Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 22.02.2007, Az.: 10 B 862/07
Rechtmäßigkeit der Verhängung einer Auflage für eine Versammlung unter freiem Himmel; Begrenzung des Lärmrichtwerts der bei einer Versammlung verwendeten Lautsprecheranlage; Abspielen von Musik als nur unwesentlicher Bestandteil der Meinungsäußerungsfreiheit; Betroffenheit der öffentlichen Sicherheit in Form des Rechts auf körperliche Unversehrtheit ab einer bestimmten Schalldruckschwelle; Durchführung einer Interessenabwägung zwischen öffentlichem und privatem Interesse im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 22.02.2007
- Aktenzeichen
- 10 B 862/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 32588
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2007:0222.10B862.07.0A
Rechtsgrundlagen
- § 15 Abs. 1 VersG
- § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO
- § 80 Abs. 5 VwGO
Verfahrensgegenstand
Versammlungsrechtliche Auflagen - Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Mit Bescheid vom 12.02.2007 bestätigte die Antragsgegnerin dem Antragsteller dessen Anmeldung eines am 24.02.2007 in der Zeit von 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr in Hildesheim geplanten Aufzuges mit Versammlungen unter freiem Himmel. Unter anderem verfügte die Antragsgegnerin dazu unter Anordnung der sofortigen Vollziehung folgende Auflagen, gegen die sich der Antragsteller mit Klage und einstweiligem Rechtschutzbegehren - eingegangen am 17.02.2007 - wendet:
II. 2. c)
... Die Lautstärke der benutzten Verstärker-/Lautsprecheranlage darf den Lärmrichtwert von 85 dB(A), gemessen vor dem nächstgelegenen Fenster eines Wohnraums, nicht überschreiten. Die erfahrungsgemäß zu erwartende Musikbeschallung während des Aufzuges und der Kundgebungen darf die Dauer von jeweils 5 Minuten nicht übersteigen. Anschließend ist jeweils eine mindestens 5 Minuten dauernde Musikpause einzulegen.II. 2. g)
Die Breite der mitgeführten Transparente darf 4 m nicht überschreiten ....
Zur Begründung der genannten Auflagen führte die Antragsgegnerin aus, um Schädigungen beim Gehör für den Personenkreis gering zu halten, der sich in der Nähe der Veranstaltung aufhalte, erscheine ein Grenzwert von 85 dB(A) angemessen. Das Abspielen von Musik sei kein wesentlicher Bestandteil der Meinungsäußerungsfreiheit. Auch bei einer zeitlichen Begrenzung der musikalischen Darbietungen könnten diese die Versammlungsaussagen unterstützen und es würde auf diese Weise der Versammlung ihr Charakter nicht genommen. Aus Sicherheitsgründen dürften die Transparente die angegebene Breite nicht überschreiten. Dabei müsse der Verfügungs- und Sicherungsbereich der eingesetzten Polizei Berücksichtigung finden. Des weiteren müsse es Teilnehmern der Versammlung jederzeit möglich sein, diese verlassen zu können, was durch über 4 m lange Transparente erheblich erschwert würde. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründete die Antragsgegnerin dahingehend, dass das private Interesse des Antragstellers, die Veranstaltung in anderer Form durchzuführen, nur unwesentlich beeinträchtigt werde und hinter dem öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Durchführung der Versammlung und der ordnungsgemäßen Erfüllung der Rettungsaufgaben der Stadt zurückzustehen habe.
Der Antragsteller trägt vor, der Lärmrichtwert sei auf 120 dB(A) festzusetzen, denn die öffentliche Sicherheit in Form des Rechtes auf körperliche Unversehrtheit sei erst ab dieser Schalldruckschwelle tangiert. Erst bei dieser Schwelle könnten auch bei kurzfristiger Einwirkung Gehörschäden auftreten. Eine Orientierung an der TA-Lärm, wie sie ursprünglich von der Antragsgegnerin vorgesehen worden sei, sei falsch, da diese nur zum Schutz von Menschen diene, die ihr ganzes Arbeitsleben einer Lärmbelästigung ausgesetzt seien. Bliebe die Auflage bestehen, würde die Möglichkeit bestehen, dass eine Vielzahl von Gegendemonstranten einen Schallpegel erzeugte, der höher wäre als der, den er erzeugen dürfe. Auch sei die Auflage untauglich, da niemand den Demonstranten verbieten könne, Parolen zu brüllen und dabei lauter zu sein, als die Lautsprecheranlage sein dürfe. Es sei grundrechtsverletzend, wenn Musikstücke nicht länger als 5 Minuten abgespielt werden dürften, denn die Musikstücke seien originär politischen Inhalts. Auch bei einer Transparentbreite von 5 m sei gewährleistet, dass für die zugbegleitenden Polizeibeamten auf jeder Seite ein Verfügungs- und Sicherungsbereich von 1 m bestehe, der üblicherweise ausreiche. Von einer Sicherheitslage, die die Begleitung des Zuges durch mehrere Reihen Polizeibeamte erforderlich mache, sei am 24.02.2007 nicht auszugehen.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.02.2007 bezüglich einer für den 24.02.2007 angemeldeten öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel mit Aufzug (Demonstration) hinsichtlich der Punkte II. 2. c) (teilweise) und g) (teilweise) wieder herzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie trägt vor, der Antragsteller benötige bei der von ihm erwarteten Zahl von Teilnehmern keine Beschallung bis zu einem Richtwert von 120 dB(A). Eine Störung durch Gegendemonstranten und daraus resultierend eine höhere Lärmbeschallung sei nicht zu erwarten, da die Routen der vom Antragsteller angemeldeten und der Gegendemonstration in ausreichendem Maße voneinander getrennt geführt würden. Da der Antragsteller eine Demonstration und nicht eine Musikveranstaltung angemeldet habe, sei das Abspielen von Musik kein wesentlicher Bestandteil der Veranstaltung. Durch die Begrenzung der Musikbeschallung auf jeweils 5 Minuten werde sein Recht auf freie Meinungsäußerung nicht wesentlich beeinträchtigt, denn er sei nicht gehindert, durch das Vorzeigen von Transparenten und das Abhalten von Reden seine Meinung zu äußern. Es bleibe ihm auch unbenommen, seine Meinungsäußerung durch Musik zu unterstützen, doch diesen Zweck könne er auch bei einer Begrenzung auf insgesamt 30 Minuten Musikdarbietung innerhalb einer Stunde erreichen. Die Voraussetzungen für die Spannbreite von Transparenten von 5 m seien nur hinsichtlich eines Teils der Demonstrationsroute erfüllt. Soweit der Antragsteller davon ausginge, Parkbuchten und Bürgersteige mitbenutzen zu dürfen, sei ihm entgegenzuhalten, dass sein Grundrecht der freien Meinungsäußerung nicht beinhalte, andere von der Benutzung öffentlicher Straßen komplett auszuschließen. Die Benutzung der Bürgersteige müsse möglich bleiben. Teilweise sei das Überspannen der Straßen mit den Transparenten durch Laternen und Bäume unmöglich. Gleiches gelte auch für den Hindenburgplatz, den Ort der Zwischenkundgebung. Dort stünden mehrere Bäume und Leuchten sowie ein Brunnen, die den Platz derart einschränkten, dass eine Transparentbreite von 5 m zu Verdeckungen führe, die die Möglichkeit, aus der Kundgebung heraus Straftaten zu begehen und Täter zu tarnen, erheblich erleichtere.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Sämtlicher Inhalt war Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend schriftlich begründet, indem sie insbesondere aufgeführt, dass durch die beschränkenden Verfügungen das private Interesse des Antragstellers, die Veranstaltung in anderer Form durchzuführen, nur unwesentlich beeinträchtigt ist und hinter dem öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Durchführung der Versammlung und der ordnungsgemäßen Erfüllung der Rettungsaufgaben der Antragsgegnerin zurückzustehen hat.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch materiell rechtmäßig, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der vom Antragsteller erhobenen Klage gegen die von ihm benannten und in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.02.2007 enthaltenen Auflagen kommt nicht in Betracht.
Die vom Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffende Ermessensentscheidung setzt eine Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen voraus, in die auch die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache mit einzubeziehen sind. Bei einem offensichtlich Erfolg versprechenden Rechtsbehelf überwiegt im Hinblick auf die Art. 19 Abs. 4 GG zu entnehmende Garantie effektiven Rechtsschutzes das Suspensivinteresse des Betroffenen das öffentliche Vollzugsinteresse, so dass die aufschiebende Wirkung grundsätzlich wiederherzustellen bzw. anzuordnen ist. Ergibt eine rechtliche Einschätzung des Gerichts aber, dass der eingelegte Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos bleiben wird, rechtfertigen diese fehlenden Erfolgsaussichten bei Vorliegen eines besonderen Vollzugsinteresses die Anordnung der sofortigen Vollziehung.
Nach der in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung wird die Klage des Antragstellers gegen die von ihm angefochtenen Auflagen voraussichtlich keinen Erfolg haben, da die Beschränkungen der vorgesehenen Versammlung vom Versammlungsrecht gedeckt sind.
Nach § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes - VersG - kann die zuständige Behörde eine Versammlung oder einen Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei der Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist.
Dabei folgt aus der Bedeutung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit, dass nicht jede Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ein Verbot oder eine Beschränkung der Versammlung rechtfertigt. Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hat vielmehr eine Güterabwägung stattzufinden mit der Folge, dass ein Verbot oder eine Beschränkung nur zulässig ist, wenn es zum Schutz anderer, dem Versammlungsrecht gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist. Zur Annahme einer Gefährdung im Sinne des § 15 Abs. 1 VersG genügt dazu eine abstrakte Gefahr nicht; die Gefährdung muss vielmehr nach dem gewöhnlichen Ablauf der Dinge unmittelbar bevorstehen, der Eintritt der Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit in aller Kürze zu erwarten sein. Die Gefahrenprognose setzt schließlich nachweisbare Tatsachen als Grundlage der Gefahrenprognose voraus; bloße Vermutungen reichen nicht aus (BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 -1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 -, BVerfGE 69, 315, 353 f.). Gemessen daran müssen sich die streitigen Auflagen auf hinreichend konkrete Erkenntnisse stützen, so dass ohne deren Erlass bei der vorgesehenen Veranstaltung ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung droht.
Diesen Anforderungen werden die Auflagen in dem Bescheid vom 12.02.2007 gerecht.
So ist zunächst die Auflage, die Lautstärke der benutzten Verstärker-/Lautsprecheranlage dürfe den Lärmrichtwert von 85 dB(A), gemessen vor dem nächstgelegenen Fenster eines Wohnraums, nicht überschreiten, rechtlich nicht zu beanstanden.
Zwar umfasst die Versammlungsfreiheit nicht nur das Recht, seine Meinung zu äußern, sondern schützt auch die damit bezweckte Wirkung auf andere und ist der Grundrechtsträger grundsätzlich frei, die Mittel seiner Meinungsäußerung selbst zu bestimmen. Meinungskundgebungen anlässlich von Versammlungen sollen nicht nur die Demonstrationsteilnehmer selbst erreichen, sondern Aufgabe einer Demonstration ist es darüber hinaus, auf das Anliegen aufmerksam zu machen. Jedoch bietet das Grundrecht der Versammlungsfreiheit keine Rechtfertigung dafür, durch Technikeinsatz Aufmerksamkeit zu erzwingen. Demonstranten haben kein Recht auf einen Beachtungserfolg. Diese widerstreitenden Interessen der positiven Versammlungsfreiheit der Demonstrationsteilnehmer und der negativen Versammlungsfreiheit unbeteiligter Dritter - insbesondere Passanten und Anrainer - erfordern einen Ausgleich im Wege der praktischen Konkordanz.
Dieser Ausgleich führt vorliegend zu der Feststellung, dass der auferlegte Lärmrichtwert von 85 dB(A) ausreichend ist, um dem Recht des Antragstellers auf freie Meinungsäußerung zu entsprechen. Die Kammer hat es in der Vergangenheit bereits als sachgerecht erachtet, die Maximalwerte der durch elektroakustische Hilfsmittel verursachten Geräuschimmissionen an den Werten der Technischen Anleitung Lärm (TA-Lärm) anzulehnen (vgl. Beschluss vom 28.07.2006 -10 B 4435/06 -). Diese ist zwar als allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutzgesetz direkt lediglich auf Anlagen anwendbar, welche dem genannten Gesetz unterliegen, lässt aber aufgrund ihres definierten Anwendungsbereiches, nämlich dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, eine entsprechende Heranziehung auch bei Entscheidungen wie der vorliegenden zu. Nach der Verwaltungsvorschrift ist für seltene Ereignisse außerhalb von Gebäuden als Richtwert 70 dB(A) vorgesehen, wobei eine Überschreitung des Wertes durch einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen nicht mehr als 20 dB(A) betragen darf. Orientiert an diesen Werten stellt sich auch der von der Antragsgegnerin festgelegte Lärmrichtwert von 85 dB(A) zumindest nicht als zu niedrig dar.
Die Argumentation des Antragstellers, welche auf eine Schwelle der Gefahr von Gehörschäden abstellt, geht an dem notwendigen Ausgleich auch der Interessen der unbeteiligten Dritten vorbei, welche nicht nur das Recht auf körperliche Unversehrtheit, sondern auch das Recht auf negative Meinungs- und Versammlungsfreiheit für sich beanspruchen können. Bei Lärm über 85 dB(A) ist die Grenze der Zumutbarkeit für Passanten und Anwohner der Straßen und Plätze entlang des Demonstrationszuges mit Sicherheit überschritten (vgl. auch VG Lüneburg, Beschluss vom 07.12.2006 - 3 B 48/06 -). Auch unabhängig von Gefahren der Gesundheitsbeeinträchtigung ist es für die Kammer nicht vorstellbar, dauerhafte Schallpegel entsprechend einem vorbeifahrenden Zug - 90 dB(A) -, einem Presslufthammer in 10 m Entfernung -100 dB(A) - oder einer Kreissäge -110 dB(A) - (die Angaben sind den vom Antragsteller vorgelegten Anlagen der Firma Ohropax entnommen) für die Nichtteilnehmer eines Demonstrationszuges als zumutbar anzusehen.
Den aus der Versammlungs- und Meinungsäußerungsfreiheit resultierenden Interessen des Antragstellers ist auch in genügender Weise entsprochen, denn er wird mit dem festgelegten Schallpegel sowohl die Demonstrationsteilnehmer als auch Nichtbeteiligte in ausreichendem Maße erreichen können. Soweit er selbst befürchtet, durch Gegendemonstranten übertönt zu werden, ist die Gefahr aufgrund der räumlichen Trennung der Demonstration von der Gegendemonstration eher gering. Im Übrigen geht die Kammer davon aus, dass die Polizei vor Ort den Versammlungsablauf zu sichern in der Lage ist.
Auch die Auflage, die zu erwartende Musikbeschallung während des Aufzuges und der Kundgebungen dürfe die Dauer von jeweils 5 Minuten nicht übersteigen und es sei jeweils eine mindestens 5 Minuten dauernde Pause einzulegen, hält rechtlicher Überprüfung stand.
Zwar liegt nach Ansicht der Kammer auch in dem Abspielen von Musik mit politischen Inhalten eine grundrechtlich geschützte Meinungsäußerung, was von der Antragsgegnerin in Frage gestellt wird. Aber selbst unter Berücksichtigung des grundrechtlichen Schutzes der freien Meinungsäußerung kann der Antragsteller nicht für sich beanspruchen, in allen Redepausen während der Demonstration und den Kundgebungen seine Umgebung mit Musik beschallen zu dürfen. Ausgehend von dem festgesetzten Lärmpegel von 85 dB(A) stellt es sich als unzumutbar für unbeteiligte Dritte, Anrainer insbesondere an den Kundgebungsorten und auch die den Zug begleitenden Polizisten dar, in dieser Lautstärke ständig Musik ausgesetzt zu sein. Gegenüber den elektroakustisch verstärkten Redebeiträgen, welche regelmäßig mit Pausen der Redner und einem uneinheitlichen Geräuschpegel einhergehen, ist für die Musikbeschallung zu erwarten, dass sie durchgehend den Richtwert ausschöpft und damit als um ein vielfaches störender empfunden wird. Nur die Beschränkung der Musikbeschallung auf kurze Intervalle vermag eine Zumutbarkeit für die Umgebung herzustellen, da wiederum orientiert an der TA-Lärm eine Musikbeschallung von durchgehend 85 dB(A) als unzumutbar gelten muss. Der Immissionsrichtwert für seltene Ereignisse ist nach der Verwaltungsvorschrift immerhin bereits bei einem Wert von 70 dB(A) erreicht. Dabei geht die TA-Lärm davon aus, dass dieser Wert nur von kurzzeitigen Geräuschspitzen um maximal 20 dB(A) mehr überschritten werden sollte.
Im Übrigen ist der Antragsgegnerin darin beizupflichten, dass dem Antragsteller die Möglichkeit, die Versammlung mit musikalischen Darbietungen zu unterstützen, nicht genommen, sondern lediglich auf ein zumutbares Maß von 30 Minuten je Stunde beschränkt worden ist (vgl. zur Rechtmäßigkeit der Begrenzung musikalischer Darbietungen auf zweimal 10 Minuten je Kundgebungsstunde VG München, Beschluss vom 01.06.2005 -M 7 S 05.1977 - n.v.).
Schließlich ist auch die Auflage, die Breite der mitgeführten Transparente dürfe 4 m nicht überschreiten, nicht zu beanstanden.
Auch insoweit gilt, dass die grundgesetzlich geschützten Rechte des Antragstellers, sich versammeln und seine Meinung äußern zu dürfen, abzuwägen sind mit den Rechten und Interessen Dritter, hier im Besonderen den Sicherheitsinteressen der Öffentlichkeit und der Polizei. Dabei ist festzustellen, dass die Interessen des Antragstellers durch die Auflage nur in sehr geringem Maße tangiert sind, denn es ist ihm gestattet, bei der Demonstration und während der Kundgebungen Transparente mit einer Länge - in seinem Sprachgebrauch mit einer Breite - von bis zu 4 m zu verwenden. Lediglich der von ihm in Aussicht genommene Gebrauch von Transparenten von 5 m Länge ist ihm verwehrt. Gegen diesen Gebrauch der längeren Transparente stehen gewichtige öffentliche Interessen der Sicherheit im allgemeinen und insbesondere der den Zug und die Kundgebungen begleitenden Beamten der Polizei. Je länger die Transparente sind, um so mehr nehmen sie bzw. ihre Träger den Straßenraum in Anspruch und schränken damit den Sicherungs- und Verfügungsbereich der Polizisten ein. Dabei obliegt es nicht dem Antragsteller zu entscheiden, wie groß der Verfügungsbereich der Polizei sein muss und wie viele Reihen begleitender Beamte notwendig sein werden. Dies liegt in der Entscheidungsgewalt der Polizei und muss gegebenenfalls auch vor Ort noch disponiert werden können.
Das Mitführen von Transparenten von 5 m Länge erscheint darüber hinaus für die Ausübung der Grundrechte durch den Antragsteller und weiterer Demonstrationsteilnehmer auch deshalb nicht besonders von Gewicht, da nach dem Vortrag der Antragsgegnerin, welche diese mit Luftbildern untermauert hat, die Transparente aufgrund der örtliche Gegebenheiten auf weiten Teilen der Demonstrationsstrecke nicht in voller Länge ausgerollt getragen werden können. Dabei weist die Antragsgegnerin auch zu Recht darauf hin, dass es unbeteiligten Passanten möglich bleiben muss, außerhalb des Demonstrationszuges denselben zu passieren. Der - in der Hauptsache als Hilfsantrag formulierte - Anspruch des Antragstellers, zumindest während der Kundgebungen die Transparente von 5 m nutzen zu dürfen, muss aber zurücktreten hinter die von der Antragsgegnerin angestellten Erwägungen zur Sicherheitslage. So besteht nachvollziehbar die Gefahr, dass gerade aus der Menschenmenge der Kundgebungen heraus, welche ungleich schwieriger zu überschauen sein werden als der Demonstrationszug, Straftaten begangen werden, welche sich gegen die eingesetzten Polizeibeamten, unbeteiligte Passanten oder Sachen richten und für die die Transparente eine genügende Deckung und Tarnung darstellen. Ebenso eigenen sich die Transparente selbst zur Begehung von Straftaten wie zum Beispiel der Bedrohung oder körperlichen Bedrängung von Dritten.
Auch ein besonderes Vollzugsinteresse liegt vor. Der Antragsgegnerin ist darin zu folgen, dass aufgrund der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die drohen, wenn den angeführten Auflagen nicht Folge geleistet wird, die Anordnung der sofortigen Vollziehung im öffentlichen Interesse geboten ist, da das Interesse des Antragstellers, die Veranstaltung in anderer als der durch die Auflagen festgesetzten Form durchzuführen, nur unwesentlich beeinträchtigt wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
[s. Streitwertbeschluss]
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG und trägt der Tatsache Rechnung, dass die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen wird.