Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.04.2000, Az.: 7 K 249/99
Vorliegen einer Mitteilungsfrist; Mitteilung über den Wegfall der Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 04.04.2000
- Aktenzeichen
- 7 K 249/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 21864
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2000:0404.7K249.99.0A
Fundstellen
- NWB 2000, 3555
- NWB DokSt 2001, 343
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger seinen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft für das am 1. Mai 1999 beginnende Wirtschaftsjahr noch nach Durchschnittssätzen ermitteln darf.
Der Kläger ist selbständiger Deichschäfer und damit einkommensteuerlich Landwirt. Sein Wirtschaftsjahr beginnt am 1. Mai eines Jahres und endet am 30. April des folgenden Jahres. Er bewirtschaftet einen Betrieb mit einer Fläche von etwa 73 Hektar. Bis zum Wirtschaftsjahr 1998/1999 ermittelte der Kläger seinen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG.
Wegen der Änderung des § 13a EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 teilte das beklagte Finanzamt dem Kläger durch Bescheid vom 31. März 1999 mit, dass er ab dem Wirtschaftsjahr 1999/2000 verpflichtet sei, den tatsächlichen Gewinn des Betriebes zu ermitteln, folglich die bisherige Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen für den Kläger wegen Überschreitens der Flächengrenze (statt bis zu 20 Hektar: 73 Hektar) nicht mehr zulässig sei.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhebt der Kläger Klage und trägt im Wesentlichen folgendes vor: Der Bescheid vom 31. März 1999 über die veränderte Gewinnermittlungslage des Klägers sei ihm erst am 6. April 1999 und damit verspätet zugegangen. Denn es müsse so die Verwaltungsvorschriften eine Frist von mindestens einem Monat zwischen Mitteilung der Änderung der Gewinnermittlung und Beginn des nächsten Wirtschaftsjahrs liegen. Darüber hinaus seien Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verletzt, da er sich auf die neue Situation, z.B. durch steuergestalterische Tätigkeiten (etwa Abgabe von Betriebsflächen), nicht rechtzeitig habe einstellen können.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass der Bescheid vom 31. März 1999 erst für das am 1. Mai 2000 beginnende Wirtschaftsjahr wirksam ist.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hält an seiner Auffassung fest, dass die Monatsfrist des § 141 Abs. 2 AO, auf die sich der Kläger berufe, nicht einschlägig sei. Denn § 141 Abs. 1 AO, auf den sich § 141 Abs. 2 AO beziehe, gelte nicht bei der Mitteilung über den Wegfall der Voraussetzungen des § 13a EStG aufgrund einer entsprechenden Gesetzesänderung. Im übrigen weist es daraufhin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine geringfügige Unterschreitung der vom Kläger reklamierten Monatsfrist um wenige Tage unschädlich sei.
Dem Gericht haben die beim beklagten Finanzamt geführten Steuerakten vorgelegen.
Gründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
§ 13a Abs. 1 Satz 2 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl. I Seite 402) schreibt vor, dass der Gewinn letztmalig für das Wirtschaftsjahr nach Durchschnittssätzen zu ermitteln ist, das nach Bekanntgabe der Mitteilung endet, durch die die Finanzbehörde auf den Beginn der Buchführungspflicht (§ 141 Abs. 2 AO) oder den Wegfall einer anderen Voraussetzung des Satzes 1 des § 13a Abs. 1 EStG hingewiesen hat. Nach § 52 Abs. 31 Satz 1 EStG ist §13a EStG in der Fassung des Gesetzes vom 24. März 1999 erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 30. Dezember 1999 endet.
Danach ist der Bescheid des beklagten Finanzamts vom 31. März 1999 mit dem Inhalt wirksam, dass der Kläger wegenÜberschreitens der Flächengrenze von 20 Hektar nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für das am 1. Mai 1999 beginnende Wirtschaftsjahr seinen Gewinn nicht mehr nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) ermitteln darf, sondern den Gewinn durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG) oder durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) ermitteln kann. Denn nach der spätestens am 6. April 1999 erfolgten Bekanntgabe des Bescheides vom 31. März 1999 endete mit Ablauf des 30. April 1999 das Wirtschaftsjahr 1998/99, für das letztmalig der Gewinn nach Durchschnittssätzen zu ermitteln ist.
Der Einwand des Klägers, das beklagte Finanzamt habe den Bescheid über den Wegfall der Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nicht rechtzeitig vor Beginn des ab 1. Mai 1999 laufenden Wirtschaftsjahrs herausgegeben, geht fehl. Denn das Gesetz sieht eine bestimmte einzuhaltende Mitteilungsfrist vor Beginn des betreffenden Wirtschaftsjahrs nicht vor.
Auch die vom Kläger herangezogenen Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sind nicht verletzt, wenn ein Landwirt vor dem nächsten Wirtschaftsjahr auf die neue Gesetzeslage und darauf hingewiesen wird, dass er nunmehr die Voraussetzungen des § 13a EStG nicht mehr erfüllt, und er - wenn er freiwillig keinen Betriebsvermögensvergleich machen will - künftig eine Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben nach § 4 Abs. 3 EStG vornehmen kann. Denn für eineÜberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG sind keine zeitaufwendigen Vorkehrungen, wie etwa bei der Einrichtung einer Buchführung zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (vgl. § 4 Abs. 1 EStG), zu treffen.
Selbst wenn das Gericht die Auffassung von Schmidt/Seeger (Kommentar zum EStG, 18. Auflage 1999, § 13a Rz. 4, 5a) teilen würde, wonach nicht nur zur Vorbereitung auf den Beginn der Buchführungspflicht, sondern auch beim Wegfall der Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen wegen erforderlicher Vorkehrungen für die künftige Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG eine Monatsfrist zu beachten sei, ergibt sich im Streitfall kein anderes Ergebnis. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH BStBl. II 1983, 768, 770), der der Senat folgt, ist - ausgehend vom Zweck der Verwaltungspraxis, hinreichende Vorbereitungszeit zu belassen - eine geringfügige Unterschreitung dieser Monatsfrist - wie hier - um wenige Tage unschädlich.
Nach alledem ist die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.