Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 06.02.2007, Az.: 7 A 5422/06
Angehöriger; Bereinigung; Einkommen; Gebühr; Gebührenfreiheit; Haushalt; Haushaltsangehöriger; Regelsatz; Rundfunk; Rundfunkgebühr; Sozialhilfe; Sozialhilferegelsatz; Zweitgerät
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 06.02.2007
- Aktenzeichen
- 7 A 5422/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 71815
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OVG Niedersachsen - 26.08.2009 - AZ: 4 LC 460/07
- BVerwG - 13.01.2010 - AZ: BVerwG 6 B 79.09
Rechtsgrundlagen
- § 76 Abs 2 BSHG
- § 5 Abs 1 S 2 RdFunkGebVtr
- § 82 Abs 2 SGB 12
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Einkommen im Sinne von § 5 I 2 RGebStV ist das bereinigte Einkommen nach § 82 II SBG XII bzw. § 76 II BSHG.
Tenor:
Der Rundfunkgebührenbescheid des Beklagten vom 3. Dezember 2004 und dessen Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2005 I. werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des festgesetzten Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die am J. 1984 geborene Klägerin befand sich im Jahre 2003/2004 in einem Ausbildungsverhältnis K. und wohnte im Haushalt ihrer Eltern. In diesem Haushalt ist ihr Vater als Rundfunkteilnehmer angemeldet und leistet Rundfunkgebühren.
Am 21. September 2003 beantragte die Klägerin für ihre Person Rundfunkgebührenbefreiung und zeigte an, dass sie selbst seit 1. August 2003 ein Fernsehgerät zum Empfang bereithalte. Den Antrag auf Rundfunkgebührenbefreiung lehnte der Beklagte mit einem Bescheid vom 27. Mai 2004 ab. Den hiergegen von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies er mit einem Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2005 zurück. Die hiergegen von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage wurde mit einem Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 7. Juni 2005 abgewiesen - 3 A 646/05 -. Ihren hiergegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung nahm die Klägerin zurück, woraufhin das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht das Verfahren auf Zulassung der Berufung mit einem Beschluss vom 13. Oktober 2005 einstellte - 4 LA 264/05 -.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 3. Dezember 2004 setzte der Beklagte gegen die Klägerin für den Zeitraum 9/03-5/04 Rundfunkgebühren in Höhe von 150,46 € fest (9 Monate x 16,15 € + 5,11 € Säumniszuschlag). Ihren hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit einem Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2005 zurück.
Mit ihrer am 12. Januar 2005 beim Verwaltungsgericht Hannover erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen den Gebührenbescheid. Sie ist der Auffassung, im streitbefangenen Zeitraum nicht rundfunkgebührenpflichtig gewesen zu sein, weil das von ihr vorgehaltene Fernsehempfangsgerät ein gebührenfreies Zweitgerät im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages - RGebStV - darstelle. Sie lebe mit ihren Eltern in häuslicher Gemeinschaft. Für deren Rundfunkgeräte würden bereits Gebühren entrichtet. Ihr Einkommen als Auszubildende übersteige nicht den im fraglichen Zeitraum festgesetzten einfachen Sozialhilferegelsatz für volljährige Haushaltsangehörige in Höhe von 237,00 €/monatlich. Zwar habe ihr monatliches Nettogehalt im fraglichen Zeitraum 329,71 € betragen. Hiervon seien jedoch außer den bereits saldierten Steuern folgende weitere Beträge abzusetzen:
1. Monatsfahrkarte zur Ausbildungsstätte | 118,00 € |
2. Gewerkschaftsbeitrag | 4,15 € |
3. Berufsunfähigkeitsversicherung | 23,06 € |
184,50 € |
Dieser bereinigte Betrag übersteige den einfachen Sozialhilferegelsatz für volljährige Haushaltsangehörige nicht.
Die Klägerin beantragt,
den Rundfunkgebührenbescheid des Beklagten vom 3. Dezember 2004 und dessen Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2005 I. aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die Klägerin kein gebührenfreies Zweitgerät vorhalte, weil auf ihr Nettoeinkommen ohne weitere Absetzungsbeträge abzustellen sei. Dieses Nettoeinkommen übersteige den einfachen Sozialhilferegelsatz.
Der Einzelrichter hatte den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit einem Beschluss vom 23. September 2005 abgelehnt. Auf die hiergegen von der Klägerin erhobene Beschwerde änderte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht diese Entscheidung mit einem Beschluss vom 22. November 2005 - 10 PA 226/05 - und bewilligte der Klägerin die beantragte Prozesskostenhilfe mit folgenden Gründen:
„Der Senat sieht es bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage nicht als überwiegend wahrscheinlich an, dass sich - wie das Verwaltungsgericht meint - der in § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV verwandte Begriff des Einkommens allein auf § 82 Abs. 1 SGB XII ohne die Möglichkeit der Berücksichtigung von Absetzungsbeträgen nach § 82 Abs. 2 SGB XII bezieht.
Die Frage, ob für den Einkommensbegriff im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV allein auf § 82 Abs. 1 SHB XII ohne die Möglichkeit der Geltendmachung von Absetzungsbeträgen nach § 82 Abs. 2 SGB XII abzustellen ist, oder ob das "berücksichtungsfähige Einkommen" in Anwendung von § 82 Abs. 1 und 2 SGB XII gemeint ist, ist in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte noch nicht geklärt.
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts folgt die Nichtberücksichtigungsfähigkeit von Absetzungsbeträgen im Sinne von § 82 Abs. 2 SGB XII im Rahmen des Einkommensbegriffs des § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV zunächst nicht schon aus dem Wortlaut der Norm durch die dortige Gegenüberstellung des Begriffspaares Einkommen - Regelsatz. Die Verwendung dieses Begriffspaares dient von ihrem Wortlaut her allein der Maßstabsbildung dafür, ab welcher finanzieller Grenze die Privilegierung eintritt, ist aber für die Auslegung des Begriffs des Einkommens gänzlich unergiebig.
Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass § 5 RGebStV - allein - eine sachliche Freistellung von der Rundfunkgebührenpflicht sei, die keine Gebührenbefreiung natürlicher Personen beinhalte und bei der der Einkommensbegriff daher anders zu definieren sei als bei § 6 RGebStV, vermag der Senat dem ebenfalls nicht zu folgen. Denn aus der Inbezugnahme eines den einfachen Sozialhilferegelsatz nicht übersteigenden Einkommens in § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV folgt, dass für diese Gebührenfreistellung - zumindest auch - an das Einkommen der das Rundfunkgerät bereithaltenden Person und damit an ein persönliches Merkmal dieser Person - und nicht etwa an den Standort des Gerätes wie etwa bei § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV - angeknüpft wird. Dementsprechend wird § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV in der Literatur auch als eine Regelung angesehen, die mit ihrer Privilegierung der privaten Haushalte - ebenso wie die Gewährung von Befreiungen - zur Sozialverträglichkeit der Rundfunkgebühr beitrage (Göhmann/Siekmann, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, München 2003, § 5 RGebStV Rn. 10), die also letztlich auch sozialpolitischen Charakter hat.
Bestätigt wird dieser - auch - sozialpolitische Charakter der Norm durch ihre Entstehungsgeschichte. Die Privilegierung von Rundfunkteilnehmern, die mit einem weiteren Rundfunkteilnehmer in häuslicher Gemeinschaft leben, wurde erstmals durch § 3 Abs. 1 der Bedingungen für die Errichtung und den Betrieb von Rundfunkempfangsanlagen (Anlage zu den Bestimmungen über den Rundfunk, Amtsblatt des Reichspostministeriums 1931, 509) geregelt. Hiernach durfte der Rundfunkteilnehmer an seine Empfangsanlage Hörvorrichtungen für Personen, die mit ihm in Wohnungsgemeinschaft leben, anschließen, auch wenn diese selbst keine Genehmigung besaßen. Eine Gebühr fiel in diesem Falle nicht an (§ 11 der Anlage 1, a.a.O.). Dies galt nach den Ausführungsbestimmungen (Amtsblatt des Reichspostministeriums 1931, S. 511 ff. [512]) sogar für (verköstigte) Untermieter (vgl. auch Nr. II A 1. c] der Verwaltungsanweisung zu den Bestimmungen über den Rundfunk, Amtsblatt des Reichspostministers 1940, 147, 148).
Die Regelung des § 3 Abs. 1 wurde in § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Staatsvertrages der Länder über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens vom 31. Oktober 1968 (Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens vom 22. Dezember 1969, Nds. GVBl. S. 237) mit der Maßgabe übernommen, dass eine Unterhaltsleistung des Rundfunkteilnehmers an die weitere Person im Haushalt hinzutreten müsse; in der Gesetzesbegründung (LT-Ds. 6/843, S. 8) ist ausgeführt, dass durch diese Regelung Zweitgeräte in einem Haushalt weitgehend von der Gebührenpflicht ausgenommen würden.
Durch den Staatsvertrag über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens vom 5. Dezember 1974 wurde diese weitgehende Freistellung von Zweitgeräten dahingehend eingeschränkt, dass die Gebührenfreistellung nur eintrat, wenn neben der häuslichen Gemeinschaft der Rundfunkteilnehmer die weitere Person „überwiegend unterhielt“. In der Gesetzesbegründung (LT-Ds. 8/491, S. 13) ist ausgeführt, dass es nunmehr nicht genüge, dass der Rundfunkteilnehmer der weiteren Person in seinem Haushalt überhaupt irgend einen Unterhalt leiste, sondern dass er diese mindestens überwiegend unterhalten müsse.
Mit dem Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland von 1991 wurde dann das Tatbestandsmerkmal des „überwiegenden Unterhalts“ durch den Rundfunkteilnehmer an seinen Hauhaltsangehörigen durch das - konkretere - Tatbestandsmerkmal einer Obergrenze des Einkommens des Haushaltsangehörigen ersetzt. In der Begründung zum Niedersächsischen Zustimmungsgesetz zu diesem Staatsvertrag (LT-Ds. 12/1970, S. 133) ist ausgeführt, dass das bisherige Anknüpfen an den durch den Rundfunkteilnehmer geleisteten „überwiegenden Unterhalt“ unklar und etwa dann unbillig gewesen sei, wenn z.B. freiwillige hohe Unterhaltsleistungen zu einer Rundfunkgebührenfreiheit für Rundfunkteilnehmer in häuslicher Gemeinschaft geführt hätten. Das Abstellen auf den einfachen Sozialhilferegelsatz solle insoweit „eine Klarstellung und Präzisierung des bisherigen Tatbestandes“ erreichen und die genannten Unbilligkeiten beseitigen.
Im Übergang des Gesetzgebers von der ursprünglichen Freistellung sämtlicher Zweitgeräte in einer Wohnung über die Einführung eines Tatbestandsmerkmals des „(überwiegenden) Unterhalts“ hin zu einem Abstellen auf den einfachen Sozialhilferegelsatz des Haushaltsangehörigen als Einkommen kommt die Intention des Gesetzgebers zum Ausdruck, nicht Zweitgeräte in der Haushaltsgemeinschaft als solche, sondern nur diejenigen Geräte zu privilegieren, bei denen dies zum Schutz von Personen, die aufgrund ihres geringen Einkommens bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts sind, notwendig ist. Der Gesetzgeber geht bei der Neufassung der Regelung offensichtlich davon aus, dass ein Haushaltsangehöriger, dessen eigenes Einkommen den einfachen Sozialhilfesatz übersteigt, nicht mehr überwiegend vom Rundfunkteilnehmer unterhalten wird (Göhmann/Siekmann, a.a.O., § 5 Rn. 9).
Hat aber die Einkommensobergrenze des Sozialhilfesatzes als Tatbestandsmerkmal den Zweck, nur diejenigen Personen der Haushaltsgemeinschaft bei der Rundfunkgebührenpflicht zu privilegieren, die aufgrund ihres niedrigen Einkommens vom Rundfunkteilnehmer unterhalten werden, so spricht dies dafür, hierbei nur ein durch die Anwendung des § 82 Abs. 2 SGB XII bereinigtes Einkommen der Prüfung zugrunde zu legen. Denn ohne Berücksichtigung der Absetzungsbeträge des § 82 Abs. 2 SGB XII steht diesen Personen regelmäßig ein Einkommen bis zur Höhe des Regelsatzes tatsächlich nicht zur Verfügung, so dass davon auszugehen ist, dass sie vom Rundfunkteilnehmer trotz ihres Einkommens - überwiegend - unterhalten werden.
Nach Ansicht des Senats ist damit der in § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV ohne weitere Zusätze verwandte Begriff des „Einkommens“ nicht anders als dieser in zahlreichen anderen Vorschriften enthaltene Begriff oder als der des „berücksichtigungsfähigen Einkommens“ zu verstehen. So spricht zum Beispiel § 8 Abs. 3 des Gesetzes über den Ausgleich beruflicher Nachteile für Opfer politischer Verfolgung im Bundesgebiet (i.d.F. des Gesetzes v. 27.12.2003, BGBl. I S. 3022) von dem „entsprechend § 82 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB XII ermittelten Einkommen“. § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB XII bestimmt, dass die Aufbringung der Mittel in angemessenem Umfang zuzumuten ist, „soweit das zu berücksichtigende Einkommen die Einkommensgrenze übersteigt“. - § 93 SGB VIII schreibt unter der amtlichen Überschrift „Berechnung des Einkommens“ ebenfalls eine Saldierung von Zufluss und Absetzungsbeträgen vor. - § 11 SGB II bestimmt nach seiner amtlichen Überschrift das zu „berücksichtigende Einkommen“ dahingehend, dass nach Absatz 1 die maßgeblichen Zuflüsse und nach den Absätzen 2 und 3 die Absetzungsbeträge bzw. die nicht als Einkommen zu berücksichtigenden Zuflüsse benannt werden. - Nichts anderes gilt für Vorschriften außerhalb des Sozialrechts. § 1836 c BGB bestimmt die einzusetzenden Mittel des Mündels ebenfalls dahingehend, dass es „sein Einkommen“ einzusetzen hat, „soweit es (...) die nach den §§ 82, 85 Abs. 1 und 86 SGB XII maßgebende Einkommensgrenze (...) übersteigt“. Alle diese Vorschriften gehen damit davon aus, dass einzusetzendes Einkommen nur nach einer Saldierung der zufließenden Mittel mit den Absetzungsbeträgen vorliegt.
Dies alles spricht dafür, dass die Verwendung des Begriffs Einkommen in § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV in einem im weiteren Sinne auch sozialhilferechtlich geprägten Zusammenhang zu verstehen ist und die Anwendung des § 82 Abs. 2 SGB XII deshalb nicht ausschließt.
Soweit in der Rechtsprechung (VG Sigmaringen, Urt. V. 15.9.2005, - 2 K 122/05 -, juris) von einem gegenteiligen Standpunkt ausgegangen wird, weil die Berücksichtigung des bereinigten Nettoeinkommens ein durch die GEZ nicht mehr zu bewältigendes Verwaltungsverfahren verursachen würde, folgt der Senat dem nicht. Die Frage, ob die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben einen erhöhten Verwaltungsaufwand mit sich bringt, kann für die Bestimmung des Inhalts der gesetzlichen Vorgaben auch im Bereich der Massenverwaltung nur sehr eingeschränkt maßgeblich sein. Zudem setzt auch die Prüfung des Vorhandenseins von Einkommen in Höhe des einfachen Regelsatzes als solchem schon eine materielle - feststellende - Prüfung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens voraus.“
Der Einzelrichter hat den Rechtsstreit daraufhin auf die Kammer zurückübertragen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorbezeichneten Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht zur Einsicht vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Rundfunkgebührenbescheid des Beklagten vom 3. Dezember 2004 und dessen Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2005 I. sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Beklagte ist nicht berechtigt, gegen die Klägerin für den Zeitraum 9/03-5/04 Rundfunkgebühren festzusetzen, weil sie in diesem Zeitraum in häuslicher Gemeinschaft mit ihrem bereits Rundfunkgebühren leistenden Vater wohnte und selbst nur über ein Einkommen verfügte, das den einfachen Sozialhilferegelsatz nicht übersteigt. Bei dem von der Klägerin zum Empfang bereitgehaltenen Fernsehgerät handelt es sich deshalb um ein gebührenfreies Zweitgerät im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (Nds. GVBl. 1991, S. 311, 332) - RGebStV - in der hier anwendbaren Fassung des Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 19.6.2002 (Nds. GVBl. S. 175) für die Gebührenmonate 9/03-3/03 bzw. des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 22.1.2004 (Nds. GVBl. S. 27) für den Gebührenmonat 4/04.
Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV hat jeder Rundfunkteilnehmer grundsätzlich für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr und für das Bereithalten eines Fernsehgerätes jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten. Diese Rundfunkgebührenpflicht gilt jedoch nur vorbehaltlich der Regelung des § 5 RGebStV. Eine Rundfunkgebührenpflicht besteht nach § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV nicht für weitere Rundfunkempfangsgeräte (Zweitgeräte), die von Personen (hier: der Klägerin) zum Empfang bereit gehalten werden, die mit dem Rundfunkteilnehmer (hier: Vater der Klägerin) in häuslicher Gemeinschaft wohnen und deren Einkommen den einfachen Sozialhilferegelsatz nicht übersteigt. Die Klägerin wohnte im Gebührenzeitraum unstreitig mit ihrem Vater in häuslicher Gemeinschaft. Dieser ist unstreitig bereits als Rundfunkteilnehmer erfasst und leistet Rundfunkgebühren. Streitig ist danach lediglich, ob das Einkommen der Klägerin den einfachen Sozialhilferegelsatz übersteigt. Dieser betrug im Gebührenzeitraum gemäß § 1 Nr. 6 der Verordnung über die Festsetzung der Regelsätze nach dem Bundessozialhilfegesetz vom 25.6.2003 (Nds. GVBl. S. 221) für Haushaltsangehörige vom Beginn des 19. Lebensjahres an 237,00 €/monatlich.
Das der Klägerin von ihrem Arbeitgeber ausgezahlte monatliche Netto-Einkommen betrug im Gebührenzeitraum 329,71 € Ausbildungsvergütung. Dieses Netto-Einkommen ist jedoch nicht identisch mit dem Einkommen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV. Vielmehr folgt die Kammer der überzeugenden Herleitung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in dem Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 22.11.2005 im vorliegenden Verfahren, nach dem der Einkommensbegriff des § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV mit dem nach § 82 Abs. 2 SGB XII bzw. für den hier fraglichen Zeitraum nach § 76 Abs. 2 BSHG bereinigten Einkommen gleichzusetzen ist. Das Einkommen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV ist danach das Einkommen im Sinne von § 82 Abs. 1 SGB XII bzw. § 76 Abs. 1 BSHG u.a. nach Absetzung von auf das Einkommen entrichteten Steuern (Nr. 1), Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung einschließlich Arbeitslosenversicherung (Nr. 2), Beiträgen zu öffentlichen und privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (Nr. 3), sowie der mit Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (Nr. 4). Weitere Absetzungsbeträge nach § 82 Abs. 2 SGB XII bzw. § 76 Abs. 2 BSHG sind im Falle der Klägerin unerheblich.
Der Beklagte verhält sich bereits widersprüchlich, wenn er nach seiner Klageerwiderung vom 13. März 2006 im Einklang mit der Kommentierung (Göhmann/Siekmann in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, § 5 RGebStV Rdnr. 19) das Einkommen mit dem Nettoeinkommen gleichsetzt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, die Absetzungsmöglichkeit des § 82 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII bzw. § 76 Abs. 2 Nr. 1 BSHG („auf das Einkommen zu entrichtende Steuern“) zuzubilligen, die Zuerkennung der in diesen Vorschriften aufgezählten weiteren sozialhilferechtlichen Absetzungsvorgaben vom Einkommen jedoch ablehnt. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 17.10.2006 - 7 BV 05.2898 -) stellt auf das Nettoeinkommen ohne weitere Abzüge ab und rechtfertigt dies mit dem Einkommensbegriff nach dem „allgemeinen Sprachgebrauch“. Von einem allgemeinen Sprachgebrauch kann im fraglichen Zusammenhang jedoch nicht ausgegangen werden.
Für die Kammer ist entscheidend, dass dem Haushaltsangehörigen mit eigenem Einkommen ein auf seine Person bezogenes Existenzminimum verbleiben muss, bevor er zu Rundfunkgebühren herangezogen wird. Dass genau diese sozialpolitische Komponente Absicht der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV ist, drängt sich auf und ist vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht überzeugend auch aus der Historie der Vorschrift abgeleitet worden. Dieses Existenzminimum wird durch die Verordnung über die Festsetzung der Regelsätze bestimmt und ist mit dem Sozialhilferegelsatz für Haushaltsangehörige identisch. Die Grundlage für die Berechnung der Höhe des Sozialhilferegelsatzes enthält jedoch nicht die Aufwendungen, die der Rundfunkteilnehmer für den Erwerb seines Einkommens einsetzen muss, mithin die Aufwendungen, um überhaupt ein Einkommen zu erzielen, das gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV zum Ansatz gebracht werden kann. Deshalb hat der Bundesgesetzgeber im sozialhilferechtlichen Zusammenhang außer der vom Beklagten bereits zugestandenen Absetzungsmöglichkeit der auf das Einkommen zu entrichtenden Steuern (§ 82 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII bzw. § 76 Abs. 2 Nr. 1 BSHG) auch weitere Kosten, insbesondere Werbungskosten (§ 82 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 SGB XII bzw. § 76 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 BSHG) als vom Einkommen absetzungsfähig anerkannt. Übersteigt das so bereinigte Einkommen des Haushaltsangehörigen den Regelsatz nicht, ist auch ein weiteres Rundfunkgerät in der häuslichen Gemeinschaft mit dem Rundfunkteilnehmer, das der Haushaltsangehörige vorhält, rundfunkgebührenfrei.
Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Haushaltsangehörigen darauf verweist, seinen Informationsbedarf notfalls auch anderweitig im Rahmen der Haushaltsgemeinschaft decken zu können (aaO), folgt dem die Kammer nicht. Haushaltsangehörige, die bereits ein eigenes Einkommen erzielen, sind in der Regel dem Kindesalter entwachsen und haben einen Anspruch darauf, eine eigene Auswahl unter den Informationsangeboten des Rundfunks zu treffen, ohne von der Entscheidungsdisposition des rundfunkteilnehmenden Haushaltsvorstandes abhängig zu sein.
In Anwendung des im vorliegenden Zeitraum maßgeblichen § 76 Abs. 2 Nr. 4 BSHG sind deshalb von dem Einkommen der Klägerin außer den hierauf entrichteten Steuern auch ihre durch Vorlage von Fahrkarten nachgewiesenen monatlichen Fahrtkosten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Ausbildungsstätte in Höhe von 118,00 € abzusetzen, wodurch ihr monatliches Einkommen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV im fraglichen Zeitraum nur noch 211,71 € (329,71 Nettoeinkommen abzüglich 118,00 €) beträgt und den damals geltenden sozialhilferechtlichen Regelsatz in Höhe von 237,00 € unterschreitet. Ohne dass es noch darauf ankommt, wären auch ihre angemessenen Beiträge für eine Berufsunfähigkeitsversicherung in Höhe von 23,06 €/monatlich gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG ebenso absetzungsfähig gewesen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 29.11.1989, FEVS 42, S. 104 zur Unfallversicherung) wie gemäß § 76 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 BSHG die ebenfalls angemessenen Gewerkschaftsbeiträge in Höhe von 4,15 €/monatlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 4.6.1981, BVerwGE 62, S. 275).
Der mit der Ermittlung des Einkommens im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV entstehende Verwaltungsaufwand ist dem Beklagten zuzumuten. Hierauf hat das Niedersächsische Oberwaltungsgericht bereits zutreffend hingewiesen.
Nach alledem ist das von der Klägerin im fraglichen Zeitraum vorgehaltene Fernsehgerät als gebührenfreies Zweitgerät einzustufen und der hierauf bezogene Rundfunkgebührenbescheid aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708, 711 ZPO.
Die Berufung ist gemäß §§ 124a, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, weil der Einkommensbegriff in § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV obergerichtlich noch nicht abschließend geklärt ist, wie das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe selbst ausgeführt hat und zudem abweichende Rechtsprechung vorliegt.