Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 06.02.2007, Az.: 7 A 5470/06
Zulässigkeit gegen die Menschenwürde verstoßender Angebote; Überprüfung der Einhaltung der für Fernsehanbieter geltenden Bestimmungen durch die zuständige Landesmedienanstalt; Zuständigkeit von Prüfungsausschüssen für die Einzelbewertung von Fernsehangeboten; Anforderungen an die "Entscheidung eines Gremiums"; Zulässigkeit von Gremienentscheidungen im Umlaufverfahren; Zulässigkeit der Ausstrahlung menschenverachtender Berichterstattung im Rahmen eines Magazins oder einer Dokumentation
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 06.02.2007
- Aktenzeichen
- 7 A 5470/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 12471
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2007:0206.7A5470.06.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 12 Abs. 3 MedienG NI
- § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 JMStV
- § 14 Abs. 1 JMStV
- § 14 Abs. 2 S. 1, 2, 4 JMStV
- § 14 Abs. 5 S. 1 - 4 JMStV
- § 5 Abs. 1 S. 2 GVO-KJM
- § 6 Abs. 2 Nr. 2, 3 GVO-KJM
- § 6 Abs. 3 S. 1 GVO-KJM
- § 88 VwVfG
Fundstellen
- AfP 2007, 293-295 (Volltext mit amtl. LS)
- MMR 2007, XXIII Heft 3 (Kurzinformation)
- ZUM-RD 2007, 331-334
- tv diskurs 2007, 106-109
Verfahrensgegenstand
Beanstandung einer Sendung (E. u.a.)
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Hannover -7. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2007
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht F.,
den Richter am Verwaltungsgericht G., den Richter am Verwaltungsgericht H. sowie
die ehrenamtliche Richterin I. und den ehrenamtlichen Richter J.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin, ein privater Fernsehsender, wendet sich gegen eine Beanstandungs-und Unterlassungsverfügung der beklagten Landesmedienanstalt.
Die Klägerin strahlte im Rahmen der Nachrichten-bzw. Nachrichtenmagazinsendungen E., K. und L. am 30.11.2004 sowie M. am 01.12.2004 inhaltlich ähnliche Beiträge aus, die die Misshandlung eines pflegebedürftigen 91-jährigen Mannes durch die Tochter seiner verstorbenen Lebensgefährtin, der seine Pflege und Betreuung übertragen war, zeigen.
In den vier Sendungen ist der hilflos im Bett liegende, misshandelte Mann insgesamt ca. 5 Min. 37 Sek. im Bild; Szenen, die seine Rettung zeigen, sind herausgerechnet. Die Szenen, in denen Misshandlungen zu sehen sind, machen eine Dauer von ca. 4 Min. 30 Sek. aus.
Hiervon entfallen auf die erste Sendung ca. 1 Min. 6 Sek., auf die zweite Sendung ca. 51 Sek., auf die dritte Sendung ca. ca. 1 Min. 47 Sek. und auf die vierte Sendung ca. 46 Sek..
Die längste Misshandlungsszene wird ohne Unterbrechung über eine Länge von ca. 42 Sek. gezeigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des angegriffenen Bescheides verwiesen.
Die Beklagte hat die Sendung im April 2005 der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) vorgelegt. Nachdem eine fünfköpfige Prüfgruppe der KJM im Rahmen einer Vorprüfung mit vier zu eins bzw. fünf zu null Stimmen jeweils die Feststellung eines Verstoßes gegen den Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag -JMStV -) empfohlen hatte, hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 07.06.2005 zu der beabsichtigten Beanstandung an. Unter dem 11.07.2005 nahm die Klägerin Stellung: Wenn kritisiert werde, es habe kein berechtigtes Interesse an der gewählten Form der Darstellung der Misshandlungen gegeben, vielmehr hätten wenige kurze Szenen ausgereicht, um den Missstand aufzuzeigen, werde die Bedeutung der Visualisierung für die Wahrnehmung der Nachrichten verkannt.
Das Fernsehen müsse mit der Macht der Bilder das Informationsinteresse der Zuschauer befriedigen. Die Bilder hätten der Glaubhaftmachung von Missständen gedient. Auf das Senden besonders drastischer Szenen sei verzichtet worden; die Bilder hätten jeweils nur einen kleinen Teil der Berichterstattung eingenommen. Opfer und Täterin seien unkenntlich gemacht worden. Mit der Thematisierung in verschiedenen Sendungen habe man möglichst viele verschiedene Zuschauer erreichen wollen. Die Sendungen hätten jeweils eine klare moralische Wertung gehabt; die Bilder seien nicht verharmlost worden.
Der Vorsitzende der KJM legte den Fall unter dem 30.08.2005 dem seinerzeit zur Entscheidung berufenen (19.) Prüfausschuss vor. Dieser kam im September 2005 im Umlaufverfahren auf der Grundlage der Beschlussvorlage der Beklagten einstimmig zu dem Ergebnis, dass die oben genannten Sendungen einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 JMStV beinhalteten.
Mit dem angegriffenen Bescheid vom 06.10.2005 stellte die Beklagte 1. fest, dass die Klägerin durch die Ausstrahlung von vier Beiträgen über die Misshandlung eines pflegebedürftigen Mannes in den oben genannten Sendungen jeweils gegen § 4 Abs. 1 Nr. 8 JMStV verstoßen habe, forderte 2. die Klägerin und deren namentlich genannte Geschäftsführerin auf, die unter 1. genannten Verstöße künftig zu unterlassen und setzte 3. für dieses Verfahren Kosten (Gebühren und Auslagen) in Höhe von 1.605,29 EUR fest.
Die Beiträge zeigten viele, teilweise genau übereinstimmende, schockierende Bilder der Misshandlung und Demütigung des alten Mannes. Er befinde sich in einer körperlich hilflosen Lage. Seine Situation und die Darstellung der Misshandlungen berührten den innersten Bereich des Persönlichkeitsschutzes. Es werde immer wieder gezeigt, wie er geschlagen, beschimpft und unter Gewaltanwendung ernährt werde. Der Einsatz dieser Bilder in den Beiträgen gehe weit über das hinaus, was ausreichte, um die schlimme Situation des 91jährigen eindringlich zu beschreiben. Wenige kurze Szenen wären ausreichend gewesen, um den Missstand aufzuzeigen. Ebenso wäre es möglich gewesen, die Misshandlungen verbal zu schildern. Es habe daher ein berechtigtes Interesse gerade für diese Form der Darstellung des 91-jährigen, der schweren körperlichen Leiden ausgesetzt gewesen sei, nicht vorgelegen.
Die Klägerin hat am 07.11.2005 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Der Beschluss des (19.) Prüfausschusses, den der angegriffene Bescheid nachvollziehe, sei verfahrensfehlerhaft zu Stande gekommen. Die KJM sei ein Ausschuss im Sinne der §§ 88 ff. VwVfG und könne gem. § 90 Abs. 1 VwVfG Entscheidungen auch im schriftlichen Verfahren treffen. Dies gelte jedoch gem. § 88 VwVfG dann nicht, wenn in einer Rechtsvorschrift abweichendes bestimmt sei. Eine solche Regelung stelle § 14 Abs. 5 JMStV dar. Zwar könne die KJM gem. § 14 Abs. 5 S. 1 JMStV Prüfausschüsse bilden, denen jeweils drei ihrer Mitglieder angehörten; ein solcher Prüfausschuss könne bei Einstimmigkeit gem. § 14 Abs. 5 S. 3 JMStV an Stelle der KJM entscheiden. Diese Vorschrift sei allerdings eine (Spezial-) Reglung zur Verfahrensbeschleunigung. Daneben sei kein Raum für eine weitere Verfahrensbeschleunigung durch ein schriftliches Verfahren. Wegen der Vielfalt der persönlichen Wahrnehmungsmöglichkeiten müsse ein unmittelbarer Austausch und eine gegenseitige Beratung stattfinden. Dies sei auch der Sinn von Gremienentscheidungen. Das schriftliche Umlaufverfahren habe daher Ausnahmecharakter und sei auf Routineentscheidungen oder dringliche Verfahren beschränkt, bei denen zu erwarten sei, dass eine einstimmige Entscheidung getroffen werde. Eine Eilbedürftigkeit sei vorliegend nicht festzustellen. In der Sache liege keine Verletzung der einschlägigen Vorschriften des JMStV vor, denn die Bilder seien in Nachrichten-bzw. Magazinsendungen eingebettet, die das Verhalten der Täterin jeweils in angemessener Weise kommentierten; die Sendungen seien für die Wahrung der Würde eingetreten und hätten den Pflegebedürftigen auch nicht durch die Länge der Szenen zum bloßen Objekt der Schaulust gemacht. Die Beanstandung sei unvereinbar mit der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG verbürgten Rundfunkfreiheit.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte tritt dem Klagevorbringen entgegen.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben über den Inhalt der beanstandeten vier Fernsehsendungen durch Inaugenscheinnahme der Aufzeichnungen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der vorgelegten Verwaltungsvorgänge und des Protokolls der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Er findet seine Rechtsgrundlage in § 12 Abs. 3 des Nds. Mediengesetzes (NMedienG).
1.
Der angegriffene Bescheid ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Gem. § 14 Abs. 1 JMStV überprüft die zuständige Landesmedienanstalt die Einhaltung der für die Anbieter geltenden Bestimmungen nach dem JMStV; sie trifft entsprechend den Bestimmungen des JMStV die jeweiligen Entscheidungen. Nach § 14 Abs. 2 Sätze 1, 2 und 4 JMStV wird die KJM gebildet, die der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt als Organ bei der Erfüllung ihrer Aufgabe nach § 14 Abs. 1 JMStV dient.
Nach § 14 Abs. 5 JMStV können Prüfausschüsse gebildet werden (Satz 1). Jedem Prüfausschuss muss mindestens jeweils ein Mitglied angehören, das aus dem Kreis der Direktoren der Landesmedienanstalten, von den für den Jugendschutz obersten Landesbehörden und von der für den Jugendschutz zuständigen obersten Bundesbehörde entsandt wird (Satz 2).
Die Prüfausschüsse entscheiden jeweils bei Einstimmigkeit an Stelle der KJM (Satz 3). Zu Beginn der Amtsperiode wird die Verteilung der Prüfverfahren von der KJM festgelegt (Satz 4). Näheres ist in der Geschäftsordnung der KJM festzulegen (Satz 5).
Nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 der Geschäfts-und Verfahrensordnung der KJM (GVO-KJM) sind unbeschadet der Zuständigkeit des KJM-Plenums die Prüfausschüsse insbesondere für die Einzelbewertung von Angeboten zuständig. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GVO-KJM legt der Vorsitzende der KJM in den Fällen (u.a.) des § 6 Abs. 2 Nr. 2 GVO-KJM fest, ob die Prüfung im Umlaufverfahren oder als Präsenzprüfung erfolgt; nach § 6 Abs. 6 Satz 3 GVO-KJM leitet der Vorsitzende den mit Stimmenmehrheit zustande gekommenen Beschluss eines Prüfungsausschusses als Entscheidungsempfehlung an das KJM-Plenum zur Entscheidung weiter.
Entgegen der Auffassung der Klägerin dürfte sich die Unzulässigkeit der Entscheidung im Umlaufverfahren schon nicht aus den §§ 88 ff. VwVfG ergeben. Es spricht überwiegendes dafür, dass die KJM kein Ausschuss im Sinne der §§ 88 ff. VwVfG ist. Nach § 88 VwVfG gelten für kollegiale Einrichtungen, wenn sie in einem Verwaltungsverfahren tätig werden, die §§ 89 bis 93 VwVfG, soweit Rechtsvorschriften nichts Abweichendes bestimmen. Letzteres dürfte hier der Fall sein. Als abweichend ist eine Regelung schon dann anzusehen, wenn Rechtsvorschriften einen Rechtsbereich abschließend regeln. In den Vorschriften des JMStV dürfte eine solche abschließende Regelung liegen.
Dies kann allerdings dahingestellt bleiben. Denn auch wenn die KJM bzw. ihre Prüfausschüsse als Ausschuss im Sinne der §§ 88 ff. VwVfG anzusehen sein sollten, begegnet eine Entscheidung im Umlaufverfahren keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. § 14 Abs. 5 Satz 3 JMStV eröffnet ausdrücklich die Möglichkeit, dass die Prüfausschüsse jeweils bei Einstimmigkeit an Stelle der KJM entscheiden, und § 14 Abs. 5 Satz 5 JMStV bestimmt, dass das Nähere in einer Geschäftsordnung -der GVO-KJM -der KJM festzulegen ist. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 GVO-KJM legt der Vorsitzende der KJM fest, ob die Einzelbewertung eines Angebotes -wie hier -durch einen Prüfausschuss im Umlaufverfahren erfolgt. Demnach sieht die vom JMStV geforderte Geschäftsordnung der KJM eine Entscheidung im Umlaufverfahren ausdrücklich vor und räumt dem Vorsitzenden die Entscheidung darüber ein, ob im Einzelfall so verfahren wird.
Diese Regelung in der Geschäftsordnung verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht.
Soweit sich die Klägerin auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 26.11.1992 -7 C 21.92 -, BVerwGE 91, 217, 221) [BVerwG 26.11.1992 - 7 C 21/92] beruft und meint, höherrangiges Recht erfordere einen Austausch von Argumenten unter den Mitgliedern des Prüfausschusses, ist dem nicht zu folgen. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts stützt ihre Auffassung nicht. Aus dem Zusammenhang der Gründe jenes Urteils wird deutlich, dass die "Entscheidung eines Gremiums" zwar "einen Austausch von Argumenten unter den Mitgliedern voraussetzt, sei es auch im schriftlichen Verfahren". Den Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben in jenem Verfahren sieht das zitierte Urteil aber darin, dass sich "das Gremium vor der Indizierung (Anm.: eines bestimmten Videofilms) nur über die Verfahrensart und die Indizierung selbst schriftlich verständigt" habe, "nicht aber über deren tragende Gründe". Dies sei "erst nachträglich dadurch geschehen, dass der Vorsitzende der Bundesprüfstelle nach Bekanntmachung der Entscheidung im Bundesanzeiger den von ihm gefertigten Entscheidungsentwurf im sogenannten Umlaufverfahren den Beisitzern zur Unterschrift übersandt hat". Demnach hat in jenem Verfahren nicht die Verfahrensart -die Entscheidungsfindung im Umlaufverfahren -einen Verfahrensfehler bewirkt, sondern das Fehlen einer Verständigung der Gremiumsmitglieder über die tragenden Gründe ihrer Entscheidung, weil es einer Beschlussvorlage ermangelte. In dem hier zu entscheidenden Fall war den Mitgliedern des Prüfausschusses hingegen eine mit ausformulierten Gründen versehene Beschlussvorlage übersandt worden. Es oblag somit den Mitgliedern des Prüfausschusses, den Entscheidungsentwurf unverändert mitzutragen oder nach § 5 Abs. 1 S. 2 GVO-KJM eine Behandlung in einer Sitzung zu beantragen.
Ein allgemeiner Rechtssatz, wonach Gremienentscheidungen nur ausnahmsweise in besonders begründeten Fällen im Umlaufverfahren getroffen werden dürften, ist nicht ersichtlich.
Vielmehr ist die Entscheidung der Gremiumsmitglieder darüber, ob sie im Umlaufverfahren oder im Rahmen einer Sitzung entscheiden, Teil ihrer sachverständigen und weisungsunabhängigen Tätigkeit. In dem vom Gesetzgeber und der Geschäftsordnung vorgegebenen rechtlichen Rahmen treffen sie nicht nur (unabhängig) die Entscheidungen in der Sache, sondern bestimmen auch über das Verfahren der Entscheidungsfindung.
2.
Der angegriffenen Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend jeweils einen Verstoß gegen die die Rundfunkfreiheit beschränkenden (vgl. Art. 5 Abs. 2 GG) Vorschriften des JMStV festgestellt.
a.
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 JMStV sind unbeschadet strafrechtlicher Verantwortung Angebote unzulässig, die gegen die Menschenwürde verstoßen, insbesondere durch die Darstellung von Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, wobei ein tatsächliches Geschehen wiedergegeben wird, ohne dass ein berechtigtes Interesse gerade für diese Form der Darstellung oder Berichterstattung vorliegt; eine Einwilligung ist unbeachtlich.
Die beanstandeten Sendungen der Klägerin bieten Darstellungen eines Menschen, der schweren körperlichen Leiden ausgesetzt ist, indem jeweils ein Videomitschnitt zu sehen ist, der zeigt, wie eine Frau mittleren Alters einen 91-jährigen pflegebedürftigen und hilflosen Mann nicht nur beleidigt und beschimpft, sondern auch schlägt und auf andere Weise misshandelt, z.B. ihn unter Anwendung körperlicher Gewalt füttert. Die Moderatoren der Sendungen bezeichnen in ihren Einleitungen das gezeigte Geschehen nicht zu Unrecht als "Misshandlung", "Martyrium" und "unvorstellbar schlimm".
Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid eingehend dargelegt, dass ein berechtigtes Interesse der Klägerin nicht vorliegt, die Videosequenzen, die die Misshandlungen und Beschimpfungen, denen der 91-Jährige ausgesetzt gewesen ist, zu zeigen und in der Länge auszustrahlen, wie es in den beanstandeten Sendungen geschehen ist. Die Beiträge zeigen in den im Tatbestand aufgeführten Längen die Misshandlungen und Demütigungen, denen das Opfer ausgesetzt ist. Wie die Beklagte in dem angegriffenen Bescheid plausibel ausführt, geht der Einsatz der Bilder in den Beiträgen über das hinaus, was ausreichen würde, um die schlimme Situation des Mannes eindringlich zu beschreiben. Mit der Beklagten ist anzunehmen, dass wenige kurze Szenen ausgereicht hätten, um die Nachricht hinreichend eindringlich zu bebildern, um deren Mitteilung es der Klägerin in den beanstandeten Nachrichten-bzw. Magazinsendungen nach deren Angaben gegangen ist, nämlich die in der häuslichen Pflege nicht selten gegebenen Missstände. Nachvollziehbar legt die Beklagte dar, dass die Darstellung der hilflosen Situation, in der sich der Pflegebedürftige befand, und der Misshandlungen, die er über sich hatte ergehen lassen müssen, den innersten Bereich des Persönlichkeitsschutzes berühren. Das Opfer der körperlichen Gewalt und der Beschimpfungen wurde dadurch zum Objekt, nämlich zu einem bloßen Mittel der Bebilderung der Nachricht gemacht. Indem er der Öffentlichkeit als Beispiel für einen misshandelten Pflegebedürftigen vorgeführt und für Zwecke der Berichterstattung verfügbar gemacht wurde, wurde seine Menschenwürde (noch einmal) verletzt. Es erscheint daher fraglich, ob der 91-Jährige überhaupt in dieser Situation gezeigt werden durfte (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 04.10.1998 -6 U 120/97 -, NJW-RR 1999, 1699). Die Moderatoren der beanstandeten Sendungen sprachen selbst von "unwürdigen Bildern" und führten aus: "Die Bilder sind nur ganz schwer zu ertragen" und "Diese Bilder sind so schrecklich, dass man am liebsten wieder wegschauen möchte." Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegen halten, die Bilder seien in Nachrichten-bzw.
Magazinsendungen eingebettet gewesen, die das Verhalten der Täterin jeweils in angemessener Weise kommentierten und die Sendungen seien für die Wahrung der Würde eingetreten. Allein die Umstände, dass in den beanstandeten Sendungen die streitgegenständlichen Videosequenzen im Rahmen einer Berichterstattung über das Problem fehlender Kontrolle (insbesondere) im Bereich der häuslichen Pflege ausgestrahlt wurden, die Moderatoren jeweils in ihren einleitenden Worten darauf hinwiesen, welchen Inhalt die folgenden Bilder haben würden, und sie die Misshandlungen verurteilten, begründen kein berechtigtes Interesse der Klägerin gerade an der von ihr gewählten und beanstandeten Form der Darstellung. Für die Visualisierung -so sie denn, wie die Klägerin meint, erforderlich gewesen sein sollte des in den streitigen Sendungen zum Gegenstand der Berichterstattung gemachten Problems war die Darstellung der an dem 91-Jährigen begangenen Körperverletzungen und Erniedrigungen jedenfalls in der gezeigten Ausführlichkeit nicht erforderlich. Zu Recht weist die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid darauf hin, dass es insbesondere nicht (mehr) durch die von der Klägerin beanspruchte "Beweisfunktion" der Bilder gedeckt war, in der Sendung E. eine zweite Bildstrecke einzubauen, in der Gewalt gegen das Opfer geübt wird, nachdem bereits in einer ersten Sequenz gezeigt worden war, wie die Täterin den Pflegebedürftigen beleidigt und mit einem Waschlappen schlägt. Die Auffassung der Beklagten ist zutreffend, dass es dieser Bildfolge nicht bedurfte, um den Betrachter aufzurütteln. Der Beklagten ist weiter darin zu folgen, dass in der Sendung L. überflüssigerweise während der zu diesem Thema eingeholten Statements einzelner, zum Teil prominenter Personen die laufenden Bilder der Misshandlungen als Hintergrund verwendet wurden.
b.
Die im Tenor des angefochtenen Bescheides unter Nr. 2 verfügte Aufforderung, die unter Nr. 1 genannten Verstöße künftig zu unterlassen, findet ihre Rechtsgrundlage in § 12 Abs. 3 Satz 2 des NMedienG. Die Klägerin hat einen Rechtsfehler bei der Anwendung dieser Vorschrift nicht geltend gemacht und ein solcher ist auch sonst nicht ersichtlich.
c.
Die Klägerin wehrt sich schließlich erfolglos gegen die in Nr. 3 des angegriffenen Bescheides getroffene Kostengrundentscheidung. Diese beruht auf § 14 Abs. 9 JMStV i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Gebühren und Auslagen der KJM (KJM-Kostensatzung).
Gegen die anhand § 3 KJM-Kostensatzung i.V.m. deren Gebührentarif erfolgte Gebührenbemessung hat sich die Klägerin nicht gewandt. Die Gebührenhöhe wäre dessen ungeachtet auch nicht zu beanstanden, weil insgesamt vier Sendungen sehr aufwändig geprüft werden mussten.
Die Klägerin hat als Unterlegene gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten bei dem Verwaltungsgericht Hannover, Eintrachtweg 19, 30173 Hannover, schriftlich zu beantragen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils darzulegen. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, Uelzener Straße 40, 21335 Lüneburg, 10 schriftlich oder in der Form eines elektronischen Dokuments nach Maßgabe der Verordnung des Niedersächsischen Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr in der Justiz vom 3. Juli 2006 (Nds. GVBl. S. 247) einzureichen.