Sozialgericht Osnabrück
Urt. v. 10.02.2020, Az.: S 46 KR 638/17

Bibliographie

Gericht
SG Osnabrück
Datum
10.02.2020
Aktenzeichen
S 46 KR 638/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 71478
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Bescheid vom 31.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2017 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid vom 20.07.2016 aufzuheben.

Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus einer Direktversicherung ab dem 01.02.2012 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens.

Der Kläger ist als landwirtschaftlicher Unternehmer Pflichtmitglied in der Kranken- und Pflegekasse der Beklagten. Zudem ist er Geschäftsführer und Inhaber der M. V. K. GmbH, die eine – aus haftungsrechtlichen Erwägungen – reine Komplementär GmbH einer GmbH & Co KG darstellt. Die geschäftsführende Tätigkeit ist zwischen den Beteiligten unstreitig keine Beschäftigung i. S. d. § 7 SGB IV. Am 01.02.2012 erhielt der Kläger eine einmalige Kapitalleistung von der L. Lebensversicherungs AG i. H. v. 54.159,36 € aus der Laufzeit des Vertrages einer Direktversicherung vom 01.01.1986 – 01.01.2012, dessen Versicherungsnehmerin die M. V. S 46 KR 614/17 GmbH und dessen Begünstigter der Kläger war.

Die Beklagte erließt daraufhin den bestandskräftigen Beitragsbescheid vom 24.07.2012 nach dem ab 01.02.2012 eine zusätzliche Beitragspflicht aus der Kapitalleistung für 120 Monate festgesetzt wurde.

Die Beklagte setzte zudem mit nicht streitgegenständlichem Bescheid vom 20.07.2016 die Beitragspflicht aus einem außerlandwirtschaftliches Arbeitseinkommen ab 01.02.2012 fest. Die Beitragspflicht sei entstanden, da das außerlandwirtschaftliche Arbeitseinkommen mit Wirkung ab 01.02.2012 neben einem kapitalisierten und ebenfalls der Beitragspflicht unterliegenden Versorgungsbezug (die mit Bescheid vom 24.07.2012 festgesetzt wurde) erzielt werde.

Der Widerspruch vom 25.07.2016 wurde u. a. mit Schreiben vom 16.08.2016 damit begründet, dass keine Versorgungsbezüge vorliegen würden, deshalb seien die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 Nr. 4 KVLG 1989 nicht erfüllt und das außerlandwirtschaftlichen Arbeitseinkommens sei nicht zu verbeitragen, da es nicht neben einem der Beitragspflicht unterliegenden Versorgungsbezug erzielt werde. Es handele sich um einen privaten Lebensversicherungsvertrag, obwohl Versicherungsnehmerin die M. V. K. GmbH sei, deren Geschäftsführer der Widerspruchsführer sei und bei der es sich um eine Komplementär GmbH handele. Es gebe keinen Anstellungsvertrag, die Beiträge seien alle vom Konto des Widerspruchsführers bezahlt und nicht bei der GmbH bilanziert worden. Die einmalige Kapitalleistung sei deshalb keine mit einer Rente vergleichbaren Einnahme i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 3 KVLG 89 i. V. m. § 229 Abs. 1 SGB V.

Die L. Versicherung bestätigte auf Anfrage der Beklagten vom 13.09.2016 mit Schreiben vom 07.11.2016, dass die M. V. A. GmbH die gesamte Vertragslaufzeit Versicherungsnehmerin gewesen sei und es sich um eine Direktversicherung zu Gunsten des Widerspruchsführers gehandelt habe.

Mit Schriftsatz vom 16.01.2017 führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, dass die Qualifikation als Versorgungsbezug zwingend eine Arbeitnehmerstellung voraussetze und mit weiterem Schriftsatz vom 19.06.2017, dass die Aufwendungen vom Widerspruchsführer als natürliche Person gezahlt worden seien, hingegen sei ein Geschäftsführergehalt von der GmbH nicht gezahlt worden und es habe kein Statusfeststellungsverfahren gegeben. Der Kläger sei von einem Versicherungsmakler zum Abschluss der Versicherung durch die GmbH überredet worden.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2017 zurückgewiesen. Dagegen erhob der Kläger in dem Verfahren S 46 KR 350/17 Klage, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ruhte.

Die Beklagte lehnte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 31.08.2017 einen – nach Auslegung der Widerspruchsbegründung mit Schreiben vom 16.08.2016 gestellten – Überprüfungsantrags gem. § 44 SGB X bezüglich des Bescheides vom 24.07.2012 ab. Der Beitragsbescheid vom 24.07.2012 sei richtig, weil die Kapitalleistung der Direktversicherung nach § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 KVLG 1989 i. V. m. § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zu verbeitragen sei, da es sich bei ihr um einen Versorgungsbezug in Form einer betrieblichen Altersvorsorge handele. Die M. V. K. GmbH sei die gesamte Zeit Versicherungsnehmerin gewesen, es sei unerheblich, von welchem Konto die Beiträge gezahlt worden seien. Die Beklagte nimmt zudem Bezug auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.09.2010, 1 BvR 1660/08 sowie auf die Urteile des Bundessozialgerichts vom 30.03.2011, B 12 KR 16/10 R und B 12 KR 24/09 R.

Der Widerspruch vom 12.09.2017 wurde mit Schreiben vom 26.09.2017 unter Bezugnahme auf die Widerspruchsbegründung gegen den Bescheid vom 20.07.2016 begründet.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 18.12.2017 zurück, da die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ihren Charakter als Versorgungsbezüge i. S. d. § 229 SGB V nicht verlieren würden, weil sie zum Teil oder ganz auf Leistungen des Arbeitnehmers bzw. Bezugsberechtigten beruhen würden (unter Bezugnahme auf BSG 12.12.2007, B 12 KR 6/06 R, B 12 KR 2/07 R). Etwas anders gelte für Leistungen aus Direktversicherungen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.09.2010, 1 BvR 1660/08 wenn in bestimmten Fällen kein Unterschied mehr zu Leistungen aus privaten Lebensversicherungen vorliege. Entscheidend sei, dass Versicherungsnehmer die M. V. K. GmbH war, demgegenüber sei es unerheblich, von welchem Konto die Beiträge bezahlt worden seien.

Der Kläger hat am 27.12.2017 Klage erhoben.

Er ist im Wesentlichen der Ansicht, dass die Verbeitragung der Kapitalleistung der L. Lebensversicherung rechtswidrig sei, da es sich nicht um eine Rente der betrieblichen Altersversorgung i. S. d. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V handele.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 31.08.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 20.07.2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte nimmt im Wesentlichen Bezug auf die angefochtenen Bescheide.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (siehe zur richtigen Klageart beim Überprüfungsverfahren: Baumeister in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 44 SGB X (Stand: 03.06.2019), Rn. 154) ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 31.08.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2017 ist rechtswidrig. Der Kläger hat nach § 44 SGB X einen Anspruch darauf, dass die Beklagte den bestandskräftigen Bescheid vom 20.07.2016 aufhebt. Ein eventueller Rückzahlungsanspruch ist nicht streitgegenständlich, da eine Leistungsklage nicht erhoben wurde.

Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, er sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Nach § 44 Abs. 2 SGB X ist im Übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Die Beklagte hat mit Erlass des Bescheides vom 20.07.2016 das Recht unrichtig angewandt, indem sie die Kapitalleistungen der L. Lebensversicherungs AG i. H. v. 54.159,36 € zur Beitragsberechnung herangezogen hat.

Nach § 39 Abs. 1 Nr. 4 KVLG 1989 a. F. werden bei versicherungspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmern, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, der Beitragsbemessung zugrunde gelegt: 1. Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, 2. der Zahlbetrag der Renten nach § 228 SGB V, 3. der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge nach § 229 SGB V, 4. Arbeitseinkommen aus außerland- und außerforstwirtschaftlicher Tätigkeit, soweit es neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen erzielt wird.

Gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V gelten als Versorgungsbezüge Renten der betrieblichen Altersversorgung. Der Begriff der betrieblichen Altersversorgung ist dabei eigenständig für das Beitragsrecht auszulegen, er ist daher sowohl von der betriebsrentenrechtlichen als auch von der versicherungsaufsichtsrechtlichen Begriffsbestimmung unabhängig. Daher ist allein für sich noch nicht ausschlaggebend, dass § 232 VAG für das Versicherungsaufsichtsrecht Pensionskassen dadurch bestimmt, dass ihr Zweck in der Absicherung wegfallenden Erwerbseinkommens wegen Alters, Invalidität oder Todes liegt. Vielmehr kommt es darauf an, welchen Zweck die Einbeziehung der betrieblichen Altersversorgungsbezüge gemäß § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V verfolgt. Dieser Zweck besteht darin, diejenigen Altersbezüge zu erfassen, bei denen ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der (früheren) Beschäftigung besteht. Denn bei einem solchen Zusammenhang zur (früheren) Beschäftigung kommt den Bezügen eine Einkommensersatzfunktion zu. Aus diesem Grund ist dann diese Rente mit den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar (vgl. BSG, 10.12.2017, B 12 KR 2/16 R, Rn. 28 nach Juris). Unterläge sie nicht der Beitragspflicht zur Krankenversicherung, wäre dies gegenüber den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aber auch den anderen beitragspflichtigen Versorgungsbezügen ein Vorteil. Dieser Vorteil hat jedoch nur dann seine Berechtigung, wenn die Rente auf Prämien- bzw. Beitragszahlungen beruht, die ohne Bezug zur Erwerbstätigkeit aufgebracht wurden. Dies trifft etwa für private Lebensversicherungsverträge zu, die bedient werden müssen unabhängig davon, ob eine Erwerbstätigkeit (noch) besteht (Hessisches Landessozialgericht, 24.10.2019, L 8 KR 482/17).

Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V gehören demnach zunächst alle Renten, die von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung gezahlt werden, bei denen in typisierender Betrachtung ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu diesem Versorgungssystem und einer Erwerbstätigkeit besteht (sog. „institutionelle Abgrenzung", siehe BSG, 23.07.2014, B 12 KR 28/12 R). Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs bleiben dabei ebenso unberücksichtigt wie die Frage eines nachweisbaren Zusammenhangs mit dem Erwerbsleben im Einzelfall (ständige Rechtsprechung, siehe u. a. BSG, 23.07.2014, B 12 KR 28/12 R). Des Weiteren gehören zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung im Sinne von § 1b Abs. 2 BetrAVG gezahlt werden (ständige Rechtsprechung, siehe m. w. N. BSG, 30.03.2011, B 12 KR 16/10 R).

Um eine solche Direktversicherung handelt es sich, wenn für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind. Diese Leistung ist dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezweckt, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen soll. Dieser Versorgungszweck kann sich auch aus der vereinbarten Laufzeit ergeben. Unerheblich ist, ob der Abschluss nach Auffassung der Beteiligten allein zur Ausnutzung der steuerrechtlich anerkannten und begünstigten Gestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung erfolgt (BSG, 30.03.2011, B 12 KR 16/10 R, Rn. 17 nach Juris).

Die Leistungen aus einer ursprünglich vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung gehören selbst dann zu den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V, wenn sie ganz oder zum Teil auf Leistungen des Arbeitnehmers bzw. des Versicherten selbst beruhen (BSG, 30.03.2011, B 12 KR 16/10 R, Rn. 27 nach Juris).

Sogar bei Prämien, die ein Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf eine Direktversicherung einzahlt, bestehen gegen eine Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung keine verfassungsrechtlichen Bedenken, solange der Arbeitgeber die Direktversicherung als Versicherungsnehmer fortführt. Die Typisierung, wonach auch die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses teilweise arbeitnehmerfinanzierte Direktversicherung, bei welcher der Arbeitgeber Versicherungsnehmer ist, einen Versorgungsbezug im Sinne des § 229 SGB V bildet, ist verfassungskonform und mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (siehe BVerfG, 06.09.2010, 1 BvR 739/08). Hinsichtlich solcher Beiträge, die der Versicherte nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf die Direktversicherung eingezahlt hat, ist der Berufsbezug noch insoweit gewahrt, als der Arbeitgeber die Direktversicherung als Versicherungsnehmer innerhalb der institutionellen Vorgaben des Betriebsrentengesetzes fortgeführt hat. Solche Beiträge auf einen von seinem Arbeitgeber abgeschlossenen und auf diesen als Versicherungsnehmer laufenden Versicherungsvertrag lassen sich trotz des Ausscheidens des Versicherten aus dem Arbeitsverhältnis bei typisierender Betrachtungsweise noch als mit diesem in Verbindung stehend betrachten. Wenn der institutionellen Rahmen der Direktversicherung im Sinne des Betriebsrentengesetzes zunutze gemacht wird, können auch hieraus erwirtschaftete Erträge noch als Versorgungsbezüge qualifiziert und damit zu Beiträgen zur Krankenversicherung herangezogen werden (BVerfG, 06.09.2010, 1 BvR 739/08, Rn. 15f nach Juris).

Erst wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers private Leistungen einzahlt, kommt es bei der Beurteilung, ob es sich um eine Leistung zur betrieblichen Altersversorgung handelt darauf an, inwieweit die Leistungen auf seinen Beiträgen nach Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers beruhen (BSG, 25.04.2012, B 12 KR 26/10 R; BSG, 30.03.2011, B 12 KR 16/10 R, in Umsetzung des Beschlusses des BVerfG vom 28.09.2010, 1 BvR 1660/08). Einzahlungen des Arbeitnehmers auf Kapitallebensversicherungsverträge, die sich in keiner Weise mehr von Einzahlungen auf private Kapitallebensversicherungsverträge unterscheiden, da sie nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nach Einrücken des Arbeitnehmers in die Stellung des Versicherungsnehmers allein von diesem gezahlt werden, dürfen der Beitragspflicht nicht mehr unterworfen werden (BVerfG, 28.09.2010, 1 BvR 1660/08 Rn 14 nach Juris). In einem solchen Fall ist der beitragspflichtige Teil solcher Kapitalleistungen in typisierender Weise danach zu errechnen, in welchem Umfang während der Zeit der Versicherungsnehmereigenschaft des Arbeitgebers und der Zeit der Versicherungsnehmereigenschaft des Arbeitnehmers Prämien gezahlt wurden (BSG, 30.03.2011, B 12 KR 16/10 R).

Im vorliegenden Fall war der Kläger jedoch unstreitig nicht Arbeitnehmer der M. V. K. GmbH und auch nicht nach § 17 BetrAVG vom persönlichen Anwendungsbereich des BetrAVG umfass, weshalb es sich bei der streitgegenständlichen Kapitalleistung nicht um eine solche aus einer „Direktversicherung“ im Sinne des § 1 Abs. 2 BetrAVG handelte.

Zwar dürfte wohl die Rechtsauffassung zutreffend sein, dass auch bei einer selbstständigen Tätigkeit für ein Unternehmen, eine Beitragspflicht aus einer betrieblichen Altersvorsorge bestehen kann (so auch DO. EG. in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl., § 229 SGB V (Stand: 19.12.2019), Rn. 42_2). Das gilt z. B. für Leistungen der Pensionskasse für freie Mitarbeiter der deutschen Rundfunkanstalten (nunmehr Pensionskasse Rundfunk). Dieses ergibt sich daraus, dass – auch ohne ein arbeitsrechtliches Beschäftigungsverhältnis – die Altersversorgung nur Mitarbeitern, auch freien Mitarbeitern, bestimmter Unternehmen offensteht (siehe Hessisches LSG, 24.10.2019, L 8 KR 482/17, Rn. 21 nach Juris und LSG Rheinland-Pfalz, 07.11.2019, L 5 KR 21/15, Rn. 24 nach Juris). Der vorliegende Sachverhalt ist jedoch damit nicht vergleichbar, da es sich bei der L. Lebensversicherung offensichtlich nicht um eine Institution der betrieblichen Altersversorgung handelt.

Etwas anderes ergibt sich aus nicht aus der Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs des Betriebsrentenrechts durch § 17 Abs. 1 BetrAVG (mit dem das Hessisches LSG und das LSG Rheinland-Pfalz argumentieren). Zwar ist es danach zutreffend, dass eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des § 1 Abs. 2 BetrAVG auch in dem Fall vorliegen kann, dass der Begünstigte einer Zuwendung gerade kein Arbeitnehmer ist. Allerdings gilt dieses nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG nur für Personen die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind.

Dieses ist vorliegend gerade nicht der Fall, da dem Kläger keine Leistungen aus Anlass seiner Tätigkeit als Geschäftsführer zugesagt wurden. Vielmehr entstammten die Leistungen aus den von ihm bezahlten Lebensversicherungsbeiträgen, die in keinem erkennbaren Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer stehen.

Eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ist generell nur denkbar, bei einem wie auch immer gearteten Bezug zu einer betrieblichen Tätigkeit. Eine allgemeine „Vermögensabschöpfung" ist nicht normiert und auch vom Gesetzgeber nicht gewollt (BSG, 10.12.2017, B 12 KR 2/16 R). Das Bundesverfassungsgericht führt in seiner Entscheidung vom 28.09.2010 mit dem Aktenzeichen 1 BvR 1660/08 aus, dass Einzahlungen des Arbeitnehmers auf Kapitallebensversicherungsverträge, die sich in keiner Weise mehr von Einzahlungen auf private Kapitallebensversicherungsverträge unterscheiden, da sie nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nach Einrücken des Arbeitnehmers in die Stellung des Versicherungsnehmers allein von diesem gezahlt werden, der Beitragspflicht nicht mehr unterworfen werden dürfen. Hingegen besteht ein hinreichender Berufsbezug, solange der Arbeitgeber die Direktversicherung als Versicherungsnehmer und damit innerhalb der Vorgaben des Betriebsrentengesetzes fortführt. Unproblematisch ist eine Beitragspflicht also dann, wenn und solange der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts genutzt wird. Es kommt also darauf an, ob die Bestimmungen des Betriebsrentenrechts noch Anwendungen finden, was im vorliegenden Fall wie oben dargestellt gerade nicht so ist.

Rentenzahlungen sind also von § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V umfasst, wenn diese typischerweise in der Beschäftigung verwurzelt sind (Hessisches Landessozialgericht, 24.10.2019, L 8 KR 482/17). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Ansprüche aufgrund der Beschäftigung erworben wurden. Wer ausschließlich aufgrund einer bestimmten Berufstätigkeit in den Genuss solcher Leistungen gelangen kann und dieses Recht auch ausübt, bedient sich für seine zusätzliche Sicherung nicht irgendeiner Form der privaten Vorsorge, sondern ist als Begünstigter in eine betriebliche Altersversorgung eingebunden und macht sich damit in gewissem Umfang deren Vorteile nutzbar (BSG, 25.05.2011, B 12 B 1/09 R; BSG, 10.10.2017, B 12 KR 2/16 R).

Im vorliegenden Fall bestand jedoch, neben 1. der fehlenden Arbeitnehmereigenschaft, 2. der nicht von der GmbH vorgenommenen Zahlung der Beiträge zur Lebensversicherung, 3. der fehlenden institutionellen Zugehörigkeit der die Kapitalleistung auszahlenden Stelle und 4. des mangelnden institutionellen Rahmens des Betriebsrentenrechts (da es sich gerade – wie oben dargestellt – auch nicht durch den in § 17 BetrAVG erweiterten persönlichen Anwendungsbereich, um eine betriebliche Altersvorsorge im Sinne des Betriebsrentengesetzes handelt) auch 5. kein sonstiger Bezug der vom Kläger erhaltenen Kapitalleistung zu seiner Tätigkeit bei der GmbH, die es rechtfertigen könnte, die streitgegenständliche Versicherungsleistung als Versorgungsbezug in Form einer Rente der betrieblichen Altersvorsorge zu qualifizieren.

Insbesondere wurde der Kläger als Geschäftsführer der M. V. K. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Inhaber er war, gerade nicht entlohnt, sondern erhielt – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – gerade keinerlei finanzielle Zuwendungen, weshalb auch aus diesem Gesichtspunkt – neben dem Umstand, dass die Beiträge vom Kläger selbst und nicht von der GmbH bezahlt wurden – keinerlei indirekter finanziellen Zusammenhang zwischen seiner Beschäftigung und dem Bezug der Kapitalleistung dahingehend besteht, dass der Kläger Zuwendungen der GmbH für eine eigene Beitragszahlung verwendet hätte.

Lediglich der Umstand, dass Versicherungsnehmerin die GmbH ist, dessen Inhaber und Geschäftsführer der Kläger ist, ist nicht geeignet, einen hinreichenden betrieblichen Bezug zu begründen.

Der Anspruch auf Aufhebung des Beitragsbescheides vom 24.07.2012 nach § 44 SGB X war bei Antragsstellung mit Schriftsatz vom 16.08.2016 nicht gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV verjährt. Die Verjährungsregelung wird nicht durch die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X verdrängt (siehe BSG, 12.12.2007, B 12 AL 1/06 R, Rn. 12 nach Juris).

Die Kostenentscheidung ergeht aus § 193 SGG.