufforderung oder ein Wegschicken sein. In tatsächlicher Hinsicht sei dieser Äußerung lediglich immanent, dass jemand den Reporter aktiv zum Verlassen des Ortes aufgefordert haben müsse, wie es hier der Fall gewesen sei. Die Antragsgegnerin zu 1) habe sich insoweit auf den mündlichen Bericht des für die Durchsuchung zuständigen Oberstaatsanwalts gegenüber dem Ministerialbeamten gestützt. Danach habe der Oberstaatsanwalt gegenüber dem Reporter erklärt, „er möge sich entfernen“, woraufhin sich der Antragsteller zu 2) tatsächlich entfernt habe.

Für alle Äußerungen gelte, dass sie in der gebotenen Kürze erfolgt und insbesondere nicht mit unsachlichen Angriffen gegen die Antragsteller im Sinne von Anprangerung und Diffamierung verbunden worden seien. Es sei diesen zuzumuten, sich mit dieser Darstellung des Geschehens konfrontiert zu sehen.

Abgesehen davon könne sich die Antragsgegnerin zu 1) zur Legitimation der beanstandeten Äußerungen auf den Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen. An den streitgegenständlichen Äußerungen bestand ein überwiegendes öffentliches Informationsinteresse. Sie waren im Rahmen der Unterrichtung des niedersächsischen Landtages nicht nur zulässig, sondern geboten. Es sei zentrale Aufgabe der Landesregierung, ihr Handeln und auch dessen Hintergründe offenzulegen. Dies gelte umso mehr, wenn die Opposition dies ganz konkret einfordere.

Im Hinblick auf die angegriffenen Äußerungen sei auch die gebotene Sorgfalt umfassend gewahrt worden. Sie hätten inhaltlich in Gänze auf belastbaren Informationen, insbesondere den Berichten der ermittelnden Staatsanwaltschaft, beruht, deren Wahrheitsgehalt nicht in Zweifel gezogen werden musste und müsse.

Die Antragsteller hätten die Darstellung auch deshalb hinzunehmen, weil sie durch eigenes Verhalten ihre Schutzwürdigkeit herabgestuft hätten. Sie hätten die Vorgänge, die Gegenstand der angegriffenen Äußerungen seien, selbst und wiederholt öffentlich zugänglich gemacht. Zudem habe der Antragsteller zu 2) im Anschluss an die streitgegenständlichen Äußerungen seine Sicht der Dinge in seinem Artikel „Der Platzverweis, den es nie gab“ (4. März 2014) öffentlich gemacht und die Antragsgegnerin zu 1) mit dem Vorwurf, ihre Darstellung entspreche nicht den Tatsachen, als Person schwer angegriffen.

Darüber hinaus fehle es an der für den Unterlassungsanspruch materiell erforderlichen konkreten Wiederholungsgefahr. Hierfür müsse im öffentlichen Recht - anders als im Zivilrecht - nach den Umständen des Einzelfalles zu erwarten sein, dass die beanstandeten Äußerungen wiederholt würden. Daran fehle es hier, da diese sich mit der Beantwortung der dringlichen Anfragen erledigt hätten. Die Bestätigung der streitgegenständlichen Äußerungen durch die Antragsgegnerin zu 1) anlässlich einer Unterrichtung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen am 13. März 2014 sei aufgrund eines Antrags der CDU-Fraktion erfolgt, der eine Reaktion auf den Artikel des Antragstellers zu 2) vom 4. März 2014 gewesen sei. Seitdem habe es weder innerhalb noch außerhalb des Landtages ein Forum gegeben, in dem sich die Antragsgegner zu den Umständen der von dem Presserat beanstandeten Aufnahme hätten äußern müssen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass diese Umstände erneut Gegenstand einer öffentlichen Debatte werden könnten.

Schließlich hätten die Antragsteller auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Eine konkret drohende Rechtsbeeinträchtigung, die allein durch eine Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes abgewendet werden könnte, sei nicht ersichtlich. Auch die (berechtigte) Weigerung, eine entsprechende Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, begründe die erforderliche Dringlichkeit nicht. Selbst ein - hier nicht gegebenes - berechtigtes Interesse an einer Unterlassung vergleichbarer Äußerungen reiche für die Eilbedürftigkeit nicht aus.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Soweit er sich gegen die Antragsgegnerin zu 1) richtet ist er bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet.

1. Die Antragsgegnerin zu 1) ist nicht passiv legitimiert. Ein Anspruch auf Unterlassung von Äußerungen, die im Zusammenhang mit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben stehen, ist nach in der Rechtsprechung übereinstimmend vertretener Ansicht nicht gegen den Beamten persönlich, sondern aufgrund des im öffentlichen Recht geltenden Rechtsträgerprinzips gegen den Hoheitsträger zu richten, dem die Äußerungen seines Amtswalters zugerechnet werden. Mit amtlichen Äußerungen wird die Auffassung der Anstellungskörperschaft rechtlich festgelegt, so dass auch nur diese selbst auf deren Korrektur in Anspruch genommen werden kann. Ausnahmen gelten nur dann, wenn die Äußerung so sehr Ausdruck einer persönlichen Meinung oder Einstellung des Amtsträgers ist, dass das persönliche Gepräge überwiegt und eine Unterlassungserklärung der Anstellungskörperschaft nicht geeignet wäre, der Wiederherstellung der Ehre des Anspruchstellers zu dienen (BVerwG, Urteil v. 29.01.1987 - 2 C 34.85 -, juris Rn. 10 f., Beschluss v. 27.12.1967 - VI B 35.67 -, DÖV 1968, 429 im Anschluss an BGH - Großer Senat, Beschluss v. 19.12.1967 - GSZ 1/60, juris, OVG Lüneburg, Beschluss v. 17.12.2009 - 2 ME 313/09 -, juris Rn. 9 m. w. N.). Die streitgegenständlichen Äußerungen sind Teil der Beantwortung auf dringliche Anfragen der Oppositionsfraktionen, die die Antragsgegnerin zu 1) als Justizministerin für die Landesregierung und damit in Ausübung ihres Amtes beantwortet hat. Beide Passagen stehen im Kontext mit einer Beschreibung des Verlaufs der Tätigkeit der zuständigen Staatsanwaltschaft, die in die Ressortverantwortlichkeit der Antragsgegnerin zu 1) fällt. Die streitgegenständlichen Passagen bieten weder isoliert noch im Gesamtzusammenhang Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin zu 1) in ihnen eine nur von ihr persönlich und nicht mit ihrem Amt zusammenhängende Auffassung zum Ausdruck gebracht hat.

Die Passivlegitimation des Antragsgegners zu 2) ergibt sich aus dem Rechtsträgerprinzip in Verbindung mit dem Gemeinsamen Runderlass der Staatskanzlei und sämtlicher Ministerien vom 12. Juli 2012 (Nds. MBl. Nr. 26/2012, S. 578), geändert durch Runderlass vom 30. Januar 2014 (Nds. MBl. Nr. 6/2014, S. 124).

2. Allerdings ist der insoweit zulässige Antrag unbegründet. Die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO liegen nicht vor. Danach kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO. Dies ist den Antragstellern jedoch nach Auffassung der Kammer nicht gelungen.

Die Antragsteller haben eine aus dem öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch resultierende Rechtsposition gegenüber dem Antragsgegner zu 2) und damit einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft machen können. Der in der Rechtsprechung allgemein anerkannte öffentlich-rechtliche Anspruch auf zukünftige Unterlassung einer getätigten Äußerung setzt voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen oder sonstige subjektive Rechte des Betroffenen erfolgt ist und die konkrete Gefahr der Wiederholung droht (BVerwG, Beschluss v. 11.11.2010 - 7 B 54/10 -, juris Rn. 14).

a) Der Antragsteller zu 2) ist von den angegriffenen Äußerungen betroffen und kann sich auf sein grundrechtlich geschütztes Persönlichkeitsrecht berufen. Die Äußerungen haben für einen Durchschnittsrezipienten erkennbar sein Verhalten während der Durchsuchungsmaßnahme zum Gegenstand. Entgegen der Auffassung der Antragsgegner steht dem nicht entgegen, dass lediglich von „einem Reporter“ die Rede ist. Dieser wird insoweit näher bestimmt, als dass es im Folgenden um ein konkret beschriebenes Verhalten während der Durchsuchung der R. Privatwohnung des Beschuldigten L. am 10. Februar 2014 geht. Dies reicht aus, um ohne weitere Recherchen die dargestellten Umstände mit der Person des Antragstellers zu 2) zu verknüpfen. Er hat mit seinem Artikel am folgenden Tag die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sowie deren Zielrichtung an die Öffentlichkeit gebracht und den Rücktritt des Abgeordneten in ein neues Licht gerückt. Seine Nachricht wurde im Folgenden von bundesweit erscheinenden Medien aufgegriffen. Als Erstvermittler dieser Informationen, als „Augenzeuge“ der konkreten Durchsuchungsmaßnahme, aber auch als Urheber des zumindest umstrittenen Fotos des Wohnungsinneren hatte er für einige Zeit ein mediales Forum von einiger Bedeutung. Dies zeigt sich beispielsweise an dem mehrminütigen Interview, welches er am 11. Februar 2014 dem NDR für die Sendung „Hallo Niedersachsen“ gab. Weiterhin belegen dies auch die zahlreichen Verweise auf seine Person und seinen Artikel, die sich in diesem Zusammenhang im Internet finden lassen. Dies reicht nach Ansicht der Kammer für die Erkennbarkeit aus, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die streitgegenständlichen Äußerungen vom 27. Februar 2014 an den niedersächsischen Landtag richteten. Es kann davon ausgegangen werden, dass zumindest die Mehrheit der Landtagsabgeordneten und auch die interessierte Öffentlichkeit trotz der anonymen Nennung auf den Antragsteller zu 2) geschlossen haben.

Ob auch der Antragsteller zu 1), der in den angegriffenen Äußerungen noch nicht einmal anonymisiert auftaucht, in diesem Sinne von den angegriffenen Äußerungen betroffen ist und er sich insoweit auf ein Unternehmenspersönlichkeitsrecht berufen kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss v. 08.09.2010 - 1 BvR 1890/08 -, juris Rn. 25 m. w. N.), ist zweifelhaft, kann aber vorliegend dahinstehen, da die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs nicht vorliegen.

b) Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, dass in Teilen der von den Antragstellern angegriffenen Äußerungen bei isolierter Betrachtung eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Antragstellers zu 2) zu sehen sein könnte. Überwiegendes spricht gleichwohl dafür, dass die Äußerungen bei der gebotenen Betrachtung im sprachlichen Kontext eine Wertung darstellen, die jedenfalls nicht schon wegen der darin enthaltenen tatsächlichen Elemente einen Unterlassungsanspruch zu begründen vermag.

Im Hinblick auf die angegriffenen Äußerungen ist eine differenzierte Betrachtungsweise erforderlich. Ob eine Äußerung in unzulässiger Weise Rechte Dritter beeinträchtigt, ist nach ihrem objektiven Sinngehalt zu beurteilen. Es kommt also nicht auf die subjektive Absicht des sich Äußernden oder das subjektive Verständnis des von der Äußerung Betroffenen an. Maßgeblich ist der Sinn, den die Äußerung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Empfängers hat. Ausgangspunkt der Deutung ist der Wortlaut der Äußerung, der jedoch deren Sinn nicht abschließend festlegt. Zusätzlich sind der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Empfänger erkennbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss v. 10.10.1995 - 1 BvR 1476/91, 1 BvR 1980/91, 1 BvR 102/92 und 1 BvR 221/92 -, juris Rn. 124 f., Bay. VGH, Beschluss v. 13.11.2009 - 7 CE 09.2455 -, juris Rn. 17). Darüber hinaus erstreckt sich die Ermittlung des Aussagegehalts nicht nur auf „offene“ Behauptungen, sondern auch auf die Prüfung ehrkränkender Inhalte, die im Gesamtzusammenhang der offenen Einzelaussagen „versteckt“ bzw. „zwischen den Zeilen“ stehen könnten. Bei der Ermittlung sogenannter verdeckter Aussagen ist zwischen der Mitteilung einzelner Fakten, aus denen der Empfänger eigene Schlüsse ziehen kann und soll, und der erst eigentlich „verdeckten“ Aussage, mit der der Autor durch das Zusammenspiel offener Äußerungen eine zusätzliche Sachaussage macht bzw. sie dem Leser als unabweisliche Schlussfolgerung nahelegt, zu unterscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2005 - VI ZR 204/04 -, juris Rn. 16 f.). Soweit vermeintliche Eindrücke streitgegenständlich sind, ist Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch daher stets, dass eine bestimmte Aussage aus dem Text für den Leser als Eindruck unabweislich folgt. Bei verdeckten Äußerungen ist ein Unterlassungsanspruch mithin nicht schon dann begründet, wenn sich aus den im Text enthaltenen Aussagen mehrere Schlüsse ergeben und ein solcher Schluss in einer nicht fernliegenden Auslegungsvariante das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen würde. Für die Anwendung der sogenannten „Stolpe-Rechtsprechung“ (BVerfG, Beschluss v. 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 -, juris) ist nur bei Aussagen Raum, die vom maßgeblichen Publikum überhaupt als eine geschlossene, aus sich heraus aussagekräftige Tatsachenbehauptung wahrgenommen werden (BVerfG, Beschluss v. 08.09.2010 - 1 BvR 1890/08 „Genmilch“ -, juris Rn. 23). Dies ist jedoch bei nur zwischen den Zeilen zum Ausdruck kommenden Aussagen nicht anzunehmen, wenn sich die Aussage für den Leser nicht geradezu aufdrängt (LG Köln, Urteil v. 13.02.2013 - 28 O 773/11 -, juris Rn. 78).

Diese skizzierten Grundsätze gelten nach Auffassung der Kammer auch für schriftlich niedergelegte verbale Äußerungen. Steht anhand der Auslegung ein Sinngehalt der Äußerung fest, richtet sich die rechtliche Bewertung danach, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung oder um eine Meinungsäußerung handelt. Während Letztere in der Regel bis zur Grenze der Schmähkritik oder Formalbeleidigung zulässig sind, müssen jedenfalls unwahre Tatsachenbehauptungen regelmäßig nicht hingenommen werden. Ist die Tatsachenbehauptung in dem konkreten Äußerungszusammenhang geeignet, den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, liegt die Beweislast für die Wahrheit der Behauptung entsprechend dem Rechtsgedanken des § 186 StGB bei dem sich Äußernden.

Unter Beachtung dieser Prüfungsmaßstäbe und bei der gebotenen Deutung gilt für die streitgegenständlichen Äußerungen Folgendes:

aa) Bei der Äußerung „ein Reporter … sich Zutritt zu dem Grundstück verschafft“ handelt es sich um die Beschreibung eines Verhaltens des Antragstellers zu 2). Ausgedrückt wird zunächst, dass dieser das in Rede stehende Grundstück betreten hat. Diese Tatsache ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Dem Begriff „Zutritt“, der einzeln als objektive Beschreibung des Betretens eines Bereichs dient, wird durch die Kombination mit dem Verb „verschaffen“ allerdings eine weitere Aussage hinzugefügt. Nach Auffassung der Antragsgegner wird damit zum Ausdruck gebracht, dass sich jemand faktisch unaufgefordert an einen Ort – hier auf ein Grundstück – begeben hat. Die Wendung lässt aber auch die Deutung zu, dass dem Ortswechsel das Überwinden von Hindernissen – denkbar sind physische wie Absperrungen oder psychische wie ein entgegenstehender Wille des Berechtigten - vorausging. Verben wie „eindringen“ oder „einbrechen“ werden auch mit der Wendung „Zutritt verschaffen“ - allerdings jeweils noch um Adverbien wie „unbefugt“ oder „unberechtigt“ ergänzt - umschrieben. Es erscheint durchaus denkbar, dass Teile der Öffentlichkeit assoziativ mehr mit dieser Äußerung verbinden als einen bloßen Ortswechsel ohne vorherige Aufforderung. Möglicherweise klingt für den juristisch nicht vorgebildeten Laien sogar der Tatbestand des Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) an, auch wenn die Begrifflichkeiten dieser Norm („widerrechtlich eindringen“, „ohne Befugnis verweilen“) nicht verwendet werden. Letztgenannte Auslegungsvariante ist daher nicht fernliegend. Bei einer isolierten Betrachtungsweise handelt es sich bei der in Rede stehenden Phrase auch um eine aus sich heraus aussagekräftige Tatsachenbehauptung, so dass unter Zugrundelegung der skizzierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von dieser Deutungsvariante auszugehen wäre.

bb) Im Hinblick auf die Wendung „unerlaubt fotografische Aufnahmen gefertigt“ handelt es sich bei isolierter Betrachtung um eine zulässige Bewertung eines tatsächlichen Vorgangs, nicht jedoch um eine reine Tatsachenbehauptung. Die Einstufung einer Tätigkeit als „unerlaubt“ ist eine Frage der Wertung, die wiederum von den jeweiligen von dem sich Äußernden herangezogenen Werten und Normen abhängt. Es ist damit möglich, dass eine andere Person dasselbe Verhalten nicht als „unerlaubt“ bezeichnen würde. Der Begriff „unerlaubt“ ist somit nicht dem Beweis zugänglich, sondern erkennbar eine wertende Aussage. Der Antragsteller zu 2) hat nach eigenen Angaben ohne Einwilligung des Beschuldigten L. dessen Wohnungseingang und durch ein Fenster Teile des Wohnungsinneren fotografiert. Dieser der sprachlichen Wendung zugrundeliegende Tatsachenkern ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Abweichend ist jedoch die an diesen tatsächlichen Vorgang anknüpfende Bewertung. Während die Antragsteller der Ansicht sind, dass es sich um ein „erlaubtes“ Verhalten handele, hat die Antragsgegnerin zu 1) die gegenteilige Auffassung zum Ausdruck gebracht. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner wird ihre Auffassung nicht durch den Deutschen Presserat bestärkt, da dieser mit seiner Rüge vom 13. März 2014 keine Bewertung im Hinblick auf das Anfertigen der Bilder vorgenommen, sondern lediglich die Veröffentlichung des Bildes vom Wohnungsinneren gerügt hat. Soweit die Antragsteller vortragen, dass durch die gewählte Formulierung der nicht zutreffende Eindruck entstünde, dass der Antragsteller zu 2) sich über ein bestehendes Fotografierverbot hinweggesetzt habe, müsste dieser Eindruck für den Durchschnittsrezipienten unabweislich sein. Dies ist jedoch nach Auffassung der Kammer zumindest bei isolierter Betrachtung nicht der Fall. Wie oben ausgeführt ist es gerade im Hinblick auf das Verhalten von Medienvertretern nicht unüblich, dass bestimmte Verhaltensweisen kontrovers bewertet werden. Die verschiedenen Ansichten beruhen teilweise auf unterschiedlichen moralisch-sittlichen Vorstellungen oder rechtlichen Bewertungen, nicht jedoch notwendigerweise auf einem konkreten Verbot. Daher musste der verständige Empfänger nicht zwangsläufig von dieser Wendung auf ein Fotografierverbot schließen.

cc) Die sprachliche Formulierung „des Grundstücks verwiesen“ erfasst bei isolierter Betrachtungsweise zunächst nur den tatsächlichen Umstand, dass jemand aktiv zum Verlassen des Grundstücks aufgefordert wurde. Ob diese Tatsachenbehauptung der Wahrheit entspricht, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Antragsgegnerin zu 1) stützt sich insoweit auf den mündlichen Bericht des vor Ort anwesenden Oberstaatsanwalts, der gegenüber dem Antragsteller zu 2) erklärt habe, „er möge sich entfernen“. Der Antragsteller zu 2) hat hingegen an Eides statt versichert, dass er weder von diesem noch von einem weiteren Polizeibeamten zum Verlassen des Grundstücks aufgefordert worden sei. Nach dem auch in diesem Zusammenhang geltenden Rechtsgedanken des § 186 StGB müssten die Antragsgegner die Wahrheit ihrer Darstellung des Geschehensablaufs beweisen können. Die Verbreitung unwahrer Tatsachen kann nicht dem öffentlichen Informationsinteresse - als Ausprägung des Rechtsgedankens des § 193 StGB (Wahrnehmung berechtigter Interessen) - dienen und lässt sich durch dieses nicht rechtfertigen. Auch der Umstand, dass der Antragsteller zu 2) dem seiner Ansicht nach dem Geäußerten immanenten Sinngehalt („Platzverweis“) öffentlich entgegengetreten ist, berührt seine Schutzwürdigkeit gegenüber nicht erweislich wahren Tatsachenbehauptungen nicht.

dd) Die vollständige Auslegung des Sinngehalts der Äußerung muss jedoch auch deren Kontext, in diesem Fall den unmittelbaren und weiteren Kontext einbeziehen. Betrachtet man zunächst die Aufzählung als solche, beeinflussen die einzelnen Glieder den Sinngehalt der übrigen. So ließe sich mit den Antragstellern vertreten, dass die Kombination der einzelnen Wendung bei dem Empfänger den Eindruck hervorruft, dass der Antragsteller zu 2) zunächst ein Zugangs-, dann ein Fotografierverbot missachtet hat und in der Folge aufgefordert wurde, das Grundstück zu verlassen. Allerdings neigt die Kammer der Auffassung zu, dass dem Begriff „unerlaubt“ eine Schlüsselrolle für die Auslegung der Äußerung als Ganzes zukommt. Wie oben ausgeführt wird damit eine (rechtliche) Wertung zum Ausdruck gebracht. Dieser Wertungsaspekt strahlt auf die übrigen Glieder der Aufzählung aus und führt dazu, dass auch bei den beiden anderen Äußerungsteilen der Wertungsaspekt im Vordergrund steht. Wie oben gezeigt, lässt sich die Formulierung „Zutritt verschaffen“ ebenso wie die Formulierung „verweisen“ in die Nähe des Tatbestands des Hausfriedensbruchs rücken. Der Antragsteller zu 2) verbindet selbst mit der Formulierung „verweisen“ den Begriff „Platzverweis“, der der im niedersächsischen Ordnungsrecht verwendeten Wendung „Platzverweisung“ nahe steht. Diese Zuordnung ist aber von einem juristischen Laien nicht zu erwarten, so dass die vorgenommene Wertung aus Sicht des Durchschnittsrezipienten auf möglicherweise strafrechtlich relevantes Verhalten hindeutet. Dafür spricht auch, dass jeweils unmittelbar im Anschluss an die streitgegenständlichen Äußerungen von dem gegen den Antragsteller zu 2) eingeleiteten Ermittlungsverfahren die Rede ist. Auch der Umstand, dass die Ausführungen zu dem Verhalten des Antragstellers zu 2) für die Beantwortung der jeweiligen dringlichen Anfrage nicht zwingend waren, stützt diese Sichtweise auf die getätigten Äußerungen. Es ist denkbar, dass die Antragsgegnerin zu 1) bereits in diesem Zusammenhang Kritik an der Durchführung der Durchsuchungsmaßnahme entgegengetreten wollte, indem sie das Verhalten des Antragstellers zu 2) als von den Ermittlungsbehörden unabhängig darstellte und sich durch die vorgenommene, in erster Linie rechtliche Bewertung von diesem distanzierte. Die Einstufung eines Vorgangs als strafrechtlich relevanten Tatbestand bringt indessen regelmäßig nur die ganz überwiegend auf Wertung beruhende subjektive Beurteilung des Äußernden zum Ausdruck (BGH, Urteil v. 03.02.2009 - VI ZR 36/07 -, juris Rn. 15).

c) Ob im vorliegenden Fall die normative Wertung so stark im Vordergrund steht, dass die Äußerung insgesamt nicht mehr den Charakter einer Tatsachenbehauptung hat, mit der Folge, dass die Zulässigkeit im Rahmen einer Abwägung der betroffenen grundrechtlich geschützten Positionen (allgemeines Persönlichkeitsrecht, Meinungsfreiheit) zu ermitteln wäre, kann hier letztlich allerdings offen bleiben, weil die Antragsteller die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche konkrete Wiederholungsgefahr nicht glaubhaft gemacht haben. Diese ist im Bereich des öffentlichen Rechts nicht schon dann gegeben, wenn gegenüber den Betroffenen - wie hier - keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wurde. Maßgeblich sind stattdessen die Umstände des Einzelfalls. Bei deren Bewertung ist die verweigerte Unterlassungserklärung zu berücksichtigen und kann ein Indiz für eine bestehende Wiederholungsgefahr sein (OVG NRW, Beschluss v. 26.01.2004 - 12 B 2197/03 -, juris Rn. 11ff.). Danach ist vorliegend nicht ersichtlich, dass die angegriffenen Äußerungen zukünftig wiederholt werden. Die streitgegenständlichen Äußerungen wurden in der Landtagssitzung am 27. Februar 2014 getätigt. Sie waren Bestandteil der Beantwortung dringlicher Anfragen der Oppositionsfraktionen, die sich mit dem Informationsfluss in den niedersächsischen Behörden bzw. mit dem Verlauf der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Fall L. befassten. Dabei waren die Begleitumstände der Durchsuchung der Privatwohnung lediglich ein Detail, das durch die Berichterstattung der Antragsteller für kurze Zeit in den Fokus der Öffentlichkeit rückte. Dies gilt auch für die Bestätigung der Äußerungen am 13. März 2014 anlässlich einer von der CDU-Fraktion beantragten Unterrichtung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen. Diese waren letztlich eine „Spätfolge“ der Äußerungen am 27. Februar 2014, war der Auslöser für den Antrag der CDU-Fraktion doch der Artikel des Antragstellers zu 2) vom 4. März 2014. Soweit die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen derzeit noch von medialem Interesse sind, richtet sich der Fokus in diesem Zusammenhang jedoch nicht auf die Durchsuchungsmaßnahme vom 10. Februar 2014 und das Verhalten des Antragstellers zu 2), sondern auf den Fall L. als solchen, beispielsweise auf die Frage, ob der Beschuldigte L. im Vorfeld gewarnt wurde. Insoweit sind weitere Stellungnahmen, die das Verhalten des Antragstellers zu 2) zum Gegenstand haben, mit dem streitgegenständlichen Inhalt nicht zu erwarten (vgl. zu einer ähnlich gelagerten Situation der Verschiebung des öffentlichen Interesses: Nds. OVG, Beschluss v. 12.07.2014 - 13 ME 112/13 -, juris Rn. 10). Dagegen spricht nicht, dass die Antworten weiterhin auf der Internetseite des Landesjustizministeriums abrufbar sind. Aus der Veröffentlichung geht klar hervor, dass es sich um die Texte der am 27. Februar 2014 gehaltenen Reden handelt. Mithin haben diese Veröffentlichungen eine rein archivarische Funktion.

Entgegen der Ansicht der Antragsteller ergibt sich die konkrete Wiederholungsgefahr auch nicht aus dem wohl noch gegen den Antragsteller zu 2) laufenden Ermittlungsverfahren. Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Antragsgegner zu diesem Verfahren öffentlich äußern werden.

2. Aus denselben Erwägungen, aus denen sich schon keine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr ergibt, fehlt es erkennbar auch an einer Eilbedürftigkeit der erstrebten gerichtlichen Anordnung, d.h. an einem Anordnungsgrund.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.