Sozialgericht Osnabrück
Urt. v. 20.02.2020, Az.: S 19 U 90/18

Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall eines Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (hier: Verletzung des Fersenbeinbruchs durch Baumfällung)

Bibliographie

Gericht
SG Osnabrück
Datum
20.02.2020
Aktenzeichen
S 19 U 90/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 13490
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger bei dem Unfall am 29.04.2017 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.

Der im März 1978 geborene Kläger ist als Maschinenführer bei der Fa. D. GmbH in E. beschäftigt. Am 29.04.2017, einem Samstag, führte er zusammen mit seinem Vater, Herrn A. (im Folgenden: Zeuge), auf dem Grundstück seines Onkels Baumfällarbeiten durch. Der Zeuge hatte den Kläger am Abend vorher um Mithilfe gebeten. Am Samstagmorgen fuhren sie gemeinsam zu dem Baum, der gefällt werden sollte und besprachen dort die Vorgehensweise. Der Kläger brachte seine eigene Schutzkleidung sowie seine Kettensäge mit. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge besitzen einen Kettensägeschein. Der Kläger setzte mit der Säge des Zeugen den Fällschnitt sowie die Einkerbung. Der Baum verhakte sich jedoch in der Krone des Nachbarbaumes, so dass der Baum nicht auf die freie Fläche fiel, sondern den Kläger traf. Der Kläger erlitt hierbei einen Fersenbeinbruch links, der im Rahmen der stationären Behandlung bis zum 23.05.2017 operativ versorgt wurde.

Mit Schreiben vom 22.05.2017 meldete die Krankenkasse des Klägers einen Erstattungsanspruch an, da sie aufgrund der Angaben des Klägers im Fragebogen vom 09.05.2017 annehme, dass der Kläger wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls erkrankt sei.

Der Beklagte bat den Kläger um Beantwortung weiterer Fragen. Der Kläger gab an, dass das Fällen eines Baumes mit anschließendem Kleinschneiden und Abtransport zu dem Zeugen geplant gewesen sei. Seine Hilfe sei spontan und nur für diesen Baum gedacht gewesen und hätte ca. einen Tag gedauert. Es sei keine Hilfe aus eigenem Interesse, sondern ein selbstverständlicher Hilfedienst im Rahmen der Verwandtschaftshilfe gewesen. Das Brennholz sei für den Zeugen bestimmt gewesen. Auch zuvor hätten sie sich gelegentlich gegenseitig geholfen, z.B. beim Rasenmähen während des Urlaubes oder wenn einer was vorhabe, was nicht alleine oder nur schwer alleine zu schaffen sei. Der Zeuge bestätigte diese Angaben und gab ergänzend an, dass der Kläger auch schon beim Säubern der Dachrinne und beim Möbel aufbauen geholfen habe. Für die geplanten Arbeiten sei keine Gegenleistung vereinbart worden.

Mit Bescheid vom 04.01.2018 lehnte der Beklagte die Feststellung eines Versicherungsfalls ab. Der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt nicht zum Kreis der versicherten Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung gehört, so dass Entschädigungsleistungen nicht gewährt werden könnten. Es habe sich um einen selbstverständlichen Hilfsdienst gehandelt, der im Wesentlichen durch die familiären Beziehungen zwischen Vater und Sohn geprägt gewesen sei. Beide hätten Erfahrung mit dem Fällen von Bäumen und seien im Besitz eines Kettensägescheins. Daher habe Fachkompetenz und Fachwissen vorgelegen. Die Verrichtung sei auch nicht über das übliche und zu erwartende Maß hinausgegangen.

Im Widerspruchsverfahren wies der Kläger - vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten - darauf hin, dass nicht nur ein Baum, sondern ca. 6 große Bäume mit 10 Meter Höhe und einem Umfang von 40 bis 60 cm gefällt werden sollten. Es sei kein selbstverständlicher Hilfsdienst, sondern einmalig und über den Rahmen der bislang üblichen Gefälligkeitshandlungen hinausgegangen. Zuvor seien nur kleinere (handwerkliche) Hilfsarbeiten untereinander getätigt worden. Wegen der Dauer und Gefährlichkeit habe es sich um keine Gefälligkeit gehandelt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2018 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die am 08.05.2018 vor dem Sozialgericht Osnabrück erhobene Klage. Der Kläger trägt vor, er besitze als gelernter Dachdecker einen Kettensägeschein. Abgesprochen sei nur das Fällen eines Baumes gewesen; hinsichtlich der weiteren Bäume sei noch keine Absprache getroffen worden. Er habe bis ca. ein Jahr vor dem Unfall noch zu Hause gewohnt. Er habe keine Miete gezahlt, dafür aber Hilfe geleistet. Zum Unfallzeitpunkt sei er noch nicht abgemeldet gewesen, daher habe er regelmäßig die Post abgeholt. Sein Vater, der Zeuge, hätte ihn dabei gefragt, ob er ihm am nächsten Tag helfen könne, einen Baum zu fällen. Sein Vater habe eine künstliche Hüfte und könne schwere Sachen nicht mehr tragen. Er, der Kläger, habe auch schon früher Bäume gefällt.

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    den Bescheid des Beklagten vom 04.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 02.05.2018 aufzuheben,

  2. 2.

    festzustellen, dass er am 29.04.2017 einen Unfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung erlitten hat.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Gründe seiner Bescheide.

Die Kammer hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Kläger persönlich angehört und den Zeugen vernommen. Auf die Sitzungsniederschrift wird hierzu Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist als Anfechtungsklage gegen die ablehnende Entscheidung der Beklagten verbunden mit der auf Feststellung eines Arbeitsunfalls gerichteten Feststellungsklage gem. §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässig. Die grundsätzliche prozessrechtliche Nachrangigkeit der Feststellungsklage steht nach ständiger Rechtsprechung des BSG, der die Kammer folgt, in Fällen der vorliegenden Art nicht entgegen. Begehrt der Versicherte nämlich allein die von dem Unfallversicherungsträger abgelehnte Feststellung des Vorliegens eines Versicherungsfalls, kann er durch die Verbindung einer Anfechtungs- mit einer Feststellungsklage unmittelbar eine rechtskräftige, von der Verwaltung nicht mehr beeinflussbare Feststellung erlangen (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 27.04.2010, Az.: B 2 U 23/09 R).

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 04.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 02.05.2018 nicht beschwert. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, das Ereignis vom 29.04.2017 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Denn der Kläger hat bei dem Unfall nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ist danach im Regelfall erforderlich, dass ein Unfallereignis vorliegt, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem Unfallereignis geführt hat (Unfallkausalität) und dass schließlich das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).

Die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" müssen für das Gericht im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, feststehen (vgl. BSG vom 02.04.2009 - Az.: B 2 U 29/07 R, juris Rdnr. 15 f. m. w. N.). Lassen sich die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht nachweisen oder ist der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis oder zwischen diesem und der eingetretenen Gesundheitsstörung nicht wahrscheinlich, geht dies nach dem im Sozialrecht geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der hieraus eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will.

Der Kläger hat am 08.04.2018 einen Unfall (d.h. ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII) mit der Folge gesundheitlicher Schäden erlitten, als ihn bei den Baumfällarbeiten der Baum traf und er einen Fersenbeinbruch erlitt.

Der Kläger erlitt den Unfall am 29.04.2017 nicht als Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Beschäftigung ist eine nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte hierfür sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 SGB IV). Eine Beschäftigung liegt daher zunächst immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis gegeben sein, wenn der Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingliedert und seine konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung unterordnet (Urteil des BSG vom 14.11.2013, Az.: B 2 U 15/12 R - juris Rdnr. 14). Der Kläger ist zur Zeit des Unfallereignisses nicht im Rahmen seiner Tätigkeit als Maschinenführer tätig geworden, so dass er nicht als Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er in den "Betrieb" seines Vaters eingegliedert gewesen ist. Ebenso wenig ist er nach einem der anderen Tatbestände des § 2 Abs. 1 SGB VII versichert gewesen.

Ein Versicherungsschutz des Klägers zum Unfallzeitpunkt lässt sich auch nicht aus § 2 Abs. 2 SGB VII herleiten. Diese Vorschrift erstreckt den Versicherungsschutz aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen auch auf Tätigkeiten, die zwar nicht sämtliche Merkmale eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer abhängigen Beschäftigung ähneln, indem eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (Urteil des BSG vom 13.09.2005, Az.: B 2 U 6/05 R, juris Rdnr. 7 m.w.N.). Die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses muss als Versicherungsgrund im Vordergrund stehen (BSG vom 20.03.2018, Az.: B 2 U 16/16 R - juris Rdnr. 29).

Im vorliegenden Fall ähnelte die Tätigkeit des Klägers zum Unfallzeitpunkt im Ergebnis eher einer unternehmerähnlichen Tätigkeit als einer abhängigen Beschäftigung. Zwar ist die unfallbringende Tätigkeit eine Arbeit mit wirtschaftlichem Wert gewesen. Zeitpunkt und Art der Ausführung sind jedoch eher nicht entsprechend den für Beschäftigungsverhältnisse typischen Weisungsrechten fremdbestimmt gewesen. Zwar hat der Zeuge bestimmt, wann die Aktion durchgeführt werden soll. Er hat im Rahmen seiner Vernehmung jedoch auch angegeben, dass er höchstwahrscheinlich damit gewartet hätte, wenn der Kläger am Unfalltag keine Zeit gehabt hätte. Der Kläger hat den Zeugen auch nicht angewiesen, wie die Aktion ablaufen soll. Der Kläger hat seine eigene Schutzausrüstung und auch seine eigene Kettensäge mitgenommen. Er hat gemeinsam mit dem Zeugen überlegt, wie der Baum gefällt wird und die entscheidenden Handlungen - den Fällschnitt und die Einkerbung - entsprechend seiner Fachkenntnisse selbst vorgenommen. Der Zeuge hat angegeben, dass er davon überzeugt gewesen sei, dass der Kläger alles richtig mache. Daher hat die Tätigkeit eher der Tätigkeit eines Unternehmers geähnelt, der einen konkreten Auftrag erledigt, zumindest ist sie aber nicht wesentlich vergleichbar eines Beschäftigten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gewesen. Die Entstehungsgeschichte der Norm schließt es aus, Personen, die wie selbständige Unternehmer agieren, in diesen Versicherungsschutz einzubeziehen (Spellbrink/Bieresborn, Die Wie-Beschäftigung, NJW 2019, S. 3745, 3749).

Die Tätigkeit ist auch wegen und im Rahmen einer Sonderbeziehung zu dem Vater, dem Zeugen, erfolgt. Die Vorschrift des § 2 Abs. 2 SGB VII geht zurück auf den durch das 6. Unfallversicherungsänderungsgesetz vom 9.3.1942 (RGBl. I 107) vollzogenen Übergang von der Betriebs- auf die Personenversicherung. Dies schließt es aus, Personen, die wie Selbstständige und zusätzlich ausschließlich aufgrund freundschaftlicher Nähe handeln, in den Versicherungsschutz der Wie-Beschäftigung einzubeziehen (BSG vom 20.03.2018 - Az.: B 2 U 16/16 R - juris Rdnr. 29).

Zwar ist Verwandtschaft wegen des verfassungsrechtlich gebotenen besonderen Schutzes von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz) kein genereller Ausschlussgrund. Verwandtschaftliche Verhältnisses können aber den Versicherungsschutz als Wie-Beschäftigter ausschließen, wenn die Tätigkeit nach Art, Umfang und Dauer sowie dem Grad der familiären Beziehung üblich ist. Je enger eine Gemeinschaft ist, umso größer wird regelmäßig der Rahmen sein, innerhalb dessen bestimmte Tätigkeiten ihr Gepräge daraus erhalten (Spellbrink/Bieresborn, Die Wie-Beschäftigung, NJW 2019, S. 3745, 3749). Auch wenn ein Kind erwachsen ist und als Student nicht mehr überwiegend bei den Eltern wohnt, erbringt es eine im Rahmen des Eltern-Kind-Verhältnisses (vgl. hierzu § 1618a BGB) übliche und zu erwartende Gefälligkeitsleistung, wenn es z.B. im Rahmen von Eigenbauarbeiten in Form von vorbereitenden Umbaumaßnahmen zwecks einer Altbausanierung, die auch von Nichthandwerkern ausgeführt werden können, mithilft. Dies gilt umso mehr, wenn die Eltern das Kind finanziell während seines Studiums unterstützen und ihm in ihrem Haus auch noch Unterkunft gewährten (Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB VII, 2. Auflage, Stand: 02.01.2020, Rdnr. 415 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger noch bis ca. zu seinem 37. Lebensjahr im Hause seiner Eltern gewohnt, ohne Miete oder Nebenkosten zu zahlen. Er hat angegeben, sich dafür an anderen Dingen beteiligt zu haben. So hat er Großeinkäufe erledigt oder sonst mitgeholfen. Als der Vater, der Zeuge, wegen einer Operation an der Hüfte im Krankenhaus bzw. in der Reha gewesen ist, hat er alles erledigt. Der Zeuge hat angegeben, dass der Kläger auch bei Umbaumaßnahmen mitgeholfen habe, wie z.B. Fliesenarbeiten durchgeführt habe. Auch wenn der Kläger nach seinem Auszug in der Regel nur noch Kleinigkeiten erledigt hat, besteht zur Überzeugung der Kammer weiterhin ein enges Verwandtschaftsverhältnis, das den Baumfällarbeiten am Unfalltag ihr Gepräge gegeben hat. Der Zeuge hat angegeben, dass sie auch schon früher gemeinsam Baumfällarbeiten durchgeführt haben. Zwar hat der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht mehr mietfrei im Haus seiner Eltern gelebt, somit keinen großen erkennbaren Nutzen mehr gehabt. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aber nicht gegen eine Tätigkeit im Rahmen der Sonderbeziehung, sondern dafür, dass die Tätigkeit als Hilfe für den Vater geprägt war, der aufgrund seiner Hüftoperation gesundheitliche Schwierigkeiten hat (vgl. hierzu auch Urteil des BSG vom 30.07.1987 - 2 RU 17/86, juris Rdnr. 15). Kläger und Zeugen haben am Unfalltag vertraut zusammengearbeitet - es war, wie der Zeuge angegeben hat - ein Zusammenarbeiten als Vater und Sohn.

Dass Baumfällarbeiten generell als gefährlich eingestuft werden (vgl. hierzu Urteil des Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - LSG NSB - vom 31.05.2011, Az.: L 9 U 245/08, juris Rdnr. 37) führt nicht dazu, dass die konkrete Tätigkeit am Unfalltag außerhalb des Umfangs von Tätigkeiten gelegen hat, die im Rahmen der verwandtschaftlichen Beziehung zwischen dem Kläger und dem Zeugen noch erwartet werden konnte.

Allein die Gefährlichkeit oder die erforderliche Sachkunde begründet keinen Versicherungsschutz (LSG NSB vom 28.08.2019, Az.: L 6 U 78/18, juris Rdnr. 25). Vielmehr ist auch bei gefährlichen Tätigkeiten konkret zu prüfen, ob die Tätigkeit außerhalb dessen gelegen hat, was im Rahmen einer engen Vater-Sohn-Beziehung getan oder erwartet wird (vgl. hierzu Urteile des BSG vom 20.03.2018 - B 2 U 16/16 R, juris Rdnr. 28; LSG Sachsen vom 10.02.2011 - L 2 U 68/09, juris Rdnr. 60 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall haben Kläger und Zeuge auch schon früher gemeinsam Baumfällarbeiten durchgeführt. Darüber hinaus kann Sonderwissen die objektiv besondere Gefährlichkeit der Hilfeleistung neutralisieren (vgl. hierzu SG Hamburg vom 21.09.2012, Az.: S 40 U 232/11, juris Rdnr. 60 ff.). Vorliegend hat der Kläger aufgrund seines Kettensägescheins und der Erfahrung beim Fällen von Bäumen über ein Fachwissen verfügt. Daher ist die Tätigkeit am Unfalltag für ihn subjektiv nicht so gefährlich gewesen, dass sie die Hilfeleistung im Rahmen der Sonderbeziehung überlagern würde. Daher hat die Hilfeleistung noch innerhalb der Grenzen der Sonderbeziehung gelegen.

Auch das Ergebnis der erforderlichen Gesamtabwägung (vgl. hierzu Spellbrink/Bieresborn, Die Wie-Beschäftigung, NJW 2019, S. 3745, 3751) führt zur Überzeugung der Kammer dazu, dass die Tätigkeit des Klägers zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Versicherungsschutz des § 2 Abs. 2 SGB VII gestanden hat. Denn es ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine Tätigkeit gehandelt hat, die eher nicht beschäftigtenähnlich und zudem Ausfluss des Vater-Sohn-Verhältnisses gewesen ist.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Rechtsmittelbelehrung: Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Georg-Wilhelm-Str. 1, 29223 Celle, oder bei der Zweigstelle des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen schriftlich oder in elektronischer Form oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und - von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist oder - von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird. Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden.

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem Sozialgericht Osnabrück, Hakenstraße 15, 49074 Osnabrück, schriftlich oder in elektronischer Form oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Osnabrück, Hakenstraße 15, 49074 Osnabrück, schriftlich oder in elektronischer Form zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.

Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.

Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Dies gilt nicht bei Einlegung der Berufung in elektronischer Form.

Erfolgt die Zustellung im Ausland, so gilt anstelle aller genannten Monatsfristen eine Frist von drei Monaten.