Sozialgericht Osnabrück
Beschl. v. 13.11.2020, Az.: S 44 AY 104/20 ER

Auslegung eines Antrags auf Übernahme der Wohnungskosten als Antrag auf Erteilung einer Zusicherung; Angemessenheit und Notwendigkeit der Kosten der neuen Unterkunft

Bibliographie

Gericht
SG Osnabrück
Datum
13.11.2020
Aktenzeichen
S 44 AY 104/20 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 49132
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstelle

  • SAR 2021, 20-24

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren mit dem vorliegenden Verfahren die Übernahme von Kosten der Unterkunft für eine anzumieten der Wohnung, was als Antrag auf Erteilung einer Zusicherung auszulegen ist.

Die Antragsteller sowie die Frau des Antragstellers zu 1) und Mutter des Antragstellers zu 2), Frau A, leben in einer Gemeinschaftsunterkunft des Antragsgegners in der B-Straße in C.

Die Antragsteller sind irakische Staatsangehörige, nach eigenen Angaben kurdischer Volkszugehörigkeit. Sie führten zunächst ein Asylverfahren in Schweden durch. Die dort am 28.10.2015 gestellten an Asylanträge wurden durch die schwedischen Behörden abgelehnt. Nach einem erfolglosen gerichtlichen Verfahren entschieden die schwedischen Behörden am 24.01.2019 ablehnend über mögliche Vollstreckungshindernisse. Daraufhin reisten die Antragsteller in die Bundesrepublik Deutschland ein. Den in Deutschland gestellten Antrag auf Asyl lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) mit Bescheid vom 03.02.2020 als unzulässig ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorlägen. Dagegen erhoben die Antragsteller und die Ehefrau des Antragstellers zu 1) Klage zum Verwaltungsgericht (VG) Osnabrück (5 A 107/20) und beantragten im Verfahren 5 B 45/20 zugleich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Mit Beschluss vom 26.02.2020 ordnete die 5. Kammer des VG Osnabrück die aufschiebende Wirkung an. Mit Urteil vom 11.05.2020 verpflichtete die vorgenannte Kammer das Bundesamt, unter entsprechender Aufhebung des Bescheids vom 03.02.2020, festzustellen, dass bezüglich der Ehefrau des Antragstellers zu 1) Abschiebeverbote gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Iraks vorlägen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die seitens des Antragstellers zu 1) (dieses Verfahrens) geltend gemachte Verfolgung wegen Wehrentziehung stelle keine politische Verfolgung dar. In Bezug auf die Ehefrau des Antragstellers zu 1) liege jedoch ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot vor. Die Kammer sei aufgrund des glaubhaften Vorbringens der Ehefrau des Antragstellers zu 1) in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass sie bei einer Rückkehr in das Heimatland aufgrund einer Gefahr von Traumatisierung wegen der von ihr zuvor erlittenen Vergewaltigungen akut suizidgefährdet wäre. Dieses Urteil setzte das Bundesamt mit Bescheid vom 18.06.2020 um.

Die Antragsteller stehen bei dem Antragsgegner im Bezug von Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), die Ehefrau des Antragstellers zu 1) mittlerweile im Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Die Ehefrau des Antragstellers zu 1) befand sich wegen psychischer Erkrankungen am 24.06.2019, 09.09.2019, 29.10.2019, 22.01.2020 in ambulanter und in den Zeiten vom 28.08.2019 bis 05.09.2019, 29.10.2019 bis 06.12.2019, 22.01.2020 bis 27.01.2020 und 18.02.2020 bis 21.02.2020 (siehe zum letzten Datum Bl. 398 der VA) in stationärer Behandlung im D-Hospital in E. Durchgehend wird eine rezidivierende depressive Störung mit aktuell schwerer Episode diagnostiziert. Zwischenzeitlich (Bl. 255 der VA) wurde eine psychotische Symptomatik festgestellt, was sich in den weiteren Berichten indes nicht fortschreibt. Zudem wurden in mehreren Berichten eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert.

Mit Schreiben vom 24.09.2020 beantragten die Antragsteller bei dem Antragsgegner die Zustimmung zu einem geplanten Umzug. Sie hätten eine Wohnung im F-Weg in C gefunden. Mietbeginn wäre der 01.11.2020. Die Netto-Kaltmiete betrage 490,00 EUR zuzüglich Nebenkosten in Höhe von 64,00 EUR und Heizkosten in Höhe von 96,00 EUR. Bezüglich der Ehefrau sei ein Antrag beim Fachbereich SGB II gestellt worden. Mit dem Schreiben übersandte die Antragstellerseite ein Mietangebot über die genannte Wohnung zu den genannten Konditionen.

Am 06.10.2020 haben sich die Antragsteller mit dem Ersuchen um einstweiligen Rechtsschutz an das Gericht gewandt. Die Ehefrau des Antragstellers zu 1) hat sich in einem parallelen Verfahren im Hinblick auf Leistungsgewährung nach dem SGB II an das Gericht gewandt (S 29 AS 437/20 ER).

Mit Verfügung vom 16.10.2020 hat die Kammer um Vorlage einer Bescheinigung gebeten, wie sich die Wohnsituation auf die psychische Situation der Ehefrau des Antragstellers zu 1) auswirke. Seitens des Antragsgegners ist eine amtsärztliche Stellungnahme zu dieser Frage angeregt worden. Zudem ist darauf hingewiesen worden, dass die aktuelle Wohnung auch bei Zugrundelegung von § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 Prozent zu teuer sei.

Mit Schreiben vom 30.10.2020 hat die Antragstellerseite eine psychiatrische Stellungnahme vorgelegt. In dieser Stellungnahme des D-Hospitals vom 29.10.2020 bescheinigt Dr. med. F, dass die Ehefrau des Antragstellers zu 1) infolge von hochgradiger sexueller Traumatisierung im Irak unter kontinuierlichen depressiven Episoden, interpretierenden Panikattacken sowie ausgeprägten Flashbacks leide. Die beschriebenen Symptome würden durch die vermehrten externen Stressoren in der stark räumlich begrenzten Flüchtlingsunterkunft ausgelöst. Aus medizinischer Sicht sei eine psychische Stabilisierung unter diesen Umständen nicht möglich.

Ergänzend trägt die Antragstellerseite wie folgt vor: Es werde der vorläufigen Ansicht des Kammervorsitzenden zugestimmt, dass die Rechtsprechung des BSG dazu anwendbar sei, dass Kosten der Unterkunft in Höhe von § 12 WoGG zuzüglich eines zehnprozentigen Zuschlags zu gewähren seien. Dies ergäbe hier einen Wert von 535,70 EUR. Die Differenz von 18,30 EUR zu den zu tragenden 554,00 EUR würden sie selbst übernehmen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass zu dem genannten Wert von 535,70 EUR eine Wohnung in C nicht zu finden sei. Eine Schweigepflichtsentbindungserklärung sei seitens der Ehefrau des Antragstellers zu 1) gegenüber dem Antragsgegner nicht abgegeben worden. Auch ohne eine solche amtsärztliche Untersuchung sei die Sache entscheidungsreif. Die vorgelegte Bescheinigung sei hinreichend.

Die Antragsteller beantragen nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen Kosten der Unterkunft für die Wohnung F-Weg in C zu einer Kaltmiete von 490,00 EUR zzgl. 160,00 EUR Betriebskosten und Heizkostenvorauszahlung anteilig zu gewähren.

Der Antragsgegner nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

den Antrag abzulehnen.

Ein Umzugsgrund sei nicht ersichtlich. Sie legt ein Schreiben des SKM C e.V. vom 26.10.2020 zur Wohnsituation der Antragstellerseite vor, auf das verwiesen wird.

Mit Verfügung vom 02.11.2020 hat die Kammer darauf hingewiesen, dass nach dem aktuellen Stand plausibel sein dürfte, dass eine Erforderlichkeit des Umzugs vorliegt. Es solle aber die amtsärztliche Stellungnahme abgeraten werden. Vor dem Hintergrund, dass die konkrete Wohnung auch unter Berücksichtigung von § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 Prozent nicht angemessen sei, dürfe der Termin zum 01.11.2020 zudem wohl nicht entscheidend sein. Auch wenn die Antragsteller bereit seien, die Differenz zu zahlen, dürfte die Unangemessenheit der Kosten der Unterkunft hier einer Erforderlichkeit des Umzugs in die konkrete Wohnung entgegenstehen. Mit Schreiben vom 05.11.2020 hat die Kammer darauf hingewiesen, dass das Gesamtbild der medizinischen Beurteilung ohne eine amtsärztliche Stellungnahme unvollständig sein dürfte. Vor diesem Hintergrund werde angefragt, ob einer solchen gegebenenfalls doch noch zugestimmt und eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erteilt werde. Zudem ist angefragt worden, ob wegen der Unangemessenheit der bislang avisierten Wohnung eine andere Wohnung gesucht werden solle. Hierauf ist eine Reaktion bislang nicht erfolgt.

Ergänzend wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Gerichtsakte verwiesen. Die Akten sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

II.

Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG eröffnet. Im Hinblick auf den Auszug aus einer Gemeinschaftsunterkunft vermischen sich ordnungsrechtliche und leistungsrechtliche Frage, die Auswirkungen auf den Rechtsweg haben (ausführlich: Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 3 AsylbLG (Stand: 26.10.2020), Rn. 135 ff.). Steht, wie hier, die Kostenübernahme im Vordergrund, handelt es sich um eine sozialgerichtliche Streitigkeit im Sinne der oben genannten Vorschrift (Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 3 AsylbLG (Stand: 26.10.2020), Rn. 140).

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

Die Voraussetzungen des § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Wenn eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint, kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ebenfalls eine einstweilige Anordnung treffen. Hierfür bedarf es der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes durch den Antragsteller (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b, Rn. 27 ff.). Der Anordnungsgrund betrifft die Frage der Eilbedürftigkeit oder Dringlichkeit. Die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs betrifft demgegenüber die Prüfung der Erfolgsaussichten des geltend gemachten Anspruchs, d.h. der Rechtsanspruch muss mit großer Wahrscheinlichkeit begründet sein und aller Voraussicht auch im Klageverfahren bestätigt werden.

Der Antrag ist als Antrag auf Erteilung einer Zusicherung auszulegen (dazu unter 1); die Voraussetzungen hierfür sind nicht gegeben (dazu unter 2).

1. Der Antrag auf Übernahme der Wohnungskosten ist als Antrag auf Erteilung einer Zusicherung im Sinne des § 38 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) auszulegen.

Zur Klärung, ob in einer Unterkunft für Asylbewerber untergebrachte Asylbewerber auf Kosten des Trägers der Asylbewerberleistungen eine Wohnung außerhalb einer solchen Einrichtung anmieten dürfen, ist eine Klage auf Verpflichtung der Behörde zur Abgabe einer Zusicherung über die Übernahme der angemessenen Kosten einer noch anzumietenden Unterkunft zulässig (VG Düsseldorf, Urteil vom 09.11.2009, 23 K 4949/08). Die Zusicherung richtet sich nach § 38 VwVfG (Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 3 AsylbLG (Stand: 26.10.2020), Rn. 140).

Dementsprechend war das Begehren hier als solches auf Erteilung einer Zusicherung auszuglegen. Dass die Kosten bereits entstehen, ist nicht bekannt. Auf die diesbezügliche Frage liegt bislang keine Antwort vor.

2. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Zusicherung liegen nicht vor.

Eine Zusicherung ist zu erteilen, wenn der Umzug erforderlich ist und die Kosten der neuen Wohnung notwendig und angemessen i.S.d. § 3 Abs. 3 Satz 3 AsylbLG sind. Bezüglich der Voraussetzungen der Zusicherung ist ergänzend auf die Rechtsgedanken der Regelungen im SGB II zurückzugreifen, da es im Asylbewerberleistungsrecht hierzu keine differenzierten Regelungen gibt. Im SGB II lassen sich den Regelungen über die Zusicherung vor allem zwei Gedanken entnehmen: Die Prüfung, ob ein Umzug erforderlich ist (§ 22 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 Satz 2 SGB II) und, ob die Kosten in der neuen Wohnung angemessen sind (§ 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II). Im vorliegenden Fall sind beide Elemente betroffen.

Diese Überlegungen sind auf das Asylbewerberleistungsrecht zu übertragen. Kosten für eine Wohnung sind nur dann zu übernehmen, wenn der Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft erforderlich ist, da § 3 AsylbLG der Grundsatz entnommen werden kann, dass eine Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft die Regel ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11.10.2006, L 7 AY 10/06 ER, Rn. 25). Die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft ist Bestandteil der Zusicherung, da die Verwaltung aufgrund der Gesetzesbindung grundsätzlich nur diese Kosten tragen kann. Zudem gilt im Asylbewerberleistungsrecht weiterhin das "Alles-oder-Nichts-Prinzip", welches vor 2005 in der Sozialhilfe entwickelt wurde (BVerwG, Urteil vom 01.10.1998, 5 C 15/97, Rn. 13). Dementsprechend sind bei einer unangemessenen Wohnung auch nicht die angemessenen Kosten zu zahlen, wenn der Leistungsträger adäquaten Wohnraum zur Verfügung stellt (Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 3 AsylbLG (Stand: 26.10.2020), Rn. 154).

Die Kammer lässt offen, ob der Umzug hier erforderlich ist (dazu unter a); zumindest sind die Kosten der Unterkunft nicht notwendig und angemessen im Sinn des § 3 Abs. 3 Satz 3 AsylbLG (dazu unter b).

a) Die Kammer lässt die Frage, ob der Umzug erforderlich ist, offen.

Eine Erforderlichkeit des Umzugs könnten sich aus der Erkrankung der Ehefrau des Antragstellers zu 1) ergeben, für die als Leistungsberechtigte nach dem SGB II nicht mehr die Beschränkungen des § 3 AsylbLG gelten. Die Erforderlichkeit des Umzugs der hiesigen Antragsteller dürfte sich dann, wegen des familiären Zusammenhangs, als Folge der Erforderlichkeit des Umzugs der Ehefrau des Antragstellers zu 1) ergeben.

Ob eine Erforderlichkeit des Umzugs der Ehefrau des Antragstellers zu 1) gegeben ist, lässt die Kammer aber offen. Auch wenn nach dem Schreiben des SKM C e.V. vom 26.10.2020 für eine Flüchtlingsunterkunft wohl vergleichsweise große Räume vorliegen dürften, dürfte es zwar unter Berücksichtigung der Stellungnahme der H-Kliniken, D-Hospital E vom 29.10.2020 grundsätzlich plausibel sein, dass mit dieser Wohnsituation "externe Stressoren" vorliegen, die die Erkrankung der Ehefrau des Antragstellers zu 1) negativ beeinflussen, nicht zuletzt der vermehrte Kontakt zu anderen Personen. Das Gesamtbild der medizinischen Beurteilung ist aber ohne eine amtsärztliche Stellungnahme unvollständig. Eine solche hat die Ehefrau des Antragstellers zu 1) vereitelt.

b) Die Zusicherung war hier aber jedenfalls deshalb nicht zu erteilen, da die neue Wohnung nicht angemessen ist.

Auch wenn die Antragsteller bereit sind, die Differenz zu zahlen, steht die Unangemessenheit der Kosten der Unterkunft hier einer Erforderlichkeit des Umzugs in diese konkrete Wohnung entgegen (siehe dazu oben).

Die Wohnung ist nicht angemessen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Nach Satz 2 werden ihnen zusätzlich Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf). Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG wird der notwendige Bedarf bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) durch Sachleistungen gedeckt. Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen sind nach § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG vorbehaltlich des § 3 Abs. 3 Satz 3 AsylbLG vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs zu gewähren. § 3 Abs. 3 Satz 3 AsylbLG wird der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie, soweit notwendig und angemessen, gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht.

Die in der neuen Wohnung entstehenden Kosten liegen oberhalb der Mietobergrenze des Antragsgegners im SGB II und SGB XII. Zwar dürften die Ermittlungen des Landkreises G zu den Kosten der Unterkunft kein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG darstellen, da im diesbezüglich Gutachten auf eine sog. Clusteranalyse zurückgegriffen wurde, was nach Rechtsprechung des BSG nicht zulässig ist (siehe dazu: BSG, Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 24/18 R, Rn. 34). Der dann zu gewährende Betrag nach § 12 WoGG zuzüglich eines zehnprozentigem Aufschlags liegt hier aber ebenfalls unter den tatsächlichen Kosten der Unterkunft (drei Personen, Mietstufe I, 487,00 EUR + 48,70 EUR = 535,70 EUR). Die tatsächliche Bruttokaltmiete wurde im Schreiben vom 24.09.2020 (Bl. 582 der VA) mit 554,00 EUR (490,00 EUR Kaltmietzins, so auch der vorgelegte Vertrag, Bl. 12 der GA, zzgl. kalte Nebenkosten in Höhe von 64,00 EUR) angegeben.

Damit ist die Wohnung wohl erst recht nicht angemessen im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 3 AsylbLG. Der notwendige Bedarf an Unterkunft i.S.d. § 3 AsylbLG ist bereits begrifflich geringer als der Bedarf an einer Unterkunft mit "angemessenen" Aufwendungen i.S.d. § 35 Abs. 2 SGB XII bzw. § 22 Abs. 1 SGB II (Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 3 AsylbLG (Stand: 26.10.2020), Rn. 150), auch wenn der Betriff der Angemessenheit mittlerweile neben den der Notwendigkeit tritt. Ob dadurch allerdings eine inhaltliche Änderung gewollt war, erscheint fraglich (dazu: BT-Drucks. 19/10052, Seite 21). Es bestehen dementsprechend wohl weiterhin keine Mindestanforderungen. Weder die Wohnflächengrenzen der landesrechtlichen Wohnraumförderungsbestimmungen noch die Verordnung über bauliche Mindestanforderungen für Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige (Heimmindestbauverordnung) sind heranzuziehen (Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 3 AsylbLG (Stand: 26.10.2020), Rn. 150). Zumindest liegt der Bedarf nicht oberhalb der im SGB II und SGB XII anzuerkennenden Kosten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.